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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.12.2024, RV/2100774/2024

Aufteilung des Familienbonus Plus für ein Kind aus geschiedener Ehe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die am eingebrachte Beschwerde gegen den zur Steuernummer ***BF1StNr1*** ergangenen Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die mit der Beschwerdevorentscheidung vom übereinstimmenden Bemessungsgrundlagen und Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Strittig ist im anhängigen Verfahren die Berücksichtigung des Familienbonus Plus (nachfolgend Fabo+) für die im Februar 2007 geborene Tochter der Beschwerdeführerin (Bf) aus geschiedener Ehe bei der Arbeitnehmerveranlagung (ANV) 2022.

Die Bf begehrt den ganzjährigen Abzug des vollen Fabo+ für die Tochter, weil der Ex-Gatte und Kindesvater (KV) seine Unterhaltsverpflichtungen im Jahr 2022 nicht zur Gänze erfüllt habe.
Das Finanzamt Österreich (FA) sieht aufgrund der durchgeführten Überprüfungen im ANV-Verfahren 2022 des Kindesvaters bei der Bf den Anspruch auf einen vollen FaBo+-Abzug nur für zwei Monate als gegeben an. Für die restlichen 10 Monate stehe der Bf nur je ein halber Fabo+ zu.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

I. Die - steuerlich vertretene - Bf ist vom Vater ihrer 2007 geborenen Tochter seit 2019 geschieden und seit Juli 2021 in zweiter Ehe verheiratet.
Im Jahr 2022 bezog sie ganzjährig Familienbeihilfe (FB) für das Kind.
In den ANV-Erklärungen 2022 beantragten sowohl die Bf als auch der Ex-Gatte die Berücksichtigung eines Fabo+, wobei die Bf ganzjährig den vollen Fabo+ und der Kindesvater ganzjährig den halben Fabo+ begehrte.

Aus den im ANV-Beschwerdeverfahren 2022 des Ex-Gatten vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass der Kindesvater für die gemeinsame Tochter bis Februar 2022 einen mit Beschluss des Bezirksgerichtes (BG) X vom , Gz 99PU99/99 festgesetzten Geldunterhalt von monatlich 380,- € zu leisten hatte, der - auf der Grundlage einer entsprechenden Unterhaltsvereinbarung zwischen dem Kindesvater und der Bezirkshauptmannschaft (BH) XY als Jugendwohlfahrtsträger - mit Beschluss des BG XY vom ab auf mtl. 430,- € erhöht wurde.
Tatsächlich leistete der Kindesvater im Jahr 2022 Unterhaltszahlungen von 4.210,- € an den Jugendwohlfahrtsträger und kam damit seinen Unterhaltsverpflichtungen 2022 rechnerisch für 10 Monate zur Gänze nach (Quellen: Unterhaltsvereinbarung v. , Gz 888.888-21 zw. KV und BH XY als Kindesvertreterin nach § 208 (2) ABGB; Beschluss des BG XY v. nach § 19 (2) UVG, Gz 999PU888; Bestätigung BH XY v. zu Gz 888.888-21 über Unterhaltsleistungen 2022).

Im Verfahren ergab sich keine Veranlassung für Zweifel an der Beweiskraft der angeführten Urkunden. Auch gibt es keine Hinweise darauf, dass die Unterhaltsvereinbarung vom nicht zeitgerecht umgesetzt wurde.
Im ANV-Verfahren 2022 des Kindesvaters wurde als Ergebnis des durchgeführten Rechtsmittelverfahrens ein Unterhaltsabsetzbetrag (UAB) von 292,- € und ein Fabo+ von 833,40 € berücksichtigt (Beschwerdevorentscheidung/BVE 4.Sept 2023).

II. Nach § 33 Abs 3a Z 1 EStG 1988 beträgt der Familienbonus Plus für Kinder bis zum vollendeten 18.Lebensjahr monatlich 166,68 €.

