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VwGH 20.01.2025, Ra 2023/13/0180

VwGH 20.01.2025, Ra 2023/13/0180

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
RS 1
Die "Gebäude-AfA" gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 steht nur dem wirtschaftlichen Eigentümer zu (vgl. etwa ; , 91/13/0074, jeweils mwN).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofräte MMag. Maislinger und Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lukacic-Marinkovic, über die Revision der W in W, vertreten durch Ainedter & Ainedter, Rechtsanwälte in 1020 Wien, Taborstraße 24A, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7101408/2021, betreffend Einkommensteuer 2017, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 teilweise - in einem nicht revisionsgegenständlichen Punkt - Folge und änderte den Bescheid ab. Es sprach weiters aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

2 Das Bundesfinanzgericht führte - soweit für das Revisionsverfahren relevant - im Wesentlichen aus, die Revisionswerberin habe mehrere vermietete Liegenschaften (insgesamt 14), die sie entweder im Erbwege oder entgeltlich erworben habe, mit Vertrag vom  ihrem Sohn geschenkt. Im Schenkungsvertrag sei hinsichtlich dieser Liegenschaften ein Fruchtgenussrecht für die Revisionswerberin vereinbart worden, wobei sie sämtliche Aufwendungen und Auslagen zu tragen habe und das Fruchtgenussrecht zu verbüchern sei. Das Fruchtgenussrecht sei auch im Grundbuch eingetragen worden.

3 Ein Veräußerungs- und Belastungsverbot sei weder vereinbart - auch nicht mündlich - noch verbüchert worden. Nach den Angaben der Revisionswerberin sei im Entwurf zum Schenkungsvertrag ein Belastungs- und Veräußerungsverbot vorgesehen gewesen, letztlich sei jedoch aufgrund befürchteter Schwierigkeiten bei der Kreditaufnahme für die Sanierung der Liegenschaften davon abgesehen worden.

4 Die Liegenschaften seien durch eine Hausverwaltungs-GmbH (T W GmbH), deren Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der Sohn der Revisionswerberin sei, verwaltet worden.

5 Der Revisionswerberin komme weder die Chance von Wertsteigerungen zu noch treffe sie das Risiko von Wertminderungen der betreffenden Liegenschaften. Dies habe sie auch nicht behauptet. Eine Wertminderung der Liegenschaften habe nicht festgestellt werden können.

6 Im Dezember 2016 sei eine Vereinbarung zwischen der Revisionswerberin und ihrem Sohn über die Zahlung einer jährlichen Substanzabgeltung (zuzüglich Umsatzsteuer) ab 2016 abgeschlossen worden. Diese dem Finanzamt vorgelegte Vereinbarung sei aufgrund einer - von der Revisionswerberin ihrem Sohn erteilten - Vollmacht abgeschlossen worden und sei ein - wenn auch zivilrechtlich gültiges - Insich-Geschäft. Die Vereinbarung sei allerdings fremdunüblich.

7 Die Zahlungen für die Substanzabgeltung seien von einem von der T W GmbH verwalteten, aber der Beschwerdeführerin zuzurechnenden Konto überwiesen worden. Über jenes Konto würden sämtliche Einnahmen und Ausgaben im Zusammenhang mit den geschenkten Liegenschaften fließen. Im verfahrensgegenständlichen Jahr 2017 habe der Sohn der Revisionswerberin für jede der betroffenen Liegenschaften die vereinbarte Substanzabgeltung zuzüglich Umsatzsteuer gesondert in Rechnung gestellt, es sei jedoch nur der Nettobetrag überwiesen worden. Insofern mangle es an einer fremdüblichen Durchführung der Vereinbarung.

8 In rechtlicher Hinsicht führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, zur Geltendmachung der AfA sei nur der wirtschaftliche Eigentümer (des betreffenden Wirtschaftsguts) berechtigt, wobei in der Regel der zivilrechtliche Eigentümer auch wirtschaftlicher Eigentümer sei. Auch ein Fruchtgenussberechtigter könne nur dann die AfA geltend machen, wenn er als wirtschaftlicher Eigentümer anzusehen sei. Ein Fruchtgenussrecht alleine, oder selbst in Kombination mit einem Belastungs- und Veräußerungsverbot begründe noch kein vom zivilrechtlichen Eigentum abweichendes wirtschaftliches Eigentum an Liegenschaften.

