Haftung eines faktischen Geschäftsführers
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1*** als ehemaliger faktischer Geschäftsführer der ***2*** LTD sowie der ***1*** LTD, ***45***, vertreten durch die Achammer & Mennel Rechtsanwälte OG, Schloßgraben 10, 6800 Feldkirch, über die Beschwerden vom sowie vom gegen die Bescheide des ***FA*** (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom und vom betreffend Haftung gemäß § 9a Bundesabgabenordnung (BAO), Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und der Haftungsbescheid insofern abgeändert, als die Haftungssumme von bisher 9.044.776,71 € um den Betrag von 4,00 € auf 9.044.772,71 € eingeschränkt wird.
II. Die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Haftungsprüfungsvorhalten vom teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer (im Folgenden abgekürzt Bf.) mit, dass auf den Abgabenkonten der Primärschuldnerinnen (***1*** LTD und ***2*** LTD) die in den beiliegenden Rückstandsausweisen angeführten Abgaben in Höhe von 188.711,40 € sowie 2.218.337,80 € uneinbringlich aushafteten.
Aufgrund der Funktion des Bf. als das zur Vertretung der Gesellschaft berufene Organ habe ihm die Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen oblegen. Da die in den Rückstandsausweisen angeführten Abgabenbeträge während der Vertretungsperiode des Bf. fällig bzw. nicht entrichtet worden seien, müsse das Finanzamt bis zum Beweis des Gegenteiles davon ausgehen, dass der Bf. der ihm obliegenden Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft nicht ausreichend nachgekommen sei.
Vertreter von Kapitalgesellschaften hafteten mit ihrem persönlichen Einkommen und Vermögen für deren Abgaben, wenn sie an deren Nichtentrichtung ein Verschulden treffe, wobei hierfür bereits leichte Fahrlässigkeit genüge. Kein Verschulden bestünde beispielsweise, wenn alle anderen Gesellschaftsgläubiger gleich behandelt worden seien wie das Finanzamt, wenn also keiner der Gläubiger bevorzugt befriedigt worden sei. Die Pflichtverletzung müsse darüber hinaus in ursächlichem Zusammenhang mit der Nichtentrichtung stehen.
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes müsse das Finanzamt somit bis zum Beweis des Gegenteiles von einer schuldhaften und für den Abgabenausfall zudem auch ursächlichen Verletzung der Pflicht des Bf. zur Entrichtung der fällig gewordenen Abgaben aus den verwalteten Mitteln ausgehen. Unter diesen Umständen müsste der Bf. mit der Erlassung eines Haftungsbescheides im Ausmaß der uneinbringlich gebliebenen Abgaben rechnen.
Sofern die Gesellschaften bereits zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten der betreffenden Abgaben nicht mehr über ausreichend liquide Mittel zur (vollen) Bezahlung aller Verbindlichkeiten verfügt hätten, könne dieser Umstand jeweils durch eine Auflistung sämtlicher Gläubiger der jeweiligen Gesellschaft mit zum Zeitpunkt der Abgabenfälligkeiten gleichzeitig oder früher fällig gewordenen Forderungen dargelegt werden. In dieser Aufstellung müssten alle damaligen Gläubiger der betreffenden Gesellschaft (auch die zur Gänze bezahlten) sowie die auf einzelne Verbindlichkeiten (Gläubiger) geleisteten Zahlungen (Quoten) enthalten sein. Anzugeben bzw. gegenüberzustellen seien zudem alle verfügbar gewesenen liquiden Mittel (Bargeld und offene Forderungen) und es sei die Verschuldenssituation umfassend darzustellen.
In seiner mit datierten Stellungnahme zu den Haftungsprüfungsvorhalten führte der Bf. im Westlichen aus, dass er zu keinem Zeitpunkt rechtlicher Vertreter der beiden in den Haftungsvorhalten angeführten Primärschuldnerinnen gewesen sei und keine Funktion als ein zur Vertretung dieser Primärschuldnerinnen berufenes Organ gehabt habe. Die Haftungsvorhalte würden auch nichts enthalten, wozu er inhaltlich Stellung nehmen könne, da nicht ausgeführt werde, aufgrund welcher Annahmen das Finanzamt davon ausgehe, dass er eine Funktion als zur Vertretung der Primärschuldnerinnen berufenes Organ innegehabt habe. Er sei auch nie faktischer Geschäftsführer dieser Primärschuldnerinnen gewesen und es werde in den Haftungsvorhalten auch nicht angeführt, weshalb er dies gewesen sein solle. Beantragt werde daher die Einstellung der Haftungsprüfungsverfahren.
Mit Bescheid vom zog die belangte Behörde den Bf. als faktischen Geschäftsführer und tatsächlichen Machthaber zur Haftung für die bei der ***2*** LTD aushaftende Umsatzsteuer 01-04/2016 in Höhe von 970.170,47 € heran.
Begründend wurde ausgeführt, der Bf. habe als faktischer Geschäftsführer auf die Erfüllung der Pflichten der Primärschuldnerin und des in den §§ 80ff BAO bezeichneten Vertreters der Primärschuldnerin tatsächlich Einfluss genommen, indem er letzteren als handelsrechtlichen Geschäftsführer vorgeschoben habe. Tatsächlich seien sowohl die Primärschuldnerin als auch deren eingetragener handelsrechtlicher Geschäftsführer im Einflussbereich des Bf. gestanden. Der handelsrechtliche Geschäftsführer habe zwar diese Stellung offiziell innegehabt, habe entsprechende Unterschriften geleistet und nach außen hin Handlungen gesetzt, allerdings immer unter der Leitung und/oder auf Anweisung des Bf. Sämtliche durch die Primärschuldnerin erwirtschafteten Umsätze seien dem Bf. zugeflossen und in dessen Verfügungsmacht gestanden.
Als faktischer Geschäftsführer und tatsächlicher Machthaber der Primärschuldnerin sei der Bf. gemäß § 9a Abs. 1 BAO insbesondere verpflichtet gewesen, diesen Einfluss dahingehend auszuüben, dass die abgaberechtlichen Pflichten vom Abgabepflichtigen und den in den §§ 80ff BAO bezeichneten Vertretern erfüllt würden. Als faktischer Geschäftsführer und tatsächlicher Machthaber der Primärschuldnerin hafte der Bf. gemäß § 9a Abs. 2 BAO für jene Abgaben, die infolge seiner Einflussnahme weder bei der Primärschuldnerin noch bei den gemäß §§ 80ff bezeichneten Vertretern eingebracht werden könnten.
Mit Bescheid vom wurde der Bf. überdies als faktischer Geschäftsführer und tatsächlicher Machthaber zur Haftung für folgende aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der ***1*** LTD in Höhe von insgesamt 185.051,40 € herangezogen:
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Abgabenart | Zeitraum | Betrag in Euro |
Körperschaftsteuer | 2015 | 2.051,40 € |
Umsatzsteuer | 01-06/2016 | 183.000,00 € |
185.051,40 € |
Dem Haftungsbescheid beigefügt war der Körperschaftsteuerbescheid 2015 vom , mit dem die Körperschaftsteuer 2015 mit 2.219,00 € festgesetzt wurde.
Die Bescheidbegründung entspricht jener des Haftungsbescheides vom , mit dem der Bf. für die bei der ***3*** LTD aushaftende Umsatzsteuer 01-04/2016 in Höhe von 970.170,47 € herangezogen wurde, sodass zur Vermeidung von Wiederholungen auf diese verwiesen wird.
Gegen die Haftungsbescheide vom und vom sowie gegen die den in Haftung gezogenen Abgaben zugrundeliegenden Abgabenbescheide brachte der Bf. am durch seine rechtliche Vertreterin fristgerecht Beschwerde ein und stellte die folgenden Anträge:
Zustellung der der Haftung zugrundeliegenden, ebenfalls angefochtenen Abgabenbescheide samt der jeweiligen Bescheidgrundlagen zwecks Möglichkeit der inhaltlichen Ergänzung der gegenständlichen Beschwerde
Anberaumung einer mündlichen Verhandlung
Aufhebung der angefochtenen Haftungsbescheide und Einstellung der Verfahren gegen den Bf. und die beiden Primärschuldnerinnen
In eventu in Stattgabe der Beschwerde dem Finanzamt eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.
Begründend wurde auf § 93 Abs. 3 BAO verwiesen, wonach ein Bescheid neben dem Spruch eine Begründung zu enthalten habe. Erforderlich sei auch eine Belehrung, ob ein Rechtsmittel zulässig sei, innerhalb welcher Frist und bei welcher Behörde das Rechtsmittel einzubringen sei, dass das Rechtsmittel begründet werden müsse und ihm eine aufschiebende Wirkung nicht zukomme.
Die angefochtenen Haftungsbescheide würden keine nachvollziehbare Begründung und keine Rechtsmittelbelehrung enthalten und seien deshalb so mangelhaft, dass sie bereits aus diesem Grund aufzuheben seien.
Zudem würden sich die angefochtenen Haftungsbescheide nicht mit den Ausführungen in der Stellungnahme des Bf. zu den Haftungsprüfungsvorhalten auseinandersetzen und damit Willkür üben.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes liege Willkür vor, wenn wesentliches Parteivorbringen völlig außer Acht gelassen werde und nicht einmal überprüft werden könne, ob und welches Vorbringen der Parteien Grundlage der Entscheidung sei. Der Verfassungsgerichtshof habe etwa in seiner Entscheidung vom , U 821/2013, folgendes ausgesprochen: "Ein willkürliches Verhalten des Asylgerichtshofes, das eine Verletzung in dem durch ArtI Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, gewährleisteten subjektiven Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander bedeutet, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001,16.383/2001)."
Tatsächlich wären die Sachverhaltsfeststellungen in folgender Weise zu treffen: Zunächst wäre in zusammengefasster Form das wesentliche Vorbringen des Beschwerdeführers darzustellen. Ein Beschwerdeführer habe das Recht, seinen Vortrag auch im Bescheid übersichtlich dargestellt zu bekommen.
Der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom , RA 2016/11/0081, die Anforderungen an eine Bescheidbegründung wie folgt umschrieben: "Demnach bestehen die drei logisch aufeinander aufbauenden und formal zu trennenden Elemente einer ordnungsgemäß begründeten verwaltungsgerichtlichen Entscheidung 1. in einer im Indikativ gehaltenen Tatsachenfeststellung, 2. in der Beweiswürdigung, 3. in der rechtlichen Beurteilung. Lässt eine Entscheidung die Trennung dieser Begründungselemente in einer Weise vermissen, dass die Rechtsverfolgung durch die Partei über die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts maßgeblich beeinträchtigt wird, dann führt ein solcher Begründungsmangel zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung schon aus diesem Grund (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. Ra 2014/03/0045). Die bloße Zitierung von Beweisergebnissen - wie vorliegend die Aussagen der in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen - ist nicht hinreichend, um diesen Anforderungen gerecht zu werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. Ra 2016/11/0038; vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom , Zl. Ra 2014/02/0051, und vom , Zl. 2013/11/0244)."
Nach der Zusammenfassung des Vorbringens des Bf. in übersichtlicher Form müsste auf dieses Vorbringen eingegangen und dieses analysiert werden. Anschließend müsste die Behörde darstellen, aufgrund welcher Beweisergebnisse sie welche Schlüsse ziehe und wie sie diese rechtlich würdige.
Die angefochtenen Haftungsbescheide würden keinerlei Begründung enthalten, aufgrund welcher Annahmen und Beweisergebnisse der Bf. Haftungspflichtiger "gemäß § 9a Abs. 1 und 2 iVm §§ 9 und 80ff Bundesabgabenordnung" sein solle.
Es sei aus den angefochtenen Bescheiden auch nicht zu entnehmen, ob das Finanzamt von einer Haftung nach § 9a BAO oder nach den §§ 9 und 80ff BAO ausgehe, obwohl es sich dabei um völlig verschiedene Haftungsgrundlagen handle.
Die angefochtenen Bescheide würden auch keine Rechtsmittelbelehrung enthalten. Unter der Überschrift Rechtsmittelbelehrung werde lediglich eine rudimentäre Scheinbegründung angeführt.
Die angefochtenen Bescheide würden auch keinen Hinweis enthalten, auf welche aushaftenden Abgabenschuldigkeiten sie sich tatsächlich beziehen würden.
Laut dem Haftungsbescheid vom solle der Bf. unter anderem für die gegenüber der ***1*** LTD festgesetzten Körperschaftsteuer 2015 in Höhe von 2.051,40 € haften. Dem Haftungsbescheid sei ein mit datierter Körperschaftsteuerbescheid 2015 über eine Abgabennachforderung von 2.219,00 € angeschlossen worden. Weshalb der Bf. nur für einen Teil dieses Betrages haften solle, werde im angefochtenen Bescheid nicht begründet.
Beide angefochtenen Haftungsbescheide würden auch keine Zahl und kein Bescheiddatum enthalten, mit der die Umsatzsteuer vorgeschrieben sein solle. Es sei diesen Bescheiden auch nicht zu entnehmen, wie sich die Verbindlichkeiten zusammensetzen sollten und es werde nicht festgestellt, dass diese rechtskräftig und vollstreckbar wären.
Tatsächlich würden weder die ***1*** LTD noch die ***2*** LTD und schon gar nicht der Bf. die behaupteten Beträge schulden. Die Vorschreibungen seien zu Unrecht erfolgt.
Das Finanzamt übersehe auch, dass es sich bei der Haftung nach § 9a BAO um eine Ausfallhaftung handle. Gemäß § 9a Abs. 2 BAO würden die in Abs. 1 bezeichneten Personen für Abgaben nur insoweit haften, als "die Abgaben infolge ihrer Einflussnahme nicht eingebracht werden können."
Die angefochtenen Haftungsbescheide würden jedoch mit keinem Wort behaupten, dass die Abgaben nicht eingebracht werden könnten und schon gar nicht, dass dies aufgrund der Einflussnahme des Bf. erfolgt sei.
Eine Haftung nach § 9 BAO sei ausgeschlossen, da der Bf. nicht zum Personenkreis der in dieser Bestimmung bezeichneten Vertreter gehöre.
Mit Bescheid vom wurde der Haftungsbescheid vom , mit dem der Bf. als faktischer Geschäftsführer und tatsächlicher Machthaber zur Haftung für die bei der ***2*** LTD aushaftende Umsatzsteuer 01-04/2016 in Höhe von 970.170,47 € herangezogen wurde, gemäß § 299 Abs. 1 BAO aufgehoben. Im mit selben Datum neu erlassenen Haftungsbescheid wurde der Bf. als Haftungspflichtiger gemäß § 9a Abs. 1 und 2 iVm §§ 9 und 80ff BAO für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der ***2*** LTD in Höhe von 9.044.776,71 € in Anspruch genommen, die sich laut dem beiliegenden Rückstandsausweis wie folgt zusammensetzen:
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Abgabenart | Zeitraum | Fälligkeitstag | Betrag |
Umsatzsteuer | 01-04/2016 | 969.012,41 € | |
Umsatzsteuer | 09/2016 | 4.987,63 € | |
Umsatzsteuer | 10/2016 | 5.047,49 € | |
Umsatzsteuer | 11/2016 | 8.634,20 € | |
Körperschaftsteuer | 01-03/2017 | 1.190.000,00 € | |
Umsatzsteuer | 12/2016 | 10.514,06 € | |
Umsatzsteuer | 01/2017 | 2.300,30 € | |
Umsatzsteuer | 02/2017 | 3.387,06 € | |
Körperschaftsteuer | 04-06/2017 | 1.190.000,00 € | |
Umsatzsteuer | 03/2017 | 2.385,33 € | |
Umsatzsteuer | 04/2017 | 512,39 € | |
Körperschaftsteuer | 07-09/2016 | 48.820,53 € | |
Körperschaftsteuer | 10-12/2016 | 4.707.500,00 € | |
Umsatzsteuer | 2016 | 901.675,01 € | |
9.044.776,71 € |
Dem Haftungsbescheid beigefügt waren folgende Bescheide:
Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 01-04/2016 vom , mit dem die Umsatzsteuer für diesen Zeitraum mit 1.032.840,00 € festgesetzt wurde.
Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 09/2016 vom , mit dem die Umsatzsteuer für diesen Zeitraum mit 4.987,63 € festgesetzt wurde.
Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 10/2016 vom , mit dem die Umsatzsteuer für diesen Zeitraum mit 5.047,79 € festgesetzt wurde.
Umsatzsteuerbescheid 2016 vom , mit dem die Umsatzsteuer für 2016 mit 1.985.804,54 € festgesetzt wurde.
Umsatzsteuerbescheid 2017 vom , mit dem die Umsatzsteuer für 2017 mit 513.275,08 € festgesetzt wurde.
Körperschaftsteuerbescheid 2016 vom , mit dem die Körperschaftsteuer 2016 mit 4.760.000,00 € festgesetzt wurde.
Körperschaftsteuerbescheid 2017 vom , mit dem die Körperschaftsteuer 2017 mit 2.380.000,00 € festgesetzt wurde.
Begründend wurde ausgeführt, sofern ein Bescheid an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides trete, gelte gemäß § 253 BAO diese Bescheidbeschwerde auch als gegen den späteren Bescheid gerichtet. Die Beschwerde vom gelte daher auch als gegen diesen Bescheid gerichtet. Der Bf. brauche den vorliegenden Bescheid nicht erneut anzufechten.
Als faktischer Geschäftsführer der ***2*** LTD habe der Bf. auf die Erfüllung der Pflichten dieser Primärschuldnerin und des in den §§ 80ff BAO bezeichneten Vertreters der Primärschuldnerin tatsächlich Einfluss genommen, indem er letzteren als handelsrechtlichen Geschäftsführer vorgeschoben habe. Tatsächlich seien sowohl die Primärschuldnerin als auch deren eingetragener handelsrechtlicher Geschäftsführer im Einflussbereich des Bf. gestanden. Der handelsrechtliche Geschäftsführer habe zwar diese Stellung offiziell innegehabt, habe entsprechende Unterschriften geleistet und nach außen hin Handlungen gesetzt, allerdings immer unter der Leitung und/oder auf Anweisung des Bf. Sämtliche durch die Primärschuldnerin erwirtschafteten Umsätze seien dem Bf. zugeflossen und seien in dessen Verfügungsmacht gestanden.
Als faktischer Geschäftsführer und tatsächlicher Machthaber der Primärschuldnerin sei der Bf. gemäß § 9a Abs. 1 BAO insbesondere verpflichtet gewesen, diesen Einfluss dahingehend auszuüben, dass die abgaberechtlichen Pflichten von der Abgabepflichtigen und den in den §§ 80ff BAO bezeichneten Vertretern erfüllt würden. Als faktischer Geschäftsführer und tatsächlicher Machthaber der Primärschuldnerin hafte der Bf. gemäß § 9a Abs. 2 BAO für jene Abgaben, die infolge seiner Einflussnahme weder bei der Primärschuldnerin noch bei den gemäß §§ 80ff bezeichneten Vertretern eingebracht werden könnten.
Mit Bescheid vom wurde der Haftungsbescheid vom , mit dem der Bf. als faktischer Geschäftsführer und tatsächlicher Machthaber zur Haftung für bei der ***1*** LTD aushaftende Abgaben in Höhe von insgesamt 185.051,40 € herangezogen wurde, gemäß § 299 Abs. 1 BAO aufgehoben. Im mit selben Datum neu erlassenen Haftungsbescheid wurde der Bf. als Haftungspflichtiger gemäß § 9a Abs. 1 und 2 iVm §§ 9 und 80ff BAO für die bei der ***1*** LTD aushaftende Umsatzsteuer 2016 in Höhe von 183.000,00 € in Anspruch genommen.
Dem Haftungsbescheid beigefügt war der Umsatzsteuerbescheid 2016 vom , mit dem die Umsatzsteuer 2016 mit 183.000,00 € festgesetzt wurde.
Die Bescheidbegründung entspricht mit Ausnahme der Ausführungen zu § 253 BAO jener des Haftungsbescheides vom , mit dem der Bf. für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der ***2*** LTD in Höhe von 9.044.776,71 € in Anspruch genommen wurde, sodass zur Vermeidung von Wiederholungen auf diese verwiesen wird.
Gegen den Haftungsbescheid vom , nicht jedoch gegen jenen vom , wurde vom Bf. am durch seine damalige rechtliche Vertreterin fristgerecht Beschwerde eingebracht und folgende Anträge gestellt:
Anberaumung einer mündlichen Verhandlung
Aufhebung des angefochtenen Haftungsbescheides und Einstellung des Verfahrens gegen den Bf. und die beiden Primärschuldnerinnen
In eventu in Stattgabe der Beschwerde dem Finanzamt eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.
