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VwGH 15.04.2021, Ra 2021/07/0030

VwGH 15.04.2021, Ra 2021/07/0030

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Norm
VwGG §30 Abs2
RS 1
Nichtstattgebung - Anträge auf Feststellung der Parteistellung in einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren - Ein Bescheid, mit dem ein Begehren auf Zuerkennung (Feststellung) der Parteistellung versagt wird, ist einem Vollzug nicht zugänglich (vgl. dazu ; , AW 2007/05/0002). Dies trifft auch auf das diesen Bescheid bestätigende Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts zu. Dazu kommt, dass bei Stattgabe der Aufschiebungsanträge der revisionswerbenden Parteien die von ihnen (erkennbar) angestrebte Wirkung des Aufschubs des Vollzugs des Bescheids der belangten Behörde vom (Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung) nicht einherginge. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der gegen die angefochtenen Erkenntnisse erhobenen Revisionen bewirkte zwar, dass nicht mehr für andere Verfahren verbindlich feststünde, dass die revisionswerbenden Parteien keine Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren hatten. Keinesfalls würde dies aber bedeuten, dass ihnen als Folge der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren zukäme, weil eine Sistierung der Wirkungen des Bescheids der belangten Behörde vom mit der Entscheidung über die vorliegenden Aufschiebungsanträge nicht verbunden wäre (vgl. dazu erneut VwGH AW 2007/05/0002).
Normen
AVG §56
AVG §8
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §17
RS 1
Auf Grund ihres Antrages auf Zustellung des Bescheides haben die Beschwerdeführer einen Anspruch darauf, dass entweder entsprechend diesem Antrag der Bescheid zugestellt wird oder dass dann, wenn die belangte Behörde die Auffassung vertritt, den Beschwerdeführern komme in dem betreffenden Verfahren keine Parteistellung zu, darüber mit Bescheid abgesprochen wird, wobei auch ein Feststellungsbescheid über die Parteistellung in Betracht kommt (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 99/10/0202, vom , Zl. 95/07/0216, und vom , Zl. 2006/05/0071, mit weiteren Nachweisen).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2007/05/0021 E RS 1
Normen
AVG §45 Abs2
AVG §56
AVG §8
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §17
WRG 1959 §102 Abs1 litb
WRG 1959 §12 Abs1
WRG 1959 §12 Abs2
RS 2
Im Verfahren zur Prüfung der Parteistellung ist jener

Sachverhalt zu ermitteln, der es ermöglicht, ein Urteil darüber

abzugeben, ob eine Beeinträchtigung von Rechten möglich ist; im

folgenden wasserrechtlichen Verfahren ist Thema des

Ermittlungsverfahrens die Frage, ob solche Rechte tatsächlich

berührt werden. Ob eine Berührung von Rechten möglich ist, ist

(auch) eine Sachfrage, für deren Klärung dieselben Grundsätze

gelten wie für die Klärung sonstiger Sachfragen, dh daß auch

Sachverständige beigezogen werden können und

erforderlichenfalls beigezogen wwrden müssen.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 95/07/0138 E RS 6

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

Ra 2021/07/0031

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Anträge 1. der Dr. P und 2. des Dr. , beide vertreten durch die Wohlmuth Rechtsanwalts KG in 8430 Leibnitz, Hauptplatz 7, der gegen die Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts Kärnten jeweils vom , Zlen. 1. KLVwG-939/2/2020 und 2. KLVwG-940/2/2020, betreffend Anträge auf Feststellung der Parteistellung in einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren und Zustellung des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheids (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee; mitbeteiligte Partei: B GmbH), erhobenen Revisionen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird den Anträgen nicht stattgegeben.

Begründung

1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde der mitbeteiligten Partei die wasserrechtliche Bewilligung zur Sammlung und Verbringung der auf dem Grundstück Nr. 118/1, KG S., anfallenden Oberflächenwässer im Zuge der Errichtung einer Wohnanlage erteilt.

2 Mit Eingabe von stellten die revisionswerbenden Parteien als Eigentümer des benachbarten Grundstücks Nr. 118/2, KG S., Anträge auf Feststellung der Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren der mitbeteiligten Partei sowie auf Zustellung des Bescheids der belangten Behörde vom .

