VwGH 24.06.2021, Ra 2021/16/0014
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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RS 1 | Einerseits trifft die Abgabenbehörde, sohin auch das Verwaltungsgericht, die Pflicht zur amtswegigen Ermittlung, andererseits die Partei die Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht. Beide Pflichten bestehen grundsätzlich nebeneinander und schließen einander nicht aus. Die amtswegige Ermittlungspflicht besteht zwar auch dann, wenn die Partei ihre Verpflichtungen zur Offenlegung und Mitwirkung verletzt, doch wird ihr Umfang durch solche Pflichtverletzungen beeinflusst. In dem Ausmaß, in dem die Partei zur Mitwirkung an der Wahrheitsfindung ungeachtet ihrer Verpflichtung hiezu nicht bereit ist, oder eine solche unterlässt, tritt die Verpflichtung der Behörde, den Sachverhalt nach allen Richtungen über das von ihr als erwiesen erkannte Maß hinaus zu prüfen, zurück. Die Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes findet dort ihre Grenze, wo nach Lage des Falles nur die Partei Angaben zum Sachverhalt machen kann. Inwieweit eine solche Wechselwirkung besteht, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Grenzen der Mitwirkungspflicht der Partei sind die Notwendigkeit (Erforderlichkeit), Verhältnismäßigkeit, Erfüllbarkeit und Zumutbarkeit der Mitwirkung (vgl. etwa die in Ritz, BAO6, unter Rz 8 ff zu § 115 BAO wiedergegebene Rechtsprechung). |
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RS 2 | Für den Normadressaten muss berechenbar, vorhersehbar, sein, wozu er verpflichtet ist ( = VwSlg 5363 F/1979, mwN; vgl. auch die in Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Bundesverfassungsrecht11, unter Rz. 165 referierte Rechtsprechung); für den Abgabenpflichtigen muss folglich vorhersehbar sein, ob und in welcher Art und Weise und in welchem Umfang ihn in einem - unter Umständen Jahre später geführten - Abgabenverfahren eine Mitwirkungspflicht an der Stoffsammlung treffen kann. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mairinger und die Hofräte Dr. Thoma und Mag. Straßegger sowie die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr. Funk-Leisch als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision der F GmbH & Co OG in S, vertreten durch die PKF CENTURION Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mbH in 1010 Wien, Hegelgasse 8/14, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7200031/2018, betreffend Mineralölsteuer und Säumniszuschläge für die Monate Jänner bis Dezember 2010 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: nunmehr Zollamt Österreich), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von 1.346,40 € binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin ist Inhaberin eines Steuerlagers für Mineralöle in einem inländischen Flughafen, aus welchem Luftfahrtbetriebsstoffe - vermittels Mineralölgesellschaften und Betankungsunternehmen - an Luftfahrtunternehmen abgegeben werden.
Für in den Kalendermonaten des Jahres 2010 abgegebene Luftfahrtbetriebsstoffe hatte die Revisionswerberin in ihren Anmeldungen nach § 23 MinStG Befreiung von Mineralölsteuer gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG geltend gemacht. Aufgrund von Prüfungsaufträgen des damaligen Zollamtes Eisenstadt Flughafen Wien vom und erfolgte eine Betriebsprüfung nach § 147 BAO iVm § 25 ZollR-DG, in deren Rahmen die Rechtmäßigkeit der Inanspruchnahme der Steuerfreiheit gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG überprüft wurde. Das Zollamt forderte für den Nachweis der Voraussetzungen für eine steuerfreie Abgabe von Luftfahrtbetriebsstoff für jeden Flug kumulativ die Vorlage eines zum Zeitpunkt des jeweiligen Fluges gültigen „Air Operator Certificates (AOC)“, von „unveränderten“ (lt. vorgelegten Verwaltungsakten auch „unverfälschten“) Rechnungen sowie von Auszügen aus dem „Tech-Log“, aus dem die Anzahl der Passagiere der jeweiligen Flüge hervorgehe. Die Revisionswerberin kam dem nur teilweise nach.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde der Revisionswerberin gegen die Festsetzung von Mineralölsteuer samt Säumniszuschlägen für die Kalendermonate des Jahres 2010 teilweise statt und setzte seinerseits für die jeweiligen Kalendermonate Mineralölsteuer samt Säumniszuschlägen für die Ausgabe von Luftfahrtbetriebsstoffen aus dem Lager in diesen Zeiträumen fest.
Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens, insbesondere der Wiedergabe des im Abgabenverfahren erstatteten Vorbringens der Parteien (Seiten 4 bis 17 des angefochtenen Erkenntnisses), erwog das Gericht unter Zitierung der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen in der Sache (Seiten 21 ff):
„Zu prüfen ist, ob Mineralöl, das im Zeitraum Jänner 2010 bis Dezember 2010 aus dem Steuerlager der [Revisionswerberin] abgenommen worden ist, zu Recht als Luftfahrtbetriebsstoff iSd § 4 Abs.1 MinStG von der Mineralölsteuer befreit zu gelten hatte. Ist dieses zu bejahen, so ist die verfahrensgegenständliche, nachtägliche Festsetzung der Mineralölsteuer durch die belangte Behörde zu Unrecht erfolgt
Dazu ist - im Hinblick auf das gesamte Beschwerdevorbringen - festzustellen:
Nach der Richtlinienbestimmung des Art. 14 Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie 2003/96 sind alle Mineralöllieferungen zur Verwendung als Kraftstoff für die Luftfahrt befreit und davon ausgenommen sind nur die Mineralöllieferungen zur Verwendung als Kraftstoff für die private nichtgewerbliche Luftfahrt (vgl. ). Mit der Befreiungsbestimmung des § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG sollten die gemeinschafts- und unionsrechtlichen Richtlinien in innerstaatliches Recht umgesetzt werden, weshalb diese Befreiungsbestimmung richtlinienkonform im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie 2003/96/EG dahingehend auszulegen ist, dass die Steuerbefreiung nach § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG nur für „private nichtgewerbliche Luftfahrt“ nicht gilt (; Ro 2015/16/0007).
Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) sind die in der Richtlinie 2003/96 vorgesehenen Bestimmungen über die Befreiungen unter Berücksichtigung ihres Wortlauts und der mit der genannten Richtlinie verfolgten Ziele autonom auszulegen. Divergierende Auslegungen würden das Ziel der Harmonisierung der unionsrechtlichen Regelung und die der Rechtssicherheit beeinträchtigen und brächten auch die Gefahr der Ungleichbehandlung der Wirtschaftsteilnehmer (vgl. ).
Die in der genannten Richtlinie vorgesehene, o.a. Steuerbefreiung ist nicht allein Luftfahrtunternehmen vorbehalten, sie ist aber nur anwendbar, wenn das Luftfahrzeug unmittelbar der entgeltlichen Erbringung von Luftfahrt-Dienstleistungen dient (). Dabei ist entscheidend, in welcher Weise das Luftfahrzeug von seinem Eigentümer oder von der durch Anmietung oder aus sonstigen Gründen nutzungsberechtigten natürlichen oder juristischen Person genutzt wird, also davon, ob es zu gewerblichen Zwecken oder für die private nichtgewerbliche Luftfahrt genutzt wird ().
Der Begriff ‚Luftfahrt‘ in Art. 14 Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie 2003/96 verlangt somit, dass die entgeltliche Dienstleistung unmittelbar mit dem Flug des Luftfahrzeuges zusammenhängt ().
Der Nachweis für das Vorliegen dieser Voraussetzung obliegt dem Lagerinhaber als Steuerschuldner iSd § 22 Abs.1 Z 1 MinStG, für welchen die Steuerschuld gemäß § 21 Abs.1 Z 1 MinStG mit der Entnahme des Mineralöls aus seinem Steuerlager in den freien Verkehr entsteht.
Im Sinne des § 23 Abs.1 und Abs. 3 MinStG liegt es in der Verpflichtung des Lagerinhabers bei der Mineralölsteueranmeldung die nach § 4 befreiten Mineralölsteuermengen nach den Befreiungsbestimmungen des § 4 aufzugliedern. Bezogen, auf den zu beurteilenden Fall, bedeutet das, dass die [Revisionswerberin] bei der Erstellung der Mineralölsteueranmeldungen für Jänner 2010 bis Dezember 2010 - um eine dem Grunde und der Höhe nach richtige Berechnung der Mineralölsteuer sicherzustellen - verpflichtet war, den Luftfahrtunternehmen Nachweise dafür abzuverlangen, dass die, aus ihrem Steuerlager abgenommenen Mengen an Mineralöl unmittelbar der gewerblichen Erbringung von Luftfahrtdienstleistungen gedient haben. Im Sinne des § 132 Abs.1 BAO besteht für solche Belege eine Aufbewahrungsfrist von sieben Jahren. Sollte der [Revisionswerberin] eine solche Aufbewahrung aus Gründen, die sie nicht zu verantworten hatte, nicht möglich gewesen sein, so war es ihr zumutbar, die Einsichtnahme in derartige Belege zum Beweis der rechtmäßigen Inanspruchnahme der Befreiungsbestimmung des § 4 Abs.1 MinStG, für den Fall einer Außenprüfung gemäß § 147 Abs.1 BAO durch die Zollbehörde, zu dokumentieren. Liegen dem Steuerschuldner diese Nachweise, zum gebotenen Zeitpunkt der schriftlichen Anmeldung, der aus seinem Steuerlager abgenommenen Mineralölmengen, (noch) nicht vor, so verbleibt ihm die Möglichkeit einen Antrag gemäß § 5 Abs. 3 MinStG auf Erstattung der bereits entrichteten Mineralölsteuer zu stellen.