Das Beschwerdevorbringen entspricht jenem der am eingebrachten Beschwerde, sodass zur Vermeidung von Wiederholungen auf diese verwiesen wird.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurden die Beschwerden gegen die Haftungsbescheide vom , vom und vom als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde unter Wiedergabe der §§ 248, 253, 299 Abs. 1, 93 Abs. 2 und Abs. 3, § 9a Abs. 1 und Abs. 2, 9 Abs. 1 und 80 Abs. 1 BAO sowie der zu diesen Normen ergangenen höchstgerichtlichen Judikatur ausgeführt, ein Haftungsvorhalt sei grundsätzlich nur in den Fällen des § 9 BAO vorgesehen. Die dort bestehende Beweislastumkehr solle durch diese wesentliche Vorausinformation seitens der Abgabenbehörde kompensiert werden, um den Haftungspflichtigen in die Lage zu versetzen, das Gegenteil bzw. die Gläubigergleichbehandlung zu den Fälligkeitszeitpunkten beweisen zu können.
Für Fälle des § 9a BAO sei ein besonderer Haftungsvorhalt nicht vorgesehen. Es liege dort ohnehin an der Abgabenbehörde, die Voraussetzungen für die Haftungsinanspruchnahme zu beweisen. Der Umstand, dass die beiden Haftungsvorhalte Unrichtigkeiten enthalten würden bzw. nicht korrekt zugestellt worden seien, sei daher unbeachtlich.
Der Bf. habe zunächst selbst die ***1*** LTD gegründet und sei vom Zeitpunkt der Gründung, also seit , als deren Director eingetragen gewesen. Am habe sich der Bf. von einem Director in Rumänien ablösen lassen. Bei Gründung der ***2*** LTD am habe von Beginn an ein Director in Rumänien fungiert. Die Behauptung der rechtlichen Vertretung des Bf., dieser sei zu keinem Zeitpunkt Vertreter der ***1*** LTD gewesen, sei somit faktenwidrig. Als Grund für den "Rückzug" des Bf. bzw. für den Einsatz von Strohmännern werde angenommen, dass der Bf. in der sensiblen Glückspielbranche (zahlreiche Polizeikontrollen und Lokalschließungen seit der GSpG-Novelle, großes Medienaufsehen, Gewerberecht, strafrechtliche Verantwortung des Geschäftsführers nach den GSpG) nicht als offizieller Geschäftsführer habe aufscheinen wollen.
Die obig angeführten Abgabenschuldigkeiten der beiden Primärschuldnerinnen seien bei diesen nicht einbringlich gewesen, zumal diese jeweils zum Zeitpunkt der erstmaligen Geltendmachung der Abgabenschuldigkeiten mittels Haftungsbescheiden vom bzw. bereits aus dem britischen Gesellschaftsregister gelöscht worden seien. Die Löschung einer LTD habe nach ständiger Rechtsprechung des OGH () konstitutive Wirkung, sodass bereits die Bekanntgabe einer Abgabenschuld an die Abgabenpflichtige nach diesem Zeitpunkt unmöglich sei und sohin auch jedweder Einbringungsversuch.
Die Haftungsbescheide wären aus verschiedenen Gründen fehlerhaft, aber nicht unwirksam. Zum einen wären keine detaillierten Informationen zu den Fälligkeitszeitpunkten der haftungsgegenständlichen Abgaben darin enthalten, zum anderen seien die Begründungen unrichtigerweise jeweils als Rechtsmittelbelehrung bezeichnet worden und eine Rechtsmittelbelehrung habe jeweils vollständig gefehlt. Die fehlerhafte Bezeichnung des Bescheidteils Begründung mit "Rechtsmittelbelehrung" sei unschädlich. Das Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung hingegen sei ein Indiz gegen den Bescheidcharakter einer Erledigung (vgl. Ritz, BAO6, § 93 Tz 19 mwN) und stelle eine Verletzung von Verfahrensvorschriften dar, stehe jedoch der Annahme der Bescheidqualität der Erledigung nicht entgegen (vgl. Ritz, BAO6, § 93 Tz 27 mwN). Diese Haftungsbescheide seien jedoch wegen des schweren Verfahrensfehlers der Nichtbekanntgabe der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten am bzw. am aufgehoben und unter Beachtung der Fehlerhaftigkeit neu erlassen worden. Die Fehlerhaftigkeit scheide sohin aus dem Themenkreis der Beschwerdegründe aus.
(1) ***2*** LTD
Die ***2*** LTD sei 2016 nach Feststellungen der Finanzpolizei einer Prüfung unterzogen worden. Dabei sei festgestellt worden, dass es sich bei der ***2*** LTD um ein Glücksspielunternehmen mit mehreren Standorten handle.
Die Voranmeldepflicht der Umsatzsteuer 01/2016 bis 04/2017 sei durch deren ehemaligen Geschäftsführer ***4*** verletzt worden, ebenso die Vorauszahlungspflicht ab Fälligkeit der jeweiligen Abgaben. ***4*** sei nach Angaben des Bf. zufolge nur selten vor Ort anwesend gewesen. Um die Fragen der täglichen Geschäftsführung hätten sich der Bf. bzw. seine Gattin gekümmert, welche in den verschiedenen Glücksspiellokalen öfter anwesend gewesen seien als ***4***, dies ergebe sich aus Mitarbeiterbefragungen. Rechnungen an die ***2*** LTD seien zum Teil namentlich an den Bf. adressiert worden. Zudem seien zahlreiche Geschäftsmieten vom Bf. für die ***2*** LTD bezahlt worden, der auf den Zahlscheinen namentlich als Auftraggeber aufscheine. Der Bf. habe gegenüber der Finanzpolizei die Beantwortung von Fragen verweigert, obwohl er als "einfacher" Mitarbeiter grundsätzlich nichts zu befürchten gehabt hätte. Die einvernommenen "einfachen" Mitarbeiter/innen seien auskunftsfreudiger gewesen. Der Bf. habe am in der Funktion als Geschäftsführer der ***2*** LTD auch aktiv für die ***2*** LTD eine Anzeige bei der Polizeidirektion ***5*** wegen Betrugs durch Kunden, die mit Geldscheinen eines der Glücksspielgeräte manipuliert hätten, erstattet. Als die Polizeibeamten Gerät und Lokal in Augenschein genommen und eine Auslesekarte verlangt hätten, habe der Bf. bemerkt, dass die Situation der ***2*** LTD vom Opfer zur Täterin (GSpG) gekippt sei. Daraufhin habe der Bf. "trotzig" reagiert - sohin eher wie ein Verantwortlicher und nicht wie ein Mitarbeiter, dem das grundsätzlich gleichgültig sein habe können - indem er zu lachen begonnen habe und gemeint habe, die BH ***7*** könne sowieso nichts dagegen unternehmen.
Die Pflicht zur Entrichtung dieser 2016 und 2017 fällig gewordenen Abgaben bzw. zur entsprechenden Einflussnahme auf die Entrichtung der Abgaben durch den installierten Director ***4*** habe daher den Bf. getroffen, welcher vorbringe, zu keinem Zeitpunkt Vertreter der ***2*** LTD gewesen zu sein. Er sei lediglich Angestellter, der die Funktionsfähigkeit der Geräte sicherstelle. Dieses Vorbringen werde unter anderem durch folgende Beweismittel erschüttert:
Anzeige der Polizeidirektion ***5*** vom , in welcher der Bf. als Geschäftsführer der ***2*** LTD angeführt worden sei.
Der Bf. sei zum Teil Mietvertragspartei betreffend Geschäftslokale der ***2*** LTD
Vorgelegte Buchhaltungsunterlagen mit etlichen Zahlscheinen, aus welchen hervorgehe, dass der Bf. Mietzahlungen für die ***2*** LTD angewiesen hätte.
Kontoregisterabfrage (Personensuche) vom unter der Subjekt-ID des Bf., in welcher s(eine) Verbindung zur ***2*** LTD dokumentiert sei.
Sichergestellte Stromrechnung der ***8*** an "Spielhalle ***9*** z.H. ***Bf1***".
Aussagen ***10*** bei der Einvernahme durch die Polizeiaufsichtbehörde des Kreises ***11*** vom , wonach Chef der ***2*** LTD der Bf. sei und er selbst (der deutschen Sprache nicht mächtig) vorgeblich zum Zweck der Erlangung einer Beschäftigung in Österreich zuerst von einer türkischsprachigen Person namens "***12***" (***13*** sei der Spitzname des Bf.) mit einem Porsche nach ***7*** und dann noch dreimal für jeweils zwei Tage per Bus nach ***14*** gebracht, von dort durch "***12***" abgeholt und anschließend mit der Bahn wieder nach Rumänien zurückgebracht worden sei. Im Hotel in ***7*** habe dieser "***12***" ihm Dokumente zur Unterschrift vorgelegt, angeblich für Zwecke seiner Anstellung. Die Frage, welche Tätigkeiten er in Aussicht habe, sei ihm dahingehend beantwortet worden, dass es nicht schwer sein werde.
Erhebungsergebnisse des Landeskriminalamtes ***15*** gegen den Bf., wonach dieser der verantwortliche Betreiber der Lokale sei (durch Zeugenaussagen belegt).
(2) ***1*** LTD
Die ***1*** LTD sei 2017 nach Feststellungen der Finanzpolizei in deren Geschäftslokal "***16***", ***17***, einer Prüfung unterzogen worden. Die Voranmeldepflicht der Umsatzsteuer 01/2016 bis 06/2016 sei durch deren ehemaligen Geschäftsführer ***18*** verletzt worden, ebenso die Vorauszahlungspflicht ab Fälligkeit der jeweiligen Abgaben. ***18*** sei jedoch zuvor vom Bf. als sein offizieller Nachfolger bzw. Geschäftsführer der ***1*** LTD installiert worden. Bei der Einvernahme durch die Finanzpolizei am habe der Bf. nach wenigen Sätzen jede weitere Aussage verweigert und sich trotzig verhalten - eher wie ein Verantwortlicher und nicht wie ein einfacher Mitarbeiter - indem er gemeint habe, man soll ihm ruhig eine Strafe schicken, die er dann bezahle und damit den Staat unterstütze.
Die Pflicht zur Entrichtung dieser 2016 fällig gewordenen Abgaben bzw. zur entsprechenden Einflussnahme auf die Entrichtung der Abgaben durch den installierten Director ***18*** habe den Bf. getroffen, welcher vorbringe, zu keinem Zeitpunkt Vertreter der ***1*** LTD gewesen zu sein. Er sei lediglich Angestellter, der die Funktionsfähigkeit der Geräte sicherstelle. Dieses Vorbringen werde unter anderem durch die folgenden Beweismittel erschüttert:
Die laufende Buchhaltung bis einschließlich Februar 2016 sei von ***19*** vorgenommen worden. Die entsprechenden Unterlagen seien ihm stets vom Bf. übergeben und von ihm anschließend wieder an den Bf. retourniert worden.
Aussagen ***20*** bei der Einvernahme durch die Polizeiaufsichtsbehörde des Kreises ***11*** vom und vom , wonach er zur Unterfertigung einiger Dokumente nach ***21*** und Österreich gebracht worden sei, und ihm nach Beeinträchtigung durch einen Getränkezusatz während des Transports im Schwindelzustand Dokumente zur Unterschrift vorgelegt worden wären. Eine ***1*** LTD kenne er nicht und er sei seines Wissens nie als Geschäftsführer tätig gewesen. Er sei dabei ausgenutzt worden.
***22*** sei der Spitzname des Bf. (Indiz für eine Nahebeziehung des Bf. zur Abgabepflichtigen).
Erhebungsergebnisse des Landeskriminalamtes ***15*** gegen den Bf., wonach dieser der verantwortliche Betreiber der Lokale sei (insbesondere durch eine Aussage des Bf. gegenüber der PI ***23*** vom belegt, obwohl bereits seit Ende 2014 ***18*** installiert gewesen sei).
Die Abgabenbehörde sei daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Bf. der tatsächlich agierende Geschäftsführer der beiden LTD`s gewesen sei.
Als Betreiber von Glücksspiellokalen im Inland müsse dem Bf. bekannt sein, dass in Österreich getätigte Umsätze zu versteuern und für die Abfuhr daher entsprechende Rücklagen zu bilden und Erklärungen abzugeben seien. Die jeweilige Einschaltung vorgeschobener Personen mit Wohnsitz in Rumänien als Director der LTD`s, die selten bis überhaupt nicht in den Lokalen anwesend seien, sei durch den Bf. selbst erfolgt.
Die Heranziehung des Bf. als Haftungspflichtigen nach § 9a BAO stehe im Ermessen der Abgabenbehörde. Bei der Ermessensübung sei den Zweckmäßigkeitserwägungen gegenüber Billigkeitserwägungen der Vorzug eingeräumt worden, da das gesamte Verhalten des Bf. in den Abgabenangelegenheiten der Primärschuldnerinnen auf persönliche Vorteilsoptimierung und darauf gerichtet gewesen sei, durch den Einsatz von Strohmännern den steuerlichen Zugriff bzw. Durchgriff auf seine Person als wahren Unternehmer hinter dem Betrieb der Spielautomatenlokale zu erschweren. Der Bf. habe selbst die wirtschaftlichen Vorteile aus dem Betrieb gezogen und er habe bis zur Löschung der LTD`s diese auch federführend gesteuert.
Im am fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag wurden die Beschwerdebegehren aufrechterhalten. Ergänzend wurde unter Bezugnahme auf den Spruch der Beschwerdevorentscheidung vorgebracht, diese spreche ausdrücklich über "die Beschwerde vom …..gegen die Haftungsbescheide 1. vom betreffend ***24***1 LTD und 2. vom und vom betreffend ***1*** LTD" ab. Der angefochtene Bescheid leide damit an einem unklaren und rechtswidrigen Spruch, da der Haftungsbescheid vom bereits mit Bescheid des Finanzamtes vom aufgehoben worden sei.
Auch der Haftungsbescheid vom sei mit Bescheid vom vom Finanzamt aufgehoben worden. Der angefochtene Bescheid leide sohin an einem unklaren und in sich widersprüchlichen Spruch und spreche uno actu über Bescheide ab, die bereits nicht mehr existieren würden.
Der angefochtene Bescheid werde daher bereits aus diesem Grund aufzuheben sein.
Der angefochtene Bescheid behauptet weiters, es ergebe sich aus Mitarbeiterbefragungen, dass der Bf. "in den verschiedenen Glückspiellokalen öfter anwesend war als ***4***". Welche Mitarbeiter von wem in welcher Funktion befragt worden seien und was genauer Gegenstand der Auskünfte gewesen sein solle, sei dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen.
Tatsächlich habe die ***25*** Gebietskrankenkasse am einen Mitarbeiter der ***2*** LTD zu seinem Dienstverhältnis befragt und dieser habe erklärt, dass sein Chef ein blonder Mann mit dem Namen ***26*** gewesen sei. Der Bf. habe dunkle Haare und heiße auch nicht ***26***.
Die ***27*** Gebietskrankenkasse habe am die Mitarbeiterin ***28*** zu ihrer "Tätigkeit bei ***2*** LTD" befragt. Diese gebe auf Seite 4 zu Protokoll: "Wenn ich ***29*** gefragt werde, so gebe ich zu Protokoll, dass dieser von uns "***26***" genannt worden ist. Soweit ich weiß, ist er der Geschäftsführer der Firma. Ich kenne ihn, weil er gelegentlich vorbeischaut. Wenn ich gefragt werde, ob ich glaube, dass dieser "***26***" die Geschäfte führt, so gebe ich zu Protokoll, dass das zutrifft……Wenn ich von Frau Mag. ***30*** gefragt werde, wer die Ansprechperson bei der ***2*** LTD ist, gebe ich zu Protokoll, dass - wie gesagt - der Herr namens "***26***" mich eingestellt hat."
Ganz offensichtlich handle es sich bei diesem ***26*** um den Geschäftsführer der ***2*** LTD, ***31***, und der Haftungsbescheid gegen den Bf. sei sohin rechtswidrig.
Dem Bf. sei zu diesen angeblichen Vernehmungen auch zu keiner Zeit Parteiengehör gewährt worden, weshalb der angefochtene Bescheid auch aus diesem Grund aufzuheben sei.
Der angefochtene Bescheid verweise rudimentär auf angebliche Beweismittel, aus welchen hervorgehen solle, dass der Bf. nicht nur Angestellter gewesen ***132*** solle, der die Funktionsfähigkeit der Geräte sichergestellt habe. Die konkrete Auseinandersetzung mit diesen Beweismitteln und insbesondere Parteiengehör dazu sei nicht erfolgt.
Dass die beiden tatsächlichen Geschäftsführer der Gesellschaften nichts von ihrer Geschäftsführerfunktion wissen würden und nur ausweichende Angaben machen hätten wollen, verwundere nicht. Diese beiden Geschäftsführer würden im Rahmen der durchzuführenden mündlichen Verhandlung zu vernehmen sein.
Im Vorlagebericht vom hat das Finanzamt zu den Beschwerdeverfahren wie folgt Stellung genommen:
Zur Beschwerde gegen die Abgabenansprüche in der Haftungsbeschwerde:
Dem Hinweis in der Beschwerde, dass die Abgabenfestsetzungen nicht beigelegt worden wären, wurde durch Aufhebung und Neuerlassung des Haftungsbescheides begegnet. Eine Begründung für die Unrichtigkeit der Abgabenfestsetzungen sei jedoch unterblieben. Über diese Beschwerde sei noch nicht mittels Beschwerdevorentscheidung abgesprochen worden.
Zum Vorbringen der rechtlichen Vertretung im Vorlageantrag:
Der Spruch der Beschwerdevorentscheidung zitiere jenen Bescheid, gegen welchen konkret Beschwerde erhoben worden sei. Der Umstand, dass jener Bescheid gemäß § 299 BAO aufgehoben und durch einen anderen ersetzt worden sei, schade nicht, denn die Beschwerde gelte ex lege (§ 253 BAO) auch als gegen den ersetzenden späteren Bescheid gerichtet. Der Spruch zitiere den bekämpften Bescheid, da sich die Beschwerde gegen diesen richte. In der Begründung der Beschwerdevorentscheidung werde auf die Aufhebung und den ersetzenden Bescheid nochmals hingewiesen. Die Beschwerdevorentscheidung sei somit aus dem angeführten Grund nicht rechtswidrig, insbesondere schon deshalb, weil mit dem Vorlageantrag nicht die Beschwerdevorentscheidung bekämpft werde, sondern die Entscheidung über die Beschwerde gegen den Erstbescheid beantragt werde, an dessen Stelle der ersetzende Bescheid und nicht die Beschwerdevorentscheidung getreten sei.
Die Angaben von Frau ***32*** zitiere der Bf. nur ausschnittsweise. Die Vernehmung durch die ***33*** sei aus einem spezifisch sozialversicherungsrechtlichen Blickwinkel erfolgt. Frau ***32*** habe als Ansprechperson für das Tagesgeschäft der Filiale ***5***, in der sie gearbeitet habe, die Gattin des Bf. genannt. Von ihr sei sie als Mitarbeiterin der früheren ***34*** LTD eingestellt worden. Der Bf., den Frau ***35***r ebenfalls aus dem Lokal kenne, schaue dort Fußball, wette aber nicht. Dass der Bf. nach eigenen Angaben dort selbst angestellt gewesen sei, sei jedoch ihrer Aufmerksamkeit entgangen.
Die Inanspruchnahme von Geschäftsführern als Haftungspflichtige nach den §§ 9, 9a BAO liege im Ermessen der Behörde, sodass die Inanspruchnahme des einen und des anderen möglich und erlaubt sei. Eine Rechtswidrigkeit könne nicht darin erblickt werden, dass ein faktischer Geschäftsführer neben einem unternehmensrechtlichen in Haftung gezogen werde.
Das Vorhalteverfahren (Parteiengehör) sei nur für handelsrechtliche Geschäftsführer zwingend, für faktische jedoch nicht, da diesfalls ohnehin im Unterschied zur § 9 Haftung die Beweislast bei der Behörde liege. Im Übrigen habe auch eine Beschwerdevorentscheidung Vorhaltecharakter.
