VwGH 26.03.2021, Ra 2021/08/0034
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Norm | ASVG §67 Abs10 |
RS 1 | Den Vertreter nach § 67 Abs. 10 ASVG trifft die besondere Verpflichtung darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung seiner Verpflichtungen unmöglich war, widrigenfalls eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden kann. Wenn er dabei nicht bloß ganz allgemeine, sondern einigermaßen konkrete sachbezogene Behauptungen aufstellt, ist er zur weiteren Präzisierung und Konkretisierung des Vorbringens aufzufordern; kommt er dieser Aufforderung nicht nach, so bleibt die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht zur Annahme berechtigt, dass er seiner Pflicht schuldhaft nicht entsprochen hat. Dabei muss der Vertreter nicht nur allgemein dartun, dass er dem Benachteiligungsverbot Rechnung getragen hat, sondern insbesondere die im Beurteilungszeitraum fälligen unberichtigten Beitragsschulden und die fälligen offenen Gesamtverbindlichkeiten sowie die darauf jeweils geleisteten Zahlungen darlegen (vgl. , mwN). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2019/08/0059 B RS 1 |
Norm | ASVG §67 Abs10 |
RS 2 | Es liegt am Vertreter, schon ab dem Beginn der Zahlungsschwierigkeiten zusätzliche, beleggestützte Aufzeichnungen über die Gleichbehandlung der Forderungen des Krankenversicherungsträgers anzulegen (vgl. in diesem Sinn auch Müller in SV-Komm § 67 ASVG Rz 148). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen sowie den Hofrat Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision des Ing. S K in K, vertreten durch die Steßl und Kasper Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Sporgasse 11, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. G312 2229190-1/4E, betreffend Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Österreichische Gesundheitskasse), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem im Beschwerdeweg ergangenen angefochtenen Erkenntnis sprach das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 67 Abs. 10 ASVG aus, dass der Revisionswerber als Geschäftsführer der K. GmbH und damit nach der genannten Bestimmung haftender Vertreter zur Zahlung näher bezeichneter Beitragsschulden der K. GmbH in näher bezeichneter Höhe verpflichtet sei. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
5 Der Revisionswerber erblickt entgegen diesem Ausspruch eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darin, dass das Bundesverwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei, indem es keine mündliche Verhandlung durchgeführt habe. Diese schon in der Beschwerde beantragte Verhandlung hätte es ihm ermöglicht, so der Revisionswerber, insbesondere durch Zeugenbeweise den Nachweis der Gläubigergleichbehandlung zu erbringen.
6 Diesem Vorbringen ist die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach den Vertreter nach § 67 Abs. 10 ASVG die besondere Verpflichtung trifft darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung seiner Verpflichtungen unmöglich war, widrigenfalls eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden kann. Wenn er dabei nicht bloß ganz allgemeine, sondern einigermaßen konkrete sachbezogene Behauptungen aufstellt, ist er zur weiteren Präzisierung und Konkretisierung des Vorbringens aufzufordern; kommt er dieser Aufforderung nicht nach, so bleibt die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht zur Annahme berechtigt, dass er seiner Pflicht schuldhaft nicht entsprochen hat. Dabei muss der Vertreter nicht nur allgemein dartun, dass er dem Benachteiligungsverbot Rechnung getragen hat, sondern insbesondere die im Beurteilungszeitraum fälligen unberichtigten Beitragsschulden und die fälligen offenen Gesamtverbindlichkeiten sowie die darauf jeweils geleisteten Zahlungen darlegen (vgl. etwa , mwN).
7 Dieser besonderen Mitwirkungspflicht ist der Revisionswerber nicht nachgekommen, hat er doch im Verfahren - trotz entsprechender Aufforderung - die erforderliche zahlenmäßige Aufstellung nicht vorgelegt, sondern nur das Anmeldungsverzeichnis aus dem Konkursverfahren, einen kurzen Auszug aus einem ebenfalls im Konkursverfahren erstellten Gutachten und eine - nur einen Teil des Beurteilungszeitraums abdeckende - Saldenliste übermittelt. Ausgehend davon durfte ohne weitere Ermittlungen und folglich auch ohne Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden (vgl. abermals ).
8 Soweit der Revisionswerber vorbringt, eine Erfüllung seiner Mitwirkungsverpflichtung sei ihm mangels Zugänglichkeit der dafür erforderlichen Unterlagen nicht möglich gewesen, ist er darauf hinzuweisen, dass es an ihm gelegen gewesen wäre, schon ab dem Beginn der Zahlungsschwierigkeiten zusätzliche, beleggestützte Aufzeichnungen über die Gleichbehandlung der Forderungen des Krankenversicherungsträgers anzulegen (vgl. in diesem Sinn auch Müller in SV-Komm § 67 ASVG Rz 148).
9 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | ASVG §67 Abs10 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021080034.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
HAAAF-45533