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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.12.2024, RV/5300013/2024

Verspäteter Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** über die Beschwerde des ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Raffling Tenschert Lassl Griesbacher & Partner Rechtsanwälte GmbH, Universitätsring 12/1/13, 1010 Wien, vom gegen den Bescheid des Zollamtes Österreich als Finanzstrafbehörde vom über die Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom , Geschäftszahl FV-***, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Am wurde der ukrainische Kleinbus, Mercedes Benz Sprinter, FIN: ***1*** mit dem amtlichen Kennzeichen ***2***, mit welchem der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) unterwegs war, in Suben einer Zollkontrolle unterzogen. Dabei wurden erhebliche Mengen an Fleischprodukten, Milchprodukten, Obst, Gemüse und Spirituosen sowie ein dyson airwrap complete long in Postpaketen vorgefunden. Unter dem Laderaum des Fahrzeugs wurde auch eine nachträglich eingebaute Konstruktion festgestellt, in welcher 105 Stangen vom Bf. am Schwarzmarkt erworbener Zigaretten versteckt waren. Im Zuge der Kontrolle wurde der Bf. unter Beiziehung einer Dolmetscherin nach erteilter Rechtsbelehrung einvernommen. Die transportierten Waren sowie das Fahrzeug wurden beschlagnahmt und dem Beschuldigten wurde mitgeteilt, dass eine Bestrafung wegen der Finanzvergehen des Schmuggels gem. § 35 Abs. 1 FinStrG mittels Strafverfügung zu erwarten sei, wobei eine Geldstrafe in Höhe von € 3.650,00 und ein Kostenersatz in Höhe von € 350,00 in Aussicht gestellt wurden. Nach Belehrung über das Einspruchsrecht erklärte der Bf. ausdrücklich, auf einen Einspruch gegen die zu erwartende Strafverfügung zu verzichten. Der Bf. wurde darüber belehrt, dass er diese Verzichtserklärung binnen drei Tagen schriftlich oder persönlich beim Zollamt Österreich widerrufen kann. Zur Deckung der allfällig zu verhängenden Geldstrafe sowie der Kostenersätze erlegte der Bf. € 4.000 in bar.

Am wurde eine mit datierte Strafverfügung auf Deutsch und Ukrainisch an den vom Bf. namhaft gemachten Zustellungsbevollmächtigten durch Hinterlegung zugestellt. Mit dieser Strafverfügung wurde der Bf. schuldig gesprochen, vorsätzlich entgegen der in Art. 139 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Union normierten Gestellungspflicht vorschriftswidrig verbrachte eingangsabgabepflichtige Waren, nämlich insgesamt 105 Stangen (= 21.000 Stück) ausländischer unverzollter Zigaretten im Gesamtwert von € 2.100,00, mit darauf lastenden Eingangsabgaben in Höhe von insgesamt € 6.059,98 (davon Zoll: € 1.209,60, Tabaksteuer: € 3.490,38 und Einfuhrumsatzsteuer: € 1.360,00), sowie 47 Kilogramm Milchprodukte, 395 Kilogramm Fleischprodukte, 378 Kilogramm Gemüse, 90 Kilogramm Obst, 69,7 Liter Spirituosen (Wodka und Whiskey), 1,5 Liter Weinbrand, 25,5 Liter Branntwein und einen Dyson Airwrap Complete Long im Gesamtwert von insgesamt € 2.197,50, mit darauf lastenden Eingangsabgaben in Höhe von insgesamt € 1.075,71 (davon Zoll: € 153,52, Alkoholsteuer: € 464,16 und Einfuhrumsatzsteuer: € 458,03) übernommen und dadurch das Finanzvergehen der Abgabenhehlerei gemäß § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen zu haben. Gemäß § 37 Abs. 2 FinStrG wurde über ihn eine Geldstrafe von € 3.630,00 verhängt, gemäß § 20 FinStrG wurde die für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe mit 18 Tagen festgesetzt, gemäß § 37 Abs. 2 FinStrG i.V.m. § 17 FinStrG wurde auf Verfall der o.a. Gegenstände sowie des Mercedes Sprinter mit der Fahrgestellnummer: ***1*** erkannt und die Kosten des Strafverfahrens mit € 363,00 festgesetzt.

Mit E-Mail vom ersuchte Mag. ***3*** von META legal Raffling Tenschert Lassl Griesbacher & Partner Rechtsanwälte GmbH um Auskunft, wann das Fahrzeug wieder retourniert werde.

