§ 5 Abs 3 FLAG 1967 gilt uneingeschränkt für Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/7105285/2018-RS1 | § 5 Abs 3 FLAG 1967 zählt zu den in Artikel 15 StGG genannten allgemeinen Staatsgesetzen, denen auch die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzen Tage unterworfen ist. |
RV/7105285/2018-RS2 | Der Rückforderungsbescheid gemäß § 26 FLAG 1967 ist ein Abgabenbescheid iSd § 198 BAO. Gemäß dessen Absatz 2 haben Abgabenbescheide im Spruch die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten. Bemessungsgrundlagen eines Rückforderungsbescheides sind die gesetzlichen Monatsbeträge (§ 8 Abs 2 bis 4 FLAG, § 33 Abs 3 EStG 1988), Anzahl und Alter der von der Rückforderung betroffenen Kinder und der Zeitraum. |
RV/7105285/2018-RS3 | Verringern sich oder entfallen iZm einer Rückforderung nach § 26 FLAG 1967 die Erhöhungsbeträge des § 8 Abs 3 FLAG 1967 (Alterszuschlag), so ist die Berechnung der Korrektur der Geschwisterstaffel im Spruch nachvollziehbar darzustellen. Diesen Anforderungen genügt ein Bescheid, der im Spruch den korrigierten Alterszuschlag und den Grundbetrag des Kindes, für das die Rückforderung erfolgte, als Summe mit der Bezeichnung „FB“ ausweist, nicht, wenn die Bemessungsgrundlagen (§ 8 Abs 2 und 3 FLAG 1967 idjgF) und die Berechnung auch nicht in der Begründung oder in einem Beiblatt, auf das im Bescheidspruch verwiesen wird, dargestellt sind. |
RV/7105285/2018-RS4 | Ergibt sich die Korrektur der Alterszuschläge (§ 8 Abs 3 FLAG 1967) nicht unmittelbar aus dem Spruch des Rückforderungsbescheides oder mittelbar anhand der Begründung oder einem Beiblatt, auf das im Bescheidspruch verwiesen wird, ist es der im Bescheidbeschwerdeverfahren angerufenen Instanz in Hinblick auf die Sache des Beschwerdeverfahrens (§ 279 BAO) verwehrt, diesen Mangel des Bescheidspruches zu sanieren. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Silvia Gebhart in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Greindl & Köck Rechtsanwälte GmbH, Gußhausstraße 14, 1040 Wien, über die Beschwerde vom idF des Ergänzungsschriftsatzes vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Gänserndorf Mistelbach vom , nunmehr Finanzamt Österreich, betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe 03.2018-04.2018 und Kinderabsetzbetrag gemäß § 26 FLAG 1967 iVm § 33 Abs 3 Z 1 EStG 1988 für die Tochter ***T***, Abgabenkontonummer ***2***, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge teilweise Folge gegeben.
II. Der angefochtene Bescheid wird dahin abgeändert, dass der Rückforderungsbetrag Familienbeihilfe für die Monate März und April 2018 insgesamt EUR 330,20 (monatlich EUR 165,10) beträgt. Im Übrigen bleibt der Rückforderungsbescheid (KAB) unverändert. Der insgesamt zurückgeforderte Abgabenbetrag vermindert sich auf EUR 447,00.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Strittig im Beschwerdefall ist die Beantwortung der Rechtsfrage, ob die verfassungsrechtlich garantierte Unabhängigkeit der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (kurz: "die Kirche JCHLT"), wonach diese autonom die Ausbildungsvoraussetzungen zu schaffen berechtigt ist und daher die Vollzeitmission in einem Drittland der Qualifikation als Ausbildung iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen (s ; ) nicht entgegensteht und zur Folge hat, dass § 5 Abs 3 FLAG 1967 aus der Sicht der Kirche JCHLT auszulegen ist. Die Vollzeitmission als Ausbildung iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 an sich wurde von der belangten Behörde nicht in Streit gezogen. Darüber hinaus war die Gestaltung des Spruches eines Rückforderungsgemäß § 26 FLAG 1967 zu beleuchten.
Die Beschwerdeführerin (Bf) hat insgesamt drei Kinder. Das Kind, um das es hier geht, ist die Tochter ***T***. Die Tochter war als Vollzeitmissionarin der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage ab beauftragt worden, in einem näher bezeichneten Inselstaat Nordamerikas bei einer näher bezeichneten Mission (konkret: ***3***, Mission ***4***) für 18 Monate zu arbeiten. Davor war für ***T*** zuletzt Familienbeihilfe bis Juni 2017 gewährt worden (vorgelegte Mitteilungen ON8-10), in der Zeit dazwischen war sie nichtselbständig beim Magistrat der Stadt Wien, MA 10, beschäftigt. Eine andere Ausbildung in der Zeit von Juli 2017 bis März 2018 als die als Vollzeitmissionarin ab wurde im Beschwerdeverfahren nicht behauptet.
Die Bf beantragte für ***T*** die Familienbeihilfe ab wegen deren Vollzeitmissionstätigkeit im Ausland. Zuvor war für ***T*** Familienbeihilfe bis Juni 2017 gewährt worden.
Die belangte Behörde gab dem Antrag der Bf vom auf Gewährung der Familienbeihilfe für ***T*** ab zunächst statt. Der Auslandsaufenthalt wurde mit dem Antrag beiliegenden Schreiben des Präsidenten der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage vom offengelegt. Aus dem Schreiben ergab sich, dass sich die Tochter am in der Missionarsschule vor Ort melden solle. Sie sei für würdig erachtet worden, den Herrn zu vertreten, indem Sie das wiederhergestellte Evangelium verkündige. Sie werde die Kirche JCHLT offiziell repräsentieren. … Ihr Auftrag sei, andere einzuladen, zu Christus zu kommen, indem sie ihnen helfe, das wieder hergestellte Evangelium anzunehmen, und zwar durch Glauben an Jesus Christus und sein Sühnopfer, Umkehr, Taufe, die Gabe des Heiligen Geistes und indem sie bis ans Ende ausharre. … Sie werde von ihrem Pfahlpräsidenten als Missionarin eingesetzt. Die Tochter musste die Einladung ausdrücklich annehmen, was sie auch tat.
Angefochtener Bescheid vom (ON2)
Die belangte Behörde erließ, nachdem sie dem Antrag zunächst entsprochen und eine Mitteilung erlassen hatte, den angefochtenen Rückforderungsbescheid für die Monate März und April 2018, dem sie den Auslandsaufenthalt von 18 Monaten zugrunde legte. Wegen des über 5 ½ Monate dauernden Auslandsaufenthaltes werde § 5 Abs 3 FLAG 1967 nicht erfüllt. Ein Zustellnachweis ist nicht aktenkundig. Weiters veranlasste sie die Einstellung der Auszahlung der Familienbeihilfe für den anschließenden Zeitraum mit Mitteilung vom selben Tag.
Bescheidbeschwerde vom (ON1)
Mit form- und fristgerecht erhobener Bescheidbeschwerde vom (Poststempel) focht der einschreitende Rechtsanwalt unter Berufung auf die erteilte Vollmacht namens der Bf den Rückforderungsbescheid zur Gänze wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit an und beantragte dessen ersatzlose Aufhebung.
Einleitend hielt die Beschwerde unter Punkt 1 fest, dass sich die Tochter vom bis voraussichtlich im vollzeitlichen und unentgeltlichen (ehrenamtlichen) Missionars- und Sozialdienst für die Kirche im Ausland, einem Drittstaat, aufhalte bzw aufhalten werde. Die Kirche sei seit 1955 eine staatlich anerkannte Religionsgesellschaft (im Folgenden kurz "die Kirche") und stehe damit auf demselben rechtlichen Status wie die römisch- katholische Kirche, die Evangelischen Kirchen oder andere Kirchen mit diesem rechtlichen Status. Als solche genieße die Kirche damit zahlreiche gesetzliche Rechte wie etwa das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf autonome Festlegung der inneren Angelegenheiten (Art 15 StGG). Gemäß § 5 Religionsunterrichtsgesetz obliege es allein der Kirche - als Ausfluss des zuvor genannten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts - die Befähigung und Ermächtigung für die Erteilung des Religionsunterrichts zu erteilen.