Mit Email vom wurde das Finanzamt vom BFG um Stellungnahme zu den folgenden Fragen sowie um Nachreichung der folgenden Unterlagen ersucht:
1. Mit Email vom wurde dem BFG seitens ***36*** vom Amt für Betrugsbekämpfung, Geschäftsbereich Finanzstrafsachen, zur Kenntnis gebracht, dass die WKSTA gegen den Bf. hinsichtlich der ***1*** LTD und der ***2*** LTD ein gerichtliches Finanzstrafverfahren führt. In diesem Zusammenhang wird um Mitteilung ersucht, ob bereits ein Urteil gefällt wurde und bejahendenfalls um Übermittlung dieses Urteils gebeten. Weiters wird um Übermittlung des Abschlussberichts des Amts für Betrugsbekämpfung an die WKSTA im gegenständlichen Finanzstrafverfahren ersucht.
2. In der Beschwerdevorentscheidung vom wurde hinsichtlich der ***2*** LTD ausgeführt, dass sich laut Mitarbeiterbefragungen nicht deren handelsrechtlicher Geschäftsführer um Fragen der täglichen Geschäftsführung gekümmert hätte, sondern der Bf. bzw. seine damalige Gattin. Dem BFG liegt jedoch lediglich eine Niederschrift der ***33*** vom über die Einvernahme von ***28***, einer Angestellten der ***2*** LTD, vor. Wie im Vorlageantrag zutreffend dargelegt wurde, hat ***28*** unter anderem Folgendes zu Protokoll gegeben: "Wenn ich nach ***37*** gefragt werde, so gebe ich zu Protokoll, dass dieser von uns "***26***" genannt worden ist. Soweit ich weiß, ist er der Geschäftsführer der Firma. Ich kenne ihn, weil er gelegentlich vorbeischaut. Wenn ich gefragt werde, ob ich glaube, dass dieser "***26***" die Geschäfte führt, so gebe ich zu Protokoll, dass das zutrifft……Wenn ich von Frau ***38*** gefragt werde, wer die Ansprechperson bei der ***2*** LTD ist, gebe ich zu Protokoll, dass - wie gesagt - der Herr namens "***26***" mich eingestellt hat."
Zwecks Klärung des Sachverhalts wird daher um Übermittlung jener Mitarbeiterbefragungen gebeten, in denen dezidiert angegeben wird, dass sich nicht der handelsrechtliche Geschäftsführer um Fragen der täglichen Geschäftsführung der ***2*** LTD gekümmert hat, sondern der Bf.
3. Für die vom Bf. getätigte faktische Geschäftsführung bei der ***2*** LTD wurden in der Beschwerdevorentscheidung vom zudem folgende, dem BFG nicht vorliegende Beweismittel angeführt, um deren Nachreichung ersucht wird:
a) Namentlich an den Bf. adressierte Rechnungen an die ***2*** LTD
b) Zahlreiche Zahlscheine, auf denen der Bf. als Auftraggeber für die ***2*** LTD aufscheint (beispielsweise für Geschäftsmieten)
c) Kontoregisterabfrage (Personensuche) vom unter der Subjekt-ID des Bf., in welcher s(eine) Verbindung zur ***2*** LTD dokumentiert ist.
d) Sichergestellte Stromrechnung der ***8*** an "Spielhalle ***9*** z.H. ***Bf1***"
e) Niederschrift über die Einvernahme des handelsrechtlichen Geschäftsführers der ***2*** LTD, ***4***, durch die Polizeiaufsichtsbehörde des Kreises ***11*** vom
f) Erhebungsergebnisse des Landeskriminalamtes ***15*** gegen den Bf., wonach dieser der verantwortliche Betreiber der Geschäftslokalte der Lokale der ***2*** LTD ist, samt der damit in Zusammenhang stehenden Zeugenaussagen
4. Weiters wird um Vorlage der folgenden, in der Beschwerdevorentscheidung vom zwar aufgezählten, dem BFG jedoch ebenfalls nicht übermittelten Beweismittel für die vom Bf. getätigte faktische Geschäftsführung bei der ***1*** LTD gebeten:
a) Niederschrift über die Einvernahme des handelsrechtlichen Geschäftsführers der ***1*** LTD, ***18***, seitens der Polizeiaufsichtsbehörde des Kreises ***11*** vom und vom
b) Erhebungsergebnisse des Landeskriminalamtes ***15*** gegen den Bf.
Am übermittelte das Finanzamt dem BFG folgende beschwerdewesentlichen Unterlagen:
1. Niederschrift über die am erfolgte Einvernahme des ***39***
2. Niederschrift über die am erfolgte Einvernahme des ***40***
3. Protokoll über die am , am sowie am erfolgten Einvernahmen des Bf. als Zeuge
4. Protokoll über die am erfolgte Einvernahme des Bf. als Beschuldigter
5. Anzeige des Bf. bei der Polizeiinspektion ***5*** vom
6. Zahlungsbelege betreffend Mietzahlungen des Bf. für die ***2*** LTD
7. Stromrechnung der ***8*** an "Spielhalle ***9*** z.H. ***Bf1***
8. Auszug aus einem mit datierten Protokoll über die Vernehmung einer Geschädigten als Zeugin seitens der LPD ***15***
9. Ein mit datiertes Protokoll über die Vernehmung eines Zeugen seitens der LPD ***15***
10. Auszug aus einem mit datierten Protokoll über die Vernehmung eines Montagetechnikers als Zeugen seitens der LPD ***15***
11. Auszug aus einem mit datierten Protokoll über die Vernehmung eines Zeugen seitens der LPD ***15***
Zur Wahrung des Parteiengehörs, welches gemäß § 269 Abs. 1 BAO auch im Beschwerdeverfahren vor dem BFG zu beachten ist (vgl. , ÖStZB 2018/82) wurden die obig angeführten, dem BFG seitens des Finanzamtes übermittelten Unterlagen dem Bf. mit der Ladung zu der für den terminierten mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gebracht.
Hinsichtlich der in den Beschwerden beantragten Zeugeneinvernahmen (Antrag auf Einvernahme der ehemaligen handelsrechtlichen Geschäftsführer der ***2*** LTD sowie der ***1*** LTD, ***40***, geb. , wohnhaft in ***41***, ***42***, sowie ***39***, geb. , wohnhaft in ***43***, ***44***) wurde dem Bf. mitgeteilt, dass es dem Bundesfinanzgericht nach der gegebenen Rechtslage (siehe dazu z.B. ; , Ra 2022/13/0006; , Ra 2016/15/0023; ; 2007/15/0273; , 2004/15/0144; , 2002/13/0190; ; 97/13/0201; , 96/14/0069) nicht möglich sei, eine im Ausland wohnhafte Person vor das Bundesfinanzgericht zur Einvernahme als Zeuge zu laden. Auf diesem Grund werde zur Kenntnis gebracht, dass es dem Bf. obliege, die Möglichkeit der Einvernahme der beantragten Zeugen zu schaffen bzw. die beiden ehemaligen handelsrechtlichen Geschäftsführer der ***2*** LTD sowie der ***1*** LTD für die beantragten Zeugeneinvernahmen im Rahmen der mündlichen Verhandlung stellig zu machen.
Verwiesen werde auch darauf, dass im Abgabenverfahren eine unmittelbare Beweisaufnahme nicht erforderlich ist (siehe dazu Ritz/Koran, BAO7, § 183 Rz 1ff samt der dort angeführten Judikatur des VwGH). Es dürften daher auch Beweismittel verwendet werden, die andere Behörden erhoben hätten.
Nach Information über den Wechsel der rechtlichen Vertretung wurde dem nunmehrigen Vertreter Akteneinsicht gewährt und die Verhandlung vertagt.
In der Ladung zu der für den terminierten mündlichen Verhandlung wurde der Bf. zur Vorlage folgender Beweismittel aufgefordert:
Nachweis über den derzeitigen Wohnsitz (mittels einer behördlichen Meldebestätigung, Grundbuchsauszug, Mietvertrag, etc.) sowie
Nachweise über die aktuelle Einkommens- und Vermögenssituation (Lohnzettel, Bankguthaben, Lebensversicherungen, Kraftfahrzeuge, Grundstücke, Verbindlichkeiten, etc.)
Zu Beginn der Verhandlung am beantragte der anwesende rechtliche Vertreter eine nochmalige Vertagung der Verhandlung. Begründend führte er aus, der Bf. sei trotz des wiederholten Versuchs einer Kontaktaufnahme seit zumindest drei Wochen für ihn nicht erreichbar gewesen. Die Anwesenheit des Bf. sei aber deshalb erforderlich, weil dieser bisher zu den seitens des BFG im Rahmen der ersten Ladung zur mündlichen Verhandlung übermittelten Unterlagen nicht Stellung nehmen habe können und dadurch sein rechtliches Gehör beschränkt wäre.
Seitens der im Beschwerdefall zuständigen Richterin des BFG wurde zwar dem Antrag auf Vertagung der mündlichen Verhandlung Folge gegeben, dem rechtlichen Vertreter des Bf. jedoch nochmals zur Kenntnis gebracht, dass eine Stellungnahme nicht nur mündlich, sondern auch schriftlich erfolgen könne. Da die Unterlagen dem damaligen rechtlichen Vertreter des Bf. bereits mit Schriftsatz vom 27. Februar übermittelt worden seien, habe der Bf. bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt mehr als vier Monate Zeit für eine Stellungnahme gehabt, ein Zeitraum, der nach Auffassung des BFG grundsätzlich bereits als ausreichend zur Wahrung des rechtlichen Gehörs erachtet werde. Einem nochmaligem Vertagungsantrag werde daher nicht mehr Folge gegeben.
In der mündlichen Verhandlung am beantragte der anwesende rechtliche Vertreter des Bf. wiederum eine Vertagung der Verhandlung. Begründend wurde vorgebracht, der Bf. habe aufgrund einer unerwarteten, lebensnotwendigen Operation seines in der Türkei lebenden Vaters in die Türkei reisen müssen und könne deshalb an der heutigen Verhandlung nicht teilnehmen. Eine Teilnahme des Bf. an der Verhandlung sei aber erforderlich. Eine Bestätigung über den Zustand des Vaters des Bf. könne nachgereicht werden.
Der Vertagungsantrag wurde von der im Beschwerdefall zuständigen Richterin des BFG aus folgenden Gründen abgewiesen:
Die mündliche Verhandlung wurde bereits zweimal verschoben und in den insgesamt drei Ladungen zu mündlichen Verhandlungen wurde stets festgehalten, dass ein Fernbleiben der beschwerdeführenden Partei von der mündlichen Verhandlung der Durchführung der Verhandlung nicht entgegensteht (§ 274 Abs. 4 BAO). Überdies wurde dem Bf. bereits in der Ladung vom zur Kenntnis gebracht, dass im Abgabenverfahren eine unmittelbare Beweisaufnahme nicht erforderlich ist und daher auch Beweismittel verwendet werden dürfen, die andere Behörden erhoben haben. Zudem wurde dem rechtlichen Vertreter des Bf. in der mündlichen Verhandlung am mitgeteilt, dass einem nochmaligen Vertagungsantrag nicht Folge gegeben würde, da eine Stellungnahme nicht nur mündlich, sondern auch schriftlich erfolgen kann.
Von der Richterin befragt, ob die zur Verhandlung mitzubringenden Nachweise über den derzeitigen Wohnsitz des Beschwerdeführers (behördliche Meldebestätigung, Grundbuchsauszug, Mietvertrag, etc.) sowie Nachweise über dessen aktuelle Einkommens- und Vermögenssituation (Lohnzettel, Bankguthaben, Lebensversicherungen, Kraftfahrzeuge, Grundstücke, Verbindlichkeiten, etc.) ausgehändigt werden könnten, gab der anwesende rechtliche Vertreter des Bf. die derzeitige Wohnadresse des Bf. bekannt. Unterlagen über seine Einkommens- und Vermögenssituation habe der Bf. selbst zur mündlichen Verhandlung mitbringen wollen. Unterhaltspflichten für minderjährige Kinder würden bestehen, die Anzahl der minderjährigen Kinder sei ihm allerdings nicht bekannt.
Der anwesende rechtliche Vertreter des Bf. beantragte überdies aufgrund des vor dem Landesgericht ***23*** zu ***46*** anhängigen Strafverfahrens wegen dem Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung als Mitglied einer Bande nach § 33 Abs. 1 und 2 lit. a FinStrG und § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG, in dem unter anderem der Bf., dessen geschiedene Gattin sowie die ehemaligen handelsrechtlichen Geschäftsführer der Primärschuldnerinnen Beschuldigte/Angeklagte seien, eine Unterbrechung des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens bis zur rechtskräftigen Erledigung des Strafverfahrens ***46***. Begründend wurde vorgebracht, das betreffende Strafverfahren habe Präjudizwirkung für das gegenständliche Verfahren und sein Ausgang sei von entscheidender Bedeutung auch für das gegenständliche Haftungsverfahren. Werde der Bf. im Strafverfahren freigesprochen, stehe fest, dass er keine relevanten Handlungen gesetzt habe, für die er als faktischer Geschäftsführer zur Verantwortung gezogen werden könnte.
Der Antrag auf Unterbrechung des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens bis zur rechtskräftigen Erledigung des vor dem Landesgericht ***23*** zu ***46*** anhängigen Strafverfahrens, wurde mit der Begründung abgewiesen, dass ein Freispruch im Strafverfahren nicht bindend für das gegenständliche Haftungsverfahren sei.
Nachdem den Parteien Gelegenheit gegeben wurde, zu den der Ladung vom beigelegten, seitens des Finanzamtes dem BFG übermittelten Beweismitteln Stellung zu nehmen (siehe dazu oben), sprach sich der rechtliche Vertreter gegen die Verlesung sämtlicher Aussagen von Zeugen oder Betroffenen in diesem Verfahren aus und beantragte, dass diese Personen im Rahmen einer mündlichen Verhandlung ihre Aussagen wiedergeben sollten. Nur auf diese Weise werde der Unmittelbarkeitsgrundsatz gewahrt. Dies gelte selbstverständlich auch für den Bf.
Von der im Beschwerdefall zuständigen Richterin des BFG wurde festgehalten, dass der Bf. schon dreimal die Gelegenheit gehabt hätte, persönlich zu den gegenständlichen Beweismitteln Stellung zu nehmen. An der für den geplanten Verhandlung habe der Bf. aufgrund eines Türkeiaufenthaltes anlässlich des Jahrestages des Todes seines Sohnes nicht teilnehmen können. An der Verhandlung am sei eine Teilnahme des Bf. nicht möglich gewesen, weil er trotz des wiederholten Versuchs einer Kontaktaufnahme durch seinen rechtlichen Vertreter für diesen nicht erreichbar gewesen sei. Auch an der heutigen Verhandlung habe der Bf. nicht teilnehmen können. Der Bf. hätte überdies mehr als ein halbes Jahr Zeit gehabt, zu den Beweismitteln zumindest schriftlich Stellung zu nehmen.
Niederschrift über die Einvernahme des ehemaligen handelsrechtlichen Geschäftsführers der ***1*** LTD, ***39***, seitens der Polizeiaufsichtsbehörde des Kreises ***11*** vom
Dazu befragt gab der rechtliche Vertreter des Bf. an, aus dieser Aussage gehe hervor, dass der Bf. weder faktischer noch sonstiger Geschäftsführer der ***1*** LTD gewesen sei. Der handelsrechtliche Geschäftsführer spreche offensichtlich von Dokumenten, mittels denen er als Geschäftsführer im Register bzw. im Firmenbuch eingetragen worden sei. In diesem Zusammenhang sage er unmissverständlich aus, nicht der Bf. sondern eine andere, mittlerweile verstorbene Person habe ihn ausgenutzt.
Der Vertreter des Finanzamtes widerspricht der Aussage des rechtlichen Vertreters des Bf., indem er erläutert, diese andere, mittlerweile verstorbene Person sei lediglich ein Mittelsmann gewesen.
Der rechtliche Vertreter des Bf. erwidert, für den Standpunkt des Vertreters des Finanzamtes gebe es keine Beweise, diese Feststellung sei deshalb eine unzulässige Annahme zu Lasten des Bf.
Der Vertreter des Finanzamtes hält fest, dass sich aus dieser Einvernahme lediglich ergebe, dass der handelsrechtliche Geschäftsführer keine Kenntnis von den Geschäften der Primärschuldnerin "***1*** LTD" gehabt habe.
Niederschrift über die Einvernahme des ehemaligen handelsrechtlichen Geschäftsführers der ***2*** LTD, ***40***, durch die Polizeiaufsichtsbehörde des Kreises ***11*** vom
Laut dem rechtlichen Vertreter des Bf. sei die Aussage dieses vermeintlichen Zeugen unter dem Gesichtspunkt zu sehen, dass er damals schon verdächtig gewesen sei, das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 FinStrG begangen zu haben. Der Zeuge sei deshalb bei der Einvernahme darauf bedacht gewesen, sich selbst "aus der Schusslinie zu nehmen" und Verantwortungen abzuschieben, weshalb die Zeugenaussage im gegenständlichen Beschwerdeverfahren nicht zum Nachteil des Bf. verwertet werden könne.
Überdies gebe der Zeuge lediglich an, einmal einen "***12***" getroffen zu haben. Eine Verbindung zum Bf. gebe es nicht, denn der Bf. werde in dieser Aussage nicht namentlich genannt. Im Endeffekt ergebe sich aus dieser Aussage, dass der Zeuge nicht wisse, wer welche Funktion bei der Primärschuldnerin innegehabt habe. Denn auf die Frage zum Bf. gebe der Zeuge zu Protokoll: "Ich weiß nicht, was genau er für eine Funktion hatte, ich weiß, dass er Chef war." Der Zeuge sage somit nicht, dass er den Bf. kenne oder ihn einmal getroffen habe. Und selbst unter der Prämisse, dass mit "***12***" möglicherweise tatsächlich der Bf. gemeint sei, stünde damit nur fest, dass der Zeuge "***12***" einmal getroffen habe und mit ihm mit dem Auto mitgefahren sei. Der Zeuge sage aber nicht, dass bei diesem Gespräch im Auto davon die Rede gewesen sei, dass "***12***/***47***" der Chef sei. Die bloße Vermutung, wonach der Bf. der Chef sei, resultiert ganz offensichtlich aus dem Umstand des gegen diesen Zeugen geführten Strafverfahrens, in dem er sich frei beweisen möchte.
Zudem nenne der Zeuge namentlich andere Personen, die verantwortlich gewesen zu sein scheinen, konkret diesen ***48*** und andere. Aus dieser Zeugenaussage würden sich jedenfalls keine Anhaltspunkte ergeben, dass der Bf. tatsächlich faktischer Geschäftsführer gewesen sei. Und selbst wenn die Vermutung des Zeugen, wonach der Bf. der Chef sei, richtig wäre, stelle sich die Frage, in welchen Belangen er im Unternehmen der Chef gewesen sei.
Unabhängig davon, welche Schlussfolgerungen aus der Zeugenaussage zu ziehen seien, scheine auch die Übersetzung sehr ungenau zu sein. So werde in der Niederschrift nicht zwischen "Reise" und "Anstellung" unterschieden und es seien weitere gravierende sprachliche Fehler enthalten. Deshalb sei von einer unrichtigen Übersetzung auszugehen. Aus diesem Grund werde neuerlich ein Antrag auf Einvernahme dieses Zeugen, wohnhaft an der in der Niederschrift angeführten Adresse, zum Beweis dafür gestellt, dass der Bf. weder faktischer Geschäftsführer noch Chef gewesen wäre und auch keine Anweisungen in welcher Form auch immer erteilen hätte können.
Der Vertreter des Finanzamtes erläutert, der Spitzname des Bf. laute "***12***", das dürfte vom türkischen Wort "***22***" herrühren, welches übersetzt ***49*** oder ***50*** laute.
Protokoll über die am , am sowie am erfolgten Einvernahmen des Bf. als Zeuge
Seitens der Parteien wird dazu keine Stellungnahme abgegeben.
Protokoll über die am erfolgte Einvernahme des Bf. als Beschuldigter
Seitens der Parteien wird dazu keine Stellungnahme abgegeben.
Anzeige des Bf. bei der Polizeiinspektion ***5*** vom
Laut dem rechtlichen Vertreter des Bf. könnten die damaligen Geschehnisse bei der Polizeiinspektion nicht rekonstruiert werden, insbesondere im Hinblick darauf, dass davon die Rede sei "ein ***51*** wurde ungehalten" und in der Folge wieder von ***Bf1*** gesprochen werde. Es könnte sich um einen Schreibfehler handeln oder tatsächlich um eine andere Person als den Bf. Hinsichtlich der Verwertbarkeit dieser Anzeige müsste also objektiviert werden, was tatsächlich geschehen sei. So müsste insbesondere Inspektor ***52*** von der PI ***5*** zum damaligen Sachverhalt vernommen werden und auch der Bf.