Am schickte das Zollamt Österreich ein Schreiben mit folgendem Inhalt an die Rechtsvertretung des Bf.:

"Bezugnehmend auf das Telefonat vom wird Ihnen als Rechtsvertreter eine Durchschrift der seinerzeitigen Strafverfügung für Herrn ***Bf.*** zugestellt.

Diese Zustellung gilt als nicht fristauslösend, da die bereits vorher erfolgte Zustellung mit Hinterlegung als bewirkt gilt."

Mit E-Mail vom übermittelte Mag. ***4*** im Auftrag von Mag. ***3*** als Anhang ein Schreiben beinhaltend die Vollmachtbekanntgabe, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand und einen Einspruch gegen die Strafverfügung sowie das als Beilage ./1 bezeichnete, mit dem Eingangsstempel versehene Schreiben des Zollamts Österreich vom .

Am wurde ein unterschriebener Ausdruck dieses Schreiben samt Beilage per Post an das Zollamt Österreich geschickt.

Der Wiedereinsetzungsantrag wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Bf. keine Kenntnis von der Hinterlegungsanzeige erlangt habe und den Bf. kein Verschulden am Eintritt des hindernden Ereignisses treffe, weil bei der Amtshandlung kein Dolmetscher beigezogen worden sei und der Bf. nicht hinreichend gut deutsch spreche.

Im Einspruch wurde ausgeführt, dass wenn man davon ausgehe, dass erst durch die Zustellung an die Rechtsvertreterin die Rechtsmittelfrist zu laufen begonnen habe, der Einspruch rechtzeitig sei und anstatt des Wiedereinsetzungsantrags in eventu zu behandeln sei.

Mit Bescheid vom , zugestellt am , wies das Zollamt Österreich als Finanzstrafbehörde den Wiedereinsetzungsantrag gemäß § 167 Abs. 2 FinStrG zurück und begründete dies damit, dass die Eingabe am nicht fristgerecht eingebracht worden sei, da die Strafverfügung am ordnungsgemäß zugestellt worden sei und Kenntnis vom Aufhören des Hindernisses gemäß § 167 Abs. 2 FinStrG seit bestehe.

Gegen diesen Zurückweisungsbescheid erhob die Rechtsvertreterin namens des Bf. am fristgerecht Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und führte darin im Wesentlichen Folgendes aus:

Die Strafverfügung vom sei dem Bf. nie ordnungsgemäß zugestellt worden.

Im Zustellgesetz werde normiert, dass, wenn das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden könne und der Zusteller Grund zur Annahme habe, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 ZustG regelmäßig an der Abgabestelle aufhalte, das Dokument bei der zuständigen Geschäftsstelle des Zustelldiensts zu hinterlegen sei. Es habe nicht angenommen werden können, dass sich der Bf. bei der Adresse in Belgien regelmäßig aufhalte.

Es handle sich um einen ukrainischen Staatsbürger, der sogar angegeben habe, dass er zwei Wohnsitze in der Ukraine und einen in Rumänien habe. Es sei daher nicht nachvollziehbar, weshalb die Strafverfügung an eine Adresse in Belgien zugestellt worden sei; insbesondere, da sich der Beschwerdeführer an dieser Adresse weder aufhalte noch wohne. Es sei somit keine ordnungsgemäße Zustellung erfolgt. Auch an die Rechtsvertretung des Bf. sei keine ordnungsgemäße Zustellung erfolgt.

Würden bei der Zustellung Mängel unterlaufen, so gelte die Zustellung nach § 7 ZustG als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen sei. Ein Dokument gelte nur dann als "tatsächlich zugekommen", wenn das Dokument in die Verfügungsgewalt ("Besitz", Gewahrsame) des Empfängers (§ 2 Z 1 ZustG) gelange (OGH 3 Ob 168/93; ; Ritz, BA05, § 7 ZustellG Tz. 7), ihn also tatsächlich erreiche (Stoll, BAO I 1048). Die an den Empfänger adressierte Ausfertigung müsse ihm im Original zukommen (). Weder der Beschwerdeführer noch die Rechtsvertretung hätten das Original der Strafverfügung erhalten. Vielmehr habe die Rechtsvertretung nur eine "Durchschrift der seinerzeitigen Strafverfügung" erhalten.