3 Mit Bescheiden der belangten Behörde jeweils vom wurden die Anträge der revisionswerbenden Parteien auf Zuerkennung der Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren der mitbeteiligten Partei zurückgewiesen. Ihr Anträge auf Zustellung des Bescheids der belangten Behörde vom wurden damit nicht erledigt.

4 Mit den angefochtenen Erkenntnissen wies das Verwaltungsgericht die dagegen (in einem gemeinsamen Schriftsatz) erhobenen Beschwerden der revisionswerbenden Parteien in Bezug auf ihre Feststellungsanträge mit der Maßgabe, dass diese Anträge „abzuweisen“ gewesen seien, als unbegründet ab (jeweils Spruchpunkt I. 1.) und in Bezug auf die Zustellungsanträge wegen Unzuständigkeit zurück (jeweils Spruchpunkt II. 1.). Die ordentliche Revision erklärte es in beiden Fällen für nicht zulässig (jeweils Spruchpunkte I. 2. und II. 2.).

5 Die nunmehr vorliegenden - erkennbar nur gegen die Abweisung der Feststellungsanträge (Spruchpunkte I. 1.) gerichteten - außerordentlichen Revisionen sind jeweils mit einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden.

6 Darin wird übereinstimmend ausgeführt, aufgrund des geplanten Abwasserprojekts der mitbeteiligten Partei sei nicht nur die Entfernung der Grasnarbe und des humosen Bodens notwendig, sondern seien auch Sprengarbeiten durchzuführen. Das Retentionsbecken und die dazugehörigen Projektteile würden unterhalb der Geländeoberkante verbaut. Aus diesem Grund sei es notwendig, die Grasnarbe abzuziehen, den humosen Boden und sodann den steinigen Boden zu entfernen. Jedoch stehe man bereits nach 50 Zentimetern an der Felsoberkante an, sodass das weitere Vorgehen nur durch Schremm- oder Sprengarbeiten möglich sei.

7 Der unwiederbringliche Verlust der natürlichen Abflussverhältnisse, vor allem durch die Schremm- und Sprengarbeiten, stehe „in keiner Relation“ zu den Interessen der mitbeteiligten Partei. Auch stünden keine zwingenden öffentlichen Interessen einer Bewilligung der aufschiebenden Wirkung entgegen. Vielmehr stelle „die Vorbeugung einer konkreten Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen sowie für Beeinträchtigungen von Grundeigentum und sohin fremde Rechte dar.“

8 Die Auswirkungen von Schremm- und Sprengarbeiten seien unwiederbringlich und könnten nicht nachträglich beseitigt werden. Für die revisionswerbenden Parteien würde „der vorzeitige Vollzug der Entscheidung/die vorzeitige Inanspruchnahme der durch sie erlangten Berechtigung durch die mitbeteiligte Partei einen unverhältnismäßigen Nachteil bewirken.“ Aus der Bewilligung der aufschiebenden Wirkung könnten auch dritten Personen keine Nachteile erwachsen.

9 Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

10 Die Gewährung einer aufschiebenden Wirkung kommt nur in Betracht, wenn das Erkenntnis einem Vollzug zugänglich ist oder die Ausübung einer Berechtigung einräumt (vgl. ; , Ra 2018/01/0498).

11 Ein Bescheid, mit dem ein Begehren auf Zuerkennung (Feststellung) der Parteistellung versagt wird, ist einem Vollzug nicht zugänglich (vgl. dazu ; , AW 2007/05/0002). Dies trifft auch auf das diesen Bescheid bestätigende Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts zu.

12 Dazu kommt, dass bei Stattgabe der Aufschiebungsanträge der revisionswerbenden Parteien die von ihnen (erkennbar) angestrebte Wirkung des Aufschubs des Vollzugs des Bescheids der belangten Behörde vom nicht einherginge. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der gegen die angefochtenen Erkenntnisse erhobenen Revisionen bewirkte zwar, dass nicht mehr für andere Verfahren verbindlich feststünde, dass die revisionswerbenden Parteien keine Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren hatten. Keinesfalls würde dies aber bedeuten, dass ihnen als Folge der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren zukäme, weil eine Sistierung der Wirkungen des Bescheids der belangten Behörde vom mit der Entscheidung über die vorliegenden Aufschiebungsanträge nicht verbunden wäre (vgl. dazu erneut VwGH AW 2007/05/0002).