Zahlungsbelege betreffend Mietzahlungen des Bf. für die ***2*** LTD
Laut dem rechtlichen Vertreter des Bf. sei aufgrund der Einzahlungsbelege nicht ersichtlich, wer sie ausgestellt habe, wer sie ausgefüllt habe und wer Zahlungen vorgenommen habe. Diese Beweise seien zudem von ihm nicht mit dem Bf. besprochen worden. Hinsichtlich dem "Kontoinhaber/Auftraggeber" sei anzumerken, sofern der Bf. zum damaligen Zeitpunkt zeichnungsberechtigt gewesen sein sollte, bedeute dieser Umstand nicht, dass der Bf. das in seinem Namen gemacht habe. Vielmehr hätte der Bf. das in diesem Fall für die ***2*** LTD getan, die auf der unteren Kopie des Überweisungsträgers als Kontoinhaber aufscheine.
Die für den Beschwerdefall zuständige Richterin des BFG wendet ein, dass laut behördlichen Erhebungen die ***2*** LTD kein Geschäftskonto gehabt habe. Der Bf. sei jedoch ebenso wie seine Gattin Kontoinhaber mehrerer Konten gewesen, wobei die Mehrzahl dieser Konten Bareinzahlungskonten gewesen seien.
Stromrechnung der ***8*** an "Spielhalle ***9*** z.H. des Bf.
Seitens des rechtlichen Vertreters des Bf. wird ein Antrag auf Einvernahme eines informierten Vertreters der ***8***, ***53***, gestellt, zwecks Abklärung, wie der Name des Bf. auf den Briefkopf dieses Schreibens gelangt sei.
Auszug aus einem mit datierten Protokoll über die Vernehmung einer Geschädigten als Zeugin seitens der Landespolizeidirektion ***15***
Seitens des rechtlichen Vertreters des Bf. wird ein Antrag auf Einvernahme dieser Person gestellt zum Beweis dafür, dass der Bf. nicht faktischer Geschäftsführer gewesen sei und ihre Aussage dem Motiv zuzuordnen sei, dass sie offensichtlich Gelder verloren habe, diese zurückfordern möchte und nun einen Schuldigen suche, der der Bf. tatsächlich nicht sei.
Auf Nachfrage der im Beschwerdefall zuständigen Richterin des BFG, weshalb die Zeugin konkret den Bf. benannt habe und nicht einen der sonstigen Angestellten der Primärschuldnerin, gab der rechtliche Vertreters des Bf. Folgendes zu Protokoll: Dies sei dem Umstand geschuldet, dass der Bf. mit seiner Aussage Herrn ***54*** belastet habe, mit dem die Zeugin gut bekannt, befreundet oder dessen Partnerin die Zeugin sei. Diese Aussage könne möglicherweise eine Retourkutsche darstellen.
Ein mit datiertes Protokoll über die Vernehmung eines Zeugen seitens der Landespolizeidirektion ***15***
Laut Aussage des rechtlichen Vertreters des Bf. sei dieser Zeuge, Herr ***54***, jene Person, die der Bf. beschuldigt habe, für den Einbruch/Diebstahl verantwortlich zu sein bzw. die Tat begangen zu haben. Mit der protokollierten Aussage habe sich der Zeuge offensichtlich für ungerechtfertigte Vorwürfe revanchieren wollen. Jedenfalls stehe die Aussage dieses Zeugen insofern in Widerspruch zu der Aussage des Bf., als der Bf. diesen Zeugen nie als Partner bzw. Berechtigten bezeichnet habe. Auch sei der Bf. nicht mit der Aussage dieses Zeugen konfrontiert worden. Die Aussage "ehemaliger Geschäftsführer" stehe jedenfalls in Widerspruch zur Aussage des Bf.
Von der im Beschwerdefall zuständigen Richterin des BFG wird dem rechtlichen Vertreter des Bf. die folgende, im Rahmen der am erfolgten Einvernahme des Bf. als Zeugen protokollierte Aussage des Bf. vorgehalten:
"Frage: Sagt Ihnen der Name ***55*** etwas und wenn ja, was haben Sie mit ihm zu tun bzw. zu tun gehabt?
Antwort: Das war beim ***56*** in ***23***, wo der ***55*** zusammen mit einem ***57*** ein kleines Geschäft mit ein paar Automaten hatte. Der ***58*** hat wahrscheinlich immer selber gespielt und deshalb hat mich der ***57*** aus ***59*** (Nachname nicht bekannt) gefragt, ob ich da ein bisschen zum Geschäft dazuschauen kann…"
Laut dem rechtlichen Vertreters des Bf. habe der Bf. im Rahmen dieser Einvernahme aber nicht gesagt, dass sie Geschäftspartner gewesen wären.
Auszug aus einem mit datierten Protokoll über die Vernehmung eines Montagetechnikers als Zeugen seitens der Landespolizeidirektion ***15***
Laut der im Beschwerdefall zuständigen Richterin des BFG sei die Zeugenaussage des Montagetechnikers primär deshalb von Bedeutung, weil der Bf. mehrfach zur Frage seiner bei den Primärschuldnerinnen ausgeübten Tätigkeit angegeben habe, angestellter Techniker gewesen zu sein.
Laut dem rechtlichen Vertreters des Bf. stehe diese Aussage in Widerspruch zur Aussage des Bf. Es habe keine Möglichkeit bestanden, den Zeugen zu befragen und noch eine Vielzahl weiterer Fragen an den Zeugen zu richten betreffend einer behaupteten faktischen Geschäftsführertätigkeit des Bf. Deswegen könne auch diese Aussage nicht verwertet werden.
Auszug aus einem mit datierten Protokoll über die Vernehmung eines Zeugen seitens der Landespolizeidirektion ***15***
Der rechtliche Vertreter des Bf. stellt den Antrag auf Nichtverwertung dieser schriftlichen Aussage sowie den Antrag auf Einvernahme des Zeugen ***122*** zum Beweis, dass der Bf. weder faktischer Geschäftsführer noch größter Glücksspielanbieter in ***15*** gewesen sei und auch "***123***" (***135***) keine derartigen Angaben hinsichtlich des Bf. gemacht habe.
Der rechtliche Vertreter des Bf. gibt zu Protokoll, dass sich sämtliche seiner den Bf. betreffenden Aussagen sowohl gegen die seitens der Abgabenbehörde behauptete Eigenschaft des Bf. als faktischer Geschäftsführer richten würden als auch dagegen, dass der Bf. tatsächlicher Machthaber der Primärschuldnerinnen gewesen sei. Darüber hinaus würden folgende Anträge gestellt:
Einholung des Aktes ***46***, LG ***23***, betreffend das Strafverfahren "Bf. und weitere Personen" zum Beweis dafür, dass sich daraus ergeben werde, dass nicht der Bf. faktischer Geschäftsführer und/oder Machthaber gewesen sei, sondern die sonstigen Angeklagten, nämlich ***62***, ***63*** und ***39*** bzw. dass sie die Verantwortlichen des Unternehmens gewesen seien und angeben könnten, dass der Bf. nicht faktischer Geschäftsführer und Machthaber gewesen sei.
***62***, ***63***, ***39*** sowie ***28*** würden als Zeugen angeboten zum Beweis dafür, dass der Bf. nicht faktischer Geschäftsführer und Machthaber gewesen sei. Außer der Gattin des Bf., ***62***, seien alle anderen tatsächlich Geschäftsführer gewesen, die Gattin des Bf. habe faktische Geschäftsführertätigkeiten und Machthaberfunktionen ausgeführt. ***28*** habe im Verfahren schon ausgesagt und werde das auch bestätigen.
Sofern bei einer Zeugeneinvernahme ein Dolmetscher erforderlich sei, würde der rechtliche Vertreter des Bf. diesen zur Verfügung stellen und die Kosten dafür übernehmen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
***1*** LTD
Bei der Primärschuldnerin handelte es sich um eine Limited Company (LTD), eine nach britischem Gesellschaftsrecht gegründete, nicht börsennotierte Kapitalgesellschaft. Die Gründung dieser ausländischen Gesellschaft durch Eintragung ins englische Firmenregister (Companies House) erfolgte am (Company number ***64***). Als Director (Geschäftsführer) fungierte vom Gründungszeitpunkt bis zum der Bf. Mit wurde ***39***, ***69*** (Kreis ***11***), Rumänien, zum Director (Geschäftsführer) bestellt, welcher diese Funktion bis zur Löschung der ausländischen Gesellschaft im englischen Firmenregister am innehatte.
Die Eintragung einer inländischen Zweigniederlassung der ausländischen Fa. ***1*** LTD im Firmenbuch der Republik Österreich erfolgte am . Geschäftszweig der Firma war Datenverarbeitung und Wettvermittlung. Als Ort der inländischen Zweigniederlassung war im Firmenbuch vom bis zum ***66***, eingetragen. Ab befand sich der Firmensitz laut Firmenbuch in der ***67***. Handelsrechtlicher Geschäftsführer war laut Firmenbuch vom bis zum der Bf. und vom bis zur Löschung dieser Zweigniederlassung mit ***39***.
Buchhalter, Lohnverrechner und steuerlicher Ansprechpartner der Primärschuldnerin war ***19***, ein selbständig tätiger Buchhalter, der auch die laufende Buchhaltung der Primärschuldnerin bis einschließlich Februar 2016 vornahm.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom in Haftung gezogen wurde die bei der Primärschuldnerin zu diesem Zeitpunkt und auch noch gegenwärtig aushaftende Umsatzsteuer 2016 in Höhe von 183.000,00 €. Dem Haftungsbescheid beigelegt war ein mit datierter "Bescheid", laut dem die Besteuerungsgrundlagen wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen gemäß § 184 BAO im Schätzungsweg ermittelt wurden. Im gegenständlichen Bescheid war überdies angemerkt, dass es sich bei diesem Bescheid um eine edv-mäßige Verarbeitung der bereits am durch die Betriebsprüfung festgesetzten Umsatzsteuer für die Zeiträume Jänner bis Juni 2016 handelt, welche bereits am fällig war.
Im Bericht der Umsatzsteuersonderprüfung für den Zeitraum Jänner 2016 bis September 2016 vom wurde auf eine finanzpolizeiliche Kontrolle im Lokal "***1*** LTD" in der ***121*** in ***9***, am verwiesen. Bei dieser Kontrolle wurden insgesamt 16 Glücksspielsgeräte beschlagnahmt. Der Bf. war bei dieser Amtshandlung anwesend und die schriftliche Bescheinigung über die vorläufige Beschlagnahme gemäß § 53 Abs. 2 Glücksspielgesetz wurde mit dem Bf. aufgenommen.
Für 2016 wurden weder Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht noch wurde Umsatzsteuer entrichtet.
Von der Betriebsprüfung wurde ein monatlicher Gewinn pro Automat von 10.000,00 € festgestellt. Da die Primärschuldnerin im englischen Firmenregister bereits mit gelöscht wurde, wurden Umsätze für Jänner 2016 bis einschließlich Juni 2016 mit Fälligkeit "festgesetzt".
In den Monaten Jänner 2016 und Februar 2016 wurden Vorsteuern in Höhe von 1.500,00 € monatlich vom selbständig tätigen Bilanzbuchhalter ***19*** gebucht. Im Rahmen der Umsatzsteuerprüfung wurden keine Belege und Unterlagen vorgelegt. Die Vorsteuern wurden in der genannten Höhe von 1.500,00 € monatlich in der Schätzung berücksichtigt.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Umsatz monatlich pro Automat | 10.000,00 € |
Anzahl der Automaten | 16 |
Umsatz monatlich insgesamt | 160.000,00 € |
Umsatz für den gesamten Prüfungszeitraum | 960.000,00 € |
Davon 20% Umsatzsteuer | 192.000,00 € |
Vorsteuern | 9.000,00 € |
Festzusetzende Umsatzsteuer (Zahllast) | 183.000,00 € |
Wie obig bereits dargelegt wurde, betrieb die Primärschuldnerin ein Glückspiellokal in der ***121*** in ***9***. In den dieses Lokal betreffenden, ursprünglich am zwischen der ***80***, ***81***, als Vermieter und ***82*** sowie ***83*** als Mieter abgeschlossenen Mietvertrag ist der Bf. am als Mieter eingetreten (als Mieter ausgeschieden ist ***82***). Zu einer Untervermietung bzw. Weitergabe der gegenständlichen Räumlichkeiten waren die Mieter gemäß Pkt. 10.1. dieses Mietvertrages nicht berechtigt.
Auf dem Zahlungsbeleg betreffend die Miete für März 2016 für das Wettlokal in der ***121*** in ***9*** scheint als Kontoinhaber "***93*** z.H. des Bf." auf. Auf dem Zahlungsbeleg findet sich kein Hinweis auf den zweiten Mieter (***83***) oder die ***1*** LTD.
***2*** LTD
Bei der Primärschuldnerin handelte es sich um eine Limited Company (LTD), eine nach britischem Gesellschaftsrecht gegründete, nicht börsennotierte Kapitalgesellschaft. Die Gründung dieser ausländischen Gesellschaft durch Eintragung ins englische Firmenregister (Companies House) erfolgte am (Company number ***68***). Als Director (Geschäftsführer) fungierte vom Gründungszeitpunkt bis zur Löschung der ausländischen Gesellschaft im englischen Firmenregister am ***40***, ***70***, Rumänien.
Die Eintragung einer inländischen Zweigniederlassung der ausländischen Fa. ***2*** LTD im Firmenbuch der Republik Österreich erfolgte am . Geschäftszweig der Firma war Wettvermittlung sowie Handel und Reparatur von Spielautomaten. Als Ort der inländischen Zweigniederlassung war im Firmenbuch ***66***, eingetragen. Handelsrechtlicher Geschäftsführer war laut Firmenbuch vom bis zur Löschung dieser Zweigniederlassung mit ***40***.
Buchhalter, Lohnverrechner und steuerlicher Ansprechpartner der Primärschuldnerin war ***19***, ein selbständig tätiger Buchhalter.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom in Haftung gezogen wurden bei der Primärschuldnerin zu diesem Zeitpunkt aushaftende Abgaben in Höhe von 9.044.776,71 €, die sich laut dem beiliegenden Rückstandsausweis wie folgt zusammensetzen:
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Abgabenart | Zeitraum | Fälligkeitstag | Betrag |
Umsatzsteuer | 01-04/2016 | 969.012,41 € | |
Umsatzsteuer | 09/2016 | 4.987,63 € | |
Umsatzsteuer | 10/2016 | 5.047,49 € | |
Umsatzsteuer | 11/2016 | 8.634,20 € | |
Körperschaftsteuer | 01-03/2017 | 1.190.000,00 € | |
Umsatzsteuer | 12/2016 | 10.514,06 € | |
Umsatzsteuer | 01/2017 | 2.300,30 € | |
Umsatzsteuer | 02/2017 | 3.387,06 € | |
Körperschaftsteuer | 04-06/2017 | 1.190.000,00 € | |
Umsatzsteuer | 03/2017 | 2.385,33 € | |
Umsatzsteuer | 04/2017 | 512,39 € | |
Körperschaftsteuer | 07-09/2016 | 48.820,53 € | |
Körperschaftsteuer | 10-12/2016 | 4.707.500,00 € | |
Umsatzsteuer | 2016 | 901.675,01 € | |
9.044.776,71 € |
Dem Haftungsbescheid beigefügt war folgende Bescheide:
a. Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 01-04/2016 vom , mit dem die Umsatzsteuer für diesen Zeitraum mit 1.032.840,00 € festgesetzt wurde.
Die Festsetzung erfolgte unter Zugrundelegung der Feststellungen der abgabenbehördlichen Umsatzsteuersonderprüfung, die dem Bf. mit dem ebenfalls dem Haftungsbescheid beigelegten Umsatzsteuerbescheid 2016 vom zur Kenntnis gebracht wurden.
Da für den Zeitraum 01-04/2016 lediglich Umsatzsteuern in Höhe von insgesamt 24.054,75 € vorangemeldet wurden, ergab sich eine Nachforderung in Höhe von 1.008.785,25 €, die zum Zeitpunkt der Erlassung des Haftungsbescheides noch in Höhe von 969.012,41 € aushafteten. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt haftet ein Betrag von 969.008,41 € aus.
b. Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 09/2016 vom , mit dem die Umsatzsteuer für diesen Zeitraum mit 4.987,63 € festgesetzt wurde. Die Festsetzung erfolgte aufgrund der von der Primärschuldnerin eingereichten Voranmeldung.
c. Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 10/2016 vom , mit dem die Umsatzsteuer für diesen Zeitraum mit 5.047,79 € festgesetzt wurde. Die Festsetzung erfolgte aufgrund der von der Primärschuldnerin eingereichten Voranmeldung.
d. Umsatzsteuerbescheid 2016 vom , mit dem die Umsatzsteuer für 2016 mit 1.985.804,54 € festgesetzt wurde und aus dem eine Nachforderung in Höhe von 901.675,01 € resultierte. In der Begründung dieses Bescheides wurde auf eine abgabenbehördliche Umsatzsteuersonderprüfung verwiesen, der eine finanzpolizeiliche Kontrolle des Glückspiellokals in ***71***, am vorausging. Bei dieser Kontrolle wurden im Lokal nicht nur 24 Glückspielgeräte gezählt, die Finanzpolizei erlangte auch Zugriff auf die geräteinternen gespeicherten elektronischen Umsatzaufzeichnungen der vorangegangenen fünfzehn Tage (die letzte Datenlöschung fand am statt). Basierend auf den Einsätzen abzüglich der Auszahlungen von fünf Automaten wurde ein durchschnittlicher täglicher Umsatz pro Gerät von ca. 900 € ermittelt. Da der Datenzeitraum fünfzehn Tage umfasste, sind etwaige Schließtage im durchschnittlichen täglichen Umsatz enthalten.
Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens (gemeinsame Kontrollen der Finanzpolizei ***23*** und der Polizeiinspektionen in Zusammenarbeit mit den Bezirkshauptmannschaften) ergab sich, dass an den Standorten der Primärschuldnerin in ***71***, in ***72***, und in ***66***, 257 Glückspielgeräte betrieben wurden.
Der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen für den Zeitraum Jänner 2016 bis April 2016 wurde der Betrieb von 60 Glückspielgeräten zu Grunde gelegt, wobei vom durchschnittlichen täglichen Umsatz ein Abschlag von 20 % vorgenommen wurde (Berücksichtigung von Defekten, etc.). Die Umsatzsteuerbemessungsgrundlagen für den Zeitraum Jänner 2016 bis April 2016 wurden entsprechend dem Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer vom in den Umsatzsteuerjahresbescheid 2016 übernommen.
Die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen für den Zeitraum Mai 2016 bis Dezember 2016 erfolgte gemäß § 184 BAO ebenfalls im Schätzungsweg. Entsprechend dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft ***7*** vom , ***73***, wurde die Betriebsschließung des Lokals "***74***" der Primärschuldnerin in ***7*** am verfügt. Dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft ***75*** vom , ***76***, ist zu entnehmen, dass am die Betriebsschließung verfügt und das Lokal in der ***77***, in ***78*** versiegelt wurde. Das Mietverhältnis wurde laut Schreiben des rechtlichen Vertreters des Vermieters per aufgekündigt. Bei der Kontrolle der Finanzpolizei und der Bundespolizei am wurden die Räumlichkeiten jedoch noch für den Glückspielbetrieb genutzt.
Der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen für den Zeitraum Mai 2016 bis Mitte Juli 2016 wurde der Betrieb von 35 Glückspielgeräten (11 Automaten am Standort in ***75*** und 24 Geräte in ***7*** entsprechend der Niederschriften über die Kontrollen der Glückspiellokale) zu Grunde gelegt und für den Zeitraum Mitte Juli 2016 bis Dezember 2016 wurden die Umsatzsteuerbemessungsgrundlagen auf der Basis von 24 Glückspielgeräten geschätzt (laut Zählung bei den Kontrollen der Finanzpolizei und Polizeiinspektionen). Unter Berücksichtigung eines Abschlages von 20% für Geräteausfälle beträgt der Umsatz im Mai 2016 781.200 €, im Juni 2016 756.000 €, im Juli 2016 660.960 €, im August 2016 535.680 €, im September 2016 518.400 €, im Oktober 2016 535.680 €, im November 2016 518.400 € und im Dezember 2016 535.680 €. Die Vorsteuerbeträge wurden für den Zeitraum 01-04/2016 entsprechend dem Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer vom in Ansatz gebracht und für den Zeitraum Mai bis Dezember 2016 aus den Umsatzsteuervoranmeldungen übernommen.
