VwGH 29.06.2021, Ra 2021/07/0010
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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RS 1 | Aus § 31 Abs. 1 WRG 1959 geht unzweifelhaft hervor, dass bereits ein einmaliger Verstoß gegen die darin normierte Sorgfaltspflicht die Strafbarkeit nach § 137 Abs. 2 Z 4 WRG 1959 nach sich ziehen kann. |
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RS 2 | Setzt das VwG die auferlegte Geldstrafe herab, darf es nicht nur gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG 2014 dem Revisionswerber keine Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegen, sondern muss auch den von der belangten Behörde nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG auferlegten Kostenbeitrag nach der milderen Strafe festsetzen (vgl. ). |
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RS 3 | § 137 Abs. 2 Z 4 WRG 1959 sanktioniert bereits die Herbeiführung der Gefahr einer Gewässerverunreinigung durch Außerachtlassung der in § 31 Abs. 1 WRG 1959 normierten Sorgfaltspflicht (vgl. ). Dass dabei auch die konkrete Menge des Abwassers, das fallbezogen für die Herbeiführung der Gefahr einer Gewässerverunreinigung ursächlich ist, festgestellt werden müsste, ist dem Tatbestand des § 137 Abs. 2 Z 4 WRG 1959 nicht zu entnehmen. |
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RS 4 | Die Unterlassung der in § 31 Abs. 2 WRG 1959 vorgesehenen Maßnahmen, die erst nach Eintritt der konkreten Gefahr einer Gewässerverunreinigung zu treffen sind, ist nach § 137 Abs. 1 Z 13 WRG 1959 strafbar (vgl. ). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des M B in D, vertreten durch Mag. Johannes Polt, Rechtsanwalt in 3580 Horn, Prager Straße 5/1/11, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom , Zl. LVwG-S-701/001-2020, betreffend Übertretung des WRG 1959 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Horn), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis vom legte die belangte Behörde dem Revisionswerber zur Last, er habe zumindest von bis zum alle zwei Tage in der Stadtgemeinde D. die gemäß § 31 Abs. 1 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) gebotene Sorgfaltspflicht, seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben, dass eine Gewässerverunreinigung vermieden werde, unterlassen, weil er im Zuge der Reinigung seiner Kürbiserntemaschine neben Feststoffen (zerfetzte Pflanzenteile, Pflanzensaft, mit Humus durchsetzter Pflanzenbrei) auch hoch kontaminierte Waschwässer, welche vor allem mit gelöstem organischem Kohlenstoff belastet seien, über den auf dem Grundstück Nr. 90, KG P., befindlichen Regenwasserkanal auf die ehemaligen Steinbruchgrundstücke Nrn. 102, 112 und 114, alle KG P., ausgeleitet habe.
2 Im Zuge des Ortsaugenscheins des Vertreters der technischen Gewässeraufsicht am sei festgestellt worden, dass durch die punktuelle Versickerung von organisch extrem hoch belastetem Waschwasser, auch bereits entlang des nicht gedichteten Betonrohr-Regenwasserkanals (auf den Grundstücken Nrn. 90, 91, 109, 101/3, 102 und 112, alle KG P.), in den gut wasserdurchlässigen Untergrund im Randbereich des ehemaligen Steinbruchs P. jedenfalls von einer erheblichen Grundwassergefährdung bzw. einer lokalen Verunreinigung des Kluftgrundwassers ausgegangen werden könne.
3 Die enthaltenen organischen Inhaltsstoffe würden biologisch anaerob durch Fäulnisprozess abgebaut, was zu einem vollständigen Sauerstoffentzug im Untergrund und im Grundwasser führe. Somit wäre eine Verwendung des Grundwassers als Nutz- oder Trinkwasser ausgeschlossen.
4 Dadurch habe der Revisionswerber § 31 Abs. 1 iVm. § 137 Abs. 2 Z 4 WRG 1959 verletzt, weshalb die belangte Behörde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von € 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 23 Stunden) verhängte und ihm gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von € 50,-- vorschrieb.
5 Mit Spruchpunkt 1. des angefochtenen Erkenntnisses gab das Verwaltungsgericht der dagegen erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - insofern statt, als es die genannte Geldstrafe auf € 250,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 11 Stunden) herabsetzte.
