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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.01.2025, RV/7500649/2024

Ausweis nach § 29b StVO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin ***1*** über die Beschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde Magistrat der Stadt Wien, MA 67, als Abgabenstrafbehörde, vom , GZ. MA67/GZ/2024, betreffend eine Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, idF. ABl. der Stadt Wien Nr. 20/2020 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, idF. LGBl. für Wien Nr. 71/2018, zu Recht:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 2. VStG eingestellt.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 8 VwGVG i. V. m. § 24 Abs. 1 BFGG und § 5 WAOR hat die beschwerdeführende Partei keine Kosten des verwaltungsgerichtlichen Strafverfahrens zu tragen.

III. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) wurde vom Kontrollorgan der Parkraumüberwachung (DNr) der Landespolizeidirektion Wien in 1020 Wien, Nordbahnstraße 50, zur Anzeige gebracht, da zum Beanstandungszeitpunkt um 09:08 Uhr im Fahrzeug kein Parkschein hinterlegt und auch kein elektronischer Parkschein gebucht war. Zu dem im Fahrzeug hinterlegten Behindertenausweis machte das Kontrollorgan folgende Anmerkung: "offens. Fälschung eines SK-Behindertenausweises erkennbar an Folierung (Ränder) u. fehlenden Sicherheitsmerkmalen . Delikt-Text: Parkschein/gültiger Parkschein fehlte."

Mangels (fristgerechter) Bezahlung der in Folge ergangenen Anonymverfügung vom , GZ. MA67/GZ/2024, iHv 48 Euro erließ die Magistratsabteilung 67 am eine Strafverfügung mit derselben GZ.

Darin wurde der Beschwerdeführerin vorgeworfen, am um 09:08 Uhr das in Rede stehende Kraftfahrzeug am genannten Ort in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt zu haben. Im Fahrzeug habe sich lediglich der nachgemachte slowakische Behindertenausweis mit der Nummer Nr befunden. Demnach habe die Beschwerdeführerin die Parkometerabgabe verkürzt.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe iHv 140 Euro verhängt bzw. im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag und 9 Stunden festgesetzt.

Mit (Online)Schreiben vom erhob die Beschwerdeführerin durch ihren Vertreter Einspruch gegen diese Strafverfügung und brachte das Folgende vor:

"Hiermit zeige ich die Vertretung von Frau Bf1 in oben bezeichneter Angelegenheit an. Eine Vollmacht ist beigefügt.Gegen die Strafverfügung wegen des Vorgangs am um 9:08Uhr lege ich namens meiner Mandantin hiermit Einspruch ein.Begründung:Frau Bf2 ist schwerbehindert. Sie verfügt über einen gültigenBehindertenparkausweis, der am fraglichen Tag in ihrem Fahrzeug lag undIhnen in Kopie vorgelegt wurde. Dieser beruht auf der Entscheidung desAmts für Arbeit, Soziales und Familie in Stadt (Region), anbei indeutscher Übersetzung. Sollten Sie weitere Nachfragen zu diesenDokumenten haben, setzen Sie sich bitte mit der ausstellendenslowakischen Behörde in Verbindung zu setzen.Gemäß § 6 lit. g der Wiener Parkometerabgabeverordnung ist meineMandantin daher von der Parkabgabe für mehrspurige Fahrzeuge befreit.Dennoch wurde ihr eine Strafverfügung ausgestellt. Als sie umgehend dieKopie ihres Behindertenparkausweis vorlegte, wurde sie in einer Email vonIhnen gebeten, die Strafe nicht zu bezahlen, da diese geprüft werden solle.Anschließend wurde die Strafe kommentarlos auf 140 Euro erhöht. In der Begründung der neuen Strafverfügung steht, derBehindertenparkausweis sei ,nachgemacht'. Dies entbehrt jederGrundlage. Dafür gab es weder irgendwelche Anhaltspunkte, noch wurdemeiner Mandantin irgendeine Gelegenheit gegeben, zu diesem VorwurfStellung zu nehmen.Dieses Verhalten legt den Verdacht des Amtsmissbrauchs (§ 301 StGB) undder Diskriminierung wegen der nationalen Herkunft (Art III Abs 1 Z 3EGVG) nahe. Meine Mandantin verlangt daher eine schriftlicheEntschuldigung, andernfalls die volle namentliche Bezeichnung der dieStrafverfügung ausstellenden Person (Unterzeichnung mit ,Person'), umetwaige Ansprüche weiterzuverfolgen."

