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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.12.2024, RV/7200028/2022

Steuerbefreiung gem. § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG 1995 für Luftfahrtbetriebsstoffe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, vertreten durch ***Stb***, über die Beschwerde vom gegen den Sammelbescheid des Zollamtes Österreich vom , Zl. ***1***, betreffend Mineralölsteuer und Säumniszuschlag zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde gegen den Bescheid I des o.a. Sammelbescheides (Abweisung des Antrages auf Erstattung von Mineralölsteuer) wird teilweise Folge gegeben und es wird gem. § 5 Abs. 3 MinStG Mineralölsteuer in der Höhe von € 18.183,40 erstattet. Die detaillierte Aufstellung dazu ist der in den Entscheidungsgründen enthaltenen Tabelle zu entnehmen, die einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses bildet. Im Übrigen wird die Beschwerde betreffend die Erstattung als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen den Bescheid II des o.a. Sammelbescheides (Nachforderung von Mineralölsteuer in der Höhe von € 1.912.156,46) wird stattgegeben und der angefochtene Nachforderungsbescheid wird aufgehoben.

III. Der Beschwerde gegen den Bescheid III des o.a. Sammelbescheides (Festsetzung eines Säumniszuschlages) wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

IV. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit dem an die nunmehrige Beschwerdeführerin (Bf.), die ***Bf***, gerichteten Bescheid vom , Zl. ***1***, wies das Zollamt Österreich den Antrag der Bf. vom auf Erstattung von Mineralölsteuer ab (Bescheid I).

Gleichzeitig setzte das Zollamt der Bf. mit diesem Sammelbescheid gem. §§ 4 Abs. 1 Z 1 und 21 Abs. 1 Z 1 MinStG iVm § 201 Abs. 1 und Abs. 2 Z 3 BAO der Bf. für im Kalenderjahr 2015 aus dem Steuerlager der Bf. verbrauchsteuerfrei abgegebene Mineralöl die Mineralölsteuer fest (Bescheid II).

Darüber hinaus setzte das Zollamt der Bf. im Grunde des § 217 BAO einen Säumniszuschlag fest (Bescheid III).

Gegen diesen Sammelbescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom .

Diese Beschwerde wies das Zollamt mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zl. ***2***, als unbegründet ab.

Die Bf. stellte daraufhin mit Schriftsatz vom den Vorlageantrag. Mit Eingabe vom zog sie den Antrag auf Entscheidung durch den Senat zurück.

Am fand in Wien auf Antrag der Bf. die mündliche Verhandlung statt.

Mit Schreiben vom erstattete das Zollamt Österreich dazu ein ergänzendes Vorbringen und legte weitere Unterlagen vor.

Die Bf. replizierte auf dieses Vorbringen mit Schriftsatz vom und legte ebenfalls weitere Unterlagen vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Dass verschiedene Kunden der Bf. (diverse Luftfahrtunternehmen) die im o.a. Sammelbescheid ausgewiesenen Mengen an Luftfahrtbetriebsstoffen in den angeführten Zeiträumen aus dem Steuerlager der Bf. bezogen haben, steht außer Streit.

Strittig ist, ob hinsichtlich dieser Mineralöle die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung gem. § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG vorliegen.

Das Zollamt vertritt die Ansicht, der Bf. sei es in den streitgegenständlichen Fällen nicht gelungen, ihrer Nachweispflicht zu entsprechen. Die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen für die Steuerfreiheit sei daher nicht erwiesen.

2. Beweiswürdigung

Die Beweiserhebung seitens des Bundesfinanzgerichtes erfolgte durch Einsichtnahme in die vom Zollamt elektronisch vorgelegten Verwaltungsakte unter Berücksichtigung der von den Parteien nachgereichten Unterlagen. Darüber hinaus wurde auch auf die im Rahmen der mündlichen Verhandlung gewonnenen Erkenntnisse und auf die dort vorgelegten Unterlagen Bedacht genommen.

Daraus ergibt sich der oben wiedergegebene Sachverhalt und der geschilderte Verfahrensgang.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkten I. bis III (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Rechtslage:

Die für den Beschwerdefall wichtigsten gesetzlichen Bestimmungen in der entscheidungsmaßgeblichen Fassung lauten:

§ 201 Abs. 1 Z 1 BAO:

Ordnen die Abgaben Vorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

Gemäß § 201 Abs. 2 Z 3 BAO kann die Festsetzung erfolgen, wenn kein selbst berechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden.

Sinngemäß nach § 303 Abs. 1 BAO kann ein abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn

a. der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder

b. Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder

c. der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anderslautenden (vom bekannt gegebenen selbst berechneten Betrag abweichenden) Bescheid herbeigeführt hätte

§ 4 Abs. 1 Z 1 MinStG:

Von der Mineralölsteuer ist Mineralöl befreit, das als Luftfahrtbetriebsstoff an Luftfahrtunternehmen für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen oder Sachen oder für sonstige gewerbsmäßige Dienstleistungen, die mittels eines Luftfahrzeuges erbracht werden, aus Steuerlagern oder Zolllagern abgegeben wird.

§ 5 Abs. 3 MinStG:

Wurde für Mineralöle, Kraftstoffe oder Heizstoffe, die nach § 4 Abs. 1 Z 2 bis 8 steuerfrei sind, die Mineralölsteuer entrichtet, so ist sie, außer in den Fällen des § 4 Abs. 1 Z 5 und 7, auf Antrag des Steuerschuldners zu erstatten.

§ 21 Abs. 1 Z 1 MinStG:

Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, entsteht die Steuerschuld dadurch, dass Mineralöl aus einem Steuerlager weggebracht wird, ohne dass sich ein weiteres Steueraussetzungsverfahren oder Zollverfahren ausgenommen das Verfahren der Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr und das Ausfuhrverfahren anschließt, oder dadurch, dass es in einem Steuerlager zum Verbrauch entnommen wird (Entnahme in den freien Verkehr).

§ 21 Abs. 4 Z 1 MinStG:

Die Steuerschuld entsteht in den Fällen des Abs. 1Z 1 im Zeitpunkt der Entnahme in den freien Verkehr;

§ 22 Abs. 1 Z 1 MinStG:

Steuerschuldner ist oder sind in den Fällen des § 21 Abs. 1 Z 1 der Inhaber des Steuerlagers, daneben bei einer unrechtmäßigen Wegbringung oder Entnahme die Person, die das Mineralöl weggebracht oder entnommen hat oder in deren Namen das Mineralöl weggebracht oder entnommen wurde, sowie jede Person, die an der unrechtmäßigen Wegbringung oder Entnahme beteiligt war.

§ 23 Abs. 1 MinStG:

Der Steuerschuldner hat bis zum 25. eines jeden Kalendermonats bei dem Zollamt, in dessen Bereich sich der Betrieb des Steuerschuldners befindet, jene Mineralölmengen, die im vorangegangenen Monat aus dem Steuerlager weggebracht oder zum Verbrauch entnommen wurden, schriftlich anzumelden. ...

§ 23 Abs. 3 MinStG:

Die angemeldeten Mineralöl-, Kraftstoff- und Heizstoffmengen sind nach Arten getrennt auszuweisen. Der Steuerschuldner hat in der Anmeldung jene in der Gesamtmenge enthaltenen Mengen abzuziehen, die auf Mineralöl entfallen, das unter Steueraussetzung verbracht wurde, oder die gemäß § 4 von der Mineralölsteuer befreit sind. Die abgezogenen Mengen sind nach den Befreiungsgründen des § 4 aufzugliedern. Von den nach Vornahme dieser Abzüge verbleibenden Mengen hat der Steuerschuldner in der Anmeldung die Mineralölsteuer zu berechnen (Selbstberechnung)....

§ 54 Abs. 3 MinStG:

Der Inhaber eines Luftfahrtunternehmens nach § 4 Abs. 1Z 1 hat Aufzeichnungen zu führen, aus denen die Art und Menge des unversteuert bezogenen Mineralöls und die gewerbsmäßig erbrachten Luftfahrt-Dienstleistungen hervorgehen.

Art. 14 Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie 2003/96/EG des Rates zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom:

(1) Über die allgemeinen Vorschriften für die steuerbefreite Verwendung steuerpflichtiger Erzeugnisse gemäß der Richtlinie 92/12/EWG hinaus und unbeschadet anderer Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Voraussetzungen, die sie zur Sicherstellung der korrekten und einfachen Anwendung solcher Befreiungen und zu Verhinderung von Steuerhinterziehung und -vermeidung oder Missbrauch festlegen, die nachstehenden Erzeugnisse von der Steuer:

a) …

b) Lieferungen von Energieerzeugnissen zur Verwendung als Kraftstoff für die Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt.