Der nachfolgenden Aufstellung sind die Voranmeldungszeiträume mit Fälligkeitstagen und den entsprechenden Beträgen zu entnehmen:
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e. Umsatzsteuerbescheid 2017 vom , mit dem die Umsatzsteuer für 2017 mit 513.275,08 € festgesetzt wurde.
Da für den Zeitraum 01-04/2017 lediglich Umsatzsteuern in Höhe von insgesamt 8.585,08 € vorangemeldet wurden, ergab sich eine Nachforderung in Höhe von 1.008.785,25 €.
In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, dass für das Jahr 2017 die Schätzung der Bemessungsgrundlage in Anlehnung an die Daten des Vorjahres erfolgte. Als Basis für die Umsätze wurde der schwächste Monat November 2016 herangezogen, da angenommen wurde, dass aufgrund der Weihnachtsfeiertage vor allem der Umsatz im Jänner 2017 unter dem Durchschnitt lag, ebenso dürften die Umsätze der Monate Februar 2017 bis Mai 2017 in derselben Größenordnung gelegen sein. Die berücksichtigten Vorsteuerbeträge wurden aus den eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen übernommen.
Der nachfolgenden Aufstellung sind die Voranmeldungszeiträume mit Fälligkeitstagen und den entsprechenden Beträgen zu entnehmen:
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In Haftung gezogen wurde allerdings lediglich die für den Zeitraum 01-04/2017 vorangemeldete Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 8.585,08 €.
f. Körperschaftsteuerbescheid 2016 vom , mit dem die Körperschaftsteuer 2016 mit 4.760.000,00 € festgesetzt wurde.
In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, dass wegen Nichtabgabe der Erklärung eine Schätzung der Bemessungsgrundlage gemäß § 184 BAO in Anlehnung an das Ergebnis der abgabenbehördlichen Prüfung vom (richtigerweise ) erfolgte. Bei diesem Bescheid handelt es sich lediglich um einen Festsetzungsbescheid der bereits vorgeschriebenen vier Quartale der Körperschaftsteuer 2016, deren Fälligkeit bereits mit der jeweiligen Quartalsvorschreibung eingetreten ist und zwar wie folgt:
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1.Quartal 2016 |
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Dazu ist festzuhalten, dass mit rechtswirksamen Bescheid vom erstmalig Körperschaftsteuervorauszahlungen für 2016 und Folgejahre mit 70.000,00 € festgesetzt wurden. Mangels bisher bescheidmäßig festgesetzter Körperschaftsteuervorauszahlungen waren daher für das dritte Quartal 52.500,00 (3x 17.500,00 €) zu entrichten. Gegen diesen Bescheid wurde von der Primärschuldnerin Beschwerde eingelegt, woraufhin mit Beschwerdevorentscheidung vom die Körperschaftsteuervorauszahlungen für 2016 und Folgejahre mit 4.760.000,00 € festgesetzt wurden. Der in der Folge eingebrachte Vorlageantrag wurde als unzulässig zurückgewiesen. In der Beschwerdevorentscheidung wurde begründend wiederum auf die im Zuge der Umsatzsteuersonderprüfung für den Zeitraum 01-04/2016 erfolgte Schätzung gemäß § 184 BAO verwiesen (siehe dazu die obig wiedergegebene Begründung des Umsatzsteuerbescheid 2016 vom , wonach im Rahmen dieser Prüfung ein durchschnittlicher täglicher Umsatz pro Gerät von ca. 900 € ermittelt wurde; bei 60 Glückspielgeräten ergibt das einen monatlichen Umsatz von 1.620.000,00 € und einen jährlichen Umsatz von 19.440.000,00, wovon die hochgerechneten, im Zeitraum 01-04/2016 geltend gemachten Betriebsausgaben in Höhe von 400.000,00 € in Abzug gebracht wurden, sodass ein Jahresergebnis von 19.040.000,00 € berechnet wurde; bei 25% KÖSt errechnen sich für das Jahr 2016 Körperschaftsteuervorauszahlungen von 4.760.000,00 €).
g. Körperschaftsteuerbescheid 2017 vom , mit dem die Körperschaftsteuer 2017 mit 2.380.000,00 € festgesetzt wurde.
In der Begründung dieses Bescheides wurde wiederum ausgeführt, dass wegen Nichtabgabe der Erklärung eine Schätzung der Bemessungsgrundlage gemäß § 184 BAO in Anlehnung an das Ergebnis der abgabenbehördlichen Prüfung vom (richtigerweise ) erfolgte. Auch bei diesem Bescheid handelt es sich lediglich um einen Festsetzungsbescheid der bereits vorgeschriebenen zwei Quartale der Körperschaftsteuer 2017, deren Fälligkeit bereits mit der jeweiligen Quartalsvorschreibung eingetreten ist und zwar wie folgt:
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1.Quartal 2017 |
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Zum gegenwärtigen Zeitpunkt haften mit Ausnahme der Umsatzsteuer 01-04/2016, die in Höhe von 4,00 € getilgt wurde (anstelle von bisher 969.012,41 € beträgt der Abgabenrückstand nunmehr 969.008,41 €) sämtliche in Haftung gezogenen Abgaben weiterhin aus.
Feststellungen zum Bf. allgemein sowie hinsichtlich seiner Stellung als de facto Geschäftsführer bzw. tatsächlicher Machthaber der beiden Primärschuldnerinnen
Im Inland war der Bf. zuletzt in ***85*** wohnhaft (dort war der Bf. vom bis zum mit Hauptwohnsitz gemeldet). Am ist der Bf. ins Ausland verzogen. Sein derzeitiger Wohnsitz befindet sich in ***45***.
Der Bf. war vom bis zum bei der ***34*** LTD und vom bis zum bei der ***2*** LTD als Arbeiter in Vollzeit angemeldet (wie obig ausgeführt wurde, wurde die ***2*** LTD im englischen Firmenregister am gelöscht). Für den Zeitraum bis war im Lohnzettel als Bruttolohn 79.765,76 € ausgewiesen und für den Zeitraum bis ein Bruttolohn von 62.206,10 €. Nach dem bezog der Bf. weder inländische Einkünfte noch Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe im Inland. Darüber hinaus hat das BFG keine Kenntnis über die derzeitigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Bf. Dem BFG ist lediglich bekannt, dass Unterhaltspflichten des Bf. gegenüber seinen minderjährigen Kindern bestehen, unbekannt ist jedoch die Anzahl der derzeit noch unterhaltsberechtigten Kinder sowie das konkrete Ausmaß der Unterhaltspflichten.
Der Bf. fungierte vom Gründungszeitpunkt der ***1*** LTD () bis zum als deren organschaftlicher Geschäftsführer.
Der organschaftliche Geschäftsführer der ***1*** LTD, der diese Funktion vom Bf. am übernahm, ist rumänischer Staatsbürger, Pensionist und wohnhaft in ***89*** in Rumänien. Bei seiner Einvernahme am als Verdächtiger wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG durch einen Strafermittlungsbeamten der Polizeiaufsichtsbehörde des Kreises ***11***, Dienststelle für Ermittlungen im Rahmen der Wirtschaftskriminalität, hat er ausgesagt, dass er lediglich Dokumente unterzeichnet hat, jedoch zu keinem Zeitpunkt eine Geschäftsführungsfunktion für diese Gesellschaft ausgeübt hat, er zu dieser Gesellschaft keine Beziehung hat und ihm auch nichts über deren Geschäftstätigkeiten bekannt ist sowie darüber, wer deren Geschäfte tatsächlich geführt hat.
Der organschaftliche Geschäftsführer der ***2*** LTD, der diese Funktion während des gesamten Bestandes dieser Gesellschaft innehatte, ist rumänischer Staatsbürger, von Beruf Wächter und wohnhaft in ***88*** in Rumänien in einer Ein-Zimmer-Wohnung. Bei seiner Einvernahme am als Verdächtiger wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG durch einen Staatsanwalt des Hohen Gerichtshofs für Kassation und Justiz, Dienststelle für die Juristische Internationale Kooperation, für Internationale Beziehungen und für Programme, in ***86***, hat er ausgesagt, laut Hörensagen ist "***12***", ein Türke, tatsächlicher Machthaber der ***2*** LTD (Anmerkung: Laut Erhebungen der Abgabenbehörde ist der Spitzname des Bf. "***12***" (bedeutet übersetzt ***49*** oder ***50***)). Diesen "***12***" hat er ein einziges Mal persönlich getroffen, als er von diesem mit einem Porsche von seinem Wohnort in Rumänien nach ***7*** zum Hotel ***87*** gebracht wurde. Zweck der Reise war eine ihm von einer dritten Person zugesagte Arbeit in Österreich bei einem Freund des "***12***". Während seines dreitägigen Aufenthalts im Hotel ***87*** in ***7*** hat ihn "***12***" einmal besucht und ihm 2 T-Shirts, 1 Stange Zigaretten und 50,00 € für Lebensmittel gegeben. Ein Mann, der sich als Angestellter von "***12***" vorstellte, hat ihm nach diesen drei Tagen 200,00 € gegeben und ihn zum Bahnhof in ***7*** begleitet, von wo er mit dem Zug zurück nach Rumänien gefahren ist. Insgesamt ist er noch dreimal nach ***7*** gefahren - zuletzt im Herbst 2017 - und hat im Hotel ***87*** gewohnt. Seit damals war er nicht mehr in Österreich. Beim ersten und zweiten Österreichaufenthalt wurden ihm vom Angestellten von "***12***" Dokumente in deutscher Sprache vorgelegt mit dem Hinweis, dass diese Dokumente für seine Anstellung sind. Diese Dokumente hat er auch unterschreiben.
Auf Nachfrage des Staatsanwaltes, welche Funktion der Bf. bei der ***2*** LTD innehatte, gab der organschaftliche Geschäftsführer der ***2*** LTD an, dass er weiß, dass der Bf. der Chef war, er aber nie am Sitz der Firma war.
Bei einer Einvernahme des Bf. als Zeuge durch einen Exekutivbeamten der Polizeiinspektion ***7*** am gab sich der Bf. als Geschäftsführer der ***2*** LTD aus. Grund für die Einvernahme war ein vom Bf. angezeigter Einbruch im Wettlokal in ***66***. Der Bf. sprach bei der Einvernahme von "seinem" Wettlokal, dass "er von ein paar Geräten" in diesem Lokal "noch Rechnungen zu Hause hat" und dass "er dort 4-5 Mitarbeiter hatte". Nach Verneinung der Frage, ob der Bf. gegen Einbruchsdiebstahl versichert ist, mit der Begründung, dass die Versicherung bei einem Raubüberfall in der Vergangenheit nichts bezahlt hat und Wettlokale von der Versicherung sowieso nicht gerne versichert werden, gab der Bf. Folgendes zu Protokoll: "Ich habe auch keine weiteren Zahlungen an die Versicherung mehr geleistet. Die Versicherung hat noch Rechnungen geschickt, aber ich habe keine mehr bezahlt. Ich habe dann telefonisch gekündigt bzw. gesagt, dass es eine andere Firma ist und nicht mehr das ***34***. Sie wollten das schriftlich haben, aber das habe ich nicht gemacht". Die Frage, ob dem Bf. bei anderen Wettlokalen so etwas (Einbruch) schon mal passiert ist, beantwortete der Bf. wie folgt: "Das war 2-3mal in ***90***. Das war mein Wettlokal "***34***". Der Bf., der angegeben hat, dass er die Möglichkeit hatte, diese Vernehmung Seite für Seite durchzulesen und Korrekturen vorzunehmen, hat sich überdies dem Verfahren als Privatbeteiligter angeschlossen.
Bei der ergänzenden Einvernahme des Bf. als Zeuge durch denselben Exekutivbeamten der Polizeiinspektion ***7*** am hat der Bf. die Frage, ob er eine Liste der Angestellten dabeihat, die vor der Schließung "bei ihm" im Wettlokal ***34*** bzw. ***2*** LTD gearbeitet haben, beantwortet, ohne sich dagegen zu wenden, dass der vernehmende Beamte von "seinen" Wettlokalen gesprochen hat. Die Frage an den Bf., ob er früher auch ein Wettlokal in ***23*** hatte, beantwortete dieser wie folgt: "Ja das stimmt. Das war beim Bahnhof in ***23***. Das Lokal hieß damals ***91***, als ich es hatte." Die Frage an den Bf., ob der ***55*** bei ihm im Wettlokal, wo man eingebrochen hat, auch gearbeitet hat, beantwortete der Bf. folgendermaßen: "Nein, den lass ich doch nicht bei mir arbeiten. Der hat ja beieinem Kollegen in ein Lokal eingebrochen. So einen lass ich nicht bei mir arbeiten, zudem hat er behauptet, dass ich jemanden angestiftet habe, dass man ihn zusammenschlägt….". Auf die Information, dass eine DNA-Untersuchung ergeben hat, dass die DNA des ***55*** sich auf einer der Geldkassetten eines aufgebrochenen Automaten, die im Automaten zurückgeblieben ist, befindet, antwortete der Bf. wie folgt: "Für mich heißt das, dass er es gewesen ist, der in mein Wettlokal eingebrochen ist….". Auf die Frage, ob der Bf. mit ***55*** seit dem Einbruch in sein Wettlokal in ***7*** nochmals Kontakt hatte, gab der Bf. Folgendes zu Protokoll: "… Er ist ein paar Mal in mein Lokal in ***23*** gekommen…".
Bei der ergänzenden Einvernahme des Bf. als Zeuge durch denselben Exekutivbeamten der Polizeiinspektion ***7*** am hat der Bf. die Frage, ob er Unterlagen wegen dem Schaden, der ihm durch den Einbruchsdiebstahl in seinem Wettlokal in ***7*** entstanden ist, wiederum beantwortet, ohne sich dagegen zu wenden, dass der vernehmende Beamte von "seinem Wettlokal in ***7***" sowie von dem "dem Bf. entstandenen Schaden" gesprochen hat. Überdies hatte der Bf. Kenntnis von den Kosten des beim Einbruch beschädigten Teppichs ("Ein Quadratmeter vom Teppich kostete 22.50 €") und konnte darüber Auskunft geben, wer Eigentümer der Räumlichkeiten war, in dem sich das Wettlokal in ***7*** befand. Der Bf. gab zudem Folgendes zu Protokoll: "…Dann ist es so, dass ich die Geräte im Wettlokal in ***7*** im Jahr 2016 gekauft habe. Mein Schaden insgesamt (Geld, Automaten, Teppich, Tresor, Fenster) beläuft sich auf geschätzte 61.000,00 € - 66.000,00 €. Die werde ich vom ***55*** einklagen bzw. zurückfordern."
Bei einer Einvernahme des Bf. als Beschuldigter durch einen Exekutivbeamten der Polizeiinspektion ***9*** am (der Bf. wurde beschuldigt, am einen schweren Raub im Lokal in ***9*** inszeniert zu haben, bei dem laut Bf. 4.320,00 € gestohlen wurden) gab der Bf. an, dass er Geschäftsführer der ***94*** (***95***) ist, deren Besitzer jedoch die ***2*** LTD, eine ausländische Firma in Rumänien ist. Laut Bf. sind auf diese Firma die Arbeiter angemeldet und von dieser Firma erhält er offiziell einen Fixlohn von ca. 4.200,00 € netto. Auf den Vorhalt des vernehmenden Exekutivbeamten, dass die Person, die den Raub verübt hat, angegeben hat, dass der Bf. ihn dazu angestiftet habe und ihm gesagt habe, es werde keine Polizei gerufen, der Überfall werde lediglich der Versicherung gemeldet, gab der Bf. Folgendes zu Protokoll: "Nein, das stimmt wie gesagt nicht…Das Lokal hat gar keine Versicherung, was der Typ wahrscheinlich nicht gewusst hat. Weshalb soll ich mir dann mein eigenes Geld stehlen lassen?....Ich möchte mein Geld zurück und eine Verleumdungsklage gegen diese Person machen. Dem Verfahren möchte ich mich als Privatbeteiligter anschließen."
In der Anzeige der Polizeidirektion ***5*** an die Bezirkshauptmannschaft ***7*** vom - angezeigt wurde der Bf. nach dem Glücksspielgesetz - wird unter anderem Folgendes ausgeführt: Der Bf. hat angegeben, dass zwei Männer "in seinem Lokal gewesen seien" und durch unrechtmäßige Auszahlung eines Guthabenstandes auf einem Glücksspielgerät "ihm" (dem Bf.) ein Schaden von 2.500,00 € entstanden sei. In dieser Anzeige wird der Vor- und Nachnahme des Bf. fünfmal richtig wiedergegeben, lediglich einmal wird der Nachname falsch geschrieben.
Die Miete für das von der ***2*** LTD betriebene Wettlokal in ***66***, wurde für März 2016 sowie für April 2016 von einem Konto entrichtet, dessen Kontoinhaber der Bf. war.
Auf dem Zahlungsbeleg betreffend die Miete für das Wettlokal in der ***121*** in ***9*** scheint als Kontoinhaber "***93*** z.H. des Bf." auf. Auf dem Zahlungsbeleg findet sich kein Hinweis auf die ***1*** LTD oder die ***2*** LTD.
Eine Stromrechnung betreffend das Wettlokal in der ***121*** in ***9*** ist an die "***93*** z.H. dem Bf." adressiert.
Bei einer Einvernahme einer Geschädigten als Zeugin durch einen Exekutivbeamten der Polizeiinspektion ***7*** am betreffend § 168 StGB (Glücksspiel) gab diese unter anderem Folgendes zu Protokoll: "Ich bin heute bei der Polizei erschienen, weil ich viel Geld in den illegalen Lokalen des Bf. verloren habe. Es handelt sich um zwei Lokale, in denen ich immer gespielt habe. Bei diesen zwei Lokalen handelt es sich um eines in der ***96*** und eines in der ***97***. Von beiden Lokalen ist ein gewisser "***22***" der Chef."….."Dieser ***22*** hat mich noch mit Gutscheinen gelockt.. Dazu gab er mit ca. 150,00 € Gutscheine, damit ich weiter bei ihm spiele".
Bei einer Einvernahme eines Zeugen durch einen Exekutivbeamten der Polizeiinspektion ***7*** am betreffend § 168 StGB (Glücksspiel), der nach eigenen Angaben ein ehemaliger Geschäftspartner des Bf. war, gab dieser an, dass der Bf. folgende Lokale selbst betrieben oder dort Automaten aufgestellt hat: "Bezirk ***9***: 1 Lokal Kreisverkehr Richtung ***98***, 1 Lokal neben dem ***99***" (Anmerkung: Das ***99*** befand sich in der ***100*** in ***9***, schräg gegenüber vom Wettlokal in der ***121*** in ***9***); ***7***: ***101***, ***102*** - Kellerlokal, Lokal beim ***103***, 2 Lokale am Bahnhof; ***23***: ***104*** - bei der ***105***/***106***, ***107*** - mindestens 30 Automaten und Pokerraum mit Croupier, beim Busplatz in ***23*** - wird durch einen Mitarbeiter betrieben - ***108***". Weiters gab der Zeuge an, dass ihm der Bf. Fotos seiner Villa in ***109*** in ***110*** gezeigt hat und diese ca. 1 Million gekostet hat. Der Zeuge verwies zudem darauf, dass der Bf. ihn beschuldigt hat, in "sein" Lokal in der ***97*** eingebrochen zu sein (siehe dazu die obig auszugsweise wiedergegebene Einvernahme des Bf. als Zeuge durch einen Exekutivbeamten der Polizeiinspektion ***7*** am ) und in diesem Gerichtsverfahren angegeben hat, dass er in diesem Lokal tägliche Einnahmen von 13.500,00 € hat. Der Bf. hat sich nach Aussage des Zeugen bei diesem Verfahren als Geschäftsführer ausgegeben. Das betreffende Lokal wurde laut diesem Zeugen offiziell über eine LTD abgewickelt. Gegenüber dem Richter hat der Bf. laut dem Zeugen angegeben, dass er für den Besitzer dazuschauen würde und dafür auch bezahlt wird. Zu dieser LTD gab der Zeuge überdies Folgendes zu Protokoll: "Diese LTD für England wurde damals von einer Person aus dem ***112*** eingerichtet. Dies hat damals 2.500,00 € gekostet. Ich selbst habe noch so eine Geschäftsform zu Hause. Zwischenzeitlich werden die LTDs über Rumänien und mit rumänischen Geschäftsführern eingerichtet. Diese Geschäftsführer sind meistens ausgesuchte Personen, welche einfach nur nicht nach Österreich einreisen dürfen. Es geht darum, Verwaltungsstrafen und Steuern zu verhindern, damit der Bf. diese nicht zahlen muss." Zum Vorfall der Geschädigten, die als Zeugin durch einen Exekutivbeamten der Polizeiinspektion ***7*** am betreffend § 168 StGB einvernommen wurde, machte der Zeuge folgende Aussage: "Ich weiß, wenn ein Kunde größere Mengen in einen Automaten gesteckt hat, wurde das Personal dazu angewiesen, den ***22*** (***47*** (Bf.)) zu informieren, damit dieser den Automaten austauschen kann. Dann wurde eine Person vom Bf. beauftragt, den Automaten abzuholen, um diesen wieder neu aufsetzen zu können. Das heißt, dass ab einer gewissen Summe der Automat einen Gewinn ausspuckt. Um zu verhindern, dass der Gewinn ausbezahlt wird, wurde der Automat zuvor abgeholt und neu aufgesetzt. So lief das bei der alten Version. Bei der neuen Version kann der Bf. selbst an den Automaten einstellen, wieviel Gewinn er an den jeweiligen Automaten ausbezahlen möchte. Um dies zu programmieren, hat er immer eine Person, die ihm das macht. Die Geräte wurden auch so programmiert, dass mit einem einzigen Knopfdruck 100,00 € gesetzt werden konnten.Mit dieser neuen Version ist es unmöglich, mit einem Gewinn auszusteigen…."
