TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.01.2025, RV/2100685/2019

unbeschränkte Steuerpflicht im Inland

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Umgebung vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid wird wie in der Beschwerdevorentscheidung vom abgeändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) teilte dem Finanzamt Feldkirch am mit, dass sie per nach Serbien auswandere, ihre Wohnung verkauft habe und ihr Ehegatte vorläufig noch in Österreich bleibe. Sie legte die Bestätigung der Gemeinde ***1*** über die Wohnsitz-Meldung von bis und die (undatierte) Bestätigung der Wohnsitzanmeldung in Serbien vor.

Im Ermittlungsverfahren vor dem Finanzamt wurde die Bf. in mehreren Ergänzungsersuchen um die Vorlage der Meldebestätigung der Heimatgemeinde in Serbien, des Mietvertrags der Wohnung mit Betriebskostenvorschreibung, der Vorschreibung der Rundfunkgebühren in Serbien, einer Bestätigung des ehemaligen Arbeitgebers über die Beendigung der Grenzgängertätigkeit oder ein Arbeitszeugnis, den Nachweis der Pensionskassaauszahlung (Auszahlungsbescheid oder Kontoauszug des Sperrkontos vom Pensionskassaguthaben) und des Formulars L17 (Auslandslohnzettel) für die Jahre 2017 und 2018 ersucht.

Sämtliche Ergänzungsersuchen des Finanzamtes blieben unbeantwortet.

Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 vom wurde der Bf. an ihrer (damaligen) Adresse in der Steiermark zugestellt:

In der Begründung führte das Finanzamt aus:
"Sie hätten bei Verlassen des EU-Raumes unter Umständen auch Anspruch auf eine Pensionskassenauszahlung (in Höhe von ca. 100.000 CHF).
Bei Nichtauszahlung müssten Sie einen Sperrkontenauszug vorlegen, bei Bezug der Leistung eine Auszahlungsbestätigung. Da entsprechende Unterlagen (offenbar) erfolglos angefordert wurden, wird die überschlagsmäßig ermittelte Pensionskassenauszahlung im Jahre 2017 (Jahr des Wegzuges) gemäß § 25 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 in Ansatz gebracht.
Da die Wohnung in Österreich beibehalten wurde, der Ehegatte nach wie vor in Österreich wohnt (abgeleiteter Wohnsitz) und Sie mittlerweile auch wieder nach Österreich zurückgekehrt sind, ist grundsätzlich von einer Steuerpflicht sämtlicher im Jahre 2017 bezogenen Einkünfte auszugehen.
Wir berücksichtigen 60 Euro als Topf-Sonderausgaben z. B. für Wohnraumschaffung und -sanierung sowie Beiträge für bestimmte Versicherungen.
Der Grund: Die Topf-Sonderausgaben können wir nur zu einem Viertel anrechnen. Liegt der Gesamtbetrag Ihrer Einkünfte über 36.400 Euro verringert sich der Betrag weiter bis maximal 60 Euro (§ 18 Abs. 3 Z 2 EStG 1988)
."

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht die Beschwerde mit der Begründung, dass sie keinen Wohnsitz in Österreich habe und legte den Kontoauszug mit der Überweisung der Pensionskassa vom über 92.345,48 € und eine Kopie ihres Reisepasses mit einem Einreisestempel und nochmals die Bestätigung der Wohnsitzanmeldung in Serbien wie folgt vor:

[...]

In der Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der Bescheid wie folgt abgeändert:

