VwGH 06.09.2023, Ra 2021/15/0027
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Ein Scheingeschäft (§ 916 ABGB) liegt vor, wenn sich die Parteien dahingehend geeinigt haben, dass das offen geschlossene Geschäft nicht oder nicht so gelten soll, wie die Erklärungen lauten, wenn also die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein des Abschlusses eines Rechtsgeschäftes mit bestimmtem Inhalt hervorriefen, dagegen die mit dem betreffenden Rechtsgeschäft verbundenen Rechtsfolgen nicht oder nicht so wie vertraglich vereinbart eintreten lassen wollen. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2004/15/0080 E RS 1 |
Norm | KStG 1988 §8 Abs2 |
RS 2 | Nach Ablauf des Bilanzstichtages des betroffenen Wirtschaftsjahres kann eine verdeckte Ausschüttung nicht mehr rückgängig gemacht werden, auch nicht durch die Einstellung einer Forderung der Kapitalgesellschaft auf einen (höheren) Kaufpreis oder Werklohn, etc. (vgl. ). Ist aber eine verdeckte Ausschüttung bereits erfolgt, führt dies aus steuerlicher Sicht ebenfalls nicht zur Einstellung einer Forderung, weil der zugewendete Vorteil als (verdeckt) ausgeschüttet gilt. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser, die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätinnen Dr.in Lachmayer und Dr.in Wiesinger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision der W Handelsgesellschaft m.b.H in T, vertreten durch die Ludwig & Partner Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH in 1010 Wien, Schreyvogelgasse 2/4, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/6100288/2006, betreffend Körperschaftsteuer 1998 bis 2002, zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Bei der Revisionswerberin, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die per mit der E GmbH als übertragender Körperschaft verschmolzen wurde, fand ab Februar 1999 eine Außenprüfung betreffend die Jahre 1987 bis 1997 statt. Die Prüferin stellte fest, dass die Revisionswerberin und die E GmbH im Prüfungszeitraum in Geschäftsbeziehungen zu den in der Schweiz ansässigen Gesellschaften X AG und Y AG gestanden seien.
2 Die in der Schweiz ansässigen Gesellschaften, seien - ebenso wie die Revisionswerberin - im wirtschaftlichen Alleineigentum des JW gestanden und hätten mit Ausnahme des Geschäftsführers bzw. des Verwaltungsrates über kein Personal verfügt. Die Gesellschaften seien als Domizilgesellschaften einzustufen und die über diese Gesellschaften abgewickelten Geschäfte seien als Scheingeschäfte zu qualifizieren. Daraus folge, dass die Gewinne der X und Y AG in den Jahren 1987 bis 1997 in Höhe von 24,124.698 S (1,753.210,18 €) dem steuerlichen Ergebnis der Revisionswerberin und der E GmbH zuzurechnen seien.
3 Über Wunsch der Revisionswerberin habe die Prüferin im Zuge der Außenprüfung betreffend die Jahre 1987 bis 1997 entsprechende außerbilanzielle Forderungen der Revisionswerberin und der E GmbH an die X und Y AG „eingestellt“, um allfällige verdeckte Ausschüttungen zu vermeiden. Die eingestellten Forderungen in Höhe von 24,124.698 S (1,753.210,18 €) seien von der Prüferin mit Darlehensverbindlichkeiten der Revisionswerberin und der E GmbH gegenüber der X und Y AG in Höhe von 18,706.012 S (1,359.418,94 €) verrechnet worden. Die Prüferin sei daher zu dem Ergebnis gelangt, dass der Zinsaufwand der Revisionswerberin und der E GmbH für die Darlehen der Schweizer Gesellschaften nicht anzuerkennen und der Forderungsüberhang von 5,418.686 S (393.791,27 €) entsprechend zu verzinsen sei.
4 Die Außenprüfung betreffend die Jahre 1987 bis 1997 wurde im Jahr 2002 mit Rechtsmittelverzicht abgeschlossen. Der von der Prüferin errechnete Forderungsüberhang wurde im unternehmensrechtlichen Jahresabschluss der Revisionswerberin steuerneutral eingestellt. Weil die Schweizer Gesellschaften ihre Verbindlichkeiten nicht anerkannten, wurde die im Jahresabschluss 2002 eingestellte Forderung im Jahresabschluss 2003 nicht mehr ausgewiesen.
