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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.01.2025, RV/3100411/2024

Wohnung als Teil der "Gesamtausstattung" eines GmbH-Geschäftsführers

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***2*** (nunmehr FAÖ) vom betreffend Umsatzsteuer 2009 und 2010, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2009 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2010 wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Zum Verfahrensgang wird auf das Erkenntnis vom , RV/3100006/2021, verwiesen. Das Erkenntnis wurde mit Entscheidung des , aufgehoben. Zusammengefasst hat der VwGH ausgesprochen, dass im fortgesetzten Verfahren ausschließlich die Gesamtausstattung des Gesellschafter-Geschäftsführers, bestehend aus Geschäftsführergehalt und Wohnraumüberlassung, zu beurteilen sei. Dazu seien Feststellungen zur Gesamtentlohnung einerseits, sowie zum Fremdvergleichsmaßstab andererseits, dh dem einem Fremdgeschäftsführer geleisteten Betrag, zu treffen.

II. Sachverhalt

1. Auf die im Erkenntnis vom , RV/3100006/2021, getroffenen Sachverhaltsfeststellungen zu den Gesellschaftsverhältnissen und der Errichtung des Geschäftsgebäudes, sowie der Größe, Einteilung und Ausstattung der Geschäftsführerwohnung wird verwiesen.

2. ***3***, der (mittelbare) Alleingesellschafter-Geschäftsführer der Beschwerdeführerin (Bf) bewohnte mit seiner Familie ab Jänner 2010 die Wohnung im zweiten Obergeschoß des Geschäftsgebäudes der Bf. Die Betriebskosten für die Wohnung wurden nicht von der Bf, sondern von ***3*** selbst getragen.

Es handelt sich bei dieser Wohnung nicht um eine solche, für welche ein funktionierender Mietenmarkt existiert.

3. ***3*** erhielt im Beschwerdezeitraum für seine Geschäftsführertätigkeit keine Barentlohnung. Ab Mai 2011 bezahlte ihm die Bf einen Geschäftsführerbezug iHv € ***4*** brutto.

Der "Marktpreis" der Wohnungsnutzung als Teil einer angemessenen Gesamtausstattung des Gesellschafter-Geschäftsführers ist im Beschwerdejahr 2010 mit € ***5*** anzusetzen.

Im Beschwerdezeitraum 2009-2010 war die Gesamtausstattung des Gesellschafter-Geschäftsführers nicht überhöht; das einem Fremdgeschäftsführer gezahlte Gehalt hätte im Vergleich 2009 bzw. 2010 (mindestens) € ***6***-***7*** betragen.

4. Für die Errichtung des Geschäftsgebäudes machte die Bf in den Beschwerdejahren Vorsteuern iHv € ***8*** (2009) bzw. € ***9*** (2010) geltend.

Eine umsatzsteuerliche Erfassung der Wohnungsnutzung bei der Bf ist nicht erfolgt. Der tauschähnliche Umsatz iSd § 4 Abs. 6 UStG 1994 beträgt im Beschwerdejahr 2010 mit € ***10*** (Aliquotierung infolge abweichenden Wirtschaftsjahres - Anm.).

III. Beweiswürdigung

1. Dass ***3*** im Beschwerdezeitraum kein Geschäftsführergehalt erhalten hat, ergibt sich unstrittig aus dem Akteninhalt. Die Tragung der Betriebskosten ergibt sich aus den vorgelegten Verrechnungskonten.

Das einem Fremdgeschäftsführer gezahlte Gehalt wurde anhand der "Gehaltstafeln allg. Groß- und Kleinhandel" der Beschwerdejahre ermittelt. Es wurden - von beiden Verfahrensparteien unbestritten - die Beschäftigungsgruppen 5 oder 6 ab 15. Berufsjahr zugrunde gelegt.

Es lag, von beiden Verfahrensparteien unbestritten, keine unangemessene Gesamtausstattung des Geschäftsführers im Beschwerdezeitraum vor.

