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VwGH 11.10.2023, Ra 2021/15/0061

VwGH 11.10.2023, Ra 2021/15/0061

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
BAO §34
BAO §35 Abs1
BAO §36 Abs1
KommStG 1993 §8
RS 1
Eine Kinderbetreuungseinrichtung, deren Angebot sich vorwiegend an die Kinder von Mitarbeitern in einem bestimmten Unternehmen richtet, fördert nicht die Allgemeinheit. Dass nach Maßgabe freier Plätze auch Eltern, die nicht Mitarbeiter dieses bestimmten Unternehmens sind, ihre Kinder in einer solchen Einrichtung betreuen lassen können, ändert daran grundsätzlich nichts. Diesem Umstand käme im Rahmen einer Einzelfallbeurteilung allenfalls dann Bedeutung zu, wenn aufgrund der bestehenden Kapazitäten der Einrichtung immer mit einer namhaften Anzahl an (Rest)Plätzen zu rechnen ist und die Vergabe dieser (Rest)Plätze nach objektiven und im Vorhinein festgelegten Kriterien erfolgt. Nur in einem solchen Fall ist sichergestellt, dass sich der geförderte Personenkreis als Ausschnitt der in § 36 Abs. 1 BAO geforderten Allgemeinheit darstellt (vgl. idS auch BFH , VR 1/20).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser, die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätinnen Dr.in Lachmayer und Dr.in Wiesinger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision der Marktgemeinde X, vertreten durch Mag. Dominik Brun, Rechtsanwalt in 6971 Hard, Landstraße 13, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom , Zl. LVwG-455-2/2020-R10, betreffend Kommunalsteuer für die Jahre 2016 und 2017 (mitbeteiligte Partei: Verein Y in X, vertreten durch die Kucera Rechtsanwälte OG in 6971 Hard, Hofsteigstraße 89), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der Marktgemeinde X der mitbeteiligten Partei, einem Verein, der u.a. einen Kindergarten betreibt, Kommunalsteuer für die Jahre 2016 und 2017 vor. Dies u.a. mit der Begründung, dass es sich bei der Kinderbetreuungseinrichtung der mitbeteiligten Partei um einen Betriebskindergarten der X GmbH & Co KG handle, der mangels Förderung der Allgemeinheit nicht als gemeinnützig einzustufen sei.

2 Die mitbeteiligte Partei berief gegen den Kommunalsteuerbescheid und führte in der Berufung u.a. aus, bei der von ihr betriebenen Kinderbetreuungseinrichtung handle es sich nicht um einen Betriebskindergarten der X GmbH & Co KG. Gegenteiliges sei weder aus den Statuten der mitbeteiligten Partei noch aus der tatsächlichen Geschäftsführung ableitbar. Seit der Eröffnung im Jahr 2007 würden in der Einrichtung auch Kinder betreut, deren Eltern nicht Arbeitnehmer der X GmbH & Co KG seien. In den Geschäftsjahren 2015/16 bis 2017/18 seien jeweils mehrere Kinder betreut worden, deren Eltern nicht bei der X GmbH & Co KG gearbeitet hätten. Aus diesen Zahlen sei ersichtlich, dass der geförderte Personenkreis keinesfalls davon abhänge, dass die Eltern der betreuten Kinder Mitarbeiter der X GmbH & Co KG seien.

3 Die Abgabenkommission der Marktgemeinde X wies die Berufung als unbegründet ab. Sie stellte fest, dass es sich bei der Einrichtung der mitbeteiligten Partei um einen Betriebskindergarten der X GmbH & Co KG handle, und wies zur Begründung auf eine Vielzahl von Publikationen und Presseveröffentlichungen hin, in denen dies offen ausgewiesen werde.

4 Dem Bauakt der Markgemeinde X betreffend den nunmehrigen Standort der Kinderbetreuungseinrichtung sei zu entnehmen, dass die X GmbH & Co KG um die Baubewilligung für die Errichtung einer Kindertagesstätte angesucht und den Bauantrag mit dem Platzmangel des Firmenkindergartens begründet habe. Die Kindertagesstätte, die von der X GmbH & Co KG errichtet und immer wieder erweitert worden sei, werde der mitbeteiligten Partei zu einem Nettomietzins von 1.000 € zur Verfügung gestellt. Der Mietzins sei für ein Gebäude mit einer Gesamtnutzfläche von 815,5 m² in keiner Weise üblich. Zudem würden auch die Betriebskosten zur Gänze von der X GmbH & Co KG getragen.

