Besteuerungsrecht an den Einkünften eines SAS-Piloten im Lichte des DBA Österreich-Dänemark
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/7100529/2019-RS1 | Die Bestimmung des Artikel 15 Absatz 4 DBA Österreich-Dänemark kann nach der hier vertretenen Auffassung nicht im Wege eines bloßen Umkehrschlusses dahingehend umgedeutet werden, dass die Ansässigkeit der betroffenen Person in Österreich zu einem zwingenden Besteuerungsrecht für Österreich führt. Vielmehr ist das Besteuerungsrecht in solchen Fällen nach Artikel 15 Absatz 3 DBA Österreich-Dänemark zu prüfen. |
RV/7100529/2019-RS2 | Aus der Bestimmung des Artikel 24 DBA Österreich-Dänemark ergibt sich zunächst, dass Österreich jene Einkünfte, die von einer in Österreich ansässigen Person bezogen und nach diesem DBA in Dänemark besteuert werden dürfen, von der Besteuerung ausnimmt. Eine Einschränkung darauf, dass diese Bestimmung nur dann zur Anwendung gelangen könne, wenn das Besteuerungsrecht ausschließlich Dänemark zugewiesen worden wäre (arg. Verwendung des Wortes "nur"), lässt sich aus dem Abkommenstext nicht ableiten. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Dr. Schuhmeister & Mag. Haydn GesbR, Bruck-Hainburger Straße 7, 2320 Schwechat, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf (nunmehr "Finanzamt Österreich") vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2015 zur Steuernummer ***Bf-StNr*** zu Recht:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
A.Einkommensteuerbescheid 2015, Beschwerde
Im Rahmen des am ergangenen Einkommensteuerbescheides 2015 wurde durch das belangte Finanzamt Einkommensteuer in Höhe von EUR 31.723,00 festgesetzt. Im Rahmen der - separat zugestellten - Bescheidbegründung wurde auszugweise wie folgt ausgeführt:
[…]
Als Schätzungsgrundlage für das Bruttogehalt 2015 wurde der Mittelwert der Bruttogehälter von 2009 und 2010 herangezogen, die letzten beiden Jahre, für die Lohnzettel der Scandinavian Airlines eingereicht worden sind.
Hinsichtlich der Ermittlung der steuerpflichtigen Gehaltsbestandteile sowie der Werbungskosten, also des Einkommens 2015, wurde weitgehend auf die Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes (GZ. RV/7101412/2012 vom ) für die Jahre 2007 bis 2009 Bezug genommen.
Während die Gehaltsbestandteile mit einer jährlichen Steigerung von 2% geschätzt worden sind, wurden die Flugkosten und die Ausgaben für die doppelte Haushaltsführung mit 4% p.a. indexiert. Auf die Indexierung weiterer Werbungskosten, deren tatsächliches Vorliegen weniger wahrscheinlich bzw. zwingend ist, wurde verzichtet.
[…]
Mit Schreiben der damaligen steuerlichen Vertretung vom wurde bekanntgegeben, daß der Abgabepflichtige nicht mehr in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig sei, da seine neue Adresse auf Malta läge.
Der Vorhalt des Finanzamtes, mit dem diese Angaben überprüft worden sind, wurde jedoch nur unzureichend beantwortet. Die Ehefrau entschlug sich einer Aussage zur Frage, wo ihr Ehemann tatsächlich seinen Wohnsitz hat.
Ein Grundbuchauszug zeigt, daß der Abgabepflichtige weiterhin zivilrechtlicher Eigentümer der Liegenschaft in der ***Straße***, ***Ort*** ist. Darüber hinaus befindet sich der Abgabepflichtige in aufrechter Ehe mit seiner Ehefrau (siehe die Niederschrift vom 9. und , Seite 7). Außerdem konnten die Vorhalte zur ESt 2015, Erinnerung ESt 2015-2016 und Beschwerde EVZ 2016 nicht erfolgreich an die maltesische Adresse zugestellt werden ("unknown"). Des Weiteren erfolgte die Zustellung des BFG Erkenntnisses an die österreichische Adresse.
Daher besteht, ungeachtet eines ansonsten ohnehin vorliegenden abgeleiteten Wohnsitzes bei seiner Ehefrau (siehe Ritz, BAO Kommentar, § 26, Tz 12), kein Zweifel daran, daß der Abgabepflichtige im maßgeblichen Zeitraum und auch weiterhin über einen tatsächlichen Wohnsitz in Österreich iSd § 26 Abs. 1 BAO verfügen konnte bzw. kann. Denn die polizeiliche Ab- und Anmeldung ist nicht entscheidend (siehe ; , 95/13/0150; , 99/15/0104; zitiert in Ritz, BAO Kommentar, § 26, Tz 7). Weiters gelang dem Abgabepflichtigen nicht der Nachweis eines Übergangs des Ansässigkeitsstaates, ja noch nicht einmal des tatsächlichen Vorliegens eines Wohnsitzes auf Malta.
Selbst wenn ein Wohnsitz auf Malta tatsächlich begründet worden wäre, wofür keine belastbaren Erkenntnisse vorliegen, stünde dies der Annahme eines inländischen Wohnsitzes und damit der unbeschränkten Steuerpflicht in Österreich nicht entgegen (vgl. , und UFSW, GZ RV/1127-W/09 vom ).
Österreich ist somit, nicht bloß angesichts der engen familiären Beziehungen, weiterhin als Ansässigkeitsstaat des Abgabepflichtigen anzusehen.
[…]
Mit Schreiben vom wurde durch den Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2015 erhoben.