5 Im Jänner 2005 beantragte die Revisionswerberin die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend die Jahre 1987 bis 1997 und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, aufgrund neu hervorgekommener Beweismittel sei davon auszugehen, dass die in der Schweiz ansässigen Gesellschaften X und Y AG sehr wohl Tätigkeiten entfaltet hätten und die über diese Gesellschaften abgewickelten Geschäfte zu Unrecht als Scheingeschäfte qualifiziert worden seien.
6 Das Finanzamt wies den Antrag auf Wiederaufnahme der Verfahren als unbegründet ab. Einer dagegen gerichteten Berufung (Beschwerde) der Revisionswerberin gab das Bundesfinanzgericht (BFG) mit Erkenntnis vom , RV/6100394/2011, keine Folge.
7 Im April 2011 wurde - über Antrag der X AG und der Y AG - von der Schweizer Steuerverwaltung ein Verständigungsverfahren eingeleitet, das im September 2016 abgeschlossen wurde. Die österreichische und die schweizerische Steuerverwaltung verständigten sich darauf, dass eine lückenlose Sachverhaltsermittlung für den Zeitraum 1987 bis 1997 nicht mehr möglich, den Schweizer Gesellschaften aber eine äußerst funktionsschwache Tätigkeit zuzugestehen sei. Die fremdübliche Vergütung wurde mittels Kostenaufschlagsmethode berechnet, bei der die Kostenbasis mit 200.000 S pro Jahr und ein Gewinnaufschlag in Höhe von 10 % angenommen wurde. Eine Umsetzung des Verständigungsverfahrens (für die Jahre 1987 bis 1997) unterblieb, weil sich die Steuerverwaltung der Schweiz nicht dazu bereit erklärte, die Anpassungen außerhalb der Verjährung durchzuführen.
8 Im Jahr 2005 wurde bei der Revisionswerberin eine Außenprüfung betreffend die streitgegenständlichen Jahre 1998 bis 2002 durchgeführt. Die Prüferin stellte fest, dass aufgrund der die Jahre 1987 bis 1997 umfassenden Außenprüfung keine Darlehensverbindlichkeiten der Revisionswerberin gegenüber den Schweizer Gesellschaften X und Y AG bestünden, weshalb die in den Jahren 1998 (66.502,40 €), 1999 (49.228 €), 2000 (62.875 €) und 2001 (36.539,74 €) als Betriebsausgaben geltend gemachten Darlehenszinsen nicht anzuerkennen seien. Vielmehr bestehe eine Forderung der Revisionswerberin gegenüber der X AG und der Y AG in Höhe von 393.791,27 €, die mit 3 % per anno zu verzinsen sei, wodurch sich für die Jahre 1998 bis 2002 Zinserträge von jeweils 11.813,74 € ergäben.
9 Das Finanzamt folgte der Prüferin, verfügte die Wiederaufnahme der Verfahren und erließ u.a. entsprechende Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 1998 bis 2002.
10 Die Revisionswerberin erhob gegen die im Anschluss an die Außenprüfung ergangenen Wiederaufnahme- und Körperschaftsteuerbescheide 1998 bis 2002 Berufung (Beschwerde) und führte zur Begründung aus, aufgrund der den Zeitraum 1987 bis 1997 umfassenden Außenprüfung sei ab dem Jahr 1998 eine Forderung der Revisionswerberin gegenüber den Gesellschaften in der Schweiz eingebucht und verzinst worden. Da eine derartige Forderung nicht existiere, könnten dafür auch keine Zinserträge in Ansatz gebracht werden. Eine wie immer geartete rechtsgeschäftliche Grundlage für diese Forderung gebe es nicht. Die Forderung könne auch nicht eingeklagt werden, weshalb es nie zu einer Tilgung derselben kommen werde. Die Abschlussprüfer der Gesellschaften in der Schweiz hätten schriftlich bekannt gegeben, dass die Forderung nicht anerkannt werden könne, was von der Prüferin ignoriert worden sei. Auch im Jahresabschluss der Revisionswerberin für das Jahr 2004 sei eine Forderung an die Gesellschaften in der Schweiz nicht ausgewiesen. Die Stornierung des Zinsaufwandes Darlehen ergebe sich aus der von der Prüferin vorgenommenen Einstellung einer Forderung. Durch die gewählte Vorgangsweise komme es zu einer tatsächlichen Doppelbesteuerung. Diese erfordere die Durchführung eines Verständigungsverfahrens, dessen Einleitung angeregt werde.
