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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.11.2024, RV/6100183/2024

Haftung/Lohnsteuer Koch

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Deloitte-MPD-QUINTAX Steuerberatungs GmbH, Ignaz-Rieder-Kai 13A, 5020 Salzburg, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Haftungsbescheid/Lohnsteuer 2012-2014, DB und DZ 2013-2014, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise stattgegeben: Die Haftung Lohnsteuer 2012 wird neu mit € 580,02 festgesetzt. Die Beschwerde gegen die übrigen Bescheide wird als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheiden vom wurde die bP für die Kalenderjahre 2012-2014 gemäß § 82 EStG 1988 als Arbeitgeber für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn zu entrichtenden Lohnsteuer in Höhe von € 28.286,32 in Anspruch genommen (2012: € 658,94 davon Anteil HP: € 78,74; 2013: € 18.038,85; 2014: € 9.588, 53). Mit selben Datum wurde der Dienstgeberbeitrag für die Kalenderjahre 2013 und 2014 neu bemessen (2013: DBneu: € 41.011,22 - Nachforderung: € 4.156,43; 2014: DBneu: € 53.019,27 - Nachforderung: € 2.307,97). Ebenso wurde mit selbigem Datum der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für 2013 und 2014 (DZ) neu bemessen (2013: DZneu: € 3.716,91 - Nachforderung: € 387,28; 2014: DZneu: € 4.819,68 - Nachforderung: € 215,41). Die Bescheide wurden direkt an die bP zu Handen des GF, GF_des_Bf., zugestellt.

In den Begründungen wird auf den Bericht vom verwiesen. In diesem Bericht wurde ausgeführt, dass die Bemessungsgrundlagen wegen des Kochs HP neu zu berechnen waren und zwar für - , - (aliquote Sonderzahlung: 1.12. - ), - (aliquote Sonderzahlung: - ). Schon in der Niederschrift über die Schlussbesprechung gemäß § 149 Abs 1 BAO vom wurde ausgeführt, dass festgestellt worden wäre, dass im von der Prüfung umfassten Zeitraum Personen, als "selbständige" Mitarbeiter tätig gewesen seien; aufgrund der Eingliederung als Koch in den Betrieb (zeitlich und örtlich) müsse von einem Dienstverhältnis iSd § 4 Abs 2 ASVG ausgegangen werden. Der Bericht vom wiederum verweist durchgängig auf die Niederschrift des Kochs HP. Dieser wurde am von der GKK einvernommen.

Im Zuge des Ermittlungsverfahrens wurde überdies in einem Aktenvermerk am der Verlauf einer Befragung mit dem Geschäftsführer der Bf festgehalten.

In der Folge wurde mit form- und fristgerecht Beschwerde erhoben und folgende Bescheide angefochten: Haftung/Lohnsteuer 2012 - 2014, DB 2013 - 2014 und DZ 2013 - 2014. Es wurde durch den Vertreter einleitend ausgeführt: "[…] wir berufen uns gern. § 88 Abs 9 WTBG auf die erteilte Vollmacht und erheben im Namen und Auftrag unserer Mandantin innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde".

Die bP brachte im Wesentlichen vor:

"Im Zuge einer durchgeführten Außenprüfung gem. §§ 147 ff BAO wurde durch den befugten Prüfer festgestellt, dass im maßgeblichen Zeitraum durch unsere Mandantin Mitarbeiter als "selbstständige Mitarbeiter" beschäftigt wurden, welche jedoch nach Ansicht der Finanzbehörden als Dienstnehmer unserer Mandantin einzustufen gewesen wären. In weitere Folge kam es zur bescheidmäßigen Festsetzung und Korrektur der Lohnabgaben der Jahre 2012 bis 2014.

Unter anderem kam es auch zur Nachverrechnung der Lohnabgaben für HP. Entgegen der Behauptung der Behörde war Herr HP nie als Dienstnehmer der ***Bf1*** beschäftigt, auch nicht im Zuge einer Arbeitskräfteüberlassung. Herr HP bezeichnet sich laut seines Internetauftritts selbst als Leasing- und Privatkoch und tritt im Geschäftsverkehr als selbstständiger Unternehmer auf, was er unter anderem auch durch die Angabe einer gültigen UID-Nummer auf seiner Website nach außen hin kommuniziert. Sämtliche Aufträge wurden durch Herrn HP selbstständig mit den jeweiligen Auftraggebern abgewickelt, unsere Mandantin fungierte in ihrer Position aus Praktikabilitätsgründen nur als Verrechnungsstelle.

Diese Position wird auch dadurch untermauert, dass unsere Mandantin nicht im Wissen darüber war, dass Herr HP selbst als Arbeitskraft tätig wurde. Vielmehr ging sie davon aus, dass Herr HP seinerseits Mitarbeiter beschäftigte, welche er zu den jeweiligen Auftraggebern geschickt hat. Nachdem Herr P immer als selbstständiger Unternehmer aufgetreten und als G gehandelt hat, kann er zu keiner Zeit als Dienstnehmer unserer Mandantin angesehen werden. Die Lohnabgaben in Bezug auf Herrn HP wurden daher zu Unrecht vorgeschrieben." In diesem Schreiben wurde auch die mündliche Verhandlung beantragt.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen und ebenso der bP zu Handen des GF_des_Bf. zugestellt:

"Die Beschwerdeführerin ist ein gastronomischer Personaldienstleistungsbetrieb. HP war im Rahmen eines mündlichen Vertrages von 2012 bis 2014 für den Beschwerdeführer als Koch tätig, wobei von einem Werkvertrag ausgegangen wurde. Aufgrund der Niederschrift vom mit Herrn HP erfolgte eine Umqualifizierung auf eine nichtselbständige Tätigkeit.

Gemäß § 47 Abs 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

Die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den StG 1988 die Kriterien, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen. In Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf weitere Abgrenzungskriterien (wie etwa auf das Vorliegen eines Unternehmerrisikos oder der Befugnis, sich vertreten zu lassen) Bedacht zu nehmen (; , 2008/15/0180).

Kennzeichnend für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses ist, dass der Verpflichtung des Arbeitnehmers, dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft (laufend) zur Verfügung zu stellen, die Verpflichtung des Arbeitgebers gegenübersteht, dem Arbeitnehmer einen vom Erfolg unabhängigen Lohn zu bezahlen (; , 2009/15/0200).

Die für das Dienstverhältnis charakteristische Weisungsunterworfenheit ist durch weitgehende Unterordnung gekennzeichnet und führt zu einer weitreichenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Dienstnehmers. Ein persönliches Weisungsrecht beschränkt die Entschlussfreiheit über die ausdrücklich übernommenen Vertragspflichten hinaus (vgl. Doralt, EStG6, § 47 Tz 37). Die persönlichen Weisungen sind auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet und dafür charakteristisch, dass der Arbeitnehmer nicht die Ausführung einzelner Arbeiten verspricht, sondern seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt (). Hievon muss die sachliche und technische Weisungsbefugnis unterschieden werden, die etwa im Rahmen eines Werkvertrages ausgeübt wird und sichlediglich auf den Erfolg einer bestimmten Leistung bezieht (Hofstätter/Reichel, EStG 1988, § 47 Tz 4.3).

Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers zeigt sich u.a. in der Vorgabe der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Arbeitsmittel durch den Auftraggeber sowie die unmittelbare Einbindung der Tätigkeit in betriebliche Abläufe des Arbeitgebers ().