5 Die Abgabenkommission wies weiters auf einen Bescheid des Amtes der Vorarlberger Landesregierung vom hin, mit dem der mitbeteiligten Partei die Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb ihrer Kinderbetreuungseinrichtung erteilt worden sei. Wesentlicher Bestandteil dieses Bescheides sei ein von der mitbeteiligten Partei vorgelegtes Gesamtkonzept, dem u.a. Folgendes zu entnehmen sei:

„Wir sind eine Ganztages-Kinderbetreuungseinrichtung der [X GmbH & Co KG], welche vom Trägerverein [mitbeteiligte Partei] geführt wird. [...] Voraussetzung für die Aufnahme der Kinder ist, dass mindestens ein Elternteil des Kindes in der [X GmbH & Co KG] arbeitet. Bei freien Plätzen haben auch Eltern, welche in umliegenden Firmen arbeiten die Möglichkeit, ihr Kind bei uns fördern und betreuen zu lassen. [...] Die Zielgruppe unserer Institution sind Kinder von [X GmbH & Co KG] - Mitarbeitern.“

6 Auch der Umstand, dass im Geschäftsjahr 2015/16 lediglich vier (von 66), im 2016/17 lediglich drei (von 67) und im Geschäftsjahr 2017/18 lediglich vier (von 69) Kinder betreut worden seien, deren Eltern nicht bei der X GmbH & Co KG gearbeitet hätten, untermauere, dass es sich bei der Einrichtung der mitbeteiligten Partei um einen Betriebskindergarten handle, der mangels Förderung der Allgemeinheit nicht als gemeinnützig einzustufen sei.

7 Die mitbeteiligte Partei erhob Beschwerde, in der sie weiterhin den Standpunkt vertrat, dass es sich bei der von ihr betriebenen Einrichtung um keinen Betriebskindergarten handle, weil dort auch Kinder betreut würden, deren Eltern nicht Arbeitnehmer der X GmbH & Co KG seien.

8 Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (LVwG) führte eine mündliche Verhandlung durch, in der es u.a. den Obmann der mitbeteiligten Partei und eine Reihe weiterer Personen einvernahm. Mit dem angefochtenen Erkenntnis, in dem eine Revision für nicht zulässig erklärt wurde, gab es der Beschwerde statt. Es stellte fest, die mitbeteiligte Partei sei mit der Intention gegründet worden, zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine Kinderbetreuungseinrichtung für eineinhalb bis sechsjährige Kinder zu errichten und zu betreiben. Sie biete eine flexible Ganztagesbetreuung inklusive Mittagessen für Kinder der besagten Altersgruppe an. Die Kinder würden in alters- und entwicklungsspezifischen Kleingruppen gefördert, wobei im Mittelpunkt der Betreuung u.a. Sprache, Musik/Rhythmus, Motorik, ästhetische und kulturelle Bildung sowie soziales Miteinander stünden. Die Finanzierung erfolge aus Mitgliedsbeiträgen, Elternbeiträgen (Sachaufwand), Förderungen von Land und Gemeinde (Personalkosten), Zuschüssen der X GmbH & Co KG und Spenden. Beim Finanzamt werde die mitbeteiligte Partei als gemeinnützig geführt, und es sei unstrittig, dass sie keine erwerbswirtschaftlichen Interessen verfolge. Das LVwG stellte weiters fest, in der von der mitbeteiligten Partei geführten Kinderbetreuungseinrichtung seien in den Streitjahren nicht nur Kinder von Mitarbeitern der X GmbH & Co KG, sondern auch betriebsfremde Kinder betreut worden, und stützte diese Feststellung insbesondere auf im Verwaltungsakt einliegende Kinderlisten und die Zeugenaussagen von HK und EM, die in den verfahrensgegenständlichen Jahren Bürgermeister bzw. Vizebürgermeisterin der revisionswerbenden Gemeinde gewesen seien. Die umfangreichen Erhebungen der Marktgemeinde X erachtete das LVwG mit der Begründung für irrelevant, dass sie „nicht die tatsächliche Geschäftsführung der Kinderbetreuungseinrichtung der Jahre 2016 und 2017“ beträfen. Die Frage der Gemeinnützigkeit stelle eine Rechtsfrage dar, die jedes Jahr erneut zu prüfen sei.