Im zu beurteilenden Fall hat die [Revisionswerberin] - laut Aktenlage - den involvierten Luftfahrtunternehmen keine Nachweise für das Vorliegen des Befreiungstatbestandes nach § 4 Abs. 1 MinStG abverlangt. Aus den der belangten Behörde vom Betriebsleiter der [Revisionswerberin] vorgelegten o.a. Tankdaten, betreffend den Zeitraum bis , kann nicht erkannt werden, dass die abgenommenen Mineralölmengen unmittelbar der entgeltlichen Erbringung von Dienstleistungen gedient hatten. Auch lässt sich daraus weder die Überprüfung von Luftverkehrsbetreiberzeugnissen (AOCs), noch von gewerbliche Flugplänen ableiten. AOCs gelten innerhalb der EU als Voraussetzung zur Erteilung einer Betriebsgenehmigung zur Erbringung von Flugdiensten an ein Unternehmen und sind - gemäß der o.a. höchstgerichtlichen Rechtsprechung - für sich alleine nicht zum Nachweis geeignet, dass das aus einem Steuerlager abgegebene Mineralöl unmittelbar der gewerblichen Erbringung von Luftfahrtdienstleistungen gedient hat. Selbst in § 10 der vom rechtlichen Vertreter der [Revisionswerberin] vorgelegten, Luftverkehrsbetreiberzeugnis-Verordnung 2008 wird die Vermietung von Luftfahrzeugen, die im Betrieb eines österreichischen Luftverkehrsunternehmen eingesetzt werden, zur Durchführung eines nicht gewerblichen Flugbetriebes eigens geregelt. Im zu beurteilenden Fall sind erst im Zuge der Betriebsprüfung der [Revisionswerberin] von der Betankungsfirma AOCs vorgelegt worden. Die mit den Beschwerdevorentscheidungen und in der mündlichen Verhandlung, im Vortrag der Richterin vorgehaltene, teilweise Ungültigkeit und Unvollständigkeit dieser Zeugnisse, ist von der [Revisionswerberin] nicht in Abrede gestellt worden. Gewerbliche Flugpläne stellen keine, für die Feststellung der Rechtmäßigkeit der Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nach § 4 Abs.1 Z 1 MinStG, erforderlichen Einzelnachweise (z.B. Flugkostenabrechnungen, Tagesflugberichte, Flugaufträge, Tickets, Leistungsverzeichnisse) dar.
Mit der im Rahmen der Außenprüfung iSd § 147 Abs.1 BAO erfolgten Aufforderung der belangten Behörde zur Vorlage von Nachweisen für das Vorliegen der Mineralölsteuerbefreiung nach § 4 Abs.1 MinStG wurde der [Revisionswerberin] keine Verpflichtung auferlegt. Die Verpflichtung, die Rechtmäßigkeit der Gewährung der, in Rede stehenden, Steuerbefreiung durch geeignete Belege nachzuweisen, war für die [Revisionswerberin] bereits im Zeitpunkt der Entstehung der Mineralölsteuerschuld entstanden. Die Aufforderung der belangten Behörde entsprach der Verpflichtung gemäß § 115 Abs.1 BAO, von Amts wegen die für die Abgabepflicht relevanten, tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln; dass sich für die [Revisionswerberin] im Zeitraum dieser Außenprüfung, ( bis ) die Erbringung von Nachweisen für die gewerbliche Endnutzung von Flugzeugen im Jahr 2010 schwierig gestaltete, auch deshalb, weil einige der involvierten Luftfahrtunternehmen in diesem Zeitraum bereits in Konkurs waren, ändert weder etwas an der für die [Revisionswerberin] grundsätzlich bestehenden Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht bei der Feststellung abgabenrechtlich relevanter Tatsachen (...), noch darf dieser Umstand dazu führen, dass hinweg gesehen wird, dass die [Revisionswerberin] ihrer seit dem Jahr 2010 bestehenden Verpflichtung, den Luftfahrtunternehmen Belege zum Nachweis der Inanspruchnahme der steuerfreien Betankung abzuverlangen, und dieses entsprechend zu dokumentieren, nicht nachgekommen ist, mit dem Ergebnis einer in abgabenrechtlicher Hinsicht folgenlosen Beendigung der Außenprüfung.
Laut dem Prüfbericht über das Ergebnis der Betriebsprüfung der [Revisionswerberin], welcher von der [Revisionswerberin] am unterfertigt worden ist, haben Luftfahrtunternehmen - im Rahmen der Außenprüfung bei der [Revisionswerberin] - am Unterlagen direkt an die belangte Behörde übermittelt. Am ist eine vereinfachte Nachweispflicht mit der Vorlage eines zum Zeitpunkt des Fluges gültigen AOCs, einer nicht veränderten Rechnung, sowie eines Auszuges aus dem Tech-Log, aus dem die Anzahl der Passagiere klar hervorgehen muss, beschlossen worden. In der Folge konnte von den insgesamt 227 aus dem Steuerlager der [Revisionswerberin] im Jahr 2010 erfolgten steuerfreien Abnahmen an Mineralöl in 123 Fällen die Rechtmäßigkeit der Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nach § 4 Abs.1 Z 1 MinStG belegt werden.