Das für eine selbständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko besteht darin, dass der Leistungserbringer die Möglichkeit hat, im Rahmen seiner Tätigkeit sowohl die Einnahmen als auch die Ausgabenseite maßgeblich zu beeinflussen und solcherart den finanziellen Erfolg seiner Tätigkeit weitgehend zu gestalten (). Kann sich der Auftragnehmer bei seiner Arbeitsleistung vertreten lassen und kann er über die Vertretung selbst bestimmen, so spricht dies gegen ein Schulden der Arbeitskraft und damit gegen ein Dienstverhältnis (Hofstätter/Reichel, EStG 1988, § 47 Tz 4.3.). Bei der steuerlichen Beurteilung einer Tätigkeit kommt es auch nicht darauf an, in welches äußere Erscheinungsbild die Vertragspartner ihr Rechtsverhältnis gekleidet haben oder welche Beurteilung auf anderen Rechtsgebieten zutreffend sein sollte (/2009/15/0191).

Die Beschwerdeführerin bestreitet, dass es sich beim Beschäftigungsverhältnis des Herrn HP als Koch um ein Dienstverhältnis handelt. Sie begründet dies damit, dass Herr P sich laut seines Internetauftritts selbst als Leasing- und Privatkoch bezeichnet und im Geschäftsverkehr als selbständiger Unternehmer (mit UID-Nummernangabe auf der Website) nach außen hin kommuniziert. Sämtliche Aufträge wurden durch Herrn P selbständig mit den jeweiligen Auftraggebern abgewickelt und die Beschwerdeführerin selbst fungierte aus Praktikabilitätsgründen nur aus Verrechnungsstelle. Ebenso ging die Beschwerdeführerin davon aus, dass Herr P selbst Mitarbeiter beschäftigte, welche er zu den jeweiligen Auftraggebern geschickt hätte.

Im Zuge der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben wurde mit Herrn P eine Niederschrift betreffend seine Tätigkeit aufgenommen. Herr P sagte dabei aus, dass es keinen schriftlichen Vertrag zwischen ihm und der Beschwerdeführerin gibt, sondern die Vertragspunkte mündlich vereinbart wurden. Herr P war ab Juli 2012 für die Beschwerdeführerin tätig und erhielt einen "Stundenlohn" von € 23,00 bis € 26,00. Aufgrund der hohen Stundenleistung bei der Wirtshaus, einem Kunden der Beschwerdeführerin, war er für keine weiteren Unternehmen tätig. Sein Arbeitstag bestand lediglich aus "Kochen". Die Lebensmittel sowie Speisekarte oder ein Menüplan waren bereits vorhanden bzw. vorgegeben. Nach Absprache wurden kleine Abänderungen vorgenommen. Herr P hat die Tätigkeit an 5 Tagen die Woche ausgeübt, wobei die Wirtshaus an 2 Tagen pro Woche geschlossen war. Herr P war in den Dienstplänen angeführt. Seine Tätigkeit verrichtete Herr P mit den Waren sowie der Küche der Wirtshaus und von ihm mitgebrachten Arbeitsmitteln wie Messer, Pfannen, Töpfen. Seine Arbeitszeiten waren an die Öffnungszeiten der Wirtshaus gebunden. Menüpläne, Wareneinkauf und dergleichen wurden mit Absprache von Herrn Inhaber_Wirtshaus (Wirtshaus) gemacht. Urlaub konsumierte Herr P, wenn die Wirtshaus ihn nicht benötigte. Eine Vertretungsmöglichkeit wurde nicht vereinbart. Die Arbeitsstunden bei der Wirtshaus wurden über die Beschwerdeführerin abgerechnet. Bei Unklarheiten hinsichtlich des Honorars hat sich Herr P an die Beschwerdeführerin (Herrn GF_des_Bf.) gewandt.

Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, Herr GF_des_Bf., gab gegenüber dem Prüfer an, dass kein Unterschied (ausgenommen Stundenlohn) hinsichtlich der jeweiligen Tätigkeit zwischen Dienstnehmern und selbständig Tätigen besteht. Die von der Beschwerdeführerin überlassenen Mitarbeiter werden von der Beschwerdeführerin bezahlt.

Bei der Überlassung (Gestellung) von Arbeitskräften an Dritte ist derjenige als Arbeitgeber anzusehen, der die Arbeitnehmer dem Dritten überlassen hat und sie entlohnt (Überlasser), und nicht jener (Beschäftiger), der diese Arbeitskräfte in seinem Betrieb zur Arbeitsleistung einsetzt (). Im Falle eines Personalgestellungsunternehmens ist in der Regel von einem Dienstverhältnis zu demjenigen auszugehen, der die Dienste verschafft (). Bei der Überlassung von Arbeitskräften im Sinne des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (AÜG, BGBl. Nr. 196/1988) treffen daher die steuerlichen Verpflichtungen als Arbeitgeber den Überlasser, also denjenigen, der die Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung an Dritte vertraglich verpflichtet.

Aus den oben dargelegten Punkten ist eindeutig erkennbar, dass Herr P gegenüber seinem Arbeitgeber weisungsgebunden ist und auch in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers eingebunden ist (es besteht auch kein Unternehmerrisiko und es wurde keine Vertretungsmöglichkeit gelebt). Es liegt daher ein Dienstverhältnis gemäß § 47 Abs 2 EStG zwischen Herrn HP und der Beschwerdeführerin vor. Dies wird noch dadurch bestätigt, dass im Zuge der Prüfung auch andere Mitarbeiter von selbständige auf unselbständige Mitarbeiter umqualifiziert wurden und dagegen von der Beschwerdeführerin keine Einwände erhoben wurden.

Da ein Dienstverhältnis gemäß § 47 Abs. 2 EStG vorliegt, haftet der Arbeitgeber gemäß § 82 EStG dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer.

Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG 1967 haben alle Dienstgeber, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen, den Dienstgeberbeitrag zu leisten. Dienstnehmer sind nach § 41 Abs 2 FLAG u.a. Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs 2 des EStG stehen. Die Pflicht zur Entrichtung eines Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag gründet sich auf § 122 Abs 7 und 8 Wirtschaftskammergesetz 1988.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen."

Das Finanzamt stützt sich in seiner Entscheidung vor allem auf mehrere Rechnungen.

Im Vorlageantrag vom wurde ausgeführt:

"In streitgegenständlicher Beschwerdevorentscheidung legt das Finanzamt Salzburg-Land als zuständige Behörde ihre Rechtsansicht zum Vorliegen eines Dienstverhältnisses zwischen Herrn HP und unserer Mandantin dar. Wie sie selbst in der der Beschwerdevorentscheidung zu Grunde liegenden Begründung ausführt, lässt der vorliegende Sachverhalt keine klare Abgrenzung zwischen einer selbstständigen und nichtselbstständigen Tätigkeit zu. Die Behörde stützt ihre Ansicht, es liege eine nichtselbstständige Tätigkeit vor, vor allem auf die herrschende Rechtsprechung, wobei eine Subsumption unter den tatsächlichen Sachverhalt mehr oder minder außer Acht gelassen wird.