9 In Rahmen der rechtlichen Würdigung gelangte das LVwG unter Bezugnahme auf die von ihm getroffenen Feststellungen zur Auffassung, dass die von der mitbeteiligten Partei geführte Kinderbetreuungseinrichtung in den Jahren 2016 und 2017 für die Allgemeinheit offen und die mitbeteiligte Partei gemeinnützig im Bereich der Kinderfürsorge iSd § 8 Z 2 KommStG 1993 tätig gewesen sei.

10 Die gegen dieses Erkenntnis gerichtete außerordentliche Revision der Marktgemeinde X bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht habe seine Entscheidung vorwiegend auf Aussagen der Vereinsorgane gestützt und behördliche Ermittlungen zwar erwähnt, jedoch unrichtigerweise nicht als entscheidungsrelevant gewertet. Als Verfahrensmangel sei zu rügen, dass es Ermittlungen dahingehend unterlassen habe, weshalb vereinzelt auch Kinder von nicht im Betrieb tätigen Personen aufgenommen worden seien. Dies könne verschiedene Gründe haben (unvorhersehbare freie Plätze; Eltern mit einem persönlichen, aber auch beruflichen Naheverhältnis zur X GmbH & Co KG), die nicht gegen einen Betriebskindergarten sprächen.

11 Einen weiteren Zulässigkeitsgrund sieht die Revision darin, dass es keine höchstgerichtliche Entscheidung zur Frage gebe, ob man von einem Betriebskindergarten sprechen könne, wenn vereinzelt „fremde“ Kinder, also Kinder von Nicht-Betriebsangehörigen aufgenommen würden.

12 Die mitbeteiligte Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.

13 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

14 Die Revision ist zulässig und begründet.

15 Gemäß § 8 KommStG 1993 sind Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen, soweit sie mildtätigen Zwecken und/oder gemeinnützigen Zwecken auf dem Gebiet der Gesundheitspflege, Kinder-, Jugend-, Familien-, Kranken-, Behinderten-, Blinden- und Altenfürsorge dienen (§§ 34 bis 37, §§ 39 bis 47 der Bundesabgabenordnung) von der Kommunalsteuer befreit.

16 Die diesbezüglichen Bestimmungen der Bundesabgabenordnung lauten, soweit im Revisionsfall von Relevanz:

„Gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke

§ 34. (1) Die Begünstigungen, die bei Betätigung für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke auf abgabenrechtlichem Gebiet in einzelnen Abgabenvorschriften gewährt werden, sind an die Voraussetzung geknüpft, dass die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, der die Begünstigung zukommen soll, nach Gesetz, Satzung, Stiftungsbrief oder ihrer sonstigen Rechtsgrundlage und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar der Förderung der genannten Zwecke dient.

[...]

§ 35. (1) Gemeinnützig sind solche Zwecke, durch deren Erfüllung die Allgemeinheit gefördert wird.

[...]

(2) Eine Förderung der Allgemeinheit liegt nur vor, wenn die Tätigkeit dem Gemeinwohl auf geistigem, kulturellem, sittlichem oder materiellem Gebiet nützt. Dies gilt insbesondere für die Förderung der Kunst und Wissenschaft, der Gesundheitspflege, der Kinder-, Jugend- und Familienfürsorge, der Fürsorge für alte, kranke oder mit körperlichen Gebrechen behaftete Personen, des Körpersports, des Volkswohnungswesens, der Schulbildung, der Erziehung, der Volksbildung, der Berufsausbildung, der Denkmalpflege, des Natur-, Tier- und Höhlenschutzes, der Heimatkunde, der Heimatpflege und der Bekämpfung von Elementarschäden.