Die Heilung trete zu jenem Zeitpunkt ein, zu dem dem (richtigen) Vertreter das Dokument tatsächlich, mithin im Original zukomme. Weder die bloße Kenntnisnahme (etwa im Wege einer Akteneinsicht [,0112]), die private Anfertigung einer Fotokopie, noch das Zukommen einer Abschrift oder das Zukommen via Telefax (; ) würden das geforderte Zukommen bewirken (; ). Die Behörde habe das tatsächliche Zukommen von Amts wegen zu prüfen (; Raschauer/Riesz in Frauenberger-Pfeiler/Raschauer/Sander/Wessely, Österreichisches Zustellrecht2, § 9 Rz 8a).

Es sei nie eine Heilung des Zustellmangels erfolgt. Die Behörde habe das tatsächliche Zukommen nicht von Amts wegen geprüft. Mangels (ordnungsgemäßer) Zustellung der Strafverfügung habe nie eine Frist zu laufen begonnen.

Der Bf. stelle den Antrag, das Bundesfinanzgericht möge den angefochtenen Zurückweisungsbescheid zur Gänze aufheben oder zur Ermittlung der korrekten Zustellung an die Behörde zurückverweisen.

Als Beilage übermittelte die Rechtsvertretung die ihr am zugestellte Ausfertigung der Strafverfügung inkl. dem Begleitschreiben vom .

Am legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte - im Wesentlichen unter Verweis auf , wonach die Übermittlung einer Kopie des Originals des ursprünglichen Bescheides durch die Behörde eine wirksame Zustellung bewirken könne - deren Abweisung.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Festgestellter Sachverhalt:

Am wurde der Bf. in Anwesenheit der Dolmetscherin ***5*** einvernommen. Dabei gab er u.a. an Wohnsitze in der Ukraine und in Rumänien zu haben und machte als Zustellungsbevollmächtigten ***6***, ***Adr6***, Belgien namhaft.

Die mit datierte Strafverfügung wurde an den vom Bf. am namhaft gemachten Zustellungsbevollmächtigten adressiert. Nach erfolglosem Zustellversuch wurde am eine Verständigung über die Hinterlegung an der Abgabestelle hinterlassen. Der Zustellbevollmächtigte war an dieser Adresse wohnhaft und nicht dauernd ortsabwesend. Da das spätestens ab zur Abholung beim Zustelldienst bereit gehaltene Schreiben nicht behoben wurde, wurde es am wieder an das Zollamt Österreich retourniert.

Aufgrund eines Schreibens des Zollamt Österreich vom war der Rechtsvertretung des Bf. spätestens ab bekannt, dass bereits eine Strafverfügung erlassen und durch Hinterlegung zugestellt wurde. Mit diesem Schreiben wurde der Rechtsvertretung von der Finanzstrafbehörde eine Ausfertigung der Strafverfügung übermittelt.

Nach Rechtsbelehrung und Mitteilung über die Beschlagnahme sowohl der Waren als auch des für den Transport verwendeten Fahrzeugs sowie über die zu erwartende Strafe und Kosten gab der Bf. am einen Einspruchsverzicht ab. Ein Widerruf dieser Verzichtserklärung ist nicht erfolgt.

Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aufgrund folgender Überlegungen:

Im Wiedereinsetzungsantrag wurde vorgebracht, dass - was im Übrigen unstrittig ist - der Bf. weder an der Adresse in Belgien aufhältig gewesen sei noch dort mit Wohnsitz registriert sei.

Im Zuge der Einvernahme am gab der Bf. an, zwei Wohnsitze in der Ukraine zu haben, wobei er an der ersten Adresse (***BfAdr2***) mit seiner Frau und seiner Tochter wohne, dort aber nicht gemeldet sei und er an der Wohnadresse seiner Eltern (***AdrBf1***) zwar gemeldet sei, dort aber nicht wohne. Seit lebe er in Rumänien, seit einem Monat wohne er in einer Wohnung in *** (Rumänien), vorher habe er Hotelzimmer gemietet. Eine rumänische Adresse wurde vom Bf. nicht bekannt gegeben.

Im Protokoll vom ist weiters festgehalten: "Von der Partei wird folgende(r) Zustellungsbevollmächtigte(r) namhaft gemacht: ***6***, ***Adr6***".