§ 33 Abs 3a Z 3 EStG 1988 idF 2022 lautet, soweit verfahrensrelevant:
"Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:
a) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat kein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:
- Beim Familienbeihilfenberechtigten oder dessen (Ehe-)Partner der nach Z 1 (…) zustehende Betrag oder
- beim Familienbeihilfenberechtigten und dessen (Ehe-)Partner jeweils die Hälfte des nach Z 1 (…) zustehenden Betrages.

b) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:
Beim Familienbeihilfenberechtigten oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 (…) zustehende Betrag oder
- beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 (…) zustehenden Betrages.
Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, steht dem Unterhaltsverpflichteten kein Familienbonus Plus zu.
c) Die Aufteilung des Familienbonus Plus gemäß lit. a und b ist bei gleichbleibenden Verhältnissen für das gesamte Kalenderjahr einheitlich zu beantragen. Wird von den Anspruchsberechtigten die Berücksichtigung in einer Höhe beantragt, die insgesamt über das nach Z 1 (…) zustehende Ausmaß hinausgeht, ist jeweils die Hälfte des monatlich zustehenden Betrages zu berücksichtigen.
d) Der Antrag kann zurückgezogen werden. Ein Zurückziehen ist bis fünf Jahre nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides möglich und gilt nach Eintritt der Rechtskraft als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a der Bundesabgabenordnung sowohl für den Zurückziehenden als auch für den anderen Antragsberechtigten gemäß lit. a oder b. Wird der Antrag zurückgezogen, kann der gemäß lit. a oder b andere Antragsberechtigte den ganzen nach Z 1 (…) zustehenden Betrag beantragen.
"

§ 33 Abs 4 Z 3 EStG 1988 normierte den Unterhaltsabsetzbetrag bis wie folgt:
"Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, steht ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu, wenn
- das Kind nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und
- für das Kind weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe)Partner Familienbeihilfe gewährt wird."

Mit Wirkung ab wurde § 33 (4) Z 3 EStG neu gegliedert und um folgende Bestimmungen ergänzt:
"d) Wird die Unterhaltsverpflichtung im Kalenderjahr nicht zur Gänze erfüllt, steht der Unterhaltsabsetzbetrag nur für jene Monate zu, für die rechnerisch die volle Unterhaltsleistung erfüllt wurde, wobei vorrangig die zeitlich am weitesten zurückliegende Unterhaltsverpflichtung getilgt wird.
e) Nachzahlungen von gesetzlichen Unterhaltsleistungen sind ausschließlich im Kalenderjahr der Zahlung zu berücksichtigen
." (BGBl I Nr 108/2022 bzw. Nr 135/2022)

Für Zeiträume vor In-Kraft-Treten des BGBl I Nr 108/2022 ist nach der VwGH-Judikatur bei der Zuordnung von Unterhaltszahlungen primär entscheidend, für welchen Zeitraum Zahlungen nach der Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger bzw. bei deren Fehlen, nach der Widmung des Unterhaltsschuldners geleistet wurden (; ).

III. Aus der dargestellten Rechtslage resultiert ein Anspruch der Bf auf den vollen Fabo+ für die Tochter nur in Monaten, für welche dem unterhaltspflichtigen Kindesvater kein UAB zustand.

Wie festgestellt, wurden bei Letzterem - auf Basis eines durchgeführten abgabenbehördlichen Ermittlungsverfahrens - im Einkommensteuerbescheid 2022 der UAB und der halbe Fabo+ für 10 Monate berücksichtigt.
Im anhängigen Verfahren wurden keine dieser Beurteilung widersprechenden Sachverhaltsfeststellungen getroffen.
Zufolge § 33 Abs 3a Z 3 lit c EStG 1988 stand der Bf im Jahr 2022 für 10 Monate somit nur der halbe Fabo+ zu. Einen Anspruch auf den vollen Fabo+ hatte sie nur für zwei Monate des Verfahrenszeitraumes.
Der mit BVE vom berücksichtigte Fabo+ entspricht diesem Ergebnis (10x 83,34 €, 2x 166,68 €). Der angefochtene ANV-Bescheid vom war daher entsprechend abzuändern (s. Erkenntnisbeilage).

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im anhängigen Verfahren lagen die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision nicht vor. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung waren nicht strittig (vgl. ). Soweit nicht Sachverhaltsfragen maßgeblich waren, folgt die Entscheidung dem klaren Wortlaut der verwendeten gesetzlichen Bestimmungen sowie der angeführten VwGH-Judikatur.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.2100774.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
AAAAF-43201