Im Vorfeld wäre durch die Behörde zu beurteilen gewesen, ob und wenn ja in welcher Art und Weise überhaupt eine Arbeitskräfteüberlassung vorläge. Wie schon in der Beschwerde vom vorgebracht, war Herr P nie in einem Dienstverhältnis, auch nicht im Zuge einer Arbeitskräfteüberlassung, beschäftigt. Gem. § 3 Abs. 1 AÜG versteht man unter Überlassung von Arbeitskräften die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften zur Arbeitsleistung an Dritte. Als Überlasser ist derjenige zu qualifizieren, der Arbeitskräfte an Dritte zur Arbeitsleistung vertraglich verpflichtet. Arbeitskräfte im Sinne der vorliegenden Bestimmung sind Arbeitnehmer und arbeitnehmerähnliche Personen.

Zentrale im Vorfeld zu klärende Frage wäre demnach nicht gewesen, ob Herr P in seiner Tätigkeit als Koch als Dienstnehmer oder als selbstständiger Unternehmer zu qualifizieren ist, sondern jene Frage nach dem Vorliegen eines Vertragsverhältnisses zwischen Herrn P und unserer Mandantin im Sinne des AÜG. Diesbezüglich darf auch auf das Erkenntnis des VwGH 209/09/0235 verwiesen werden, wonach eine Arbeitskräfteüberlassung nur nach vorangegangener Vereinbarung und ausdrücklicher Zustimmung der zu überlassenden Arbeitskraft zulässig ist. Als Arbeitskraft eines Überlassers kann demnach eine Person nur dann eingestuft werden, wenn zwischen Überlasser und dieser Person eine Vertragsbeziehung im Sinne des § 3 Abs. 2 und 4 AÜG eingegangen wurde. Genau eine solche Vertragsbeziehung lag zwischen Herrn P und unserer Mandantin gerade nicht vor.

Ein weiters Mal dürfen wir als Beweis hierfür den Internetauftritt des Herrn P anführen, demzufolge er sich als selbstständiger Privat- und Leasingkoch bezeichnet. Im Geschäftsverkehr tritt Herr P als selbstständiger Unternehmer auf. Diese Tatsache wurde auch durch die Finanzbehörden anerkannt, die Vergabe einer UID-Nummer, welche immer noch aktuell ist und auf seiner Homepage einsehbar ist, hätte ihm ansonsten verweigert werden müssen. Herr P wickelte sämtliche Aufträge selbst ab, das mündliche "Vertragsverhältnis" umfasste lediglich aus Praktikabilitätsgründen die Zwischenschaltung unserer Mandantin als Verrechnungsstelle.

Herr P wurde daher zu jeder Zeit als selbstständiger Unternehmer tätig, ein Vertragsverhältnis im Sinne des AÜG hat zwischen Herrn P und unserer Mandantin nie bestanden, weshalb auch nie ein Dienstverhältnis zu unserer Mandantin begründet werden konnte. Die vorgeschriebenen Lohnabgaben wurden somit zu Unrecht festgesetzt. Aus genannten Gründen beantragen wir daher die Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide."

In einem nächsten Ermittlungsschritt wurde vom Finanzamt mit - noch bevor die Beschwerde an das BFG vorgelegt und damit gerichtsanhängig gemacht wurde, folgendes Ergänzungsersuchen bzw. folgender Bedenkenvorhalt an die bP übermittelt und zwar mit folgenden Fragen (Frist für die Beantwortung: ):

"Bekanntgabe des genauen Vertragsinhalts des (mündlichen) Vertrages mit Herrn P H

-Vorlage sämtlicher Abrechnungen zwischen Ihnen und Herrn P H

-Bekanntgabe des genauen Vertragsinhalts des (mündlichen)Vertrages mit dem Hotel

-Vorlage Ihrer Angebote an das Hotel Restaurant Wirtshaus - Vorlage sämtlicher Abrechnungen zwischen Ihnen und dem Hotel Restaurant Wirtshaus."

Dieses Schreiben blieb unbeantwortet.

Im Vorlagebericht des Finanzamtes an das Verwaltungsgericht vom wurde ausgeführt: "Die Beschwerdeführerin ist als Personalleasingfirma im Bereich der Gastronomie tätig. Im Zuge der GPLA wurde festgestellt, dass Personen als selbständig tätige Mitarbeiter (Koch, Küchenhilfe, Kellner) an verschiedene Beschäftiger überlassen wurden. Diese wurden als nichtselbständige Dienstnehmer gemäß § 47 Abs. 2 EStG qualifiziert. Die Beschwerdeführerin bekämpft nur die Umqualifizierung des Dienstnehmers HP. Die Umqualifizierung der anderen Dienstnehmer werden nicht bekämpft." Die belangte Behörde verwies auf die Beweismittel, die dem BFG digital übermittelt wurden.

Mit Vorlagebericht vom beantragte die Amtspartei die Abweisung der Beschwerde. In den "Grunddaten" zur bP informierte das Finanzamt das BFG, dass die bP steuerlich durch die "Vertreterin-Stb" vertreten sei, die aber über keine Zustellvollmacht verfüge.

Im parallelen Verfahren vor dem BVwG wurde die persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit und eine Dienstnehmereigenschaft (iSd § 4 Abs. 1 und 2 ASVG) bejaht; BVwG vom , L511 2164428-1/28E

Eine Revision wurde nicht zugelassen. Die dagegen erhobene ao. Revision wurde vom VwGH zurückgewiesen. Das Höchstgericht begründete dies damit, dass in der Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen worden wären, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme;

In Folge dieses VwGH-Beschlusses ergänzte die bP ihr Vorbringen mit Schreiben vom und betonte: "Bestritten wird in vorliegender Sache die Dienstgebereigenschaft der ***Bf1*** und das Vorliegen einer Arbeitskräfteüberlassung. Von einer Dienstgebereigenschaft der ***Bf1*** ist deshalb nicht auszugehen, da diese nur eine Vermittlungsleistung erbracht hat. Herr P ist in der Öffentlichkeit immer als selbstständiger Koch aufgetreten, ist im Besitz einer UID Nummer und fakturiert seine Leistungen im eigenen Namen. Dies wurde auch von keiner involvierten Person bestritten.

Die Feststellung, Herr P hätte sich nie vertreten lassen, ist nicht nachvollziehbar, wurden doch in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG Beweise vorgelegt, wonach Herr P in manchen Monaten (so auch im Juni 2013) rund 240 Arbeitsstunden und mehr verrechnete. Dies legt die Vermutung nahe, dass nicht nur eine Vertretung für Herrn P tätig wurde, sondern darüber hinaus dieser auch selbst Dienstnehmer beschäftigte. Leider fanden diese Beweise keinerlei Würdigung und das Gericht erachtete es auch nicht für notwendig, in dieser Sache Herrn P oder Herrn Inhaber_Wirtshaus als Zeugen zu befragen. Alleine ein Blick in die Arbeitszeitaufzeichnungen, zu dessen Führung Herr Inhaber_Wirtshaus als angeblicher Beschäftiger verpflichtet gewesen wäre, hätten dahingehend viel klarstellen können.

Generell blieben mangels Zeugenbefragung oben genannter Personen einige Punkte offen. Unter anderem warum Herr P in seiner Zeugenaussage vor der Gebietskrankenkasse wahrheitswidrig behauptete, die Honorare aus der selbstständigen Kochtätigkeit wären in die Beitragsgrundlage der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft eingeflossen.

Weiters, warum sich Herr Inhaber_Wirtshaus und Herr P dahingehend widersprechen, wer in Lohnfragen der Ansprechpartner des Herrn P gewesen ist oder warum sämtliche Lieferscheine des Herrn P, welche die ***Bf1*** betrafen die Bf. jene die Herrn Inhaber_Wirtshaus betrafen auf "Wirtshaus" ausgestellt wurden.