6 Zudem formulierte es den Spruch des Straferkenntnisses der belangten Behörde vom wie folgt neu (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):
„[Der Revisionswerber] hat die gebotene Sorgfalt beim Betreiben der Kürbisernteanlage durch die mehrmalige Reinigung der Kürbiserntemaschine im Zeitraum vom 26.10. bis außer Acht gelassen, da hochkontaminierte Waschwässer mit gelöstem organischem Kohlenstoff über den auf Grundstücken Nr. 90, Nr. 91, Nr. 109 und Nr. 101/3, alle KG [P.], befindlichen Regenwasserkanal auf das Grundstück Nr. 102, KG [P.], (Kanalrohrende) geleitet wurden und dadurch am wegen punktueller Versickerung in den wasserdurchlässigen Untergrund im Randbereich des ehemaligen Steinbruches „[P.]“ auf Grundstück Nr. 102, KG [P.], die Gefahr einer (Kluft-)Grundwasserverunreinigung herbeigeführt wurde. Er hat dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs. 2 Z. 4 iVm § 31 Abs. 1 WRG 1959 begangen. Es wird eine Geldstrafe von € 250,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 11 Stunden) verhängt. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens beträgt gemäß § 64 abs. 2 VStG € 25,--.“
7 Mit Spruchpunkt 2. setzte das Verwaltungsgericht - ebenso wie die Geldstrafe - den Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde von € 50,-- auf € 25,-- herab. Dazu merkte es an, dass innerhalb von zwei Wochen der Strafbetrag und die Kosten des Strafverfahrens der belangten Behörde zu entrichten seien, das seien „insgesamt€ 275,--“.
8 Mit Spruchpunkt 3. erklärte es die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
9 Das Verwaltungsgericht stellte fest, der Revisionswerber habe die Kürbisernteanlage im Zeitraum vom bis auf dem Grundstück Nr. 90, KG P., mehrmals gewaschen und es seien dabei Kürbisfleisch- und Kürbisschalenreste abgespült worden. Die hochkontaminierten Waschwässer seien dann über den auf den Grundstücken Nrn. 90, 91, 109 und 101/3, alle KG P., befindlichen Regenwasserkanal auf das Grundstück Nr. 102, KG P., geflossen, wo sich das Rohrende des gegenständlichen Kanals befinde, und dort punktuell in den wasserdurchlässigen Untergrund im Randbereich eines ehemaligen Steinbruchs versickert. In diesem Bereich befinde sich Kluftgrundwasser. Am seien an dieser Stelle noch Verunreinigungen an der Oberfläche sichtbar gewesen.
10 Dazu führte es beweiswürdigend aus, es werde nicht bestritten, dass Waschwässer von der Reinigung der Kürbisernteanlage, die auf dem Waschplatz auf Grundstück Nr. 90 erfolgt sei, in den gegenständlichen Kanal eingeleitet worden seien. Die (im Straferkenntnis der belangten Behörde vom genannten) Feststoffe, welche bei der Reinigung anfielen, seien nach Angaben des Revisionswerbers zurückgehalten und auf einem Feld aufgetragen worden.
11 Gegenständlich sei hervorgekommen, dass die konkrete Gefahr einer Gewässerverunreinigung durch den Betrieb einer Kürbiserntemaschine erfolgt sei. Das Betreiben ergebe sich aus dem Umstand, dass im Zuge der Erntetätigkeit auch das Reinigen der Maschine anfalle. Herstellung und Instandhaltung schieden von vornherein aus, weil dazu der Akteninhalt keine Anhaltspunkte liefere.
12 Die fachlichen Ausführungen des sachkundigen Zeugen ergäben, dass an gegenständlicher Örtlichkeit (offenkundig gemeint: auf dem Grundstück Nr. 102, KG P.) versickerungsfähiger Untergrund vorhanden sei. Dazu sei auf die Aussagen in der Verhandlung vom zu verweisen. Der Zeuge habe aber bereits in den Stellungnahmen vom und auf den gut wasserdurchlässigen Untergrund im Randbereich des ehemaligen Steinbruchs P. hingewiesen. In letzterer Stellungnahme halte er als fachkundiges Aufsichtsorgan fest, dass beim Auslauf ein Eindringen des Waschabwassers von der Reinigung der Kürbiserntemaschine punktuell bis in tiefe Bodenschichten und in das klüftige Grundwasser zu erwarten sei.
