Vorsteuern und Werbungskosten bei Deckungsrechnungen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Maria Daniel über die Beschwerde von Bf***, Bf-Adr*** vertreten durch RSM Austria Steuerberatung GmbH, Tegetthoffstraße 7, 1010 Wien, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 8/16/17 (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Umsatzsteuer 2009 bis 2012 sowie Einkommensteuer 2009 bis 2013 (Steuernummer Bf-StNr***) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit des Schriftführers Dietmar Gratz zu Recht:
Die Beschwerde gegen die Umsatzsteuerbescheide vom betreffend die Jahre 2009 bis 2012 wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide betreffend Einkommensteuer der Jahre 2009 bis 2013 werden abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilagen angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensverlauf
Anlässlich einer Betriebsprüfung der Jahre 2009 bis 2013 wurden Vorsteuerbeträge aus Eingangsrechnungen der Firmen B***, U*** sowie C*** (bei den Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Beschwerdeführerin) nicht anerkannt. Die in diesem Zusammenhang ursprünglich geltend gemachten Werbungskosten wurden im Ausmaß von 50% im Schätzungswege berücksichtigt.
Die für den betreffenden Leistungszeitraum durchgeführten Erhebungen hätten ergeben, dass die durch die Firmen B***, U*** und C*** in Rechnung gestellten Leistungen mangels entsprechender Angestellter durch diese nicht erbracht worden sein konnten.
Anlässlich polizeilicher Hausdurchsuchungen seien Deckungsrechnungen oben genannter Firmen vorgefunden worden. Bei Einvernahmen der faktischen Machthaber bzw handelnden Personen der oben genannten Unternehmen sei von diesen auch im späteren Gerichtsverfahren zugegeben worden, dass bei den Deckungsrechnungen die Arbeiten tatsächlich von Schwarzarbeitern zu weit niedrigeren Preisen, um ca 50% der jeweiligen Rechnungsbeträge, verrichtet worden seien. Das benötigte Material sei schwarz eingekauft worden.
Im Zuge der Besichtigung des Hauses Adresse xy*** sei festgestellt worden, dass die in den Rechnungen aufgelisteten Arbeiten tatsächlich durchgeführt wurden.
Da die Leistungen nicht durch die genannten Firmen B***, U*** und C*** erbracht worden seien, sei die Voraussetzung für den Vorsteuerabzug nicht gegeben.
Die tatsächlichen Leistungserbringer habe die Beschwerdeführerin nicht benennen können. Die diesbezüglichen Werbungskosten für Instandsetzung bzw Instandhaltung seien daher zur Gänze nicht anzuerkennen (mit Ausnahme einer durch Versicherungsvergütung abgegoltenen Rechnung der Firma B*** iHv 882,80 Euro netto im Jahr 2009 mangels steuerlicher Auswirkungen).
Da die Arbeiten tatsächlich erbracht worden seien und die Beschwerdeführerin gutgläubig gehandelt habe, seien die Werbungskosten im Schätzungswege im Ausmaß von 50% der bisher geltend gemachten Beträge zu berücksichtigen.
Im Zuge der Außenprüfung wurden folgende Vorsteuerkorrekturen (in Euro) vorgenommen:
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2009 | 2010 | 2011 | 2012 | |
Vorsteuer laut Erklärung | 3.073,90 | 7.304,88 | 3.950,44 | 2.188,75 |
Vorsteuer laut AP | 2.552,04 | 3.079,54 | 3.860,51 | 2.098,82 |
Vorsteuerkürzung | -521,86 | -4.225,34 | -89,93 | -89,93 |
Die Beschwerde wurde nach Fristerstreckung rechtzeitig am erhoben. Dabei wurde vorgebracht, dass die Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten durch die Hausverwaltung in Vertretung für die Eigentümerin beauftragt worden seien. Die Beschwerdeführerin habe davon ausgehen können, dass die Hausverwaltung die ihr übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß und gesetzeskonform durchgeführt habe. Es habe sich dennoch zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen eines Strafverfahrens gegen Dritte ergeben, dass es zu Unregelmäßigkeiten bei der Ausstellung von Rechnungen gekommen sei. Es sei auch erwiesen, dass die Geschäftsleitung der Hausverwaltung in diese Rechnungslegung nicht involviert gewesen sei.
