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VwGH 28.08.2023, Ra 2021/13/0026

VwGH 28.08.2023, Ra 2021/13/0026

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
ALSAG 1989 §10 Abs1
ALSAG 1989 §9
VwRallg
RS 1
Ein Feststellungsbescheid nach § 10 Abs. 1 ALSAG 1989 entfaltet Bindungswirkung für die Abgabenbehörde im Rahmen der Erhebung des Altlastenbeitrages (vgl. ).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2022/13/0047 B RS 1

Entscheidungstext

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

Ra 2021/13/0027 B

Ra 2021/13/0028 B

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision der S GmbH in P, vertreten durch Dr. Helmut Binder, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Postgasse 8/1, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/4200012/2018, betreffend Altastenbeitrag und Nebengebühren 2008 sowie 2. und 3. Quartal 2009 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Zollamt Österreich), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin betreibt eine Kiesgrube in N. In einem Feststellungsverfahren gemäß § 10 ALSAG stellte das Landesverwaltungsgericht Kärnten mit Erkenntnis vom fest, dass das in den Jahren 2008 bis 2012 in der Kiesgrube der Revisionswerberin abgelagerte bzw. wiederverfüllte Bodenaushubmaterial Abfall im Sinne des § 2 Abs. 4 ALSAG iVm § 2 Abs. 1 AWG 2002 sei und es sich bei der Wiederverfüllung der Kiesgrube um eine beitragspflichtige Tätigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 1 lit. c ALSAG handle. Die dagegen erhobene Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom , Ra 2017/16/0153, zurückgewiesen.

2 Mit Feststellungsbescheid gemäß § 6 Abs. 1 AWG 2002 vom wurde von der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde festgestellt, dass hinsichtlich der revisionsgegenständlichen Bodenaushubmaterialien aus den Jahren 2008 und dem 2. und 3 Quartal 2009 Abfall und eine unzulässige Verwertung vorliege, da die Unbedenklichkeit des Materials nicht belegt worden sei.

3 Das Zollamt setzte mit Bescheiden vom eine Altlastenbeitragsschuld für das 1. bis 4. Quartal 2008 sowie das 2. und 3. Quartal 2009 sowie Nebengebühren fest, weil es sich bei der Wiederverfüllung der Kiesgrube um eine beitragspflichtige Tätigkeit gehandelt habe.

4 Gegen diese Bescheide erhob die Revisionswerberin fristgerecht Beschwerde. Nach Beschwerdevorentscheidung und Vorlageantrag brachte die Revisionswerberin in einer Eingabe an das Bundesfinanzgericht vor, dass zwar die Anlieferung der Bodenaushubmaterialien wie in den Bescheiden des Zollamtes dargestellt zutreffend sei, der tatsächliche Einbau aber im Mai bis Oktober 2010 bzw. Mai bis Oktober 2011 erfolgt sei.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerden als unbegründet ab. Es stellte nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens fest, dass die Verbringung des Bodenaushubs in den Quartalen 2008 und 2009 unstrittig sei. Der Einbau bzw. die Weiterverwendung sei erst von Mai bis Oktober 2010 bzw. Mai bis Oktober 2011 erfolgt. Die revisionsgegenständlichen Mengen Bodenaushub seien vom Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten umfasst.

6 Beweiswürdigend führte das Bundesfinanzgericht aus, es hege keine Zweifel daran, dass die strittigen Materialien im Rahmen der Rekultivierung der Kiesgrube in der Folge umgelagert bzw. weiterverwendet worden seien. Es gehe davon aus, dass die Rekultivierung einer Kiesgrube nicht auf das Abkippen der Materialien beschränkt sei, sondern eine mehrfache Materialbewegung erfordere bzw. erforderlich machen könne. Unstrittig feststellbar sei, dass die Revisionswerberin für die Bodenaushubmaterialien über keinen abgesonderten behördlich bewilligten Zwischenlagerplatz verfügt habe und die im Rahmen der Wiederverfüllung notwendigen Zwischenlagerungen in der Kiesgrube erfolgt seien.