13 Diese fachkundigen Schlussfolgerungen würden vom in der Verhandlung am anwesenden Amtssachverständigen für Reinwassertechnik bestätigt. Dieser halte fest, dass auch er beim durchgeführten Ortsaugenschein versickerungsfähigen Boden vorgefunden habe. Weiters halte er fest, dass das gegenständliche Waschwasser ein Vielfaches der erlaubten Konzentration von Abwässern enthalte, welche in Kläranlagen eingeleitet würden. Er schlussfolgere auch, dass auf Grund der angefallenen geringen Waschwassermenge im Bereich des Rohrendes Versickerungen in den Untergrund eingetreten bzw. zu erwarten seien und diese schließlich in das klüftige Grundwasser gelangten.
14 Anhaltspunkte für eine erhebliche Grundwassergefährdung seien jedoch nicht vorhanden.
15 Betreffend die Grundstücke Nrn. 112 und 114, beide KG P., sei festzuhalten, dass der dahingehende Vorwurf (der belangten Behörde) nach derzeitiger Aktenlage nicht belegt werden könne. Gleiches gelte für die vorgehaltene Versickerung entlang eines nicht gedichteten Betonrohrkanals.
16 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, die Tatzeit ergebe sich aus der Tatbeschreibung des Straferkenntnisses vom .
17 Nicht erweisen lasse sich, dass die Waschwässer auch auf die Grundstücke Nrn. 112 und 114 abgeleitet würden. Dies sei auch nicht anzunehmen, weil die angefallene Waschwassermenge vom Amtssachverständigen, vom sachverständigen Zeugen und vom Revisionswerber als gering an Menge angegeben werde. Der Revisionswerber habe lediglich mit einem Hochdruckreiniger gereinigt. Weitere Erhebungen hätten unterbleiben können, weil der dadurch verursachte Aufwand unverhältnismäßig wäre. Es sei daher der Spruch entsprechend einzuschränken gewesen.
18 Der genaue Tatzeitpunkt gehe aus der Tatbeschreibung hervor, nämlich der . An diesem Tag habe die konkrete Gefahr einer Verunreinigung des Kluftgrundwassers bestanden. Auch dahingehend sei der Spruch entsprechend zu präzisieren gewesen. Durch Waschvorgänge im Zeitraum vom bis zum seien bei der Erhebung am die Gefahrenmomente hervorgekommen, welche eine Verwirklichung des angelasteten Tatbestands nach § 137 Abs. 2 Z 4 WRG 1959 darstellten. Es sei nach der Judikatur ausreichend, als Tatzeitpunkt den Feststellungszeitpunkt heranzuziehen.
19 Angemerkt werde, dass die ursprüngliche Tatanlastung auf eine erhebliche Grundwassergefährdung gerichtet gewesen sei. Dies ergebe sich aus der Spruchformulierung in Verbindung mit der Begründung des Straferkenntnisses vom . Die ursprüngliche Zitierung der verletzten Rechtsvorschrift sei falsch, jedoch deshalb unbeachtlich, weil der Tatvorwurf von einer erheblichen Gefährdung auf eine „bloße“ Gefährdung eines Gewässers eingeschränkt werde.
20 Die fachlichen Ausführungen des Amtssachverständigen seien logisch nachvollziehbar. Auch die Ausführungen des sachkundigen Zeugen seien gut begründet. Das Beschwerdevorbringen könne weder die Zeugenaussage in Zweifel ziehen noch die Fachmeinung erschüttern.
21 Die begangene Verwaltungsübertretung sei daher hinsichtlich der punktuellen Versickerung im Randbereich des ehemaligen Steinbruchs, nämlich auf Grundstück Nr. 102, KG P., erwiesen.
22 Hinsichtlich der angelasteten Versickerung entlang des Regenwasserkanals sei aber in dubio von einer weiteren Verfolgung Abstand zu nehmen und der Spruch entsprechend einzuschränken gewesen.
23 Die Strafdrohung des Delikts nach § 137 Abs. 2 Z 4 WRG 1959 sei auch eine weniger strenge und enthalte denselben Tatbestandstypus mit Ausnahme der Qualifizierung des Sorgfaltsverstoßes und der „Erheblichkeit“. Eine Einschränkung des angelasteten Straftatbestands habe daher vorgenommen werden können.
24 Die Bodenverhältnisse seien fachlich fundiert dargestellt worden und es seien dazu keine weiteren Untersuchungen, wie Kernbohrungen, erforderlich gewesen.