Die Beschwerdeführerin habe bei der Auswahl der Hausverwaltung keinesfalls sorglos gehandelt und darüber hinaus nicht von allfälligen Vergehen von Mitarbeitern der beauftragten Hausverwaltung gewusst, noch hätte sie dies wissen müssen. Daher könnten ihr die Handlungen Dritter hinsichtlich der Sanktionsregelung des § 12 Abs 1 Z 1 UStG nicht zugerechnet werden.
Die wesentlichen materiellen und formellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug seien gegeben. Die Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten seien für das Unternehmen der Beschwerdeführerin von anderen Unternehmen ausgeführt worden. Die beauftragten Firmen hätten zum Leistungszeitpunkt auch über eine gültige UID-Nummer verfügt. Aus Sicht der Beschwerdeführerin habe es sich um Steuerpflichtige iSd UStG gehandelt.
Für die Anerkennung von Werbungskosten sei es nicht maßgebend, ob die Leistungen von den Unternehmen selbst oder von Subunternehmen, wie in der Baubranche üblich, durchgeführt werden. Die im Schätzungswege ermittelten Werbungskosten seien daher nicht nachvollziehbar.
Die Beschwerdeführerin beantragte zudem die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.
Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. Die Überprüfung der Firmen B***, U*** und C*** habe ergeben, dass es sich hierbei um Betrugsfirmen gehandelt habe. Sie seien auch nicht die tatsächlichen Leistungserbringer gewesen. Dies werde auch durch die Beantwortung der Aufforderung zur Empfängernennung vom bestätigt. Die Beschwerdeführerin habe bekannt gegeben, dass es sich bei den tatsächlichen Empfängern der strittigen Aufwendungen um A***, S*** und R*** gehandelt habe. Diese Angaben seien auch durch das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom belegt (GZ xxx). Die fakturierten Leistungen könnten daher auch nicht zum Abzug zugelassen werden.
Da keine Rechnungen der tatsächlichen Leistungserbringer vorgelegt worden seien, eine Tätigkeit dennoch stattgefunden habe und sowohl der Erfahrung der Finanzverwaltung als auch den Aussagen nach ca 50% der Rechnungssumme solcher Deckungsrechnungen tatsächlich bezahlt würden, sei es aus Sicht der belangten Behörde gerechtfertigt, die Werbungskosten mit 50% zu schätzen.
Da der Rechnungsleger nicht der ausführende Unternehmer gemäß den Vorschriften des § 11 UStG sei, könne der Vorsteuerabzug betreffend die Rechnungen der Firmen B***, U*** und C*** nicht anerkannt werden.
Im Vorlageantrag vom wurde ergänzend zur Beschwerde ausgeführt, dass alle Rechnungen im Rahmen der Außenprüfung vorgelegt worden seien, der Empfängernennung gem § 162 BAO nachgekommen sei und bisherige verwandte Sachverhalte bereits vom Bundesfinanzgericht (unter GZ RV/7101475/2017) beurteilt worden wären.
Die Werbungskosten seien durch die Vermietungstätigkeit veranlasst gewesen. Es sei tatsächlich zu einer Minderung des Vermögens jener Person gekommen, die die Werbungskosten geltend gemacht hat. Ein Zusammenhang mit der Privatsphäre der Beschwerdeführerin sei auszuschließen. Der Nachweis des Vorliegens von Werbungskosten sei lückenlos erbracht worden. Auch der Empfängernennung gem § 162 Abs 1 BAO sei nachgekommen worden, obgleich die Empfänger der hier maßgeblichen Zahlungen der belangten Behörde bereits bekannt hätten sein müssen.