Dem Einspruch war eine Entscheidung des Amtes für Arbeit, Soziales und Familie der Stadt Stadt vom beigelegt, mit der dem Antrag der Beschwerdeführerin vom auf die Ausstellung des Parkausweises für Behinderte stattgegeben wurde.

Mit Schreiben vom (Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme) wurde die Beschwerdeführerin von der Magistratsabteilung 67 in Kenntnis gesetzt, dass in angeführter Angelegenheit eine Beweisaufnahme (wie folgt) stattgefunden habe:

"Ergebnis der Beweisaufnahme:
Gemäß der zugrundeliegenden Anzeige, welche von einem Parkraumüberwachungsorgan der
Landespolizeidirektion Wien aufgrund einer eigenen dienstlichen Wahrnehmung gelegt wurde, wardas mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen 123 am um09:08 Uhr in 1020 Wien, Nordbahnstraße 50, in der dortigen gebührenpflichtigen Kurzparkzoneabgestellt, ohne dass für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigenParknachweis gesorgt worden ist. Im Fahrzeug nahm das Organ eine Kopie eines slowakischenBehindertenausweises war. Dass es sich um eine Kopie handelt, hat das Organ an folgendenMerkmalen erkannt: Folierung (Ränder) sowie fehlende Sicherheitsmerkmale."

Der Beschwerdeführerin wurden drei anlässlich der Amtshandlung angefertigte Fotos beigefügt und die Möglichkeit zu einer mündlichen oder schriftlichen Rechtfertigung sowie zur Bekanntgabe ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse (Strafbemessung) eingeräumt.

Mit Stellungnahme vom brachte die Beschwerdeführerin (der Vertreter) das Folgende vor:

"Vielen Dank für Ihr Schreiben, in dem Sie nun erstmals darlegen, warum es sich um eine ,Kopie' handeln solle. Frau Bf2 ist schwerbehindert, siehe beiliegende Entscheidung des Amts fürArbeit, Soziales und Familie in Stadt (Region) in deutscher Übersetzung.Sie verfügtüber einen gültigen Behindertenparkausweis, siehe beiliegende beidseitigeKopie. Auf der Rückseite befinden sich auch die gesuchten Sicherheitsmerkmale. DasOriginal lag am fraglichen Tag in ihrem Fahrzeug, verständlicherweise mit demBehindertenzeichen nach oben und nicht mit den persönlichen Daten und demSicherheitsmerkmal. Das Original ist foliert und an den Rändern etwas ausgefranst, wiebei jahrelanger Benutzung nicht unüblich.Des Weiteren verfügt Frau Bf2 über einen persönlichenBehindertenausweis, siehe beiliegende Kopie.Gemäß § 6 lit. g der Wiener Parkometerabgabeverordnung ist meine Mandantin daher vonder Parkabgabe für mehrspurige Fahrzeuge befreit. Die Strafverfügung ist infolgedessenaufzuheben."

Dem Schreiben waren neben der bereits vorher angeführten Entscheidung des Amtes für Arbeit, Soziales und Familie der Stadt Stadt vom und einer Vollmacht folgende zwei Fotokopien beigelegt:

Akt S 34; Akt S 35.

Mit Straferkenntnis vom , GZ. MA67/GZ/2024, wurde die Beschwerdeführerin vom Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, wegen der bereits näher angeführten Verwaltungsübertretung für schuldig befunden und wegen der Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe von 140 Euro verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tagen und 9 Stunden festgesetzt.

Ferner habe die Beschwerdeführerin gemäß § 64 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG einen Betrag von 14 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen. Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) betrage daher 154,00 Euro.

Begründend führte die belangte Behörde aus:

"Aus der dem Verfahren zugrundeliegenden Anzeige, welche von einem Parkraumüberwachungsorgan der Landespolizeidirektion Wien auf Grund einer eigenen dienstlichen Wahrnehmung erstattet wurde, geht hervor, dass das gegenständliche mehrspurige Kraftfahrzeug an derim Spruch bezeichneten Örtlichkeit und zur angeführten Zeit in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt war, ohne dass die Parkometerabgabe entrichtet worden ist. Im Fahrzeugbefand sich lediglich der nachgemachte slowakische Behindertenausweises mit der Nummer Nr. Die Abstellung ist auch durch Fotos dokumentiert.

