TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.01.2025, RV/6100381/2024

Nachweis von Werbungskosten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin ***Bf1*** (in Folge Bf.) war 2017 als Landeslehrerin tätig. In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2017 machte sie Folgendes geltend:
Sonderausgaben:
Aufwendungen für Personenversicherungen 1.260,00 €
Aufwendungen für Wohnraumschaffung/-sanierung 12.865,00 €


  • Werbungskosten:
    Arbeitsmittel 420,00 €
    Fachliteratur 520,00 €
    Berufliche veranlasste Reisekosten 830,00 €

    Außergewöhnliche Belastungen:
    Krankheitskosten 720,00 €

    Weiters begehrte sie die Zuerkennung des erhöhten Pensionistenabsetzbetrags, des Freibetrags gemäß § 105 EStG und des Mehrkindzuschlags.

2. Mit einem Ergänzungsschreiben vom forderte das Finanzamt die Bf. auf, die geltend gemachten Kosten für Sonderausgaben, Werbungskosten und außergewöhnlichen Belastungen mit Frist bis zum zu belegen. Es wurde konkret um die Belege und einer genauen Kostenaufstellung, wie sich die Gesamtsumme (inkl. Datum, Bezeichnung, Betrag) zusammensetzt, gebeten.
Es erfolgte keine Beantwortung dieses Schreibens.

3. Mit Bescheid vom wurde die Bf. zur Einkommensteuer 2017 veranlagt, wobei die von der Bf. geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen, Sonderausgaben und Werbungskosten aufgrund des Fehlens eines Nachweises nicht berücksichtigt werden konnten. Auch der erhöhte Pensionistenabsetzbetrag wurde nicht anerkannt.
Zeitgleich mit dem Einkommensteuerbescheid 2017 erging am ein Bescheid über die Abweisung des Antrages auf den Mehrkindzuschlag.

4. Gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 und den Bescheid über den Mehrkindzuschlag wurde mit Beschwerde erhoben. Die Bf. führte aus, dass ihr der Bescheid zugestellt, aber keiner der von ihr im Zuge der Veranlagung aufgelisteten Absetzbeträge berücksichtigt worden sei. Eine Aufforderung zur Erbringung von Nachweisen hätte sie nicht erhalten. Zudem sei der Pensionistenabsetzbetrag nicht berücksichtigt worden, obwohl sie im Jahre 2017 mehr als 6 Monate verheiratet gewesen sei.

5. Am erging erneut ein Ergänzungsschreiben des Finanzamtes mit der Bitte um Nachweis der von der Bf. geltend gemachten Kosten für Sonderausgaben, Werbungskosten und außergewöhnlichen Belastungen. Auch dieses Schreiben blieb unbeantwortet.

6. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde zurückgewiesen, weil die Beschwerdefrist gemäß § 245 BAO bereits abgelaufen war.

7. Am brachte die Bf. fristgerecht einen Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht ein und brachte vor, dass die Zurückweisung der Beschwerde unrichtig sei, weil die Beschwerdefrist gewahrt worden sei. Die Bescheide seien erst am zugestellt worden und die Beschwerde sei fristgerecht beim Finanzamt eingebracht worden.

8. Am erging abermals ein Ergänzungsersuchen des Finanzamtes, in welchem um Auskunft erbeten wurde, weshalb die Bf. erst am vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte.
Die Beantwortung erfolgte innerhalb der gesetzten Frist. Die Bf. teilte der belangten Behörde mit, dass sie die späte Zustellung nicht erklären könne. Sie könne lediglich die Auskunft geben, dass die Zustellung erst am erfolgt sei.

9. Am erging neuerlich ein Vorhalt des Finanzamtes mit Ersuchen um Zusendung der benötigten Nachweise. Die Bf. antwortete innerhalb offener Frist, dass es ihr derzeit nicht möglich wäre, die Nachweise zu beschaffen, da ihr Ehemann sie aus der ehelichen Wohnung geworfen und die Schlösser getauscht habe.

10. Der sechste und letzte Vorhalt des Finanzamtes erging am mit dem Ersuchen, der Abgabenbehörde mitzuteilen, zu welchem Zeitpunkt sie die geforderten Unterlagen beibringen kann.

11. In Reaktion darauf stellte die Bf. einen Antrag auf Fristverlängerung, mit der Begründung, dass sie die Unterlagen voraussichtlich erst im Jänner/Februar 2025 vorlegen könne.

12. Der Antrag auf Fristverlängerung wurde am mit der Begründung abgewiesen, dass die Bf. seit Erlassung des Erstbescheides bereits rund 1,5 Jahre zur Verfügung hatte, um die von ihr benötigten Nachweise nachzureichen. Außerdem wäre eine Fristverlängerung unzweckmäßig, da dadurch das gegenständliche Verfahren lediglich verzögert werde.

13. Am erging die Beschwerdevorentscheidung bezüglich der Beschwerde gegen den abweisenden Bescheid über den Mehrkindzuschlag vom .

14. Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte die Abweisung.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf. ist im Jahr 1962 geboren.

Die Bf. bezog im Jahr 2017 noch keine Pensionseinkünfte.

Weder die Antragswerberin Frau ***Bf1*** noch ihr Ehepartner bezogen im Veranlagungsjahr 2017 für mehr als zwei Kinder Familienbeihilfe.

Die Bf. hat die Fragenvorhalte des Finanzamtes nur unzureichend oder gar nicht beantwortet und keine Nachweise für geltend gemachten Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen erbracht.

Bereits bei der Veranlagung der Einkommensteuer für 2016 hatte die Bf. Topfsonderausgaben, Werbungskosten und außergewöhnlichen Belastungen geltend gemacht. Auch in jenem Verfahren blieb ein Ergänzungsersuchen des Finanzamtes unbeantwortet, weshalb das Finanzamt diese Ausgaben nicht anerkannte. Beschwerde wurde gegen jenen Bescheid nicht erhoben.

2. Beweiswürdigung

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt basiert auf den vom Finanzamt mit dem Vorlagebericht vorgelegten Akten und den Abfragen im Abgabeninformationssystem des Bundes und kann als erwiesen angenommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

3.1.1. Nachweis der Werbungskosten, Topfsonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen

Gemäß § 167 Abs 2 BAO hat das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Grundsätzlich sind nach § 115 Abs 1 BAO die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse amtswegig zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind.

  • Die Abgabenbehörde trägt zwar die Feststellungslast für alle Tatsachen, die vorliegen müssen, um einen Abgabenanspruch geltend machen zu können, doch befreit dies die Partei nicht von ihrer Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht (zB ; , 2001/14/0187; , 2007/15/0292).
    Die amtswegige Ermittlungspflicht der Abgabenbehörden besteht innerhalb der Grenzen ihrer Möglichkeiten und des vom Verfahrenszweck her gebotenen und zumutbaren Aufwandes (; , 2005/17/0088; , 2006/13/0136).

  • Die Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes findet dort ihre Grenze, wo nach Lage des Falles nur die Partei Angaben zum Sachverhalt machen kann (, 94/15/0181; ).

  • Die Bf. wurde mehrmals vergeblich von der belangten Behörde aufgefordert die steuerlichen Abzugsposten nachzuweisen.
    Bereits bei der Veranlagung der Einkommensteuer für 2016 hatte die Bf. Topfsonderausgaben, Werbungskosten und außergewöhnlichen Belastungen geltend gemacht. Auch in jenem Verfahren blieb ein Ergänzungsersuchen des Finanzamtes unbeantwortet, weshalb das Finanzamt diesen Ausgaben die Anerkennung versagte.

  • Da die Bf. die Mitwirkungspflicht nicht erfüllte, war in freier Beweiswürdigung nach der Aktenlage zu entscheiden.
    Nach der Aktenlage ergeben sich keine Hinweise, dass der Bf. die erklärten Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen zuzuerkennen wären.

3.1.2. Mehrkindzuschlag

Gemäß. § 9 FLAG haben Personen, welche Familienbeihilfe beziehen, zusätzlich für jedes ständig im Bundesgebiet lebende dritte und weitere Kind Anspruch auf Mehrkindzuschlag. Der Anspruch auf Mehrkindzuschlag ist abhängig vom Anspruch auf Familienbeihilfe und vom Einkommen des Kalenderjahres, das vor dem Kalenderjahr liegt, für das der Antrag auf Gewährung des Mehrkindzuschlages gestellt wird.

Da weder die Bf. noch ihr Ehepartner im Veranlagungsjahr 2017 für mehr als zwei Kinder Familienbeihilfe bezogen, hat das Finanzamt zu Recht keinen Mehrkindzuschlag gewährt.

3.1.3. Amtsbescheinigung und Opferausweis

Personen, die als Opfer des Kampfes um ein freies, demokratisches Österreich oder als Opfer der politischen Verfolgung in der Zeit vom bis zum anzusehen sind (§ 1 Abs 1 und 2 OpferfürsorgeG), wird auf Antrag vom Landeshauptmann nach § 4 OpferfürsorgeG eine Amtsbescheinigung bzw ein Opferausweis ausgestellt. Dies ist materielle Voraussetzung für die Gewährung des Freibetrags nach § 105. Er steht nur unbeschränkt Steuerpflichtigen (s § 102 Abs 2 Z 3) und nur diesen persönlich (also nicht für den Ehegatten) zu.
Die Bf. wurde im Jahr 1962 geboren und daher nicht bis zum politisch verfolgt, deshalb konnte der Freibetrag nicht berücksichtigt werden.

3.1.4. Pensionistenabsetzbetrag

Da die Bf. im Veranlagungsjahr 2017 noch keine Pensionseinkünfte bezog, steht ihr kein Pensionistenabsetzbetrag zu, auch wenn sie für sechs Monate verheiratet war.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung waren nicht zu lösen, weshalb keine ordentliche Revision zuzulassen war.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 115 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.6100381.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
QAAAF-44652