Darüber hinaus sei angemerkt, dass Herr P nie im Besitz einer Gewerbeberechtigung als Koch war, obwohl dies von ihm behauptet wurde. Herr Inhaber_Wirtshaus behauptet in seiner Stellungnahme er hätte Herrn P angeboten, diesen als echten Dienstnehmer zu beschäftigen. Ob das der Wahrheit entspricht und warum Herr P ein solches Angebot hätte ausschlagen sollen, konnte leider ebenfalls nicht eruiert werden. Interessant wäre diese Tatsache vor allem auch in Hinblick darauf, dass Herr P im August 2014 sodann tatsächlich als echter Dienstnehmer angemeldet wurde. Auch darf hier die Vermutung geäußert werden, dass zu diesem Zeitpunkt nicht nur Herr P, sondern auch weitere Personen, die zuvor tatsächlich Arbeitskräfte des Herrn P waren, von Herrn Inhaber_Wirtshaus in ein Dienstverhältnis übernommen wurden.

Weiters wird von Herr Inhaber_Wirtshaus behauptet, zu keiner Zeit Kenntnis von etwaigen Vereinbarungen zwischen Herrn P und der ***Bf1*** gehabt zu haben. Gleichzeitig war es jedoch laut Stellungnahme vom der Steuerberater von Herrn Inhaber_Wirtshaus selbst, der Herrn Inhaber_Wirtshaus empfohlen hat, Herrn P über die ***Bf1*** zu beschäftigen und zwar nachdem Herr P bereits mehrere Monate von Herrn Inhaber_Wirtshaus als Selbstständiger beschäftigt wurde.

Sowohl die Aussagen von Herrn P, als auch jene von Herrn Inhaber_Wirtshaus sind durchwegs unglaubwürdig und lebensfern. In einigen Punkten konnte selbigen sogar die Unwahrheit nachgewiesen werden. Das Nichterscheinen zur mündlichen Verhandlung vor dem BVwG - im Falle von Herrn P sogar als unentschuldigt - trägt nicht weiter zu deren Glaubwürdigkeit bei. Im Gegensatz zur ***Bf1*** hatte keiner der Beteiligten das Bedürfnis bei der Aufklärung des Sachverhaltes mitzuwirken. Auch die Gebietskrankenkasse war sich dieser Umstände bewusst, dennoch wurden bis heute keinerlei Ermittlungen gegen Herrn Inhaber_Wirtshaus eingeleitet.

Wie bereits in den übermittelten Schriftsätzen im Verwaltungsgerichtlichen Verfahren und der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG dargelegt, ist die ***Bf1*** lediglich als Vermittler eines nach außen hin selbstständig auftretenden Unternehmers tätig geworden. Bei der Vermittlung des Herrn P handelte es sich um einen Freundschaftsdienst an Herrn Inhaber_Wirtshaus. Dieser und Herr P sind mit der Bitte an die ***Bf1*** herangetreten, Herrn P über die ***Bf1*** zu verrechnen. Die Gründe hierfür sind naheliegend: Herr Inhaber_Wirtshaus wollte Herrn P nicht im Dienstverhältnis beschäftigen. Die ***Bf1*** hat sich hiermit einverstanden erklärt, wobei mit der Verrechnung lediglich die Weiterleitung der Zahlungen des Herrn Inhaber_Wirtshaus an Herrn P gemeint war.

Zum damaligen Zeitpunkt war das Verhältnis zu Herrn Inhaber_Wirtshaus gut, weshalb man nicht davon ausging, dass dieser hierdurch die ***Bf1*** in betrügerischer Absicht schädigen wollte. Unterstrichen wird dies vor allem dadurch, dass die ***Bf1*** diese Leistung unentgeltlich erbrachte und auch sonst keinen wirtschaftlichen Vorteil daraus lukrierte.

Bei dem auf den Ausgangsrechnungen an Herrn Inhaber_Wirtshaus angeführten Einleitungssatz "...gemäß unserer Vereinbarung erlauben wir uns, für den Einsatz unseres Mitarbeiters..." handelt es sich um eine allgemeine Floskel, die auf sämtlichen Rechnungen der ***Bf1*** zu finden ist. Tatsächlich kann man Rechtsunkundigen auch nicht die Auswirkung einer fehlerhaften Diktion des Wortes "Mitarbeiter" anlasten. Es kann daher auch nicht darauf geschlossen werden, die ***Bf1*** sei in Bezug auf Herrn P selbst von einem Dienstnehmer ausgegangen.

Gern. § 2 Abs. 2 AÜG gilt, dass für jede Überlassung von Arbeitskräften keine Arbeitskraft ohne ihre ausdrückliche Zustimmung überlassen werden darf. Die ***Bf1*** ist seit mehreren Jahren im Personalleasinggeschäft tätig und sich ihrer Verpflichtungen bewusst. Mit sämtlichen Arbeitnehmern bestehen und bestanden auch in der Vergangenheit immer korrekte, schriftliche Vereinbarungen hinsichtlich der Überlassungen. Lediglich mit Herrn P besteht ein G Vertrag nicht, und zwar deshalb, weil dieser im Einverständnis mit allen Beteiligten nie überlassen hätte werden sollen.

Keine Arbeitskraft darf ohne ihre ausdrückliche Zustimmung überlassen werden. Arbeitskraft eines Überlassers kann eine Person nur dann sein, wenn zwischen Überlasser und dieser Person eine entsprechende zweiseitige Vertragsbeziehung eingegangen wurde (VwGH 2009/09/0235).

Der Entscheidung VwGH 2009/11/0250 vom folgend ist für die Beurteilung ob Arbeitskräfteüberlassung vorliegt der wahre wirtschaftliche Gehalt maßgeblich. Darüber hinaus bedarf es jedenfalls einer faktischen Arbeitskraft, die einem Beschäftiger zur Verfügung gestellt wird und vom Überlasser vertraglich verpflichtet wurden, die ihm geschuldete Arbeitskraft dem Beschäftiger zu erbringen.

Im vorliegenden Fall mangelt es schon am Merkmal der vertraglich verpflichteten faktischen Arbeitskraft. Die ***Bf1*** hatte im gegenständlichen Zeitraum kein, auch kein mündliches Vertragsverhältnis zu Herrn P. Herr P war kein Dienstnehmer der ***Bf1***; eine Arbeitskräfteüberlassung lag nie vor."

Aufgrund des Antrags der bP fand am schließlich eine mündliche Verhandlung statt, in der der Berater vorwiegend auf das bereits schriftlich eingebrachte Vorbringen verwies. Zuletzt betonte er aber in einem neuen Vorbringen, dass zum Zustellungszeitpunkt jedenfalls eine Zustellvollmacht vorgelegen habe; auch die BVE sei trotz aufrechter Zustellvollmacht nicht an den Berater zugestellt worden: Das Finanzamt betonte, dass dieses Argument bislang nicht vorgebracht worden sei, aber jedenfalls auch in einem solchen Fall die Zustellung an einen Haftungspflichtigen vorgenommen hätte werden können. Überdies müsste wegen einer entrichteten ESt die Haftung reduziert werden. Der Gf betonte, dass er Herrn Inhaber_Wirtshaus einen Gefallen tun wollte, deswegen habe er ihm einen Gefallen getan (auch auf Ratschlag des Steuerberaters). Für den Arbeitsablauf sei Inhaber_Wirtshaus zuständig gewesen, für die Abrechnung ***Bf1***.