Bereits vor Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens wendeten Sie im Wesentlichen ein, dassSie im Fahrzeug Ihren slowakischen Behindertenausweis gut sichtbar hinterlegt hatten undIhnen der die Beanstandung nicht verständlich ist. Als Beweis legten Sie eine Kopie IhresAusweises vor.

Die Übertretung wurde Ihnen mittels Strafverfügung angelastet.

Im dagegen erhobenen Einspruch wurde nicht die Abstellung des Fahrzeuges am genanntenOrt bestritten, jedoch zusammengefasst eingewendet, dass Sie im Besitz eines gültigenBehindertenausweises sind, dieser zum Beanstandungszeitpunkt im Fahrzeug angebrachtgewesen ist und Sie somit von der Parkometerabgabe befreit sind. Nachdem Sie eine KopieIhres Ausweises vorgelegt hatten, wurden Sie ersucht die Anonymverfügung nicht zu bezahlen,da der Sachverhalt geprüft werden soll. Anschließend wurde Ihnen mittels Strafverfügungvorgeworfen, dass der im Fahrzeug hinterlegte Behindertenausweis ,nachgemacht' sei und dieStrafe kommentarlos auf EUR 140,00 erhöht. Dafür gab es weder irgendwelche Anhaltspunktenoch wurde Ihnen die Möglichkeit geboten zu diesem Vorwurf Stellung zu nehmen.

Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme wurden Ihnen die Angaben desMeldungslegers in der zugrundeliegenden Anzeige, die von ihm angefertigtenBeanstandungsfotos sowie die Tatsache, dass der Meldungsleger eine Kopie einesslowakischen Behindertenausweises im Fahrzeug wahrgenommen und er dies an der Folierung (Ränder) sowie fehlende Sicherheitsmerkmale erkannt hat, zur Kenntnis gebracht und IhnenGelegenheit geboten, dazu Stellung zu nehmen und allfällige, Ihrer Verteidigung dienendeBeweismittel, vorzulegen.

In einer Stellungnahme dazu wurde auf die bisherigen Ausführungen verwiesen. Es wurde eineKopie der deutschen Übersetzung der Entscheidung des Amts für Arbeit, Soziales und Familiein Stadt sowie eine Farbkopie Ihres Behindertenausweises vorgelegt und darauf hingewiesen,dass sich auf der Rückseite des Ausweises die Sicherheitsmerkmale befinden. AmBeanstandungstag war der Ausweis verständlicherweise mit dem Behindertenzeichen nachoben hinterlegt, wodurch die Daten und Sicherheitsmerkmale auf der Rückseite nicht erkennbarwaren. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass der Originalausweis foliert ist und dieRänder, wie bei jahrelangem Gebrauch nicht unüblich, etwas ausgefranst sind.

Beweis wurde durch Einsichtnahme in den gegenständlichen Verwaltungsstrafakt erhoben.

Zu Ihrem Vorbringen wird Folgendes festgestellt:

Bezugnehmend auf den Einwand, dass Sie ersucht wurden die Anonymverfügung nicht zubezahlen, da der Sachverhalt geprüft werden soll, wird mitgeteilt, dass die Einbringung einesRechtsmittels gegen die Anonymverfügung nicht zulässig ist.

Der von Ihnen gewählte Abstellort lag innerhalb einer ordnungsgemäß kundgemachten, Montagbis Freitag (werktags) von 09:00 bis 22:00 Uhr gültigen Kurzparkzone.

Jede*r Lenker*in eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der*die ein solches in einer Kurzparkzone abstellt, muss bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten (§ 5 Abs. 2 derParkometerabgabeverordnung).

§ 6 der Parkometerabgabeverordnung zählt jene Fälle, für die die Abgabe nicht zu entrichtenist, taxativ auf.