§ 36. (1) Ein Personenkreis ist nicht als Allgemeinheit aufzufassen, wenn er durch ein engeres Band, wie Zugehörigkeit zu einer Familie, zu einem Familienverband oder zu einem Verein mit geschlossener Mitgliederzahl, durch Anstellung an einer bestimmten Anstalt und dergleichen fest abgeschlossen ist oder wenn infolge seiner Abgrenzung nach örtlichen, beruflichen oder sonstigen Merkmalen die Zahl der in Betracht kommenden Personen dauernd nur klein sein kann.“

[...]

§ 37. Mildtätig (humanitär, wohltätig) sind solche Zwecke, die darauf gerichtet sind, hilfsbedürftige Personen zu unterstützen.

[...]

§ 39. Ausschließliche Förderung liegt vor, wenn folgende fünf Voraussetzungen zutreffen:

1. Die Körperschaft darf, abgesehen von völlig untergeordneten Nebenzwecken, keine anderen als gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen.

5. Bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zweckes darf das Vermögen der Körperschaft, soweit es die eingezahlten Kapitalanteile der Mitglieder und den gemeinen Wert der von den Mitgliedern geleisteten Sacheinlagen übersteigt, nur für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verwendet werden.

§ 40. (1) Unmittelbare Förderung liegt vor, wenn eine Körperschaft den gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweck selbst erfüllt. Dies kann auch durch einen Dritten geschehen, wenn dessen Wirken wie eigenes Wirken der Körperschaft anzusehen ist.

[...]

§ 41. (1) Die Satzung der Körperschaften muss eine ausschließliche und unmittelbare Betätigung für einen gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweck ausdrücklich vorsehen und diese Betätigung genau umschreiben; als Satzung im Sinn der §§ 41 bis 43 gilt auch jede andere sonst in Betracht kommende Rechtsgrundlage einer Körperschaft.

(2) Eine ausreichende Bindung der Vermögensverwendung im Sinn des § 39 Z. 5 liegt vor, wenn der Zweck, für den das Vermögen bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zweckes zu verwenden ist, in der Satzung (Abs. 1) so genau bestimmt wird, dass auf Grund der Satzung geprüft werden kann, ob der Verwendungszweck als gemeinnützig, mildtätig oder kirchlich anzuerkennen ist.

[...]

§ 42. Die tatsächliche Geschäftsführung einer Körperschaft muss auf ausschließliche und unmittelbare Erfüllung des gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweckes eingestellt sein und den Bestimmungen entsprechen, die die Satzung aufstellt.

§ 43. Die Satzung (§ 41) und die tatsächliche Geschäftsführung (§ 42) müssen, um die Voraussetzung für eine abgabenrechtliche Begünstigung zu schaffen, den Erfordernissen dieses Bundesgesetzes bei der Körperschaftssteuer und bei der Gewerbesteuer während des ganzen Veranlagungszeitraumes, bei den übrigen Abgaben im Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenschuld entsprechen.“

17 Die revisionswerbende Gemeinde schrieb der mitbeteiligten Partei Kommunalsteuer für die Jahre 2016 und 2017 vor und begründete dies damit, dass die mitbeteiligte Partei eine Kinderbetreuungseinrichtung für eineinhalb- bis sechsjährige Kinder betreibe. Diese Einrichtung sei in einem Gebäude untergebracht, das die X GmbH & Co KG - die um die Baubewilligung für die Errichtung einer Kindertagesstätte angesucht und den Bauantrag mit dem Platzmangel des Firmenkindergartens begründet habe - errichtet habe. Dem Amt der Vorarlberger Landesregierung, das die Errichtung und den Betrieb der in Rede stehenden Kinderbetreuungseinrichtung mit Bescheid vom bewilligt habe, sei ein Gesamtkonzept vorgelegt worden, laut dem es sich um eine Einrichtung der X GmbH & Co KG handle, die von der mitbeteiligten Partei (Trägerverein) geführt werde. Voraussetzung für die Aufnahme der Kinder sei, dass mindestens ein Elternteil des Kindes Arbeitnehmer der X GmbH & Co KG sei. Zielgruppe der Institution seien Kinder von Mitarbeitern der X GmbH & Co KG. Nur im Falle freier Plätze hätten auch Eltern, die in umliegenden Firmen arbeiteten, die Möglichkeit, ihr Kind von der mitbeteiligten Partei betreuen zu lassen. Dass es sich bei der Einrichtung der mitbeteiligten Partei um einen Betriebskindergarten der X GmbH & Co KG handle, gehe zudem aus einer Vielzahl von Publikationen und Presseveröffentlichungen hervor, in denen dies offen ausgewiesen werde. Auch der Umstand, dass im Geschäftsjahr 2015/16 lediglich vier (von 66), im Geschäftsjahr 2016/17 lediglich drei (von 67) und im Geschäftsjahr 2017/18 lediglich vier (von 69) Kinder betreut worden seien, deren Eltern nicht bei der X GmbH & Co KG gearbeitet hätten, untermauere, dass es sich bei der Einrichtung der mitbeteiligten Partei um einen Betriebskindergarten handle, der mangels Förderung der Allgemeinheit nicht als gemeinnützig einzustufen sei.