Überdies wandte der Bf ein, dass die Haftungssumme jedenfalls zu reduzieren sei; .

Wegen des ausdrücklichen Verweises auf eine erteilte Vollmacht bei Erhebung der Beschwerde vom "[…] vertrat das BFG mit Verständigung vom die Ansicht, dass die BVE zu Handen des Beraters hätte zugestellt werden müssen: "Soweit ist unzweifelhaft, dass die Bf- zumindest ab Erhebung der Beschwerde - steuerlich vertreten war. Die Bevollmächtigung eines berufsmäßigen Parteienvertreters erfolgte durch Verweis auf die berufsrechtlichen Vorschriften, wobei ein solcher Verweis nach stRsp des VwGH jedenfalls eine Zustellvollmacht miterfasst; Ritz/Koran, BAO7, § 9 ZustG Rn 17 ff. mwN."

In der Folge wurde durch das Finanzamt neuerlich eine BVE erlassen und diese zu Handen des steuerlichen Vertreters zugestellt. Das Finanzamt betonte, dass zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheids am jedenfalls in der Datenbank der Finanzbehörde keine Zustellvollmacht eingetragen gewesen wäre; sondern nur die Bevollmächtigung hinsichtlich Akteneinsicht nach § 90a BAO, Geldvollmacht sowie als allgemeiner steuerlicher Vertreter.

Am wurde der Prüfer (GKK), der zur Prüfung der Kommunal- und Lohnsteuer sowie der Sozialversicherungsbeiträge berechtigt war, vom BFG einvernommen. Er bestätigte, dass der Steuerberater als steuerlicher Vertreter für die bP eingeschritten sei; das sei auch der Grund gewesen, weshalb er bei der Schlussbesprechung am anwesend war bzw. dass er mit ihm kommuniziert habe (Herr G von Vertreterin-Stb). Zu Beginn der Prüfung 2014 sei eine andere Kanzlei bevollmächtigt gewesen; später dann Vertreterin-Stb: "Hier muss ich etwas ausholen, zu Beginn der Prüfung am gab es zunächst noch einen bevollmächtigen Steuerberater, vorherige-Vertreterin-Stb. Dieser Steuerberater war aber in ***1***, sodass ich mit diesen Stb keinen direkten Kontakt hatte, weil die Prüfung vor Ort stattfand am Sitz der Beschwerdeführerin in L. Im Laufe der Prüfung wurde das Vollmachtsverhältnis der beschwerdeführenden Partei zu vorherige-Vertreterin-Stb gelöst. In der Folge (den genauen Termin weiß ich nicht mehr) hat es eine Besprechung in den Räumlichkeiten der beschwerdeführenden Partei gegeben, an der auch Mag. G von der Vertreterin-Stb anwesend war. Bei dieser Besprechung haben erinnerlich entweder Herr oder Frau GF_des_Bf. Herr Mag. G als neuen Steuerberater vorgestellt. In dieser Sache hat man anschließend gemeinsam die weitere Vorgangsweise im Zusammenhang mit der Prüfung gesprochen (zB Sachverhaltsfragen). Da Herr Mag. G in dieser Angelegenheit neu war, hat er sich zunächst mit Wortmeldungen zurückgehalten, in der Folge war er aber auch mein Ansprechpartner. Das war auch der Grund weshalb Herr Mag. G bei der Schlussbesprechung anwesend war."

Die Niederschrift über die Einvernahme wurde den beteiligten Parteien zur Kenntnisnahme gebracht.

Das Finanzamt führte dazu mit Schreiben vom aus: "Eine Einsichtnahme in der Datenbank beim Finanzamt betreffend Zustellungsbevollmächtige ergab, dass mit eine Vertretungsvollmacht mit Zustellvollmacht von der Vertreterin gemeldet und eingetragen worden war. Jedoch mit wurde die Zustellvollmacht bei der Abgabenbehörde von der Vertreterin wieder zurückgenommen, sodass zum Zeitpunkt der gegenständlichen Zustellungen der Abgabenbescheide vom die im Prüfungsverfahren Lohnabgaben abgegebene Zustellvollmacht nicht mehr aufrecht war. Sohin bestand zum Zeitpunkt der Bescheidzustellungen (Haftungsbescheide ) keine Zustellvollmacht für den Vertreter", so das Finanzamt in seiner Stellungnahme.

Die Partei vertrat dazu die Ansicht, dass die Vollmachtsbekanntgabe in FinanzOnline im Haftungsverfahren irrelevant sei; RV 3100393/2017. So besteht "kein Raum für Annahme, dass eine Zustellbevollmächtigung, auf die sich der Bevollmächtigte im Wege von FinanzOnline gegenüber der Abgabenbehörde beruft, auch in einem Verfahren zur Einhebung von Abgaben (...), namentlich im Verfahren über die Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger, gelten sollte.". Ein Haftungsverfahren liegt im vorliegenden Fall vor. Das Bestehen einer Vollmacht schließe die Zustellvollmacht mit ein (VwGH 2007/16/0032), so die bP; Schreiben vom .

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die ***Bf1*** ist eine Personalagentur, laut Firmenbuch vertritt Herr GF_des_Bf. seit als Geschäftsführer selbstständig.

Die bP ist seit in der "Arbeitsvermittlung gemäß § 94 Z. 1 GewO 1994" ((GISA xxxx) sowie seit in "Überlassung von Arbeitskräften" (GISA #xxxx) tätig. Laut Darstellung im Internet bietet die bP folgende Leistungen an:

[...]

HP verfügte für den Zeitraum bis über die Berechtigung
"# Gastgewerbe gemäß § 94 Z. 26 GewO 1994 in der Betriebsart: Cateringbetrieb, mit den Berechtigungen gemäß § 111 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994".

Ab 2012 war HP als Koch auf der Wirtshaus in K beschäftigt. In Folge einer - bloß mündlichen Vereinbarung - zwischen der Bf, des Hotels Restaurants Wirtshaus und HP verrechnete er für seine Kochleistungen einen Stundensatz von € 22,00 oder 23,00. Die Rechnungen wurden an die bP adressiert und hatten jeweils folgenden Einleitungssatz: "Für den Auftrag vom […] stelle ich folgenden Betrag in Rechnung:… Ich danke für den Auftrag und stehe Ihnen jederzeit gerne wieder zur Verfügung,

Die bP verrechnete wiederum an die Wirtshaus weiter und zwar mit folgender Textierung: "Sehr geehrte Damen und Herren, gemäß unserer Vereinbarung erlauben wir uns, für den Einsatz unserer Mitarbeiter vom folgt zu verrechnen… "(Einsatz Küche). HP verwendet nicht nur die Gerätschaften vor Ort sondern tlw. auch eigene Geräte wie zB Pfannen, Töpfe oder Messer. Er war ausschließlich persönlich tätig, eine Vertretung gab es nicht. Strittig ist sohin im Verfahren, ob HP ein Dienstnehmer iSd § 47 Abs 2 EStG ist und ob die bP allenfalls Haftende ist.

Im Zuge der Prüfungstätigkeit durch ein Organ der Sozialversicherung trat auch der Stb Herr G als Vertreter auf; er war auch bei der Schlussbesprechung anwesend. Der Prüfer sagte dazu aus, dass er als Vertreter bevollmächtigt war; dies konnte (kann) auch Finanzonline entnommen werden; eine (bekanntgegebene) Zustellvollmacht war in Finanzonline nicht eingetragen. In Finanzonline ist für den einschlägigen Zeitraum

festzuhalten, dass HP für 2012 die ESt entrichtet hat; nicht aber für die anderen Kalenderjahre.

