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VwGH 07.07.2021, Ra 2020/07/0070

VwGH 07.07.2021, Ra 2020/07/0070

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
AVG §8
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §17
VwRallg
WRG 1959 §102 Abs1 litb
WRG 1959 §12 Abs2
WRG 1959 §15 Abs1
RS 1
Die Rechtsstellung und damit eine mögliche Verletzung von Rechten von Fischereiberechtigten ist eine - im Vergleich zu den anderen Parteien eines wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens und deren Rechtsposition - sehr eingeschränkte. Der Fischereiberechtigte ist darauf beschränkt, Maßnahmen zum Schutz der Fischerei zu begehren. Ein Anspruch auf Abweisung des Bewilligungsantrages eines Dritten kommt ihm nicht zu. Die aus der gesetzlichen Regelung des § 15 Abs. 1 WRG 1959 resultierende Wertung der Interessen der Fischereiberechtigten gegenüber den mit diesen Interessen kollidierenden Anliegen des Bewilligungswerbers schließt die Versagung der Bewilligung eines beantragten Projektes nämlich rechtlich auch dann aus, wenn die Ablehnung des beantragten Vorhabens den einzig wirksamen Schutz der Interessen Fischereiberechtigter bedeutete (). Dem Fischereiberechtigten kommt daher kein Recht darauf zu, dass eine wasserrechtliche Bewilligung nicht "ohne seine Zustimmung" erteilt wird.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2020/07/0007 B RS 1 (hier ohne den letzten Satz)
Normen
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwRallg
WRG 1959 §105
WRG 1959 §15 Abs1
WRG 1959 §30a
WRG 1959 §9 Abs2
RS 2
Es obliegt nicht den Fischereiberechtigten, öffentliche Interessen geltend zu machen; deren Wahrung ist allein Aufgabe der Wasserrechtsbehörde. Auch ein von der Fischereiberechtigten aufgezeigter angeblicher Widerspruch zur Wasserrahmen-RL bzw. zu § 30a WRG 1959 kann von dieser nicht als Verletzung eigener subjektiver Rechte geltend gemacht werden.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2008/07/0194 E RS 6 (hier ohne den letzten Satz)

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

Ra 2020/07/0071

Ra 2020/07/0072

Ra 2020/07/0073

Ra 2020/07/0074

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revisionen 1. der Koppelberechtigten L.-Fischereirecht, 2. der Koppelberechtigten A.-Fischereirecht, 3. der Koppelberechtigten S.-Fischereirecht, 4. des R O in L und 5. des Dr. P N in L, alle vertreten durch Dr. Günther Klepp, Dr. Peter Nöbauer, Mag. Franz Hintringer, Mag. Rupert Primetshofer und Mag. Markus Klepp, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Museumstraße 15, gegen das Erkenntnis und den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom , LVwG-551726/21/BZ - 551730/2, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Oberösterreich; mitbeteiligte Partei: L S GmbH, vertreten durch die Onz, Onz, Kraemmer, Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom erteilte die belangte Behörde gemäß näher zitierten Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 der mitbeteiligten Partei - aufgrund eines entsprechenden Antrags auf Wiederverleihung des Wasserbenutzungsrechtes - unter bestimmten Bedingungen, Auflagen und Fristen die wasserrechtliche Bewilligung zur Bewirtschaftung der von der mitbeteiligten Partei betriebenen Kanalisationsanlage. Unter anderem bewilligte die belangte Behörde ab einem bestimmten Stand des Wasserspiegels der Donau die Ableitung von Mischwässern aus einem Regenbecken in das Mitterwasser im Ausmaß von maximal 37 m3/s (Spruchpunkt I.). Zu Spruchpunkt II sprach die belangte Behörde über Entschädigungen für die Fischereiberechtigten ab.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerden des Viert- und des Fünftrevisionswerbers als unbegründet ab (Spruchpunkt A). Mit dem in Revision gezogenen Beschluss wies das Verwaltungsgericht unter einem die Beschwerden der erst- bis drittrevisionswerbenden Parteien zurück (Spruchpunkt B). Revisionen erklärte das Verwaltungsgericht jeweils für nicht zulässig.

3 Begründend führte das Verwaltungsgericht - soweit hier wesentlich aus - bei der von der mitbeteiligten Partei betriebenen Kanalisationsanlage komme es entsprechend der erteilten wasserrechtlichen Bewilligung bei Starkregenereignissen zu einer Ableitung von Mischwässern aus einem Überlaufbecken unter anderem in das Mitterwasser. Im Zuge solcher Ereignisse sei mit einer Beeinträchtigung der dort bestehenden Fischereirechte des Viert- und des Fünftrevisionswerbers zu rechnen. Die Kanalisationsanlage bzw. die bewilligte Kanalraumbewirtschaftung entsprächen dem Stand der Technik. Taugliche Maßnahmen zum Schutz der Fischereirechte seien nicht möglich, ohne das geplante Vorhaben unverhältnismäßig zu erschweren. Die Beschwerden des Viert- und des Fünftrevisionswerbers seien daher nicht berechtigt.