18 Abweichend dazu wird im angefochtenen Erkenntnis der Standpunkt vertreten, die von der mitbeteiligten Partei geführte Kinderbetreuungseinrichtung sei in den Jahren 2016 und 2017 für die Allgemeinheit offen und die mitbeteiligte Partei gemeinnützig im Bereich der Kinderfürsorge (§ 8 Z 2 KommStG 1993) tätig gewesen, weil in diesen Jahren nicht nur Kinder von Mitarbeitern der X GmbH & Co KG, sondern auch betriebsfremde Kinder betreut worden seien. Die umfangreichen Erhebungen der Marktgemeinde X seien - so das LVwG weiter - irrelevant, weil sie „nicht die tatsächliche Geschäftsführung der Kinderbetreuungseinrichtung der Jahre 2016 und 2017“ beträfen.

19 Die Frage, ob den mit der Kinderbetreuungseinrichtung der mitbeteiligten Partei verfolgten Zielen Gemeinnützigkeit im Sinne der §§ 34 ff BAO zuzubilligen ist, entscheidet sich im vorliegenden Fall daran, dass nach § 35 Abs. 1 BAO gemeinnützig nur solche Zwecke sind, durch deren Erfüllung die Allgemeinheit gefördert wird.

20 Nach § 36 Abs. 1 BAO ist ein Personenkreis nicht als Allgemeinheit aufzufassen, wenn er durch ein engeres Band, wie Zugehörigkeit zu einer Familie, zu einem Familienverband oder zu einem Verein mit geschlossener Mitgliederzahl, durch Anstellung an einer bestimmten Anstalt und dergleichen fest abgeschlossen ist.

21 Eine Kinderbetreuungseinrichtung, deren Angebot sich vorwiegend an die Kinder von Mitarbeitern in einem bestimmten Unternehmen richtet, fördert nicht die Allgemeinheit. Dass nach Maßgabe freier Plätze auch Eltern, die nicht Mitarbeiter dieses bestimmten Unternehmens sind, ihre Kinder in einer solchen Einrichtung betreuen lassen können, ändert daran grundsätzlich nichts. Diesem Umstand käme im Rahmen einer Einzelfallbeurteilung allenfalls dann Bedeutung zu, wenn aufgrund der bestehenden Kapazitäten der Einrichtung immer mit einer namhaften Anzahl an (Rest)Plätzen zu rechnen ist und die Vergabe dieser (Rest)Plätze nach objektiven und im Vorhinein festgelegten Kriterien erfolgt. Nur in einem solchen Fall ist sichergestellt, dass sich der geförderte Personenkreis als Ausschnitt der in § 36 Abs. 1 BAO geforderten Allgemeinheit darstellt (vgl. idS auch BFH , VR 1/20). Feststellungen dahingehend traf das LVwG in Verkennung der Rechtslage nicht.

22 Das angefochtene Erkenntnis erweist sich somit als mit prävalierender Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Wien, am

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Normen
BAO §34
BAO §35 Abs1
BAO §36 Abs1
KommStG 1993 §8
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2023:RA2021150061.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
PAAAF-45714