Im Sinne dieser Richtlinie ist unter der "privaten nichtgewerblichen Luftfahrt" zu verstehen, dass das Luftfahrzeug von seinem Eigentümer oder der durch Anmietung oder aus sonstigen Gründen nutzungsberechtigten natürlichen oder juristischen Person für andere als kommerzielle Zwecke und insbesondere nicht für die entgeltliche Beförderung von Passagieren oder Waren oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen oder für behördliche Zwecke genutzt wird.

Die Mitgliedstaaten können die Steuerbefreiung auf Lieferungen von Flugturbinenkraftstoff (KN-Code 2710 1921) beschränken.

Erwägungen:

Zu Bescheid I:

Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass am Flughafen Wien im Zuge des Betankungsvorganges seitens des Betankungsunternehmens zunächst stets geprüft wird, ob es sich um einen versteuerten bzw. unversteuerten Bezug des Luftfahrtbetriebsstoffes handelt. Bringt der dazu befragte Pilot zum Ausdruck, dass die Voraussetzungen für eine Mineralölsteuerbefreiung vorliegen, erfolgt die Betankung unversteuert in allen anderen Fällen wird nur versteuertes Mineralöl abgegeben.

Die Erklärung des Piloten wird auf dem Lieferschein vermerkt. Dies geschieht durch das Ankreuzen des Feldes "Commercial Flight Untaxed" für gewerbliche Flüge bzw. durch das Ankreuzen des Feldes "Other Flight Taxed" für sonstige Flüge. Der Pilot bestätigt die Richtigkeit seiner Angaben durch seine Unterschrift auf dem Lieferschein.

In allen vom Bescheid I umfassten Betankungsvorgängen liegt eine vom betreffenden Piloten unterfertigte Erklärung vor, wonach es sich jeweils um einen "Other Flight Taxed" handelte. Das Zollamt kann auf Grund dieser Angaben grundsätzlich zu Recht davon ausgehen, dass in diesen Fällen die Voraussetzungen für eine steuerfreie Abgabe nicht vorlagen. Es kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass die Erklärungen des Piloten irrtümlich erfolgten oder dessen Angaben aus sonstigen Gründen unzutreffend sind. Dazu wäre aber (etwa im Rahmen eines späteren Erstattungsverfahren) sowohl ein entsprechend substantiiertes Vorbringen der Bf. als auch die Vorlage aussagekräftiger Nachweise erforderlich.

Hinsichtlich der Luftfahrtunternehmen ***3***, ***4***, ***5*** und ***6*** ist beides nicht der Fall. Die Bf. hat zu diesen Betankungen mit keinem Wort dargelegt, dass die Angaben der jeweiligen Piloten falsch oder aus anderen Gründen unbeachtlich seien. Sie hat auch keine Unterlagen vorgelegt, denen zweifelsfrei zu entnehmen ist, dass das betreffende Mineralöl doch zur Erbringung konkreter gewerbsmäßiger Luftfahrdienstleistungen verwendet worden ist.

Die Bf. trägt in der Beschwerde zu Bescheid I vor, weder aus dem Mineralölsteuergesetz noch aus der Energierichtlinie sei abzuleiten, dass die entgeltliche Erbringung von Luftfahrtdienstleistungen durch die Vorlage von Ausgangsrechnungen nachzuweisen sei. Damit ist sie grundsätzlich im Recht. Im Streitfall gilt es jedoch die Richtigkeit der aktenkundigen Angaben der Piloten zu widerlegen, wonach es sich um keine "untaxed flights" handelt. Der Behörde lagen somit zwei widersprüchliche Angaben hinsichtlich der Steuerbefreiung vor. Sie hatte daher zu prüfen, welche dieser Angaben den Tatsachen entsprechen. Dazu bedurfte es konkreter Erklärungen und der Beibringung aussagekräftiger Unterlagen, die eine solche Prüfung erst ermöglichen. Da die Bf. bezüglich der genannten vier Luftfahrtunternehmen keine Nachweise vorlegte, denen die Unrichtigkeit der ursprünglichen und schlüssigen Angaben der Piloten zu entnehmen war, kann dem Zollamt nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn es die Erstattung nicht gewährte.

Zu der vorliegenden Faktura der ***6*** vom ist darauf hinzuweisen, dass dieser Rechnung ein zweifelsfreier Konnex zu der am vorgenommenen Betankung bzw. zu einer im Anschluss daran durchgeführten konkreten Luftfahrtdienstleistung nicht zu entnehmen ist.

Im Gegensatz dazu ist es nach der Überzeugung des Bundesfinanzgerichts der Bf. gelungen, in Bezug auf die Betankungen für das Luftfahrtunternehmen ***7***. dem Zollamt die Erfüllung der Voraussetzungen für die begehrte Steuerbefreiung nachzuweisen:

So liegt etwa das Schreiben der ***7***. vom vor, dem zu entnehmen ist, dass das Mineralöl vom Charterer des Flugzeuges, der Firma ***8***, für die entgeltliche Personenbeförderung benützt worden ist, und dass es sich dabei um keine Privatflüge (private pleasure flying) gehandelt habe.

Nach den von ***7***. vorgelegten Unterlagen hat sie das in ihrem Eigentum befindliche Flugzeug an die ***8*** verleast. Es liegen auch Fakturen der ***8*** an die ***9*** vor, mit denen Luftfahrtdienstleistungen in Rechnung gestellt wurden. In einem Beiblatt dazu werden die einzelnen Flüge unter Angabe von Datum, Flugroute und Flugdauer aufgelistet. Aus den weiteren Unterlagen, die eine zweifellose Zuordnungen zu den konkreten Flügen erlauben (Rechnungen der ***10*** an die ***7***., Rechnungen der ***11*** an die ***10***, Lieferscheine der ***12*** an die ***7***.) ergibt sich, dass das ursprünglich versteuert bezogene Mineralöl zu entgeltlichen Luftfahrtdienstleistungen verwendet wurde.

Dem Erstattungsantrag war daher hinsichtlich der Firma ***7***. im folgenden Ausmaß stattzugeben:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zeitraum
Menge in Liter
Mineralölsteuer in Euro
06/2015
14.414,00
5.722,36
07/2015
1.887,00
749,14
08/2015
8.292,00
3.291,92
09/2015
3.814,00
1.514,16
10/2015
15.581,00
6.185,66
11/2015
1.814,00
720,16
Summe
45.802,00
18.183,40

Hinweis:

Die Berechnung des Erstattungsbetrages erfolgte auf der Basis der bezughabenden Mengenangaben der Bf. in ihrer Steueranmeldung und auf die Aufstellung im angefochtenen Erstattungsbescheid.

Zu Bescheid II

Der gegenständliche Nachforderungsbescheid stützt sich im Wesentlichen auf die Feststellung des Zollamtes, wonach für die im Anhang III des angefochtenen Bescheides angeführten Betankungen zwar nachträglich Unterlagen beigebracht worden seien, der Nachweis der Rechtmäßigkeit der steuerfreien Abgabe iSd § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG habe damit aber nicht oder nicht vollständig erbracht werden können.

Spätestens seit Ergehen der Urteile des EuGH in den Rechtsachen C-79/10 und C-250/10 habe der Bf. klar sein müssen, welche Nachweise zur rechtmäßigen Mineralölsteuerbefreiung erforderlich sind.

Dieser Argumentation kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil die eben zitierten Urteile die ausdrückliche Nennung konkreter Nachweise nicht enthalten.

Nach der Aktenlage war die Bf. stets bemüht, verlässliche Auskünfte des Zollamtes dahingehend zu erhalten, in welcher Form sie den Nachweis für das Vorliegen einer Mineralölsteuerbefreiung zu erbringen habe.

Dies bestätigte auch der Vertreter des Zollamtes im Rahmen der mündlichen Verhandlung. Demnach sei es ab 2012 wiederholt zu Anfragen der Bf. an das Zollamt gekommen, welche Unterlagen vorzulegen seien. Die Bf. sei ab dem Jahr 2012 auch laufend informiert worden. Vorwiegend seien diese Auskünfte mündlich erteilt worden.

Eine taxative Aufstellung, welche Unterlagen die Bf. genau vorzulegen habe, sei allerdings aufgrund der unterschiedlichen Gegebenheiten und Luftfahrtdienstleistungen nicht möglich. Es sei vielmehr stets im Einzelfall zu entscheiden.