9 Im vorliegenden Fall seien dem Schenkungsvertrag vom , mit dem auch das Fruchtgenussrecht der Revisionswerberin geregelt worden sei, keine Vereinbarungen - insbesondere betreffend das Risiko einer Wertminderung und die Chance, an Wertsteigerungen der Liegenschaften zu partizipieren - zu entnehmen, die ein wirtschaftliches Eigentum der Revisionswerberin an den übertragenen Liegenschaften begründen könnten. Insgesamt sei unter Würdigung aller Umstände das wirtschaftliche Eigentum durch den Vorbehaltsfruchtgenuss beim zivilrechtlichen Eigentum verblieben und mit der Schenkung auf den Sohn der Revisionswerberin übergegangen. Eine Möglichkeit, die AfA in Anspruch zu nehmen, bestehe für die Revisionswerberin daher nicht.

10 Zur Frage der Werbungskosteneigenschaft der durch die Revisionswerberin geleisteten Substanzabgeltungsbeträge führte das Bundesfinanzgericht zunächst - auf das Wesentliche zusammengefasst - aus, einem Fruchtgenussbesteller komme alleine aufgrund der Zahlung einer Substanzabgeltung durch den Fruchtgenussberechtigten keine Einkunftsquelle zu, weil - aufgrund des Vorliegens von Einnahmen und Ausgaben in derselben Höhe - schon objektiv betrachtet keine Möglichkeit bestehen würde, Überschüsse zu erzielen. Nach der Vereinbarung vom Dezember 2016 habe die Revisionswerberin eine Substanzabgeltung „zur Abgeltung für die Abnützung der Gebäude“ zu leisten. Derartige Aufwendungen seien aber in § 16 Abs. 1 EStG 1988 nicht enthalten und würden auch dem Konzept der Überschusseinkünfte nicht entsprechen. Diese Zahlungen würden nicht deshalb geleistet, um eine Gegenleistung - das Fruchtgenussrecht - zu erhalten bzw. zu behalten, sondern um den Verlust der AfA zu kompensieren, womit die Substanzabgeltung nichts anderes sei, als eine Ausgabe für die Wertminderung des Wirtschaftsgutes Gebäudes. Derartige Ausgaben seien aber nur im Sinne einer Gebäude-AfA gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988 als Werbungskosten abzugsfähig. Ein Werbungskostenabzug für die geltend gemachte Zahlung für Substanzabgeltung komme schon aus diesem Grund nicht in Betracht.

11 Unter Verweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Anerkennung von Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen führte das Bundesfinanzgericht weiters aus, nach der Vereinbarung vom Dezember 2016 habe sich die Revisionswerberin (Geschenkgeberin) zusätzlich zur schenkungsweisen Übertragung von beträchtlichen Vermögensbestandteilen (14 Zinshäuser) vier Jahre nach dieser Schenkung gegenüber dem Geschenknehmer (ihrem Sohn) zusätzlich verpflichtet, ihm jährlich einen hohen Betrag (rund 88.000 €) zuzüglich Umsatzsteuer zu bezahlen. Zwar sei die Schenkung von Zinshäusern unter Zurückbehaltung eines Fruchtgenussrechtes unter nahen Angehörigen nicht ungewöhnlich, verfahrensgegenständlich sei allerdings die Frage, ob die Vereinbarung einer Substanzabgeltung vier Jahre nach der Schenkung, die zu erheblichen jährlichen Ausgaben der Revisionswerberin führe und ohne ersichtlichen außersteuerlichen Grund abgeschlossen worden sei, noch fremdüblich sei.

12 Die Vereinbarung über die Substanzabgeltung sei von der bzw. für die Revisionswerberin freiwillig abgeschlossen worden. Die Bestimmung des § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 siehe ein Abzugsverbot für freiwillige Zuwendungen und Zuwendungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen vor, auch wenn die Zuwendungen auf einer verpflichtenden Vereinbarung beruhten. Freiwillige Zuwendungen seien Leistungen, denen keine wirtschaftliche Gegenleistung des Empfängers gegenüberstehe und die ohne zwingende rechtliche Verpflichtung des Gebers getätigt würden. Die Vereinbarung vom Dezember 2016 sehe keine Gegenleistung durch den Geschenknehmer vor und sei vier Jahre nach der Schenkung freiwillig abgeschlossen worden. Bereits mangels Fremdüblichkeit könnten auf Grund dieser Vereinbarung keine Werbungskosten geltend gemacht werden.

13 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein. Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

14 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

15 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

16 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

17 Im vorliegenden Revisionsfall ist ausschließlich die Frage strittig, ob die Revisionswerberin die im Jahr 2017 an ihren Sohn geleisteten Zahlungen für „Substanzabgeltung“ als Werbungskosten im Rahmen der von ihr erzielten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung - von im zivilrechtlichen Eigentum ihres Sohnes stehenden Liegenschaften, an denen sie ein Fruchtgenussrecht hatte - geltend machen kann.