Gemäß den behördlich genehmigten Statuten der Kirche sei der österreichische Kirchenvorstand das oberste Organ der Kirche in Österreich. Der österreichische Kirchenvorstand habe ua festgelegt, dass "Die Erteilung der Befähigung und Ermächtigung zum Religionslehrer gemäß Religionsunterrichtsgesetz (s. insbesondere § 5 Abs. 1 Religionsunterrichtsgesetz) [...] die erfolgreiche Absolvierung der Tätigkeit als Vollzeitmissionar voraus[setzt], [...] Die ,erfolgreiche Absolvierung' werde durch den jeweils zuständigen Missionspräsidenten durch die Ausstellung der Entlassungsurkunde schriftlich bestätigt. Dies erfolge erst zum Abschluss der 18-monatigen Zeit, weswegen die Vorlage eines Zwischenzeugnisses nicht möglich sei."
Die obersten Gerichte in Abgabenangelegenheiten und Angelegenheiten der Auslegung des Familienlastenausgleichsgesetzes hätten mittlerweile mehrfach diesen Kirchendienst als Berufsausbildung des FLAG anerkannt (siehe ; , 2009/15/0021; (s. ) und sowie ).
Sämtliche Ausführungen im Folgenden gelten, sofern nicht anders geltend gemacht, sinngemäß für den mit dem Bescheid zurückgeforderten Kinderabsetzbetrag, da insofern die Voraussetzungen des § 5 Abs 3 FLAG und § 33 Abs 3 EStG gleichlautend seien.
Unter Punkt 2 wurde ausgeführt, dass der Gesetzesbegriff des "ständigen Aufenthaltes im Inland" des § 5 Abs 3 FLAG ein unbestimmter Rechtsbegriff sei, der durch die Judikatur der Behörden in unterschiedlichen Entscheidungen in gewissem Sinn aber nicht immer einheitlich ausgelegt worden sei. So habe der Verwaltungsgerichtshof in einem Fall entschieden, dass eine Aufenthaltsdauer von fünfeinhalb Monaten im Ausland gerade noch als vorübergehender Aufenthalt anzusehen sei (). Eine längere Auslandsaufenthaltsdauer sei soweit ersichtlich nicht als vorübergehend beurteilt aber auch nicht ausdrücklich ausgeschlossen worden.
Auch wenn es sich bei der verfahrensgegenständlichen Berufsausbildung um eine abgeschlossene Ausbildungseinheit handele, überwiege doch der vorübergehende Charakter. Die Tochter habe sich in den Missionsdienst begeben, um die entsprechende Ausbildung im Rahmen dieser Missionstätigkeit abzuschließen, diese Zeit sei jedoch von vornherein als eine vorübergehende Abwesenheit von Österreich ausgelegt. Missionare seien nur für die entsprechende Zeit ihres Dienstes berufen in dieser Funktion zu wirken; nach Ende der Berufungsdauer würden der Dienst und auch die Befugnis, in dieser Aufgabe zu agieren, enden (bei weiblichen Teilnehmern grundsätzlich 18 Monate).
Beweis: Die im Verfahren bereits vorgelegte Bestätigung des österreichischen Kirchenvorstands vom
Es sei daher schon der Berufung als Missionar ein bloß vorübergehender Auslandsaufenthalt immanent; ein Daueraufenthalt sei weder erwünscht noch autorisiert. Vollzeitmissionare wie die Tochter würden auch weiterhin in ihrer kirchlichen Heimatgemeinde, diesfalls in Wien, in der Organisationseinheit Pfahl-Wien Österreich als Mitglieder in den Aufzeichnungen der Kirche geführt. Der zuständige Wiener Bischof überlege sich bereits frühzeitig, wie er den betreffenden Missionar in die Kirchengemeinde wieder integrieren und mit neuen kirchlichen Aufgaben versehen könne.
Beweis: Einvernahme Bischof Simon Soucek, p.A. österreichischer Kirchenvorstand, Böcklinstraße 55, 1020 Wien
Auch dies sei Ausdruck eines Sonderstatus als Missionar, der nach der Zeit der Berufung über 18 Monate wieder zu Ende gehe. Unter diesen besonderen Prämissen sei der Auslandsaufenthalt der Tochter trotz einer über sechs Monate hinausgehenden Dauer als bloß vorübergehend einzustufen.
Unter Punkt 3 wurde dargelegt, dass im Beschwerdefall eine verfassungskonforme Auslegung die Stattgabe der Beschwerde gebiete.
Unter Punkt 3.a. "Gleichbehandlung aller Teilnehmer der Berufsausbildung" wurde ausgeführt, dass die Arbeitsweise, der tägliche Stundenplan und der Inhalt des Studiums der Missionare während des Vollzeitmissionsdienst weltweit im entsprechenden Handbuch "Verkünde mein Evangelium" gleich geregelt sei.
Der Vollzeitmissionsdienst werde in einer der rund 300 Missionsgebiete weltweit ausgeübt. In welchem Missionsgebiet ein Missionar zum Einsatz komme, werde von der Kirchenverwaltung festgelegt und sei dem Einfluss und der Entscheidung des einzelnen Missionars entzogen.
Beweis: Offizielle Beantwortung häufiger Fragen, konkret Frage 3 "How are missionaries called" durch die Kirche auf: https://www.lds.org/callings/missionary/faqsdang-eng#3 und die Erklärung von Apostel Eider Rasband laut Beilage
Mit der Bewerbung als Vollzeitmissionar akzeptiere der Bewerber auch die Entscheidung der Kirchenverwaltung, in welche Mission man gesandt wird. Wie bereits einleitend ausgeführt, sei die inhaltliche Ausgestaltung der Ausbildung zum Religionslehrer eine innere Angelegenheit der Kirche gemäß Art 15 StGG und somit ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht.
Es komme somit aufgrund des Gesetzes zu einer Ungleichbehandlung von Missionaren, die ansonsten die gleichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Familienbeihilfe erfüllen. Die Tatsache, ob der Missionsdienst im Drittausland, im Inland, im EWR/EEA-Ausland erfüllt wird, sei durch den einzelnen Bewerber nicht beeinflussbar und könne somit nicht ausschlaggebend für den Anspruchsverlust sein. Da die Entscheidung des geographischen Einsatzortes als Teil der Determinierung der Religionslehrerausbildung und damit als Teil der Ausübung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten inneren Autonomie zu sehen sei, seien § 5 Abs 3 FLAG und § 33 Abs 3 EStG entsprechend verfassungskonform zu interpretieren.
Dies führe zum Ergebnis, dass Vollzeitmissionare die aufgrund einer autonomen Entscheidung der Kirche im Sinn des Art 15 StGG in das Drittausland zur Ausbildung gesandt werden, im Sinn von §§ 5 Abs 3 FLAG, 33 Abs 3 EStG als nicht ständig im Ausland aufhältig zu betrachten seien. Eine andere Interpretation käme zu dem untragbaren Ergebnis, dass Missionare, die ihren Missionsdienst im Inland/EU/EWR-Ausland verbringen besser behandelt werden als jene, die dies im Drittausland tun, obwohl sie hinsichtlich der sonstigen Voraussetzungen völlig gleich zu bewerten zu sind und der Ort ihres Dienstes (der gleich mit dem Ort der Berufsausbildung ist) ihrer Entscheidung und Einflussnahme entzogen ist und weiters, der Ort ihres Dienstes (der gleich mit dem Ort der Berufsausbildung ist) aufgrund einer verfassungsgesetzlich geschützten inneren autonomen Entscheidung der Kirche festgelegt wird.