Das Ergebnis dieser Betriebsprüfung, samt Anlagen, aus denen die Auswertung der beigebrachten Unterlagen hervorgeht, ist der [Revisionswerberin] in der Niederschrift über das Ergebnis ihrer Außenprüfung, nachweislich am zur Kenntnis gebracht worden.
Die [Revisionswerberin] hatte somit - vor Erlassung der bekämpften Bescheide - Gelegenheit iSd § 115 Abs.2 BAO, ihre Rechte und rechtlichen Interessen geltend zu machen
Zusätzlich zu dieser Außenprüfung haben auch auf Abnahmen von Mineralöl aus dem Steuerlager der [Revisionswerberin] bezogene Inhalte der Prüfberichte, betreffend Außenprüfungen bei B Gesellschaft m.b.h. und der J GmbH samt Anlagen, Eingang in die bekämpften Bescheide gefunden. Auch diese Prüfungsergebnisse samt Anlagen sind der [Revisionswerberin] - wie vorstehend angeführt - nachweislich zur Kenntnis gebracht worden.
Dafür, dass zusätzlich mit den genannten Prüfungsergebnissen der [Revisionswerberin] bis dato unbekannte, Außenprüfungsergebnisse anderer Parteien in Abgabeverfahren in die bekämpften Bescheide eingeflossen sind, finden sich keine Anhaltspunkte.
Mit der vorgelegten Beschwerdevorentscheidung des Zollamtes Villach ist der Beschwerde einer Lagerinhaberin stattgegeben worden, und die Rechtmäßigkeit der Mineralölsteuerbefreiung nach § 4 Abs.1 Z 1 MinStG für einen Flug vom festgestellt worden, welcher von einem, im gegenständlichen Verfahrenszeitraum auch aus dem Steuerlager der [Revisionswerberin] betanktem, Flugzeug durchgeführt worden ist, weil eine Flugkostenabrechnung, als Nachweis der rechtmäßig steuerfreien Treibstoffabnahme, vorgelegt worden ist. Daraus vermag die [Revisionswerberin] für das gegenständliche Verfahren nichts zu gewinnen, weil auf Grund dessen nicht automatisch - ohne das Vorliegen entsprechender Nachweise - geschlossen werden kann, dass die Mineralölsteuerbefreiung für Betankungen desselben Flugzeuges im Jahr 2010 aus dem Steuerlager der [Revisionswerberin] zu Recht erfolgt ist.
Die [Revisionswerberin] vertritt die Ansicht, dass die Abkehr der Zollbehörde von einer seit 1955 bestehenden Verwaltungspraxis, wonach die Vorlage eines AOCs und gewerblicher Flugpläne für die Gewährung der Befreiung nach § 4 Abs.1 Z 1 MinStG als ausreichend erachtet worden sei, gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoße und dass die Einforderung der o.a. Nachweise, mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßig hohen Steuerbelastung, gleichheitswidrig sei. Schon alleine deshalb sei von der nachträglichen Festsetzung der Mineralölsteuer Abstand zu nehmen.
Dem ist entgegen zu halten:
Aus den der Rechtsprechung des VwGH und des BFG (...) zugrundeliegenden, zollbehördlichen Entscheidungen ist nicht ersichtlich, dass AOCs und gewerbliche Flugpläne ob alleiniger Beweis dafür angesehen wurde, dass aus einem Steuerlager abgenommenes Mineralöl unmittelbar der gewerblichen Einbringung von Luftfahrtdienstleistungen gedient hat.
Dass es zwischen 1955 und 2018 hinsichtlich der Gewährung der Mineralölsteuerbefreiung für Luftfahrtbetriebsstoff eine unterschiedliche Verwaltungspraxis gegeben hat, ist schon aufgrund der - in diesem Zeitraum anzuwendenden - unterschiedlichen Rechtslagen (z.B. Mineralölsteuergesetz 1959) evident. So ist im Mineralölsteuergesetz 1981 (zuletzt geändert mit BGBI.Nr.818/1993) in § 7 Z 6 von der Befreiung von Mineralöl, das von Luftfahrzeugen eines Luftverkehrsunternehmens, für Flüge die der Beförderung von Personen oder Sachen ins Zollausland, ohne Unterbrechung des Fluges im Zollgebiet dienen, aus auf Zollflugplätzen gelegenen Freilagern, oder aus Zolllagern oder offenen Lagern, auf Vormerkung aufgenommen wird, die Rede.