Für welche Aufwendungen im Einzelnen die von der Beschwerdeführerin tatsächlich getätigten Zahlungen von den Zahlungsempfängern verwendet worden seien, habe keine Bedeutung für die Abzugsfähigkeit dieser Ausgaben. Das Landesgericht für Strafsachen Wien habe in seinem Urteil auch ausdrücklich festgehalten, dass die geleisteten Zahlungen für die in Rechnung gestellten Arbeiten nicht überhöht erscheinen. Die der belangten Behörde vorgelegten Bücher und Aufzeichnungen seien weder sachlich unrichtig, noch wiesen sie sonstige formelle Mängel auf. Da der belangten Behörde sämtliche Auskünfte erteilt worden seien, liege keine Schätzungsbefugnis vor.
Nach der Rechtsprechung des EuGH könne der Vorsteuerabzug nur verweigert werden, wenn die Steuerbehörde anhand objektiver Umstände nachweise, dass der Rechnungsempfänger wusste oder hätte wissen müssen, dass der zur Begründung des Rechts auf Vorsteuerabzug angeführte Umsatz in eine auf einer vorhergehenden Umsatzstufe begangene Steuerhinterziehung einbezogen war.
Die mündliche Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht fand am statt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Im vorliegenden Fall ist strittig, ob die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug für tatsächlich erbrachte und bezahlte Leistungen vor dem Hintergrund der Bestimmungen des § 12 Abs 14 UStG 1994 vorliegen.
Gleichfalls ist strittig, ob der belangten Behörde eine Schätzungsbefugnis hinsichtlich der Höhe der nachweislich bezahlten Werbungskosten zukommt.
Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin erzielte im streitgegenständlichen Zeitraum (2009 bis 2013) neben ihren Einkünften aus selbständiger Arbeit (als Marktfahrerin bis 2009) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus der Liegenschaft Adresse xy***.
Die von der Beschwerdeführerin als Gebäudeverwaltung eingesetzte W*** (in der Folge W*** GmbH) war mit der Koordinierung, Beauftragung und Abrechnung diverser Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten beauftragt.
R*** war im streitgegenständlichen Zeitraum bei der W*** GmbH angestellt und beauftragt bzw ermächtigt, direkt mit Baugewerbetreibenden Verträge über die durchzuführenden Handwerksarbeiten abzuschließen. In weiterer Folge hatte er die jeweiligen Baustellen zu beaufsichtigen und die von den beauftragten Unternehmen gelegten Rechnungen auf ihre Übereinstimmung mit den tatsächlich erbrachten Leistungen zu kontrollieren. Er war hingegen nicht befugt, Rechnungen zur Bezahlung freizugeben. Gleichfalls war es ihm nicht gestattet, die Leistungen selbst zu erbringen. Die Rechnungen hatte er nach Prüfung F***, dem Gesellschafter und Geschäftsführer der W*** GmbH, vorzulegen.
Die eigentlichen Abrechnungen wurden im Beschwerdefall durch den Geschäftsführer und alleinigen Gesellschafter der W*** GmbH mit der Beschwerdeführerin bzw im Versicherungsfall mit den haftenden Versicherungsunternehmen abgewickelt.
R*** wurde von einem Bekannten angesprochen, dass dieser von Firmen Scheinrechnungen besorgen könne. In der Folge verpflichtete R*** für anfallende Bauarbeiten anstelle von befugten Fachfirmen Tagelöhner, die er die Arbeiten unter seiner Aufsicht und Anweisung verrichten ließ. Dazu stellte er den Arbeitern von ihm selbst zuvor beschafftes Material bei. Nach Abschluss der jeweiligen Arbeiten erstelle er ein Rechnungskonzept, wobei er als Rechnungsbetrag den tatsächlichen Marktwert der verrichteten Arbeiten einfügte. Tatsächlich bezahlte er für die durchgeführten und mängelfrei und handwerklich sauber erbrachten Arbeiten lediglich 40-50% der jeweiligen Rechnungssummen.