11 Mit dem angefochtenen Erkenntnis, in dem eine Revision für nicht zulässig erklärt wurde, gab das BFG der Beschwerde keine Folge und führte zur Begründung aus, die in der Schweiz ansässige X AG sei im Jahr 1984 gegründet, als Domizilgesellschaft bzw. ab 1992 als gemischte Gesellschaft im Kanton Zug geführt und „für den internationalen Handel der Firmengruppe“ verwendet worden. Ab 1997 sei diese Tätigkeit von der neu gegründeten 100 %igen Tochtergesellschaft Y AG übernommen worden und die X AG habe ab diesem Zeitpunkt nur noch Holdingfunktionen ausgeübt.
12 Die Geschäfte, die von der Revisionswerberin und der E GmbH mit den Gesellschaften in der Schweiz abgewickelt worden seien, seien von einer die Jahre 1987 bis 1997 umfassenden Außenprüfung als Scheingeschäfte qualifiziert und die Gewinne der X AG und der Y AG seien dem steuerlichen Ergebnis der Revisionswerberin und der E GmbH zugerechnet worden. Um verdeckte Ausschüttungen zu vermeiden, seien von der Prüferin Verrechnungsforderungen in Höhe dieser Gewinne bei der Revisionswerberin und der E GmbH eingestellt und mit Darlehensforderungen der Schweizer Gesellschaften verrechnet worden. Trotz dieser Verrechnungen habe sich bei der Revisionswerberin und der E GmbH ein Forderungsüberhang ergeben, weshalb das Finanzamt im Jahr 1997 keine Verzinsung der bilanziell ausgewiesenen Darlehensverbindlichkeiten akzeptiert und die Forderungsüberhänge entsprechend verzinst habe.
13 Das Verfahren betreffend die Jahre 1987 bis 1997 sei mit Rechtsmittelverzicht abgeschlossen worden. JW sei zum Zeitpunkt des Rechtsmittelverzichts Gesellschafter und Geschäftsführer der österreichischen Gesellschaften (Revisionswerberin und E GmbH) und alleiniger Gesellschafter sowie Präsident des Verwaltungsrates der X AG gewesen. Das gegenüber der seinerzeitigen Prüferin gemachte Anbot, die der Revisionswerberin und der E GmbH steuerlich zugerechneten Gewinne als Verrechnungsforderungen gegenüber der X AG und der Y AG zu behandeln und der Rechtsmittelverzicht nach Umsetzung dieses Anbots durch das Finanzamt setze voraus, „dass [JW] diese Vorgangsweise in beiden Gesellschaften als Geschäftsführer bzw. als Präsident des Verwaltungsrates ebenso akzeptierte wie als alleiniger Gesellschafter bzw. als alleiniger Aktionär“. Dem Argument der Revisionswerberin, es läge keine werthaltige Forderung vor, weil die Forderung von den Schweizer Gesellschaften nie anerkannt worden sei, könne daher schon dem Grunde nach nicht gefolgt werden. Aufgrund der Funktion von JW bei den Schweizer Gesellschaften liege ein zumindest konkludentes Anerkenntnis der Forderung vor.
14 JW habe die Aufrechnung der wechselseitigen Forderungen im Jahr 2002 gegenüber der seinerzeitigen Prüferin selbst beantragt. Eine isolierte aufwandswirksame Verzinsung der Darlehensverbindlichkeiten in den Jahren 1998 bis 2002 sei daher nicht möglich. Die geltend gemachten Zinsen seien in ertragsteuerlicher Betrachtung nicht als Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 EStG 1988 absetzbar. Trotz der Aufrechnung bestehe auch in den streitgegenständlichen Jahren gegenüber den Schweizer Gesellschaften ein Forderungsüberhang. Dieser sei von der seinerzeitigen Prüferin nicht als verdeckte Ausschüttung an JW behandelt, sondern aufgrund eines Vorschlags der Revisionswerberin als Verrechnungsforderung gegenüber den Schweizer Gesellschaften in Ansatz gebracht worden. Demnach seien auch die Zinsen für diese Verrechnungsforderung den Einkünften zu Recht hinzugerechnet worden.