Im Zuge einer Betriebsprüfung im Mai 2013 sei die Bf. davon informiert worden, dass sie aufgrund der aktuellen Rechtsprechung des EuGH für eine Überprüfung verantwortlich sei, ob ihr Kunde eine gewerbliche Beförderung durchführe. Außerdem sei der Bf. damals mitgeteilt worden, dass ein AOC nicht genüge, sondern dass zusätzliche Nachweise, wie in erster Linie Rechnungen, Tickets und Passagierlisten anzufordern seien. Schriftliche Aufforderungen habe es am und am gegeben.

Dem ist zu entgegnen, dass am seitens des Zollamtes ein Bescheid über einen Prüfungsauftrag erging. Organe der Betriebsprüfung Zoll führten laut vorliegendem Aktenvermerk am ein Eröffnungsgespräch mit der Bf. Dem Aktenvermerk lässt sich erschließen, dass im Zuge dieses Gesprächs auch die Voraussetzungen für die Gewährung einer Steuerbegünstigung erörtert wurden. Nach der Zitierung der Bestimmungen des § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG wird dort auf die Bestimmungen der vom Bundesministerium für Finanzen herausgegebenen Arbeitsrichtlinie VS-1130 verwiesen und wie folgt ausgeführt:

"VS-1130 - Arbeitsrichtlinie Mineralölsteuer - Steuerbegünstigung und ihre Geltendmachung:

Für die Geltendmachung der Steuerbefreiung ist der Betreiber des Steuer- oder Zollagers berechtigt. Dieser hat sich allerdings entsprechend vom Vorliegen der Voraussetzungen für ihre Gewährung zu überzeugen und zu diesem Zweck die an sich luftfahrtrechtlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen des Luftfahrtunternehmens über

  • die Bezeichnung des Flugs,

  • die Flugnummer,

  • die Flugdauer und Flugzeit,

  • den Zweck des Flugs,

  • den Ort und Zeitpunkt der Betankung und

  • die Art und Menge des aufgenommenen Treibstoffs

zu kontrollieren, um sicherzugehen, dass das Luftfahrtunternehmen den abgegebenen Flugtreibstoff für den steuerbegünstigten Zweck verwendet. Ferner ist der Lagerinhaber als Steuerschuldner angehalten, die kontrollierten Aufzeichnungen in Kopie aufzubewahren, da er diese über Verlangen an die Zollbehörden zur Überprüfung vorzulegen hat, widrigenfalls davon auszugehen ist, dass keine Steuerbefreiung vorlag und ihn eine entsprechend Nachzahlung trifft, die er seinerseits mit dem Luftfahrtunternehmen nachzuverrechnen hat."

Von der Notwendigkeit zur Vorlage der vom Vertreter des Zollamtes angesprochenen Unterlagen (wie Fakturen etc.) ist weder im erwähnten Aktenvermerk noch in der Dienstanweisung VS-1130 die Rede.

Die beiden eben angesprochenen Vorhalte vom und sind widersprüchlich. Während im Vorhalt vom darauf hingewiesen wird, dass für die Gewährung der Steuerfreiheit gem. § 4 MinStG die Vorlage eines AOC weder zwingende Voraussetzung noch als solche ausreichend sei, heißt es im Vorhalt vom u.a.:

"Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der steuerbefreiten Abgabe von Luftfahrtbetriebsstoff an die Luftfahrtunternehmen sind folgende Unterlagen erforderlich:

1. Ein zum Zeitpunkt der Fluges gültiges Luftverkehrsbetreiberzeugnis (AOC).

2. Für ALLE Flüge müssen Tickets/Mastertickets und wenn möglich auch eine Passagierliste vorgelegt werden.

3. ALLE Flüge müssen grundsätzlich verrechnet worden sein. Für alle vorab gelisteten Flüge wäre daher eine Rechnung beizubringen. An wen wurde der Flug verrechnet?

4. Die Halterschaftsverträge zwischen den Luftfahrtunternehmen und den jeweiligen Eigentümern der gegenständlichen Luftfahrzeuge inklusive Anhänge und eventuell gesondert abgeschlossener Nutzungsvereinbarungen.

5. Log- bzw. Bordbücher, General Declaration.

6. Allenfalls weitere, zusätzliche Unterlagen, die die Voraussetzungen für die steuerfreie Abgabe des Luftfahrtbetriebsstoffes belegen."

Aus Sicht des Bundesfinanzgerichts erscheint es in Anbetracht der geschilderten Umstände nachvollziehbar, dass der Bf. nicht klar war, welche Unterlagen sie nun tatsächlich ihren Kunden abverlangen und für eine allfällige Nachkontrolle bzw. Betriebsprüfung bereithalten solle.

Offensichtlich zum Zweck der Herstellung einer gewissen Rechtssicherheit in diesem Zusammenhang fand daher am eine Besprechung im Bundesministerium für Finanzen statt, an der u.a. auch ein Vertreter des Zollamtes und der Steuerberater der Bf. teilnahmen.

Dem Bundesfinanzgericht liegt das dazu vom Rechtsvertreter der Bf. erstellte Gedächtnisprotokoll vom vor. Laut diesem Protokoll wurde im Rahmen der Besprechung differenziert zwischen bereits anhängigen Fällen einerseits und der künftigen Vorgehensweise andererseits.

Unter Pkt. 2 des Protokolls (Zukünftige Vorgehensweise bei gewerblichen Luftfahrtunternehmen) wird u.a. festgehalten:

"Seitens der Finanzverwaltung wird weiterhin ein Formular gewünscht, nach welchem dem Abfüller vom Halter (Operator) bestätigt wird, dass es sich hierbei um einen gewerblichen Flug handelt und auch zumindest überwiegend mit diesem Luftfahrzeug gewerbliche Transportflüge durchgeführt werden.

Sofern ein AOC vorliegt und das diesbezügliche (neue) Formular ordnungsgemäß ausgefertigt und vom Piloten unterfertigt wurde, wird seitens der Finanzverwaltung die mineralölsteuerfreie Abgabe durch den Inhaber des Steuerlagers akzeptiert werden."

Unter Pkt. 3 des Protokolls (Laufende Prüfungsverfahren) heißt es:

"Seitens der Mineralölwirtschaft wird auf die derzeit schon seit einigen Jahren laufenden Prüfungsverfahren hingewiesen und insbesondere die zuletzt von [der Bf.] verlangten und von dieser nicht erbringbaren Unterlagenanforderungen hingewiesen. Es wird ersucht, eine Lösung in der Weise durchzuführen, dass aufgrund der vom Operator beizustellenden Auszüge aus den Tech Logs (Bordbücher), die Art des Fluges und die Anzahl der Passagiere bekannt gegeben werden. Lässt sich aufgrund der Anzahl der Passagiere entnehmen, dass eben mehr als etwa ein Eigentümer entgeltlich befördert wurde, so wäre dieser Flug - sofern eine entsprechende Verrechnung durch den Operator erfolgt - als gewerblicher Flug anzusehen und damit weitere Nachweise, wie Passagierlisten, etc. nicht mehr erforderlich.

Seitens des Bundesministeriums für Finanzen wird eine entsprechende Weisung an die Prüfungsorgane in Aussicht gestellt, um eine Beendigung der laufenden Zollprüfungsverfahren zu ermöglichen."

Dieses Protokoll, dem nach Auskunft des Vertreters des Zollamtes (der selbst an der Besprechung teilgenommen hatte) die wesentlichen Ergebnisse der Besprechung zu entnehmen sind, enthält wiederum keine Auflistung der erforderlichen Unterlagen.

Der Vertreter der Bf. ließ das erwähnte Gedächtnisprotokoll allen Teilnehmern der Besprechung und somit auch den Behördenvertretern zukommen, hat dazu allerdings keinerlei Feedback erhalten (siehe Niederschrift, Antwort zu Frage 2c). Das Zollamt hat der Bf. also nicht etwa mitgeteilt, dass dem Protokoll wesentliche Punkte nicht zu entnehmen sind bzw. dass entgegen der dort zum Ausdruck gebrachten Ansicht, bei künftigen Betankungen doch gewisse Mindestanforderungen zur Nachweisführung zu erfüllen sind.

Es fällt auf, dass die Zollverwaltung und die Bf. das Sitzungsergebnis dennoch völlig unterschiedlich beurteilen.

Während der Vertreter des Zollamts weiterhin die Vorlage einer ungeschwärzten Rechnung, eines gültigen AOC und eines Auszugs aus dem Logbuch als Mindesterfordernis für eine Abgabenbefreiung erachtet (siehe Niederschrift über die mündliche Verhandlung, Seite 9 unten), meint die Bf., es entspreche nicht den Ergebnissen der Besprechung und sei der Bf. auch technisch nicht möglich ihren Kunden die erwähnten Unterlagen bei der Betankung abzuverlangen (siehe Niederschrift Seite 10 unten).