Begründend wurde - auszugweise - ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2015 nicht als in Österreich steuerpflichtig zu qualifizieren sei, da er im Laufe des Jahres 2015 aus Österreich weggezogen sei. Es sei ihm völlig unverständlich, weshalb Österreich es nicht akzeptiere, dass er als Nichtösterreicher das Land verlasse. Zudem seien die Einnahmen deutlich überhöht geschätzt und die Werbungskosten deutlich zu niedrig berücksichtigt worden.
B. Beschwerdevorentscheidung, Vorlageantrag
Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2015 wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde - auszugsweise - wie folgt ausgeführt:
Sachverhalt:
Der Abgabepflichtige ist laut Grundbuchsauszug vom zu Hälfte Eigentümer des Grundstückes ***Straße*** in ***Ort***, diese dient auch der Ehefrau und denKinder als Wohnung wenn sich die Ehefrau in Österreich befindet. Auf Grund dieser Umstände wurde ein Einkommensteuerbescheid 2015 in der Höhe von 31.723,00€ auf Grund der unbeschränkten Steuerpflicht erlassen. In der Beschwerde vom führte der Abgabepflichtige unter anderem aus, dass dieser Norwegischer Staatsbürger sei, keinerlei Beziehungen zu Österreich habe, und von Österreich weggezogen sei. Der Abgabepflichtige ist am It Zentralem Melderegister von Österreich nach Malta verzogen. Die Ehefrau des Abgabepflichtigen gibt in der Befragung an, dass der Abgabepflichtige sich kaum in Österreich aufhält als auch keinerlei persönlichen Beziehung zu Österreich hat. Wenn der Abgabepflichtige in Österreich ist, dann aufgrund der Schwimmwettkämpfe seiner Kinder. Auch die Ehefrau selbst haltet sich aufgrund ihres Berufes als Flugbegleiterin und dass sie bei ihrem Mann in Malta ist, selten in Österreich auf. Die Kinder werden in dieser Zeit von den Eltern der Ehefrau als auch in einemSportinternat betreut. Wenn sich die Ehefrau in Österreich ist wohnt hält sich diese in der Wohnung in ***Ort*** ***Straße*** von welcher beide Eigentümer sind.
Auf Basis dieses Sachverhalts ist das belangte Finanzamt zum Ergebnis gelangt, dass der Beschwerdeführer über einen Wohnsitz iSd § 26 BAO verfüge und somit im Jahr 2015 gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 der unbeschränkten Steuerpflicht in Österreich unterliege.
Mit Schreiben vom wurde durch die rechtsfreundliche Vertretung des Beschwerdeführers ein Vorlageantrag eingebracht und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht beantragt.
Begründend wurde wie folgt ausgeführt:
Mit Beschwerdevorentscheidung vom , eingelangt am , wurde die Beschwerde gegen den Einkommenssteuerbescheid 2015 vom als unbegründet abgewiesen. In der Beschwerde vom hat der Beschwerdeführer hinreichend ausgeführt im Jahr 2015 keine steuerpflichtigen Einkünfte in Österreich gehabt zu haben. Als norwegischer Staatsbürger mit Wohnsitz in Malta weist der Beschwerdeführer mit Ausnahme der in Österreich getrennt lebenden Familienmitglieder, die er nur gelegentlich ca. 20-25 Tage im Jahr besucht, keinerlei Beziehungen zu Österreich auf. Die Abgabepflicht wird einzig darauf gestützt, dass der Beschwerdeführer Hälfteeigentümer des Grundstücks ***Straße*** in A-***Ort*** ist. Heuer war der Beschwerdeführer (siehe Niederschrift ***Ehefrau Bf***, Gattin des Beschwerdeführers) lediglich 6 Tage in Österreich. Ein abgeleiteter Wohnsitz von der Ehefrau liegt nicht vor. Ausschlaggebend ist der Mittelpunkt der Lebensinteressen, dieser liegt in Malta, wo der Beschwerdeführer einen eigenen Haushalt führt. Die auf die Wohnsitze entfallenden Aufenthaltszeiten sind ein bedeutsames Kriterium der Bewertung und wurden gänzlich außer Acht gelassen (siehe hg. Erkenntnis vom , ZI. 90/16/0032). Zu Malta besteht jedenfalls die stärkere Bindung. Der Familienwohnsitz ist nur bei gemeinsamer Haushaltsführung von ausschlaggebender Bedeutung, nicht bei getrennten Haushalten und hat der Beschwerdeführer auch kein eigenes Zimmer in der Unterkunft seiner Familie in Österreich.
C. Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht
Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die Beschwerdesache mit Wirkung ab in die Zuständigkeit des erkennenden Richters übertragen.
Mit auf dem Postweg übermittelten Schreiben vom (zunächst im Mai 2024 via e-mail übermittelt) wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht zurückgenommen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Beschwerdeführer verfügte im gesamten streitgegenständlichen Jahr 2015 über das Hälfteeigentum an der Liegenschaft "***Straße***, ***Ort***". Die zweite Hälfte der Liegenschaft stand im Eigentum der (damaligen) Ehefrau des Beschwerdeführers. Diese Liegenschaft wurde im Jahr 2015 sowohl von der (damaligen) Ehefrau des Beschwerdeführers und den gemeinsamen Kindern als auch vom Beschwerdeführer bis zu seinem Wegzug aus Österreich als Wohnung genutzt.
Der Beschwerdeführer ist am aus Österreich weggezogen und war ab in Malta aufhältig. Auch nach seinem Wegzug hat er sich sporadisch in der obig angeführten Wohnung aufgehalten.