Die Rechnungsvorlagen übergab R*** sodann an seinen Bekannten. Anhand dieser Vorlagen wurden von A*** Rechnungen ausgestellt, die als angeblich leistendes und rechnungsausstellendes Unternehmen zunächst die U*** auswiesen. Nach Löschung dieses Unternehmens aus dem Firmenbuch mangels Vermögenslosigkeit wurden die Rechnungen auf die C*** ausgestellt.
Im Rahmen einer Hausdurchsuchung bei A*** wurden mehr als 2.700 elektronisch gespeicherte Rechnungen gefunden. Dieser benutzte über 20 verschiedene Firmen zur Erstellung von Schein- bzw Deckungsrechnungen. Darunter befanden sich auch Schein- bzw Deckungsrechnungen der B*** für den Ausstellungszeitraum bis .
Die B*** stellte an die "Hausinhabung des Hauses Adresse xy***, vertreten durch W*** GmbH" für diverse Instandhaltungsarbeiten im Jahr 2009 Rechnungen in Höhe von insgesamt 3.200,80 Euro zuzüglich 640,16 Euro Umsatzsteuer für den Leistungszeitraum August 2009 aus. Diese Beträge wurden unter Abzug der Vorsteuer im Jahr 2009 von der Beschwerdeführerin unter Berücksichtigung des Anteils der Hauseigentümer-Wohnung (18,48%) sofort als Werbungskosten iHv 2.609,29 Euro abgesetzt.
Die UID-Nummer der B*** war von bis gültig. Im Leistungszeitraum August 2009 war lediglich ein Dienstnehmer bei diesem Unternehmen beschäftigt.
Von der U*** wurden im Jahr 2010 Rechnungen für diverse Bauarbeiten (für den Leistungszeitraum Oktober und November 2010) in Höhe von insgesamt 25.916 Euro zuzüglich 5.183,20 Euro ausgestellt. Diese Beträge wurden unter Abzug der Vorsteuer von der Beschwerdeführerin unter Berücksichtigung des Anteils der Hauseigentümer-Wohnung (18,48%) verteilt auf 10 Jahre (jährlich 2.112,67 Euro) abgeschrieben. Bei der detaillierten Auflistung der Bauarbeiten findet sich folgender Vermerk: "PS: Bei etwaigen Fragen, steht Ihnen unser Herr BM R***, unter der Telefonnummer 123*** zur Verfügung."
Die von der U*** im Jahr 2011 ausgestellte Rechnung iHv 551,60 Euro zuzüglich 110,32 Euro Umsatzsteuer für den Leistungszeitraum Juni 2011 wurde unter Abzug der Vorsteuer von der Beschwerdeführerin unter Berücksichtigung des Anteils der Hauseigentümer-Wohnung (18,48%) zur Gänze als Werbungskosten iHv 449,66 Euro im Jahr 2011 abgesetzt.
Die UID-Nummer der U*** war von bis gültig. Im Leistungszeitraum Oktober bis November 2010 war lediglich ein Dienstnehmer, im Leistungszeitraum Juni 2011 zwei Dienstnehmer bei diesem Unternehmen angemeldet, wobei eine Person geringfügig als Arbeiter beschäftigt war.
Die von der C*** im Jahr 2012 ausgestellte Rechnung für im April 2012 durchgeführte Instandsetzungsarbeiten an der Gasleitung iHv 551,60 Euro zuzüglich 110,32 Euro wurde von der Beschwerdeführerin unter Abzug der Vorsteuer zur Gänze im Jahr 2012 unter Berücksichtigung des Anteils der Hauseigentümer-Wohnung (18,48%) als Werbungskosten iHv 449,66 Euro abgesetzt.