Auch vom Ziel der Rechtssicherheit ist man anscheinend weit entfernt. Denn der Vertreter des Zollamtes bestätigte zwar, dass damals vereinbart worden war, unter den in Pkt. 2 des Protokolls genannten Bedingungen die mineralölsteuerfreie Abgabe von Treibstoffen durch den Inhaber des Steuerlagers zu akzeptieren, räumte aber ein, dass es dennoch zu einer nachträglichen Überprüfung im Rahmen der amtlichen Aufsicht (wie im vorliegenden Beschwerdefall) kommen könne. Damit ist die Bf. erst recht wieder in die Lage versetzt, dass sie im Nachhinein zur Vorlage von Unterlagen aufgefordert wird, die für sie (wie sie glaubwürdig behauptet) schlicht nicht verfügbar sind, wobei erschwerend hinzutritt, dass sich diese Anforderungen ständig ändern und (wie auch im Streitfall) erst viele Jahre nach den Betankungsvorgängen erfolgen.

Letzteres zeigt sich etwa am Beispiel AOC: Während im Vorhalt vom die Vorlage eines AOC als nicht zwingend erforderlich bezeichnet und unter Pkt. 3 des o.a. Gedächtnisprotokolls nicht einmal erwähnt wird, bezeichnete der Vertreter des Zollamtes die Beibringung dieses Dokuments im Rahmen der mündlichen Verhandlung als Mindestanforderung für die Steuerbegünstigung. Dem Vorlagebericht des Zollamtes lässt sich hingegen erschließen, dass die Behörde der Vorlage eines AOC keine entscheidungsmaßgebliche Relevanz beimisst.

Für den Streitfall und die strittige Frage der Nachweisführung lässt sich aus der erwähnten Besprechung nicht viel gewinnen. Denn die Ausführungen zu Pkt. 2 betreffen nur (aus damaliger Sicht) künftige Betankungsvorgänge und somit nicht die bereits im Jahr 2015 erfolgte Treibstoffabgabe. Unter Pkt. 3 werden "laufende Prüfungsverfahren" behandelt. Damit kann die im verfahrensgegenständlichen Fall vorgenommene Betriebsprüfung nicht gemeint sein, zumal diese erst im Jahr 2018 begann.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom ausgesprochen, für den Abgabepflichtigen müsse vorhersehbar sein, ob und in welcher Art und Weise und in welchem Umfang ihn in - einem unter Umständen Jahre später geführten - Abgabenverfahren eine Mitwirkungspflicht an der Stoffsammlung treffen kann (, Rz. 14).

Diesem Anspruch wird das beschriebene Vorgehen der Zollbehörde aus den aufgezeigten Gründen nicht gerecht.

Da sowohl die Bf. als auch das Zollamt (wenn auch mit unterschiedlicher Argumentation) wiederholt auf die nationale Dienstanweisung VS-1130 verweisen und diese jeweils für die Stützung ihres Standpunktes in Anspruch nehmen wollen, wird nachstehend darauf eingegangen:

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es sich dabei um eine bloße Dienstanweisung handelt, der keinerlei normative Kraft zukommt. Das kommt auch in der Einleitung dieses Erlasses zum Ausdruck, wo es heißt:

"Diese Arbeitsrichtlinie stellt einen Auslegungsbehelf zu den von den Zollämtern und Zollorganen zu vollziehenden Regelungen dar, der im Interesse einer einheitlichen Vorgangsweise mitgeteilt wird."

Pkt. 1.1.2.1. bis 1.1.2.5. dieser Dienstanweisung lauten:

"1.1.2.1. Unmittelbare Abgabe

Begünstigt ist grundsätzlich nur eine unmittelbare Abgabe (nicht zB eine Abgabe über Tankstelle), weil in der Regel nur in einem solchen Fall der Steuerschuldner den Nachweis über die begünstigte Abgabe des Treibstoffes erbringen wird können.

Unmittelbar wäre die Abgabe auch dann noch, wenn das Steuerlager bzw. Zolllager zwar nicht am Betankungsort gelegen ist, das Tankfahrzeug aber unmittelbar - also ohne Zwischenhalt oder Zwischenlagerung - aus dem betreffenden Lager das Luftfahrzeug betankt.

Da die Praxis jedoch gezeigt hat, dass in manchen Fällen eine unmittelbare Abgabe des Treibstoffs an das Luftfahrzeug aus tatsächlichen oder wirtschaftlichen Gründen nicht in Betracht kommt (zB bei Hubschraubern, die in der Regel nicht auf einem Flughafen stationiert sind), wurde zur Regelung der Frage der Mineralölsteuerbefreiung für Luftfahrtbetriebsstoffe im Falle der Betankung des Luftfahrzeuges an einem anderen Ort als dem eines Steuer- oder Zolllagers durch das Bundesministerium für Finanzen folgende Regelung getroffen:

1.1.2.2. Erlaß über Steuerbefreiung für Luftfahrtbetriebsstoffe iF der Betankung des Luftfahrzeuges an anderem Ort als dem eines Steuer- oder Zolllagers

(Erlaß vom GZ. Min-420/5-III/11/95; ergänzt wegen VStÄG 1996)

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG 1995 ist Mineralöl, das als Luftfahrtbetriebsstoff an Luftfahrtunternehmen für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen oder Sachen "oder für sonstige gewerbsmäßige Dienstleistungen, die mittels des Luftfahrzeuges entgeltlich erbracht werden" (ergänzt wegen VStÄG 1996) aus Steuer- oder Zolllagern abgegeben wird, von der Mineralölsteuer befreit. In der Praxis hat der Lagerinhaber daher das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für eine steuerfreie Abgabe zu beurteilen bzw. zu prüfen. Der Lagerinhaber wird in der Regel den Nachweis über eine "steuerfreie" Abgabe des Treibstoffes nur dann führen können, wenn er den Treibstoff unmittelbar an das Luftfahrzeug abgibt. Nunmehr hat sich gezeigt, dass in vielen Fällen, insbesondere bei Hubschraubern, eine unmittelbare Abgabe des Treibstoffs an das Luftfahrzeug aus tatsächlichen oder wirtschaftlichen Gründen nicht in Betracht kommt (ein Hubschrauber ist in der Regel nicht auf einem Flughafen stationiert).

1.1.2.3. Treibstoffabgabe außerhalb Steuer/Zolllager

Im Interesse einer wirtschaftlichen und einheitlichen Vorgangsweise wird zur Frage einer steuerfreien Abgabe von Treibstoffen an Luftfahrzeuge außerhalb eines Steuer- bzw. Zolllagers folgendes mitgeteilt:

1.1.2.4. Voraussetzungen

Liegen die sonstigen Voraussetzungen für eine steuerfreie Verwendung des Treibstoffes (insbesondere die gewerbliche Verwendung des Luftfahrzeuges) vor, ist unter den folgenden Voraussetzungen nichts gegen die Gewährung einer Steuerbegünstigung einzuwenden, auch wenn die Abgabe des Treibstoffes aus dem Lager an das Luftfahrzeug nicht unmittelbar erfolgt:

1.1.2.5. Aufzeichnungen

Auf Grund entsprechend geführter Aufzeichnungen des Luftfahrtunternehmens kann die Verwendung des Treibstoffes für den begünstigten Zweck nachvollzogen werden. Dazu können insbesondere die vom Luftfahrtunternehmen nach luftfahrtrechtlichen Bestimmungen zu führenden Aufzeichnungen herangezogen werden.

Aus den Aufzeichnungen müssen jedenfalls ersichtlich sein:

  • Bezeichnung des Flugzeuges

  • Flugnummer

  • Flugdauer und Flugzeit

  • Zweck des Fluges

  • Datum und Ort der Betankung

  • Art und Menge des aufgenommenen Treibstoffes."

Die Bf. argumentiert, sie habe ihre Nachweispflicht insofern erfüllt, als sie sich an die Vorgaben laut Pkt. 1.1.2.5. der VS-1130 gehalten habe und weiter halte.

Der Vertreter des Zollamtes meinte hingegen im Rahmen der mündlichen Verhandlung, nicht Pkt. 1.1.2.5. sondern Pkt. 1.1.2.2. der Arbeitsrichtlinie sei hier maßgeblich. Dies deshalb, weil es sich im Streitfall um die Treibstoffabgabe aus einem Steuer- oder Zolllager handle.