Am wurde ein Montagetechniker von einem Beamten der Landespolizeidirektion ***15***, Landeskriminalamt, als Zeuge einvernommen. Beweisthema war die ehemalige Tätigkeit des Zeugen als gefragter Techniker für Glücksspielautomaten/-terminals in der Glücksspielszene. Dieser Zeuge gab an, dass er von verschiedenen Leuten angerufen wurde, wenn diese Probleme mit ihren Automaten hatten. Einer der Kunden aus der Glücksspielszene war laut dem Zeugen ***115*** "***22***" ***47*** (Bf.). Der Zeuge sagte aus, dass er nicht fix bei ***115*** "***22***" ***47*** (Bf.) angestellt war und dass der Techniker von "***22***" ***116*** war. Laut dem Zeugen hat "***13***" ihn nur angerufen, wenn er spezielle Probleme mit den Automaten hatte und ***117*** nicht weiterwusste, erreichbar war oder "***22***" und ***117*** gestritten hatten. Nach Kenntnis des Zeugen arbeitet ***118*** heute noch für "***22***", der Zeuge hat aber keine Kenntnis davon, ob der Bf. ***116*** angemeldet hat. Nachdem dem Zeugen vom vernehmenden Beamten ein Foto des Bf. gezeigt wurde, gab dieser auf die Frage des Beamten, ob er die auf dem Foto abgebildete Person kenne, Folgendes zu Protokoll: "Das ist "***22***" oder ***Bf1*** (Bf.). Über ihn habe ich bereits gesprochen. Er hat sich gelegentlich bei mir gemeldet und ich habe Reparaturen an seinen Geräten durchgeführt. Aber wie gesagt, war sein eigentlicher Techniker ***117*** ***118***..". Die Frage des vernehmenden Beamten, wo der Bf. überall Glücksspiellokale betrieben hat bzw. wo der Genannte aktuell solche Lokale betreibt, beantwortet der Zeuge wie folgt: "***22***" hatte Lokale in ***7***, ***23*** und ***9***. In ***9*** hatte "***22***" ein Lokal beim ***119*** (Anmerkung: Dabei handelt es sich um das Glücksspiellokal in der ***121*** in ***9***)….In ***23*** hatte "***22***" ein Lokal in der ***96***. Ich glaube zumindest, dass es die ***96*** ist. Das Lokal war direkt beim Bahnhof an der Stelle, an welcher die ***96*** in die ***120*** übergeht. Es könnte auch die ***120*** sein."
Am wurde ***122*** von einem Beamten der Landespolizeidirektion ***15***, Landeskriminalamt, als Zeuge zu einem Verdacht auf Bestechung nach § 307 StGB einvernommen. Der Zeuge gab an, dass er zur Glücksspielszene in ***15*** Angaben machen möchte. Auf die Frage des vernehmenden Beamten, was er zu ***127*** (***128*** (Bf.)) sagen kann, gab der Zeuge zu Protokoll, dass der Bf. einer der größten Glücksspielanbieter in ***15*** ist und früher sehr viele Lokale selbst betrieben hat. Die Frage des Beamten, ob er Angaben dazu machen kann, dass der Bf. laut Erzählungen mehrere Millionen Euro mit seinen Automaten in der Glücksspielszene verdient hat, beantwortete der Bf. wie folgt: "***123*** hat mir zu ***127*** auch erzählt, dass dieser Hotels in Rumänien und Kroatien gebaut hat."
2. Beweiswürdigung
Die die Primärschuldnerinnen und deren organschaftliche Vertreter betreffenden Feststellungen basieren auf den Angaben im britischen Company Register sowie im österreichischen Firmenbuch.
Die Feststellungen zu den mit den beiden angefochtenen Haftungsbescheiden in Haftung gezogenen Abgaben sowie zu den im Rahmen der Umsatzsteuersonderprüfungen erfolgten Schätzungen basieren auf den den Haftungsbescheiden beigefügten Abgabenbescheiden, den Betriebsprüfungsberichten sowie vorgenommenen Abfragen des BFG im Abgabeninformationssystem.
Die Feststellung zum letzten inländischen Wohnsitz basiert auf einer Abfrage des BFG im Zentralen Melderegister. Die Feststellung zum derzeitigen ausländischen Wohnsitz des Bf. beruht auf Angaben des derzeitigen rechtlichen Vertreters des Bf. in der mündlichen Verhandlung am . Die Feststellung zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Bf. sowie zu seinen Unterhaltspflichten beruht auf Abfragen des BFG im Abgabeninformationssystem sowie aus Aussagen des derzeitigen rechtlichen Vertreters des Bf. in der mündlichen Verhandlung am .
Die Feststellungen, wonach der Bf. im Zeitpunkt der Fälligkeiten der mit den beiden Haftungsbescheiden in Haftung gezogenen Abgabenschuldigkeiten als de facto Geschäftsführer bzw. tatsächlicher Machthaber der beiden Primärschuldnerinnen agierte, basieren auf Aussagen des Bf., Zeugenaussagen, Aussagen der organschaftlichen Vertreter der beiden Primärschuldnerinnen sowie auf Zahlungsbelegen und Rechnungen, die dem Verwaltungsakt, welcher dem BFG von der Abgabenbehörde im Rahmen des Vorlageberichts übermittelt wurde, sowie den vom Finanzamt mit Schriftsatz vom nachgereichten Aktenteilen entnommen wurden. Letztere wurden dem Bf. zwecks Wahrung des Parteiengehörs mit der Ladung zu der für den terminisierten mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gebracht. Dabei handelt es sich insbesondere um folgende Aktenteile:
Niederschrift über die am erfolgte Einvernahme des ***39***
Niederschrift über die am erfolgte Einvernahme des ***40***
Protokoll über die am , am sowie am erfolgten Einvernahmen des Bf. als Zeuge
Protokoll über die am erfolgte Einvernahme des Bf. als Beschuldigter
Anzeige der Polizeidirektion ***5*** an die Bezirkshauptmannschaft ***7*** vom
Zahlungsbelege betreffend Mietzahlungen des Bf. für die ***2*** LTD
Stromrechnung der ***8*** an "***93*** z.H. des Bf."
Auszug aus einem mit datierten Protokoll über die Vernehmung einer Geschädigten als Zeugin seitens der LPD ***15***
Ein mit datiertes Protokoll über die Vernehmung eines Zeugen seitens der LPD ***15***
Auszug aus einem mit datierten Protokoll über die Vernehmung eines Montagetechnikers als Zeugen seitens der LPD ***15***
Auszug aus einem mit datierten Protokoll über die Vernehmung eines Zeugen seitens der LPD ***15***
Mietvertrag vom betreffend Räumlichkeiten in der ***121*** in ***9***, abgeschlossen zwischen der ***129***, als Vermieter und ***82*** sowie ***83*** als Mieter samt Vereinbarung zur Übernahme des Mietvertrages vom (Eintritt des Bf. als Mieter anstelle von ***82***).
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Teilweise Stattgabe) und Spruchpunkt II. (Abweisung)
In Streit steht die Rechtmäßigkeit der Haftungsinanspruchnahme des Bf. als faktischer Geschäftsführer bzw. tatsächlicher Machthaber der ***1*** LTD und der ***2*** LTD.
Gemäß § 9a Abs. 1 BAO haben Personen, die auf die Erfüllung der Pflichten der Abgabepflichtigen und der in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter tatsächlich Einfluss nehmen, diesen Einfluss dahingehend auszuüben, dass diese Pflichten erfüllt werden.
Gemäß § 9a Abs. 2 BAO haften die in Abs. 1 bezeichneten Personen für Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge ihrer Einflussnahme nicht eingebracht werden können. § 9 Abs. 2 gilt sinngemäß.
Gemäß § 224 Abs. 1 BAO werden die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.
Gemäß § 248 BAO kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 224 Abs. 1) innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Bescheidbeschwerde einbringen. Beantragt der Haftungspflichtige die Mitteilung des ihm noch nicht zur Kenntnis gebrachten Abgabenanspruches, so gilt § 245 Abs. 2, 4 und 5 sinngemäß.
Voraussetzung für die Haftung nach § 9a BAO sind eine Abgabenforderung gegen die Primärschuldnerin, die Stellung als faktischer Geschäftsführer bzw. tatsächlicher Machthaber der Primärschuldnerin im Zeitraum der Fälligkeit der in Haftung gezogenen Abgabenschuldigkeiten, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine schuldhafte Einflussnahme des faktischen Geschäftsführers bzw. tatsächlichen Machthabers auf die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Primärschuldnerin sowie eine Kausalität der haftungsrelevanten Einflussnahme für die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung.
Der Bf. bestreitet, dass hinsichtlich der in Haftung gezogenen Abgaben Abgabenforderungen gegenüber den Primärschuldnerinnen bestehen, dass diese Abgabenforderungen bei den Primärschuldnerinnen uneinbringlich sind und dass er faktischer Geschäftsführer bzw. tatsächlicher Machthaber der Primärschuldnerinnen war. Der Bf. bemängelt überdies die mangelnde Klarheit des Spruches der Beschwerdevorentscheidung.
3.1.1. Mangelnde Klarheit des Spruches der Beschwerdevorentscheidung
Laut Spruch der Beschwerdevorentscheidung vom wurde über die Beschwerde des Bf. vom gegen den Haftungsbescheid vom betreffend die ***2*** LTD sowie über die Haftungsbescheide vom und vom betreffend die ***1*** LTD abgesprochen.
Zutreffend ist, dass der Haftungsbescheid vom betreffend die ***2*** LTD mit Bescheid vom gemäß § 299 BAO aufgehoben wurde, mit selben Datum ein neuer Haftungsbescheid erlassen wurde und sich die gegenständliche Beschwerde gegen den neu erlassenen Haftungsbescheid vom richtet.
Zutreffend ist auch, dass der Haftungsbescheid vom betreffend die ***1*** LTD mit Bescheid vom gemäß § 299 BAO aufgehoben wurde, mit selben Datum ein neuer Haftungsbescheid erlassen wurde und sich die gegenständliche Beschwerde gegen den neu erlassenen Haftungsbescheid vom richtet.
Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt judiziert hat (siehe dazu z.B. ; ; ; ), ist zur Deutung eines Bescheidspruches bei Unklarheiten auch die Begründung eines Bescheides heranzuziehen. Im Beschwerdefall wird in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung vom der bisherige Verfahrensgang detailliert wiedergegeben und auch konkret dargelegt, dass gegenständlich über die Beschwerden gegen die neu erlassenen Haftungsbescheide vom und vom entschieden wird.
Die im Vorlageantrag vertretene Rechtsmeinung, die gegenständliche Beschwerdevorentscheidung spreche auch über nicht mehr existierende Bescheide ab, wird somit vom BFG nicht geteilt.
Zudem ist der Abgabenbehörde zuzustimmen, dass eine allfällige Rechtswidrigkeit der gegenständlichen Beschwerdevorentscheidung schon deshalb unmaßgeblich wäre, weil mit dem Vorlageantrag nicht die rechtswirksame Beschwerdevorentscheidung bekämpft wird, sondern eine Entscheidung des Finanzgerichts über die Bescheidbeschwerden veranlasst werden soll.
3.1.2. Bestand von Abgabenforderungen gegen die Primärschuldnerinnen
Gemäß § 21 Abs. 1 UStG 1994 hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonats eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat. Die Voranmeldung gilt als Steuererklärung. Als Voranmeldung gilt auch eine berichtigte Voranmeldung, sofern sie bis zu dem im ersten Satz angegebenen Tag eingereicht wird. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Die Vorauszahlung und der Überschuss sind Abgaben im Sinne der Bundesabgabenordnung. Ein vorangemeldeter Überschuss ist gutzuschreiben, sofern nicht Abs. 3 zur Anwendung gelangt. Die Gutschrift wirkt auf den Tag der Einreichung der Voranmeldung, frühestens jedoch auf den Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, zurück.
Gemäß § 45 Abs. 2 EStG 1988 sind die Einkommensteuervorauszahlungen zu je einem Viertel am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November zu leisten.
Gemäß § 24 Abs. 3 Z 1 erster Satz KStG 1988 sind für die Veranlagung und Entrichtung der Körperschaftsteuer die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes 1988 über die Veranlagung und Entrichtung sinngemäß anzuwenden.
Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voran, so ist die Behörde bzw. das Gericht daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an diesen Abgabenbescheid zu halten. Durch § 248 BAO ist dem Haftenden ein Rechtszug gegen den Abgabenbescheid eingeräumt. Geht der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung kein Abgabenbescheid voran, so gibt es eine solche Bindung nicht. Ob ein Abgabenanspruch gegeben ist, ist in diesem Fall als Vorfrage im Haftungsverfahren von dem für die Entscheidung über die Haftung zuständigen Organ zu entscheiden. Diese Beurteilung kann mit Beschwerde und im Revisionsverfahren bekämpft werden, womit dem zur Haftung Herangezogenen der Rechtsschutz gewahrt bleibt (siehe dazu ; ; ; ; ).
Wie obig dargelegt wurde, handelte es sich bei den Primärschuldnerinnen um nach englischem Gesellschaftsrecht (Companies Act) errichtete Private Limited Companies, die im englischen Gesellschaftsregister (House of Companies) eingetragen waren und mit (***1*** LTD) bzw. mit (***2*** LTD) im betreffenden Register gelöscht wurden.
Der OGH hat nun mehrfach zur im Beschwerdefall maßgeblichen Rechtslage vor dem dargelegt (siehe dazu z.B. ; ), dass die Löschung im Register konstitutiv wirkt und diese Beendigung (dissolution) bewirkt, dass die Existenz der Gesellschaft als Rechtsträger (juristische Person) aufhört und die Vertretungsbefugnisse enden. Der Verlust der Rechtsfähigkeit der Limited nach dem Recht des Gründungsstaates ist von den anderen Mitgliedstaaten zur Kenntnis zu nehmen (siehe dazu z.B. , wonach die §§ 10ff IPRG durch Unionsrecht verdrängt werden und daher nicht das Recht des Sitzes der Entscheidungsträger anzuwenden ist, sondern das Recht des Gründungsstaates. Dies gilt selbst dann, wenn die Gesellschaft, wie gegenständlich, im Gründungsstaat nur ihren statutarischen Sitz hat und dort keine Geschäftstätigkeit entfaltet).
Die inländische Zweigniederlassung der Primärschuldnerin besitzt nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH (siehe dazu z.B. ***84***) keine eigene Rechtspersönlichkeit. Träger der Rechte und Pflichten war die ausländische Gesellschaft.
Im Beschwerdefall konnten somit gegenüber der ***1*** LTD ab und gegenüber der ***2*** LTD ab mangels Rechts- und Handlungsfähigkeit im Sinne des § 79 BAO keine rechtswirksamen Erledigungen mehr erlassen werden (, sowie Ritz, BAO6, § 97 Tz 2).
3.1.2.1. ***1*** LTD
Dem Bf. ist insofern zuzustimmen, als der in Haftung gezogenen Umsatzsteuer 2016 in Höhe von 183.000,00 € kein rechtswirksamer Umsatzsteuerbescheid zugrunde gelegen ist. Ursache dafür war, dass die Primärschuldnerin für das Jahr 2016 weder Umsatzsteuervoranmeldungen einreichte noch Umsatzsteuer entrichtete und bereits am im englischen Firmenregister gelöscht wurde. Daher konnten erst im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung nach erfolgter Löschung der Primärschuldnerin im englischen Firmenregister die Besteuerungsgrundlagen der Umsatzsteuer 2016 von Amts wegen ermittelt bzw. geschätzt werden.
Dass eine Haftungsinanspruchnahme lediglich das Bestehen von Abgabenschuldverhältnissen (§ 4 BAO) voraussetzt, nicht jedoch, dass diese Schuldigkeiten dem Erstschuldner gegenüber bereits geltend gemacht bzw. dass gegenüber dem Primärschuldner rechtsrichtige oder formell rechtskräftige Bescheide erlassen wurden, wurde bereits obig dargelegt.
Konkrete Einwendungen gegen die Richtigkeit der Schätzung (siehe dazu unter Pkt. II.1.) wurden vom Bf. bzw. seinen rechtlichen Vertretern nicht getätigt. Bestritten wurde vielmehr der Bestand einer Umsatzsteuerschuld für 2016 der Primärschuldnerin bereits dem Grunde nach, ohne dieses Vorbringen näher zu erläutern.
Die Schätzungsbefugnis ergibt sich nach der höchstgerichtlichen Judikatur alleine aus der objektiven Voraussetzung der Unmöglichkeit, die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln oder zu berechnen. Eine Schätzungsberechtigung kann unter anderem dann bestehen, wenn der Abgabepflichtige seiner Verpflichtung zur Einreichung von Abgabenerklärungen nicht nachkommt (siehe dazu ; ; ; ).
Eine Haftung kommt auch für aufgrund einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen entstandene Abgabenschulden in Betracht (vgl. ).
Im beschwerdegegenständlichen Fall wurden für 2016 keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben, woraus sich die Schätzungsbefugnis der Abgabenbehörde ergibt. Da für das BFG keine Unrichtigkeit der gegenständlichen Schätzung erkennbar ist, ist von der Richtigkeit der von der Betriebsprüfung festgestellten Besteuerungsgrundlagen der Umsatzsteuer 2016 auszugehen.
3.1.2.2. ***2*** LTD
Dem Haftungsbescheid vom liegen folgende rechtswirksame Abgabenbescheide zugrunde:
Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 01-04/2016 vom , mit dem die Umsatzsteuer für diesen Zeitraum mit 1.032.840,00 € festgesetzt wurde. Wie unter Pkt. II.1. festgestellt wurde, ergab sich aus dieser Umsatzsteuerfestsetzung eine Nachforderung in Höhe von 1.008.785,25 €, da für den Zeitraum 01-04/2016 lediglich Umsatzsteuern in Höhe von insgesamt 24.054,75 € vorangemeldet wurden. Zum Zeitpunkt der Erlassung des Haftungsbescheides haftete noch Umsatzsteuer für 01-04/2016 in Höhe von 969.012,41 € aus, sodass nur dieser Betrag in Haftung gezogen wurde.
Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 09/2016 vom , mit dem die Umsatzsteuer für diesen Zeitraum mit 4.987,63 € festgesetzt wurde.
Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 10/2016 vom , mit dem die Umsatzsteuer für diesen Zeitraum mit 5.047,79 € festgesetzt wurde.
Bescheid vom betreffend Festsetzung von Körperschaftsteuervorauszahlungen für 2016 und Folgejahre mit 4.760.000,00 €
Da den obig dargestellten, mit Haftungsbescheid vom in Haftung gezogenen Abgabenschuldigkeiten rechtswirksame Abgabenbescheide zugrunde lagen, ist eine Prüfung ihrer Rechtmäßigkeit im gegenständlichen Haftungsverfahren nicht zulässig.
