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VwGH 20.09.2023, Ra 2021/13/0150

VwGH 20.09.2023, Ra 2021/13/0150

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Norm
RS 1
Bei Pauschalreisen, bei denen ein Wirtschaftsteilnehmer die Aufgabe übernimmt, mehrere Dienstleistungen zu verbinden, die bei verschiedenen mehrwertsteuerpflichtigen Dritten gekauft worden sind, ist davon auszugehen, dass derart verbundene Reiseleistungen im Allgemeinen als mehrere gesonderte Leistungen (und nicht als eine einheitliche komplexe Leistung) zu beurteilen sind; andernfalls würde sich die Sonderregelung des § 23 UStG 1994, die eine einheitliche Leistung fingiert, als überflüssig erweisen (vgl. ).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser, den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr.in Lachmayer und den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision des Finanzamtes Österreich, Dienststelle Wien 1/23 in 1030 Wien, Marxergasse 4, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7102854/2019, betreffend Umsatzsteuer 2013 (mitbeteiligte Partei: d GmbH in W, vertreten durch Konrad Robert Fleckenstein in Deutschland, 63500 Seligenstadt, Bahnhofstraße 40), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Die mitbeteiligte Partei ist eine deutsche GmbH, deren Gesellschaftszweck insbesondere in der Vermittlung der deutschen Sprache und des deutschen Kulturgutes besteht. Sie bot im Jahr 2013 in den Seminar- und Schulungsräumen eines Hotels in Wien während der Schulferien Personen zwischen 14 und 17 Jahren „Summer Camps“ an. Dabei handelte es sich um deutsche Sprachschulungen samt Exkursionen und Museumsbesuchen an den Wochenenden.

2 Das Finanzamt versagte im Umsatzsteuerbescheid 2013 vom die von der mitbeteiligten Partei für deren Leistungen aus „Sprachschulen“ beantragte Steuerfreiheit gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 lit. a UStG 1994 und unterzog die Umsätze dem Normalsteuersatz. Begründend wurde ausgeführt, dass die von der Mitbeteiligten beantragte Steuerbefreiung für Sprachschulen im Revisionsfall nicht zur Anwendung kommen könne, weil kein Nachweis des Vorliegens einer Einrichtung mit einer vom Mitgliedstaat Österreich anerkannten, den inländischen öffentlichen Schulen vergleichbarem Zielsetzung im Sinne Art. 132 Abs. 1 lit. i Mehrwertsteuersystemrichtlinie erbracht worden sei. Bei Sprachferienaufenthalten sei die sprachliche Fortbildung nicht alleiniger Hauptzweck. Zudem sei zu prüfen, ob eine einheitliche Leistung vorliege oder zwei oder mehr getrennte Leistungen. Den neben der Unterrichtserteilung erbrachten Leistungen komme nicht der Charakter von bloßen unselbständigen Nebenleistungen zum Sprachunterricht zu bzw. es bestehe keine untrennbare wirtschaftliche Verbindung zwischen dem Sprachunterricht und den anderen Leistungen.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Finanzamt nach Abänderung des Umsatzsteuerbescheides 2013 (Berücksichtigung von Vorsteuern) mit Beschwerdevorentscheidung ab, woraufhin die Mitbeteiligte einen Vorlageantrag stellte.

4 Das Bundesfinanzgericht gab der Beschwerde teilweise Folge und änderte den Bescheid ab. Nach Wiedergabe des Verfahrensgangs stellte es fest, dass die mitbeteiligte Partei zum Zweck der Vermittlung der deutschen Sprache an nicht deutschsprechende Ausländer von einem Wiener Hotel Kontingente an Unterkunfts-, Unterrichts- und Aufenthaltsräumen in der Zeit zwischen und angemietet habe. Gegenstand dieses Vertrages sei neben der Beherbergung auch die Verköstigung von Sprachschülern mit Vollpension und die Betreuung in diesem Hotel. Für den genannten Zeitraum habe die Mitbeteiligte ein Gesamtkontingent von insgesamt 420 Schülerwochen reserviert.