Die UID-Nummer der C*** war von bis gültig. Im Leistungszeitraum April 2012 war lediglich ein Dienstnehmer angemeldet.
Die Beschwerdeführerin hat die ausgewiesenen Rechnungssummen in voller Höhe bezahlt.
Der Geschäftsführer und alleinige Gesellschafter der Hausverwaltung hat seinem Angestellten R*** vertraut und in der Folge dessen Tätigkeit bzw die Tätigkeiten und Rechnungen der angeblichen Baufirmen nicht kontrolliert. Der Geschäftsleitung der beauftragten Hausverwaltung war überdies bewusst, dass ihr Angestellter die Bezeichnung Baumeister ("BM") unzulässiger Weise benutzte.
Beweiswürdigung:
Indem R*** dem Gesellschafter und Geschäftsführer der W*** GmbH die streitgegenständlichen Rechnungen vorzulegen hatte, musste es diesem bewusst gewesen sein, dass Herr R*** auf Rechnungsbeilagen als Baumeister (BM) bezeichnet wurde.
Der übrige Sachverhalt ergibt sich aus den im Verfahrensverlauf zitierten Dokumenten, insb aus dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom zu GZ xxx, den Rechnungen und Rechnungsbeilagen der B***, der U*** sowie der C*** und ist zudem unstrittig.
Rechtliche Würdigung:
Nach § 12 UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmen in einer Rechnung an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.
Gem § 12 Abs 14 UStG 1994 entfällt das Recht auf Vorsteuerabzug, wenn der Unternehmer wusste oder wissen musste, dass der betreffende Umsatz im Zusammenhang mit Umsatzsteuerhinterziehungen oder sonstigen, die Umsatzsteuer betreffenden Finanzvergehen steht.
Eine Rechnung iSd § 11 UStG 1994 muss für Zwecke des Vorsteuerabzuges unter anderem Name und Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers enthalten. Nach der Judikatur des VwGH ist zumindest erforderlich, dass der auf den Rechnungen aufscheinende Leistungserbringer die Leistung tatsächlich erbracht hat und mit der in der Rechnung angegebenen Anschrift für umsatzsteuerliche Zwecke greifbar ist (vgl ).
Nach der ständigen Judikatur des EuGH kann der Vorsteuerabzug nur versagt werden, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Unternehmer wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit dem Erwerb von Gegenständen bzw Inanspruchnahme von Dienstleistungen an einem Umsatz beteiligte, der in eine begangene Steuerhinterziehung einbezogen war (; ; ; ; ; , ).
In der Sache C-18/13 hat der EuGH zudem auch festgestellt, dass es nicht ausreiche, das Recht auf Vorsteuerabzug alleine deswegen zu versagen, wenn die erbrachte Leistung nicht tatsächlich von dem in den Rechnungen angegebenen Leistenden oder seinem Subunternehmen bewirkt worden sein soll, weil diese nicht über das erforderliche Personal sowie die erforderlichen Sachmittel und Vermögenswerte verfügt hätten.
Im vorliegenden Beschwerdefall hat Herr R*** als Angestellter der Hausverwaltung (als deren Erfüllungsgehilfe) dieser Rechnungen über tatsächlich erfolgte Arbeiten vorgelegt, wobei die rechnungsausstellenden Unternehmen nicht Leistungserbringer waren. Der Geschäftsführer und alleinige Gesellschafter der Hausverwaltung hat seinem Angestellten vertraut und in der Folge weder dessen Tätigkeit bzw die Rechnungen der angeblich leistenden Baufirmen kontrolliert, noch hat er es unterbunden, dass sein Angestellter die Bezeichnung "Baumeister" (BM) verwendet hat. Zudem war die UID-Nummer der U*** im Leistungszeitraum Juni 2011 nicht mehr gültig.