Der Beschwerdeführer war im gesamten streitgegenständlichen Jahr 2015 als Pilot bei der Scandinavian Airlines System - Denmark - Norway - Sweden (in der Folge "SAS") in Dänemark angestellt. Diese Tätigkeit übte er an Bord von Luftfahrzeugen im internationalen Verkehr aus. Ein Verständigungsverfahren (gemäß Artikel 24 Absatz 2 lit. d) 4 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Dänemark auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll) betreffend den Beschwerdeführer wurde nicht durchgeführt.
2. Beweiswürdigung
Die Eigentumsverhältnisse an der Liegenschaft "***Straße***, ***Ort***" im streitgegenständlichen Jahr 2015 ergeben sich aus dem entsprechenden Grundbuchsauszug.
Die Nutzung der Liegenschaft als Wohnung im streitgegenständlichen Jahr ergibt sich - soweit die (damalige) Ehefrau und die Kinder betroffen sind - aus dem Akteninhalt, hier insbesondere aus der Niederschrift über die Zeugeneinvernahme der (damaligen) Ehefrau des Beschwerdeführers vom , aus der hervorgeht, dass die (damalige) Ehefrau die Wohnung zum Zeitpunkt der Zeugeneinvernahme immer noch bewohnt hat und auch der Beschwerdeführer - sofern er sich in Österreich aufhält - in dieser Wohnung wohnt.
Die Nutzung der Liegenschaft als Wohnung bis zum Wegzug im streitgegenständlichen Jahr auf Ebene des Beschwerdeführers ergibt sich einerseits aus der bis bestehenden Hauptwohnsitzmeldung laut ZMR. Zudem bringt auch der Beschwerdeführer nur einen "unterjährigen Wegzug" vor, sodass auch aus diesem Vorbringen nicht zu schließen ist, dass im Jahr 2015 überhaupt kein Aufenthalt vorgelegen ist.
Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer im streitgegenständlichen Jahr nach wie vor mit seiner (damaligen) Ehefrau verheiratet war, ergibt sich aus den Eingaben des Beschwerdeführers, so beispielsweise aus dem Schreiben vom , in dem angeführt wird, dass er nach wie vor mit einer Österreicherin verheiratet ist ("still married to an Austrian lady") sowie aus der Niederschrift über den Verlauf der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht vom (zur GZ. RV/7101412/2012), in der vom Beschwerdeführer festgehalten wurde, dass er sich in aufrechter Ehe mit seiner Ehefrau befindet.
Das Datum des Wegzuges ergibt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers sowie der entsprechenden ZMR-Meldung. Das Datum des Zuzuges nach Malta ergibt sich aus dem vom Beschwerdeführer vorgelegten "residence certificate", in welchem seitens der maltesischen Steuerbehörde ("inland revenue department") bestätigt wird, dass der Beschwerdeführer seit in Malta wohnhaft und aufgrund dieser Tatsache in Malta steuerpflichtig ist ("… has taken up residence in Malta on and is subject to tax in Malta on all remitted income each year as from date of arrival."). Die Feststellung, wonach er sich auch nach seinem Wegzug sporadisch in der Wohnung in ***Ort*** aufgehalten hat, ergibt sich aus der obig angeführten Niederschrift über die Zeugeneinvernahme der (damaligen) Ehefrau des Beschwerdeführers, in der sie die Frage, ob der Beschwerdeführer seit seinem Wegzug aus Österreich in der Wohnung war, mit "Natürlich" beantwortet hat und den durchschnittlichen Aufenthalt in Österreich seit seinem Wegzug mit circa 2 Tagen pro Monat beziffert hat.
Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer während des gesamten streitgegenständlichen Jahres als Pilot bei der SAS in Dänemark angestellt war, ergibt sich aus der Aussage des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht am (GZ. RV/7102561/2017), wonach der Beschwerdeführer mit Ende April 2016 gekündigt worden und sein letzter aktiver Flugdienst am gewesen sei. Die Anstellung in Dänemark ergibt sich weiters aus den im Akt einliegenden Übersichten der dänischen Steuerbehörde ("SKAT") betreffend die Jahre 2012 und 2013, in denen als Arbeitsgeber ("Arbejdsgiver") die "SAS Danmark A/S, Amager Strandvej 392, 2770 Kastrup" angeführt ist. Dass diese Daten auch im Jahr 2015 noch zutreffend waren, ergibt sich - neben den diesbezüglichen Aussagen des Beschwerdeführers - auch noch aus der Tatsache, dass im Zuge des Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht zur GZ. RV/7101412/2012 ein mit datiertes Auskunftsersuchen an die SAS an diese Adresse gerichtet und von der SAS entsprechend beantwortet wurde. Zudem ist die Anstellung des Beschwerdeführers bei einem in Dänemark ansässigen Unternehmen im Verfahren nicht bestritten und ergibt sich auch aus der Tatsache, dass der Beschwerdeführer gewisse Gehaltsbestandteile (zB Inlandsdiäten) in Dänemark versteuert werden bzw. die gesamte Lohnabrechnung nach dänischen Vorschriften erfolgt (siehe wiederum die Aussagen im Verfahren vor dem BFG zur GZ. RV/7102561/2017).
Die Feststellung, wonach zwischen Österreich und Dänemark kein Verständigungsverfahren betreffend den Beschwerdeführer durchgeführt wurde, ergibt sich zunächst aus den Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes im Erkenntnis vom , RV/7101412/2012. Zusätzlich wurde dem erkennenden Richter durch den Vertreter des belangten Finanzamtes bestätigt, dass auch seitdem kein Verständigungsverfahren durchgeführt wurde.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
A. Rechtliche Grundlagen
§ 1 EStG 1988 in der für das streitgegenständliche Jahr maßgeblichen Fassung lautet auszugsweise:
(1) Einkommensteuerpflichtig sind nur natürliche Personen.