In der Begründung wurde ausgeführt:
"Rechtliche Grundlagen:
Der Einkommensteuer ist das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat (§ 2 Abs. 1 EStG 1988). Einkommen ist der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Abzug der Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen sowie der Freibeträge nach den §§ 105 und 106a.
Gem. § 25 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 gelten Bezüge und Vorteile aus ausländischen Pensionskassen als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Gem. § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte. Das Einkommensteuerrecht enthält keine Definition der Begriffe Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt. Es ist daher § 26 BAO heranzuziehen. Gem. § 26 Abs. 1 BAO hat eine natürliche Person dort einen Wohnsitz, wo sie eine Wohnung innehat, und zwar unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass sie diese Wohnung beibehalten und benutzen wird. Der Steuerpflichtige muss die Wohnung innehaben. Als rechtlichen Grund für das Innehaben kommen Eigentum, Miete, Untermiete, Wohnungsrecht, aber auch familienrechtliche Ansprüche (zB des Ehegatten) in Betracht.
Verfügt nun eine Person über eine ständige Wohnstätte in zwei Staaten, so ist er dort steuerpflichtig, wo der Mittelpunkt der Lebensinteressen ist. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen ist in jenem Staat gelegen, zu dem die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen bestehen. Bei gegenläufigen Beziehungen entscheidet das Überwiegen.
Sachverhalt:
Sie waren seit 1998 als Grenzgängerin in Liechtenstein, zuletzt bei der Fa.
***2*** AG, beschäftigt. Am ließen sie sich das Pensionsguthaben der Pensionskassa in Höhe von 92.354,48 Euro ausbezahlen (Kontoauszug vom ).
Der Auszahlungsbetrag ist grundsätzlich gem. § 25 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 steuerpflichtig zu erfassen.
Mit Schreiben vom (Anpassung der ESt-Vorauszahlungen 2017) teilten Sie der Abgabenbehörde mit, dass Sie per nach Serbien ausgewandert wären, der Gatte (
***3***) vorläufig noch in Österreich verbleibe und die Wohnung verkauft worden wäre.
Aus der Aktenlage ergibt sich, dass Sie Ihren österreichischen Wohnsitz laut Melderegister per abgemeldet haben. Mit haben Sie sich in
Adr2 wieder mit Nebenwohnsitz angemeldet. Ihr Gatte, ***3***, ist laut Melderegister seit mit Hauptwohnsitz in Adr1 laufend gemeldet. Als Unterkunftsgeberin scheinen Sie mit Ihrem Namen auf. Sie waren laut Grundbuchsauszug Eigentümerin der Liegenschaft in Adr1. Mit Übergabevertrag vom wurde die Liegenschaft an die Söhne ***4*** und ***5*** zu ½ Anteil gegen Übernahme der aushaftenden Schulden übertragen. Aus dem Übergabevertrag ist unter dem Pkt. "Steuern speziell - Grunderwerbsteuer" ersichtlich, dass die Bruttogrundrissfläche des Hauses 152 qm beträgt und ein Wohngeschoss vorhanden ist. Eine Melderegisterabfrage betreffend ***5*** ergibt, dass dieser im Beschwerdejahr mit Hauptwohnsitz in Adr1 gemeldet war. ***4*** war im Zeitraum vom - und ab ebendort wohnhaft.
Steuerrechtlich folgt daraus, dass Sie zwar seit nicht mehr zivilrechtliche Eigentümerin der Liegenschaft in
***1*** sind, Sie dort jedoch bei Ihrem Gatten einen sogenannten abgeleiteten Wohnsitz hatten (familienrechtliche Ansprüche) und Sie im maßgeblichen Zeitraum in Österreich somit unbeschränkt steuerpflichtig waren. Die Größe der Wohnung von 152 qm ermöglichte es zudem, dass Sie dort wohnen konnten. Da Sie erst seit Anfang 2017 mit Ihrem Partner verheiratet sind, dieser an der angeführten Adresse seit wohnt und auch der Sohn ***5*** dort gemeldet war, konnte davon ausgegangen werden, dass die persönlichen Lebensinteressen in Österreich gelegen waren. Laut Ihren Angaben konnte der Ehepartner aus Krankheitsgründen den Wohnort in Österreich nicht verlassen. Dies ändert nichts an der vorliegenden Beurteilung, gebietet es die eheliche Beistands- und Fürsorgepflicht doch umso mehr, sich um den erkrankten Partner in Österreich zu kümmern.
Aufgrund der unbeschränkten Steuerpflicht war die Pensionskassenauszahlung somit in Österreich steuerpflichtig zu erfassen.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen und die steuerpflichtige Pensionskassenauszahlung mit 92.345,48 Euro für das Jahr 2017 festzusetzen
."