7 Rechtlich führte das Bundesfinanzgericht aus, nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes binde ein Feststellungsverfahren gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 AWG auch die das ALSAG vollziehende Behörde. Ausfluss des Feststellungsverfahrens bei der Bezirksverwaltungsbehörde und damit rechtskräftig festgestellte Tatsache sei, dass hinsichtlich des gegenständlichen Bodenaushubmaterials kein Abfallende eingetreten sei. Die Verbringung der Bodenaushubmaterialien in die Kiesgrube stelle die maßgebliche beitragspflichtige Tätigkeit in Form des Verfüllens von Geländeunebenheiten dar, auch wenn in der Folge eine Umlagerung in der Kiesgrube erfolgt sei. Dies sei auch Ausfluss der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten, das die beitragspflichtige Tätigkeit in der Wiederverfüllung der Kiesgrube erblicke und dabei hinsichtlich der Voraussetzungen für eine allfällige Beitragsfreiheit auf die Anlieferung und Übernahme der Bodenaushubmaterialien abgestellt habe. Eine Bindungswirkung an den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom für das ALSAG-Verfahren sei zumindest hinsichtlich des Spruches des genannten Bescheides grundsätzlich gegeben. Eine widersprüchliche Entscheidung zu dem Feststellungsverfahren nach § 10 ALSAG liege hinsichtlich des Spruches nicht vor. Das Bundesfinanzgericht könne dem in der Begründung des genannten Feststellungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft vom dargestellten späteren Einbauzeitraum Mai bis Oktober 2011 bzw. 2012 insoweit folgen, als von einer Weiterverwendung des bereits abgelagerten Bodenaushubmaterials die Rede sei. Das Landesverwaltungsgericht Kärnten habe sich mit der Frage des späteren Einbaus von 15.800 Tonnen zu einem Haufwerk verbundener Kleinmengen auseinandergesetzt und dazu festgestellt, dass die Angabe der Revisionswerberin, dass der Einbau dieser Materialien erst im Jahre 2013 vorgenommen worden wäre und somit außerhalb des vom Zollamt Klagenfurt Villach in Prüfung genommenen Zeitraumes 2008 bis 2012 gelegen sei, nichts ändere, da die Anlieferung und Übernahme der Kleinmengen unbestritten innerhalb des Prüfungszeitraumes erfolgt sei. Für das Landeverwaltungsgericht habe offensichtlich kein Zweifel daran bestanden, dass der Zeitpunkt der Anlieferung des Bodenaushubmaterials auch der Zeitpunkt der Ablagerung bzw. der Wiederverfüllung der Kiesgrube sei. Im Sinne der maßgeblichen Bindung an den Feststellungsbescheid im ALSAG-Verfahren, wie auch einer vom Landesverwaltungsgericht Kärnten in seinem Erkenntnis eindeutig festgestellten beitragspflichtigen Tätigkeit in Form der Wiederverfüllung der Kiesgrube (Verfüllung von Geländeunebenheiten) bei Anlieferung und Übernahme der Bodenaushubmaterialien sei von der Verwirklichung des Tatbestandes des § 3 Abs. 1 Z 1 lit. c ALSAG in den in den Abgabenbescheiden genannten Quartalen auszugehen.

8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, der Verwaltungsgerichtshof habe mit Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Ro 2019/13/0006, ausgesprochen, dass an der bisherigen Rechtsprechung, dass das nicht mehr als dreijährige Lagern von Abfällen, wenn nicht alle hierfür erforderlichen Genehmigungen vorgelegen seien, altlastenbeitragspflichtig sei, nicht festgehalten werden könne. Das Bundesfinanzgericht weiche von dieser Rechtsprechung ab, weil es feststelle, dass der Einbau des Bodenaushubmaterials erst in der Zeit von Mai bis Oktober 2010 bzw. Mai bis Oktober 2011 erfolgt sei und nur die Anlieferung 2008 bzw. im 2. und 3 Quartal 2009 erfolgt sei. In dem Zeitraum zwischen Anlieferung und Einbau sei eine beitragsfreie Zwischenlagerung erfolgt. Weiters bestehe keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu, ob schon die Anlieferung von Bodenaushubmaterial in eine Kiesgrube oder erst deren Einbau eine beitragspflichtige Tätigkeit darstelle.

9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12 Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 bis 3 ALSAG hat die Behörde in begründeten Zweifelsfällen auf Antrag des in Betracht kommenden Beitragsschuldners oder des Bundes, vertreten durch das Zollamt, durch Bescheid festzustellen, ob eine Sache Abfall ist, ob ein Abfall dem Altlastenbeitrag unterliegt und ob eine beitragspflichtige Tätigkeit vorliegt.

13 Das in § 10 ALSAG geregelte Feststellungsverfahren hat nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes den Zweck, über strittige (Vor-)Fragen bescheidmäßig abzusprechen und sie damit in verbindlicher Weise für die jeweiligen Beitragsfestsetzungen zu klären. Es soll damit zur Rechtssicherheit und Verfahrensbeschleunigung beitragen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Sinne bereits mehrfach ausgesprochen, ein Verfahren nach § 10 Abs. 1 ALSAG diene der bescheidmäßigen Klärung und damit der rechtswirksamen Feststellung der Tatbestandsvoraussetzungen der Altlastenbeitragspflicht. Ein solcher Feststellungsbescheid entfaltet Bindungswirkung für die Abgabenbehörde im Rahmen der Erhebung des Altlastenbeitrages (vgl. ).

14 Wenn die Revision vorbringt, dass zwischen Anlieferung und Einbau der Bodenaushubmaterialien eine beitragsfreie Zwischenlagerung vorgelegen sei, übersieht sie, dass das Bundesfinanzgericht davon ausgegangen ist, dass das Landesverwaltungsgericht Kärnten den beitragspflichtigen Tatbestand der Wiederverfüllung bereits in der Anlieferung der Materialien in der Kiesgrube erblickt hat. Dagegen wendet sich die Revision nicht. Daher kann es nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn das Bundesfinanzgericht aufgrund der Bindungswirkung des Feststellungsverfahrens gemäß § 10 ALSAG ebenfalls die beitragspflichtige Tätigkeit in der Wiederverfüllung aufgrund der Anlieferung der Materialien in der Kiesgrube gesehen hat.

15 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
ALSAG 1989 §10 Abs1
ALSAG 1989 §9
VwRallg
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2023:RA2021130026.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
OAAAF-45603