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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.12.2024, RV/4100419/2021

(Differenz)Werbungskosten iZm beruflich veranlassten Reisen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Melanie Maier in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (in der Folge: Bf.) reichte die Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2019 am elektronisch ein und beantragte die Berücksichtigung von pauschalierten Werbungskosten für die Berufsgruppe der Vertreter. Die Veranlagung erfolgte mit Bescheid vom erklärungsgemäß. Die Einkommensteuer wurde mit einer Gutschrift in Höhe von 2.637,00 Euro festgesetzt.

Mit Bescheid gemäß § 299 BAO vom wurde dieser Einkommensteuerbescheid aufgehoben und ein neuer Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2019 erlassen. Grund für die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides vom und für die Erlassung eines neuen Einkommensteuerbescheides war die Übermittlung einer Mitteilung über ausländische Einkünfte in Höhe von 2.392,96 Euro am . Im Bescheid vom wurden auch die pauschalierten Werbungskosten für die Berufsgruppe der Vertreter für den Zeitraum - nicht mehr in Ansatz gebracht. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, der Bf. übe keine vertretertypische Tätigkeit aus. Die Einkommensteuer wurde in Höhe von -411,00 Euro festgesetzt.

Dagegen wendet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde. Der Bf. brachte vor, dass er seinen Antrag hinsichtlich der Werbungskosten abändere und nunmehr die Berücksichtigung von Werbungskosten in Höhe von 1.395,47 Euro für ein Arbeitszimmer und in Höhe von
423,00 Euro für Internetnutzung beantrage.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab die belangte Behörde der Beschwerde teilweise statt und berücksichtigte die Internetkosten von 423,00 Euro, nicht jedoch die Kosten des Arbeitszimmers. Begründend angeführt wurde, dass nicht alle Voraussetzungen für ein steuerlich anzuerkennendes Arbeitszimmer erfüllt seien. Insbesondere bilde das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit, dies ergebe sich aus den Ausführungen des Bf. und der Bestätigung seines Arbeitsgebers. Die Einkommensteuer für das Jahr 2019 wurde in Höhe von -557,00 Euro festgesetzt.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag vom beantragte der Bf. erstmals Reisekosten in Höhe von 6.213,30 Euro. Mit Ergänzungsersuchen vom und wurde der Bf. aufgefordert, die im Vorlageantrag genannte (aber nicht übermittelte) Aufstellung der Reisekosten sowie die entsprechenden Belege der Reisekosten nachzureichen und mitzuteilen, ob und in welcher Höhe Reisekostenersätze durch den Arbeitgeber geleistet wurden. Der Bf. legte eine Aufstellung der Reisekosten sowie Reisebelege, ein Fahrtenbuch und seine Reisekostenabrechnungen mit dem Arbeitgeber vor. Weiters teilte der Bf. mit, dass die Taggelder für Reisen mit mehr als 3 Stunden und nach 1/12 für jede angebrochene Reisestunde berechnet seien. Der Anteil der eintägigen Reisen (in der Reisekostenaufstellung grau markiert) betrage 440,00 Euro. Der Bf. teilte auch mit, dass ein Ort, der innerhalb von 6 Monaten mehr als 5 Mal bereist worden sei, aus der Aufstellung genommen wurde. Die Übernachtungen in ***1*** seien im Kleingartenhaus des Bf. erfolgt. Das Beschwerdebegehren, Werbungskosten in Höhe von 1.395,47 Euro für ein Arbeitszimmer zu berücksichtigen, wurde nicht aufrechterhalten.

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beatragte die teilweise Stattgabe. Die Reisen des Bf. seien durch die vorgelegten Reiseunterlagen grundsätzlich nachvollziehbar. Zur Höhe der Reisekosten werde auf das Ersuchen um Ergänzung vom und die Beantwortung vom hingewiesen. Ergänzend werde festgehalten, dass nach Ansicht des Finanzamtes neben der Kürzung der Tagesgelder für Reisen nach ***2*** auch eine Kürzung der Tagesgelder für Reisen nach ***3***, ***1*** und ***4*** auf Grund der 5 - 15 Tagesregel (durchgehender Einsatz und unregelmäßiger Einsatz) vorzunehmen sei. Da dem Bf. durch den Arbeitgeber zum Teil Essensaufwendungen (ohne Werbecharakter) vergütet worden seien, sei auch diesbezüglich eine Kürzung der beantragten Tagesgelder vorzunehmen. Hinsichtlich der Internetkosten von 423,00 Euro werde auf die stattgebende Beschwerdevorentscheidung vom hingewiesen.