4 Den erst- bis drittrevisionswerbenden Parteien komme keine Rechts- und Parteifähigkeit zu, sodass ihre Beschwerden zurückzuweisen gewesen seien.

Zu den Revisionen der erst- bis drittrevisionswerbenden Parteien:

5 Durch die vom Revisionswerber vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 Abs. 1 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt wurde, sondern nur zu prüfen, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung dieser behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtshofs gemäß § 41 VwGG auf den Rahmen der geltend gemachten Revisionspunkte beschränkt ist. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. , mwN).

6 Die revisionswerbenden Parteien machen als Revisionspunkt eine Verletzung ihrer Rechte als Fischereiberechtigte geltend, die durch die erteilte Bewilligung der Einleitung von Mischwässern in das Mitterwasser eingetreten sei. Durch den angefochtenen Beschluss, mit dem die Beschwerden der erst- bis drittrevisionswerbenden Parteien als unzulässig zurückgewiesen wurden, könnten die erst- bis drittrevisionswerbenden Parteien aber nur in ihrem Recht auf Sachentscheidung verletzt werden (vgl. etwa und 0235, mwN). Eine Verletzung in dem unmissverständlich als Revisionspunkt geltend gemachten Recht kommt dagegen nicht Betracht.

7 Schon aus diesem Grund waren die Revisionen der erst- bis drittrevisionswerbenden Parteien somit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Zu den Revisionen des Viert- und des Fünftrevisionswerbers:

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 Zur Zulässigkeit der Revisionen wird vorgebracht, das betroffene Mitterwasser sei nach dem Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan 2015 den „Wasserrelevanten Natura 2000 Gebieten“ zugehörig. Konkret handle es sich um das Gebiet „Untere Traun“ bzw. „Traun-Donau-Auen“. Dies sei im Verfahren nicht berücksichtigt worden. Vor diesem Hintergrund sei es „unsachlich“, dass - wie in den letzten 40 Jahren unverändert geblieben sei - weiterhin Mischwässer in das Mitterwasser im Ausmaß von 37 m3/s abgeleitet werden dürften. Es fehle in diesem Zusammenhang Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum „Verhältnis“ zwischen dem Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan 2015 und der der mitbeteiligten Partei erteilten Bewilligung.

12 Damit von einer Rechtsfrage gesprochen werden kann, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, muss sie sich inhaltlich auf eine durch den angefochtenen Bescheid mögliche Rechtsverletzung beziehen und sich daher innerhalb der Sache des Verwaltungsverfahrens bewegen (vgl. , mwN).

13 Die Rechtsstellung und damit eine mögliche Verletzung von Rechten von Fischereiberechtigten ist eine - im Vergleich zu den anderen Parteien eines wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens und deren Rechtsposition - sehr eingeschränkte. Der Fischereiberechtigte ist darauf beschränkt, Maßnahmen zum Schutz der Fischerei zu begehren. Ein Anspruch auf Abweisung des Bewilligungsantrages eines Dritten kommt ihm nicht zu. Die aus der gesetzlichen Regelung des § 15 Abs. 1 WRG 1959 resultierende Wertung der Interessen der Fischereiberechtigten gegenüber den mit diesen Interessen kollidierenden Anliegen des Bewilligungswerbers schließt die Versagung der Bewilligung eines beantragten Projektes nämlich rechtlich auch dann aus, wenn die Ablehnung des beantragten Vorhabens den einzig wirksamen Schutz der Interessen Fischereiberechtigter bedeutete (vgl.  und 0008, mwN).

14 Die Verletzung von Rechten des Fischereiberechtigten durch einen wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid findet somit nur dann statt, wenn seinem Begehren nach Maßnahmen zum Schutz der Fischerei zu Unrecht nicht Rechnung getragen wurde ( und 0097, mwN). Fischereiberechtigten obliegt es demnach nicht, öffentliche Interessen geltend zu machen. Deren Wahrung ist Aufgabe der Wasserrechtsbehörde (vgl. näher , mwN).

15 Auf eine Verletzung der Rechte der Viert- und Fünftrevisionswerber als Fischereiberechtigte im dargestellten Sinn zielt das Zulässigkeitsvorbringen der Revisionen nicht ab. Soweit - ohne dies zu konkretisieren - die Frage aufgeworfen wird, inwieweit der Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan 2015 (vgl. zu dessen rechtlicher Qualität ; , Ro 2015/07/0044) für die der mitbeteiligten Partei erteilte Bewilligung von Bedeutung sei, fehlt der damit geltend gemachten Rechtsfrage ein konkreter Bezug zu einer möglichen Rechtsverletzung der Revisionswerber als Fischereiberechtigte.

16 In den Revisionen werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Auch die Revisionen des Viert- und des Fünftrevisionswerbers waren daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §8
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §17
VwRallg
WRG 1959 §102 Abs1 litb
WRG 1959 §105
WRG 1959 §12 Abs2
WRG 1959 §15 Abs1
WRG 1959 §30a
WRG 1959 §9 Abs2
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Parteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger Zustellung
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020070070.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
SAAAF-45204