Dem ist zu entgegnen, dass Pkt. 1.1.2.2. (wenn man dem Wortsinn der Überschrift und der davor stehenden Einleitung unter Pkt. 1.1.2.1. Glauben schenken möchte) Regelungen betreffend die Steuerbefreiung für Luftfahrtbetriebsstoffe im Falle der Betankung des Luftfahrzeuges an einem anderen Ort als dem eines Steuer- und Zolllagers trifft.

Hingegen ist weder der Überschrift zu Pkt. 1.1.2.5. noch den unter dieser Überschrift zusammengefassten Regelungen zu entnehmen, dass die dort genannten Aufzeichnungen ausschließlich im Falle einer Treibstoffabgabe außerhalb eines Steuer- oder Zolllagers von Relevanz sein sollen.

Das Bundesfinanzgericht erachtet es als nicht ausgeschlossen, dass diese Unklarheiten bloß auf eine missverständliche Formatierung der Überschriften zurückzuführen sind. Denn wenn man Pkt. 1.1.2.3. als Überschrift und Pkt. 1.1.2.4. und Pkt. 1.1.2.5. nicht als neue Überschriften, sondern als Untergliederungen unter Pkt. 1.1.2.3. sehen möchte, spricht alles für die Argumentation des Zollamtes.

Dass aber auch die Ansicht der Bf., für sie seien die Regelungen unter Pkt. 1.1.2.5. maßgeblich, nicht völlig fernliegend ist, lässt sich daran erkennen, dass selbst das Zollamt im o.a. Aktenvermerk vom festgehalten hat, die Bf. treffe die Verpflichtung, die dort genannten Aufzeichnungen zu kontrollieren und für eine allfällige Überprüfung aufzubewahren.

Der Argumentation des Zollamtes, der Bf. hätte aufgrund der Dienstanweisung VS-1130 klar sein müssen, welche Dokumente sie ihren Kunden abzuverlangen hat, kann daher auch aus diesem Grund nicht gefolgt werden.

Der angefochtene Nachforderungsbescheid betrifft insgesamt 1.834 verschiedene Flüge. Nach der festen Überzeugung des Bundesfinanzgerichtes erscheint die Annahme des Zollamtes, in all diesen Fällen (!) sei es zu einer begünstigungsschädlichen Verwendung der in Rede stehenden Luftfahrtbetriebsstoffe gekommen (siehe Antwort zu Frage 6 laut Niederschrift), schlicht lebensfremd und auch nicht nachvollziehbar. Dies umsomehr, als das Zollamt (wie unten noch näher auszuführen sein wird) dem Bundesfinanzgericht keinen einzigen konkreten Fall nennen konnte, zu dem der Behörde Nachweise für tatsächliche Verstöße vorliegen. Es ist vielmehr naheliegend, dass es der Bf. - wie von ihr eingewendet - einfach unmöglich ist, für jeden einzelnen schon Jahre zurückliegenden Betankungsvorgang die geforderten Unterlagen nachträglich zu besorgen.

Das Bundesfinanzgericht erachtet es als durchaus denkbar, dass es bei keinem der 1.834 Flüge zu Zuwiderhandlungen gekommen ist. Dies auch deshalb, weil die damalige Vermutung der Zollbehörde, der Abwicklung der Flüge könne eine missbräuchliche (auf die Erreichung eines ungerechtfertigten Steuervorteils abzielende) Gestaltung zugrunde liegen, zwischenzeitlich nicht mehr aufrecht zu erhalten ist. So hat etwa der Verwaltungsgerichtshof der zum Zeitpunkt des Ergehens des Nachforderungsbescheides noch vertretenen Ansicht des Zollamtes, die Verrechnung der Luftfahrtdienstleistungen über "Steueroasen" sei (zumindest in den dort verfahrensgegenständlichen Fällen) begünstigungsschädlich, eine klare Absage erteilt (siehe ).

Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu ausgesprochen, dass es grundsätzlich jedermann freisteht, innerhalb der gesetzlichen Grenzen seine Rechtsverhältnisse und wirtschaftlichen Beziehungen so zu gestalten, dass eine möglichst geringe Abgabenbelastung erreicht wird (siehe Rz 38 des eben erwähnten Erkenntnisses).

Im Zuge der mündlichen Verhandlung erklärte der Vertreter des Zollamts, dass es nach den behördlichen Erfahrungen immer wieder zu Betankungen gekommen sei, die nicht steuerfrei hätten erfolgen dürfen, wie z.B. Privatflüge (damit gemeint ist zweifellos "private, nicht gewerbliche Luftfahrt" iSd Art. 14 Abs. 1 Buchstabe b der o.a. Richtlinie 2003/96/EG).

Der Vertreter des Zollamts bejahte die Frage des Richters, ob dem Zollamt Nachweise oder zumindest konkrete Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass es in den streitgegenständlichen Fällen tatsächlich zu einer begünstigungsschädlichen Verwendung des in Rede stehenden Luftfahrtbetriebsstoffes gekommen war. Er verwies in diesem Zusammenhang auf jene Fälle, in denen eine Betriebsprüfung stattgefunden habe und zum Ergebnis geführt habe, dass konkrete Flüge nicht gewerblich durchgeführt worden seien. Bei den anderen Flügen könne man aufgrund fehlender Informationen diese Frage nicht beurteilen (siehe Antwort zu Frage 8 laut Niederschrift). Der Vertreter des Zollamtes stellte schließlich in Aussicht, dem Bundesfinanzgericht entsprechende Nachweise nachzureichen.

Diese angekündigten Unterlagen legte das Zollamt dem Bundesfinanzgericht mit Schreiben vom gemeinsam mit einer ergänzenden Stellungnahme vor.

Laut Zollamt handelt es sich dabei um "Nachweise und Anhaltspunkte mit denen Verstöße nachgewiesen werden können oder Verstöße zumindest als sehr wahrscheinlich angenommen werden müssen". Dazu stellt das Zollamt fest (auszugsweise Wiedergabe):

"…

1. Ergebnis der Betriebsprüfung beim Luftfahrtunternehmen ***13***. Siehe Niederschrift ***13*** Zl. ***14*** - Anlage 1. Kein AOC vorliegend. Betrifft Betankung vom ***15***.

2. AOC mit Vermerk, dass die im AOC angeführten Luftfahrzeuge nicht zur gewerbsmäßigen Luftfahrt zugelassen sind.
Betrifft Betankungen vom -
***16***, - ***17***, - ***16*** und - ***18***

Betrifft Betankung vom -
***19***

3. Check- oder Überprüfungsflüge
Piloten und Luftfahrzeuge sind in regelmäßigen Abständen von der Luftfahrtbehörde auf ihre Flugtauglichkeit zu überprüfen.
Auszug aus der VO (EU) Nr. 965/2012 vom zur Festlegung technischer Vorschriften und von Verwaltungsverfahren in Bezug auf den Flugbetrieb gemäß der VO (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates:

"Jedes Flugbesatzungsmitglied hat wiederkehrende Schulungen und Überprüfungen für das Muster oder die Baureihe des Luftfahrzeugs, auf dem es tätig ist, zu absolvieren.
Der Gültigkeitszeitraum der Befähigungsüberprüfung durch den Betreiber beträgt sechs Kalendermonate.
Bei diesen Check- oder Überprüfungsflügen handelt es sich grundsätzlich nicht um gewerbsmäßige Luftfahrtdienstleistungen (siehe Erkenntnis des GZ. RV/7200001/2022)."
Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass derartige Check- oder Überprüfungsflüge in den zur Rede stehenden Zeiträumen auch vom Flughafen Wien aus gestartet und dementsprechende Betankungen vorgenommen wurden. Im Zuge der Nachweiserbringung betreffend die Abgabenvorschreibung (Mineralölsteuer 2015, 2016 und 2017) wurden keinerlei Angaben zu deratigen Flügen gemacht. Eine Überprüfung, ob es sich um gewerbsmäßige Flüge im Sinne des Mineralölsteuergesetzes handelt und dementsprechend ein mineralölsteuerfreier Bezug von Luftfahrtbetriebsstoffen rechtens ist, ist nur möglich, wenn entsprechende Nachweise vorgelegt werden.

4. Flüge die luftfahrtrechtlich als "Privat" angemeldet wurden.
Jeder Flug ist bei der Luftfahrtbehörde anzumelden. Dafür ist ein eigenes Formblatt aufgelegt in dem die entsprechenden Daten anzugeben sind. Darunter auch die Art des Flugs. Ein "S" steht für Scheduled Air Service (= Linienflug), "N" steht für Non-Scheduled Air Transport Operation (= gewerbsmäßiger Bedarfsflug) und "G" steht für General Aviation (= Privatflug).
Dem Zollamt Österreich liegen die tägliche Aufzeichnung aller Flüge (= Kladde) der General Aviation des Flughafen Wien vor. Daraus ist ersichtlich, dass täglich zahlreiche Flüge luftfahrtrechtlich als Privatflüge ("G") angemeldet werden. In den meisten Fällen werden diese Flüge versteuert betankt. Es gibt aber immer wieder auch Fälle (wie unten beispielhaft angeführt), in denen trotzdem eine mineralölsteuerfreie Betankung erfolgte. Die Rechtmäßigkeit dieser mineralölsteuerfreien Betankungen ist vom Zollamt zu prüfen. Dies kann nur durch Vorlage entsprechender Nachweise gelingen.
Siehe Betankung vom -
***20***.