Unter Punkt 3.b. "Gleichbehandlung aller Teilnehmer der Berufsausbildung" wurde weiters ausgeführt, dass verfassungsrechtlich unerträglich dazu sei, dass Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder bestehe, die Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes erbringen (§ 2 Abs 1 I) cc) FLAG.
Gemäß § 1 des Freiwilligengesetzes sei Ziel der freiwilligen Tätigkeit, den "Zusammenhalt zwischen den sozialen Gruppen, den Generationen und Kulturen so wie die gesellschaftliche und soziale Verantwortung" zu stärken, was in wesentlichen Teilen auch der Zielsetzung eines Missionsdienstes entspreche.
Denn Teil des Missionsdienstes sei es, die Gebote Jesu Christi selbst zu halten, anderen zu lehren und freiwilligen sozialen Dienst zu erfüllen. Aus diesem Grund seien Missionare verpflichtet, jede Woche geplante Dienstprojekte durchzuführen und weiteren Dienst am Nächsten zu leisten (vgl. "Verkünde mein Evangelium", Seite 196).
Es sei somit nicht einsichtig, warum freiwilliger Dienst im Ausland nach Freiwilligengesetz den Anspruch Familienbeihilfe nicht aufhebt, Missionsdienst für die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage schon, obwohl die Ziele der Tätigkeiten weitgehend identisch seien.
Zusammenfassend würden diese Überlegungen gebieten, §§ 5 Abs 3 FLAG, 33 Abs 3 EStG verfassungskonform so auszulegen, dass der ständige Aufenthalt im Inland weiterhin gegeben sei, wenn Missionsdienst für die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage aufgrund einer Tätigkeit als Vollzeitmissionar, die nach der ständigen Rechtsprechung als Berufsausbildung im Sinn des FLAG anerkannt ist, im Ausland ausgeübt werde.
Vor diesem Hintergrund werde angeregt, §§ 5 Abs 3 FLAG, 33 Abs 3 EStG dem Verfassungsgerichtshof zur Überprüfung auf seine Verfassungsmäßigkeit vorzulegen. Nachdem die Behörde diese gebotenen (verfassungs-)rechtlichen Überlegungen völlig außer Acht gelassen hat, ist der angefochtene Bescheid rechtswidrig und damit aufzuheben.
Unter Punkt 4 der Beschwerde "Kalkulation der rückgeforderten Beträge nicht nachvollziehbar" wird ausgeführt, dass Bescheide so begründet sein müssen, dass eine Kontrolle auf ihre Gesetzmäßigkeit hin möglich ist. Dies ist aufgrund des angefochtenen Bescheids nicht möglich, da die zurückgeforderten Beträge nicht mit dem angegebenen Zeitraum übereinstimmen.
Der im Bescheid angegebene Zeitraum sei März - April 2018, wobei ***T*** sich jedoch erst unstrittig ab (Abflugtag) im Ausland befinde. Es sei daher unklar, ob die Behörde (rechtswidrig) einen Auslandsaufenthalt bereits ab angenommen habe.
Auch aufgrund der angegebenen Beträge, die mit den sonst gesetzlichen Monatsbeträgen nicht übereinstimmen, ist unklar, welchen Zeitraum die Behörde für die Rückforderung zu Grunde gelegt hat und wie sie rechnerisch auf die zurückgeforderten Beträge kommt.
Es fehlt daher schon an ganz wesentlichen Angaben im Bescheid, die für eine Prüfung der Gesetzmäßigkeit des Bescheids erforderlich sind. Der Bescheid ist daher auch aus diesem Grund rechtswidrig.
Unter Punkt 5 wurde der Beschwerdeantrag auf ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides gestellt.
Im Anschluss daran wurde der Eventualantrag auf Nachsicht nach § 236 BAO gestellt.
Beschwerdevorentscheidung vom (ON5)
Mit der Beschwerdevorentscheidung, die dem vertretenden Rechtsanwalt zustellt wurde, wurde die Beschwerde hinsichtlich beider Monate als unbegründet abgewiesen. In der Begründung untermauerte die belangte Behörde ihre Rechtsansicht zur Anwendbarkeit des § 5 Abs 3 FLAG 1967 näher. Ausführung, die sich mit der Anerkennung der Vollzeitmissionstätigkeit in einem Drittstaat als Berufsausbildung iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 befassen, werden nicht wiedergegeben, weil diese nicht bestritten wurde. Gleiches gilt für Ausführungen zu § 53 Abs 1 FLAG 1967, weil der Beschwerdefall nicht in den Anwendungsbereich der unionsrechtlichen sozialen Koordinierung fällt (VO (EG) 883/2004, VO (EG) 987/2009), was auch die Beschwerde nicht behauptet. Im Übrigen führte die belangte Behörde aus wie folgt:
"…Mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 17/2012 (mit in Kraft getreten) wurde dem § 2 Abs. 1 FLAG folgende lit. I angefügt:
"I) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die teilnehmen am
cc) Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012.
Die Materialien (EB RV 1634 BlgNR, 24. GP) erläutern dazu, dass nach dem FLAG die Familienbeihilfe für volljährige Kinder nur dann gewährt werde, wenn sie sich in Berufsausbildung befänden. Da es sich bei der Absolvierung des freiwilligen Sozialjahres, des freiwilligen Umweltschutzjahres, des Gedenkdienstes und des Friedens- und Sozialdienstes im Ausland aber um keine Berufsausbildung im Sinne des FLAG handle, werde eine Sonderregelung geschaffen, um die Gewährung der Familienbeihilfe sicherzustellen. (Anm: Fettschreibung durch belBeh).
Dass der Gesetzgeber keine Gewährung der Familienbeihilfe in Fällen des § 5 Abs.3 FLAG vorsieht, führt auch zu keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. B 2366/00 zum damaligen gleichlautenden § 5 Abs. 4 FLAG)."
Weiters wurde folgende Judikatur des VwGH zu § 5 Abs 3 FLAG 1967 ins Treffen geführt:
"Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der ständige Aufenthalt im Sinne des § 5 Abs. 3 FLAG unter den Gesichtspunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs. 2 BAO zu beurteilen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , ZI. 2009/16/0133). Dem Wortlaut des § 26 Abs. 2 erster Satz BAO ist zunächst zu entnehmen, dass ein nicht nur vorübergehendes Verweilen in einem Land keinen eigenen Begriff darstellt, sondern als ständiger Aufenthalt zu sehen ist. Die Frage des ständigen Aufenthaltes iSd § 5 Abs. 3 FLAG ist nicht nach subjektiven Gesichtspunkten, sondern nach den objektiven Kriterien der grundsätzlichen körperlichen Anwesenheit zu beantworten (vgl. das erwähnte hg. Erkenntnis vom ). Ein Aufenthalt ist nicht schon dann vorübergehend im Sinne der hg. Rechtsprechung zu § 5 Abs. 3 FLAG, wenn er zeitlich begrenzt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , ZI. 2008/13/0072), weshalb auch bei der im Zuge der vorzunehmenden ex-ante Betrachtung des Auslandsaufenthaltes der Tochter die auch nach objektiven Gesichtspunkten als annähernd gewiss anzunehmende Rückkehr nach Österreich nach der Missionstätigkeit nicht entscheidend ist. Lassen objektive Gesichtspunkte erkennen, dass ein Aufenthalt nicht nur vorübergehend währen wird, dann liegt schon ab dem Vorliegen dieser Umstände, allenfalls ab Beginn des Aufenthaltes, ein ständiger Aufenthalt vor."