25 Die Grundwassersituation sei vom sachverständigen Zeugen gut dargelegt worden; seine Einschätzung basiere auf langjähriger Erfahrung. Auch der Amtssachverständige führe hinsichtlich einer konkreten Gefährdung schlüssig aus, dass eine solche durch punktuelle Versickerung sehr hoch belasteter organischer Abwässer zu erwarten sei.
26 In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass schon eine konkrete Gefahr ausreiche, um eine Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs. 2 Z 4 WRG 1959 zu begehen. Für eine solche Gefahr sei nicht hundertprozentige Sicherheit erforderlich, sondern eine hohe Wahrscheinlichkeit des Eintritts. Eine derartige Wahrscheinlichkeit werde durch die fachlichen Ausführungen in der Verhandlung am ausreichend dargelegt.
27 Aufgrund der teilweisen Stattgebung seien auch die Verfahrenskosten entsprechend herabzusetzen gewesen.
28 Die Unzulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht mit den verba legalia des Art. 133 Abs. 4 B-VG.
29 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts.
30 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Zurück- bzw. Abweisung der Revision beantragt.
31 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
32 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
33 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
34 Nach § 34 Abs. 3 VwGG ist ein Beschluss nach Abs. 1 in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
Die im vorliegenden Revisionsfall maßgebenden Bestimmungen des WRG 1959 lauten auszugsweise:
„Allgemeine Sorge für die Reinhaltung
§ 31. (1) Jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, hat mit der im Sinne des § 1297, zutreffendenfalls mit der im Sinne des § 1299 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben oder sich so zu verhalten, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist.
(2) Tritt dennoch die Gefahr einer Gewässerverunreinigung ein, hat der nach Abs. 1 Verpflichtete unverzüglich die zur Vermeidung einer Verunreinigung erforderlichen Maßnahmen zu treffen und die Bezirksverwaltungsbehörde, bei Gefahr im Verzug den Bürgermeister oder die nächste Dienststelle des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu verständigen. Bei Tankfahrzeugunfällen hat der Lenker, sofern dieser hiezu nicht oder nicht allein in der Lage ist auch der Beifahrer, die erforderlichen Sofortmaßnahmen im Sinne der Betriebsanweisung für Tankfahrzeuge zu treffen. Die Verständigungs- und Hilfeleistungspflicht nach anderen Verwaltungsvorschriften, wie vor allem nach der Straßenverkehrsordnung, wird dadurch nicht berührt. Sind außer den Sofortmaßnahmen weitere Maßnahmen zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlich, so ist zu ihrer Durchführung der Halter des Tankfahrzeuges verpflichtet.
(...)
Strafen
§ 137. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist, sofern die Tat nicht nach Abs. 2, 3 oder 4 einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu 3 630 € zu bestrafen, wer
(...)
13. als nach § 31 Abs. 1 Verpflichteter oder als Lenker, Beifahrer oder Halter eines Tankfahrzeuges die in § 31 Abs. 2 vorgesehenen Maßnahmen unterläßt;
(...)
(2) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist, sofern die Tat nicht nach Abs. 3 oder 4 einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu 14 530 €, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu vier Wochen, zu bestrafen, wer
(...)
4. durch Außerachtlassung der ihn gemäß § 31 Abs. 1 treffenden Sorgfaltspflicht die Gefahr einer Gewässerverunreinigung herbeiführt;
(...)“
35 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision wird auf dem Boden eines behaupteten Abweichens des angefochtenen Erkenntnisses von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zunächst vorgebracht, ursprünglich sei der Revisionswerber im Zeitraum vom bis zum aufgrund einer alle zwei Tage begangenen Verwaltungsübertretung bestraft worden. Nunmehr beziehe sich die Verwaltungsübertretung auf eine mehrmalige Reinigung im gesamten Zeitraum. Die Konkretisierung der Verwaltungsübertretung auf den gesamten Zeitraum und nicht nur auf alle zwei Tage erfolge außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist gemäß § 31 VStG, weshalb ganz klar das vorliegende „Urteil“ mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet sei.