Das Zollamt Österreich möchte darauf hinweisen, dass zwischen der luftfahrtrechtlichen Auslegung der Gewerbsmäßigkeit und der mineralölsteuerrechtlichen Auslegung Unterschiede bestehen. So sind aus luftfahrtrechtlicher Sicht gewerbsmäßige Flüge nur mit Piloten, die das 65 Lebensjahr noch nicht vollendet haben möglich. Ebenso sind bestimmte technische Vorgaben (Länge der Lande- bzw. Startbahn abgestimmt auf die jeweilige Flugzeug-Baureihe) einzuhalten, obwohl bei entsprechenden Wetterbedingungen eine Landung oder der Start auch auf kürzeren Lande- bzw. Startbahnen möglich ist.

Eine generelle rechtmäßige steuerfreie Betankung derartiger Flüge muss aber trotzdem bezweifelt werden. Dies ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen, wie auch aus den hier beispielhaft angeführten Praxisfällen ersichtlich.

Die Vorlage entsprechender Nachweise ist daher aus Sicht der Behörde für jeden Einzelfall unabdingbar. Wie in der mündlichen Verhandlung bereits mehrfach hingewiesen, war der Beschwerdeführerin ab Mai 2013 bekannt, dass entsprechende Unterlagen einzufordern bzw. vorrätig zu halten sind. Das Zollamt Österreich kann nicht nachvollziehen, warum die Beschwerdeführerin dieser Verpflichtung trotz besserem Wissen (also vorsätzlich) nicht entsprochen hat und im Zuge des daraus entstandenen Nachforderungsverfahren sich über die Erschwernisse bei der nachträglichen Beibringung der Unterlagen beklagt.

Zur Nachweispflicht verweist das Zollamt Österreich auch auf das GZ. 0780/79. Darin heißt es:

In Verfahren, die ausschließlich auf die Erwirkung abgabenrechtlicher Begünstigungen gerichtet sind, tritt der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung insofern in den Hintergrund, als der eine Begünstigung in Anspruch nehmende Abgabenpflichte selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen hat, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann.

Es ist also grundsätzlich nicht Aufgabe des Zollamtes Österreich jene Betankungen zu ermitteln, bei denen die Voraussetzungen für einen mineralölsteuerfreien Bezug nicht gegeben waren oder mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass die Voraussetzungen nicht erfüllt waren, sondern war es vielmehr die Aufgabe der Beschwerdeführerin einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels Nachweise vorzulegen mit denen die gewerbsmäßige Erbringung von Luftfahrt-Dienstleistungen belegt werden kann."

Der Vertreter der Bf. replizierte auf das eben angesprochene Zollamtsschreiben mit Schriftsatz vom und führte dazu aus:

"1) Betankung bei ***21*** - ***15***:

Tatsächlich wurde das Luftfahrzeug mit der Kennung ***15*** am mit rund 860 Liter betankt und wurde ein gewerblicher Flug nach Sandefjord Airport (ICAO Kennzeichen des Flugplatzes ENTO) durchgeführt. Wir dürfen in der Anlage den Tech Log des Luftfahrzeuges für den gesamten Monat Mai 2015 (Anlage 1), sowie jenen mit dem Hinflug und Rückflug am (Anlage 2) beilegen. Unter der Rubrik "Actual Uplift" ist der Betankungsvorgang allerdings in Pfund verzeichnet; es wurden 1.500 Pfund getankt, dies entspricht etwa 860 Liter.

Wir dürfen weiters die entsprechende Ausgangsrechnung der ***22*** vom beilegen (Anlage 3), wo dieser Flug auch tatsächlich verrechnet wurde.

Wie daher aus den Ausgangsrechnungen ersichtlich ist, wurde offensichtlich noch zu Lasten ***21*** (dies war der gewerbliche Operator vor dem ) betankt; das Luftfahrzeug wurde aber sowohl bei ***21***, als auch in weiterer Folge von ***22*** immer gewerblich betrieben und liegt hier offensichtlich nur eine Falschverrechnung vor. Der Fehler besteht darin, dass die Betankung namens ***21*** verrechnet worden ist, jedoch bereits das Luftfahrzeug bei ***22*** gewerblich betrieben wurde. Wenn daher das Luftfahrzeug, sowie auch die tatsächliche Abrechnung, mit fremdüblichen Stundensätzen vorgenommen wurde, so ist die Frage ob ***21*** noch das Flugzeug auf dem AOC hatte oder bereits ***22*** unbeachtlich. Der Transport war gewerblich, ein AOC lag vor und die Verrechnung von Mineralölsteuer ist daher jedenfalls nicht zulässig.

Wie bereits in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, hat ***21*** nach 5 Jahren Prüfung die Niederschrift am akzeptiert; dies ungeachtet der (relativ geringfügigen) Beanstandungen, unter anderem die Anerkennung etwa der Mineralölsteuernachzahlung für das Luftfahrzeug ***15***. Nochmals sei ausgeführt, dass es sich hierbei um einen gewerblichen Einsatz gehandelt hat, der namens des neuen Operators durchgeführt worden ist und daher keinesfalls eine Mineralölsteuerzahlung gerechtfertigt wäre.

2) Betankungen vom - ***16***, - ***17***, - ***16*** und - ***18***:

Die Abgabenbehörde legt das AOC der ***23*** mit der Nummer ***24*** in Kopie vor. Hierbei handelt es sich um die Betankung der Luftfahrzeuge mit dem Kennzeichen ***16***, ***17*** und ***18***.

Wie aus dem Air Operator Certificate ersichtlich ist, sind alle drei Flugzeuge für den kommerziellen Einsatz und diverser weiterer Spezifikatinen (diese sind nur für den Flugbetrieb relevant) zugelassen.

Die von der Abgabenbehörde auf Seite 2 des AOC-Bescheids unter "Other" angeführte Bemerkung "Non-commercial operations of aircraft" ist keine Einschränkung des gewerblichen Betriebes, sondern die zusätzliche Erweiterung, also die Anerkennung der Luftfahrtbehörde, dass dieses Luftfahrzeug auch im nicht gewerblichen luftfahrtrechtlichen Betrieb zugelassen ist. Dies lässt sich schon allein aus den allgemeinen AOC-Regeln entnehmen, aber auch ausdrücklich aus der auf der 1. Seite geschriebenen klaren Anweisung, dass keine speziellen Limitationen ("special limitation no") auferlegt wurden. Hätte die Behörde diese Informationen rechtzeitig abgefragt, so wäre dies jederzeit klärbar gewesen. Das Argument, es wäre aus diesem AOC nachgewiesen, dass der gewerbliche Betrieb ausgeschlossen ist, ist einfach luftfahrtrechtlich falsch.

Gleichartiges gilt für die von der Behörde vorgelegten Auszüge des Air Operator Certificates der ***25*** (die italienische Luftfahrtbehörde) für die ***26***. Dieses Unternehmen betreibt diverse Airbus Helikopter, sowie Agusta 139 und 109.

Auch hier vermutet die Behörde auf der Seite 2 des italienischen AOCs ***27*** und der Bemerkung unter "Altro (Others)" wie folgt: "Non commercial flights, for all aircrafts listed above" ableiten zu können, dass es sich hierbei um keine gewerbliche Luftfahrtgenehmigung handelt. Es ist genau gegenteilig, es wird neben dem gewerblichen Einsatz, auch die nicht gewerbliche luftfahrtrechtliche Flugbewegung zugelassen.

Es ist uns daher unverständlich, warum die Behörde - die sich ja wie im Folgenden zu zeigen sein wird - sehr eingehend mit der Austro Control beschäftigt hat, nicht die notwendigen Nachfragen zur Erklärung der Regelungen in den einzelnen AOC-Formularen bemüht hat. Eine einzige Rückfrage bei einem luftfahrtrechtlichen Experten hätte die Aufklärungen gebracht. Auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung wäre unsere Kanzlei jederzeit im Stande gewesen, der Behörde diese Umstände aufzuklären.