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin eine weitere Beschwerde, die als Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) gewertet wird, mit der Begründung:
"Guten Tag mein Name ist ***Bf1***,
geb.
xx.xx.1964 und ich bin bei der Firma ***6*** in Graz beschäftigt.
Gerne würde ich Ihnen den Sachverhalt kurz erklären.
Ich bin 2016 nach Serbien ausgewandert. Weil ich aber in finanzielle Schwierigkeiten kam, musste ich nach etwas mehr als einem Jahr zurück nach Österreich um zu arbeiten und mir meinen Lebensunterhalt zu verdienen.
Das Geld, das ich aus dem Liechtensteiner Pensionsfond bekommen habe, musste ich nicht versteuern, da ich in ein Nicht EU Land ausgewandert bin. Und dort bin ich auch mehr als ein Jahr geblieben.
Das Geld konnte ich überhaupt nur bekommen, weil ich in ein Nicht EU Land gegangen bin.
Es wurde von der Pensionskassa auch überprüft ob ich wirklich auswandern will und ob der Staat in den ich gehe nicht ein EU Land ist.
Mein Mann musste das erlauben und dafür unterschreiben, so ist die Rechtslage in Liechtenstein.
Mein Gatte blieb wie geplant in Österreich.
Ursprünglich war es so geplant, dass er bis sein Privatkonkurs erledigt ist, in Vorarlberg weiterarbeitet und dann eine Stelle in Ostösterreich antritt, wo er nicht so weit nach Serbien hätte und am Wochenende zu mir kommen könnte. Er ist von Beruf Fernfahrer, er kann schnell Arbeit bekommen.
Da er erkrankt ist und nicht mehr fahren konnte, hat sich das aber so nicht ergeben.
Das Finanzamt argumentiert, dass mein Lebensmittelpunkt in Vlbg. wäre, weil mein Mann dort lebt.
Das ist aber nicht so, sonst wäre ich ja sicher dorthin zurück und wäre nicht in der Steiermark geblieben.
Ich war während des ganzen Jahres wo ich in Serbien gelebt habe genau zweimal in Vorarlberg und das jeweils nur zu einer Gerichtsverhandlung.
Ich bin aus Vorarlberg weg, weil ich es nicht mehr ausgehalten habe, tägliche Schikanierereien, dazu kamen andere Probleme, privater Natur, und ich war nervlich am Ende. Ich wollte so nicht mehr leben, der einzige Ausweg den ich gesehen habe, war fort, weit fort.
Den Wunsch auszuwandern hatte ich schon länger, allerdings hätte ich wohl noch zugewartet, wenn nicht meine Schwiegertochter mit dem dritten Kind schwanger gewesen wäre, und meine Kinder den Platz gebraucht hätten. Also habe ich das Haus an zwei meiner Söhne übergeben und bin weg.
Meine Söhne haben meinem Mann erlaubt noch im Haus zu bleiben, zumindest bis der Umbau anfängt. Er ist dort auch noch gemeldet, weil er eine Postanschrift braucht, bewohnbar ist das Haus allerdings nicht, da Wasser und Heizung erneuert wurden und zurzeit kein WC und kein Bad im Haus ist. Auch das Dach fehlt. Mein Mann ist bei seiner Tochter untergekommen.
Ich habe meinen Partner kurz vor ich wegging geheiratet, weil er der Meinung war, dass es schwierig sein könnte uns gegenseitig in einem Unglücksfall zu unterstützen, wenn wir nicht verheiratet sind. (Lebenserhaltende Maßnahmen o.ä.)
Ich bin ein eigenständiger Mensch, bin gewohnt für mich selbst zu sorgen und mein Lebensmittelpunkt war genau da wo ich war.
Ich habe Ihnen den Stempel im Pass vorgelegt, die Abmeldung in Vorarlberg und die Anmeldung in Serbien. Sie werden in ganz Österreich niemand finden der mich zu irgendeiner Zeit im Land gesehen hat. Ich war nicht einmal zur Hochzeit meines Sohnes hier.