Mit Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom wurde die belangte Behörde aufgefordert, die ihrer Ansicht nach Ansicht vorzunehmenden Kürzungen konkret darzulegen sowie mitzuteilen, inwieweit die geltend gemachten Reisekosten der Höhe nach anzuerkennen sind. In der Vorhaltsbeantwortung vom führte die belangte Behörde aus, dass die vom Bf. vorgelegte Aufstellung der Tagesdiäten überprüft und um die Tagesdiäten ***2*** gekürzt worden sei. Bei den anderen angeführten Reisen nach ***3***, ***1*** und ***4*** ergäbe sich weder ein zusammenhängender Zeitraum von 5 Tagen noch eine 15-malige Dienstreise zum selben Einsatzort. Die vom Dienstgeber ersetzten Essensaufwendungen seien vom Bf. bereits korrigiert worden. Laut beiliegender Berechnung seien daher Aufwendungen in Höhe von insgesamt 5.742,63 als Werbungskosten anzuerkennen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. ist seit für die ***5*** als Area Business Development Manager tätig. Im Zuge dieser Tätigkeit ist er zur Anbahnung von Geschäftsabschlüssen und zur Kundenakquise berechtigt. Dadurch hat er im Beschwerdejahr den Großteil seiner Tätigkeit im Außendienst zugebracht. Die restliche Zeit diente für vor- und nachbereitende Tätigkeiten. Der Bf. hat, sofern er nicht auswärts tätig war, in seiner Wohnung gearbeitet. An der Betriebsstätte der ***5*** verfügte der Bf. über keinen Arbeitsplatz.

Im Zusammenhang mit den im Beschwerdejahr absolvierten Dienstreisen im In- und Ausland hat der Bf. die Berücksichtigung von Nächtigungs- und Tagesgeldern in Höhe von 6.213,30 Euro begehrt. Die Daten der beruflich veranlassten Reisen sowie Höhe der Tagesgelder abzüglich Reisekostenersätze des Dienstgebers sind aus den vom Bf. vorgelegten Unterlagen nachvollziehbar. Die Nächtigungsgelder wurden für Übernachtungen im eigenen Kleingartenhaus in ***1*** geltend gemacht. Nach Auffassung der belangten Behörde sind 5.742,63 Euro als Werbungskosten anzuerkennen.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zum Dienstverhältnis des Bf. ergeben sich aus der aktenkundigen Bestätigung des Dienstgebers vom .

Wie der Bf. die geltend gemachten Werbungskosten ermittelt hat, ergibt sich aus den aktenkundigen Unterlagen. Der Bf. hat eine Aufstellung der Reisen samt Kosten, Belegen, Fahrtenbuch und Reisekostenabrechnungen mit dem Dienstgeber vorgelegt. Die belangte Behörde hat die vom Bf. vorgelegte Aufstellung der Tagesdiäten überprüft und um insgesamt 470,67 Euro für Dienstreisen nach ***2*** ab gekürzt. Dies ergibt sich aus der Vorhaltsbeantwortung vom .

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Teilweise Stattgabe)

Vorweg ist festzuhalten, dass das ursprünglich beantragte Vertreterpauschale sowie die in der Beschwerde geltend gemachten Aufwendungen für ein Arbeitszimmer im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht nicht mehr begehrt wurden. Die vom Bf. beantragten Werbungskosten in Höhe von 423,00 Euro für Internet wurden von der belangten Behörde bereits in der Beschwerdevorentscheidung anerkannt. Strittig war daher im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht, in welchem Ausmaß die erstmals im Vorlageantrag geltend gemachten Reisekosten in Höhe von 6.213,30 Euro anzuerkennen sind.

Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 Z 9 auch Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Verpflegung und Unterkunft bei ausschließlich beruflich veranlassten Reisen. Diese Aufwendungen sind ohne Nachweis ihrer Höhe als Werbungskosten anzuerkennen, soweit sie die sich aus § 26 Z 4 ergebenden Beträge nicht übersteigen. Dabei steht das volle Taggeld für 24 Stunden zu. Höhere Aufwendungen für Verpflegung sind nicht zu berücksichtigen.