Das Abverlangen der o.a. Nachweise zum Beweis der Rechtmäßigkeit der Gewährung der Mineralölsteuerbefreiung nach § 4 Abs.1 Z 1 MinStG 1995 und die, aus der Nichtvorlage resultierende, Festsetzung der Mineralölsteuer wird somit nicht als gleichheitswidrig angesehen.
Dazu kommt, dass der VwGH nur das Vertrauen in Auskünften im Einzelfall, unter bestimmten Voraussetzungen, schützt. (...). Dafür, dass die belangte Behörde der [Revisionswerberin] die Auskunft erteilt hat, dass für die Gewährung der Mineralölsteuerbefreiung nach § 4 Abs.1 Z 1 MinStG, die Vorlage von AOCs, und von gewerblichen Flugplänen ausreiche, finden sich weder Anhaltspunkte in den Akteninhalten, noch wurde dieses von der [Revisionswerberin] behauptet.
Ob die [Revisionswerberin] nun Aufzeichnungen gemäß Punkt 1.1.2.5 des, von ihr dem BFG vorgelegten Erlasses (Arbeitsrichtlinie VS-1130) geführt hat, ist für das gegenständliche Verfahren irrelevant, da dieser Erlass sich nur auf die Abgabe von Luftfahrtbetriebsstoffen außerhalb eines Steuerlagers bezieht.
Aus den aufgezeigten Gründen erfolgte die nachträgliche bescheidmäßige Festsetzung gemäß § 201 Abs.1 BAO für die im Zeitraum Jänner 2010 bis Dezember 2010 erfolgten Abgaben von Mineralöl aus dem Steuerlager der [Revisionswerberin], für die kein Nachweis erbracht wurde, dass das Mineralöl unmittelbar der gewerblichen Erbringung von Luftfahrtdienstleistungen gedient hat, zu Recht. Damit wurde eben keine Besteuerung der gewerblichen Luftfahrt vorgenommen. Ebenso erfolgte die bescheidmäßige Festsetzung der Säumniszuschläge gemäß § 217 Abs.1 und 2 BAO, als zwingende Rechtsfolge der nicht fristgerecht entrichteten Steuerbeträge, zu Recht.
Den spruchgemäßen teilweisen Stattgaben liegt der Umstand zu Grunde, dass für die Flüge der M GmbH und der S GmbH für den Zeitraum Jänner 2010 bis Dezember 2010 Nachweise für die Rechtmäßigkeit der Steuerbefreiung nach § 4 Abs.1 Z 1 MinStG erbracht werden konnten. (Siehe dazu die als Beilagen angeführten Berechnungsblätter, die einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses bilden.) Dagegen können die von der V GmbH und der G GmbH vorgelegten Rechnungen über die Durchführung von Flügen alleine für sich nicht als geeignete Nachweise für die Rechtmäßigkeit der Gewährung der in Rede stehenden Steuerbefreiung angesehen werden.“
3 Abschließend begründete das Gericht u.a. die Festsetzung der Abgaben gemäß § 201 Abs. 2 Z 3 BAO sowie seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision.
4 In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Revision erachtet sich die Revisionswerberin in ihrem Recht auf mineralölsteuerfreie Abgabe von Luftfahrtbetriebsstoff im Sinne des § 4 Abs. 2 MinStG und auf gesetzeskonforme Ermessensübung gemäß § 201 Abs. 2 Z 3 iVm § 20 BAO verletzt; sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die Zulässigkeit ihrer Revision sieht sie - abgesehen davon, dass in Bezug auf die Frage der Reichweite der Befreiung des § 4 Abs. 1 MinStG noch keine höchstgerichtliche Judikatur, weder auf nationaler noch auf unionsrechtlicher Ebene, vorhanden sei - darin, dass ihre Verpflichtung, rückwirkend Unterlagen hinsichtlich der in Anspruch genommenen Steuerbefreiung vorzulegen, der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes widerspreche. Diese sehe zwar vor, dass ein Abgabepflichtiger eine grundsätzlich bestehende Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht bei der Feststellung abgabenrechtlich relevanter Tatsachen habe, allerdings nur soweit, als die Partei in der Lage sei, diese Mitwirkungspflicht zu erfüllen. Zum anderen beschränke sich die amtswegige Ermittlungspflicht der Behörde auch bei der Prüfung einer geltend gemachten Steuerbefreiung nicht nur auf die Übersendung einer Aufforderung zu Urkundenvorlage. Die Ansicht des Verwaltungsgerichts, wonach die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht nach § 115 BAO vollinhaltlich nachgekommen wäre, indem sie im Rahmen der Betriebsprüfung bloß eine Unterlagenanforderung an die Revisionswerberin gestellt habe, widerspreche der klaren und ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Abgabenbehörde selbst in einem Verfahren zur Entscheidung über die Gewährung abgabenrechtlicher Begünstigungen nicht völlig von ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht entbunden sei.