Zum konkret verwirklichten Sachverhalt wurde begründet:
"Objektiv betrachtet ist der 18-monatige Aufenthalt in der ***3*** ein ständiger Aufenthalt und nicht ein vorübergehender Aufenthalt, zumal
•auf Grund der Erfüllung der Vollzeitmission eine gewisse sachlich-räumliche Beziehung zu dem Aufenthaltsort (Einsatzgebiet) besteht und
•die Tochter in diesen 18 Monate dauernden Aufenthalt in der ***3*** ihren gewöhnlichen Aufenthalt in ihrem Einsatzgebiet und damit in der ***3*** hat und
•subjektiven Absichten keine Bedeutung beizumessen ist."
Zum Zeitraum März 2018 wurde ausgeführt:
"Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum für die Familienbeihilfe ist, wie sich dies den Regelungen des § 10 Abs. 2 und 4 FLAG entnehmen lässt, der Monat. Das Bestehen des Anspruches auf Familienbeihilfe für ein Kind kann somit je nach dem Eintritt von Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (s 96/13/0076). Gem. Abs. 2 wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Demnach wären für einen rechtmäßigen Bezug der FB ab dem Monat März 2018 die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt gewesen."
Zum Eventualantrag auf Nachsicht nach § 236 BAO wurde begründet:
"Bezüglich einer Rückforderung einer bereits gewährten Familienbeihilfe besteht nach § 26 Abs. 1 FLAG für die Abgabenbehörde kein Vollzugsspielraum. Nach der genannten Gesetzesstelle hat vielmehr derjenige, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung dargetan hat, normiert § 26 Abs. 1 FLAG eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Diese Verpflichtung zur Rückerstattung ist von subjektiven Momenten (wie z.B. Verschulden, Gutgläubigkeit etc.) unabhängig. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. z.B. 2008/15/0329 und 2009/15/0089,). Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof (vgl. z.B. 93/14/0101) der Durchsetzung der Rechtsordnung grundsätzlich den Vorrang gegenüber dem Grundsatz von Treu und Glauben eingeräumt. Im gegenständlichen Fall ist die Regelung des § 5 Abs. 3 FLAG klar und eindeutig, wodurch außer Streit steht, dass im hier relevanten Zeitraum für die Tochter kein Beihilfenanspruch zukommt. Zu den vom Finanzamt ausgestellten und Ihnen übermittelten Mitteilungen über die zunächst erfolgte Zuerkennung der FB ab 03/2018-09/18, in weiterer Folge Einschränkung bis 04/2018 und wiederum die Einstellung der Beihilfe ist ergänzend darauf zu verweisen, dass solchen Mitteilungen nach § 12 Abs. FLAG kein Bescheidcharakter zukommt, weshalb aus diesen auch keine Rechtsansprüche über die voraussichtliche Dauer abgeleitet werden können (vgl. auch UFSvom , RV/1047-W/13)."
Laut Rückschein wurde die BVE dem Rechtsanwalt am mit Übernahme durch einen Arbeitnehmer der Kanzlei zugesellt.
Vorlageantrag vom (Poststempel, ON6)
Mit diesem wurde die Vorlage der Beschwerde an das BFG beantragt. Weiters Vorbringen wurde nicht erstattet.
Vorlagebericht vom
Mit diesem wurde die Beschwerde dem BFG elektronisch zur Entscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde wiederholte darin wie in der BVE ausgeführt und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Ergänzungsschriftsatz vom (Poststempel) und Urkundenvorlage
Nachgereicht wurde die Kopie der Bestätigung der Kirche JCHLT vom , ausgestellt vom Präsidenten des österreichischen Kirchenvorstandes, wonach sich die Tochter vom bis im vollzeitlichen und unentgeltlichen (ehrenamtlichen) Missionars- und Sozialdienst für die Kirche JCHLT am bekannten Ort des Drittstaates befunden und diesen Dienst erfolgreich abgeschlossen hatte. Diese werde vom Kirchenvorstand als Ausbildung zur Religionslehrerin anerkannt.
Ergänzend wurde unter Hinweise auf die BVE vom , Seite 2, vorgetragen, es sei auch von der belangten Behörde anerkannt, dass die erfolgreiche Absolvierung der Missionstätigkeit als Voraussetzung für die Befugnis zum Religionslehrer eine Berufsausbildung iSd § 2 (1) lit b FLAG 1967 darstelle. Der Antrag auf ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides werde ausdrücklich aufrechterhalten.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Bescheidbeschwerde und Vorlageantrag sind form- und fristgerecht. Die Bescheidbeschwerde ist überdies teilweise berechtigt. Die Rechtsgrundlagen sind bei den einzelnen Streitpunkten dargestellt.
1. Sachverhalt
Die Bf bezog Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag (kurz: Familienbeihilfe) zunächst für insgesamt drei Kinder. Tochter ***T*** wurde am ***5*** 1998 geboren und ist das älteste Kind, gefolgt von ***G1***, geboren am ***6***, und von ***8***, geboren am ***7***.
Zuletzt war der Bf für ***T*** Familienbeihilfe bis Juni 2017 gewährt worden (Matura bestanden am ). Ab war ***T*** bei der MA 10 - Wiener Kindergärten als Kindergartenpädagogin mit 40 Wochenstunden beschäftigt. Die Bf legte im Zuge des Überprüfungsverfahrens ua das Schreiben des Magistrats der Stadt Wien, MA 10, vom zur Neuanstellung ***T*** in einem näher bezeichneten Kindergarten vor. Laut Lohnzetteldaten war ***T*** von bis beim Magistrat der Stadt Wien beschäftigt. Der zugrundeliegende Antrag wurde von der Bf am ausgefüllt und der Beginn der Zuerkennung ab begehrt.
Es war vorgesehen, dass sich die Tochter mindestens ab bis (sohin 18 Monate) in einem Drittstaat zum Zweck ihrer Berufsausbildung befinden wird (konkret: im vollzeitlichen und unentgeltlichen (ehrenamtlichen) Missionars- und Sozialdienst für die Kirche JCHLT, ***3***). Dazu war das im Verfahrenshergang dargestellte Schreiben beigelegt. Sie war dort als Vollzeitmissionarin für die Kirche JCHLT tätig. Tatsächlich dauerte der Auslandsaufenthalt bis (19 Monate).
Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde die Rückforderung von FB iHv EUR 406,20 und KAB iHv EUR 116,80, insgesamt sohin EUR 523,00, ausschließlich für das Kind ***T*** aus. Weder ist die Berechnung der Beträge im Bescheidspruch selbst dargestellt noch verweist der Bescheid auf ein Beiblatt, dem die Berechnung zu entnehmen ist und das einen integrierenden Bestandteil des Bescheidspruches darstellt. Die anderen beiden Geschwister, die die Geschwisterstaffel beeinflusst haben, sind im Bescheid weder namentlich angeführt noch geht aus diesem die Korrektur der Geschwisterstaffel an sich noch die Anzahl der Geschwister, deren Erhöhungsbeträge gesondert gesetzlich geregelt sind, hervor. Der Rückforderungsbescheid verweist auch mit seiner Begründung nicht auf §§ 8 FLAG 1967, 33 Abs 3 EStG 1988 in der auf den Rückforderungszeitraum geltenden Fassung, die die Höhe der rückgeforderten Abgabenbeträge je Monat (Bemessungsgrundlage) nennen.
2. Beweismittel und -würdigung
Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt: Mitteilungen vom , vom und ; sowie nachgereicht vom FAÖ: Reife- und Diplomprüfungszeugnis vom , Schreiben des Magistrats der Stadt Wien, MA 10, vom betr Neuanstellung ***T*** als Kinderpädagogin; und nachgereicht von der Bf: Bestätigung der Kirche JCHLT vom .
