Aufhebung eines Bescheides über die Abweisung geltend gemachter NoVA-Vergütungen nach § 6 Abs 9 NoVAG 1991
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Rudolf Maschinegg, Goethe-Straße 32, 8430 Leibnitz, über die Beschwerde vom gegen den zur Steuernummer ***BF1StNr1*** ergangenen Bescheid des ***FA*** vom betreffend Antrag auf Vergütung der Normverbrauchsabgabe 10.2023 zu Recht erkannt:
I. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
Im anhängigen Verfahren herrscht Uneinigkeit zwischen dem ***FA*** (FA) und der Beschwerde führenden XY GmbH & Co KG (Bf) über die Rechtmäßigkeit der Verweigerung einer Normverbrauchsabgabe (NoVA)-Vergütung für zwei im bekämpften Bescheid vom konkretisierte Kraftfahrzeuge (Kfz).
Die Bf geht davon aus, dass die Voraussetzungen des § 6 Abs. 9 NoVAG 1991 vorliegen, weil bei der - der erstmaligen Zulassung unmittelbar folgenden - Lieferung der betreffenden Fahrzeuge an sie, die von der Verkäuferin bereits abgeführte NoVA in die Entgeltsberechnung einbezogen worden und bei ihrem Weiterverkauf der Fahrzeuge an Endverbraucher ebenfalls im Nettoverkaufspreis enthalten gewesen sei.
Das FA vertritt den Standpunkt, dass die Bf keinen Anspruch auf NoVA-Vergütung habe, weil diese eine zu hoch erhobene Umsatzsteuer nicht zu tragen habe, da sie "nicht der Endverbraucher (= Zulassungsbesitzer)" sei.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
I. Der gegenständlichen BFG-Entscheidung liegen als Ergebnis des finanzgerichtlichen Ermittlungsverfahrens die nachfolgenden Sachverhaltsfeststellungen zugrunde:
Die - steuerlich vertretene - Bf betreibt seit 1992 in der Rechtsform einer GmbH & Co KG einen Kfz-Handels- und Reparaturbetrieb (FN 999999x).
Als Vertreterin gem. § 81 BAO fungiert die Komplementär-GmbH, Zustellvertreter gegenüber der Abgabenbehörde ist Herr XY, einer der Geschäftsführer der XY GmbH (FN 99999y).
Am langte auf dem Abgabenkonto der Bf mittels elektronischem Formular NoVA 1 ein(e) kombinierte(r) NoVA-Anmeldung/-Vergütungsantrag für Okt. 2023 ein. Angemeldet wurden steuerpflichtige Lieferungen (§ 1 Z 1 Normverbrauchsabgabegesetz 1991, nachfolgend NoVAG) von 556.381,86 € mit einer NoVA-Schuld von 95.101,83 €.
Die NoVA-Vergütung betraf drei Kfz, wobei für ein Fahrzeug eine Vergütung nach § 12 a NoVAG von 136,29 € (7% "Fahrzeughändler Export EU Differenzbesteuerung") und für zwei Fahrzeuge eine Vergütung nach § 6 Abs 9 NoVAG von insgesamt 911,94 € ("16,67% wegen Folgerechtsgeschäft") begehrt wurde.
Die Verbuchung der NoVA 1-Erklärung 10/2023 auf dem Abgabenkonto der Bf erfolgte am unter Abzug des nach § 12 a NoVAG begehrten Vergütungsbetrages mit einer Zahllast von 94.965,54 €. Die nach § 6 Abs. 9 NoVAG begehrten Vergütungen blieben dabei unberücksichtigt. Die Bf entrichtete die aus der Festsetzung resultierende Zahllast am .
Parallel zur Verbuchung der NoVA 1-Erklärung erging am ein händischer Bescheid an die Bf (Formular Verf 36, Postversand lt. FA-Datenbank GDV) mit folgendem verfahrensrelevanten Inhalt:
"Firma XY GmbH & Co KG
Ortsangabe HNr
9999 Ortsangabe
Bescheid
Dem Antrag von XY Ges.m.b.H. & Co KG vom , eingebracht am betreffend Anmeldung bzw. Antrag auf Vergütung der Normverbrauchsabgabe für den Zeitraum 10/2023 wird teilweise stattgegeben.
Begründung
Als Fahrzeughändler bzw. als Verkäufer der Fahrzeuge stellen Sie keinen Erwerber i.S.d. § 6 Abs. 9 NoVAG i.V.m. Rz 939 & 940 KfzBStR 2021 dar, daher steht Ihnen die beantragte Vergütung für die unten angeführten Fahrzeuge i.H.v. € 911,94 nicht zu.
Betrifft die Fahrzeuge:
ZFANr-1
ZFANr-2
Weder dem Spruch noch der Begründung des Bescheides vom sind eine Bemessungsgrundlage, ein angemeldeter/ vergüteter NoVA-Betrag oder eine für Okt 2023 zu entrichtende Zahllast zu entnehmen. Ebenso fehlen Hinweise auf die Fälligkeit oder auf eine (Berechnungs)Beilage (FA-Vorlageunterlagen, BFG Akt OZ 2).