Im Kopf der Strafverfügung scheint der Bf. mit seiner Meldeadresse und darunter "Zustellung an: / ***6*** / ***Adr6*** Belgien" auf.

Die Zustellung erfolgte somit an den vom Bf. namhaft gemachten Zustellbevollmächtigten. Dass der Bf. selbst an der Adresse des Zustellbevollmächtigten aufhältig gewesen sei, wurde von der Behörde weder unterstellt, noch wäre das erforderlich, da die Zustellung eben nicht an den Bf., sondern an den von ihm genannten Zustellbevollmächtigten erfolgte.

Dass der Zustellbevollmächtigte an der Zustelladresse nicht wohnhaft gewesen sei, wurde von der Rechtsvertretung des Bf. nicht einmal behauptet. Ebenso wenig wurde behauptet, dass eine Verständigung von der Hinterlegung nicht erfolgt sei, und würde dies auch der Aktenlage widersprechen. Laut Sendungsverfolgung der Post (Sendungsnummer: ***7***) wurde am ein erfolgloser Zustellversuch unternommen und der Empfänger über die Hinterlegung benachrichtigt und wurde die Sendung am retourniert. Auf dem retournierten Kuvert findet sich ein Aufkleber "NON RECLAME", d.h. nicht behoben. Das lässt darauf schließen, dass der Zustellbevollmächtigte an der angegebenen Adresse wohnhaft war und auch keine dauernde Ortsabwesenheit seinerseits vorlag.

Hinterlegte Scheiben werden in der Regel nicht am Tag der Verständigung, sondern erst am der Verständigung folgenden Werktag erstmals zur Abholung bereitgehalten, sodass davon auszugehen ist, dass die Strafverfügung ab zur Abholung bereitgehalten wurde. Die Strafverfügung wurde somit am Beginn der Abholfrist () ordnungsgemäß zugestellt.

Der Vorwurf im Wiederaufnahmeantrag, dass vom Bf. nicht habe angenommen werden können, dass eine Zustellung an eine Adresse in Belgien erfolge und er nicht gewusst habe, welche Folgen die Bekanntgabe dieser Adresse habe, unter anderem, weil er nicht über die weitere Vorgehensweise bzw. seine Rechte informiert worden sei, ist nicht berechtigt.

Dem Bf. wurde eine Rechtsbelehrung auf Ukrainisch ausgefolgt. Diese wurde von ihm auf jeder Seite unterfertigt. Aus dem Protokoll geht hervor, dass dem Bf. mitgeteilt wurde, dass eine Bestrafung wegen Finanzvergehen mittels Strafverfügung zu erwarten sei und wurden eine Geldstrafe in Höhe von € 3.650 und ein Kostenersatz in Höhe von € 350 in Aussicht gestellt. Zu deren Deckung erlegte der Bf. einen Bargeldbetrag von € 4.000. Der Bf. wurde also sowohl über seine Rechte als auch die weitere Vorgehensweise belehrt. Da vom Bf. explizit ***6*** als Zustellungsbevollmächtigter namhaft gemacht wurde, ist die Zustellung an diesen nicht nur anzunehmen, sondern zwingend.

Im Wiederaufnahmeantrag wurde behauptet, dass den Bf. kein Verschulden am Eintritt des hindernden Ereignisses treffe, weil der Amtshandlung kein Dolmetscher beigezogen worden sei, obwohl der Einspruchswerber nicht ausreichend der deutschen Sprache mächtig sei, um die Folgen der Bekanntgabe einer Adresse (für die Zustellung) zu verstehen.

Hierbei handelt es sich um eine bloße Schutzbehauptung. Dem Protokoll vom ist eindeutig zu entnehmen, dass die Einvernahme unter Zuhilfenahme einer Dolmetscherin erfolgte ("Aussage des Beschuldigten Herr ***Bf.*** in Anwesenheit der Dolmetscherin ***5***"). Das wird auch durch die Gebührennote dieser Dolmetscherin vom selben Tag mit der - auf der Tatbeschreibung ebenfalls aufscheinenden - GZ ***8*** bestätigt.