13 Letztlich könnte auch der von den revisionswerbenden Parteien behauptete unverhältnismäßige Nachteil jedenfalls nicht mit den angefochtenen Erkenntnissen verbunden sein, weil - entgegen ihrem Vorbringen - nur der Bescheid der belangten Behörde vom der mitbeteiligten Partei eine Berechtigung einräumt und daher einem Vollzug zugänglich ist.

14 Den Anträgen war daher nicht stattzugeben.

Wien, am 

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungsdatum:

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

Ra 2021/07/0031

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revisionen 1. der Dr. P W und 2. des Dr. S W, beide in K und beide vertreten durch die Wohlmuth Rechtsanwalts KG in 8430 Leibnitz, Hauptplatz 7, gegen 1. das Erkenntnis und den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom , Zl. KLVwG-939/2/2020 (protokolliert zu Ra 2021/07/0030) und 2. das Erkenntnis und den Beschluss vom , Zl. KLVwG-940/2/2020 (protokolliert zu Ra 2021/07/0031), betreffend Anträge auf Feststellung der Parteistellung in einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren und Zustellung des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheids (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt; mitbeteiligte Partei: B GmbH in K, vertreten durch die Hohenberg Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6), zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Erkenntnisse und Beschlüsse werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von jeweils € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Eingabe vom beantragte die mitbeteiligte Partei die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Sammlung und Verbringung der auf dem Grundstück Nr. 118/1, KG S., im Zuge der Errichtung einer Wohnanlage samt Tiefgarage anfallenden Oberflächenwässer.

2 Die revisionswerbenden Parteien sind Eigentümer des benachbarten Grundstücks Nr. 118/2, KG S.

3 In seiner fachlichen Beurteilung vom führte der dem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren beigezogene hydrogeologische Amtssachverständige aus, im vorliegenden Projekt sei eine Gegenüberstellung der Sickerwassermengen des Grundstücks (Nr. 118/1, KG S.) vor der beantragten Bebauung (Ist-Situation) und der Sickerwassermengen nach der beantragten Bebauung enthalten. Daraus gehe hervor, dass aufgrund der großzügig dimensionierten Retentionsanlage von einer Reduzierung der anfallenden Sickerwassermengen um etwa 26 Prozent (in der Zeiteinheit l/s) auszugehen sei. Daher komme es bei den für die Versickerung relevanten Gebäuden im südöstlichen Projektgebiet auf den Grundstücken 118/2, 118/8 und 114/6 zu keiner Verschlechterung.

4 Die vom Projektanten getätigten Aussagen seien schlüssig und nachvollziehbar. Demnach sei davon auszugehen, dass es im Zuge der Versickerung der anfallenden Oberflächenwässer der neu geplanten Wohnanlage auf den benachbarten Grundstücken zu keiner Verschlechterung der Grundwasserverhältnisse gegenüber dem Ist-Zustand komme. Es sei jedoch sicherzustellen, dass die zur Versickerung gelangenden Oberflächenwässer die Tiefgarage und die neu zu errichtenden Gebäude unterströmen könnten.

5 Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde der mitbeteiligten Partei - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu der die revisionswerbenden Parteien nicht geladen wurden - die beantragte wasserrechtliche Bewilligung unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.

6 In einer gemeinsamen Eingabe von stellten die revisionswerbenden Parteien Anträge auf Feststellung der Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren sowie auf Zustellung des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheids vom .

