VwGH 22.09.2021, Ra 2019/13/0080
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | ALSAG 1989 §3 Abs1 ALSAG 1989 §3 Abs1a ALSAG 1989 §4 Z3 idF 2008/I/040 |
RS 1 | Beitragspflichtig ist eine Tätigkeit dann, wenn sie unter § 3 Abs. 1 ALSAG 1989 unter Berücksichtigung der in § 3 Abs. 1a ALSAG 1989 normierten Ausnahmebestimmungen fällt. Als Veranlasser einer beitragspflichtigen Tätigkeit ist derjenige anzusehen, in dessen Verantwortung die Tätigkeit vorgenommen wird. Hat jemand einen anderen beauftragt, bestimmte Abbruchmaterialien auf einem von ihm als Auftraggeber bestimmten Grundstück zu verwenden, und sich daher des anderen zur Ausführung dieses Vorhabens bedient, so ist der Auftraggeber als Veranlasser im Sinn des § 4 Z 3 ALSAG 1989 anzusehen. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr.in Lachmayer sowie den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision der M GmbH in F, vertreten durch Dr. Martin Eisenberger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Muchargasse 30, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/4200091/2015, betreffend u.a. Altlastenbeitrag 2009 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Zollamt Österreich, Zollstelle Villach), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin kaufte im Jahr 2009 von der X ARGE 2,06 Tonnen Recyclingmaterial, das für eine provisorische Straßeninstandsetzung bei Kanalreparaturarbeiten in V verwendet wurde. Mit Bescheid des Zollamtes vom wurde gemäß § 201 Abs. 1 und Abs. 2 Z 3 BAO iVm §§ 3 Abs. 1 Z 1 lit. c, 4 Z 3 und 6 Abs. 1 Z 1 lit. b ALSAG ein Altlastenbeitrag für das erste Quartal 2009 in Höhe von 24 € festgesetzt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass anlässlich einer bei der X ARGE durchgeführten Betriebsprüfung festgestellt worden sei, dass das Recyclingmaterial nicht qualitätsgesichert gewesen sei.
2 Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin fristgerecht Beschwerde. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sie nicht als Veranlasserin der beitragspflichtigen Tätigkeit anzusehen sei. Der Auftrag zur Straßeninstandsetzung sei vom Magistrat V erteilt worden und der Kauf des Asphaltbruchrecyclingmaterials in der Annahme erfolgt, es sei qualitätsgesichert aufbereitet. In einer Stellungnahme vom führte die Revisionswerberin neuerlich aus, dass ausschließlich der Magistrat V als Veranlasser anzusehen sei, da dieser die Fahrbahninstandsetzung in Auftrag gegeben habe. Zudem sei die Abgabenschuld bereits verjährt. In einer ergänzenden Stellungnahme vom wurde ausgeführt, das Material sei vom Bauleiter des Magistrats V ausgewählt worden, weil kein Heißmischgut zur Verfügung gestanden habe. Das Abbruchrecyclingmaterial sei von der Revisionswerberin bestellt worden, konkrete Zeugnisse seien nicht verlangt worden.
3 Mit Beschwerdevorentscheidung des Zollamtes wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der Spruch des angefochtenen Bescheides in einem hier nicht relevanten Punkt abgeändert. Die Revisionswerberin stellte einen Vorlageantrag.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde gegen die Vorschreibung des Altlastenbeitrages in Höhe von 24 € in seinem Spruchpunkt 1 als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig. Nach Wiedergabe des Verfahrensganges traf es folgende Feststellungen: Mit Schreiben des Magistrats V vom sei der Revisionswerberin der Auftrag für die Sanierung eines Hausanschlusskanals erteilt worden. Am habe die Revisionswerberin von der X ARGE 2,06 Tonnen „Asphaltbruch recycelt“ bezogen und diese im Zuge der Kanalbauarbeiten verfüllt. Das verfüllte Material sei nicht qualitätsgesichert aufbereitet gewesen. Ein Qualitätssicherungssystem im Rahmen der Behandlung des Materials sei weder von der Revisionswerberin verlangt noch von der X ARGE zugesichert worden. In der rechtlichen Beurteilung führte das Gericht aus, nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei eine Sache als Abfall zu beurteilen, wenn bei irgendeinem Voreigentümer oder Vorinhaber die Entledigungsabsicht bestanden habe. Der verfahrensgegenständliche Asphaltbruch stamme von einer oder von verschiedenen Baustellen. Nach der Lebenserfahrung wolle sich ein Bauherr oder Bauführer bei der Realisierung von Bauvorhaben des angefallenen Abbruchmaterials entledigen, um beim weiteren Bauvorhaben durch das Material nicht behindert zu werden (subjektiver Abfallbegriff). Zudem würden Baurestmassen ein erhöhtes Schadstoffpotential im Vergleich zu Primärrohstoffen aufweisen, die eine Sammlung, Lagerung und Behandlung des Abfalls erforderlich machen würden (objektiver Abfallbegriff). Die Verfüllung der 2,06 Tonnen Asphaltbruch wäre gemäß § 3 Abs. 1a Z 6 ALSAG beitragsfrei, sofern durch ein Qualitätssicherungssystem gewährleistet werde, dass eine gleichbleibende Qualität gegeben sei. Das Vorliegen eines Qualitätssicherungssystems für die Aufbereitung dieses Abfalls sei weder von der X ARGE oder der Revisionswerberin behauptet worden, noch habe ein entsprechender Nachweis erbracht werden können. Hinsichtlich der Verfüllung des aufbereiteten Asphaltbruchs sei der Auftrag zu den Kanalarbeiten zwar von dem Magistrat V erteilt worden, dieser habe aber keinen Einfluss auf die Auswahl des verfüllten Materials gehabt. Die Verantwortung für die Bauausführung und die Auswahl des nicht qualitätsgesichert aufbereiteten Asphaltbruchs sei bei der Revisionswerberin gelegen gewesen, die damit Veranlasserin der beitragspflichtigen Tätigkeit sei.