2. Beweiswürdigung

Die Beweiserhebung seitens des Bundesfinanzgerichtes erfolgte durch Einsichtnahme in die vom Zollamt elektronisch vorgelegten Verwaltungsakte und unter Berücksichtigung der seitens des Bundesfinanzgerichts zusätzlich vorgenommenen Ermittlungen. Darüber hinaus wurde auch auf die im Rahmen der mündlichen Verhandlung und der Einvernahme des Prüfers gewonnenen Erkenntnisse Bedacht genommen.

Daraus ergibt sich der oben wiedergegebene Sachverhalt und der geschilderte Verfahrensgang.

Neben der Niederschrift über die mündliche Verhandlung und der Einvernahme des Prüfers vom sind folgende Beweismittel zu würdigen gewesen.

1. Bericht vom (Außenprüfungsbericht)

2. Niederschrift über die Schlussbesprechung gemäß § 149 Abs. 1 BAO vom

3. Niederschrift über die Einvernahme von HP im Verfahren vor der SGKK vom

4. Aktenvermerk bezüglich Befragung des Geschäftsführers vom

5. Mail des Beraters an die SGKK über den Internetauftritt von HP vom

6. Rechnungen:

Rechnung Nr. 2013551 der bP an Hotel Restaurant Wirtshaus vom mit der Textierung "[…] gemäß unserer Vereinbarung erlauben wir uns, für den Einsatz unserer Mitarbeiter vom folgt zu verrechnen".

Rechnung Nr. 2013228 der bP an Hotel Restaurant Wirtshaus vom mit der Textierung "[…] gemäß unserer Vereinbarung erlauben wir uns, für den Einsatz unserer Mitarbeiter vom folgt zu verrechnen".

Rechnungs-Nr.: MA-023-2013 von HP an die Bf vom mit der Textierung: "Für den Auftrag vom 16.12.- stelle ich folgenden Betrag in Rechnung".

Rechnung Nr.: Ma-01-2012 von HP an die bP vom mit der Textierung: "Für die Aufträge […] stelle ich folgenden Betrag in Rechnung".

7. Firmenbuchauszug der bP

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 47 Abs 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Diese Legaldefinition ist eine eigenständige des Steuerrechts, weder dem bürgerlichen Recht, dem Sozialversicherungsrecht, noch anderen Rechtsgebieten entnommen. Die Tatsache, dass das Einkommensteuergesetz eine eigenständige Definition des Dienst­verhältnisses enthält, kann dazu führen, dass derselbe Sachverhalt im Steuer­recht anders zu beurteilen ist als im bürgerlichen Recht, Sozial­versicherungsrecht, Ausländerbeschäftigungsrecht oder Ärzte­recht. Etwaige unterschiedliche Ergebnisse erkannte der Verfassungsgerichtshof jedoch nicht als unsachlich ().

Diese Legaldefinition enthält demnach zwei Kriterien, die für das Vorliegen eines Dienst­verhältnisses sprechen, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. Hinzu kommt einerseits das Vorliegen eines Unternehmerwagnisses, andererseits das Vorliegen einer Weisungsgebundenheit, d.h. die Verpflichtung einer natürlichen Person, als Dienstnehmer bei ihrer Tätigkeit den Weisungen eines anderen - des Dienstgebers - zu folgen. In Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist nach ständiger Rechtsprechung auf weitere Abgrenzungskriterien (wie etwa auf das Fehlen eines Unternehmerrisikos, oder die Befugnis, sich vertreten zu lassen) Bedacht zu nehmen. Nicht alle Bestimmungsmerkmale müssen gemeinsam vorliegen bzw. können sie in unterschiedlich starker Ausprägung bestehen (). Entscheidend bei der Beurteilung, ob eine selbständige oder nichtselbständige Tätigkeit vorliegt, ist das Gesamtbild der Tätigkeit; , ; ; .

Das für die Arbeitnehmereigenschaft sprechende persönliche Weisungsrecht fordert einen Zustand wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit. Die persönlichen Weisungen sind auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet und dafür charakteristisch, dass der Arbeitnehmer nicht die Ausführung einzelner Arbeiten verspricht, sondern seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt (z.B. ). Hiervon muss die sachliche und technische Weisungsbefugnis unterschieden werden, die etwa im Rahmen eines Werkvertrages ausgeübt wird und sich lediglich auf den Erfolg einer bestimmten Leistung bezieht. Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers zeigt sich u.a. in der Vorgabe der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Arbeitsmittel durch den Auftraggeber sowie die unmittelbare Einbindung der Tätigkeit in betriebliche Abläufe des Arbeitgebers (; ; ; ; ). Die Bereitstellung entsprechend ausgestatteter Arbeitsplätze und das Vorliegen eines Dienstplanes sprechen für das Bestehen einer organisatorischen Eingliederung der Mitarbeiter in den Betrieb der Abgabepflichtigen (vgl. ; ). Für die Beurteilung der Frage, ob ein Dienstverhältnis besteht, ist insbesondere das zeitliche Ausmaß der Tätigkeit und die Einhaltung bestimmter Arbeitsstunden von Bedeutung, ebenso wie Vorgaben von Arbeitszeit, Arbeitsort und Arbeitsmittel und die unmittelbare Einbindung in betriebliche Abläufe; Blasina, Dienstnehmer - Freier Dienstnehmer - Selbständiger. Begriffe und Abgrenzungen im Sozialversicherungs- und Steuerrecht 31. Es kommt nicht auf die von den Vertragsparteien gewählte Bezeichnung (Dienstvertrag, freier Dienstvertrag, Werkvertrag, etc.) an. Es genügt, wenn die ausgeübte Tätigkeit in ihrer äußeren Erscheinungsform dem "Tatbild" des § 47 Abs 2 EStG 1988 entspricht ().

"Der Begriff des Dienstverhältnisses iSd § 47 Abs 2 ist ein eigenständiger Begriff des Steuerrechts; er deckt sich weder mit dem Arbeits­recht noch mit dem Sozialversicherungsrecht (, 1968, 23; , 87/14/0145, 1988, 182; , 2008/13/0160; LStR 2002 Rz 926), auch wenn er im Wesentlichen mit dem Arbeits­recht und dem Sozialversicherungsrecht übereinstimmt (vgl BFH, BStBl 1962 III 310). Daher besteht keine formelle Anknüpfung etwa an die Sozialversicherungspflicht eines Arbeitnehmers nach dem ASVG, doch können die Sozialversicherungspflicht, die Anmeldung zur Sozialversicherung und die Einbehaltung von Krankenkassenbeiträgen Indizien für das Vorliegen eines Dienst­verhältnisses sein (vgl ; , 1616/60, 1961, 82)"; hinsichtlich der Weisungsgebundenheit und der organisatorischen Eingliederung als maßgebliche steuer­rechtliche Kriterien besteht hingegen eine Deckungsgleichheit mit den arbeits­rechtlichen und sozial­versicherungsrechtlichen Kriterien; so schon Kirchmayr/Denk in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21a § 47 Rz 14 und 20 (Stand , rdb.at).