Der Wegfall der Voraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe ab Juli 2017 wurde von der Bf selbst bekanntgegeben.
Im Übrigen ergab sich oben festgestellter Sachverhalt schlüssig und widerspruchsfrei aus dem Beschwerdevorbringen und wurde von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt. Strittig ist allein dessen rechtliche bzw verfassungsrechtliche Beurteilung.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I.
Rechtsgrundlagen:
Artikel 15 StGG (Staatsgrundgesetz) lautet:
"Jede gesetzlich anerkannte Kirche und Religionsgesellschaft hat das Recht der gemeinsamen öffentlichen Religionsübung, ordnet und verwaltet ihre inneren Angelegenheiten selbständig, bleibt im Besitze und Genusse ihrer für Cultus-, Unterrichts- und Wohlthätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und Fonde, ist aber, wie jede Gesellschaft, den allgemeinen Staatsgesetzen unterworfen."
§ 5 Abs 1 Religionsunterrichtsgesetz (RelUG) bestimmt:
"(1) Die gemäß § 3 Abs. 1 lit. b von den gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften bestellten Religionslehrer müssen die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen und - außer dem Erfordernis der kirchlich (religionsgesellschaftlich) erklärten Befähigung und Ermächtigung für die Erteilung des Religionsunterrichtes - hinsichtlich der Vorbildung die besonderen Anstellungserfordernisse erfüllen, die für die im § 3 Abs. 1 lit. a genannten Religionslehrer gelten. In besonders begründeten Ausnahmefällen kann - soweit § 7d nicht anderes bestimmt - der zuständige Bundesminister von dem Erfordernis der österreichischen Staatsbürgerschaft Nachsicht erteilen."
Gemäß § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 idgF haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat gemäß § 2 Abs 2 FLAG 1967 die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Gemäß § 2 Abs 5 FLAG 1967 gehört zum Haushalt einer Person ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn
a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält, …
Personen haben gemäß § 2 Abs 8 FLAG 1967 nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.
Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht gemäß § 5 Abs 3 FLAG 1967 für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.
Aus §§ 3,4 FLAG 1967 folgt, dass Anspruchsvoraussetzung auch die österreichische Staatsbürgerschaft von Antragsteller und Kind ist. Fremde müssen zusätzlich die Merkmale des § 3 FLAG 1967 zu erfüllen.
§ 26 Abs 1 FLAG 1967 sieht vor:
"(1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen."
Gemäß § 33 Abs 3 Z 1 EStG 1988 ist § 26 FLAG 1967 auch auf zu Unrecht bezogene Kinderabsetzbeträge anzuwenden.
…"
Rechtlich folgt:
Im Verfahren wurden mehrere Beweisanträge gestellt.
Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes "[setzt ein Beweisantrag aus sachlicher Sicht] voraus, daß er "prozessual ordnungsgemäß" gestellt wird, denn nur dann ist er als solcher beachtlich. Entscheidend für einen Beweisantrag ist vor allem die Angabe des Beweismittels und des Beweisthemas, also der Punkte und Tatsachen, die durch das angegebene Beweismittel geklärt werden sollen. Erheblich ist ein Beweisantrag jedoch in der Folge nur dann, wenn Beweisthema eine Tatsache ist, deren Klärung, wenn diese schon nicht selbst erheblich (sachverhaltserheblich) ist, zumindest mittelbar beitragen kann, Klarheit über eine erhebliche (sachverhaltserhebliche) Tatsache zu gewinnen (Hinweis Stoll, BAO-Handbuch, 1891). Beweise bei einem nur unbestimmten Vorbringen müssen nicht aufgenommen werden" (, mHa , 0023 mwN).
Wie sich aus den Begründungen des angefochtenen Bescheides und der Beschwerdevorentscheidung ergibt, hat die belangte Behörde die Vollzeitmissionierungstätigkeit der Tochter für die Kirche JCHLT als Berufsausbildung iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 anerkannt, sodass der Bedarf an einer Beweisführung nicht besteht. Weiters beziehen sich Beweise auf die Tatsachenebene. Beweisanträge, die auf die Auslegung von Normen abzielen, im Beschwerdefall die Auslegung von § 5 Abs 3 FLAG 1967, die allein strittig ist, sind daher unzulässig. Sämtliche Beweisanträge sind daher abzuweisen.
Artikel 15 StGG sieht neben der Autonomie zur Regelung der inneren Angelegenheiten von gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaft auch vor, dass diese "wie jede Gesellschaft, den allgemeinen Staatsgesetzen unterworfen [ist]". Das stellt auch die Beschwerde nicht in Frage, vielmehr betont sie, dass es um jenen Rechtsbereich geht, der "als Ausfluss des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf autonome Festlegung der inneren Angelegenheiten" gemäß § 5 RelUG anzusehen ist.
§ 5 Abs 3 FLAG 1967 zählt zu den in Artikel 15 StGG genannten allgemeinen Staatsgesetzen, denen auch die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzen Tage unterworfen ist. § 5 Abs 3 FLAG 1967 und § 2 Abs 1 lit b FLAG regeln verschiedene Tatbestände, die - neben anderen in den Rechtsgrundlagen zitierten Tatbeständen - kumulativ erfüllt sein müssen, damit ein Kind Anspruch auf die Familienbeihilfe vermittelt. Leg.cit. ist ausschließlich nach öffentlich-rechtlichen (abgabenrechtlichen) Grundsätzen unter Berücksichtigung von Normzweck und der Rechtsprechung der beiden Höchstgerichte des öffentlichen Rechts verfassungskonform auszulegen.
"Für die Frage, ob ein Aufenthalt ein vorübergehender oder ein ständiger ist, ist von einer ex ante-Betrachtung auszugehen" (vgl. ; ). Gemäß der ex ante Betrachtung ist vom geplanten 18-monatigen durchgehenden Aufenthalt in einem Drittstaat auszugehen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes "[ist d]ie Frage des ständigen Aufenthaltes iSd § 5 Abs. 3 FLAG nicht nach den subjektiven Gesichtspunkten, sondern nach dem objektiven Kriterium der grundsätzlichen körperlichen Anwesenheit zu beantworten(vgl. etwa [VwGH] , 2009/16/0178; ). Ein nicht nur vorübergehendes Verweilen liegt vor, wenn sich der Aufenthalt über einen längeren Zeitraum erstreckt (vgl. [VwGH] , 2007/15/0155 [richtig: 2007/15/0055]; nochmals VwGH 2009/16/0133).
Die Tochter war daher von Beginn an geplant durchgehend 18 Monate vom Familienwohnsitz in Österreich körperlich abwesend. Sie stand während dieser Zeit zur Missionstelle im Drittstaat in einer Nahebeziehung, wo sie neben ihrer Ausbildung auch Unterkunft fand. Ein durchgehender Aufenthalt in einem Drittstaat von 18 Monaten ist ein Aufenthalt über einen längeren Zeitraum iSd Judikatur, die der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung geschaffen hat (s zuvor zitierte VwGH-Judikate).
Laut mwN, "ist der ständige Aufenthalt im Sinne des § 5 Abs 3 FLAG unter den Gesichtspunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs 2 BAO zu beurteilen. Danach hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne der Abgabenvorschriften dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. Ein Aufenthalt in dem genannten Sinne verlangt grundsätzlich körperliche Anwesenheit. Daraus folgt auch, dass eine Person nur einen gewöhnlichen Aufenthalt haben kann. Um einen gewöhnlichen Aufenthalt aufrechtzuerhalten, ist aber keine ununterbrochene Anwesenheit erforderlich. Abwesenheiten, die nach den Umständen des Falles nur als vorübergehend gewollt anzusehen sind, unterbrechen nicht den Zustand des Verweilens und daher auch nicht den gewöhnlichen Aufenthalt. Ein nicht nur vorübergehendes Verweilen liegt jedenfalls vor, wenn sich der Aufenthalt über einen längeren Zeitraum erstreckt. Der gewöhnliche Aufenthalt erfordert nicht, dass der Aufenthalt freiwillig genommen wird."
Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführliche Begründung der Beschwerdevorentscheidung verwiesen, die oben dargestellt ist.
Zur verfassungsrechtlich bedenklichen, unterschiedlichen abgabenrechtlichen Behandlung, je nachdem, ob der Missionsdienst im Drittausland, im Inland, im EU/EWR-Ausland zu erfüllen sei, ist zu sagen, dass jeder (österreichische oder staatsfremde) Antragsteller, dessen Kind eine längerdauernde Ausbildung in einem Drittstaat absolviert, keinen Anspruch auf die Familienbeihilfe für dieses Kind hat. Insoweit erfolgt daher Gleichbehandlung. Der Vergleich mit unionsrechtlich relevanten Sachverhalten überzeugt nicht, weil die soziale Koordinierung VO (EG) 8838/2004 durch Verordnung iSd Art 288 Abs 2 AEUV geregelt ist, deren Normen im Anwendungsfall Geltung haben und im Anwendungsfall entgegenstehendes nationales Recht verdrängen oder dieses ergänzen und so eine andere Rechtslage schaffen. Ein reiner Inlandsfall ist mit einem Anwendungsfall des Unionsrecht nicht vergleichbar. Eine Inländerdiskriminierung durch das Unionsrecht argumentiert die Beschwerde nicht und ist vom BFG auch nicht erkennbar.
Dem Vorwurf der Verfassungswidrigkeit hat die belangte Behörde mit der Beschwerdevorentscheidung bereits zum damaligen gleichlautenden § 5 Abs. 4 FLAG, entgegengehalten. Näher führte der VwGH insbesondere aus:
"Eine gesetzliche Regelung, die den Anspruch auf eine der Familienförderung dienende Transferleistung an eine Nahebeziehung des anspruchsvermittelnden Kindes zum Inland bindet und hiebei auf dessen Aufenthalt abstellt, erweckt als solche keine verfassungsrechtlichen Bedenken. … Die Vorschrift des § 5 Abs 4 FamilienlastenausgleichsG 1967 [nunmehr § 5 Ab 3 FLAG 1967] bewirkt im Ergebnis, daß unbeschränkt steuerpflichtige Personen, die im Ausland lebenden Kindern gegenüber zu Unterhaltsleistungen verpflichtet sind, die auch in diesem Fall gebotene steuerliche Berücksichtigung der eingeschränkten Leistungsfähigkeit im Wege von Transferleistungen nicht erhalten, da ihnen die Transferleistungen auch in jenem Umfang verweigert werden, in dem sie zur Kompensation der aus der Nichtabzugsfähigkeit des Unterhaltes resultierenden steuerlichen Mehrbelastung erforderlich sind …."
Zur verfassungsrechtlich unerträglichen Anerkennung des Gedenkdienstes, Friedens- und Sozialdienstes im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes nach § 2 Abs 1 I) cc) FLAG 1967 ist zunächst auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung zur Vermeidung von Wiederholungen zu verweisen. Ergänzend ist zu sagen, dass leg.cit. ins FLAG aufgenommen wurde, weil die Zeit der volljährigen Kinder im sog freiwilligen sozialen Jahr nicht als Berufsausbildung anerkannt wurde und daher mangels Berufsausbildung iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 die Anträge TROTZ INLANDSAUFENTHALT ALLER PERSONEN abgewiesen wurden. Im Gleichklang mit dem Europäischen sozialen Jahr wurde die Norm auf den Raum EU/EWR ausgedehnt. Auch in diesem Punkt wird keine sachlich ungerechtfertigte Behandlung aufgezeigt.
Rückforderungsmonat März 2018
Rechtsgrundlagen:
§ 10 Abs 2 FLAG 1967 lautet:
"(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt."
Da für ***T*** die Familienbeihilfe zuvor nur bis Juni 2017 gewährt wurde und der zugrundeliegende Antrag mWv März 2018 gestellt wurde, wurde für den Zeitraum Juli 2017 bis März 2018 kein Sachverhalt verwirklicht, der für diese Monate einen Anspruch begründet hat (zB eine Ausbildung im Inland). Rechtlich folgt, dass durch die Ausbildung im Ausland, die auf eine Zeit der Berufsausübung folgte, die kumulativ geforderten Anspruchsvoraussetzungen von Anfang an nicht erfüllt waren. Die Rückforderung erstreckt sich zu Recht auch auf den Monat März 2018.
Spruches eines Rückforderungsbescheides nach § 26 Abs 1 FLAG 1967
Rechtsgrundlagen:
Gemäß § 10 Abs 2 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.
Gemäß § 13 FLAG 1967 … ist - insoweit einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist, ein Bescheid zu erlassen.
§ 198 BAO lautet auszugsweise:
"(1) Soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes vorgeschrieben ist, hat die Abgabenbehörde die Abgaben durch Abgabenbescheide festzusetzen.
(2) Abgabenbescheide haben im Spruch die Art und Höhe der Abgaben … und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten.
Der einer Person zustehende Betrag an Familienbeihilfe bestimmt sich gemäß § 8 Abs 1 FLAG 1967 idgF nach der Anzahl und dem Alter der Kinder, für die ihr Familienbeihilfe gewährt wird.
Gemäß § 8 Abs 2 Z 3 FLAG 1967 idF BGBl I 35/2014 vom , gemäß § 55 Abs 27 lit f FLAG 1967 in Kraft getreten am , betrug die Familienbeihilfe ab
a) 114 € für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats der Geburt,
b) 121,9 € für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats, in dem es das 3. Lebensjahr vollendet,
c) 141,5 € für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats, in dem es das 10. Lebensjahr vollendet,
d) 165,1 € für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats, in dem es das 19. Lebensjahr vollendet.
Gemäß § 8 Abs 3 Z 3 FLAG 1967 erhöhte sich die Familienbeihilfe monatlich für jedes Kind ab (sog "Geschwisterstaffel"), wenn sie
a) für zwei Kinder gewährt wird, um 7,10 €,
b) für drei Kinder gewährt wird, um 17,4 €, …
§ 279 Abs 1 BAO lautet:
"Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen."
Rechtlich folgt:
Soweit festgestellt werden konnte, fehlt eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Gestaltung des Spruches eines Rückforderungsbescheides iSd § 26 FLAG 1967.
Der Rückforderungsbescheid gemäß § 26 FLAG 1967 ist ein Abgabenbescheid iSd § 198 BAO. Gemäß dessen Absatz 2 haben Abgabenbescheide im Spruch ua die Art und Höhe der Abgaben und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist als Grundsatz festzuhalten, dass Abgabenbeträge nach den normierten Erklärungszeiträumen aufzuschlüsseln sind (; ). Zu dem nach § 198 Abs 2 BAO erforderlichen Inhalt eines Abgabenbescheides gehört auch die Bemessungsgrundlage, welche auch den Zeitraum enthalten muss, für den die jeweilige Abgabe vorgeschrieben wurde (; mHa jeweils mwN). Erst die Verbindung von Abgabenart, Zeitraum (Zeitpunkt) und Abgabenbetrag macht eine Abgabenforderung konkret (vgl ).
§ 10 Abs 2 FLAG 1967 bestimmt als Abgabenerhebungszeitraum für die Familienbeihilfe den Monat. Der monatlich rückgeforderte Betrag ist im Spruch nicht ausdrücklich genannt, weder für den Grundbetrag noch für die Geschwisterstaffel noch für den Kinderabsetzbetrag. Bei Unklarheit des Bescheidspruches ist die Begründung zur Auslegung desselben heranzuziehen. Da die Begründung mangels Wiedergabe von §§ 8 Abs 1 bis 3 FLAG, 33 Abs 3 EStG die monatlichen Berechnungsgrundlagen nicht anführt, trägt sie zur Auslegung des Spruchs nicht bei.