5 Gegen diesen Spruchpunkt richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, es fehle höchstgerichtliche Judikatur zur Beitragsschuldnerschaft gemäß § 4 Z 3 ALSAG. Es gebe keine Rechtsprechung zu der Frage, ob ein Bauunternehmen, das gutgläubig von einem Dritten Recyclingmaterial kaufe, welches aufgrund fehlender Qualitätssicherung nicht für den altlastenbeitragsfreien Einsatz verwendbar sei, als „Veranlasserin“ im Sinne des § 4 Z 3 ALSAG anzusehen sei. Zudem weiche das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil der Magistrat V als Veranlasser im Sinne des § 4 Z 3 ALSAG anzusehen sei. Der Magistrat habe die Kanalsanierungsarbeiten in Auftrag gegeben. In den Revisionsgründen wird ausgeführt, es sei relevantes Parteivorbringen übergangen worden, weil die Revisionswerberin vorgebracht habe, dass der Magistrat V die Verwendung des konkreten Materials beauftragt habe.
6 Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Einleitung des Vorverfahrens, in dem die belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung erstattet hat, erwogen:
7 Die Revision ist zulässig. Sie ist aber nicht begründet.
8 § 4 ALSAG in der im Revisionsfall maßgeblichen Fassung, BGBl. I Nr. 40/2008, lautet:
„§ 4. Beitragsschuldner ist
1. der Inhaber einer im Bundesgebiet gelegenen Anlage, in der eine Tätigkeit gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 bis 3a vorgenommen wird,
2. im Fall des Beförderns von gemäß den gemeinschaftsrechtlichen Abfallvorschriften notifizierungspflichtigen Abfällen zu einer Tätigkeit gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 bis 3a außerhalb des Bundesgebietes die notifizierungspflichtige Person,
3. in allen übrigen Fällen derjenige, der die beitragspflichtige Tätigkeit veranlasst hat; sofern derjenige, der die beitragspflichtige Tätigkeit veranlasst hat, nicht feststellbar ist, derjenige, der die beitragspflichtige Tätigkeit duldet.“
9 Die Beitragsschuldnerschaft für jene Steuerpflichtigen, die eine beitragspflichtige Tätigkeit veranlasst haben, wurde erstmals in einer Z 4 mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201/1996, in das ALSAG eingefügt. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (72 BlgNR 20. GP 303) führen dazu aus:
„Mit Ziffer 4 soll insbesondere klargestellt werden, daß jene Personen, die illegale Ablagerungen, Verfüllungen oder Beförderungen von Abfällen zur langfristigen Ablagerung außerhalb Österreichs veranlaßt haben, als Beitragsschuldner anzusehen sind. Als veranlassende Personen sind jene Personen anzusehen, in dessen Verantwortung die Tätigkeit vorgenommen wird.“
10 Die in der Revision zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes betrafen noch die Rechtslage nach dem Strukturanpassungsgesetz 1996.
11 Mit BGBl. I Nr. 71/2003 wurde die mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996, damals in einer Z 3, ebenfalls eingeführte Beitragsschuldnerschaft für denjenigen, der mit Abfällen Geländeunebenheiten verfüllt, Geländeanpassungen vornimmt oder Abfälle in geologische Strukturen einbringt, gestrichen, so dass es - auch in der im Revisionsfall anzuwendenden Fassung des § 4 Z 3 ALSAG - für die Frage der Beitragsschuldnerschaft in einem Fall wie dem vorliegenden nunmehr nur darauf ankommt, wer die beitragspflichtige Tätigkeit veranlasst hat bzw. subsidiär, wer die beitragspflichtige Tätigkeit duldet.