7 Dazu brachten sie im Wesentlichen vor, mit schriftlicher Mitteilung vom seien sie als angrenzende Grundnachbarn darüber informiert worden, dass vor Abschluss des Baubewilligungsverfahrens (Antrag der mitbeteiligten Partei auf Erteilung der Baubewilligung für den Abbruch der Bestandsobjekte und die Errichtung einer Wohnanlage mit Tiefgarage auf Grundstück Nr. 118/1, KG S.) das Abwasserprojekt dahingehend geändert worden sei, „dass nunmehr die Niederschlagswässer auf unschädliche Art auf Eigengrund versickert werden“ und die „wasserrechtliche Verhandlung (...) am heutigen Tag (...) mit positivem Ausgang durchgeführt“ worden sei. Weiters sei ihnen eine Frist zur Einsichtnahme betreffend das Abwasserprojekt der mitbeteiligten Partei bis zum eingeräumt worden.

8 Sie befürchteten insbesondere, dass die nunmehr durch das geänderte Abwasserprojekt geplante Versickerung der Niederschlagswässer auf Eigengrund wegen der Hanglage und des massiv felsigen Untergrunds zu Wasseraustritt auf ihrem unmittelbar unterliegenden Grundstück und damit zur Vernässung des Kellers ihres Hauses führe. Sie seien daher der Auffassung, dass eine potenzielle Beeinträchtigung ihres Grundstücks nicht ausgeschlossen werden könne und damit denkmöglich sei. Daher komme ihnen auch im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren Parteistellung zu, die ihnen zu Unrecht entzogen worden sei.

9 Mit getrennten Bescheiden der belangten Behörde jeweils vom wurden die Anträge der revisionswerbenden Parteien auf Zuerkennung der Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren zurückgewiesen. Über ihre Anträge auf Zustellung des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheids vom wurde nicht ausdrücklich abgesprochen.

10 Mit den angefochtenen Erkenntnissen wies das Verwaltungsgericht die dagegen (in einem gemeinsamen Schriftsatz) erhobenen Beschwerden der revisionswerbenden Parteien betreffend ihrer Anträge auf Feststellung der Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren ab und bestätigte die Bescheide mit der Maßgabe, dass das letzte Wort ihres Spruchs („zurückgewiesen“) durch das Wort „abgewiesen“ ersetzt werde (jeweils Spruchpunkt I.).

11 Mit den angefochtenen Beschlüssen wies das Verwaltungsgericht die Beschwerden der revisionswerbenden Parteien betreffend die Anträge auf Zustellung des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheids vom wegen Unzuständigkeit zurück (jeweils Spruchpunkt II.).

12 Die ordentliche Revision gegen diese Entscheidungen erklärte es für nicht zulässig.

13 Hinsichtlich der Abweisung der Feststellungsanträge bezog sich das Verwaltungsgericht auf die fachliche Beurteilung des hydrogeologischen Amtssachverständigen vom . Daraus sei zu schließen, dass durch die projektsgemäße Ausübung des mit der Bewilligung verbundenen Wasserbenutzungsrechts eine Beeinträchtigung der Grundeigentumsrechte der revisionswerbenden Parteien nicht möglich sei. Die fachliche Bewertung, dass es weder zu einer Veränderung noch zu einer Verschlechterung der bestehenden Situation in Bezug auf die anfallenden Sickerwassermengen komme, müsse dahingehend ausgelegt werden, dass die Auswirkungen der „angefochtenen“ wasserrechtlichen Bewilligung für das Nachbargrundstück Nr. 118/2, KG S., nicht „merkbar“ seien. Daraus ergebe sich, dass es durch die bewilligten Auswirkungen zu keiner zu einer Rechtsverletzung führenden Beeinträchtigung kommen könne. Da die Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Grundstücks Nr. 118/2, KG S., nicht bestehe und durch die „angefochtene“ wasserrechtliche Bewilligung die revisionswerbenden Parteien in ihren Rechten nicht berührt würden, komme ihnen im „gegenständlichen“ wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren keine Parteistellung zu.

14 Zum Beschwerdevorbringen sei anzumerken, dass - wie die revisionswerbenden Parteien angegeben hätten - ihnen eine zehntägige Frist zur Einsichtnahme in die Projektunterlagen gewährt worden sei. Sie hätten somit die Möglichkeit gehabt, sich Kopien von den Projektunterlagen anfertigen zu lassen und ihre Anträge auf Feststellung der Parteistellung sowie ihre Beschwerden auch fachlich zu begründen. Dass der geotechnische Sachverständige im Bauverfahren vorerst der Meinung gewesen sei, dass eine Versickerung des Oberflächenwassers auf Eigengrund nicht möglich und auch eine Einleitung der Oberflächenwässer in den öffentlichen Kanal nicht zulässig sei, möge stimmen. Diese Fachmeinungen seien jedoch aufgrund eines geänderten, später eingereichten Abwasserprojekts überholt und auch nicht Gegenstand des mit dem „angefochtenen Bescheid“ abgeschlossenen wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens gewesen.