36 Damit bestreitet der Revisionswerber jedoch nicht, im Zeitraum vom bis zum seine Kürbisernteanlage auf dem Grundstück Nr. 90, KG P., mehrmals gereinigt, die dadurch angefallenen, hochkontaminierten Waschwässer über einen Regenwasserkanal abgeleitet und auf dem Grundstück Nr. 102, KG P., zur Versickerung gebracht zu haben. Ob innerhalb des genannten Zeitraums die Ableitung der Waschwässer alle zwei Tage erfolgte oder die Reinigung der Kürbiserntemaschine mehrmals vorgenommen wurde, ist nicht von Bedeutung, weil aus § 31 Abs. 1 WRG 1959 unzweifelhaft hervorgeht, dass bereits ein einmaliger Verstoß gegen die darin normierte Sorgfaltspflicht die Strafbarkeit nach § 137 Abs. 2 Z 4 WRG 1959 nach sich ziehen kann. Es ist daher davon auszugehen, dass das Verwaltungsgericht den dem Revisionswerber angelasteten Tatvorwurf lediglich präzisiert hat, weshalb keine unzulässige Erweiterung des Tatvorwurfs bzw. des Tatzeitraums vorliegt (vgl. etwa ). Der geltend gemachte Widerspruch zur Rechtslage liegt daher nicht vor.
37 In der Zulässigkeitsbegründung wird weiter ausgeführt, das Verwaltungsgericht habe in Spruchpunkt 1. des angefochtenen Erkenntnisses den Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens mit € 25,-- festgesetzt. Zu Spruchpunkt 2. werde der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde von € 50,-- auf € 25,-- herabgesetzt. Spruchpunkt 1. widerspreche Spruchpunkt 2. Es liege daher ein Verstoß gegen „§ 64 VStG iVm § 52 Abs. 8 VwGVG“ vor bzw. sei der Revisionswerber im Recht, dass im Spruch die richtige Strafnorm „nach § 44a Z 3 VStG“ aufscheine, verletzt.
38 Da das Verwaltungsgericht die mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom auferlegte Geldstrafe von € 500,-- auf € 250,-- herabsetzte, durfte es nicht nur gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG dem Revisionswerber keine Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegen, sondern musste auch den von der belangten Behörde nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG auferlegten Kostenbeitrag nach der milderen Strafe festsetzen (vgl. dazu , mwN).
39 Es mag zwar zutreffend sein, dass das Verwaltungsgericht überschießend mehrmals über die Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens absprach, doch lässt sich dem Spruch des angefochtenen Erkenntnisses (siehe letzter Satz des Spruchpunktes 2.) auch (erkennbar) entnehmen, dass es nur die einmalige Festsetzung des an die mildere Geldstrafe angepassten Kostenbeitrags beabsichtigte (arg. „insgesamt€ 275,--). Wieso vor diesem Hintergrund ein Widerspruch zwischen den Spruchpunkten 1. und 2. des angefochtenen Erkenntnisses vorliege, legt der Revisionswerber nicht dar.
40 In Hinblick auf die Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts ginge der Vorwurf des Revisionswerbers in Hinblick auf eine Verletzung des § 44a Z 3 VStG aber ohnehin ins Leere, weil nach dieser Bestimmung der Spruch eines Straferkenntnisses die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung zu enthalten hat. Sofern er mit seinem Vorbringen meint, es liege ein Verstoß gegen § 44a Z 5 VStG vor, ist ihm zu entgegnen, dass sowohl das Straferkenntnis der belangten Behörde vom als auch das angefochtene Erkenntnis jeweils eine Kostenentscheidung enthalten.
41 In der Zulässigkeitsbegründung wird ferner vorgebracht, die Grundlage für eine Bestrafung sei weggefallen, zumal die Waschwassermenge im angefochtenen Erkenntnis - widersprechend zum Straferkenntnis der belangten Behörde vom - lediglich als „gering“ angegeben werde. Es müsse konkret geklärt werden, welche Menge an Waschwasser tatsächlich eingeleitet worden sei.
42 § 137 Abs. 2 Z 4 WRG 1959 sanktioniert bereits die Herbeiführung der Gefahr einer Gewässerverunreinigung durch Außerachtlassung der in § 31 Abs. 1 WRG 1959 normierten Sorgfaltspflicht (vgl. ). Dass dabei auch die konkrete Menge des Abwassers, das fallbezogen für die Herbeiführung der Gefahr einer Gewässerverunreinigung ursächlich ist, festgestellt werden müsste, ist dem Tatbestand des § 137 Abs. 2 Z 4 WRG 1959 nicht zu entnehmen.