Wer einem anderen zu einer Leistung verpflichtet ist, haftet ihm gem § 1313a ABGB für das Verschulden seines gesetzlichen Vertreters sowie der Personen, deren er sich zur Erfüllung bedient, wie für sein eigenes.
Dadurch, dass die Beschwerdeführerin die W*** GmbH mit der Verwaltung der Liegenschaft beauftragt hat, ist ihr das Verschulden der Hausverwaltung - nämlich das Versäumnis von zumutbaren Kontrollen der Tätigkeit ihres Angestellten - gleichzuhalten. Insbesondere hat die Hausverwaltung die objektiv gebotene und auch subjektiv mögliche Sorgfalt außer Acht gelassen, indem sie das unzulässige Auftreten einer bei ihr angestellten Person als Baumeister gegenüber Dritten geduldet hatte.
Der Hausverwaltung ist überdies auch die Kenntnis ihres Angestellten an der Beteiligung an einer Steuerhinterziehung zuzurechnen. Nach der Rsp des OGH muss das schuldhafte Verhalten des Erfüllungsgehilfen innerhalb des vom Geschäftsherrn übernommenen Pflichtenkreises liegen (vgl ). Entscheidend für die Wissenszurechnung zu Lasten des Unternehmers ist, mit welchem konkreten Aufgabenbereich der Erfüllungsgehilfe betraut war (vgl RS0028495).
Da Herr R*** als Angestellter der Hausverwaltung von dieser beauftragt und ermächtigt war, direkt mit Baugewerbetreibenden Verträge über die durchzuführenden Handwerksarbeiten abzuschließen, ist der Hausverwaltung und in der Folge auch der Beschwerdeführerin (durch Beauftragung der Hausverwaltung) das Wissen von R*** über die von ihm, im Rahmen seiner übertragenen Aufgaben für die Hausverwaltung, geplante und durchgeführte Steuerhinterziehung zuzurechnen. Daher entfällt gem § 12 Abs 14 UStG 1994 das Recht auf Vorsteuerabzug.
Werbungskosten sind gem § 16 Abs 1 EStG 1988 Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen und sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen.
Für den Zeitpunkt des Abzugs der Werbungskosten gilt prinzipiell das Abflussprinzip gem § 19 EStG 1988. Wirtschaftlich muss es zu einer Verminderung des Vermögens des Steuerpflichtigen kommen. Dies setzt voraus, dass der geleistete Betrag aus der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Steuerpflichtigen ausgeschieden ist (vgl Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG24, § 16 Rz 7).
Gem § 28 Abs 2 EStG 1988 in der für den Beschwerdezeitraum geltenden Fassung, sind Instandsetzungsaufwendungen, soweit sie Wohngebäude betreffen, zwingend auf 10 Jahre verteilt abzusetzen. Instandsetzungsaufwendungen sind jene Aufwendungen, die nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten gehören und allein oder zusammen mit Herstellungsaufwand den Nutzungswert des Gebäudes wesentlich erhöhen oder seine Nutzungsdauer wesentlich verlängern.
Aufwendungen für nicht regelmäßig jährlich anfallende Instandhaltungsaufwendungen sind entweder im Jahr der Verausgabung sofort oder wahlweise (über Antrag) auf zehn Jahre verteilt abzusetzen.
Die Beschwerdeführerin hat im Zeitraum 2009 bis 2013 iZm den streitgegenständlich ausgestellten Rechnungen Werbungskosten im Rahmen ihrer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß den Bestimmungen des § 28 Abs 2 EStG 1988 geltend gemacht. Die in Rechnung gestellten Leistungen wurden tatsächlich bezahlt und erbracht.
Als Werbungskosten geltend gemachte Aufwendungen sind über Verlangen der Abgabenbehörde gem §§ 138, 161 BAO nachzuweisen oder, wenn dies nicht möglich ist, wenigstens glaubhaft zu machen (vgl ; , 2006/15/0125; , 92/14/0176). Kann die genaue Höhe der Werbungskosten des Steuerpflichtigen nicht nachgewiesen werden, ist die Abgabenbehörde grundsätzlich berechtigt, diese gem § 184 BAO zu schätzen ().