Ich habe einen guten Leumund und verstehe nicht wie Sie die vorgelegten Beweise einfach ignorieren können. Würde ich mit meinem Mann zusammenleben wollen, wäre ich sicher nicht in Graz, wo ich niemanden kenne, und viel schlechter Arbeit in meinem erlernten Beruf bekomme als in Graz.
Dass ich zurückkommen musste war sehr hart für mich.
Wegen des Kaufvertrags kann ich nur sagen, dass ich den Vertrag mit meinen Söhnen früh genug abgeschlossen habe, auf das Wohnrecht habe ich extra verzichtet, ich wollte nicht mehr zurückkommen, und von der Schlüsselübergabe gibt es Fotos.
Dass die Eintragung im Grundbuch nicht schneller gemacht wurde, dafür kann ich nichts.
Wenn meine ehemalige Nachbarin nicht wieder in Berufung gegangen wäre und der Prozess unerwartet für mich, weitergeführt werden musste, hätte mir das Geld auch gut gereicht.
So bin ich gezwungen hier zu arbeiten, ich zahle ein Drittel meines Lohns an den Rechtsanwalt Dr.
***7***, etwas geht für den Leasingvertrag auf und zum Leben bleiben mir ca. 400 Euro.
Ich habe vor ich in Vorarlberg weggegangen bin den Lohnsteuerausgleich gemacht.
Alle Papiere abgeben und mir wurde versichert, dass alles in Ordnung ist. Da ich keine Nachzahlung riskieren wollte, habe ich vor ich weggegangen bin extra mehr bezahlt damit es auch sicher reicht.
Ich war schon lange weg, sind sie beim Finanzamt Feldkirch zu dem Schluss gekommen, dass doch etwas fehlen müsse und sie haben mich geschätzt.
Dabei haben sie sich um 5000 Euro zu meinen Ungunsten verschätzt.
Als der Bescheid mich endlich erreichte wurde das Verfahren neu aufgenommen, ich wurde gepfändet, alleine auf die Schätzung hin, gerade 200 Euro hatte ich dann zum Leben.
Es stellte sich bald heraus, dass ich 2000 Euro Guthaben aus dem Jahr 2016 habe, und 1900 Euro aus dem Jahr 2018.
Die 3000 Euro, die aus der fehlerhaften Schätzung hervorgehen habe ich bis heute nicht zurückgebucht bekommen.
Beim Jahr 2017 spießt sich das Ganze. Bis Ende Februar war ich beschäftigt, dann bin ich ausgewandert.
Im Juni 2018 habe ich in Graz wieder angefangen zu arbeiten. Ich war also mehr als 15 Monate nicht in Österreich.
Vor ich ausgewandert bin habe ich mich beim Finanzamt erkundigt, wie ich das machen muss, damit alles rechtens ist. Ich hatte genug andere Probleme, mehr als ich ertragen konnte.
Ich habe mich an die Vorschriften gehalten. Trotzdem wollen sie jetzt über 30 000 Euro von mir.
Da ich wirklich nichts mehr besitze versuche ich mich gegen diesen Bescheid zu wehren.
Und da bitte ich Sie, mir zu sagen, wie ich das beweisen soll, wenn Sie die vorgelegten Dokumente einfach ignorieren.
Ich bin wirklich verzweifelt, nicht nur, dass ich nichts habe, die Rate die das Finanzamt von mir will übersteigt mein monatliches Einkommen.
Ich wohne in einem Untermietzimmer, weil ich mir keine Wohnung leisten kann.
Ich weiß wirklich nicht mehr weiter, es hat mich schon Überwindung gekostet wieder nach Österreich zurückzukommen, aber wenn das so bleibt ist mir die letzte Möglichkeit zu überleben genommen.
Ich bin mit meinem Vorhaben, endlich einmal nach meinen Vorstellungen zu leben, gescheitert, aber das heißt nicht, dass ich unglaubwürdig und unanständig bin
."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) idgF sind jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unbeschränkt steuerpflichtig. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