(2) Unbeschränkt steuerpflichtig sind jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.
[…]
§ 26 BAO lautet auszugsweise:
(1) Einen Wohnsitz im Sinn der Abgabenvorschriften hat jemand dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.
(2) Den gewöhnlichen Aufenthalt im Sinn der Abgabenvorschriften hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. Wenn Abgabenvorschriften die unbeschränkte Abgabepflicht an den gewöhnlichen Aufenthalt knüpfen, tritt diese jedoch stets dann ein, wenn der Aufenthalt im Inland länger als sechs Monate dauert. In diesem Fall erstreckt sich die Abgabepflicht auch auf die ersten sechs Monate. Das Bundesministerium für Finanzen ist ermächtigt, von der Anwendung dieser Bestimmung bei Personen abzusehen, deren Aufenthalt im Inland nicht mehr als ein Jahr beträgt, wenn diese im Inland weder ein Gewerbe betreiben noch einen anderen Beruf ausüben.
Artikel 13 Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Dänemark auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (Inkrafttreten am , Außerkrafttreten am ; in der Folge "DBA Österreich-Dänemark ALT") lautet auszugweise:
(1) Bezieht eine Person mit Wohnsitz in einem der Vertragstaaten Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen für eine unselbständige Arbeit, so steht das Besteuerungsrecht vorbehaltlich der Bestimmungen der Artikel 15 und 16 nur diesem Staat zu, es sei denn, daß die Arbeit in dem anderen Vertragstaat ausgeübt wird. Wird die Arbeit dort ausgeübt, dann steht das Besteuerungsrecht für die daraus bezogenen Einkünfte nur diesem anderen Staat zu.
(2) Ungeachtet des Absatzes 1 werden Vergütungen, die eine Person mit Wohnsitz in einem der Vertragstaaten für eine in dem anderen Vertragstaat ausgeübte unselbständige Arbeit bezieht, nur in dem erstgenannten Staat besteuert, wenn:
a) der Empfänger sich im anderen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Steuerjahres aufhält, und die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht im anderen Staat seinen Wohnsitz hat und die Vergütungen nicht vom Gewinn einer Betriebstätte oder einer festen Einrichtung abgezogen werden, die der Arbeitgeber in dem anderen Staat hat;
b) der Empfänger ausschließlich oder vorwiegend an Bord von Flugzeugen eines Unternehmens der Luftfahrt eines der beiden Staaten tätig ist.
[…]
Aus dem Schlussprotokoll zum Abkommen Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Dänemark zur Vermeidung von Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (Inkrafttreten am , Außerkrafttreten am ) ergibt sich die folgende Ergänzung zu Artikel 13 Absatz 2 lit. b - Anlage 1 Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Dänemark auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll:
Die Bestimmungen des Artikels 13 Absatz 2 lit. b sind insbesondere auch auf die Angestellten des Konsortiums "Scandinavian Airlines System" anzuwenden.
Artikel 4 Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Dänemark auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (in der Folge "DBA Österreich-Dänemark") lautet auszugweise:
(1) Im Sinne dieses Abkommens bedeutet der Ausdruck "eine in einem Vertragsstaat ansässige Person" eine Person, die nach dem Recht dieses Staates dort auf Grund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist, und umfasst auch diesen Staat und seine Gebietskörperschaften. Der Ausdruck umfasst jedoch nicht eine Person, die in diesem Staat nur mit Einkünften aus Quellen in diesem Staat oder mit in diesem Staat gelegenem Vermögen steuerpflichtig ist.
(2) Ist nach Absatz 1 eine natürliche Person in beiden Vertragsstaaten ansässig, so gilt folgendes:
a) Die Person gilt als nur in dem Staat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt; verfügt sie in beiden Staaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als nur in dem Staat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen);
[…]
Artikel 15 Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Dänemark auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll lautet auszugweise:
(1) Vorbehaltlich der Artikel 16, 18 und 19 dürfen Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat ausgeübt. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so dürfen die dafür bezogenen Vergütungen im anderen Staat besteuert werden.
[…]
(3) Ungeachtet der vorstehenden Bestimmungen dieses Artikels dürfen Vergütungen für unselbständige Arbeit, die an Bord eines Seeschiffes oder Luftfahrzeuges, das im internationalen Verkehr betrieben wird, oder an Bord eines Schiffes, das der Binnenschifffahrt dient, ausgeübt wird, in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befindet.
(4) Bezieht eine in Dänemark ansässige Person Vergütungen für unselbständige Arbeit, die an Bord eines Luftfahrzeuges ausgeübt wird, das im internationalen Verkehr vom Konsortium Scandinavian Airlines System (SAS) betrieben wird, so dürfen diese Vergütungen nur in Dänemark besteuert werden.