15 Die gegen dieses Erkenntnis gerichtete außerordentliche Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit auf das Wesentliche zusammengefasst vor, die Zustimmung der Revisionswerberin zum Ansatz der Verrechnungspreisforderung sei unter der Annahme erfolgt, dass eine entsprechende Gegenberichtigung in der Schweiz möglich und durchsetzbar sei. Im vorliegenden Fall sei die Verrechnungspreisforderung von den Schweizer Gesellschaften zu keinem Zeitpunkt akzeptiert worden, weil eine Gegenberichtigung aufgrund der Rechtslage in der Schweiz nicht zulässig sei. Nachdem sich herausgestellt habe, dass eine Gegenberichtigung in der Schweiz nicht zulässig sei, sei die Forderung unternehmensrechtlich wieder ausgebucht worden. Nur aus dem Umstand, dass der Gesellschafter der Revisionswerberin aufgrund eines Beweisnotstandes und im Hinblick auf eine sonst angedrohte noch höhere Steuerfestsetzung einen Rechtsmittelverzicht abgegeben habe, könne nicht geschlossen werden, dass die in Frage stehende Verrechnungspreisforderung tatsächlich existiert habe und immer noch existiere. Die Frage, ob überhaupt eine Forderung bestehe, sei eine Vorfrage dafür, ob in weiterer Folge eine Verzinsung derselben zu erfolgen habe. Damit sei die Rechtsfrage angesprochen, wie mit Verrechnungspreisberichtigungen umzugehen sei, die durch ausländische Steuerverwaltungen nach Durchführung eines Verständigungsverfahrens nicht anerkannt würden. Zu dieser Frage existiere noch keine ständige Rechtsprechung des Höchstgerichts.
16 Weiters wird dem BFG eine unschlüssige, nicht den Denkgesetzen entsprechende Beweiswürdigung vorgeworfen, weil es aufgrund des Umstands, dass JW zum Zeitpunkt des Rechtsmittelverzichts Gesellschafter und Geschäftsführer der österreichischen Gesellschaften (Revisionswerberin und E GmbH) und alleiniger Gesellschafter sowie Präsident des Verwaltungsrates der X AG gewesen sei, vom Bestand einer Forderung ausgegangen sei. Die Frage, ob überhaupt eine Forderung bestehe, sei danach zu bestimmen, ob die ausländische Steuerverwaltung dem Ergebnis der inländischen Betriebsprüfung zustimme und die Einbuchung einer korrespondierenden Verbindlichkeit anerkenne, und nicht danach, ob der Geschäftsführer der betroffenen Gesellschaft im Zuge einer Betriebsprüfung der Vorgehensweise zustimme und einen Rechtsmittelverzicht abgebe.
17 Das Finanzamt hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.
18 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
19 Die Revision ist zulässig und begründet.
20 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss die Begründung eines Erkenntnisses erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen das Verwaltungsgericht zur Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt, und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. Die Begründung muss in der Weise erfolgen, dass der Denkprozess, der in der Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist (vgl. z.B. , mwN).
21 Gemäß § 23 Abs. 1 BAO sind Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen für die Erhebung von Abgaben ohne Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Abgabenerhebung maßgebend.
22 Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn sich die Parteien dahin gehend geeinigt haben, dass das offen geschlossene Geschäft nicht oder nicht so gelten soll, wie die Erklärungen lauten, wenn also die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein des Abschlusses eines Rechtsgeschäftes mit bestimmtem Inhalt hervorrufen, dagegen aber die mit dem betreffenden Rechtsgeschäft verbundenen Rechtsfolgen nicht so wie vertraglich vereinbart bzw. allenfalls gar nicht eintreten lassen wollen (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 23 Tz 1).