15 Da den revisionswerbenden Parteien im gegenständlichen Wasserrechtsverfahren der mitbeteiligten Partei keine Parteistellung zugekommen sei, seien die Beschwerden abzuweisen gewesen.

16 Zu den Anträgen auf Zustellung des Bescheids der belangten Behörde vom vertrat das Verwaltungsgericht die Ansicht, im Sinn des § 27 VwGVG sei seine Kognitionsbefugnis laut Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auf den Inhalt bzw. durch die „Sache“ des angefochtenen Bescheids beschränkt und entschieden die Verwaltungsgerichte ausschließlich in den in Art. 130 B-VG ausgewiesenen Rechtssachen (Beschwerden). Für die Erledigung der an die belangte Behörde gerichteten Anträge auf Zustellung des Bescheids sei das Verwaltungsgericht demnach nicht zuständig.

17 Die Beschwerden seien daher, soweit sie sich auf die Anträge der revisionswerbenden Parteien auf Zustellung des Bescheids des wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens der mitbeteiligten Partei bezogen hätten, wegen Unzuständigkeit zurückzuweisen gewesen.

18 Die Unzulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht mit den verba legalia des Art. 133 Abs. 4 B-VG.

19 Gegen diese Erkenntnisse und Beschlüsse des Verwaltungsgerichts richten sich die vorliegenden außerordentlichen Revisionen, in denen jeweils Rechtswidrigkeit des Inhalts, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

20 Nach Einleitung des Vorverfahrens erstattete die belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung, in der sie beantragt, der Verwaltungsgerichtshof möge die angefochtenen Erkenntnisse bestätigen bzw. den Revisionen keine Folge geben.

21 Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurück- oder Abweisung der Revisionen beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revisionen aufgrund ihres sachlichen, persönlichen und rechtlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbunden und - in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

22 In den Zulässigkeitsbegründungen der Revisionen wird übereinstimmend vorgebracht, es sei zwar - wie das Verwaltungsgericht anhand der fachlichen Beurteilung des hydrogeologischen Amtssachverständigen vom ausführe - richtig, dass eine im Fall von sogenannten nicht „merkbaren“ Auswirkungen erteilte Genehmigung eines wasserrechtlichen Bewilligungsantrags die Grundeigentumsrechte Dritter nicht verletze. Das Verwaltungsgericht verkenne jedoch, dass dies mit der Parteistellung als solcher nichts zu tun habe und die herrschende Judikatur dem Parteienrecht eine grundlegende Bedeutung in diversen Rechtsverfahren beimesse. Auch wenn aus den Auswirkungen einer wasserrechtlichen Bewilligung keine Beeinträchtigung der Grundeigentumsrechte Dritter resultierten sollte, so habe doch ein von den Auswirkungen potenziell betroffener Grundeigentümer das Recht, sich als Partei dem Verfahren anzuschließen, um seine Bedenken zu äußern. Dies werde umso deutlicher, wenn es darum gehe, die Einhaltung von Auflagen geltend machen zu können.

23 Da gemäß der fachlichen Beurteilung des hydrogeologischen Amtssachverständigen „sicherzustellen [ist], dass die zur Versickerung gelangenden Oberflächenwässer die Tiefgarage und die neu zu errichtenden Gebäude unterströmen können“, sei davon auszugehen, dass der wasserrechtliche Bewilligungsbescheid entsprechende Auflagen enthalten müsse. Dennoch sei die Überprüfung der Einhaltung dieser Auflagen den revisionswerbenden Parteien mangels Zuerkennung der Parteistellung verwehrt worden, weshalb das Verwaltungsgericht von der (näher zitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei.