Artikel 24 Absatz 2 Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Dänemark auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll lautet:
In Österreich:
a) Bezieht eine in Österreich ansässige Person Einkünfte oder hat sie Vermögen und dürfen diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach diesem Abkommen in Dänemark besteuert werden, so nimmt Österreich vorbehaltlich der lit. b, c und d diese Einkünfte oder dieses Vermögen von der Besteuerung aus;
b) bezieht eine in Österreich ansässige Person Einkünfte, die nach Artikel 10 in Dänemark besteuert werden dürfen, so rechnet Österreich auf die vom Einkommen dieser Person zu erhebende Steuer den Betrag an, der der in Dänemark gezahlten Steuer entspricht. Der anzurechnende Betrag darf jedoch den Teil der vor der Anrechnung ermittelten Steuer nicht übersteigen, der auf die aus Dänemark bezogenen Einkünfte entfällt;
c) Einkünfte oder Vermögen einer in Österreich ansässigen Person, die nach dem Abkommen von der Besteuerung in Österreich auszunehmen sind, dürfen gleichwohl in Österreich bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder Vermögen der Person einbezogen werden;
d) Einkünfte, die eine in Österreich ansässige Person bezieht und die Österreich als Einkünfte betrachtet, die aufgrund dieses Abkommens in Dänemark zu besteuern sind, dürfen dessen ungeachtet in Österreich besteuert werden, wenn Dänemark diese Einkünfte nach Durchführung eines Verständigungsverfahrens aufgrund dieses Abkommens von der Besteuerung ausnimmt.
Artikel 13 Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Schweden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (in der Folge "DBA Österreich-Schweden") lautet auszugsweise:
(1) Bezieht eine natürliche Person mit Wohnsitz in einem der beiden Staaten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Löhne, Gehälter und ähnliche Vergütungen), die in dem anderen Staat ausgeübt wird, so hat der andere Staat das Besteuerungsrecht für diese Einkünfte.
(2) Abweichend von Absatz 1 können Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nur in dem Staat besteuert werden, in dem der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz hat, wenn dieser Arbeitnehmer entweder
a) sich vorübergehend, insgesamt nicht länger als 183 Tage während eines Kalenderjahres, in dem anderen Staat aufhält und für seine während dieser Zeit ausgeübte Tätigkeit von einem Arbeitgeber entlohnt wird, der seinen Wohnsitz nur in dem erstgenannten Staat hat, und für seine Tätigkeit nicht zu Lasten einer in dem anderen Staat befindlichen Betriebstätte oder ständigen Einrichtung des Arbeitgebers entlohnt wird, oder
b) ausschließlich oder vorwiegend an Bord von Flugzeugen eines Unternehmens der Luftfahrt eines der beiden Staaten (insbesondere bei dem Konsortium "Scandinavian Airlines System") tätig ist.
Artikel 15 Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Norwegen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (in der Folge "DBA Österreich-Norwegen") lautet auszugsweise:
(1) Vorbehaltlich der Artikel 16, 18 und 19 dürfen Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat ausgeübt. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so dürfen die dafür bezogenen Vergütungen im anderen Staat besteuert werden.
[…]
(3) Ungeachtet der vorstehenden Bestimmungen dieses Artikels dürfen Vergütungen für unselbständige Arbeit, die an Bord eines Seeschiffes oder Luftfahrzeuges, das im internationalen Verkehr betrieben wird, oder an Bord eines Schiffes, das der Binnenschiffahrt dient, ausgeübt wird, in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem die Gewinne des Unternehmens gemäß Artikel 8 dieses Abkommens steuerpflichtig sind. Werden hingegen Vergütungen für eine Tätigkeit bezogen, die an Bord eines im norwegischen internationalen Schiffsregister (N.I.S.) registrierten Schiffes ausgeübt wird, oder ist Artikel 8 Absatz 6 anwendbar, so dürfen diese Vergütungen nur in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem der Empfänger ansässig ist.
(4) Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat anssässige (Anm.: richtig: ansässige) Person für eine an Bord eines vom Scandinavian Airlines System (SAS) Konsortium im internationalen Verkehr betriebenen Luftfahrzeuges ausgeübte unselbständige Arbeit bezieht, dürfen nur in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem der Empfänger ansässig ist.
B. Erwägungen
a) Ansässigkeit des Beschwerdeführers
Gemäß dem obig zitierten Artikel 4 DBA Österreich-Dänemark bedeutet der Ausdruck "eine in einem Vertragsstaat ansässige Person" eine Person, die nach dem Recht dieses Staates dort auf Grund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung oder eines anderen ähnlichen Merkmales steuerpflichtig ist.
Gemäß dem obig zitierten § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind im Inland jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unbeschränkt steuerpflichtig.
Gemäß § 26 Abs. 1 BAO hat jemand einen Wohnsitz im Sinn der Abgabenvorschriften […] dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.
Eine Wohnung iSd § 26 Abs 1 BAO sind Räumlichkeiten, die nach der Verkehrsauffassung zum Wohnen geeignet sind, also ohne wesentliche Änderung jederzeit zum Wohnen benützt werden können und ihrem Inhaber nach Größe und Ausstattung ein dessen Verhältnissen entsprechendes Heim bieten (Ritz/Koran, BAO7 § 26 BAO, Rz 1, mwN zur Rechtsprechung des VwGH).
Maßgebend ist die tatsächliche Gestaltung der Dinge. Auf die subjektive Absicht und Einstellung kommt es nicht an. Entscheidend ist das objektive Moment der Innehabung unter den in § 26 Abs 1 genannten Umständen ().
Innehaben bedeutet, über eine Wohnung tatsächlich oder rechtlich verfügen zu können, sie also jederzeit für den eigenen Wohnbedarf benützen zu können. Die bloße Überlassung eines Zimmers zur vorübergehenden Nutzung reicht nicht.
Als Rechtsgründe für die Innehabung kommen vor allem Eigentum (zB am Einfamilienhaus), Wohnungseigentum, Miete, Untermiete, Wohnungsrecht (§ 521 ABGB), aber auch familienrechtliche Ansprüche (zB des Ehegatten, vgl auch § 97 ABGB) in Betracht (zum "abgeleiteten" Wohnsitz siehe Tz 12). Eine bestimmte rechtsgeschäftliche Form ist nicht nötig (vgl. erneut Ritz/Koran, BAO7 § 26 BAO, Rz 4 ff, mwN zur Rechtsprechung des VwGH).