Gemäß § 3 Abs. 1 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (AÜG) ist die Überlassung von Arbeitskräften die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften zur Arbeitsleistung an Dritte. Nach dessen Abs. 2 ist Überlasser, wer Arbeitskräfte zur Arbeitsleistung an Dritte vertraglich verpflichtet. Abs. 4 leg. cit. definiert Arbeitskräfte als Arbeitnehmer und arbeitnehmerähnliche Personen. Arbeitnehmerähnlich sind Personen, die, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen Arbeit leisten und wirtschaftlich unselbständig sind.

Auf Grund des § 3 Abs. 2 AÜG muss der Überlasser mit jenen Arbeitskräften, die überlassen werden, das von vornherein vereinbaren. Gemäß § 2 Abs. 2 AÜG darf keine Arbeitskraft ohne ihre ausdrückliche Zustimmung überlassen werden.

Entscheidend bleibt jedenfalls bei der Beurteilung, ob eine selbständige oder nichtselbständige Tätigkeit vorliegt, das Gesamtbild der Tätigkeit (; , 2009/13/0230), wobei auch der im Wirtschaftsleben üblichen Gestaltungsweise Gewicht beizumessen ist ( ).

Dass bezüglich des Koches HP eine Dienstleistung und kein Vertrag über ein zu erstellendes Werk vorlag, hat schon das BVwG bejaht; , GZ. L511 2164428-1/28E. Auch das BFG hat 2019 betont, dass die Tätigkeit als Koch in einem Gastronomiebetrieb auf ein Dienstverhältnis schließen lasse; . Das erschließt sich auch in diesem Fall aus dem Sachverhalt insb aus der Befragung des HP vom . Nach Ansicht des BFG ist es unzweifelhaft, dass HP von Beginn an in den Betrieb der Wirtshaus eingegliedert war. Er hat von Beginn an (2012) mit den anderen Dienstnehmern auf der Wirtshaus zusammengearbeitet (zB auch mit einem zweiten Koch). Die Lebensmittel sowie die Speisekarte oder ein Menüplan waren bereits vorhanden bzw. vorgegeben. Abänderungen wurden im Rahmen des Auftrages nach Absprache vorgenommen. Gearbeitet wurde mit Betriebsmitteln der Küche der Wirtshaus aber auch mit eigener Ausrüstung. Die Tätigkeit sei regelmäßig an 5 Tagen die Woche ausgeübt worden und die Arbeitszeiten seien an die Öffnungszeiten der Wirtshaus gebunden gewesen. Überdies habe es Dienstpläne gegeben, wie HP aussagte: "Dienstpläne hat es gegeben, worauf ersichtlich war wann ich arbeiten musste und welche Veranstaltungen stattfinden. Genauso wie sein eigenes Personal war auch ich in den Dienstplänen angeführt." HP war sohin fremdbeherrrscht, sodass das Finanzamt nach Ansicht des BFG zu Recht eine nichtselbständige Tätigkeit annahm. Auch der VwGH hat im konkreten Fall diese Ansicht vertreten, wenn er im E v. , Ra 2021/08/0031 ausführte: [..] Vielmehr erweist sich die [..] Beurteilung, dass bei der Beschäftigung des Mitbeteiligten die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit […] jedenfalls als vertretbar. Auf Basis seiner Feststellungen - insbesondere betreffend eine mündliche Vereinbarung zwischen der revisionswerbenden Partei, dem Mitbeteiligten und dem Beschäftiger -, die auf einer nicht als unschlüssig zu erkennenden Beweiswürdigung beruht haben, und in der […]gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise hat das Bundesverwaltungsgericht auch ohne Rechtsirrtum die Dienstgebereigenschaft der revisionswerbenden Partei als Überlasserin im Sinn des § 35 Abs. 1 ASVG iVm. § 5 Abs. 1 AÜG bejaht.

Das BFG vertritt aus den oa. Sach- und Rechtsgründen ebenso wie das BVwG und der VwGH die Ansicht, dass es sich bei HP um einen Dienstnehmer handelt.

Auch wenn die bP - irrigerweise - die Unternehmereigenschaft des HP betont, vertritt sie im Kern aber doch die Ansicht, dass HP jedenfalls kein Dienstnehmer der bP gewesen sei und deswegen diese keine Haftungsverpflichtung treffen könne. Ergänzend könne auch keine Arbeitskräfteüberlassung vorliegen, weil es keine ausdrücklichen Verträge gebe, sodass auch aus diesem Grund jedenfalls keine Haftung schlagend würde.

Die bP dazu im Vorlageantrag:

"Diesbezüglich darf auch auf das Erkenntnis des VwGH 209/09/0235 verwiesen werden, wonach eine Arbeitskräfteüberlassung nur nachvorangegangener Vereinbarung und ausdrücklicher Zustimmung der zu überlassenden Arbeitskraft zulässig ist. Als Arbeitskraft eines Überlassers kann demnach eine Person nur dann eingestuft werden, wenn zwischen Überlasser und dieser Person eine Vertragsbeziehung im Sinne des § 3 Abs. 2 und 4 AÜG eingegangen wurde. Genau eine solche Vertragsbeziehung lag zwischen Herrn P und unserer Mandantin gerade nicht vor".

Diese Einwendungen gehen aber nach Ansicht des BFG ins Leere. Dass eine bloße Arbeitsvermittlung vorliege, die eine Haftung ausschließt, kann den Akten nicht entnommen werden. HP hat dazu nämlich ausgeführt, dass er für die bP tätig war und dass er 2012 - 2014 an die bP Rechnungen gelegt hat. Das Vertragsverhältnis sei mit der bP zustande gekommen und ein Vertrag sei mündlich geschlossen worden. Er habe - bei Bedarf - für die bP gearbeitet und anschließend abgerechnet. Alle Aufträge seien über die bP gelaufen und es sei vereinbart worden, bei welchem Kunden für welchen Zeitraum die Leistung zu erbringen sei. Die bP wiederum habe an die Wirtshaus weiterverrechnet. Diese Verrechnung ist auch aktenkundig.

Sofern sich ein Überlasser (die bP) im eigenen Namen gegenüber dem Dienstnehmer zur Entgeltzahlung verpflichtet, übernimmt diese nach der Rspr auch die Pflichten und Risiken des Dienstgebers; eine bloße Arbeitsvermittlung iSd § 4 Arbeitsmarktförderungsgesetz liegt nicht vor; s dazu . Aus diesem Grund ist es auch unbedeutend, wie der Überlasser seine Personalkosten an seine Kunden, in diesem Fall die Wirtshaus, weiterverrechnet und ober er bloß als "Verrechnungsstelle" agiert. Deswegen ist auch "Payrolling" eine Form der Arbeitskräfteüberlassung; Laback in Schrattbauer, AÜG (2020) § 3 Rz 23. Hierbei ist § 4 AÜG von zentraler Bedeutung: Es ist nicht die von den Vertragsparteien gewählte Bezeichnung oder die äußere Erscheinungsform dafür maßgeblich, ob AKÜ vorliegt oder nicht, sondern der wahre wirtschaftliche Gehalt; dass eine entsprechende Vereinbarung vorliegt, an die sich auch alle drei Beteiligten gehalten haben, ist unbestritten. Selbst die Verpflichtung im Rahmen einer Verrechnungsstelle befreit nicht von einer Arbeitskräfteüberlassung und den Pflichten, die sich darauf gründen; s dazu Poglies-Schneiderbauer in Haas/Hollaus/Poglies-Schneiderbauer, Arbeitskräfteüberlassung, 2. Aufl. (2022), 1.4.3. Arbeitskräfteüberlassung im "Payroll-System.

