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VwGH 17.01.2023, Ra 2021/13/0055

VwGH 17.01.2023, Ra 2021/13/0055

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
RS 1
Im Abgabenverfahren gilt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Überraschungsverbot (vgl. dazu die Nachweise bei Ritz, BAO5, § 115 Tz 16). Gemäß § 269 Abs. 1 BAO ist dies auch im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesfinanzgericht zu beachten (vgl. Ritz, a.a.O., § 269 Tz 4). Teilt das Bundesfinanzgericht die zwischen den Parteien des Beschwerdeverfahrens unstrittigen Standpunkte nicht, so obliegt es ihm daher bei sonstigem Verstoß gegen das Überraschungsverbot, dies den Parteien bekannt zu geben und ihnen Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben (vgl. zuletzt - noch zu einem Berufungsverfahren vor dem unabhängigen Finanzsenat - etwa das Erkenntnis vom , 2013/15/0295).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2015/13/0047 E RS 1 (hier nur die ersten beiden Sätze)

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision des C in P, vertreten durch Dr. Wolfgang Langeder, Rechtsanwalt in 1150 Wien, Stutterheimstraße 16-18, Stg. 2, OG 4, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7105189/2018, betreffend Einkommensteuer 2013 und 2015, Umsatzsteuer 2013 und 2015, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber war ab dem Jahr 2013 für den Transport- und Logistikkonzern A als selbständiger Zustellsubunternehmer tätig. Er erbrachte diese Zustelldienstleistungen nicht immer selbst, sondern gab Aufträge an Subunternehmer weiter.

2 Im Rahmen einer abgabenbehördlichen Prüfung der gesamten Unternehmerkette wurde das Vorliegen von Scheinaufwendungen festgestellt. Das Finanzamt erließ in der Folge entsprechend den Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung die von den Abgabenerklärungen abweichenden Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2013, 2014 und 2015.

3 Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung hinsichtlich Einkommensteuer und Umsatzsteuer für das Jahr 2014 in vollem Umfang statt. Mit der Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer und Umsatzsteuer 2013 und 2015 wurde der Beschwerde teilweise stattgegeben. Der Revisionswerber brachte gegen die Beschwerdevorentscheidungen betreffend Einkommensteuer und Umsatzsteuer 2013 und 2015 fristgerecht einen Vorlageantrag ein.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde keine Folge und änderte die Bescheide ab. Gegenüber den Beschwerdevorentscheidungen erfolgte damit für das Jahr 2013 eine Abänderung zu Lasten des Revisionswerbers.

5 Das Bundesfinanzgericht führt aus, mit Beschluss vom seien dem Revisionswerber die Ermittlungsergebnisse des Bundesfinanzgerichts zur Kenntnis gebracht worden. Des Weiteren sei dem Revisionswerber mit diesem Beschluss eine voraussichtliche Änderung der Bemessungsgrundlagen dem Grunde und der Höhe nach mitgeteilt und Gelegenheit gegeben worden, dazu Stellung zu nehmen. Vom Revisionswerber sei zu dem Beschluss betreffend abschließendes Parteiengehör zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens und Änderung der Bemessungsgrundlagen keine Äußerung erfolgt. Die Bescheide seien - wie im angefochtenen Erkenntnis näher dargelegt wird - im Sinne der mit dem Beschluss vom dargelegten Ermittlungsergebnisse abzuändern gewesen.

6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, das Bundesfinanzgericht habe gegen das Überraschungsverbot verstoßen. Mit Beschluss vom sei dem Revisionswerber eine Zusammenstellung der Ergebnisse des Beweisverfahrens zur Kenntnisnahme und allfälligen Stellungnahme übermittelt worden. Diese hätte ganz andere - für den Revisionswerber günstigere - Zahlen beinhaltet, von denen im angefochtenen Erkenntnis grundlos und ohne weitere Erklärung abgegangen worden sei. Das Recht des Revisionswerbers auf Parteiengehör sei somit verletzt worden. Der Revisionswerber sei mit dem ihm mitgeteilten Ergebnis zufrieden gewesen und habe daher keine Stellungnahme abgegeben.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Im Abgabenverfahren gilt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Überraschungsverbot. Gemäß § 269 Abs. 1 BAO ist dies auch im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesfinanzgericht zu beachten (vgl. ). Unter dem Überraschungsverbot ist das Verbot zu verstehen, dass die Behörde oder das Verwaltungsgericht in die rechtliche Würdigung Sachverhaltselemente einbezieht, die der Partei nicht bekannt waren (vgl. , mwN).

11 Der im Verfahrensakt einliegende Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom enthält in seiner Beilage 1 eine umfassende Darstellung der Ermittlungsergebnisse des Bundesfinanzgerichts. Zudem wird in Punkt 2 des Beschlusses unter der Überschrift „Änderungen im Verhältnis zur Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes“ dargelegt, dass das Bundesfinanzgericht erwägt, die Auffassung der Abgabenbehörde zu bestätigen, dass bei der Leistungsverrechnung mit Sub1 und Sub2 Scheinleistungen enthalten seien. Weiters wird wörtlich ausgeführt: „Im Einzelnen werden sich im Verhältnis zur BVE dabei wahrscheinlich folgende Änderungen ergeben:“. Nach Darlegung zweier Berechnungen, die zu korrigieren seien, enthält der Beschluss folgenden Text: „Aus der Berechnung der angeschlossenen Excel-Tabelle (Beilage 2) kann nachvollzogen werden, dass - im Verhältnis zur BVE - aus diesem Titel eine Gewinnerhöhung von 15.598,92 € und eine Vorsteuerkürzung von 3.119,78 € in Aussicht genommen wird.“

12 Aus dem Beschluss vom ergibt sich somit unmissverständlich, dass das Bundesfinanzgericht eine „Verböserung“ im Vergleich zur Beschwerdevorentscheidung beabsichtigt hatte und dies dem Revisionswerber zur Stellungnahme übermittelt wurde. Der behauptete Verstoß gegen das Überraschungsverbot liegt somit nicht vor.

13 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2023:RA2021130055.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
NAAAF-45612