***T***, die Tochter, auf die sich die Rückforderung bezieht, hatte in den Monaten des Rückforderungszeitraums ihr 19. LJ vollendet, sodass für sie die monatliche FB EUR 165,10 betrug (sog Grundbetrag). Der Beihilfengrundbetrag, in den seit der Alterszuschlag eingearbeitet ist (§ 8 Abs 2 FLAG 1967 idF BGBl I 35/2014 vom ), ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz.
Der monatliche Grundbetrag von EUR 165,10 gemäß § 8 Abs 2 lit d FLAG 1967 als Ausgangsgröße für den Rückforderungsanspruch ergibt sich aus dem Bescheidspruch durch einfache Division durch zwei Monate, weil dieser für ***T*** in maximaler Höhe gewährt wurde und keinen Schwankungen unterlag (zB Geburtstag). Diese einfache Division, die unmittelbar zur gesetzlichen Ausgangsgröße als Bemessungsgrundlage iSd § 198 Abs 2 BAO iVm § 10 Abs 2 FLAG 1967 iVm § 8 Abs 2 lit d FLAG 1967 führt, erfüllt die gesetzlichen Anforderungen an Spruch eines Abgabenbescheides.
Gleiches gilt für den nachgeforderten Kinderabsetzbetrag, dessen monatliche Höhe sich ebenso unmittelbar aus dem Gesetz ergibt (EUR 56,80 monatlich).
Aus dem Bescheid ergibt sich für ***T*** eine monatlich rückgeforderte FB von EUR 203,10 (=406,20 laut Spruch div 2). Der Differenzbetrag von EUR 38,00 (=EUR 203,10 minus EUR 165,10) entfällt auf die Korrektur der Geschwisterstaffel. Weder dem Grunde nach (Korrektur von drei auf zwei Kinder) noch der Höhe nach (Differenz der im Gesetz genannten Beträge für drei und zwei Kinder) geht aus dem Bescheidspruch die Berechnung der Geschwisterstaffel hervor.
Aus dem Wortlaut des § 8 Abs 3 Z 3 FLAG idgF ergibt sich folgende Berechnung:
Nach der Geschwisterstaffel des § 8 Abs 3 Z 3 FLAG 1967 erhöhte sich bei drei Kindern der monatliche FB-Betrag um EUR 17,40 FÜR JEDES KIND. Gewährt worden waren daher - zu Unrecht - drei Mal EUR 17,40, macht EUR 52,20. Bei zwei Kindern standen - zu Recht - EUR 7,10 FÜR JEDES KIND zu, macht monatlich EUR 14,20. Die Differenz ergibt den Rückforderungsbetrag an Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs 3 Z 3 FLAG 1967 als Übergenuss und beläuft sich somit auf EUR 38,00 monatlich bzw auf EUR 76,00 für zwei Monate Rückforderungszeitraum.
Die Geschwisterstaffel ist nach wie vor durch gesonderte Erhöhungsbeträge geregelt, die im Gesetz neben dem Grundbetrag vorgesehen sind. Die Grundlagen für die Festsetzung des auf die Schrumpfung der Geschwisterstaffel entfallenden Rückforderungsbetrages sind Name und Geburtsdatum der Geschwister und die im FLAG je Monat normierten Beträge, sofern nicht das vorletzte Kind entfällt. Diesen Anforderungen genügt der Spruch des angefochtenen Bescheides nicht. Der Rückforderungsbetrag-Geschwisterstaffel ist die Differenz zweier im Gesetz genannten Beträge und ergibt sich folglich nicht unmittelbar aus dem Gesetz selbst, weshalb dessen Berechnung im Spruch des Rückforderungsbescheides hatte dargestellt werden müssen.
Der Spruch des angefochtenen Bescheides enthält keinerlei Angaben zur Korrektur der Erhöhungsbeträge nach § 8 Abs 3 Z 3 lit a und b FLAG 1967 (Geschwisterstaffel) und genügt den zuvor dargestellten gesetzlichen Anforderungen des § 198 Abs 2 BAO nicht.
Eine den Anforderungen des § 198 Abs 2 BAO genügende Spruchgestaltung eines Rückforderungsbescheides nach § 26 FLAG im Vergleich zum angefochtenen Bescheid wäre beispielsweise (Beträge in EUR):
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Angef Bescheid | Rechtskonforme Spruchgestaltung | |
Grundbetrag | 203,10 Berechnung nicht dargestellt | 165,10, Gesetzesbetrag |
Korrektur Geschwisterstaffel EUR 17,40*3 | Gar nicht dargestellt | 52,20, Gesetzesbetrag |
EUR 7,1*2 | Gar nicht dargestellt | -14,20 Gesetzesbetrag |
Kinderabsetzbetrag | 58,40 Gesetzesbetrag | 58,40 Gesetzesbetrag |
261,50 | 261,50 | |
2. Zeitraum März und April 2018 | 523,00 | 523,00 |
Soweit der Monatsbetrag gleichbleibt, erschiene eine Multiplikation vor dem Hintergrund des § 198 Abs 2 BAO ausreichend und wäre aus Gründen der leichteren Nachkontrolle vorzuziehen. Ein anderer Monatsbetrag wäre wiederum ableitbar aus den im FLAG genannten Beträgen gesondert zu ermitteln.
Fraglich ist, ob das BFG befugt ist, diesen Mangel im Spruch des angefochtenen Bescheides zu sanieren.
"Die Entscheidungsbefugnis des Bundesfinanzgerichts ist durch die Sache des Beschwerdeverfahrens begrenzt. Über diese Sache hinaus besteht keine Entscheidungsbefugnis des Bundesfinanzgerichts" (; , jeweils mwN). Die Sache des Beschwerdeverfahrens wiederum ist durch den Spruch des angefochtenen Bescheides bestimmt. Der Spruch des Rückforderungsbescheides wurde im Sachverhalt dargestellt. Da der Spruch des angefochtenen Bescheides zur Korrektur der Geschwisterstaffel nicht die zugehörigen Grundlagen der Berechnung des darauf entfallenden Rückforderungsbetrages enthält, ist es dem BFG in Hinblick auf die Sache des Beschwerdeverfahrens, die durch den Spruch des angefochtenen Bescheides begrenzt ist, verwehrt, die Korrektur der Geschwisterstaffel nachzuholen und die dafür erforderlichen Angaben erstmals in den Spruch des BFG-Erkenntnisses aufzunehmen. Eine Korrektur in diesem Punkt durch das BFG ist nicht zulässig.
Auf Ersuchen des BFG reichte die belangte Behörde die Berechnung des Rückforderungsbetrages nach:
Berechnung der belangten Behörde:
"FBH ***T***
Grundbetrag € 114,-
Alterszuschlag € 51,10
Geschwisterstaffel 3 Kinder € 17,40
€ 182,50
FBH ***G1***
Differenz Geschwisterstaffel 3. Kind € 10,30
FBH ***8***
Differenz Geschwisterstaffel 3. Kind € 10,30
€ 203,10 * 2 Monate = € 406, 20
KG ***T*** € 58,40 * 2 Monate = € 116,80
Insgesamte RF = € 523,-"
Zu dieser Berechnung ist Folgendes zu sagen:
a) Altersstaffel
In der Berechnung vom werden Grundbetrag und Alterszuschlag gesondert ausgewiesen. Die Altersstaffel wurde mit BGBl I 35/2014 in den Grundbetrag eingearbeitet und seit sieht das Gesetz nur mehr einen gemeinsamen, einheitlichen Betrag vor. Die EB-RV, 87 der Beilagen XXV. GP, sehen die "Erhöhung der Familienbeihilfe - einschließlich der Alterszuschläge" vor. Nähere Gründe für die Abkehr von der gesonderten Altersstaffel wurden nicht genannt. Auf die oben dargestellte Fassung des § 8 Abs 2 FLAG 1967 für Zeiträume ab wird verwiesen.