Gemäß § 26 Z 4 lit. b EStG 1988 (in der für das Beschwerdejahr geltenden Fassung) darf das Tagesgeld für Inlandsdienstreisen bis zu 26,40 Euro pro Tag betragen. Dauert eine Dienstreise länger als drei Stunden, so kann für jede angefangene Stunde ein Zwölftel gerechnet werden. Wenn bei einer Inlandsdienstreise keine höheren Kosten für Nächtigung nachgewiesen werden, kann gemäß § 26 Z 4 lit. c leg. cit. als Nächtigungsgeld einschließlich der Kosten des Frühstücks ein Betrag bis zu 15 Euro berücksichtigt werden.

Gewährt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für eine Dienstreise nicht das nach § 26 Z 4 EStG höchst zulässige Tages- bzw. Nächtigungsgeld, dann kann der Arbeitnehmer den Differenzbetrag im Rahmen der Werbungskosten geltend machen, wenn gleichzeitig eine Reise iSd § 16 Abs. 1 Z 9 EStG vorliegt. Dabei gelten die durch die Judikatur geprägten strengen Voraussetzungen für beruflich veranlasste Reisen.

Der Verwaltungsgerichtshof legt den Begriff der Reise danach aus, ob auf Grund des Ortswechsels gegenüber dem Ort der ständigen Tätigkeit ein Verpflegungsmehraufwand dem Grunde nach angenommen werden muss. Eine Reise liegt nach der einhelligen Judikatur vor, wenn sich der Steuerpflichtige aus beruflichem Anlass vom Mittelpunkt seiner Tätigkeit entfernt ohne dass dadurch der bisherige Mittelpunkt der Tätigkeit aufgegeben wird; die Entfernung muss mehr als 25 km betragen und die Dauer der Reise muss über drei Stunden andauern; dabei darf kein weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet werden. Da sich auch Steuerpflichtige, die nicht auf Reisen sind, regelmäßig "außer Haus" verpflegen, sieht die Rechtsprechung den Grund für Mehraufwendungen von Steuerpflichtigen auf Reisen im Bereich der Verpflegung in der (in der Anfangsphase gegebenen) unzureichenden Kenntnis über die Gastronomie am Reiseort. In einer typisierenden Betrachtung nimmt die Rechtsprechung an, dass der Steuerpflichtige auf (beruflicher oder betrieblicher) Reise vor Ort keine Zeit findet, günstige Verpflegungsmöglichkeiten ausfindig zu machen und auch keine Vorkenntnisse darüber hat. Nicht jeder Aufenthalt an einem Ort macht diesen zum Mittelpunkt einer Tätigkeit und steht damit der Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwand entgegen; zu einem (weiteren) Mittelpunkt der Tätigkeit wird ein Ort aufgrund längeren durchgehenden Aufenthaltes oder aufgrund wiederkehrenden Einsatzes über einen längeren Zeitraum (Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG24 § 16 Tz 172ff. mit Judikaturhinweisen).

Der Bf. hat im Beschwerdejahr diverse berufliche veranlasste Reisen im In- und Ausland absolviert. Nach Auffassung der belangten Behörde sind von den beantragten Reisekosten insgesamt 470,67 Euro nicht anzuerkennen. Dabei handelt es sich um einen Teil der Tagesgelder, die der Bf. für Reisen nach ***2*** geltend gemacht hat. Das Bundesfinanzgericht schließt sich dieser Auffassung an, da aufgrund des wiederkehrenden Einsatzes über einen längeren Zeitraum von einem (weiteren) Mittelpunkt der Tätigkeit in ***2*** auszugehen ist. Für die Reisen an andere Orte ergibt sich kein (weiterer) Mittelpunkt der Tätigkeit, sodass die geltend gemachten Tagesgelder anzuerkennen sind. Zudem sind die pauschalen Nächtigungskosten für Übernachtungen im eigenen Kleingartenhaus in ***1*** zu berücksichtigen.

Folgende Werbungskosten werden durch das Bundesfinanzgericht anerkannt:
Internetkosten 423,00 Euro (wie in der BVE)
Reisekosten 5.742,63 Euro (bisher Null).

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen grundsätzliche Bedeutung zukäme. Das Bundesfinanzgericht orientierte sich an der höchstgerichtlichen Judikatur, wobei entscheidungswesentlich die in freier Beweiswürdigung vorgenommene Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes war.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.4100419.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
FAAAF-44485