Gemäß § 2 Abs. 1 EStG 1988 ist der Einkommensteuer das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat.

Nach § 2 Abs. 3 Z 4 EStG 1988 unterliegen der Einkommensteuer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25).

Nach § 25 Abs. 1 Z 2b EStG 1988 sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) auch Bezüge und Vorteile aus ausländischen Pensionskassen (einschließlich aus ausländischen Einrichtungen im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionskassengesetzes). […]

Gemäß § 25 Abs. 2 EStG 1988 ist es bei den Einkünften im Sinne des Abs. 1 unmaßgeblich, ob es sich um einmalige oder laufende Einnahmen handelt, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob sie dem zunächst Bezugsberechtigten oder seinem Rechtsnachfolger zufließen.

Gemäß § 26 Abs. 1 BAO hat einen Wohnsitz im Sinn der Abgabenvorschriften jemand dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Den gewöhnlichen Aufenthalt im Sinn der Abgabenvorschriften hat gemäß § 26 Abs. 2 BAO jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. […]

Für das Vorliegen eines Wohnsitzes müssen die Voraussetzungen "Wohnung", "Innehabung derselben" sowie die "Beibehaltung und Benutzung" kumulativ vorliegen. Unter einer Wohnung sind Räumlichkeiten zu verstehen, die ihrem Inhaber nach Größe und Ausstattung ein den persönlichen Verhältnissen entsprechendes Heim bieten ().

Das Bestehen eines Wohnsitzes ist steuerrechtlich stets an die objektive Voraussetzung des Besitzes - hier gleichbedeutend mit dem Innehaben - einer Wohnung geknüpft. Der Wohnsitzbegriff des Steuerrechtes knüpft an die tatsächliche Gestaltung der Dinge an. Um einen Wohnsitz im Sinne der Abgabenvorschriften zu begründen, bedarf es der tatsächlichen Verfügungsgewalt über bestimmte Räumlichkeiten, die nach der Verkehrsauffassung zum Wohnen geeignet sind, also ohne wesentliche Änderungen jederzeit zum Wohnen benutzt werden können und ihrem Inhaber nach Größe und Ausstattung ein dessen persönlichen Verhältnissen entsprechendes Heim bieten (vgl. , , , mit weiteren Nachweisen).

Unter dem Innehaben einer Wohnung ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs die rechtliche und/oder tatsächliche Möglichkeit zu verstehen, über die Wohnung zu verfügen, insbesondere sie für den Wohnbedarf jederzeit benützen zu können (vgl. ). Bei der Beurteilung des Tatbestandsmerkmales des Innehabens steht die tatsächliche Verfügungsmacht im Vordergrund (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, Seite 334).

Als Rechtsgründe für die Innehabung kommen vor allem Eigentum (zB am Einfamilienhaus), Wohnungseigentum, Miete, Untermiete, Wohnungsrecht (§ 521 ABGB), aber auch familienrechtliche Ansprüche (zB des Ehegatten, vgl. auch § 97 ABGB) in Betracht (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 26, Rz 6).

Volljährige Kinder, die keine eigene Wohnung haben und bei ihren Eltern leben, haben dort einen sog. abgeleiteten Wohnsitz; dasselbe gilt für Ehepartner (vgl. ).

Der Wohnsitzbegriff des § 26 Abs. 1 BAO fordert nicht die ununterbrochene tatsächliche Benützung der Wohnung. Er ermöglicht, dass jemand auch mehrere Wohnsitze haben kann. (, ).

Die polizeiliche Ab- und Anmeldung (§ 1 Abs. 1 MeldeG) ist nicht entscheidend (; , 95/13/0150; , 99/15/0104; , Ra 2015/15/0066).

Im vorliegenden Fall wohnte die Beschwerdeführerin in ihrem Eigenheim in Vorarlberg und arbeitete bis als "Grenzgängerin" bei der ***2*** AG, einem Unternehmen in Liechtenstein. Am meldete sie den österreichischen Wohnsitz ab. Dem Finanzamt teilte sie mit, dass sie nach Serbien auswandere und legte eine Meldebestätigung in Serbien und einen Einreisestempel im Reisepass vor.

Zu ihrer Abmeldung des Wohnsitzes in Österreich wird auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung verwiesen, dass eine polizeiliche (Ab)Meldung lediglich Indizwirkung hat.