5 Die Mitbeteiligte habe im Jahr 2013 über eine Betriebsstätte in Österreich in den Seminar- und Schulungsräumlichkeiten des Hotels verfügt, in denen die Deutschkurse angeboten worden seien. Die Kurse hätten sich ausschließlich an im Ausland ansässige Schüler und Studenten im Alter zwischen 14 und 17 Jahren gerichtet. Die Unterrichtserteilung erfolge im Klassenverband von bis zu 15 Kursteilnehmern. Die Unterrichtseinheiten hätten wöchentlich 20 bzw. 24 Stunden betragen. Die Kursteilnehmer hätten regelmäßig am Abend zu erledigende Hausaufgaben erhalten. Abgerundet werde der Gruppenunterricht durch Einzelunterricht sowie durch landeskundliche Blockseminare am Nachmittag und Ganztages-Exkursionen an den Wochenenden mit den Schwerpunkten österreichische Kultur und Geschichte. Die Sprachkurse würden sich an ein internationales Publikum jugendlicher Teilnehmer mit der Zielsetzung des Spracherwerbs und der Verbesserung bereits bestehender Deutschkenntnisse in den Niveaustufen A0 bis C2 richten. Übergeordnetes Lernziel für die Teilnehmer im Sommersprachkurs sei der Erwerb einer kommunikativen Kompetenz und die Herausbildung der Fähigkeit, die deutsche Sprache innerhalb eines situativen Kontextes gebrauchen zu können, so dass eine Kommunikation reibungslos funktioniere. Die betreffenden Schüler und Studenten würden auch neben den Unterrichtszeiten von Personen betreut. Diese Betreuung sei der Tatsache geschuldet, dass die Schüler und Studenten jeweils das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten und daher zwingend seitens der Mitbeteiligten eine Betreuung auch außerhalb der Unterrichtszeiten zu erfolgen habe. Das Lehrpersonal verfüge über ein abgeschlossenes Studium der Germanistik oder einer anderen Philologie sowie häufig umfangreiche Auslandserfahrung und Zusatzkenntnisse in verschiedenen Bereichen, die sie befähigten, die Fachsprache inhaltlich zu untermauern und Landeskunde sowie österreichische Kultur anschaulich darzustellen. Sämtliche Dozenten verfügten über muttersprachliche Kompetenz und seien auf Deutsch als Fremdsprache spezialisiert. Gegenüber den ausschließlich minderjährigen Teilnehmern würden im Zusammenhang mit der Sprachausbildung folgende Leistungen erbracht: Unterrichtsleistungen (wesentlicher Bestandteil), Hausaufgabenbearbeitung und -betreuung, Landeskunde, betreute Unterkunft und Verpflegung. Zum Kursende erhalte jeder Schüler ein Sprachzertifikat, welches zur Vorlage an Schulen und öffentlichen Einrichtungen diene. Im Revisionszeitraum hätten insgesamt 165 internationale Kursteilnehmer am Sommersprachkurs in Wien teilgenommen. Die Mitbeteiligte verfüge über eine in Deutschland ausgestellte Bescheinigung zur Vorlage beim Finanzamt in Deutschland, in der die Leistungen der Mitbeteiligten, wie etwa Deutsch-Sprachkurse, angeführt seien.