II. Der NoVA unterliegt, soweit hier von Interesse, "die Lieferung von bisher im Inland nicht zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen, die ein Unternehmer (§ 2 UStG 1994) im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, ausgenommen die Lieferung an einen anderen Unternehmer zur gewerblichen Weiterveräußerung" und
"die Änderung der begünstigten Nutzung von nach § 3 Abs. 1 Z 2 (…) befreiten Kraftfahrzeugen" (vgl. § 1 Z 1 und Z 4 NoVAG).
"Als erstmalige Zulassung gilt auch die Zulassung eines Fahrzeuges, das bereits im Inland zugelassen war, aber nicht der Normverbrauchsabgabe unterlag oder befreit war,"… (§ 1 Z 3 NoVAG 1991).
Zufolge § 3 Abs 1 Z 2 NoVAG 1991 idF BGBl I Nr 108/2022 sind seit von der NoVA befreit "Vorführkraftfahrzeuge von Fahrzeughändlern sowie Kraftfahrzeuge, die auf den Fahrzeughändler zugelassen und nicht auf öffentlichen Straßen verwendet werden (sogenannte "Tageszulassung"), wenn die Zulassung nicht länger als drei Monate dauert. Wird dieser Zeitraum überschritten, entsteht die Steuerpflicht gemäß § 1 Z 3 mit dem Tag der Überschreitung." (…)
§ 6 Abs. 9 NoVAG 1991 idF 2023 lautet: "Wird für ein Fahrzeug nach der Lieferung durch den Fahrzeughändler oder der erstmaligen Zulassung beim unmittelbar folgenden umsatzsteuerpflichtigen Rechtsgeschäft über das Kraftfahrzeug die Normverbrauchsabgabe für die Berechnung des Entgelts einbezogen, dann ist dem Erwerber des Fahrzeuges ein Betrag von 16,67% der Normverbrauchsabgabe zu vergüten."
Die Steuerschuld für Lieferungen nach § 1 Z 1 NoVAG entsteht mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die Lieferung ausgeführt wurde (vgl. § 7 Abs 1 Z 1 NoVAG 1991).
Analog zur Umsatzsteuer haben Unternehmer in den Fällen des § 7 Abs. 1 Z 1 NoVAG spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat des Entstehens der Steuerschuld zweitfolgenden Monats eine Anmeldung einzureichen, in der sie den für den Anmeldungszeitraum zu entrichtenden Betrag selbst zu berechnen haben.
Die Anmeldung gilt als Abgabenerklärung. Der Abgabenschuldner hat die Abgabe spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Ein gemäß § 201 BAO festgesetzter Abgabenbetrag hat den in den Abs. 2 oder 3 genannten Fälligkeitstag (§ 11 Abs 2 u. Abs 4 NoVAG 1991).
Für die bescheidmäßige Festsetzung von Selbstbemessungsabgaben normiert § 201 BAO idF BGBl. I Nr. 70/2013, soweit verfahrensrelevant:
"(1) Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
Zufolge § 201 Abs 2 Z 1 BAO kann innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eine Festsetzung von Amts wegen erfolgen.
Getrennt von der NoVA-Anmeldung sieht das NoVAG in den §§ 12 und 12a für bestimmte Fälle ein eigenes NoVA-Vergütungsverfahren auf Antrag vor.
§ 12a NoVAG 1991 normiert die Voraussetzungen für eine (anteilige) NoVA-Vergütung im Zusammenhang mit Fahrzeugexporten. Unternehmer im Sinne des § 2 UStG 1994 können einen solchen Antrag binnen fünf Jahren ab der Verwirklichung des Vergütungstatbestandes bei dem für die Erhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt stellen. Betroffen sind etwa Fahrzeuge, die durch einen befugten Fahrzeughändler nachweislich ins Ausland verbracht oder geliefert werden (vgl. § 12a Abs 1 und Abs 2 NoVAG).
Nach § 93 Abs 2 BAO ist jeder schriftliche Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen. Er hat einen Spruch zu enthalten und die Person (Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht. Wird dem zu Grunde liegenden Anbringen nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder ergeht ein Bescheid von Amts wegen, hat er eine Begründung und jedenfalls eine Rechtsmittelbelehrung zu enthalten (§ 93 Abs 2 und Abs 3 BAO).
In verschiedenen Normen der BAO finden sich zusätzliche Bestimmungen für einzelne Bescheidtypen. § 198 BAO regelt die Festsetzung von Abgaben und lautet:
"(1) Soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes vorgeschrieben ist, hat die Abgabenbehörde die Abgaben durch Abgabenbescheide festzusetzen.
(2) Abgabenbescheide haben im Spruch die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten. Führen Abgabenbescheide zu keiner Nachforderung, so ist eine Angabe über die Fälligkeit der festgesetzten Abgabenschuldigkeiten entbehrlich. Ist die Fälligkeit einer Abgabenschuldigkeit bereits vor deren Festsetzung eingetreten, so erübrigt sich, wenn auf diesen Umstand hingewiesen wird, eine nähere Angabe über den Zeitpunkt der Fälligkeit der festgesetzten Abgabenschuldigkeit."