Im Wiederaufnahmeantrag wurde weiters vorgebracht, dass der Rechtsvertretung des Bf. bzw. diesem selbst erst im Zusammenhang mit der Übermittlung der Strafverfügung bekannt geworden sei, dass eine Hinterlegung des Einspruchs [gemeint wohl: der Strafverfügung] erfolgt sei. Aus dem Schreiben des Zollamts vom , mit welchem - bezugnehmend auf ein Telefonat vom - der Rechtsvertreterin eine Durchschrift der Strafverfügung zugestellt und darauf hingewiesen wurde, dass diese Zustellung aufgrund der bereits vorher erfolgten Zustellung mit Hinterlegung nicht als fristauslösend gelte, ergibt sich, dass die Verteidigerin - wenn nicht schon mit dem Telefonat am - spätestens mit Erhalt dieses Schreibens am (s. Eingangsstempel) Kenntnis von der bereits erfolgten Zustellung hatte.

Im Einspruch wurde ausgeführt, dass wenn im Verfahren der Zustellung Mängel unterlaufen, die Zustellung in dem Zeitpunkt dennoch als bewirkt gelte, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen sei (§ 7 ZustellG). Dies sei mit der Zustellung an die Rechtsvertretung des Bf. am erfolgt. In der Beschwerde wurde hingegen moniert, dass die Strafverfügung dem Bf. nie ordnungsgemäß zugestellt worden sei, weil weder der Beschwerdeführer noch die Rechtsvertretung das Original der Strafverfügung erhalten hätten, sondern die Rechtsvertretung nur eine "Durchschrift der seinerzeitigen Strafverfügung" erhalten habe.

Die Unterschrift auf der dem Verteidiger zugestellten Ausfertigung stammt zwar augenscheinlich vom selben Organwalter, ist aber nicht mit jener auf der dem ursprünglich bekannt gegebenen Zustellbevollmächtigten übermittelten Strafverfügung ident. Es handelt sich somit um eine Ausfertigung, also eine Abschrift einer öffentlichen Urkunde, welche von dem Beamten, von dem die Urschrift stammt, ausgestellt wurde (vgl. OGH 9 ObA 321/00x; ).

Im Einspruch wurde auch vorgebracht, dass der Bf. nicht Eigentümer des Fahrzeuges Mercedes Sprinter mit der Fahrgestellnummer ***1*** sei und daher der Verfall nur ausgesprochen werden dürfe, wenn kein Missverhältnis iS des § 17 Abs 6 FinStrG vorliege, ein Mercedes Sprinter über € 50.000 koste und es sich gleichsam um einen Neuwagen handle, weshalb von einem Missverhältnis auszugehen sei.

Tatsächlich handelt es sich bei dem Mercedes Benz Sprinter 318 CDI, FIN: ***1***, um alles andere als einen Neuwagen. Die durch nichts untermauerte Behauptung der Rechtsvertreterin wird durch den Zulassungsschein eindeutig widerlegt. Aus diesem ergibt sich das Produktionsjahr 2008 und ein Datum der erstmaligen Zulassung in der Ukraine am tt.mm. 2012. Das steht auch damit in Einklang, dass das Modell 318 CDI nur in den Jahren 2006 bis 2009 gebaut wurde (s. https://de.wikipedia.org/wiki/Mercedes-Benz_Sprinter).

Das Alter des für verfallen erklärten Fahrzeugs ist zwar nicht unmittelbar für die Beschwerde gegen die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags relevant, die Ausführungen der Rechtsvertretung hinsichtlich des Fahrzeugs sind aber ein weiteres Beispiel dafür, dass das Vorbringen nicht unbedingt den Tatsachen entspricht.

Rechtslage:

§ 167 Abs. 1 und 2 FinStrG lauten:

(1) Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten eines anhängigen oder abgeschlossenen Finanzstrafverfahrens die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn der Antragsteller durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet und glaubhaft macht, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen. Dass dem Beschuldigten oder dem Nebenbeteiligten ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(2) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen Monatsfrist nach Aufhören des Hindernisses bei der Finanzstrafbehörde oder beim Bundesfinanzgericht gestellt werden, je nachdem, ob die Frist bei der Finanzstrafbehörde oder beim Bundesfinanzgericht wahrzunehmen war oder dort die Verhandlung stattfinden sollte. Diese sind auch jeweils zur Entscheidung über den Antrag berufen. Das Bundesfinanzgericht entscheidet mit Beschluss. War die Frist beim Spruchsenat wahrzunehmen oder sollte die Verhandlung vor dem Spruchsenat stattfinden, entscheidet der Vorsitzende des Spruchsenates über den Wiedereinsetzungsantrag.