24 Damit erweist sich die Revision als zulässig und berechtigt.

25 Die im vorliegenden Revisionsfall maßgebenden Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) lauten auszugsweise:

Grundsätze für die Bewilligung hinsichtlich öffentlicher Interessen und fremder Rechte.

§ 12. (1) Das Maß und die Art der zu bewilligenden Wasserbenutzung ist derart zu bestimmen, dass das öffentliche Interesse (§ 105) nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden.

(2) Als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 sind rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.

(...)

Parteien und Beteiligte.

§ 102. (1) Parteien sind:

(...)

b) diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1) und die Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, sowie diejenigen, die einen Widerstreit (§§ 17, 109) geltend machen;

(...)“

26 Dem vorliegenden Revisionsfall ist voranzustellen, dass die revisionswerbenden Parteien schon aufgrund ihrer Anträge auf Zustellung des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheids vom einen Anspruch darauf hatten, dass entweder entsprechend diesem Antrag der Bescheid zugestellt wird oder dass dann, wenn die belangte Behörde - wie vorliegend - die Auffassung vertritt, den revisionswerbenden Parteien komme im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren keine Parteistellung zu, darüber mit Bescheid abgesprochen wird, wobei auch ein Feststellungsbescheid über die Parteistellung in Betracht kommt (vgl. etwa ; , 2007/07/0052, jeweils mwN).

27 In den Sprüchen der Bescheide der belangten Behörde vom wurde explizit nur über die Anträge der revisionswerbenden Parteien auf Zuerkennung der Parteistellung, nicht jedoch über jene auf Zustellung des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheids vom abgesprochen. Da aber die Anträge auf Zustellung des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheids - auf die in den Begründungen der Bescheide betreffend die Parteistellung ausdrücklich Bezug genommen wird - nach der dargestellten hg. Rechtsprechung auch die Anträge auf Feststellung der Parteistellung miteinschließen, waren die Sprüche der Bescheide vom dahingehend zu deuten, dass damit auch die Anträge der revisionswerbenden Parteien auf Zustellung des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheids vom miterledigt wurden (vgl. zur Deutung eines unklaren Spruchs aus der Bescheidbegründung etwa ).

28 Das Verwaltungsgericht hat daher zu Unrecht seine Zuständigkeit in Hinblick auf die genannten Zustellungsanträge verneint, weil diese infolge Beschwerdeerhebung der revisionswerbenden Parteien gegen die Bescheide vom ebenso „Sache“ des Beschwerdeverfahrens waren.

29 Nach der ständigen hg. Rechtsprechung kommt Personen, die eine Verletzung wasserrechtlich geschützter Rechte nach § 12 Abs. 2 WRG 1959 durch das von ihnen bekämpfte Vorhaben geltend machen, Parteistellung im Verfahren bereits dann zu, wenn eine Berührung ihrer geltend gemachten Rechte durch die projektsgemäße Ausübung des mit der behördlichen Bewilligung verliehenen Rechts der Sachlage nach nicht auszuschließen ist. Ob eine Beeinträchtigung von Rechten tatsächlich stattfindet, ist Gegenstand des Verfahrens, vermag jedoch die Parteieigenschaft einer Person nicht zu berühren (vgl. , 0044, mwN).

30 Im Verfahren zur Prüfung der Parteistellung ist jener Sachverhalt zu ermitteln, der es ermöglicht, ein Urteil darüber abzugeben, ob eine Beeinträchtigung von Rechten möglich ist; im folgenden wasserrechtlichen Verfahren ist Thema des Ermittlungsverfahrens die Frage, ob solche Rechte tatsächlich berührt werden. Ob eine Berührung von Rechten möglich ist, ist (auch) eine Sachfrage, für deren Klärung dieselben Grundsätze gelten wie für die Klärung sonstiger Sachfragen, d.h. dass auch Sachverständige beigezogen werden können und erforderlichenfalls beigezogen werden müssen (vgl. etwa , mwN).