5 Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Revision gemäß § 36 VwGG das Vorverfahren eingeleitet und das Zollamt eingeladen, auch dazu Stellung zu nehmen, ob bzw. inwieweit die Revisionswerberin während des verfahrensgegenständlichen Zeitraumes ihren Aufzeichnungspflichten nach § 53 iVm § 52 MinStG 1995 Genüge getan habe und ob die verfahrensgegenständlichen Luftfahrtbetriebsstoffe in solchen Aufzeichnungen Deckung fänden.
6 Das (nunmehrige) Zollamt Österreich hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der die Zurückweisung der Revision, in eventu deren Abweisung als unbegründet beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die vorliegende Revision erweist sich aus den nachstehenden Gründen als zulässig und auch als begründet:
7 Das Verwaltungsgericht gründete die Abgabenfestsetzung darauf, dass die Revisionswerberin in Ansehung der strittigen, aus dem Steuerlager abgegebenen Luftfahrtbetriebsstoffe ihrer Mitwirkungspflicht insofern nicht nachgekommen sei, als aus den von ihr vorgelegten Tankdaten nicht erkannt werden könne, dass die Treibstoffe unmittelbar der entgeltlichen Erbringung von Dienstleistungen gedient hätten, und die von der belangten Behörde im Abgabenverfahren abgeforderten Nachweise, nämlich von gültigen Air Operator Certificates, von „nicht veränderten Rechnungen“ sowie von Auszügen aus „Tech Logs“ - aus dem die Anzahl der Passagiere der jeweiligen Flüge hervorgehe - nicht vollständig vorgelegt habe. Die Revisionswerberin habe für die in Zweifel stehenden Verbringungen der Luftfahrtbetriebsstoffe aus dem Lager keinen Nachweis erbracht, dass das Mineralöl unmittelbar der gewerblichen Erbringung von Luftfahrtdienstleistungen gedient habe.
8 Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG ist Mineralöl, das als Luftfahrtbetriebsstoff an Luftfahrtunternehmen für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen oder Sachen oder für sonstige gewerbsmäßige Dienstleistungen, die mittels eines Luftfahrzeuges entgeltlich erbracht werden, aus Steuerlagern oder Zolllagern abgegeben wird, von der Mineralölsteuer befreit.
Zur (richtlinienkonformen) Auslegung der Befreiungsbestimmung des § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die hg. Erkenntnisse vom , 2005/16/0172 = Slg. 8108/F, und vom , Ro 2015/16/0007, verwiesen; darnach ist diese Befreiungsbestimmung dahingehend auszulegen, dass die Steuerbefreiung nach § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG nur für „private nichtgewerbliche Luftfahrt“ nicht gilt.
9 Die Revision wendet sich dagegen, dass sie im Rahmen ihrer verfahrensrechtlichen Mitwirkungspflicht nachträglich nicht den Nachweis erbracht habe, dass die strittigen Mengen an Luftfahrtbetriebsstoffen nicht für private nichtgewerbliche Luftfahrt abgegeben worden seien.
10 Gemäß § 115 Abs. 1 BAO haben die Abgabenbehörden die abgabenpflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Diese Verpflichtung wird durch eine erhöhte Mitwirkungspflicht der Abgabenpflichtigen, wie beispielsweise bei bestimmten Auslandssachverhalten, eingeschränkt.
11 Einerseits trifft die Abgabenbehörde, sohin auch das Verwaltungsgericht, die Pflicht zur amtswegigen Ermittlung, andererseits die Partei die Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht. Beide Pflichten bestehen grundsätzlich nebeneinander und schließen einander nicht aus. Die amtswegige Ermittlungspflicht besteht zwar auch dann, wenn die Partei ihre Verpflichtungen zur Offenlegung und Mitwirkung verletzt, doch wird ihr Umfang durch solche Pflichtverletzungen beeinflusst. In dem Ausmaß, in dem die Partei zur Mitwirkung an der Wahrheitsfindung ungeachtet ihrer Verpflichtung hiezu nicht bereit ist, oder eine solche unterlässt, tritt die Verpflichtung der Behörde, den Sachverhalt nach allen Richtungen über das von ihr als erwiesen erkannte Maß hinaus zu prüfen, zurück. Die Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes findet dort ihre Grenze, wo nach Lage des Falles nur die Partei Angaben zum Sachverhalt machen kann. Inwieweit eine solche Wechselwirkung besteht, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Grenzen der Mitwirkungspflicht der Partei sind die Notwendigkeit (Erforderlichkeit), Verhältnismäßigkeit, Erfüllbarkeit und Zumutbarkeit der Mitwirkung (vgl. etwa die in Ritz, BAO6, unter Rz 8 ff zu § 115 BAO wiedergegebene Rechtsprechung).