12 Beitragspflichtig ist eine Tätigkeit dann, wenn sie unter § 3 Abs. 1 ALSAG unter Berücksichtigung der in § 3 Abs. 1a ALSAG normierten Ausnahmebestimmungen fällt. Als Veranlasser einer beitragspflichtigen Tätigkeit ist derjenige anzusehen, in dessen Verantwortung die Tätigkeit vorgenommen wird. Hat jemand einen anderen beauftragt, bestimmte Abbruchmaterialien auf einem von ihm als Auftraggeber bestimmten Grundstück zu verwenden, und sich daher des anderen zur Ausführung dieses Vorhabens bedient, so ist der Auftraggeber als Veranlasser im Sinn des § 4 Z 3 ALSAG anzusehen.
13 Für die vorliegend strittige Frage, wer der Veranlasser der beitragspflichtigen Tätigkeit war, ist daher wesentlich, in wessen Verantwortung die Verfüllung mit nicht qualitätsgesichertem Asphaltrecyclingmaterial vorgenommen wurde. Die Verfüllung mit qualitätsgesichertem Material dieser Art wäre unter die Ausnahmebestimmung des § 3 Abs. 1a Z 6 ALSAG gefallen und somit weder eine „beitragspflichtige Tätigkeit“ noch im Sinne der zitierten Erläuterungen „illegal“ gewesen.
14 Die Revision bringt zunächst vor, die Revisionswerberin sei nicht als Beitragsschuldnerin anzusehen, weil sie nicht habe wissen können, dass das von ihr gekaufte Recyclingmaterial nicht qualitätsgesichert gewesen sei. Als Veranlasserin sei vielmehr die X ARGE anzusehen. Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses aufgezeigt. Die X ARGE hat weder die Kanalarbeiten beauftragt, noch wurden sie in ihrer Verantwortung durchgeführt.
15 § 4 ALSAG wurde durch BGBl. I Nr. 58/2017 mit Wirkung (Art VII Abs. 24 ALSAG) novelliert und folgender neuer Absatz 2 hinzugefügt:
„(2) Abweichend von Abs. 1 ist Beitragsschuldner der Hersteller von Recycling-Baustoffen, wenn feststeht, dass § 3 Abs. 1a Z 6, Z 6a und Abs. 3c nur deshalb nicht zur Anwendung kommen, weil die Recycling-Baustoffe nicht entsprechend den Vorgaben des 3. Abschnitts der Recycling-Baustoffverordnung, BGBl. II Nr. 181/2015, in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 290/2016, oder des Bundes-Abfallwirtschaftsplans gemäß § 8 AWG 2002 für Aushubmaterialien hergestellt wurden, sofern dies dem Beitragsschuldner gemäß Abs. 1 nicht bekannt war.“
16 Der von der Revisionswerberin gewünschte Übergang der Beitragsschuldnerschaft auf den Hersteller der Recycling-Baustoffe bei Nichterfüllen der Qualitätskriterien ist daher erst ab dem und damit im vorliegenden Revisionsfall nicht anwendbar.
17 Die Revision bringt weiters vor, dass der Magistrat V als Veranlasser in Frage käme, da das konkrete Material vom Bauleiter der Stadt V ausgewählt worden sei.
18 Eine Veranlassung der beitragspflichtigen Tätigkeit durch den Magistrat V im Sinne des § 4 Z 3 ALSAG käme nur dann in Betracht, wenn dieser die Revisionswerberin angewiesen hätte, nicht qualitätsgesicherten Asphaltbruch für die Verfüllung zu verwenden. Dies wird von der Revision nicht behauptet, sondern lediglich eingewendet, dass der Bauleiter des Magistrats V anstelle von Heißmischgut Asphaltbruch ausgewählt habe. Die Revisionswerberin bringt zudem vor, dass sie davon habe ausgehen dürfen, dass das bestellte Material qualitätsgesichert gewesen sei, weshalb sich auch aus diesem Vorbringen ergibt, dass die mangelnde Qualitätssicherung nicht in der Verantwortung des Magistrats V gelegen sein kann.
19 Das Material wurde vielmehr von der Revisionswerberin bestellt, die sich damit auch die fehlende Qualitätssicherung zurechnen lassen muss. Die Revisionswerberin ist somit als Veranlasserin im Sinne des § 4 Z 3 ALSAG anzusehen, weshalb der Altlastenbeitrag zu Recht ihr vorgeschrieben wurde.
20 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
21 Von der Abhaltung der von der Revisionswerberin beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien und die Akten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt (§ 39 Abs. 2 Z 6 VwGG).
22 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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Normen | ALSAG 1989 §3 Abs1 ALSAG 1989 §3 Abs1a ALSAG 1989 §4 Z3 idF 2008/I/040 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2021:RA2019130080.L00 |
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ZAAAF-45112