6 In der rechtlichen Beurteilung führte das Bundesfinanzgericht aus, dass § 23 Abs. 1 UStG 1994 für Reiseleistungen eines Unternehmers gelten würde, die nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers bestimmt seien, soweit der Unternehmer dabei gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen auftritt und Reisevorleistungen in Anspruch nehme. Die Leistung des Unternehmers sei als sonstige Leistung anzusehen. Der Begriff der Reiseleistung werde nicht definiert und müsse aus dem allgemeinen Sprachgebrauch bestimmt werden. Zu den Reiseleistungen gehöre in jedem Fall die eigentliche Fortbewegung (Beförderung), darüber hinaus aber auch alles, was nach der Verkehrsauffassung im Rahmen einer organisierten Reise erbracht werde. Dazu zähle neben der Beförderung die Unterbringung oder Vermietung von Unterkünften, die Verpflegung, die Reisebegleitung, Führungen, etc. Die Veranstaltung von Jugendurlauben zu einem Pauschalpreis, bestehend aus Unterbringung, Verpflegung und Freizeitgestaltung, stelle eine § 23 UStG 1994 unterliegende Reiseleistung dar. Die besondere Besteuerungsform des § 23 UStG 1994 gelte jedoch nicht, soweit der Unternehmer im eigenen Namen Reiseleistungen mit eigenen Mitteln und Einrichtungen erbringe, also keine Reisevorleistungen in Anspruch nehme. Dies sei der Fall, wenn Unterrichtsleistungen und Betreuungsleistungen durch angestellte Lehrkräfte erbracht würden. Im Revisionsfall seien von der Mitbeteiligten Leistungspakete im Zusammenhang mit einem 2- oder mehrwöchigen Aufenthalt im Rahmen einer Sommersprachwoche für Kinder und Jugendliche mit nichtdeutscher Muttersprache zu einem Pauschalpreis angeboten worden. Dieser Pauschalpreis habe die Kosten für Unterrichts- und Betreuungsleistungen durch eigene Lehrer und eigene Betreuer beinhaltet, sowie die Kosten für Unterkunft und Verpflegung der Schüler und Studenten, hinsichtlich derer die Mitbeteiligte Reisevorleistungen im Zusammenhang mit Unterkunft und Verpflegung, Transfer der Kursteilnehmer von und zum Flughafen sowie Beförderungsleistungen in Anspruch nehme. Die Betreuungsleistungen würden die ganztägige Betreuung der Schüler, somit während und nach der Unterrichtszeit, die Betreuung nach dem Unterricht bei den Hausaufgaben sowie sprachliche und erzieherische Betreuung der Schüler bei Exkursionen und Ausflügen am Wochenende betreffen. Im gegenständlichen Fall würden die Voraussetzungen für der Margenbesteuerung unterliegende Reiseleistungen gemäß § 23 UStG 1994 vorliegen. Bei gemischten Leistungen, die auch Eigenleistungen umfassten, sei § 23 UStG 1994 nur anwendbar, soweit der Unternehmer Reisevorleistungen in Anspruch nehme. Einheitliche Reisepreise müssten daher aufgeteilt werden. Die Entgelte für die reine Unterrichtsleistung seien mit 60 % der vereinnahmten Bruttoentgelte anzusetzen. Die Unterkunfts- und Verpflegungsleistungen würden mit 40 % der Umsätze festgesetzt und der Margenbesteuerung unterzogen. Die Bildungsleistungen seien gemäß § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG 1994 steuerfrei. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu Sprachschulen sei die Erteilung von Sprachunterricht in Form eines schulähnlichen Betriebes unter Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 1777/2005 zu subsumieren, unabhängig davon ob es sich um eine öffentlichen Schulen vergleichbare Tätigkeit handle. Es handle sich dabei nicht um Freizeitgestaltung, sondern um Schulungsmaßnahmen im Rahmen einer Einrichtung im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG 1994, die dem Erwerb oder der Erhaltung beruflicher Kenntnisse dienten. Die Dauer der Ausbildung sei dabei unerheblich. Die Bildungsleistungen der Mitbeteiligten seien daher steuerfrei.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision des Finanzamtes, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, dass das Bundesfinanzgericht vereinnahmte Entgelte in Höhe von 2.451,02 € keiner umsatzsteuerlichen Würdigung unterzogen hätte. Dieser Betrag bleibe im angefochtenen Erkenntnis gänzlich unberücksichtigt. Das Bundesfinanzgericht habe nicht geprüft, ob die Leistungen, die von der mitbeteiligten Partei erbracht worden seien, als einheitliche Leistungen zu qualifizieren seien. Es gebe noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob Leistungen, die in einem Leistungspaket mit einem Pauschalpreis erbracht würden und darin bestünden, minderjährige Jugendliche im Rahmen eines Ferienaufenthaltes in angemieteten Räumlichkeiten umfassend zu betreuen, zu verköstigen, zu unterrichten und zu