12 So führte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zlen. 2175/65 u.a. = Slg. 3539/F, vor dem Hintergrund des damals maßgebenden Mineralölsteuergesetzes 1959, namentlich zur Frage der Erfüllung des Befreiungstatbestandes des § 4 Abs. 1 lit. a MinStG 1959, aus:
„Es ist jedoch darauf Bedacht zu nehmen, dass bei der Selbstberechnung einer Abgabe die abgabenrechtlich bedeutsamen Tatsachen und Verhältnisse so geartet sind, dass deren Ermittlung einer weitgehenden Mitwirkung nicht nur des Abgabepflichtigen, sondern auch Außenstehender bedarf. Das Abgabenverfahren besteht hier zum Großteil am Zusammenwirken einer Mehrzahl Beteiligter, denen alle Pflichten und Rechte eingeräumt sind. Die Mitwirkungspflicht des Abgabenpflichtigen selbst kann aber nur soweit gehen, als es zur objektiven Wahrheitsfindung notwendig ist, und darf die Grenzen der Zumutbarkeit nicht übersteigen (vgl. Bericht des Finanz- und Budgetausschusses, 456 der Beilagen zu den stenogr. Prot. des Nationalrates IX. GP.). Diese Grenzen der Zumutbarkeit bei der Selbstberechnung einer Abgabe können eindeutig und allgemein nicht festgelegt werden. Hier ist vielmehr unter Beachtung aller Umstände des einzelnen Falles zu entscheiden, wo diese Grenzen liegen. Dies trifft vor allem in jenen Fällen zu, bei denen die Höhe der selbst zu berechnenden Angabe zum Teil von der Handlungsweise eines Vertragspartners des Abgabepflichtigen abhängig ist, die dieser nicht immer mit einer jeden Zweifel ausschließenden Sicherheit festzustellen im Stande ist. So wird beispielsweise der Verkäufer, der den ermäßigten Steuersatz für Lieferungen im Großhandel gemäß § 7 Abs. 2 Z 2 des Umsatzsteuergesetzes 1959 in Anspruch nimmt, verpflichtet sein, sich Klarheit zu verschaffen, zu welchem Zweck der Abnehmer den gekauften Gegenstand zu verwenden beabsichtigt, soweit nicht diese Absicht aus den Umständen des Einzelfalles, etwa aus dem Beruf des Abnehmers in Verbindung mit der Art und Menge der gelieferten Gegenstände, eindeutig erkennbar ist. Ändert aber der Erwerber nach der Lieferung des Gegenstandes den Erwerbszweck, so hat dies gemäß § 3 Abs. 8 UStG 1959 auf den vom Verkäufer in Anspruch genommenen Steuersatz keinen Einfluss mehr ...
Diese für das Umsatzsteuerrecht geltende Rechtsansicht hat für die vorliegenden Fälle insofern Bedeutung, als sich auch die Beschwerdeführerin bei der Erstellung der monatlichen Mineralölsteueranmeldungen nur an die Tatbestände halten konnten, die für sie bei sorgfältiger Prüfung aller Umstände erkennbar waren, zumal das Gesetz keine Vorschriften darüber enthält, in welcher Weise sich ein Lieferant über die Eigenschaften eines Betriebes als Erzeugungsbetrieb zu informieren hat. ...“
13 Überträgt man diese Erwägungen auf den vorliegenden Revisionsfall, folgt daraus:
14 Für den Normadressaten muss berechenbar, vorhersehbar, sein, wozu er verpflichtet ist ( = Slg 5363/F, mwN; vgl. auch die in Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Bundesverfassungsrecht11, unter Rz. 165 referierte Rechtsprechung); für den Abgabenpflichtigen muss folglich vorhersehbar sein, ob und in welcher Art und Weise und in welchem Umfang ihn in einem - unter Umständen Jahre später geführten - Abgabenverfahren eine Mitwirkungspflicht an der Stoffsammlung treffen kann.
15 Zunächst kann nicht gesagt werden, dass die Betankung von Luftfahrzeugen im Inland mit einem allfälligen Zielflughafen im Ausland einen Auslandssachverhalt im Sinn des § 115 Abs. 1 zweiter Satz BAO verwirklichte, der eine erhöhte Mitwirkungspflicht der Revisionswerberin bedingte.
16 Für die Revisionswerberin ergaben sich während der gegenständlichen Abgabenzeiträume im Jahr 2010 aus Gesetz oder Verordnung keine näheren Anhaltspunkte dafür, anhand welcher Kriterien sie das Vorliegen der Voraussetzungen der Befreiungsbestimmung des § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG zu überprüfen und - für den Fall eines späteren Abgabenverfahrens - festzuhalten hatte.