18 Das Bundesfinanzgericht hat diese Zahlungen nicht als Werbungskosten eingestuft, und zwar einerseits, weil die Zahlungen als Ausgaben für die Wertminderung der betreffenden Liegenschaften (Gebäude) anzusehen seien und derartige Ausgaben gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 nur in der Form der - der Revisionswerberin nicht zustehenden - Absetzung für Abnutzung (AfA) abzugsfähig seien, andererseits (alternativ) aber auch, weil die vertragliche Grundlage für diese Zahlungen - die Vereinbarung vom Dezember 2016 - nicht fremdüblich sei.

19 Die Revisionswerberin wendet sich in der Zulässigkeitsbegründung nicht gegen diese beiden Begründungsstränge des Bundesfinanzgerichtes. Sie behauptet weder, dass die geleisteten Zahlungen nicht als Ausgaben für die Wertminderung der Liegenschaften anzusehen seien, noch, dass die Vereinbarung vom Dezember 2016 entgegen der Beurteilung des Bundesfinanzgerichtes doch fremdüblich ausgestaltet sei. Ebenso wenig behauptet sie, wirtschaftliche Eigentümerin der verfahrensgegenständlichen Liegenschaften - und damit zur Geltendmachung der AfA berechtigt - zu sein.

20 Ist aber die vertragliche Grundlage für die Zahlungen der Revisionswerberin an ihren Sohn als nicht fremdüblich anzusehen - insbesondere aufgrund der Tatsache, dass die entsprechende Vereinbarung mehrere Jahre nach Übertragung der Liegenschaften durch die Revisionswerberin unter Einräumung („Zurückbehaltung“) des Fruchtgenussrechtes abgeschlossen wurde (eine Beurteilung, die sich auf dem Boden der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bewegt; vgl. ; vgl. dazu etwa auch Zorn, RdW 2024, 716) -, stellt sich die Frage nach der ertragsteuerlichen Anerkennung einer „Substanzabgeltung“ von vornherein nicht. Der von der Revisionswerberin als Zulassungsgrund angeführte Umstand der fehlenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur „Substanzabgeltung“ kann daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung begründen.

21 Die Revisionswerberin trägt in der Zulässigkeitsbegründung unter der Überschrift „a) Streitpunkt 1: Gebäude-AfA I“ umfangreich vor, weshalb die angefochtene Entscheidung ihrer Ansicht nach im Hinblick auf die „AfA-Frage“ (bzw. „Gebäude-AfA“ oder „AfA-Berechtigung“) rechtswidrig sei. Darin erblickt sie im Wesentlichen Verfahrensfehler des Bundesfinanzgerichtes (Feststellungsmängel, Aktenwidrigkeit) und macht einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben geltend. Mit diesen Ausführungen kann die Revisionswerberin allerdings schon deshalb keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung aufzeigen, weil die „Gebäude-AfA“ gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 - wie vom Bundesfinanzgericht zutreffend dargelegt - nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dem wirtschaftlichen Eigentümer zusteht (vgl. etwa ; , 91/13/0074, jeweils mwN; vgl. auch Kirchmayr/Geringer, in Doralt et al, EStGCOVID § 7 Tz 10, sowie Zorn in Doralt et al, EStG21 § 16 Tz 143). Gegen die Beurteilung des Bundesfinanzgerichtes, sie sei nicht wirtschaftliche Eigentümerin der verfahrensgegenständlichen Liegenschaften, wendet sich die Revisionswerberin, wie bereits ausgeführt, aber nicht.

22 Soweit die Revisionswerberin mehrfach ins Treffen führt, das Bundesfinanzgericht sei (hinsichtlich der Zahlungen für Substanzabgeltung) von der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes abgewichen - es habe diese „ausgeblendet oder übersprungen und solcherart die mit dem Finanzamt außer Streit gestellte AfA wieder zum Thema gemacht“ - und die angefochtene Entscheidung sei (offenbar) ihrer Ansicht nach schon deshalb rechtswidrig, scheint sie zu übersehen, dass gemäß § 279 Abs. 1 BAO das Verwaltungsgericht (außer in den Fällen des § 278 BAO) immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden hat und berechtigt ist, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

23 Unter der Überschrift „b) Streitpunkt 2: Substanzabgeltung“ der Zulässigkeitsbegründung wendet sich die Revisionswerberin gegen die Anwendung des Abzugsverbotes gemäß § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 durch das Bundesfinanzgericht und macht in diesem Zusammenhang einen Verstoß gegen das Überraschungsverbot geltend. Das Bundesfinanzgericht hat die von der Revisionswerberin geleisteten Zahlungen allerdings nicht aufgrund des genannten Abzugsverbotes nicht als Werbungskosten anerkannt, sondern tragend (u.a.) „bereits mangels Fremdüblichkeit“.

24 In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am

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ECLI
ECLI:AT:VWGH:2025:RA2023130180.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
JAAAF-44864