Es ist nicht entscheidend, in welchem zeitlichen Ausmaß eine Wohnung tatsächlich genutzt wird; insbesondere trifft es nicht zu, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine bestimmte Mindestanzahl von jährlichen Nächtigungen Voraussetzung dafür ist, eine Wohnung als Wohnsitz iSd § 26 Abs. 1 BAO zu qualifizieren. Dieses Erfordernis ergibt sich auch nicht aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 89/16/0020, in dem auf einen Artikel von Weinzierl, Zum steuerlichen Begriff des Wohnsitzes, FJ 1974, S 51 ff Punkt 6.2. Abs. 2, und die dort wiedergegebene Rechtsprechung verwiesen wird ().
Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass der Beschwerdeführer während des gesamten streitgegenständlichen Jahres Hälfteeigentümer einer in Österreich befindlichen Wohnung war. Weiters steht fest, dass sowohl die (damalige) Ehefrau des Beschwerdeführers als auch die gemeinsamen Kinder im Jahr 2015 in der fraglichen Wohnung in ***Ort*** gewohnt haben. Unter Berücksichtigung der obig zitierten Literatur und Judikatur ergibt sich somit zweifelsfrei, dass der Beschwerdeführer im streitgegenständlichen Jahr 2015 über einen Wohnsitz in Österreich verfügt hat. Der unterjährige Wegzug des Beschwerdeführers aus Österreich führt nicht dazu, dass für das Jahr 2015 überhaupt kein Wohnsitz des Beschwerdeführers in Österreich anzunehmen wäre. Dies insbesondere auch deshalb, da sowohl das (Hälfte)Eigentum als auch die familienrechtlichen Bande auch nach dem noch Bestand gehabt haben.
Aus dem Vorliegen eines Wohnsitzes im Inland folgt gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 die unbeschränkte Steuerpflicht in Österreich. Daraus ergibt sich schließlich aber auch die Ansässigkeit des Beschwerdeführers in Österreich im Sinne des Artikel 4 DBA Österreich-Dänemark, in dem auf das Bestehen einer Steuerpflicht aufgrund des Vorliegens eines Wohnsitzes in einem Vertragsstaat (im konkreten Fall - Österreich) abgestellt wird.
Lediglich der Vollständigkeit halber sei angeführt, dass die Ansässigkeit des Beschwerdeführers in Österreich auch in den vorangegangenen Entscheidungen des Bundesfinanzgerichtes (Erkenntnis des , betreffend die Einkommensteuer der Jahre 2007 bis 2009 sowie Erkenntnis des , betreffend die Einkommensteuer der Jahre 2010 bis 2014) bejaht und auch von den Parteien nicht bestritten wurde.
b) Besteuerungsrecht
aa) Verteilungsnorm
Einleitend soll zunächst eine Gegenüberstellung der entsprechenden Formulierungen in jenen Abkommen erfolgen, die eine Sonderregelung im Zusammenhang mit dem Konsortium "Scandinavian Airlines System (SAS)" enthalten. Konkret sind dies das DBA Österreich-Dänemark, das DBA Österreich-Schweden sowie das DBA Österreich-Norwegen. Zusätzlich wird noch der Abkommenstext des DBA Österreich-Dänemark ALT (Außerkrafttreten am ) dargestellt (Hervorhebungen durch den erkennenden Richter):
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DBA Österreich-Dänemark (Art. 15 Abs. 4) | DBA Österreich-Dänemark ALT (Art. 13 Abs. 2 lit. b iVm Schlussprotokoll) |
Bezieht eine in Dänemark ansässige Person Vergütungen für unselbständige Arbeit, die an Bord eines Luftfahrzeuges ausgeübt wird, das im internationalen Verkehr vom Konsortium Scandinavian Airlines System (SAS) betrieben wird, so dürfen diese Vergütungen nur in Dänemark besteuert werden. | Ungeachtet des Absatzes 1 werden Vergütungen, die eine Person mit Wohnsitz in einem der Vertragstaaten für eine in dem anderen Vertragstaat ausgeübte unselbständige Arbeit bezieht, nur in dem erstgenannten Staat besteuert, wenn der Empfänger ausschließlich oder vorwiegend an Bord von Flugzeugen eines Unternehmens der Luftfahrt eines der beiden Staaten tätig ist. Die Bestimmungen des Artikels 13 Absatz 2 lit. b sind insbesondere auch auf die Angestellten des Konsortiums "Scandinavian Airlines System" anzuwenden. |
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DBA Österreich-Schweden (Art. 13 Abs. 2 lit. b) | DBA Österreich-Norwegen (Art. 15 Abs. 4) |
Abweichend von Absatz 1 können Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nur in dem Staat besteuert werden, in dem der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz hat, wenn dieser Arbeitnehmer entweder […] oder ausschließlich oder vorwiegend an Bord von Flugzeugen eines Unternehmens der Luftfahrt eines der beiden Staaten (insbesondere bei dem Konsortium "Scandinavian Airlines System") tätig ist. | Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat anssässige (Anm.: richtig: ansässige) Person für eine an Bord eines vom Scandinavian Airlines System (SAS) Konsortium im internationalen Verkehr betriebenen Luftfahrzeuges ausgeübte unselbständige Arbeit bezieht, dürfen nur in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem der Empfänger ansässig ist. |
Aus der Gegenüberstellung dieser Texte ergibt sich, dass der - für das gegenständliche Verfahren relevante - Artikel 15 Absatz 4 DBA Österreich-Dänemark in seiner Formulierung von den übrigen dargestellten Texten abweicht. Sowohl im DBA Österreich-Dänemark ALT als auch in den DBA Österreich-Schweden und Österreich-Norwegen wird das Besteuerungsrecht im Falle einer unselbständigen Arbeit bei SAS ausschließlich (arg. "nur") dem Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers zugewiesen.