beherbergen, als steuerpflichtige einheitliche sonstige Leistung beurteilt werden müssten, oder ob auf ein solches Leistungspaket § 23 UStG 1994 bereits dann zwingend anzuwenden sei und jede andere Besteuerung verdränge, wenn es Teilleistungen wie z.B. für Unterkunft und Betreuung enthalte, die nicht selbst erbracht würden, sondern von anderen Unternehmen zugekauft würden. Das Bundesfinanzgericht sei zudem ohne jegliche Begründung davon ausgegangen, dass die Bildungsleistungen nicht der Margenbesteuerung des § 23 UStG 1994 unterliegen würden. Das Bundesfinanzgericht gehe bei den Bildungsleistungen von Eigenleistungen aus, ohne näher zu konkretisieren oder zu erläutern, woraus sich dies ableiten würde und wie es überprüft habe, ob die mitbeteiligte Partei die Bildungsleistungen tatsächlich selbst erbracht habe. Eindeutige und nachvollziehbare Sachverhaltsfeststellungen, ob es sich dabei tatsächlich um Eigenleistungen der mitbeteiligten Partei handle, die diese selbst erbracht habe (z.B. durch eigenes, bei ihr angestelltes Lehrpersonal), oder ob sie andere selbständige Unternehmer (Vortragende) mit der Erbringung dieser Bildungsleistungen beauftragt habe, seien dem angefochtenen Erkenntnis nicht zu entnehmen. Lediglich zu den Betreuungsleistungen fänden sich klare und nachvollziehbare Ausführungen dazu, dass diese von der mitbeteiligten Partei selbst erbracht würden. Auch die Unterlagen, die dem Finanzamt im Verwaltungsverfahren vorgelegt worden seien, enthielten keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass es sich bei den Bildungsleistungen um Eigenleistungen der mitbeteiligten Partei handeln würden. Hinzu komme, dass die diesbezüglichen Ausführungen der mitbeteiligten Partei selbst (z.B. Vorlageantrag vom ) widersprüchlich seien und keineswegs zwingend zu der Schlussfolgerung führen müssten, dass sie die Bildungsleistungen selbst erbracht hätte, sondern vielmehr die Annahme, dass es sich bei den Bildungsleistungen um Besorgungsleistungen handeln würde, stützten. Damit weise das angefochtene Erkenntnis einen relevanten Begründungsmangel auf. Ergänzend sei noch darauf hinzuweisen, dass das Bundesfinanzgericht offenbar ein Vorhalteverfahren durchgeführt habe. Wenn das Bundesfinanzgericht in diesem Verfahren die Frage geklärt haben sollte, ob die Bildungsleistungen tatsächlich von der mitbeteiligten Partei selbst erbracht worden seien, sei ihm vorzuwerfen, dass es dies im angefochtenen Erkenntnis nicht entsprechend dargestellt habe. Hinzu komme, dass das Finanzamt erst im angefochtenen Bescheid (gemeint wohl: Erkenntnis) Kenntnis von diesem Vorhalteverfahren erlangt habe, da es vom Bundesfinanzgericht weder über das erfolgte Verfahren selbst noch über die Vorhaltsbeantwortung der Mitbeteiligten informiert worden sei. Damit sei das Parteiengehör des Finanzamtes verletzt worden. Diese Rechtsverletzung sei auch wesentlich, da bei Wahrung des Parteiengehörs die entscheidungsrelevante Frage, ob die Mitbeteiligte die Bildungsleistungen tatsächlich selbst erbracht habe, hätte geklärt werden können, und dies zu einem anders lautenden Erkenntnis hätte führen können. Sollte es sich bei den Bildungsleistungen nicht um Eigenleistungen, sondern um Besorgungsleistungen gehandelt haben, hätte das Bundesfinanzgericht die Bildungsleistungen ebenfalls der Margenbesteuerung unterziehen müssen. Zudem gebe es keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu der Frage, ob in Fällen wie dem Revisionsfall, in dem keine berufsbezogenen Bildungsleistungen erbracht würden, sondern in angemieteten Räumlichkeiten nur ein- oder zweiwöchige Sprachkurse für Jugendliche im Rahmen eines Ferienaufenthaltes abgehalten würden, die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG 1994 erfüllt seien. Nach Ansicht des Finanzamtes sei nämlich Art. 44 DVO (EU) 282/2011 nicht anwendbar, da sich diese Regelungen ausdrücklich nur auf „Schulungsmaßnahmen mit direktem Bezug zu einem Gewerbe oder einem Beruf sowie jegliche Schulungsmaßnahme, die dem Erwerb oder der Haltung beruflicher Kenntnisse dient“, bezögen. Diese Voraussetzungen seien im Revisionsfall nicht erfüllt, weil weder ein direkter Bezug zum Gewerbe oder Beruf bestehe, noch davon ausgegangen werden könne, dass durch den Ferienaufenthalt berufliche Kenntnisse erworben oder erhalten werden könnten. Dies werde im Übrigen nicht einmal von der mitbeteiligten Partei selbst behauptet, weil sie vielmehr selbst drauf hinweise, dass in den Unterrichtseinheiten die unterschiedlichen Freizeitveranstaltungen bzw. Ausflüge besprochen würden.