31 Die Bezugnahme auf die „projektsgemäße Ausübung des mit der behördlichen Bewilligung verliehenen Rechts“ in der Rechtsprechung bedeutet jedoch nicht, dass Parteistellung nicht besteht, wenn durch Auflagen im Bewilligungsbescheid eine Beeinträchtigung von Rechten verhindert werden kann. Eine solche Auffassung verbietet sich schon deshalb, weil damit den Inhabern von Rechten im Sinn des § 12 Abs. 2 WRG 1959 unmöglich gemacht würde, die Einhaltung dieser Auflagen geltend zu machen. Parteistellung besteht demnach immer dann, wenn nicht auszuschließen ist, dass vom zur Bewilligung eingereichten Projekt im Falle seiner Bewilligung und Verwirklichung ohne entsprechende Auflagen Beeinträchtigungen von Rechten im Sinn des § 12 Abs. 2 WRG 1959 ausgingen (vgl. , mwN).

32 Der dem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren der mitbeteiligten Partei beigezogene hydrogeologische Amtssachverständige hielt in seiner fachlichen Beurteilung vom fest, dass es „bei den für die Versickerung relevanten Gebäuden im südöstlichen Projektgebiet auf den Grundstücken Nrn. 118/2, 118/8 und 114/6, alle KG S., zu keiner Änderung bzw. Verschlechterung der bestehenden Situation“ bzw. „im Zuge der Versickerung der anfallenden Oberflächenwässer der neu geplanten Wohnanlage auf den benachbarten Grundstücken zu keiner Verschlechterung der Grundwasserverhältnisse gegenüber dem Ist-Zustand“ komme.

33 Damit wurden die tatsächlichen Auswirkungen des Abwasserprojekts der mitbeteiligten Partei auf die benachbarten Grundstücke einer näheren fachlichen Beurteilung unterzogen. Dass aber durch die projektsgemäße Ausübung des Wasserbenutzungsrechts der mitbeteiligten Partei die von den revisionswerbenden Parteien behauptete Beeinträchtigung ihres Grundeigentums denkunmöglich und von vornherein auszuschließen wäre, kann aus der fachlichen Beurteilung des Amtssachverständigen entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Ansicht nicht abgeleitet werden.

34 Den revisionswerbenden Parteien ist auch zuzugestehen, dass die Ausführungen des Amtssachverständigen, wonach „sicherzustellen [ist], dass die zur Versickerung gelangenden Oberflächenwässer die Tiefgarage und die neu zu errichtenden Gebäude unterströmen können“, nahe legen, dass das Abwasserprojekt der mitbeteiligten Partei im Falle seiner Bewilligung und Verwirklichung ohne entsprechende Auflagen das unterliegend dem Abwasserprojekt gelegene Grundstück Nr. 118/2, KG S., der revisionswerbenden Parteien potenziell beeinträchtigten könnte. Die Vorschreibung von Auflagen reichte jedoch nicht aus, um den revisionswerbenden Parteien die Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren abzusprechen, wurde es ihnen doch mangels Beiziehung zu diesem Verfahren verwehrt, die Aufnahme der vom Amtssachverständigen geforderten Maßnahmen in den Bescheid und dessen Einhaltung geltend machen zu können.

35 Auch die bloß formlose Einräumung einer zehntägigen Frist für die Einsichtnahme in das bereits bewilligte Abwasserprojekt der mitbeteiligten Partei hatte mangels offenkundig beabsichtigter Zuerkennung von Parteienrechten nicht zur Folge, dass die revisionswerbenden Parteien ihre Rechte im Sinn des § 12 Abs. 2 WRG 1959 im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren wirksam hätten verteidigen können.

36 Da das Verwaltungsgericht aufgrund der fachlichen Beurteilung des Amtssachständigen den revisionswerbenden Parteien die Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren von vorherein absprach und verkannte, dass die Prüfung einer tatsächlichen Beeinträchtigung ihrer Rechte im Sinn des § 12 Abs. 2 WRG 1959 durch das Abwasserprojekt unter Beiziehung der revisionswerbenden Parteien im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren vorzunehmen gewesen wäre, ist es von der hg. Rechtsprechung abgewichen.

37 Aufgrund dieser Erwägungen waren somit sowohl die angefochtenen Erkenntnisse als auch die angefochtenen Beschlüsse gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts aufzuheben.

38 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Norm
VwGG §30 Abs2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021070030.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
EAAAF-45521