Der im Gesetz genannte Grundbetrag und der gesondert genannte Alterszuschlag, die bis einschließlich galten, betrugen für ein Kind bei einem Alter von über 19 Jahren zuletzt EUR 105,4 sowie EUR 47,3 monatlich (§ 8 Abs 2 FLAG 1967 idF vor BGBl I 35/2014). Die von der belangten Behörde verwendeten Beträge wurden im Hintergrund sehr wahrscheinlich weiterentwickelt, damit das Berechnungsprogramm nicht geändert musste.
Gemäß Artikel 18 Abs 1 B-VG darf die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden. Auch wenn die Summe von EUR 114,00 (Grundbetrag) und EUR 51,10 (Alterszuschlag) dem Grundbetrag für das Jahr 2018 entspricht, wäre durch den gesonderten Ausweis von Grundbetrag und Alterszuschlag im Spruch des Rückforderungsbescheides die verfassungsrechtliche Gesetzesbindung der Verwaltung verletzt, weil die Behörde an das geltende Recht gebunden ist. Die Berechnung des Rückforderungsbetrages für Zeiträume des Jahres 2018 bezieht sich nicht auf die für diesen Zeitraum geltende Rechtslage des § 8 Abs 2 FLAG.
b) Geschwisterstaffel
Die Korrektur Geschwisterstaffel verwendet nicht die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebenden Beträge, sondern Differenzbeträge, deren Berechnung nicht dargestellt ist. Sie entspräche in dieser Form nicht den Anforderungen der Bekanntgabe der Bemessungsgrundlagen des Art 18 Abs 1 B-VG iVm § 198 Abs 2 BAO. Die Erhöhungsbeträge für die Geschwisterstaffel sind nach dem Wortlaut des § 8 Abs 3 FLAG 1967 auch dessen alten Fassungen nicht auf die einzelnen Kinder zu verteilen.
Der Rückforderungsbescheid gemäß § 26 FLAG 1967 ist ein Abgabenbescheid iSd § 198 BAO. Gemäß dessen Absatz 2 haben Abgabenbescheide im Spruch die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten. Bemessungsgrundlagen eines Rückforderungsbescheides sind die gesetzlichen Monatsbeträge (§ 8 Abs 2 bis 4 FLAG, § 33 Abs 3 EStG 1988), Anzahl und Alter der von der Rückforderung betroffenen Kinder und der Zeitraum.
Verringern sich oder entfallen iZm einer Rückforderung nach § 26 FLAG 1967 die Erhöhungsbeträge des § 8 Abs 3 FLAG 1967 (Alterszuschlag), so ist die Berechnung der Korrektur der Geschwisterstaffel im Spruch nachvollziehbar darzustellen. Diesen Anforderungen genügt ein Bescheid, der im Spruch den korrigierten Alterszuschlag und den Grundbetrag des Kindes, für das die Rückforderung erfolgte, als Summe mit der Bezeichnung "FB" ausweist, nicht, wenn die Bemessungsgrundlagen (§ 8 Abs 2 und 3 FLAG 1967 idjgF) und die Berechnung auch nicht in der Begründung oder in einem Beiblatt, auf das im Bescheidspruch verwiesen wird, dargestellt sind.
Ergibt sich die Korrektur der Alterszuschläge (§ 8 Abs 3 FLAG 1967) nicht unmittelbar aus dem Spruch des Rückforderungsbescheides oder mittelbar anhand der Begründung oder einem Beiblatt, auf das im Bescheidspruch verwiesen wird, ist es der im Bescheidbeschwerdeverfahren angerufenen Instanz in Hinblick auf die Sache des Beschwerdeverfahrens (§ 279 BAO) verwehrt, diesen Mangel des Bescheidspruches zu sanieren.
Eventualantrag
§ 236 Abs 1 BAO lautet:
"Fällige Abgabenschuldigkeiten können auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre."
In eventu gestellt wurde der Antrag gemäß § 236 BAO von der Einhebung des zurückgeforderten Betrags abzusehen, da das die Bf hart und unbillig treffen würde. Sie sei für drei Kinder sorgepflichtig und ihre Ausgaben überstiegen jetzt schon beinahe ihre Einnahmen. Ihr Einkommen betrage EUR 2.054,-, die Ausgaben insgesamt 2.650,-. Die Differenz mit der die Ausgaben die Einnahmen überstiegen, könne sie nur durch die Familienbeihilfe und Unterhaltsleistungen ihres geschiedenen Ehemanns abdecken. Sobald nun die Familienbeihilfe wegfalle oder geringer ausfalle werde es für sie äußerst schwierig, die Ausgaben des täglichen Bedarfs zu bestreiten. Bei der Billigkeitsabwägung sei zu berücksichtigen, dass das Finanzamt in der Mitteilung vom angekündigt habe, die Familienbeihilfe für ***T*** ebenfalls bis September 2019, also während der gesamtem Missionszeit zu leisten und sie daher damit rechnen konnte (siehe Beilage - Mitteilung des Finanzamts vom ).
Das Nachsichtsverfahren gemäß § 236 BAO ist ein Verfahren der Abgabeneinhebung und vom Rückforderungsverfahren verschieden. Das BFG wäre darüber zu entscheiden nur dann befugt, wenn im Nachsichtsverfahren die Beschwerde dem BFG aufgrund eines Vorlageantrages vorzulegen war.
Mit dem Vorbringen des letzten Satzes wird der Vertrauensgrundsatz angesprochen, über den die belangte Behörde mit der Beschwerdevorentscheidung im Rahmen der Abgabenfestsetzung entschieden hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Prüfung der Frage, ob der Grundsatz von Treu und Glauben verletzt wurde, iZm der Rückforderungen nach Familienbeihilfe auch dem Nachsichtsverfahren zugeordnet. Im Beschwerdefall , ging es laut Betreff um "Nachsicht der Einhebung zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für …" und der VwGH führte begründend aus: "Eine Verletzung des - im Gesetz nicht vorgesehenen, dennoch aber als ein allgemeines Rechtsprinzip respektierten - Grundsatzes von Treu und Glauben ist an sich geeignet, eine Unbilligkeit der Einhebung von Ansprüchen des Abgabengläubigers nach sich zu ziehen."
Mit den Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung, Seite 4, 2. Absatz, hat die belangte Behörde über das Eventualbegehren aus der Sicht des § 26 Abs 1 FLAG entschieden. Nach dem klaren Wortlaut der Parteienerklärung wurde das Argument von Treu und Glauben als ein weiterer Unbilligkeitsgrund im Nachsichtsverfahren vorgetragen. Ob ein solches durchgeführt wurde, entzieht sich der Kenntnis des BFG.
Um über die Sache des Beschwerdeverfahrens nicht hinauszugehen, war spruchgemäß zu entscheiden (Spruchpunkt I. und II.).
3.2. Zu Spruchpunkt III. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da bereits zur Rechtsfrage, welche Bemessungsgrundlange der Spruch eines Rückforderungsbescheides nach § 26 FLAG 1967 iVm § 198 Abs 2 BAO beinhalten muss, eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - soweit das BFG feststellen konnte - fehlt, war bereits aus diesem Grund die ordentliche Revision zuzulassen. Ebenso scheint eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, wie § 5 Abs 3 FLAG 1967 iZm der zumindest 1½ jährigen Vollzeitmissionstätigkeit für die Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage in einem Drittland auszulegen ist, zu fehlen.
Wien, am
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