Gemäß § 56 Abs. 2 FinStrG gelten u.a. für Anbringen, soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, die Bestimmungen des 3. Abschnittes sowie § 114 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung (BAO) sinngemäß. Für Zustellungen gelten gemäß § 56 Abs. 3 FinStrG das Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, und sinngemäß die Bestimmungen des 3. Abschnittes der Bundesabgabenordnung.

§ 9 Abs. 1-3 ZustG normieren:

(1) Soweit in den Verfahrensvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).

(2) Einer natürlichen Person, die keinen Hauptwohnsitz im Inland hat, kann eine Zustellungsvollmacht nicht wirksam erteilt werden. Gleiches gilt für eine juristische Person oder eingetragene Personengesellschaft, wenn diese keinen zur Empfangnahme von Dokumenten befugten Vertreter mit Hauptwohnsitz im Inland hat. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt nicht für Staatsangehörige von EWR-Vertragsstaaten, falls Zustellungen durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des Zustellungsbevollmächtigten oder auf andere Weise sichergestellt sind.

(3) Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

§ 17 ZustG lautet:

(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.

Gemäß § 7 ZustG gilt, wenn im Verfahren der Zustellung Mängel unterlaufen, die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

Auf die Erhebung eines Einspruches kann gemäß § 145 Abs. 3 FinStrG schriftlich oder zur Niederschrift verzichtet werden. Vor Erlassung der Strafverfügung kann ein Verzicht rechtswirksam nur abgegeben werden, wenn aus der Verzichtserklärung hervorgeht, dass dem Verzichtenden im Zeitpunkt ihrer Abgabe der Inhalt der zu erwartenden Strafverfügung bekannt war. Wurde der Verzicht nicht von einem berufsmäßigen Parteienvertreter oder im Beisein eines solchen abgegeben, so kann er binnen drei Tagen schriftlich oder zur Niederschrift widerrufen werden.

Rechtliche Beurteilung:

Der Beschwerde war aus mehreren Gründe keine Folge zu geben.

Da es sich bei § 167 FinStrG um eine verfahrensrechtliche Begünstigungsvorschrift handelt, ist zunächst primär der Beschuldigte aufgrund des Antragserfordernisses selbst in der Pflicht: Der Beschuldigte hat den behaupteten Wiedereinsetzungsgrund im Wiedereinsetzungsantrag glaubhaft zu machen. Dabei hat die Partei selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die eine solche Wiedereinsetzung gestützt werden kann (vgl. ). Als glaubhaft gemacht ist ein vermuteter Sachverhalt nur dann anzusehen, wenn die Umstände des Einzelfalls dafür sprechen, dass der vermutete Sachverhalt von allen anderen denkbaren Möglichkeiten die größte Wahrscheinlichkeit für sich allein hat () (vgl. Rzeszut in Tannert/Kotschnigg, FinStrG § 167 Rz 4 [Stand , rdb.at]).

Während im Wiedereinsetzungsantrag und im Einspruch noch von einer wirksamen Zustellung (in Belgien bzw. an die Rechtsvertreterin) ausgegangen wurde, wurde in der Beschwerde bestritten, dass die Strafverfügung jemals zugestellt wurde.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat nach § 167 Abs. 1 FinStrG u.a. zur Voraussetzung, dass eine Frist rechtswirksam begonnen hat und ungenützt verstrichen, also versäumt worden ist. Der Fristenlauf beginnt mit der rechtmäßigen Zustellung der Strafverfügung (vgl. ). Hängt der Fristenlauf von der Zustellung eines behördlichen Schriftstücks an die Partei ab, so beginnt die Frist dann nicht zu laufen - und kann deshalb auch nicht versäumt werden -, wenn die Zustellung wegen Mängeln unwirksam ist (). Deshalb bildet ein vom Bf. vorgebrachter Zustellmangel einer Strafverfügung keinen Wiedereinsetzungsgrund, weil bei mangelhafter Zustellung die Frist nicht zu laufen beginnt (vgl. ; ).

Wenn ein Zustellungsbevollmächtigter im Sinne des § 9 ZustG namhaft gemacht wird, hat dies zur Folge, dass rechtswirksam nur an den Bevollmächtigten, nicht mehr auch an die Partei selbst zugestellt werden kann (; ).

Der Bf. hat im Beisein einer Dolmetscherin einen Zustellbevollmächtigten iSd § 9 ZustG namhaft gemacht, sodass die Behörde an diesen zuzustellen hatte, was sie auch getan hat.