43 Der Revisionswerber übersieht zudem, dass das Verwaltungsgericht die Geringfügigkeit der Waschwassermenge nur als Hilfsargument in Hinblick auf die seiner Ansicht nach von der Gefahr einer Grundwasserverunreinigung nicht betroffenen Grundstücke Nrn. 112 und 114, beide KG P., heranzog. Diese könnten von der Ableitung der Waschwässer nicht betroffen sein, weil die Waschwassermenge „gering“ sei. Aus diesem Grund schränkte das Verwaltungsgericht die angelastete Verwaltungsübertretung zu Gunsten des Revisionswerbers auf die Versickerung der Waschwässer auf Grundstück Nr. 102, KG P., ein. Dass dort dadurch die Gefahr einer Grundwasserverunreinigung herbeigeführt worden sei, wird vom Revisionswerber nicht in Zweifel gezogen.
44 Des Weiteren wird in der Zulässigkeitsbegründung vorgebracht, § 31 Abs. 1 WRG 1959 verpflichte zu einem Verhalten, dass vorsorglich den Eintritt der konkreten Gefahr einer Gewässerverunreinigung verhindern solle. Gemäß der Tatbeschreibung des Verwaltungsgerichts sei bereits die Gefahr einer Gewässerverunreinigung herbeigeführt worden. Dies führe zu einer Handlungspflicht nach § 31 Abs. 2 WRG 1959. Es sei auch diesbezüglich die falsche Verwaltungsübertretung angelastet worden. Feststellungen hinsichtlich des Regenwasserkanals an sich („seine Anlagen“) gemäß § 31 Abs. 1 WRG 1959 fehlten zur Gänze.
45 Damit verkennt der Revisionswerber, dass Sache des Beschwerdeverfahrens seine Bestrafung nach § 137 Abs. 2 Z 4 WRG 1959 war. Die Unterlassung der in § 31 Abs. 2 WRG 1959 vorgesehenen Maßnahmen, die erst nach Eintritt der konkreten Gefahr einer Gewässerverunreinigung zu treffen sind, wäre hingegen nach § 137 Abs. 1 Z 13 WRG 1959 strafbar (vgl. in diesem Zusammenhang ). Daher ist nicht zu erkennen, dass das Verwaltungsgericht dem Revisionswerber „die falsche Verwaltungsübertretung“ angelastet hätte. Auch legt der Revisionswerber nicht dar, inwiefern Feststellungen hinsichtlich des „Regenwasserkanals an sich“ für den Ausgang des gegenständlichen Strafverfahrens relevant wären.
46 Letztlich wird dem Verwaltungsgericht in der Zulässigkeitsbegründung der Revision ein Ermittlungsmangel vorgeworfen. Bei Stattgabe der Beweisanträge des Revisionswerbers auf Vornahme einer Kernbohrung und einer Bodenprobe sowie auf Einholung eines Bodengutachtens und Beiziehung eines Amtssachverständigen aus dem Fach der Geologie/Hydrogeologie und Bodenkultur wäre ihm der Beweis gelungen, dass im konkreten Fall eine Gefährdung im Sinn der angelasteten Verwaltungsübertretung weder in subjektiver noch objektiver Hinsicht vorgeworfen werden könne.
47 Ob eine Beweisaufnahme im Sinn der ständigen hg. Rechtsprechung notwendig ist, unterliegt der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge in diesem Zusammenhang nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. etwa , mwN).
48 Eine derart krasse Fehlbeurteilung legt der Revisionswerber mit seinem Zulässigkeitsvorbringen - vor dem Hintergrund der oben wiedergegebenen, ausführlichen Begründung des Verwaltungsgerichts zu den Bodenverhältnissen auf dem Grundstück Nr. 102, KG P. (vgl. insbesondere die Rz 12, 13, 20, 24 und 25) - allerdings nicht dar. Auch zeigt der Revisionswerber nicht substantiiert auf, inwiefern ihm auf der Grundlage der angesprochenen Beweismittel der Beweis seiner Straflosigkeit gelungen wäre.
49 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
50 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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Normen | B-VG Art133 Abs4 VStG §64 Abs1 VStG §64 Abs2 VwGG §34 Abs1 VwGVG 2014 §52 Abs8 WRG 1959 §137 Abs1 Z13 WRG 1959 §137 Abs2 Z4 WRG 1959 §31 Abs1 WRG 1959 §31 Abs2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021070010.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
XAAAF-45519