Fazit: Bei der Arbeitskräfteüberlassung ist derjenige als Dienstgeber anzusehen, welcher die Dienstnehmer dem Dritten überlässt und entlohnt und nicht derjenige, in dessen Betrieb die Dienstnehmer eingesetzt werden. Somit ist grundsätzlich von einem Dienstverhältnis zu jenem Arbeitgeber auszugehen, welcher die Dienste verschafft, nicht jedoch - mangels Auszahlung von steuerpflichtigem Arbeitslohn - zwischen dem Arbeitnehmer und demjenigen, dem die Arbeitsleistung erbracht wird (Braunsteiner in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 47 Anm 4; ; s auch .) Dies betont nicht nur der OGH, sondern auch der VwGH, weil der Dienstnehmer nur dem Verleiher gegenüber zur Erbringung von Dienstleistungen vertraglich verpflichtet ist, seiner Zurverfügungstellung an den bestimmten Dritten ausdrücklich zugestimmt hat und die Gebundenheit des Dienstnehmers gegenüber dem Dritten nur die Konkretisierung der gegenüber dem Verleiher unverändert weiter bestehenden persönlichen Abhängigkeit darstellt. Die grundlegenden Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis zwischen dem verleihenden Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer bleiben aufrecht, wohingegen der Entleiher nur ihm delegierte fremde Rechte ausüben dürfe (vgl. z.B. );
s dazu auch .

Soweit der Bf auf die lange Zeitdauer hinsichtlich der Heranziehung zur Haftung verweist ( RV/7100469 iVm ) ist festzuhalten, dass eine überlange Zeitdauer zur Heranziehung als Haftender nicht erkennbar ist, da die Inanspruchnahme zur Haftung für 2012 - 2014 im Kalenderjahr 2016 erfolgt ist.

Sohin erweist sich die Heranziehung der bP als rechtmäßig. Da aber die ESt für 2012 entrichtet wurde, entfällt die Haftung/Lohnsteuer für die Bf für dieses Kalenderjahr (€ 78,74 für HP, sohin € 658,94-78,74 = € 580,02).

Zur Zustellungsvollmacht:

Nach Ansicht des BFG wurde der erstinstanzliche Bescheid ordnungsgemäß zugestellt. Der Berater war zum Zeitpunkt der Prüfung und Schlussbesprechung () und auch danach, dh zum Zeitpunkt der Bescheidzustellung ( bis heute) jedenfalls berechtigt, als Berater die Interessen der bP zu vertreten. Dies erschließt sich aus dem Vorbringen des Finanzamtes, den digitalen Eintragungen in Finanzonline und auch dem Vorbringen der bP; dies wurde überdies auch im Zuge der Einvernahme des Prüfers bestätigt. Sohin ist der Berater zu Recht auch bei der Schlussbesprechung anwesend gewesen; s dazu . Strittig ist sohin nur der Umstand, ob über die allgemeine steuerliche Vollmacht (+ Akteneinsicht, + Geldvollmacht) hinaus dem Berater auch Zustellvollmacht von der bP eingeräumt wurde. Gegenüber der Behörde hat er förmlich (bis heute) nur die allgemeine steuerliche Vollmacht, Geldvollmacht sowie die Bevollmächtigung nach § 90a BAO bekannt gegeben.

Beruft sich ein Berufsberechtigter iSd Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes 2017 (WTBG 2017) im beruflichen Verkehr auf die ihm erteilte Bevollmächtigung, so ersetzt diese Berufung den urkundlichen Nachweis (§ 77 Abs. 11 WTGB 2017). Berufsrechtliche Vorschriften, wonach die Berufung auf eine erteilte Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis ersetzt, gelten auch im Anwendungsbereich der BAO (vgl. ). Eine allgemeine Vertretungsbefugnis iSd oa Vorschriften schließt, soweit ist der bP zuzustimmen, eine Zustellungsbevollmächtigung mit ein. Dies gilt auch, wenn sich ein Vertreter auf die ihm erteilte Vollmacht beruft (vgl. ); das ist soweit ohnehin unstrittig. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor:

Angesichts eines bloßen Auftretens oder Kommunikation des Steuerberaters im Zuge und im Rahmen der Prüfung sowie der Anwesenheit bei der Schlussbesprechung , kann noch keine Abkehr vom Umfang und Grenzen der bekanntgegebenen jahrelangen (und bis heute geltenden ) Vollmachtsbekanntgabe im Steuerverfahren durch die Eintragung in Finanzonline erkannt werden. Es verhält sich eben so, dass der Steuerberater selbst gegenüber dem Finanzamt die Bevollmächtigung für die Zustellung von Schriftstücken rechtsgültig mit zurückgezogen hat und damit auch die übrigen Berechtigungen weiterhin in Geltung lassen wollte (steuerlicher Vertreter, Akteneinsicht und Geldvollmacht) ; dazu war er auch berechtigt. Er ist deswegen auch berechtigt gewesen, in einem Haftungsverfahren im Rahmen der in Finanzonline bekannt gegebenen Grenzen zu vertreten. Hätte er nun aber- nur und ausschließlich für dieses Haftungsverfahren - die Berücksichtigung einer Zustellvollmacht gewünscht, hätte er dies bekannt geben müssen; und zwar entweder ausdrücklich oder zumindest dadurch, dass er - im Sinne der oa Rsp des VwGH - ausdrücklich auf seine berufsrechtlichen Vorschriften verweisen hätte können, solcher Verweis ist jedenfalls nicht aktenkundig. Ein bloßes Erscheinen bei einer Schlussbesprechung oä oder ein E-Mailverkehr, Telefonate etc, zu der er ohnehin wegen Bevollmächtigung berechtigt war, lässt keinen Willen erkennen, auch nur für dieses eine Mal die Zustellung von Schriftstücken zu monieren. Auch die Einvernahme des Prüfers hat keinen Hinweis ergeben, dass der Berater eine Abkehr von der zuvor der Finanzbehörde bekanntgegebenen Grenzen gewünscht hätte. Überdies ist jeder Berater auch Herr der Informationen über eine erteilte Zustellvollmacht gegenüber dem Finanzamt ("Aktivierung des Optionsschalters"). Da weder ein Verweis, noch eine ausdrückliche Offenlegung oä vorgenommen wurde, kann das Vorhandensein einer Zustellvollmacht nicht bejaht werden, weil sich der Einschreiter nicht entsprechend geäußert hat. Deswegen durfte das Finanzamt zu Recht darauf vertrauen, dass - entsprechend den Angaben im digitalen System - weiterhin Bescheide dem Vertretenen zuzustellen sind. Auch bloße Zweifel an Art und Umfang der bekannt gegebenen Vollmacht (hier: im Haftungsverfahren) konnten sohin nicht entstanden sein, die die Behörde verpflichtet hätten, nachzufragen, wie weit die Bevollmächtigung des Beraters reicht. Die Zustellung erwies sich sohin als ordnungsgemäß und rechtskonform.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Zwar ist in der Rechtsprechung ausreichend geschärft, dass der Verweis auf die berufsrechtlichen Vorschriften eine Zustellvollmacht miteinschließt, allerdings ist nicht abschließend geklärt, inwieweit das Finanzamt auch im Haftungsverfahren auf die im digitalen System gespeicherten Daten vertrauen darf, die vom Bf selbst bekannt gegeben wurden.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.6100183.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at