2. Die Bf wurde, unter Vorhalt des einen solchen in Abrede stellenden Vorbringens der Abgabenbehörde, dazu aufgefordert, das Vorliegen eines funktionierenden Mietenmarktes für die Geschäftsführerwohnung nachzuweisen, was ihr nach der Rechtsprechung des VwGH oblag (vgl. zB Lachmayer, SWK 3/2021, 119; Zorn, ÖStZ 2021/73; jeweils mit zahlreichen Verweisen auf VwGH-Rspr.). Ein solcher Nachweis wurde nicht geführt.

3. Die Ermittlung des "Marktpreises", bei welchem es sich um eine Renditemiete unter Zugrundelegung einer dreiprozentigen Rendite handelt, erfolgte durch das Bundesfinanzgericht; die Ermittlung blieb unbeanstandet durch beide Verfahrensparteien.

IV. Rechtliche Erwägungen

1. Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer geltend machen.

Überlässt eine GmbH die Nutzung ihr gehörender Räumlichkeiten dem Geschäftsführer für dessen private Wohnzwecke als weitere Entlohnung seiner Geschäftsführungstätigkeit und erbringt damit insgesamt ein angemessenes Entgelt für ihr gegenüber erbrachte Leistungen, ist dieses Entgelt auf Seiten der GmbH betrieblich veranlasst. Damit liegt ebenso eine betriebliche Nutzung der dem Geschäftsführer für Wohnzwecke überlassenen Räumlichkeiten vor, und steht der GmbH für die Errichtung dieser Räumlichkeiten der Vorsteuerabzug zu, wenn sich erweist, dass der Vorteil für den Geschäftsführer aus der Wohnungsnutzung zu keiner unangemessenen Gesamtausstattung (Gesamtentlohnung) des Geschäftsführers geführt hat. ().

Wie oben ausgeführt, kam es im Beschwerdezeitraum zu keiner unangemessenen Gesamtausstattung des Geschäftsführers ***3***. Damit war der Vorsteuerabzug für die Kosten aus der Errichtung der Geschäftsführerwohnung gem. § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 zu gewähren.

2. Der Geschäftsführer ***3*** erbrachte seine Arbeitsleistung im Beschwerdezeitraum (auch) als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der Wohnung. Es lag sohin ein tauschähnlicher Umsatz iSd § 4 Abs. 6 UStG 1994 vor.

Gemäß dieser Bestimmung gilt bei tauschähnlichen Umsätzen der Wert jedes Umsatzes als Entgelt für den anderen Umsatz. Der Wert der Überlassung der Wohnungsnutzung mit dem Marktpreis anzusetzen (). Ein "Marktpreis" setzt voraus, dass für die betreffende Wohnung ein funktionierender Mietenmarkt existiert, was, wie oben ausgeführt, im Beschwerdefall zu verneinen war. Als "angemessene Miete" war daher im Beschwerdefall eine Renditemiete zu ermitteln (vgl. zB Lachmayer, SWK 3/2021, 119; Zorn, ÖStZ 2021/73; jeweils mit zahlreichen Verweisen auf VwGH-Rspr.), wobei als Renditesatz gegenständlich 3 % als angemessen erachtet werden.

Da eine Wohnungsnutzung im Beschwerdejahr 2009 (- - Anm.) nicht stattgefunden hat, lag in diesem Zeitraum kein tauschähnlicher Umsatz vor; ein solcher war erst ab Jänner 2010 anzunehmen. Aufgrund des abweichenden Wirtschaftsjahres 01.09.-31.08. hatte für das Beschwerdejahr 2010 eine lediglich aliquote Erfassung von Wohnungsnutzungsentgelten zum ermäßigten Steuersatz gem. § 10 Abs. 1 Z. 4 UStG 1994 zu erfolgen.

V. Steuerberechnung

[...]

1.1. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage war gegenständlich nicht zu lösen, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.3100411.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
VAAAF-44886