8 Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Einleitung des Vorverfahrens, in dem eine Revisionsbeantwortung erstattet wurde, erwogen:

9 Die Revision ist zulässig und begründet.

10 Was den von der Amtsrevision erhobenen Vorwurf betrifft, das Bundesfinanzgericht habe den Betrag von 2.451,02 € im Erkenntnis nicht berücksichtigt, gesteht das Bundesfinanzgericht im Vorlagebericht an den Verwaltungsgerichtshof selbst zu, dass es diese Summe vergessen habe und ein Teil davon der Umsatzsteuer unterliege. Das Erkenntnis erweist sich somit schon deshalb mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet.

11 Im Recht ist die Revision aber auch damit, dass sich aus dem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts nicht ergibt, weshalb es von Eigenleistungen der Mitbeteiligten bei den Unterrichtsleistungen ausgegangen ist, zumal die Angaben der Mitbeteiligten im Vorlageantrag, worauf die Amtsrevision zutreffend hinweist, tatsächlich widersprüchlich sind. Die Ausführungen im Vorlagebericht des Bundesfinanzgerichts an den Verwaltungsgerichtshof, aus denen sich die diesbezüglichen Überlegungen des Bundesfinanzgerichts ergeben, können entsprechende Feststellungen und Erwägungen im angefochtenen Erkenntnis nicht ersetzen. Dem Verwaltungsgerichtshof ist es damit verwehrt, das angefochtene Erkenntnis diesbezüglich auf seine Richtigkeit zu überprüfen.

12 Zu der dieser Thematik vorgelagerten Frage nach der Einheitlichkeit der Leistung der Mitbeteiligten, die im Zulässigkeitsvorbringen angesprochen wird, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, der in seinem Erkenntnis vom , Ra 2017/15/0050, bereits ausgesprochen hat, dass bei Pauschalreisen, bei denen ein Wirtschaftsteilnehmer die Aufgabe übernimmt, mehrere Dienstleistungen zu verbinden, die bei verschiedenen mehrwertsteuerpflichtigen Dritten gekauft worden sind, davon auszugehen ist, dass derart verbundene Reiseleistungen im Allgemeinen als mehrere gesonderte Leistungen (und nicht als eine einheitliche komplexe Leistung) zu beurteilen sind; andernfalls würde sich die Sonderregelung des § 23 UStG 1994, die eine einheitliche Leistung fingiert, als überflüssig erweisen.

13 Das Bundesfinanzgericht verwies diesbezüglich auf das Urteil des EuGH in der Rs C-200/04, iSt internationale Sprachschulen und Studienreisen GmbH, vom , wonach in Fällen, bei denen ein Wirtschaftsteilnehmer seinen Kunden außer den Leistungen im Zusammenhang mit ihrer Sprachausbildung und -erziehung gewöhnlich Reiseleistungen wie den Transfer in das Bestimmungsland und/oder den Aufenthalt in diesem Land anbietet, deren Erbringung nicht ohne spürbare Auswirkung auf den Pauschalpreis bleiben kann, diese Leistungen nicht mit reinen Nebenleistungen gleichgesetzt werden können.

14 Vor diesem Hintergrund begegnet die - implizite - Beurteilung des Bundesfinanzgerichts, dass bei den Leistungen der Mitbeteiligten keine einheitliche Leistung vorliegt, keinen vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Bedenken. Es ist nicht erkennbar, dass die Unterkunft und Verpflegung in einem Wiener Hotel für einen durchschnittlichen Kunden der Mitbeteiligten keinen eigenen Zweck, sondern nur ein Mittel dafür darstellten, eine Hauptleistung des Leistungserbringers (Sprachunterricht) unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Auch der Umstand, dass diese Leistungen ohne spürbare Auswirkung auf den Pauschalpreis geblieben sind, liegt im Revisionsfall nicht vor. Diese Leistungen können damit nicht als bloße Nebenleistungen beurteilt werden. Es ist aber auch nicht erkennbar, dass die Unterkunfts- und Verpflegungsleistungen mit anderen Leistungen der Mitbeteiligten (für einen Durchschnittsverbraucher) objektiv untrennbar verbunden wären und eine Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Dass es einem durchschnittlichen Kunden gerade um die Verbindung dieser Elemente ginge, ist nicht ersichtlich, ist es doch zweifellos auch üblich, dass Camps für Jugendliche veranstaltet werden, bei denen ein anderes Programm geboten wird, und auch Sprachkurse ohne Auslandsaufenthalt gebucht werden. Im Übrigen ist das Finanzamt selbst im Umsatzsteuerbescheid 2013 davon ausgegangen, dass keine einheitliche Leistung vorliegt.

15 Nach dem Gesagten war das angefochtene Erkenntnis vorrangig gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am

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Norm
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2023:RA2021130150.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
AAAAF-45664