Wir weisen daher im Besonderen folgende Formulierung zurück:

"Eine generelle rechtmäßige steuerfreie Betankung derartiger Flüge muss aber trotzdem bezweifelt werden. Dies ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen, wie auch aus den hier beispielhaft angeführten Praxisfällen ersichtlich."

Wenn die Behörde daher Fragen zu einzelnen Betankungsvorgängen hat, so können die - soweit dies nach Ablauf jeder Aufbewahrungsfrist möglich - natürlich noch beantwortet werden.

3) Check- oder Überprüfungsflüge:

Die Behörde führt völlig zu Recht aus, dass Piloten und Luftfahrzeuge in regelmäßigen Abständen auf ihre Flugtauglichkeit geprüft werden müssen.

Die Behörde zitiert auch zu Recht die Verordnung EU Nr. 965/2012, die gemäß der sogenannten Basisverordnung Nr. 216/2008 die gewerblichen turnusmäßigen Checks der Besatzungsmitglieder regelt.

Die weitere Vermutung der Behörde, dass es mit "hoher Wahrscheinlichkeit" bei diesen Check- oder Überprüfungsflügen aus Wien aus gestartet wurde und daher Mineralölsteuer anfallen müsste, ist insoweit im Sachverhalt unrichtig ermittelt, da bereits seit über 10 Jahren bei Jet-betriebenen Luftfahrzeugen derartige Halbjahreschecks nicht mehr im Luftfahrzeug absolviert werden dürfen, sondern ausschließlich in Simulatoren am Boden stattfinden. Eine einfache Nachfrage bei der Austro Control hätte diesen Umstand jederzeit bestätigten können und ist daher die "hohe Wahrscheinlichkeit", dass Checks- oder Überprüfungsflüge für die Halbjahres- oder Jahresüberprüfung des Flugpersonals [durchgeführt werden] von vornherein gar nicht mehr rechtlich möglich.

Die Annahme der Behörde widerspricht daher den klaren Regeln des Luftverkehrsbetriebes und lässt sich bei einer Rückfrage bei Austro Control oder bei einem Luftfahrtbetreiber jederzeit nachweisen.

4) Kennungen im Luftfahrtsystem auf den sogenannten "Flugplänen":

Die Behörde führt die im internationale und österreichischen Luftfahrtsystem dargestellten Kennungen bei Flugplänen aus und verwechselt hier wieder Einiges.

Luftfahrtrechtliche Informationsdienste werden aufgrund des Chicagoer Abkommens (Abkommen über die internationale Zivilluftfahr) nach festgelegten Regeln und Mustern abgewickelt. Hierzu wird für geplante Flüge, für welche Luftverkehrskontrolle ausgeübt werden kann oder muss, ein sogenannter Flugplan auf elektronischen, persönlichen oder fernmündlichen Weg abgegeben. Das hierzu aufgelegt Formular ("Flight Plan Form") dürfen wir in der Anlage 4 übermitteln, welches aus dem Luftfahrthandbuch Österreich (international "AIP" - Aeronautic Information Publication genannt) entnommen ist.

Dieser Flugplan ist für die maschinelle Verarbeitung vorgesehen, daher sind hierzu von der ICAO (International Civil Aviation Organisation) normierte Ziffern und normierte Kürzel vorgesehen.

Im gegenständlichen Fall führt die Behörde aus, dass unter der Ziffer 8, zweite Box ("Art des Fluges"), ein luftfahrtrechtlich als privat gemeldeter Flug angegeben ist.

Wir erlauben uns, hierzu eine Kopie der AIP Austria in Auszügen vorzulegen (Anlage 5), welche unter der Überschrift ENR 1.10 Flugplanung (Anlage 6) auch die Abgabe des Flugplanes regelt.

Wie aus dieser AIP unter dem Abschnitt ENR 1.10-10, also die entsprechende Seite des Luftfahrthandbuches ersichtlich ist, wird unter Feld 8b (dies ist die zweite Box Ziffer 8 des Flugplanes) folgende Arten von Flügen zugelassen. Andere Formen des Fluges gemäß des ICAO-Reglement sind nicht möglich, da sie maschinell nicht verarbeitet werden können.

Es handelt sich hierbei um folgende Abkürzungen:

G- allgemeine Luftfahrt

M - Militärflüge

N - Bedarfsflugverkehr

S - Fluglinienverkehr

X - keine der oben angeführten Kategorien

Unter "X" hat die Behörde korrekt ein von der ICAO herausgegebenes Hinweisblatt (EuroFPL) übermittelt. Wir dürfen dieses der Vollständigkeit halber nochmals beilegen (Anlage 7).

Die Behörde hat hierbei allerdings übersehen, dass noch diverse andere Informationen unter Ziffer 18 mit der Vorkennung RMK/also Remarks möglich sind. Unter diesen Kennungen wären dann etwa Ambulanzflüge, Hospitalflights (also etwa Organe oder medizinisch notwendige Produkte), Staatsflüge, militärische Überstellungsflüge und ähnliches zu erfassen.

Aus der luftfahrtrechtlichen Regelung lässt sich allerdings für die Gewerblichkeit nichts ableiten. Der Hinweis über die Art des Fluges hat flugrechtliche Konsequenzen und ist etwa ein Überstellungsflug oder Positionsflug, dh. ein gewerblicher Flug im Sinne der steuerlichen Vorschriften, ebenfalls mit der Bezeichnung "G" für General Aviation zu deklarieren. "N" bedeutet ein Flug nach luftfahrrechtlichen Regeln für gewerblichen Taxiflug, also ein "non-scheduled-flight", dies ist ein Flug ohne feste veröffentlichte Abflugzeit. "S" bedeutet ein Flug nach luftfahrtrechtlichen Regeln für gewerblichen Linienflug, dies ist ein Flug mit festen ("scheduled") veröffentlichten Abflugzeiten. Beide Flugarten, "N" und "S" sind nur mit Beachtung aller Auflagen der gewerblichen Luftfahrt nach Luftfahrtregeln zulässig. Dazu gehört z.B. die Beachtung der notwendigen Mindestbesatzung im Cockpit und Kabine, die notwendigen Berechtigungen aller Besatzungsmitglieder einschließlich erforderliche Mindestflugzeiten oder Mindestlandungen, ausreichende Pistenlänge (mit jeweils anzuwendenden Reserven) und vieles mehr.

Wenn aber z.B. ein Linienflugzeug ohne Passagiere überstellt wird, kann ein Flugplan nur mit "G" aufgegeben werden, da auch ohne Passagiere bei Flugplan "S" oder "N", die Mindestbesatzung in der Kabine an Bord sein muss (also z.B. bei Airbus zwischen 2 bis 4 ausgebildete Flugbegleiter, davon 1 "Senior Flight Attendent").

Aus der Flugplanangabe mit Bezeichnung "G" ist daher steuerrechtlich nichts ableitbar.

Die Ableitung der belangten Behörde, kann daher von der luftfahrttechnischen Bezeichnung keinesfalls auf die steuerrechtliche Würdigung vorgenommen werden.

Dies zeigt sich schon allein aus der Zulässigkeit der mineralölsteuerbefreiten Betankung im sogenannten Werksverkehr, dies ist ein Verkehr, der ausschließlich im Rahmen von Konzernbeförderungen möglich ist. Auch dieser ist mineralölsteuerfrei möglich. Wir erlauben uns hierzu [auf] die Entscheidungen des GZ. RV/2200015/2014 sowie GZ. RV/4200056/2013, sowie GZ. RV/4200072/2009 und letztlich auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , GZ. RO 2015/16/007 zu verweisen.

Wenn aber der Werksverkehr, der immer unter der Bezeichnung "G" in der Luftfahrt bezeichnet werden muss, mineralölsteuerbefreit betankt werden darf, so kann dies klarerweise für die steuerrechtliche Ablehnung niemals Grundlage sein. Die luftfahrtrechtliche Bezeichnung mit "G" hat auf die steuerrechtliche Würdigung keinen Einfluss."

Das Zollamt, dem das Bundesfinanzgericht diese Stellungnahme weitergeleitet hatte, verzichtete auf eine Gegenäußerung zu dieser Eingabe.

Bei genauer Betrachtung der o.a. vom Zollamt am übermittelten Unterlagen zeigt sich, dass damit kein einziger Fall dokumentiert wird, der nachweislich einen Flug betrifft, der unentgeltlich (also nicht gewerblich) durchgeführt wurde. Es bleibt vielmehr bei vagen Vermutungen.

Diese Tatsache bestärkt die oben dargelegte Einschätzung des Bundesfinanzgerichtes, wonach das Vorliegen von abgabenrechtlich relevanten Verstößen in der vom Zollamt vermeinten Größenordnung im Streitfall als unwahrscheinlich zu betrachten ist.