Im vorliegenden Beschwerdefall hat die Beschwerdeführerin in Beantwortung der Aufforderung zur Empfängernennung A***, S*** sowie R*** als tatsächliche Empfänger der Beträge genannt. Mit dieser Benennung ist das Verlangen nach Empfängernennung erfüllt.
Unstrittig ist, dass die Beschwerdeführerin die ausgewiesenen Rechnungssummen in voller Höhe bezahlt hat und diese Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung dienten.
Gem § 184 Abs 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann, zu schätzen. Gem § 184 Abs 3 BAO ist ferner zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher und Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.
Im vorliegenden Beschwerdefall war der Abgabenbehörde die Höhe der von der Beschwerdeführerin tatsächlich bezahlten Beträge bekannt. Es kam dadurch unstreitig zu einer Verminderung des Vermögens der Beschwerdeführerin. Die im Rahmen der Außenprüfung vorgelegten Bücher und Aufzeichnungen wiesen weder sachliche noch formelle Mängel auf. Somit war eine Schätzungsbefugnis der belangten Behörde nicht gegeben.
Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten streitgegenständlichen Werbungskosten stehen daher im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Betriebsausgaben in voller Höhe (mangels Vorsteuerabzug allerdings inklusive Umsatzsteuer) unter Berücksichtigung des Hauseigentümeranteils (HE-Anteil iHv 18,48%) zu.
Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind daher gegenüber den Erstbescheiden um folgende Beträge (in Euro) zu vermindern:
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2009 | 2010 | 2011 | 2012 | 2013 |
-521,86 | -422,53 | -512,47 | -512,47 | -422,53 |
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geänderte Kennzahlen | KZ 370 | KZ 9460 | KZ 9470 | KZ 9520 |
Eink aus | Einnahmen | Zehntel- | Instandh. | |
V+V | Absetzung | |||
2009 | ||||
lt. Erklärung | 419,78 | 21.691,05 | 7.850,56 | |
neu | - 102,08 | 21.809,35 | 8.490,72 | |
Diff | - 521,86 | 118,30 | - 640,16 | |
2010 | ||||
lt. Erklärung | 1.331,92 | 16.749,21 | 11.085,90 | |
neu | 909,39 | 16.845,00 | 11.604,22 | |
Diff | - 422,53 | 95,79 | - 518,32 | |
2011 | ||||
lt. Erklärung | - 331,29 | 21.004,26 | 12.310,83 | 2.398,81 |
neu | - 843,76 | 21.120,43 | 12.829,15 | 2.509,13 |
Diff | - 512,47 | 116,17 | - 518,32 | - 110,32 |
2012 | ||||
lt. Erklärung | 2.328,97 | 24.051,32 | 12.310,83 | 4.675,09 |
neu | 1.816,50 | 24.167,49 | 12.829,15 | 4.785,41 |
Diff | - 512,47 | 116,17 | - 518,32 | - 110,32 |
2013 | ||||
lt. Erklärung | 2.691,62 | 21.122,89 | 12.310,83 | |
neu | 2.269,09 | 21.218,68 | 12.829,15 | |
Diff | - 422,53 | 95,79 | - 518,32 |
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Unzulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die zu lösenden Rechtsfragen beschränken sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw in der im Erkenntnis zitierten Rechtsprechung des EuGH beantwortet wurden und solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst sind. Im Übrigen hängt der Beschwerdefall von der Lösung nicht über den Einzelfall hinausgehender Sachverhaltsfragen ab. Tatfragen sind kein Thema für eine ordentliche Revision. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 162 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 162 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 12 Abs. 14 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 12 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 11 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 1313a ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 138 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 184 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 184 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7104484.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
OAAAF-44897