Die Abgabe ist nicht zu entrichten für Fahrzeuge, die von dauernd stark gehbehinderten Personen abgestellt oder in denen solche Personen gemäß § 29b Abs. 3 StVO befördert werden,wenn die Fahrzeuge mit dem Ausweis gemäß § 29b Abs. 1 oder 5 StVO 1960 gekennzeichnetsind (§ 6 Abs. 1 lit. g Parkometerabgabeverordnung).

Unter ,dem Ausweis gem. § 29b StVO' kann nur das Original verstanden werden. DieserVerpflichtung sind Sie nicht nachgekommen und haben daher den objektiven Tatbestand derangelasteten Übertretung verwirklicht.

Der Meldungsleger unterliegt auf Grund seiner verfahrensrechtlichen Stellung der Wahrheitspflicht und es träfen ihn im Falle einer Verletzung dieser Pflicht straf- und dienstrechtlicheSanktionen. Es besteht kein Anlass, an seinen Angaben zu zweifeln, zumal diese klar, widerspruchsfrei und nachvollziehbar sind.

Dazu kommt, dass sich die Wahrnehmungen des Meldungslegers auf den ruhenden Verkehrbeziehen und das Kontrollorgan daher Zeit genug hatte, richtig zu erkennen, ob sich zum Beanstandungszeitpunkt ein Originalausweis im Fahrzeug befand oder nicht. Es ergibt sichaußerdem auch kein Anhaltspunkt, dass der Meldungsleger eine ihm unbekannte Person wahrheitswidrig belasten wollte.

Beim Vergleich der Anzeigefotos mit der von Ihnen vorgelegten Kopie des Originalausweises ist eindeutig zu erkennen, dass auf dem im Fahrzeug hinterlegten Ausweis weder der Stempel noch die Unterschrift der ausstellenden Behörde zu sehen ist, weshalb es sich bei dem im Fahrzeug hinterlegten Ausweis eindeutig um eine Kopie handelt.

Die Abgabe ist mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) odermit der Bestätigung der Abstellanmeldung bei Verwendung eines elektronischen Parkscheinesentrichtet (§ 5 Abs. 1 Parkometerabgabeverordnung kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wienvom , Heft Nr. 51).

Abgabepflichtige, die ein mehrspuriges Fahrzeug in einer Kurzparkzone abstellen, haben dafürzu sorgen, dass es während der Dauer seiner Abstellung mit einem richtig angebrachten undrichtig entwerteten Parkschein gekennzeichnet oder ein elektronischer Parkschein aktiviert ist(§§ 3 Abs. 1 und 7 Abs. 1 der Kontrolleinrichtungenverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 33/2008).

Aufgrund der unbestrittenen Aktenlage ist festzustellen, dass Sie der Verpflichtung zur Entrichtung der Parkometerabgabe nicht nachgekommen sind.

Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, ist einem*einer Kraftfahrerin die Kenntnisordnungsgemäß kundgemachter Abgabenvorschriften des Parkometergesetzes zuzumuten. Daeine Unkenntnis oder irrige Auslegung von Verkehrsvorschriften bei Kraftfahrzeuglenkerinnennicht als unverschuldet angesehen werden kann, konnte Ihr Einspruchsvorbringen nicht zuIhren Gunsten wirken.

Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaubt bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liegt im gegenständlichen Fall nichtvor."

Die Beschwerdeführerin (vertreten) erhob mit Eingabe vom Beschwerde gegen das Straferkenntnis. Darin wurde ausgeführt:

"Begründung:
Das Straferkenntnis ist rechtswidrig. Meine Mandantin hat § 5 Abs 2
Parkometerabgabeverordnung der Stadt Wien iVm § 4 Abs 1 Parkometergesetz nichtverletzt.Gemäß § 6 lit. g der Wiener Parkometerabgabeverordnung ist meine Mandantin von derParkabgabe für mehrspurige Fahrzeuge befreit. Sie ist schwerbehindert.
Beweis: Entscheidung des Amts für Arbeit, Soziales und Familie in
Stadt (Region), vom[Anmerkung BGF, gemeint: vom ], beiliegend in deutscher Übersetzung; Behindertenausweis, ausgestellt in Stadt am , beigefügt in Kopie.
Meine Mandantin hatte am einen von der slowakischen Behörde ausgestellten
gültigen Behindertenparkausweis im Original in ihr Fahrzeug mit dem Kennzeichen 123 eingelegt. Der von der slowakischen Behörde ausgestellte Ausweis ist sogestaltet, dass auf der Vorderseite die ausstellende Behörde (,Behörde')erkennbar ist. Der Stempel und die Unterschrift befinden sich auf der Rückseite.
Beweis: Farbkopie anbei; zusätzlich Vorlage des Originals vor Gericht.
Der Behindertenausweis trägt den Zusatz ,MODEL EUROPSKEJ UNIE' und die Sterne
der EU.
Beweis: Farbkopie anbei; zusätzlich Vorlage des Originals vor Gericht.