17 Wohl sieht das Mineralölsteuergesetz 1995 in § 51 für den Inhaber eines Steuerlagers die zeitnahe Anzeige jeder Wegbringung von Mineralöl und für den Inhaber eines Mineralöllagers nach § 53 leg. cit. Aufzeichnungspflichten vor, deren Erfüllung im Zuge des Abgabenverfahrens aber nicht in Frage standen. Soweit die Revisionswerberin den Ausführungen der Revisionsbeantwortung zufolge dem „nur bedingt nachgekommen“ sei, legt die Revisionsbeantwortung auch nicht näher dar, worin eine Einschränkung der Erfüllung der Aufzeichnungspflichten gelegen sein sollte.
18 Lediglich der Wiedergabe des Vorbringens im angefochtenen Erkenntnis ist zu entnehmen, dass die Revisionswerberin - bisherigen Gepflogenheiten folgend - zum Nachweis der Voraussetzungen der Befreiungsbestimmung des § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG „AOCs“ und gewerbliche Flugpläne vorgelegt habe, die nun zum Nachweis nicht mehr ausreichten. Dagegen trifft das angefochtene Erkenntnis keine Aussage darüber, welche (zeitnahen) Aufzeichnungen die Revisionswerberin, sei es in Erfüllung des § 53 MinStG, sei es darüber hinausgehend vornahm, sammelte und diese den Abgabenbehörden im Rahmen des Verfahrens als Beweismittel zur Verfügung stellte.
19 Die letztlich vom Verwaltungsgericht vermissten Beweise, nämlich die Vorlage gültiger Air Operator Certificates, sohin von Bewilligungen Dritter, weiters von „nicht veränderten/verfälschten“ Rechnungen (offenbar gemeint von Ausgangsrechnungen Dritter, die nicht in die Buchhaltung der Revisionswerberin Eingang gefunden hatten) sowie von Aufzeichnungen (offenbar von Luftfahrtunternehmen) über die Zahl der Passagiere der jeweiligen Flüge, betreffen allesamt Beweismittel in der Sphäre außenstehender Dritter, deren nachträgliche lückenlose Beschaffung Jahre später Hürden faktischer Natur begegnen kann - so seien dem unwiderlegten Vorbringen der Revisionswerberin zufolge von 115 Kunden in den Jahren 2010 bis 2018 41 in Konkurs gegangen -, aber auch solcher rechtlicher, etwa datenschutzrechtlicher Natur, die das Verwaltungsgericht nicht in Erwägungen über die Möglichkeit und Zumutbarkeit einer Mitwirkung der Revisionswerberin im Verfahren einfließen ließ.
20 Schließlich leitete das Verwaltungsgericht aus der Anmeldepflicht nach § 23 Abs. 1 und 3 MinStG die allgemeine Verpflichtung der Revisionswerberin ab, von den belieferten Luftfahrtunternehmen Nachweise dafür abzuverlangen, dass die aus dem Steuerlager abgenommenen Mengen an Luftfahrtbetriebsstoffen unmittelbar der gewerblichen Erbringung von Luftfahrtdienstleistungen gedient hätten.
Die Frage der Möglichkeit und Zumutbarkeit einer Mitwirkung der Revisionswerberin im revisionsgegenständlichen Abgabenverfahren bestimmt sich jedoch danach, ob bzw. inwiefern für die Revisionswerberin während der verfahrensgegenständlichen Abgabenzeiträume im Jahr 2010 ex ante vorhersehbar war, welche konkreten Nachweise sie für den Fall ihrer späteren Mitwirkung in einem Abgabenverfahren, in dem die Voraussetzungen für die Mineralölsteuerbefreiung nach § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG Beweisthema sein könnten, dokumentieren oder von anderen abverlangen und sicherstellen sollte. Dass sich dies für die letztlich vom Verwaltungsgericht vermissten Unterlagen bereits im Jahr 2010 konkret aus Gesetz oder Verordnung oder aus Bescheiden (z.B. Bewilligungen, Auflagen) für die Revisionswerberin ergeben hätte, ist nach dem Gesagten nicht der Fall.
21 Damit kann der Revisionswerberin auch keine für die Frage ihrer Mitwirkung im Verfahren relevante Verletzung ihrer Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten nach der BAO angelastet werden.
22 Der Verwaltungsgerichtshof kann daher beim derzeitigen Stand des Verfahrens die Beurteilung des Verwaltungsgerichtes nicht teilen, dass die Revisionswerberin eine Mitwirkungspflicht im Verfahren zur Ermittlung des Vorliegens von Mineralölsteuer befreiender Sachverhalte verletzt hätte.
23 Indem das Verwaltungsgericht die - in der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes herausgebildeten - Umstände für und wider die Annahme einer Mitwirkungspflicht nicht angemessen würdigte, belastete es das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb dieses gemäß § 42 Abs. 2 lit. b und c VwGG aufzuheben ist.
24 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021160014.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
QAAAF-45744