Wenn der Bf. jemanden als Zustellbevollmächtigten nennt, hat er - z.B. dadurch, dass er den Zustellbevollmächtigten vom zu erwartenden Zustellvorgang informiert - dafür Sorge zu tragen, dass dieser ihm zugestellte Schriftstücke entgegennimmt oder entsprechend der erfolgten Verständigung bei der Geschäftsstelle des zuständigen Zustelldiensts abholt. Tut er das nicht, liegt weder ein unvorhergesehenes noch ein unabwendbares Ereignis vor.

Die Strafverfügung vom wurde dem Zustellbevollmächtigten am im Wege der Hinterlegung nach § 17 ZustG zugestellt. Dass der vom Bf. gegenüber der Behörde benannte Zustellbevollmächtigte das Schriftstück trotz ordnungsgemäßer Verständigung von der Hinterlegung nicht abgeholt hat, hindert die ordnungsgemäße Zustellung nicht.

Würde man - entgegen der o.a. Feststellungen - der im Einspruch vertretenen Rechtsansicht folgen, dass zunächst ein Zustellmangel vorgelegen habe und dieser mit der Zustellung an die Rechtsvertretung geheilt wäre, läge der Wiedereinsetzungsgrund der Unkenntnis von der Zustellung nicht vor, da in diesem Fall die Zustellung gemäß § 7 ZustG ohnehin erst mit dem Einlangen der Ausfertigung der Strafverfügung bei der Rechtsvertretung am erfolgt wäre.

Auch wenn man der in der Beschwerde vertretenen Rechtsansicht folgen würde, dass bislang überhaupt keine wirksame Zustellung erfolgt sei, würde kein Wiedereinsetzungsgrund vorliegen, da in diesem Fall keine Frist rechtswirksam begonnen hätte.

Aus dem festgestellten Sachverhalt resultiert - wie bereits ausgeführt - jedoch, dass die Zustellung der Strafverfügung mit erfolgte und das Hindernis der Unkenntnis von der Zustellung am entfallen ist. Es kann somit dahingestellt bleiben, ob durch das Einlangen der Ausfertigung beim Verteidiger am , ein etwaiger Zustellmangel heilen könnte. Wurde nämlich bereits wirksam zugestellt, so ist die neuerliche Zustellung einer Ausfertigung derselben Erledigung ohne rechtliche Wirkung (vgl. Köck/Judmaier/Kalcher/Schmitt, Finanzstrafgesetz Band 25 (2021) § 167 FinStrG Rz 7).

Gemäß § 56 Abs. 2 FinStrG gelten für Anbringen grundsätzlich die Bestimmungen Bundesabgabenordnung sinngemäß. Daher können Anbringen zur Geltendmachung von Rechten im Anwendungsbereich des Finanzstrafgesetzes ebenso wenig mittels E-Mail eingebracht werden wie in Abgabenverfahren. Einer E-Mail kommt die Eigenschaft eines Anbringens oder einer Eingabe nicht zu (, mwN).

Der Antrag auf Wiedereinsetzung wurde somit nicht mit E-Mail vom , sondern erst mit der Postaufgabe am - und daher nicht innerhalb der bis Freitag, laufenden Frist - wirksam eingebracht. Die Zurückweisung erfolgte daher zu Recht.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Bf. am über seine Rechte belehrt und unter Zuhilfenahme einer Dolmetscherin einvernommen wurde, und er im Zuge dessen einen Einspruchsverzicht abgegeben und nicht binnen drei Tagen widerrufen hat, sodass selbst wenn der Antrag auf Wiedereinsetzung innerhalb der Monatsfrist nach § 167 Abs. 2 FinStrG eingebracht worden wäre und die Unkenntnis von der Zustellung als ein auf einem minderen Grad des Versehens beruhendes, unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis zu sehen gewesen wäre, ein Einspruch unzulässig wäre.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Den hier zu behandelnden Streitpunkten kommt nicht der Charakter einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu, weil sich die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen, o.a. VwGH-Rechtsprechung beantwortet wurden und solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst sind, beschränkten und es im Wesentlichen um die Lösung von Sachverhaltsfragen ging, die keine über den Beschwerdefall hinausreichende Bedeutsamkeit aufweisen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise






ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5300013.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at