Nach dem Herkunftslandprinzip sind in einem Mitgliedstaat nach diesem Modell
ausgestellte Behindertenausweise in der gesamten EU gültig. ÖsterreichischeBehindertenausweise mögen anders aussehen; das ändert jedoch an der Echtheit undGültigkeit des slowakischen Ausweises nicht.
Die Behörde ist ohne näheren Anlass von einer Fälschung des Ausweises ausgegangen.
Eine Begründung dafür hat sie zunächst nicht angegeben.
Beweis: Vorlage der Anonymverfügung.
Wie sie selbst schreiben, gab es weder irgendwelche Anhaltspunkte für diese Annahme
noch wurde meiner Mandantin die Möglichkeit geboten, zu diesem Vorwurf Stellung zunehmen.
Beweis: Straferkenntnis vom Seite 2 letzter Satz.
Allein dies wäre genügender Anlass gewesen, die Verfügung zurückzunehmen. Das
wurde jedoch nicht getan. Stattdessen wurde im Schreiben vom eine ,Begründung' nachgeliefert. Darin wurde die ursprüngliche Behauptung einer ,Fälschung' dahingehend abgeschwächt, es handele sich um eine ,Kopie'.
Beweis: Vorlage des Schreibens vom .
Die Annahme, es handele sich um eine ,Kopie', ist haltlos. Es handelt sich vielmehr um
das Original. Davon hätte sich die Behörde durch eine persönliche Vorlage selbstüberzeugen können. Stattdessen hat sie es vorgezogen, einfach zu behaupten, eshandele sich um eine Kopie.
Meine Mandantin ist als Behinderte in der Slowakei anerkannt und verfügt über einen
gültigen slowakischen Behindertenausweis. Für sie bestand daher kein Anlass, eine Kopieoder gar Fälschung in ihr Fahrzeug einzulegen.
Beweis: Entscheidung des Amts für Arbeit, Soziales und Familie in
Stadt (Region), vom[Anmerkung BGF, gemeint: vom ], beiliegend in deutscher Übersetzung; Behindertenausweis, ausgestelltin Stadt am , beigefügt in Kopie.
Meine Mandantin hat keine Kopie, sondern das Original benutzt. Offenbar ist die
Magistratsbehörde mit der Form slowakischer Behindertenausweise nicht vertraut.Zumindest derjenige der Behörde in Region wurde mit den Sicherheitsmerkmale auf derRückseite ausgestellt.
Beweis: Farbkopie anbei; zusätzlich Vorlage des Originals des Behindertenausweises vor
Gericht.
Dass der Meldungsleger der Wahrheitspflicht unterliegt und im Fall der Verletzung dieser
Pflicht Sanktionen zu befürchten hat, ändert nichts daran, dass er aufgrund seinerUnkenntnis der RegionBehindertenausweise ein Original nicht erkennen konnte. Auchder Aussteller des Straferkenntnises scheint mit diesen Originalen nicht vertraut.Außerdem unterläuft der Behörde ein schwerer Denkfehler. Selbst wenn es sich um eine ,Kopie' handelte, wie die Behörde behauptet, dann müsste das Orginal mit dieser Kopieübereinstimmen, d.h. die Sicherheitsmerkmale auf der Rückseite tragen und nicht, wie dieBehörde meint, auf der Vorderseite. Diesen Punkt übersieht die Behörde; dasStraferkenntnis ist daher in sich widersprüchlich.
Beweis: Straferkenntnis vom .
Wir haben bereits mehrmals slowakische Unterlagen vorgelegt, aus denen sich ergibt,
dass meine Mandantin behindert ist. Wir haben ebenfalls darauf hingewiesen, dass dieEchtheit der Dokumente bei den slowakischen Behörden überprüft werden kann.
Beweis: Vorlage des Einspruchs gegen die Strafverfügung vom
[Anmerkung BGF, gemeint: Strafverfügung vom ].
Davon hat die Behörde keinen Gebrauch gemacht und ist daher ihrer Untersuchungspflicht
nicht nachgekommen. Statt Vergleiche mit österreichischen Ausweisen anzustellen, wärees notwendig gewesen, sich den Behindertenausweis selbst im Original vorlegen zulassen, um sich von dessen Echtheit zu überzeugen.