Wie bereits erwähnt, legt das Zollamt der Bf. im angefochtenen Nachforderungsbescheid zur Last, sie habe ihre Nachweispflicht verletzt. Dazu ist darauf hinzuweisen, dass der Bf. wohl kaum mangelnde Mitwirkung im vorliegenden Abgabenverfahren vorzuwerfen ist. Sie hat sich auch nicht etwa geweigert, dem Zollamt bezughabende Unterlagen vorzulegen. Laut Vorlagebericht des Zollamtes ist das Gegenteil der Fall. Dort heißt es u.a.:

"Die Unterlagen, welche dem Zollamt Österreich, Dienststelle Ost im Zuge der Betriebsprüfung für den Zeitraum 2015 vorgelegt wurden, werden aus Gründen des Umfangs der Vorlage nicht angeschlossen. Es handelt sich hier um mehrere Tausend Seiten Rechnungen und Tech-Logs. Des Weiteren liegen dem Zollamt Österreich, Dienststelle Ost hunderte AOC-Seiten vor."

Darüber hinaus ist die Grenze der Mitwirkungs- und Nachweispflicht der Partei, die sich im vorliegenden Fall aus den Umstand ableiten lässt, dass die Bf. durch die steuerfreie Abgabe des Treibstoffes an ihre Kunden eine Begünstigung in Anspruch genommen hat () stets unter Bedachtnahme auf die Grundsätze der Notwendigkeit (Erforderlichkeit), Verhältnismäßigkeit, Erfüllbarkeit und Zumutbarkeit zu beurteilen (vgl. etwa die in Ritz, BAO6, unter Rz 8 ff zu § 115 BAO wiedergegebene Rechtsprechung).

Die Frage der Möglichkeit und Zumutbarkeit einer Mitwirkung der Bf. im beschwerdegegenständlichen Abgabenverfahren bestimmt sich danach, ob bzw. inwiefern für sie während der verfahrensgegenständlichen Abgabenzeiträume im Jahr 2015 ex ante vorhersehbar war, welche konkreten Nachweise sie für den Fall ihrer späteren Mitwirkung in einem Abgabenverfahren, in dem die Voraussetzungen für die Mineralölsteuerbefreiung nach § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG Beweisthema sein könnten, dokumentieren oder von anderen abverlangen und sicherstellen sollte. Dass sich dies für die letztlich vom Zollamt vermissten Unterlagen bereits im Jahr 2015 konkret aus Gesetz oder Verordnung oder aus Bescheiden (z.B. Bewilligungen, Auflagen) für die Bf. ergeben hätte, ist nicht der Fall (siehe , zu einem vergleichbaren Sachverhalt).

Dazu kommt, dass die Bf. - wie oben ausführlich dargestellt - trotz ihrer diesbezüglichen Bemühungen seitens der Zollverwaltung nur widersprüchliche und somit keine eindeutigen Auskünfte hinsichtlich der erforderlichen Nachweise erhalten hat.

Dem Einwand des Zollamtes, eine taxative Aufzählung der erforderlichen Nachweise sei aufgrund der unterschiedlichen Gegebenheiten und Luftfahrtdienstleistungen nicht möglich, ist zu entgegnen, dass ein Wirtschaftsbeteiligter, der sich bemüht, entsprechende Auskünfte zu erhalten, erwarten darf, seitens der Behörde zumindest für Standardfälle des "Air-Taxi-Betriebes" (die wohl den Großteil der Nachforderungen ausmachen) zeitnah darüber informiert zu werden, welche konkreten Unterlagen er seinen Kunden für den Fall einer späteren behördlichen Überprüfung abverlangen soll.

Dies hätte etwa im Rahmen des Bewilligungsbescheides des damaligen Zollamtes Eisenstadt Flughafen Wien vom , Zl. ***28***, erfolgen können, um so eine für beide Seiten verbindliche Grundlage für die künftige Abwicklung zu schaffen.

Die Bf. konnte sich weder auf die einschlägige (sowohl der Wirtschaft als auch der Verwaltung zugängliche) Dienstanweisung VS-1130 noch auf die Ankündigung des Bundesministeriums für Finanzen verlassen, ein Formular für die Dokumentation begünstigter Betankungen aufzulegen (siehe Pkt. 2 des o.a. Gedächtnisprotokolls). Denn die Arbeitsrichtlinie enthält keine ausdrückliche Aufzählung der erforderlichen Unterlagen und das angekündigte Formular wurde nie aufgelegt.

Das Zollamt beurteilte im Rahmen der jeweiligen Einzelfallentscheidungen die von der Bf. vorgelegten Unterlagen viele Jahre nach der Betankung als nicht ausreichend und verlangte je nach Anforderungen des einschreitenden Zollorgans zusätzliche Unterlagen wie etwa über die Eigentumsverhältnisse des Luftfahrzeuges, Passagierlisten, Fakturen, Tickets etc. Ein entsprechendes Erfordernis lässt sich aber - wie oben ausgeführt - aus keiner Rechtsvorschrift ableiten. Auch die erwähnte Dienstanweisung und das angesprochene Gedächtnisprotokoll nennen keine konkreten Nachweise.

Erschwerend kommt hinzu, dass die genannten Dokumentenanforderungen allesamt Beweismittel in der Sphäre außenstehender Dritter betreffen, deren nachträgliche lückenlose Beschaffung Jahre später Hürden faktischer Natur begegnen kann. Dies etwa deshalb, weil diverse Kunden der Bf. zwischenzeitlich nicht mehr aktiv am Wirtschaftsleben teilnehmen oder weil rechtliche Bedenken, etwa datenschutzrechtlicher Natur, einer jahrelangen Speicherung der Daten entgegenstehen.

Wenn das Zollamt unter den dargelegten Umständen dem wiederholten Ersuchen der Bf., es mögen ihr doch die für vorgeschriebene Nachweisführung erforderlichen Unterlagen konkret benannt werden, mit der Begründung nicht nachkommt, eine taxative Aufzählung der Nachweise sei aufgrund der angeblich gebotenen Einzelfallbetrachtung nicht möglich, kann der Bf. nicht vorgeworfen werden, sie habe bereits seit dem Jahr 2013 Kenntnis über die ihren Kunden abzuverlangenden Dokumente gehabt und habe ihrer Nachweispflicht vorsätzlich nicht entsprochen.

Der Bf. ist somit zuzustimmen, wenn sie meint, die Anforderungen des Zollamtes würden die Grenzen der Zumutbarkeit überschreiten. Denn sie konnte im Jahr 2015 noch nicht mit Sicherheit wissen, welche Unterlagen das Zollamt Jahre später (die Betriebsprüfung für den hier gegenständlichen Zeitraum hat von Ende 2018 bis September 2021 gedauert) anfordern werde.

Aus den aufgezeigten Gründen ist der Bf. nicht anzulasten, für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2015 einer Mitwirkungspflicht zur Ermittlung der abgabenrechtlich bedeutsamen Umstände im Zusammenhang mit der Befreiung von der Mineralölsteuer nicht nachgekommen zu sein. Es sind im Streitfall nachträglich keine Umstände hervorgekommen, die die Inanspruchnahme der Mineralölsteuerbefreiung gemäß § 4 Abs.1 Z 1 MinStG als rechtswidrig erscheinen lassen.

Nach der Aktenlage sind auch sonst keine entscheidungserheblichen neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismittel erkennbar, die dem Zollamt im Zeitpunkt der Abgabe der Steueranmeldung noch nicht bekannt waren und die daher zu Recht als Grundlage für die Erlassung eines im Ermessen der Behörde liegenden Bescheides gem. § 201 Abs. 2 Z 3 BAO dienen könnten. Gegenteiliges trägt auch das Zollamt nicht vor.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Abgabenfestsetzung waren somit nicht erfüllt und der Abgabenbescheid aufzuheben.

Zu Bescheid III

Säumniszuschläge gehören nach ständiger Rechtsprechung gem. § 3 Abs. 2 lit. d BAO zu den Nebenansprüchen und sind zur festgesetzten Abgabe formell akzessorisch (vgl. ).

Da der o.a. Nachforderungsbescheid aufgehoben wurde, fiel auch die Grundlage für die Festsetzung von Säumniszuschlägen weg.

Der Bescheid III war daher ebenfalls aufzuheben.

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt IV. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die vorliegende Entscheidung kann sich auf die zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung stützen. Es musste daher der Revisionsausschluss zum Tragen kommen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
Verweise
VS-1130



ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7200028.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at