Am wurden von der Pensionskassa das Pensionsguthaben in Höhe von 92.345,48 € auf das Bankkonto der Bf. überwiesen.

Auch der Ehegatte der Beschwerdeführerin, mit dem sie vom bis verheiratet war, wohnte an der Adresse dieses Eigenheims, auch noch nach dem von der Bf. behaupteten Wegzug. Lt. den Daten im Zentralen Melderegister (ZMR) war er dort von bis mit Hauptwohnsitz gemeldet.

Dieses Eigenheim verkaufte die Beschwerdeführerin am an ihre beiden Söhne. Aus dem Übergabevertrag ist ersichtlich, dass die Bruttogrundrissfläche des eingeschossigen Wohnhauses 152 m2 beträgt. Lt. ZMR-Abfrage war der Sohn ***5*** im Beschwerdejahr mit Hauptwohnsitz an der Adresse dieses Eigenheims gemeldet. Der zweite Sohn ***4*** war im Zeitraum vom - und ab ebendort wohnhaft.

Im Zeitraum von bis war die Beschwerdeführerin mit Nebenwohnsitz in der Nähe von Graz gemeldet, sie war von bis bei der Fa. ***6*** in Graz beschäftigt.

Nach Ansicht des BFG hatte die Beschwerdeführerin im Streitjahr einen abgeleiteten Wohnsitz (familienrechtlicher Anspruch) an der Adresse ihres ehemaligen Eigenheims - auch wenn sie nicht mehr Eigentümerin der Liegenschaft war - da ihr Ehemann in diesem Haus wohnte und sie dadurch die Wohnung jederzeit nutzen konnte.

Ob die Wohnung von der Bf. auch tatsächlich benutzt wurde, ist nicht entscheidend, sondern nur, ob Umstände dafür sprechen, dass sie ständig von ihr benutzt werden konnte.

Die von der Beschwerdeführerin vorgelegte Wohnsitzanmeldung in Serbien ist für die Frage, ob im Inland die unbeschränkte Steuerpflicht besteht, nicht ausschlaggebend, da man gleichzeitig mehrere Wohnsitze haben kann.

Das Bundesfinanzgericht (BFG) geht davon aus, dass die Beschwerdeführerin den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Streitjahr nicht in Serbien, sondern in Österreich hatte, da hier ihr Ehemann und ihr Sohn in ihrem ehemaligen, mit ca. 150 m2 ausreichend großen Eigenheim lebten. Die mehrfachen Ergänzungsersuchen betreffend Vorlage von weiteren Unterlagen zur "Auswanderung" wurden von der Bf. nicht beantwortet und keine weiteren Unterlagen vorgelegt. Der im Beschwerdeverfahren übermittelte Einreisestempel nach Serbien im Reisepass kann das Beschwerdevorbringen nicht stützen.

Das Beschwerdevorbringen, der Ehemann der Bf. habe während der Umbauarbeiten im Eigenheim bei seiner Tochter gewohnt, sieht das BFG als Schutzbehauptung an, da die Hauptwohnsitzmeldung des Ehemannes - ohne Unterbrechung - durchgehend im Eigenheim bestand.

Außerdem hat die Beschwerdeführerin ab Juni 2018 ihren Wohnsitz wieder in Österreich gemeldet.

Auf Grund dieser Feststellungen sieht es das BFG als erwiesen an, dass im Streitjahr die unbeschränkte Steuerpflicht der Beschwerdeführerin weiterhin in Österreich bestand.

Ob die Pensionskassa vor der Auszahlung des Pensionsguthabens überprüft hat, ob die Beschwerdeführerin in ein Nicht-EU Land auswandert, ist hier nicht entscheidend, sondern ob die Voraussetzungen für die unbeschränkte Steuerpflicht nach dem österreichischen Recht vorliegen.

Somit war wie im Spruch zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im vorliegenden Fall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt, insbesonders weil der als erwiesen anzunehmende Sachverhalt in freier Beweiswürdigung festgestellt wurde und das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht, ist eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 2 Abs. 3 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 25 Abs. 1 Z 2b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 25 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 26 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 26 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise










ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.2100685.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at