Ich beantrage daher,
1. eine mündliche Verhandlung

2. das Straferkenntnis vom aufzuheben und die Kosten
des Verfahrens dem Magistrat der Stadt Wien aufzuerlegen."

Der Magistrat der Stadt Wien legte die Beschwerde samt Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt:

Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) war am um 09:08 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1020 Wien, Nordbahnstraße 50, abgestellt.

Für diesen Bereich galt eine ordnungsgemäß kundgemachte flächendeckende Kurzparkzone für die Zeit von Montag bis Freitag (werktags) von 09:00 bis 22:00 Uhr, max. Parkdauer 2 Stunden.

Der Abstellort des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges befand sich somit in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone, in der zum Beanstandungszeitpunkt am Mittwoch, dem um 09:08 Uhr, Gebührenpflicht bestand.

Die Beschwerdeführerin war die Lenkerin des auf sie zugelassenen tatgegenständlichen Kraftfahrzeuges.

Im Fahrzeug war zu diesem Zeitpunkt der § 29b-Ausweis (StVO 1960) Nr. Nr angebracht.

Beweiswürdigung:

Die Beanstandung durch das meldungslegende Organ, das Datum und die Uhrzeit sowie der Ort der Beanstandung sind aktenkundig.

Dass der Abstellort und der Beanstandungszeitraum nicht bestritten wird, ergibt sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Einspruch gegen die Strafverfügung, wonach sie zum Beanstandungszeitpunkt ("Vorgang am um 9:08 Uhr") "über einen gültigen Behindertenparkausweis verfügte, der am fraglichen Tag in ihrem Fahrzeug lag."

Zum hinterlegten § 29b-Ausweis Nr. Nr ergibt sich:

Abbildung 1, Foto des Meldungslegers, Akt S 4; Abbildung 2, Foto in Stellungnahme der Bf. vom , Akt S 34.

Abbildung 1 zeigt die Aufnahme des Meldungslegers (§ 29b-Ausweis StVO 1960) Nr. Nr am Armaturenbrett hinterlegt.

Abbildung 2 zeigt, der § 29b-Ausweis StVO 1960 (Model Europskej Unie) wurde am in Stadt für die Beschwerdeführerin ausgestellt. Eine zeitliche Befristung des Ausweises ist nicht aktenkundig. Die Beschwerdeführerin hat glaubwürdig dargelegt, dass sie behindert ist, sie über den § 29b-Ausweis StVO 1960 (am ausgestellt) verfügte und dass sie am Beanstandungstag diesen (Original)Ausweis im Fahrzeug hinterlegt hatte.

Dass der streitgegenständliche § 29b StVO 1960 Ausweis ausgestellt wurde, lässt sich auch der vorgelegten Entscheidung des Amtes für Arbeit, Soziales und Familie der Stadt Stadt vom entnehmen, wonach dem Antrag der Beschwerdeführerin auf die Ausstellung des Parkausweises für Behinderte stattgegeben wurde, da sie behindert ist.

Der Meldungsleger hält entgegen den Ausführungen in der Beschwerde in seiner Anzeige den gegenständlichen § 29b StVO 1960 Ausweis für ungültig und stützt sich dabei auf fehlende (nicht näher definierte) Sicherheitsmerkmale bei dem am ausgestellten Ausweis. Nach ergebnislosen Recherchen seitens des BFG im Internet konnte auch eine telefonische Anfrage am bei der Sachbearbeiterin der belangten Behörde (Person, DW DW), ob eine Übermittlung von einer Vorlage eines slowakischen Behindertenausweises aus dem Jahr 2018 im Original möglich wäre, nicht zum Erfolg verhelfen. Das Bundesfinanzgericht konnte keine Mängel am hinterlegten (unbefristet ausgestellten) Ausweis erkennen.