Folgenden mit Haftungsbescheid vom in Haftung gezogenen Abgabenschuldigkeiten liegt kein rechtswirksamer Abgabenbescheid zugrunde:
Umsatzsteuer 11/2016 in Höhe von 8.634,20 €
Die Umsatzsteuer wurde in dieser Höhe von der Primärschuldnerin vorangemeldet, jedoch nicht entrichtet.
Umsatzsteuer 12/2016 in Höhe von 10.514,06 €
Die Umsatzsteuer wurde in dieser Höhe von der Primärschuldnerin vorangemeldet, jedoch nicht entrichtet.
Umsatzsteuer 01/2017 in Höhe von 2.300,30 €
Die Umsatzsteuer wurde in dieser Höhe von der Primärschuldnerin vorangemeldet, jedoch nicht entrichtet.
Umsatzsteuer 02/2017 in Höhe von 3.387,06 €
Die Umsatzsteuer wurde in dieser Höhe von der Primärschuldnerin vorangemeldet, jedoch nicht entrichtet.
Umsatzsteuer 03/2017 in Höhe von 2.385,33 €
Die Umsatzsteuer wurde in dieser Höhe von der Primärschuldnerin vorangemeldet, jedoch nicht entrichtet.
Umsatzsteuer 04/2017 in Höhe von 512,39 €
Die Umsatzsteuer wurde in dieser Höhe von der Primärschuldnerin vorangemeldet, jedoch nicht entrichtet.
Umsatzsteuer 2016 in Höhe von 901.675,01 €
Wie unter Pkt. II.1. festgestellt wurde, wurden im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung nach erfolgter Löschung der Primärschuldnerin im englischen Firmenregister die Besteuerungsgrundlagen der Umsatzsteuer 2016 geschätzt. Aus dieser Schätzung resultierte eine Nachforderung in Höhe von 901.675,01 €.
Bestritten wurde wiederum der Bestand der obig dargestellten, in Haftung gezogenen Abgabenschuldigkeiten, denen kein rechtswirksamer Abgabenbescheid zugrunde liegt, bereits dem Grunde nach, ohne dieses Vorbringen näher zu erläutern.
Soweit den in Haftung gezogenen Umsatzsteuern Voranmeldungen der Primärschuldnerin zugrunde liegen, ist für das BFG nicht nachvollziehbar, weshalb der Bestand dieser Abgabenschuldigkeiten bereits dem Grunde nach in Streit gestellt wurde. Die vorangemeldeten Umsatzsteuerbeträge 2016 wurden allerdings von der Betriebsprüfung im Rahmen einer Schätzung als unrichtig beurteilt, wodurch sich eine Nachforderung in Höhe von 901.675,01 € ergab (siehe dazu die Feststellungen in Pkt. II.1.). Mangels Erkennbarkeit einer Unrichtigkeit dieser Schätzung geht das BFG von der Richtigkeit der festgestellten Besteuerungsgrundlagen der Umsatzsteuer 2016 aus.
3.1.3. Uneinbringlichkeit der in Haftung gezogenen Abgabenforderungen
Auch die Haftung nach § 9a BAO ist eine Ausfallshaftung und setzt deshalb die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden voraus (; ). Unerheblich ist, ob die offenen Abgabenforderungen im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit einbringlich gewesen wären () sowie ob bzw. wann die Abgabenbehörde Exekutionsmaßnahmen zur Hereinbringung der offenen Abgabenforderungen gesetzt hat (; ).
Zum Zeitpunkt der Erlassung der gegenständlich angefochtenen Haftungsbescheide - am und am - lag eine objektive Uneinbringlichkeit der bei den beiden Primärschuldnerinnen in Haftung gezogenen Abgabenschuldigkeiten vor, weil aufgrund des mit den erfolgten Löschungen der Primärschuldnerinnen im englischen Gesellschaftsregister verbundenen Verlustes der Rechtspersönlichkeit (siehe dazu unter Pkt. 3.1.2.) Einbringungsmaßnahmen ins Leere gegangen wären. Da gegenüber den ehemaligen organschaftlichen Vertretern der beiden Primärschuldnerinnen keine Haftungsbescheide erlassen wurden, sind auch diesen gegenüber keine Einbringungsmaßnahmen möglich.
3.1.4. Stellung als faktischer Geschäftsführer bzw. tatsächlicher Machthaber der Primärschuldnerinnen im Zeitraum der Fälligkeit der in Haftung gezogenen Abgabenschuldigkeiten
Nach dem Gesetzeswortlaut umfasst der persönliche Anwendungsbereich des § 9a BAO "Personen, die auf die Erfüllung der Pflichten der Abgabepflichtigen und der in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter tatsächlich Einfluss nehmen". Dazu gehören jedenfalls die faktischen Geschäftsführer. Darunter sind Gesellschafter oder außenstehende Personen zu verstehen, die ohne formelle Bestellung die Geschäftsführung tatsächlich übernehmen (siehe dazu Althuber in Althuber (Hrsg), Geschäftsführer- und Vorstandshaftung im österreichischen Steuerrecht³ (2018) Die Haftung von faktischen Geschäftsführern und Personen mit maßgebendem Einfluss gemäß § 9a BAO, unter Verweis auf Gellis, GmbHG7 § 25 Rz 7; Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 25 Rz 6). Nach der Judikatur (z.B. ) liegt eine faktische Geschäftsführung vor, wenn jemand nach dem Gesamterscheinungsbild die Gesellschaft im Innen- und im Außenverhältnis leitet, wenn also beispielsweise die eigentlich bestellten Geschäftsführer als bloße Strohmänner ihre Organfunktionen nicht ausüben und stattdessen eine andere Person die Gesellschaft tatsächlich leitet.
Neben dem faktischen Geschäftsführer umfasst § 9a BAO aber auch jene Fälle, in denen eine Person kein faktischer Geschäftsführer im engeren Sinne ist, sondern bloß im Innenverhältnis Einfluss ausübt. Auch derjenige, der auf eine juristische Person oder auf deren Organe entsprechenden "abgabenrelevanten" Einfluss ausübt, ist daher von § 9a BAO umfasst. Es ist somit für die Anwendbarkeit des § 9a BAO irrelevant, ob der Einflussnehmende überhaupt nach außen in Erscheinung tritt oder irgendeinen Anschein gegenüber Dritten erwirkt (siehe dazu wiederum Althuber in Althuber (Hrsg), Geschäftsführer- und Vorstandshaftung im österreichischen Steuerrecht³ (2018)). Althuber in Althuber (Hrsg), Geschäftsführer- und Vorstandshaftung im österreichischen Steuerrecht³ (2018) Die Haftung von faktischen Geschäftsführern und Personen mit maßgebendem Einfluss gemäß § 9a BAO).
Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Es genügt, von mehreren Möglichkeiten jene als erweisen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest als weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (siehe dazu z.B. ; ; ; ; ).
Wie in Pkt. II.1. festgestellt wurde, hat der Bf. mehrfach Dritten gegenüber den Anschein erweckt, zur Führung der Geschäfte der Primärschuldnerinnen berechtigt zu sein bzw. ist gegenüber Dritten sogar dezidiert als deren Geschäftsführer aufgetreten.
So hat sich der Bf. im Zuge einer von ihm getätigten Anzeige eines Einbruchs in das Wettlokal in ***130***, ***131***, gegenüber einem Exekutivbeamten der Polizeiinspektion ***7*** am nicht nur als Geschäftsführer der ***2*** LTD ausgegeben, sondern auch von "seinem" Wettlokal gesprochen, davon, dass "er" 4-5 Mitarbeiter hatte, dass "er" im Zusammenhang mit einer Versicherung gegen Einbruchsdiebstahl in die Wettlokale keine weiteren Zahlungen an die Versicherung mehr geleistet hat sowie dass er noch Rechnungen von den Glücksspielautomaten zu Hause hat. Überdies hat sich der Bf. dem Verfahren betreffend Einbruch in das Wettlokal in ***130***, ***131***, als Privatbeteiligter angeschlossen.
Bei einer weiteren Einvernahme am gab der Bf. gegenüber dem Exekutivbeamten der Polizeiinspektion ***7*** an, dass er auch früher ein Wettlokal hatte und zwar eines namens ***91***. Auf die Frage des Exekutivbeamten, ob ***55*** beim Bf. im Wettlokal gearbeitet hat, gab der Bf. zur Antwort, dass "er" den nicht "bei ihm" arbeiten lässt. Als der Exekutivbeamte dem Bf. mitteilte, dass sich die DNA des ***55*** auf einer der Geldkassetten im aufgebrochenen Automaten befindet, antwortete der Bf., dass das für ihn bedeutet, dass dieser in "sein" Wettlokal eingebrochen ist. Auf die Frage des Exekutivbeamten, ob der Bf. mit ***55*** seit dem Einbruch in sein Wettlokal in ***7*** nochmals Kontakt hatte, gab der Bf. zur Antwort, dass ***55*** ein paar Mal in "sein" Lokal in ***23*** gekommen ist. Zudem hat der Bf. nicht beanstandet, dass der Exekutivbeamte bei der Einvernahme ebenfalls von den Wettlokalen "des Bf." sprach.
Bei einer Einvernahme am war der Bf. nicht nur in der Lage, den im Zuge des Einbruchsdiebstahls an Automaten, Teppich, Tresor, und Fenster entstandenen Schaden zu bewerten, sondern hat auch von "seinem" Schaden gesprochen, davon, dass "er" die Geräte im Wettlokal in ***7*** im Jahr 2016 gekauft hat, und dass "er" den Schaden vom ***55*** einklagen bzw. zurückfordern wird. Auch bei dieser Einvernahme hat sich der Bf. nicht dagegen gewendet, dass der Exekutivbeamte vom Wettlokal "des Bf." in ***7*** gesprochen hat und er hatte zudem Kenntnis über den Eigentümer der Räumlichkeiten, in dem sich das gegenständliche Wettlokal befand.
Bei einer am erfolgten Einvernahme des Bf. wegen des Verdachts, einen schweren Raub in einem Wettlokal in ***9*** (***95***) inszeniert zu haben, gab der Bf. gegenüber einem Exekutivbeamten der Polizeiinspektion ***9*** an, dass er der Geschäftsführer ist und von den Besitzern dieses Lokals, der ***2*** LTD, einer ausländischen Firma in Rumänien, offiziell einen Fixlohn von ca. 4.200,00 € netto erhält. Dem Vorhalt des vernehmenden Exekutivbeamten, wonach jener Täter, der den Raub begangen hat, ausgesagt hat, der Bf. habe ihn dazu angestiftet und ihm versichert, dass der Überfall lediglich der Versicherung gemeldet, aber keine Polizei gerufen werde, hielt der Bf. entgegen, dass das Lokal keine Versicherung hat, "er" sich nicht "sein eigenes Geld" stehlen lässt, "er" "sein" Geld zurück möchte und "er" sich dem Verfahren als Privatbeteiligter anschließen will. Mit dieser Aussage gibt der Bf. nach Ansicht des BFG nicht nur unmissverständlich zu, dass er faktischer Geschäftsführer der ***2*** LTD war, sondern auch, dass er der finanzielle Nutznießer war.
Nach Auffassung des Finanzgerichts rechtfertigen bereits die obig wiedergegebenen Aussagen des Bf. die Annahme, dass der Bf. faktischer Geschäftsführer der Primärschuldnerinnen war. Diese Annahme ist umso mehr gerechtfertigt durch die ebenfalls obig aufgezeigten Verhaltensweisen des Bf. - so hat der Bf. Anzeige wegen des Einbruchs in das Wettlokal in ***130***, ***131***, erstattet und er hat sich nicht nur diesem Strafverfahren als Privatbeteiligter angeschlossen, sondern auch jenem betreffend den in einem Wettlokal in ***9*** (***95***) verübten Raubüberfall. Hinzu kommt noch das Wissen des Bf. über die Höhe des durch den Einbruchdiebstahl verursachten Schadens, das nach Auffassung des BFG umfassende Kenntnisse über die wirtschaftlichen Belange der Primärschuldner voraussetzt.
Dafür, dass der Bf. die Geschicke der Primärschuldnerinnen durch eigenes Handeln im Außenverhältnis maßgeblich in die Hand genommen hat, spricht aber auch, dass der Bf. ab einer der beiden Mieter des Lokals "***1*** LTD" in der ***121*** in ***9*** war und eine Untervermietung bzw. Weitergabe der gegenständlichen Räumlichkeiten gemäß Pkt. 10.1. dieses Mietvertrages unzulässig war, dass auf dem Zahlungsbeleg betreffend die Miete für März 2016 für das Wettlokal in der ***121*** in ***9*** als Kontoinhaber "***93*** z.H. des Bf." aufscheint, dass eine Stromrechnung betreffend das Wettlokal in der ***121*** in ***9*** an die "***93*** z.H. dem Bf." adressiert war sowie dass die Miete für das von der ***2*** LTD betriebene Wettlokal in ***130***, ***131***, zumindest für März 2016 sowie für April 2016 von einem Konto entrichtet wurde, dessen Kontoinhaber der Bf. war.
Auf den drei obig angeführten Zahlungsbelegen findet sich im Unterschied zu vier sonstigen im Akt befindlichen Zahlungsbelegen betreffend die Stadt ***7***, die ***27*** Krankenkasse, das Finanzamt ***23*** etc. kein Hinweis auf eine der beiden Primärschuldnerinnen (***1*** LTD und ***2*** LTD). Der Einwand des rechtlichen Vertreters des Bf. in der mündlichen Verhandlung, wonach aus den Einzahlungsbelegen nicht hervorgehe, wer sie ausgestellt, wer sie ausgefüllt und wer Zahlungen vorgenommen habe, geht daher zumindest hinsichtlich der drei erwähnten Zahlungsbelege nach Ansicht des BFG ins Leere. Der Einwand des rechtlichen Vertreters des Bf. in der mündlichen Verhandlung, wonach auch eine Zeichnungsberechtigung des Bf. nicht bedeuten würde, dass er im eigenen Namen aufgetreten sei, sondern im Namen der ***2*** LTD, spricht jedenfalls nicht gegen die Annahme einer faktischen Geschäftsführertätigkeit des Bf. Vielmehr ist ein tatsächliches Verfügen über ein Geschäftskonto einer Gesellschaft als Indiz für eine faktische Geschäftsführung zu werten.
Wie obig festgestellt wurde, war der Bf. ab einer der beiden Mieter des Lokals, in dem sich die ***93*** befand. Das BFG erachtet es als offenkundig, dass der Bf. in dieser Eigenschaft nicht nur die Miete für dieses Wettlokal nachweislich zumindest für März 2016 bezahlt hat, sondern dass das auch der Grund war, weshalb sich der Name des Bf. auf den Briefkopf der an die ***93*** adressierten Stromrechnung befindet. Dem Beweisantrag des rechtlichen Vertreters des Bf. in der mündlichen Verhandlung auf Einvernahme eines informierten Vertreters der ***8***, ***53***, zwecks Abklärung, wie der Name des Bf. auf den Briefkopf der an die ***93*** adressierten Stromrechnung gekommen ist, wird daher gemäß § 183 Abs. 3 BAO nicht entsprochen.
Das BFG teilt auch nicht die in der mündlichen Verhandlung geäußerte Ansicht des rechtlichen Vertreters des Bf., wonach die protokollierte Aussage des ehemaligen organschaftlichen Geschäftsführers der ***1*** LTD, der diese Funktion vom Bf. am übernahm, beweist, dass der Bf. nicht faktischer Geschäftsführer der ***1*** LTD war (siehe dazu die Feststellungen in Pkt. II.1.). Es trifft zwar zu, dass dieser ehemalige organschaftliche Geschäftsführer bei seiner Einvernahme am als Verdächtiger wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG durch einen Strafermittlungsbeamten der Polizeiaufsichtsbehörde des Kreises ***11*** nicht vom Bf., sondern von einer dritten, nicht namentlich genannten Person spricht, die ihn ausgenutzt bzw. veranlasst hat, mehrere Dokumente zu unterschrieben, wodurch er die Funktion des handelsrechtlichen Geschäftsführers der ***1*** LTD vom Bf. übernahm. Er sagt jedoch nicht, dass diese dritte Person die Geschäfte dieser Gesellschaft geführt hat bzw. dass der Bf. nicht faktischer Geschäftsführer war, sondern lediglich, dass er zu keinem Zeitpunkt eine Geschäftsführungsfunktion für diese Gesellschaft ausgeübt hat, er zu dieser Gesellschaft keine Beziehung hat und ihm auch nichts über deren Geschäftstätigkeiten sowie darüber, wer deren Geschäfte tatsächlich geführt hat, bekannt ist.
Nicht geteilt wird vom BFG zudem die in der mündlichen Verhandlung vertretene Meinung des rechtlichen Vertreters des Bf., wonach aus der Aussage des organschaftlichen Geschäftsführers der ***2*** LTD bei dessen Einvernahme am als Verdächtiger wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG durch einen Staatsanwalt in ***86*** nicht hervorgeht, dass "***12***" und der Bf. ein- und dieselbe Person sind. Denn der organschaftliche Geschäftsführer antwortet auf die Frage des Staatsanwalts, wer der tatsächliche Machthaber der ***2*** LTD war, dass laut Hörensagen "***12***", ein Türke, tatsächlicher Machthaber der ***2*** LTD ist, und auf die Frage, welche Funktion ***Bf1*** (der Bf.) bei der ***2*** LTD innehatte, dass er weiß, dass dieser der Chef war (siehe dazu unter Pkt. II.1.).
Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang überdies, dass drei als Zeugen einvernommene Personen - die Personen wurden am , am sowie am befragt (siehe dazu die Feststellungen in Pkt. II.1.) - bei Nennung des Bf. unabhängig voneinander sowohl dessen richtigen Namen als auch dessen Spitznamen ***22*** (siehe dazu unter https://www.***134***: Der Nachname ***22*** ist türkischer Herkunft und stammt möglicherweise aus dem Wort "***136***", was auf Deutsch so viel wie "***141***" bedeutet. Der Nachname ***22*** ist zu einer Anzahl verschiedener Variationen und Schreibweisen angewachsen. Varianten des Nachnamen ***22*** sind u.a.: ***13***, ***127***, ***22***, ***127***, ***12***) verwendeten. Nach Auffassung des BFG kann es bei Würdigung dieser Umstände keinen Zweifel geben, dass der Bf. und "***12***" ein- und dieselbe Person sind.
Das BFG teilt weiters nicht die in der mündlichen Verhandlung geäußerte Ansicht des rechtlichen Vertreters des Bf., wonach die Niederschrift über die am erfolgte Einvernahme des organschaftlichen Geschäftsführers der ***2*** LTD derart fehlerhaft ist, dass von einer unrichtigen Übersetzung auszugehen ist. Es trifft zwar zu, dass auf Seite 5 der Niederschrift das Wort "Anstellung" anstelle des Wortes "Reise" verwendet wird, auf das Textverständnis hat dieser Fehler jedoch offensichtlich keinen Einfluss, zumal auch dem rechtlichen Vertreter des Bf. klar war, dass es richtigerweise "Reise" heißen müsste. Andere "gravierende" Fehler konnten vom Finanzgericht jedenfalls nicht entdeckt werden.
Im Zusammenhang mit der aus Sicht des rechtlichen Vertreters des Bf. unrichtigen Übersetzung der Aussagen des organschaftlichen Geschäftsführers der ***2*** LTD wurde ein Antrag auf Einvernahme dieser Person, wohnhaft laut Niederschrift vom in ***137***, Rumänien, gestellt.
Zu diesem Beweisantrag ist festzuhalten, dass der Ladung vom zu der für den terminierten mündlichen Verhandlung nicht nur die gegenständliche Niederschrift über die am erfolgte Einvernahme des ehemaligen handelsrechtlichen Geschäftsführers der ***2*** LTD beigelegt war, sondern in dieser Ladung auch darauf hingewiesen wurde, dass es dem BFG nach der gegebenen Rechtslage (siehe dazu z.B. ; ; ; ; ; ; VwGH 97/13/0201; ) nicht möglich ist, eine im Ausland wohnhafte Person vor das BFG zur Einvernahme als Zeuge zu laden. Daher wäre es Aufgabe des Bf. gewesen, die Möglichkeit der Einvernahme des beantragten Zeugen zu schaffen bzw. hätte es dem Bf. oblegen, den ehemaligen handelsrechtlichen Geschäftsführer der ***2*** LTD für die beantragte Zeugeneinvernahme im Rahmen der mündlichen Verhandlung stellig zu machen. Dem gegenständlichen Beweisantrag wird daher gemäß § 183 Abs. 3 BAO nicht entsprochen.