Abweichend davon sieht der Artikel 15 Absatz 4 DBA Österreich-Dänemark ein ausschließliches Besteuerungsrecht für Dänemark in jenen Fällen vor, in denen eine "in Dänemark ansässige Person" Vergütungen für Tätigkeiten an Bord eines Luftfahrzeuges, das im internationalen Verkehr von der SAS betrieben wird, erhält. Der bloße Umkehrschluss, dass diese Bestimmung des Artikel 15 Absatz 4 DBA Österreich-Dänemark im Falle der Ansässigkeit des Arbeitnehmers in Österreich das alleinige Besteuerungsrecht Österreich zuweist, wie dies insbesondere im vorangegangenen Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7102561/2017, vertreten wurde, ist nach Ansicht des erkennenden Richters nicht zulässig. Dies aus den nachstehenden Gründen:
Erstens, da es sich beim Abkommen DBA Österreich-Dänemark um das jüngste der obig dargestellten Abkommen handelt. Sowohl die Vorgängerversion des Abkommens (d.h. das DBA Österreich-Dänemark ALT) als auch die DBA Österreich-Schweden und Österreich-Norwegen weisen das alleinige Besteuerungsrecht in Fällen wie dem gegenständlichen jenem Staat zu, in dem der Arbeitnehmer (d.h. der Empfänger der Vergütungen/Einkünfte) von SAS ansässig ist. Wenn daher in diesem jüngsten Abkommen sowohl von der Formulierung der Vorgängerversion als auch von der Formulierung in vergleichbaren Abkommen deutlich abgegangen und explizit die Formulierung "Bezieht eine in Dänemark ansässige Person" gewählt wird, so ist es nach Ansicht des erkennenden Richters nicht zulässig, im Wege eines Umkehrschlusses auf den - gerade nicht mehr maßgeblichen Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers - abzustellen (so auch Pistone/Stiastny in Lang/Schuch/Staringer (Hrsg.), Die österreichische DBA-Politik, 1. Aufl. (2013), Seite 244, FN 38, wonach "das DBA mit Dänemark […] das alleinige Besteuerungsrecht Dänemark zu[weist], wenn eine in Dänemark ansässige Person die Vergütungen bezieht"). Vielmehr soll diese Bestimmung nach Ansicht des erkennenden Richters nur mehr die explizit geregelten Fälle (d.h. Ansässigkeit des Arbeitnehmers in Dänemark) betreffen, sodass - wie ausgeführt - eine Umdeutung im Wege eines Umkehrschlusses nicht zulässig ist. Es kann den Vertragsparteien des Abkommens nicht unterstellt werden, dass sie - trotz Wahl einer deutlich abweichenden Formulierung verglichen mit dem vormalig in Geltung stehenden DBA Österreich-Dänemark ALT - den Regelungsinhalt im Wesentlichen unverändert lassen wollten.
Zweitens, da sich - wie bereits oben ausgeführt - aus dem Text des Abkommens ein solcher Umkehrschluss nach Ansicht des erkennenden Richters nicht ableiten lässt. Zudem erscheint unklar, weshalb eine solche Auslegung erforderlich sein sollte. Dies daher, da in jenen Fällen, in denen die Bestimmung des Artikel 15 Absatz 4 DBA Österreich-Dänemark nicht zur Anwendung gelangt (d.h. nach der hier vertretenen Auffassung bei Ansässigkeit des Arbeitnehmers in Österreich), auf die Bestimmung des obig zitierten Artikel 15 Absatz 3 DBA Österreich-Dänemark zurückgegriffen werden kann. Im Rahmen dieser Bestimmung wird das Besteuerungsrecht betreffend Vergütungen für unselbständige Arbeit, die an Bord eines Luftfahrzeuges, das im internationalen Verkehr betrieben wird, ausgeübt wird, jenem Vertragsstaat zugewiesen, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befindet. Eine Auslegung der Bestimmung des Artikels 15 Absatz 4 DBA Österreich-Dänemark im Wege eines Umkehrschlusses zur Vermeidung von Lücken in der Zuweisung des Besteuerungsrechtes ist somit nicht erforderlich.
Im Ergebnis steht für den erkennenden Richter somit fest, dass nicht die Bestimmung des Artikel 15 Absatz 4 DBA Österreich-Dänemark, sondern jene des Artikel 15 Absatz 3 DBA Österreich-Dänemark im gegenständlichen Fall einschlägig ist. Diese Bestimmung weist - wie dargestellt - das Besteuerungsrecht betreffend die Vergütungen für unselbständige Arbeit jenem Vertragsstaat zu, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befindet. Das ist - im konkreten Fall - allerdings nicht Österreich, sondern Dänemark. Dies steht auch im Einklang mit der Zielsetzung dieser Norm, wonach jenem Staat das Besteuerungsrecht zugewiesen werden soll, in dem sich die Arbeitslöhne zu Lasten des Steueraufkommens als Betriebsausgabe ausgewirkt haben (vgl. Waser in Aigner/Kofler/Tumpel, DBA, 2. Aufl. (2019), Art. 15, Rz 100). Der Beschwerdeführer war bei einem dänischen Unternehmen angestellt (SAS Danmark A/S) und hat von diesem die Vergütung für seine Tätigkeit erhalten. Er hat etwaige Inlandsdiäten in Dänemark versteuert und die Lohnabrechnung wurde nach Maßgabe der dänischen Vorschriften vorgenommen (siehe die Beweiswürdigung zu diesem Punkt).