Aus der Zusammenschau ergibt sich, dass dem Antrag der Beschwerdeführerin auf die Ausstellung eines Parkausweises für Behinderte mit Entscheidung vom stattgegeben wurde (Amt für Arbeit, Soziales und Familie in Stadt), der Ausweis mit der Nummer Nr unbefristet ausgestellt wurde und dieser zum Beanstandungszeitpunkt im Fahrzeug ordnungsgemäß hinterlegt war.

Für das Bundesfinanzgericht haben sich - in Wahrnehmung seiner amtswegigen Ermittlungspflicht - keine Anhaltspunkte ergeben, an der Richtigkeit des festgestellten Sachverhaltes zu zweifeln. Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen in freier Beweiswürdigung gemäß § 45 Abs. 2 AVG als erwiesen annehmen.

Rechtsgrundlage und rechtliche Würdigung:

Nach § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO) eine Abgabe zu entrichten.

Nach § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung gilt die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheines (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

Nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung sind zur Entrichtung der Abgabe der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken.

Gemäß § 6 lit g Parkometerabgabeverordnung in der zum Beanstandungszeitpunkt geltenden Fassung ist die Abgabe für Fahrzeuge nicht zu entrichten, die von Inhabern eines Ausweises gemäß § 29b Abs. 1 oder 5 StVO 1960 abgestellt werden oder in denen solche Personen gemäß § 29b Abs. 3 StVO 1960 befördert werden, wenn die Fahrzeuge mit dem Ausweis gemäß § 29b Abs. 1 oder 5 StVO 1960 gekennzeichnet sind.

Gemäß § 29b Abs. 1 StVO 1960 ist Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990, die über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen. Die näheren Bestimmungen über diesen Ausweis sind durch Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zu treffen.

Gemäß Abs. 3 leg cit dürfen Inhaber eines Ausweises gemäß Abs. 1 das von ihnen selbst gelenkte Fahrzeug oder Lenker von Fahrzeugen in der Zeit, in der sie einen Inhaber eines Ausweises gemäß Abs. 1 befördern, in einer Kurzparkzone ohne zeitliche Beschränkung parken.

Gemäß Abs. 4 leg cit hat beim Halten gemäß Abs. 2 der Inhaber eines Ausweises gemäß Abs. 1 diesen den Straßenaufsichtsorganen auf Verlangen vorzuweisen. Beim Parken gemäß Abs. 3 sowie beim Halten oder Parken auf den nach § 43 Abs. 1 lit d freigehaltenen Straßenstellen hat der Ausweisinhaber den Ausweis bei mehrspurigen Kraftfahrzeugen hinter der Windschutzscheibe und durch diese gut erkennbar, bei anderen Fahrzeugen an einer sonst geeigneten Stelle gut wahrnehmbar anzubringen.

Gemäß § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 sind Handlungen und Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretung mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen.

Die Kennzeichnung eines Fahrzeuges mit dem Ausweis gemäß § 29b StVO wirkt ausschließlich dann abgabenbefreiend, wenn das Originaldokument zur Kennzeichnung verwendet wird. Kopien derartiger Ausweise stellen keine Kennzeichnung iSd § 6 lit g Parkometerabgabeverordnung dar und lösen daher die Rechtsfolge der Befreiung von Parkometerabgaben auch dann nicht aus, wenn sei von befugten Personen verwendet oder solche Personen befördert werden.

Gemäß § 45 Abs. 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens ua abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn
1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet oder
2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.
... .

Die Beschwerdeführerin hat nach den Feststellungen die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen, da das Original des Behindertenausweises iSd § 29b StVO 1960 verwendet wurde.

Das Strafverfahren ist daher gemäß § 45 Abs. 1 Z 21VStG iVm § 38 VwGVG einzustellen.

Der Beschwerde ist daher gemäß § 50 VwGVG Folge zu geben.

Kostenentscheidung

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 29b Abs. 1 StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960
§ 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7500649.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
HAAAF-44924