23 Das BFG hat im angefochtenen Erkenntnis die Feststellung getroffen, die Geschäfte, die von der Revisionswerberin und der E GmbH in den Jahren 1987 bis 1997 mit den Schweizer Gesellschaften X AG und Y AG abgewickelt worden sind, seien von einer umfassenden Außenprüfung im Februar 1999 als Scheingeschäfte qualifiziert worden. Das seinerzeitige Prüfungsorgan habe, um verdeckte Ausschüttungen der Revisionswerberin (betreffend die Jahre 1987 bis 1997) zu vermeiden, „außerbilanziell“ Verrechnungsforderungen der Revisionswerberin sowie der E GmbH angesetzt.
24 Obwohl das BFG in der angefochtenen Entscheidung davon ausgeht, dass die Revisionswerberin und die E GmbH in den Jahren 1987 bis 1997 mit den Schweizer Gesellschaften Scheingeschäfte geschlossen haben, unterlässt es jegliche Ausführungen dazu, welchen Inhalt die (durch die Scheingeschäfte) verdeckten Rechtsgeschäfte, die dem tatsächlichen Parteiwillen entsprachen, gehabt haben oder ob allenfalls zwischen diesen Parteien überhaupt keine Rechtsgeschäfte beabsichtigt gewesen sind.
25 Gerade der Inhalt der durch die Scheingeschäfte verdeckten Rechtsgeschäfte ist aber entscheidend für die Beurteilung, ob diese verdeckten Geschäfte (in den Jahren 1987 bis 1997) zum Entstehen der Forderungen der Revisionswerberin oder der E GmbH gegenüber den Schweizer Gesellschaften geführt haben, die das BFG den Darlehensverbindlichkeiten der Revisionswerberin und der E GmbH - das heißt der Anerkennung von Betriebsausgaben aus dem Titel der Darlehenszinsen - entgegenhält.
26 Forderungen entstehen aus rechtsgeschäftlichem oder deliktischem Verhalten. Entgegen den Ausführungen des BFG können die in Rede stehenden - im gegenständlichen Verfahren von der Revisionswerberin in Abrede gestellten - Forderungen aus in den Jahren 1987 bis 1997 vorgenommenen Geschäften nicht durch den Umstand entstanden sein, dass die Revisionswerberin im Februar 1999 bei einer Außenprüfung dem Prüfungsorgan gegenüber ein „Anbot“ gemacht hat, bestimmte Vorgänge „als Verrechnungsforderungen zu behandeln“. Das Argument des BFG, wonach das angesprochene „Anbot“ der Revisionswerberin „voraussetze“, dass JW diese Vorgangsweise auch für die Schuldnerseite (X AG und Y AG) als vertretungsbefugtes Organ und als Gesellschafter akzeptiere, erweist sich keineswegs als zwingend, ist aber vor allem nicht geeignet, einen Schuldtitel aufzuzeigen, also den Umstand, wodurch (durch welches Rechtsgeschäft) die Forderungen entstanden sein sollen.
27 Eine Forderung der Revisionswerberin kann - entgegen der Ansicht des BFG - auch nicht dadurch zum Entstehen gebracht worden sein, dass die Revisionswerberin im Februar 2019 dem seinerzeitigen Prüfungsorgan eine Verrechnung mit einer Darlehensschuld „vorgeschlagen“ hat.
28 Das angefochtene Erkenntnis entbehrt somit für die in Rede stehenden Forderungen der Darlegung eines Schuldentstehungsgrundes, also der Darlegung des Inhaltes jener (durch die Scheingeschäfte) verdeckten Rechtsgeschäfte, von denen das BFG ausgeht und die zum Entstehen der Forderungen geführt haben sollen. Damit liegt ein Verstoß gegen die Begründungspflicht des BFG vor.
29 Es entspricht im Übrigen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass nach Ablauf des Bilanzstichtages des betroffenen Wirtschaftsjahres eine verdeckte Ausschüttung nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, auch nicht durch die Einstellung einer Forderung der Kapitalgesellschaft auf einen (höheren) Kaufpreis oder Werklohn, etc. (vgl. ). Ist aber eine verdeckte Ausschüttung bereits erfolgt, führt dies aus steuerlicher Sicht ebenfalls nicht zur Einstellung einer Forderung, weil der zugewendete Vorteil als (verdeckt) ausgeschüttet gilt.
30 Das angefochtene Erkenntnis erweist sich somit als mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben war.
31 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
32 Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.
Wien, am
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:2023:RA2021150027.L00 |
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Fundstelle(n):
QAAAF-45689