Auf Basis der obigen Ausführungen ergibt sich, dass das Besteuerungsrecht für die an den Beschwerdeführer bezahlten Vergütungen für seine unselbständige Arbeit an Bord eines Luftfahrzeuges im internationalen Verkehr nach Artikel 15 Absatz 3 DBA Österreich-Dänemark im streitgegenständlichen Jahr grundsätzlich nicht bei Österreich, sondern bei Dänemark liegt.
bb) Methodenartikel
Die maßgebliche Bestimmung des Artikel 24 Absatz 2 des DBA Österreich-Dänemark lautet auszugsweise:
a) Bezieht eine in Österreich ansässige Person Einkünfte oder hat sie Vermögen und dürfen diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach diesem Abkommen in Dänemark besteuert werden, so nimmt Österreich vorbehaltlich der lit. b, c und d diese Einkünfte oder dieses Vermögen von der Besteuerung aus.
[…]
d) Einkünfte, die eine in Österreich ansässige Person bezieht und die Österreich als Einkünfte betrachtet, die aufgrund dieses Abkommens in Dänemark zu besteuern sind, dürfen dessen ungeachtet in Österreich besteuert werden, wenn Dänemark diese Einkünfte nach Durchführung eines Verständigungsverfahrens aufgrund dieses Abkommens von der Besteuerung ausnimmt.
Aus den obig zitierten Bestimmungen ergibt sich zunächst, dass Österreich jene Einkünfte, die von einer in Österreich ansässigen Person bezogen und nach dem DBA Österreich-Dänemark in Dänemark besteuert werden dürfen, von der Besteuerung ausnimmt (sogenannte "Befreiungsmethode"). Eine Einschränkung darauf, dass diese Bestimmung nur dann zur Anwendung gelangen könne, wenn das Besteuerungsrecht ausschließlich Dänemark zugewiesen worden wäre (wie dies im EAS 3448 vom zum DBA Österreich-Malta sowie in der Amtsrevision gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7102502/2024 - besprochen von Ehgartner in BFGjournal 9, September 2024, Seite 307 - aufgrund des leicht unterschiedlichen Wortlautes vertreten wird), lässt sich aus dem Abkommenstext nicht ableiten. Zur Verdeutlichung erfolgt im Anschluss eine Gegenüberstellung der jeweiligen Textierungen (Hervorhebung durch den erkennenden Richter):
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DBA Österreich-Dänemark (Art. 24 Abs. 2 lit. a)) | DBA Österreich-Malta (Art. 23 Abs. 1) |
Bezieht eine in Österreich ansässige Person Einkünfte oder hat sie Vermögen und dürfen diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach diesem Abkommen in Dänemark besteuert werden, so nimmt Österreich vorbehaltlich der lit. b, c und d diese Einkünfte oder dieses Vermögen von der Besteuerung aus. | Bezieht eine in einem Vertragstaat ansässige Person Einkünfte oder hat sie Vermögen und können diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach diesem Abkommen nur in dem anderen Vertragstaat besteuert werden, so nimmt der erstgenannte Staat, vorbehaltlich des Absatzes 2, diese Einkünfte oder dieses Vermögen von der Besteuerung aus. |
Ohne auf die gegen das obig angeführte Erkenntnis des BFG erhobene Amtsrevision oder die in der angefochtenen Entscheidung vertretene Auffassung weiter einzugehen, lässt sich schon aus dem bloßen Vergleich der Wortlaute feststellen, dass sich eine Einschränkung der Anwendung der Befreiungsmethode auf jene Fälle, in denen dem anderen Vertragsstaat das ausschließliche Besteuerungsrecht zugewiesen wurde (arg. Verwendung des Wortes "nur") aus dem Abkommenstext des DBA Österreich-Dänemark nicht ableiten lässt. Im Ergebnis steht somit fest, dass Österreich - vorbehaltlich der lit. b, c und d des Artikels 24 Absatz 2 DBA Österreich-Dänemark - die fraglichen Einkünfte des Beschwerdeführers von der Besteuerung auszunehmen hat.
Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass betreffend den Beschwerdeführer kein Verständigungsverfahren gemäß Artikel 24 Absatz 4 lit. d) DBA Österreich-Dänemark zwischen den Vertragsstaaten durchgeführt wurde. Somit scheidet eine Anwendbarkeit dieser Bestimmung - und ein damit verbundenes Besteuerungsrecht für Österreich - aus. Da auch die lit. b und c des Artikels 24 Abs. 2 DBA Österreich-Dänemark zu keinem anderen Ergebnis führen, ergibt sich für das gegenständliche Verfahren Folgendes:
Österreich hat - auf Basis der obigen Ausführungen - im streitgegenständlichen Jahr 2015 kein Besteuerungsrecht an den Einkünften des Beschwerdeführers aus unselbständiger/nichtselbständiger Arbeit aus seinem Dienstverhältnis mit der SAS Danmark A/S. Der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2015 war somit stattzugeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision war zuzulassen, da bis dato noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den streitgegenständlichen Normen (Artikel 15 Absatz 4 DBA Österreich-Dänemark bzw. Artikel 24 Absatz 2 DBA Österreich-Dänemark) vorliegt.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 Art. 15 DBA DK (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Dänemark (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 41/2008 Art. 4 DBA DK (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Dänemark (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 41/2008 Art. 24 Abs. 2 DBA DK (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Dänemark (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 41/2008 |
Verweise | EAS 3448 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7100529.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at