III. Zusammengefasst handelt es sich bei der NoVA um eine Selbstberechnungsabgabe, die in den Anwendungsbereich des § 201 BAO fällt. Eine Festsetzung hat mittels Abgabenbescheid zu erfolgen.
Im Sinne der einschlägigen VwGH-Judikatur zu § 201 BAO hat eine Festsetzung der als Monatsabgabe konzipierten Normverbrauchsabgabe den gesamten Abgabenbetrag des betreffenden Bemessungszeitraumes (Kalendermonat) zu umfassen und nicht bloß eine Nachforderung zu enthalten, um welche sich die Selbstberechnung allenfalls als zu niedrig erweist. Mangels gegenteiliger Anordnung besteht für Abgabepflichtige Anspruch auf einen Abgabenbescheid jedenfalls dann, wenn über die Richtigkeit einer Selbstbemessung Meinungsverschiedenheiten bestehen (vgl. ; mit Verweis auf Ritz BAO Kommentar, § 201 Rz 42 u Rz 10, ua. mit Verweis auf § 11 NoVAG sowie ; ; ).
Das in den § 12 bzw § 12a NoVAG normierte Antragsverfahren für NoVA-Vergütungen nennt Vergütungen nach § 6 Abs 9 des Gesetzes nicht.
§ 6 Abs 9 NoVAG sieht seinerseits keinen speziellen Antrag auf Vergütung vor (Arg. "ist…zu vergüten"). Tatsächlich orientiert sich § 6 Abs 9 NoVAG bezüglich der Vorgangsweise deutlich erkennbar an der Geltendmachung eines Vorsteuerabzuges im Rahmen von Umsatzsteuervoranmeldungen.
Aus Sicht des BFG sind vor diesem Hintergrund Abweichungen von der NoVA-Erklärung im Rahmen einer NoVA-Festsetzung nach § 11 Abs 2 NoVAG 1991 zu berücksichtigen, d.h. durch Festsetzung mit Abgabenbescheid nach § 201 BAO (vgl. das ohne Revision in Rechtskraft erwachsene Erkenntnis des ).
Mit dem im anhängigen Verfahren angefochtenen Bescheid wurde "dem Antrag" der Bf zur NoVA-Vergütung 10/2023 "teilweise stattgegeben".
Nach dem Wortlaut des Spruches erfolgte weder eine Festsetzung eines NoVA-Betrages nach § 7 Abs.1 Z 1 NoVAG, noch eines (Teiles des beantragten) Vergütungsbetrages oder einer aus dem Saldo dieser Teilbeträge resultierenden NoVA-Zahllast.
Allein der Begründung ist zu erschließen, dass eine NoVA-Vergütung nach § 6 Abs 9 NoVAG für zwei konkrete Kfz nicht gewährt werden sollte.
Da der angefochtene Bescheid vom keine Abgabenfestsetzung enthält, liegt kein Abgabenbescheid vor. Tatsächlich beschränkt sich der Bescheid - nach dem Vorbild einer Erledigung zu § 12/§ 12a NoVAG - auf die Abweisung der von der Bf für 10/2023 beantragten NoVA-Vergütungen nach § 6 Abs 9 NoVAG.
Das BFG hat in einem Rechtssatz zum Erkenntnis RV/6100292/2024 die Rechtsfolgen einer Negierung der zuvor dargestellten Rechtslage betreffend NoVA-Vergütungen nach § 6 Abs 9 NoVAG wie folgt zusammengefasst:
"Vergütungen iSd § 6 Abs. 7 bzw. 9 (ab ) NoVAG 1991 sind durch den Unternehmer in die NoVA-Selbstberechnung und Anmeldung mit aufzunehmen. Korrekturen sind vom Finanzamt im Wege des § 201 BAO umzusetzen. Wird über solche Vergütungen vom Fínanzamt in von der NoVA-Festsetzung losgelösten, getrennten Bescheiden abgesprochen, sind diese ersatzlos aufzuheben."
Das BFG schließt sich im anhängigen Verfahren dem in diesem Rechtssatz vertretenen Standpunkt an. Der angefochtene Bescheid des FA vom war daher aus dem Rechtbestand zu entfernen.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Einbringung einer Revision wird zugelassen, da zur formellen Erledigung von Abweisungen geltend gemachter NoVA-Vergütungen nach § 6 Abs 9 NoVAG 1991 idF BGBl I Nr 18/2021 keine VwGH-Rechtsprechung existiert.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 11 Abs. 2 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991 § 1 Z 1 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991 § 1 Z 3 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991 § 1 Z 4 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991 § 3 Abs. 1 Z 2 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991 § 6 Abs. 9 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991 § 7 Abs. 1 Z 1 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991 § 198 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 12a NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991 § 201 Abs. 2 Z 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 93 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.2100134.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at