Der rechtliche Vertreter des Bf. hat überdies in der mündlichen Verhandlung die geschiedene Gattin des Bf., die beiden ehemaligen handelsrechtlichen Geschäftsführer der Primärschuldnerinnen sowie ***28*** (nunmehr ***138***), eine ehemalige Angestellte der ***2*** LTD, als Zeugen angeboten, zum Beweis dafür, dass der Bf. weder faktischer Geschäftsführer noch tatsächlicher Machthaber der beiden Primärschuldnerinnen war.
Zu diesem Zeugenanbot wird angemerkt, dass mit Ausnahme der geschiedenen Gattin des Bf. sämtliche der obig angeführten Personen bereits durch andere Behörden einvernommen worden. Dass im Abgaben- und Haftungsverfahren eine unmittelbare Beweisaufnahme nicht erforderlich ist (siehe dazu z.B. ; ; ; ), wurde dem Bf. bereits in der Ladung vom zu der für den terminierten mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gebracht. Der Bf. bzw. sein rechtlicher Vertreter hätten daher - wenn aus deren Sicht eine nochmalige Einvernahme der beiden ehemaligen handelsrechtlichen Geschäftsführer der Primärschuldnerinnen sowie von ***28*** (nunmehr ***138***) der Wahrheitsfindung hätte dienen können - mehr als ein halbes Jahr Zeit gehabt, die gegenständlichen Zeugen stellig zu machen oder schriftliche Zeugenaussagen vorzulegen. Die gilt auch für die im Ausland ansässige geschiedene Gattin des Bf., die im gegenständlichen Beschwerdeverfahren von den Parteien bisher weder als Zeugin noch als weitere faktische Geschäftsführerin bzw. tatsächliche Machthaberin benannt wurde. Nach Ansicht des BFG dient das Zeugenanbot offenkundig lediglich dazu, das Verfahren zu verzögern bzw. zu verschleppen. Dafür spricht, dass der Bf. trotz zweimaliger Vertagung der mündlichen Verhandlung, um dem Bf. Gelegenheit zu einer persönlichen Stellungnahme zu den vorliegenden Beweismitteln zu geben bzw. um ihm zu ermöglichen, im Ausland ansässige Zeugen stellig zu machen, bisher keinen Beitrag zur Wahrheitsfindung erbracht hat - weder mündlich noch schriftlich - und nicht einmal die mit Ladung vom zu der für den terminierten mündlichen Verhandlung erbetenen Nachweise über seinen derzeitigen Wohnsitz (behördliche Meldebestätigung, Grundbuchsauszug, Mietvertrag, etc.) sowie Nachweise über seine aktuellen Einkommens- und Vermögenssituation (Lohnzettel, Bankguthaben, Lebensversicherungen, Kraftfahrzeuge, Grundstücke, Verbindlichkeiten, etc.) beigebracht hat (siehe dazu unter Pkt. I). Einem dritten, in der mündlichen Verhandlung am gestellten Vertagungsantrag wurde deshalb - unter Verweis darauf, dass in der mündlichen Verhandlung am eine nochmalige Vertagung explizit ausgeschlossen wurde sowie dass in den insgesamt drei Ladungen zu mündlichen Verhandlungen stets festgehalten wurde, dass ein Fernbleiben der beschwerdeführenden Partei von der mündlichen Verhandlung der Durchführung der Verhandlung nicht entgegensteht (§ 274 Abs. 4 BAO) - nicht Folge gegeben.
Zu ***28*** (nunmehr ***138***), einer ehemaligen Angestellten der ***2*** LTD, die laut dem rechtlichen Vertreter des Bf. bei einer Einvernahme bestätigen werde, dass der Bf. weder faktischer Geschäftsführer noch tatsächlicher Machthaber der Primärschuldnerinnen war, wird ergänzend Folgendes angemerkt: ***138*** hat bereits bei ihrer Einvernahme als Zeugin durch eine Beamtin der ***27*** Gebietskrankenkasse ausgesagt, dass nicht der Bf., sondern ***63***, der ehemalige handelsrechtliche Geschäftsführer der ***2*** LTD, deren Geschäfte geführt hat.
Das BFG zieht nicht in Zweifel, dass ***138*** ihre Aussage im Falle einer nochmaligen Einvernahme bestätigen wird. Allerdings steht diese Aussage in Widerspruch zu den Aussagen des Bf. und sämtlicher anderen Zeugen (siehe dazu unter Pkt. II.1.). Zudem hat ***138*** angegeben, dass der Bf. der Mann oder Lebensgeführte der ***139*** ist und im Lokal in ***5*** gelegentlich Fußball schaut, sie jedoch nicht weiß, ob er dort auch arbeitet. Nach Ansicht des BFG hätte die Zeugin jedoch über das "Arbeitsverhältnis" des Bf. bei der ***2*** LTD schon deshalb Bescheid wissen müssen, weil nicht nur sie selbst, sondern auch ihr damaliger Lebensgefährte und jetziger Ehemann für die ***2*** LTD gearbeitet hat. Hinzu kommt, dass nach Angaben der Zeugin ***63*** nicht nur gelegentlich im Lokal in ***5*** "vorbeigeschaut" hat, sondern auch die Ansprechperson bei der ***2*** Ltd. war. Diesen Aussagen ist entgegenzuhalten, dass ***63*** nicht deutsch spricht, die Muttersprache der Zeugin jedoch deutsch ist, er laut Akten insgesamt lediglich dreimal in Österreich war und hier auch keinen Wohnsitz hat sowie dass er in Rumänien als Wächter gearbeitet hat und es aufgrund der doch beträchtlichen Entfernung zwischen seinem Arbeitplatz in Rumänien und dem Lokal in ***5*** als zweifelhaft erachtet wird, dass ihm ein gelegentliches Aufsuchen des gegenständlichen Lokals überhaupt möglich war. Bei Würdigung sämtlicher aufgezeigter Umstände kommt deshalb das BFG zum Ergebnis, dass durch die Aussagen dieser Zeugin nicht glaubhaft gemacht wird, dass der Bf. nicht faktischer Geschäftsführer der ***2*** LTD war.
Zum ebenfalls in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag des rechtlichen Vertreters des Bf. auf Einholung des Aktes ***46***, Landesgericht ***23***, betreffend das Strafverfahren "Bf. und weitere Personen" zum Beweis dafür, dass sich daraus ergeben wird, dass nicht der Bf. faktischer Geschäftsführer und/oder Machthaber war, sondern die sonstigen Angeklagten, nämlich die geschiedene Gattin des Bf. und die beiden ehemaligen handelsrechtlichen Geschäftsführer der Primärschuldnerinnen die Verantwortlichen der Unternehmen waren, wird Folgendes angemerkt:
Der rechtliche Vertreter des Bf. in den beiden beschwerdegegenständlichen Haftungsverfahren vertritt den Bf. auch im vor dem Landesgericht ***23*** zu ***46*** anhängenden Strafverfahren wegen dem Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung als Mitglied einer Bande nach § 33 Abs. 1 und 2 lit. a FinStrG und § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG, in dem nicht nur der Bf., sondern auch dessen geschiedene Gattin sowie die beiden ehemaligen handelsrechtlichen Geschäftsführer der Primärschuldnerinnen Beschuldigte/Angeklagte sind. Dem rechtlichen Vertreter hätte es somit freigestanden, allfällige Beweismittel, die den Bf. zu exkulpieren vermögen und die dem BFG nicht vorliegen, beizubringen.
Zudem wurde auch nicht konkretisiert, weshalb mittels des gegenständlichen Strafaktes bewiesen werden kann, dass der Bf. faktischer Geschäftsführer und/oder Machthaber war, zumal der Bf. einer der Beschuldigten im Strafverfahren ist und die Hauptverhandlung und damit das Beweisverfahren noch nicht stattgefunden haben.
Die Haftungsvoraussetzungen sind jedenfalls im Haftungsverfahren eigenständig zu beurteilen. Das BFG ist ebenso wie die Abgabenbehörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes lediglich im Falle rechtskräftiger verurteilender Entscheidungen eines Strafgerichts an die Tatsachenfeststellungen gebunden, auf denen der Schuldspruch beruht, wozu auch jene Tatumstände gehören, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandselementen zusammensetzt (vgl. z.B. ; ; ).
Da keine solche Bindung bei Freisprüchen besteht (siehe dazu ; ; ; ; ; ) und gegenwärtig noch nicht absehbar ist, ob und wann hinsichtlich des vor dem Landesgericht ***23*** zu ***46*** anhängenden Strafverfahren mit einer rechtskräftig verurteilenden Entscheidung zu rechnen ist, ist auch der in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag des rechtlichen Vertreters auf Unterbrechung der beschwerdegegenständlichen Haftungsverfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung des Strafverfahrens ***46***, abgewiesen worden (siehe dazu unter Pkt. I).
Der rechtliche Vertreter des Bf. hat in der mündlichen Verhandlung weiters die Einvernahme jenes Inspektors der Polizeidirektion ***5*** beantragt, welcher die mit datierte Anzeige gegen den Bf. wegen Verstoßes nach dem Glücksspielgesetz verfasst hat. Als Beweisthema wurde angegeben, dass die Sachverhaltsdarstellung in der Anzeige fehlerhaft sei, weshalb die tatsächlichen Geschehnisse zu ermitteln seien. Denn in dieser Anzeige werde angegeben, "ein ***51*** wurde ungehalten", während in der Folge wieder vom Bf. gesprochen werde. Es könnte sich somit um zwei verschiedene Personen handeln.
Wie bereits in Pkt. II.1. ausgeführt wurde, wird in der Anzeige der Polizeidirektion ***5*** an die Bezirkshauptmannschaft ***7*** vom - angezeigt wurde der Bf. nach dem Glücksspielgesetz - unter anderem Folgendes ausgeführt: Der Bf. hat angegeben, dass zwei Männer "in seinem Lokal gewesen seien" und durch unrechtmäßige Auszahlung eines Guthabenstandes auf einem Glücksspielgerät "ihm" (dem Bf.) ein Schaden von 2.500,00 € entstanden sei.
In dieser Anzeige wird der Vor- und Nachnahme des Bf. fünfmal richtig wiedergegeben, lediglich einmal wird der Nachname falsch geschrieben. Auch in der der Anzeige beigefügten Lichtbildbeilage wird der Vor- und Nachnahme des Bf. korrekt wiedergegeben. Nach Auffassung des BFG ist es offenkundig, dass es sich bei der ein einziges Mal erfolgten unrichtigen Schreibweise des Nachnamens des Bf. bloß um einen Schreibfehler handelt, sodass dem Beweisantrag gemäß § 183 BAO nicht entsprochen wird.
Zum Antrag des rechtlichen Vertreters des Bf. in der mündlichen Verhandlung auf Einvernahme der ***140*** zum Beweis dafür, "dass der Bf. nicht faktischer Geschäftsführer war und ihre Aussage dem Motiv zuzuordnen ist, dass sie offensichtlich Gelder verloren hat und diese zurückfordern möchte und nun einen Schuldigen sucht, der er tatsächlich nicht ist", wird Folgendes angemerkt: ***140*** hat bei der Polizeiinspektion ***7*** gegen den Bf. am betreffend § 168 StGB (Glücksspiel) als Geschädigte eine Anzeige erstattet. In ihrer Einvernahme als Zeugin durch einen Exekutivbeamten hat sie ausgesagt, dass sie in den illegalen Lokalen des Bf. in der ***96*** und in der ***97*** in ***7*** viel Geld verloren hat und dass sie der Bf. als Chef dieser Lokale mit Gutscheinen dazu verlockt hat, weiter bei ihm zu spielen.
Auch hinsichtlich dieses Beweisantrages wird wiederholend darauf verwiesen, dass im Abgaben- und Haftungsverfahren eine unmittelbare Beweisaufnahme nicht erforderlich ist (siehe dazu z.B. ; ; ; ). Im Übrigen hat der Bf. - wie obig bereits dargelegt wurde - bei seiner Einvernahme am einem Exekutivbeamten der Polizeiinspektion ***7*** gegenüber angegeben, dass ***55*** in "sein" Wettlokal eingebrochen ist und er hat sich überdies dem Strafverfahren gegen ***55*** als Privatbeteiligter angeschlossen. Dass somit die Aussage von ***140*** eine Falschaussage ist, die lediglich dem Umstand geschuldet ist, dass der Bf. ***55*** des Einbruchs bezichtigt hat und ***140*** eine gute Bekannte, eine Freundin oder eine Partnerin des ***55*** ist, ist nach Ansicht des BFG unzutreffend. Ob ***55*** tatsächlich zu irgendeinem Zeitpunkt Geschäftspartner des Bf. erachtet das BFG für den Beschwerdefall als nicht relevant.
Nach Auffassung des BFG stehen auch die im Zuge einer Einvernahme durch einen Beamten der Landespolizeidirektion ***15***, Landeskriminalamt, am als Zeuge getätigten Aussagen eines Montagetechnikers (siehe dazu unter Pkt. II.1.) nicht in Widerspruch zu den Aussagen des Bf., ist doch der Bf. - wie bereits mehrfach dargelegt wurde - wiederholt gegenüber Dritten als Geschäftsführer der Primärschuldnerinnen aufgetreten.
Auf die obigen Ausführungen, wonach der Unmittelbarkeitsgrundsatz im Abgaben- und Haftungsverfahren keine Geltung hat, sowie auf die obig dargestellten Aussagen und Verhaltensweisen des Bf., die nach Auffassung des BFG die Annahme einer faktischen Geschäftsführertätigkeit des Bf. rechtfertigen, wird auch hinsichtlich des Antrags des rechtlichen Vertreters des Bf. in der mündlichen Verhandlung auf Einvernahme von ***122*** verwiesen. Beweisthema ist wiederum, dass der Bf. weder faktischer Geschäftsführer noch größter Glücksspielanbieter in ***15*** war.
3.1.5. Schuldhafte Einflussnahme des Bf. auf die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Primärschuldnerinnen sowie Kausalität der haftungsrelevanten Einflussnahme für die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderungen
Wie obig dargestellt wurde, waren die handelsrechtlich bestellten Geschäftsführer der Primärschuldnerinnen lediglich Strohmänner und haben mit Ausnahme von geleisteten Unterschriften ihre Organfunktionen nicht ausgeübt. Die Gesellschaften im Innen- und Außenverhältnis de facto geleitet hat nach dem Gesamterscheinungsbild der Bf., der in dieser Eigenschaft auch auf die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Primärschuldnerinnen Einfluss genommen hat.
Im Beschwerdefall wurden insofern abgabenrechtliche Pflichten verletzt, als für die ***1*** LTD für das Jahr 2016 weder Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht noch Umsatzsteuer entrichtet wurde (siehe dazu unter Pkt. II.1. sowie unter Pkt. 3.1.2.1.).
Hinsichtlich der ***2*** LTD besteht die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten darin, dass zwar Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht und/oder Umsatzsteuervorauszahlungen geleistet wurden, jedoch mangels einer ordnungsgemäßen Buchhaltung nicht annähernd in der den tatsächlichen Umsätzen entsprechenden Höhe. Körperschaftsteuererklärungen wurden nicht eingereicht (siehe dazu unter Pkt. II.1. sowie unter Pkt. 3.1.2.2.).
Die Haftung nach § 9a BAO ist - wie die Haftung nach § 9 BAO - eine verschuldensabhängige Haftung. Während jedoch für eine Haftungsinanspruchnahme nach § 9 BAO leichte Fahrlässigkeit genügt (siehe dazu z.B. ) spricht insbesondere das Wort "dahingehend" in § 9a Abs. 1 BAO dafür, dass zumindest Eventualvorsatz erforderlich ist (siehe dazu Ritz/Koran, BAO7 § 9a BAO Rz 3 unter Verweis auf Unger in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 9a, 56; aM Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I BAO3, § 9a Rz 7, wonach ein Verschulden des faktischen Geschäftsführers nicht Tatbestandsvoraussetzung für die Haftung ist).
Dass die seitens des Bf. erfolgte negative Einflussnahme auf die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Primärschuldnerinnen im Hinblick auf die gesamte, obig ausführlich aufgezeigte Geschäftsgestaltung zumindest mit Eventualvorsatz erfolgte, steht für das BFG außer Zweifel, weshalb ihm eine schuldhafte Verletzung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen der Primärschuldnerinnen im Sinne des § 9a BAO anzulasten ist.
Die schuldhafte Einflussnahme des Bf. auf die abgabenrechtlichen Verpflichtungen der Primärschuldnerinnen war auch kausal für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben, da die immens hohen, durch illegales Glücksspiel erwirtschafteten finanziellen Mittel (siehe dazu unter Pkt. II.1.) dem Finanzamt lediglich in einem verschwindend geringen Ausmaß gemeldet und entrichtet wurden.
Im Beschwerdefall waren somit sämtliche Voraussetzungen für eine Haftungsinanspruchnahme nach § 9a BAO erfüllt.
3.1.6. Ermessen
Die Heranziehung zur Haftung ist eine Ermessensentscheidung, die im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung des berechtigten Interesses des Bf. beizumessen, nicht zur Haftung für Abgaben herangezogen zu werden, deren Uneinbringlichkeit bei den Primärschuldnerinnen feststeht und deren Nichtentrichtung durch ihn verursacht wurde. Unter dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" ist das "öffentliche Interesse an der Einhebung der Abgaben" zu verstehen. Bei der Ermessensübung ist auch auf den Grad des Verschuldens des Haftenden Bedacht zu nehmen.
Nach den Gesetzesmaterialien (ErlRV 1960 BlgNR 24. GP, 55; ebenso Ritz/Koran, BAO7 § 9a BAO Rz 4; Tanzer/Unger, BAO 2020/2021, 35) schließen die Haftungen nach § 9 und nach § 9a einander nicht aus. Es liegt im Ermessen der Abgabenbehörde, welche dieser Haftungen vorrangig geltend gemacht wird. Die Finanzamt hätte somit auch die beiden ehemaligen handelsrechtlichen Geschäftsführer der Primärschuldnerinnen gemäß § 9 iVm § 80 BAO zur Haftung heranziehen können. Eine solche Haftungsinanspruchnahme ist jedoch bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erfolgt.
Das BFG erachtet den Bf. als finanziellen Nutznießer der seitens der Primärschuldnerinnen vereinnahmten Gelder (siehe dazu unter Pkt. 3.1.4.). Aufgrund dieses Umstands und auch deshalb, weil der Bf. zumindest mit Eventualvorsatz gehandelt hat, war nach Auffassung des BFG vorrangig der Bf. zur Haftung heranzuziehen.
Seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse hat der Bf. nicht bekanntgegeben. Dies ist gegenständlich nach Auffassung des BFG aber deshalb nur von eingeschränkter Bedeutung, weil die Haftung nicht nur bis zur Höhe der aktuellen Einkünfte und des aktuellen Vermögens des Haftungspflichtigen geltend gemacht werden darf (siehe dazu z.B. ; ). Denn eine allfällige derzeitige Uneinbringlichkeit schließt nicht aus, dass künftig neu hervorgekommenes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen (), sodass selbst eine Vermögenslosigkeit oder das Fehlen von Einkünften des Haftungspflichtigen der Geltendmachung der Haftung nicht entgegenstünden (siehe dazu z.B. ; ; ).
Die Zweckmäßigkeit der Geltendmachung der Haftung liegt jedenfalls vor allem darin, dass nur durch diese Maßnahme überhaupt eine zumindest teilweise Einbringlichkeit der betreffenden Abgaben gegeben ist, und nur so dem öffentlichen Interesse an der Abgabenerhebung nachgekommen werden kann. Gesamthaft war daher in Ausübung des freien Ermessens dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben gegenüber dem Interesse des Bf., nicht zur Haftung herangezogen zu werden, der Vorzug zu geben.
3.2. Zu Spruchpunkt III. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Bei der Beurteilung der Rechtsmäßigkeit der Haftungsinanspruchnahme folgt das BFG der im Erkenntnis zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Artikel 133 Abs. 4 B-VG wird durch das vorliegende Erkenntnis somit nicht berührt. Eine (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.
Gesamthaft war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 9a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 9a Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 224 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 248 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 21 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 45 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 24 Abs. 3 Z 1 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.1100081.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at