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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.11.2024, RV/7100656/2024

Ausführungen zur Frage, ob im Falle eines Antrages auf Festsetzung einer Selbstberechnungsabgabe mit dem Ziel der Herabsetzung der bereits entrichteten Abgabe Beschwerdezinsen zustehen, wenn dieser Antrag vom Finanzamt abgelehnt und in der Folge die Abgabe aufgrund einer Bescheidbeschwerde herabgesetzt wurde?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Beschwerdezinsen (§ 205a BAO) Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (in der Folge kurz Bf. genannt) entrichtete im Zeitraum 07/1999 bis 05/2008 Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen. In der Folge beantragte die Bf. die Dienstgeberbeiträge für diesen Zeitraum mit Null festzusetzen. Mit Bescheiden vom (betreffend Zeitraum 07/1999 bis 12/2003) und (betreffend Zeitraum 01/2004 bis 05/2008) wies das Finanzamt die Anträge als unbegründet ab. Mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom zu RV/7104981/2018, wurde den Beschwerden der Bf. gegen die Abweisungsbescheide Folge gegeben.

Mit Eingabe vom beantragte die Bf. die Festsetzung von Beschwerdezinsen gemäß § 205a BAO. Aufgrund des Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichts vom seien dem Abgabenkonto Beträge in Höhe von insgesamt € 4.337.205,12 gutgeschrieben worden. Gemäß § 205a Abs. 1 BAO seien Beschwerdezinsen für den Zeitraum ab Entrichtung bis zur Bekanntgabe des die Abgabe herabsetzenden Bescheides bzw. Erkenntnisses festzusetzen. Die Abgaben seien alle vor dem an das Finanzamt überwiesen und auf dem Abgabenkonto verbucht worden. Es seien daher für den Zeitraum bis Beschwerdezinsen in Höhe von insgesamt € 559.190,09 festzusetzen.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt diesen Antrag ab. Gemäß § 205a Abs. 3 BAO stünden Beschwerdezinsen insoweit nicht zu, als ein Bescheid in Punkten angefochten werde, in denen er von dem ihm zu Grunde liegenden Anbringen nicht abweiche. Bei in Abgabenvorschriften angeordneten Selbstberechnungen von Abgaben trete an die Stelle des Bescheides der der Abgabenbehörde bekanntgegebene selbstberechnete Betrag; in Fällen ohne Erklärungspflicht dessen Entrichtung. Im vorliegenden Fall sei daher als Anbringen der Abgabepflichtigen die ursprüngliche Selbstberechnung (Meldung) und Entrichtung der Dienstgeberbeiträge anzusehen. Das Finanzamt sei von der bekanntgegebenen Selbstberechnung nicht abgewichen und habe die selbstberechneten und entrichteten Abgaben entsprechend verbucht. Gemäß § 205a Abs 3 BAO seien daher für diese Beträge keine Beschwerdezinsen festzusetzen. Erst später habe die Abgabepflichtige die berichtigende Festsetzung der Dienstgeberbeiträge mit Null beantragt. Aus diesem weiteren Anbringen sei aber keine Zahlungsverpflichtung resultiert, dieses habe daher auch nicht Grundlage für eine Entrichtung sein können. Auch der diesen Antrag abweisende Bescheid des Finanzamtes habe keine Zahlungsverpflichtung ergeben, die Gegenstand einer Aussetzung der Einhebung hätte werden können.

Die Bf. erhob gegen diesen Bescheid mit Schriftsatz vom Beschwerde, die sich mit der Frage auseinandersetzt, ob im Falle eines Antrages auf Festsetzung einer Selbstberechnungsabgabe mit dem Ziel der Herabsetzung der bereits entrichteten Abgabe Beschwerdezinsen zustehen, wenn dieser Antrag vom Finanzamt abgelehnt werde und in der Folge die Abgabe aufgrund einer Bescheidbeschwerde herabgesetzt werde. Weiters verzichtete die Bf. auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht mit Vorlagebericht vom zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Unstrittiger Sachverhalt:

Die Bf. entrichtete im Zeitraum 07/1999 bis 05/2008 Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen. In der Folge beantragte die Bf. die Dienstgeberbeiträge für diesen Zeitraum mit Null festzusetzen.

Nach einem Beschwerdeverfahren wurden die Dienstgeberbeiträge mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , GZ. RV/7104981/2018, mit Null festgesetzt, woraus sich eine Gutschrift am Abgabenkonto in Höhe von insgesamt € 4.337.205,12 ergab. Dazu wurde die Festsetzung von Beschwerdezinsen in der Höhe von insgesamt € 559.190,09 beantragt.

Rechtsfrage:

In Frage steht, ob im Falle eines Antrages auf Festsetzung einer Selbstberechnungsabgabe mit dem Ziel der Herabsetzung der bereits entrichteten Abgabe Beschwerdezinsen zustehen, wenn dieser Antrag vom Finanzamt abgelehnt und in der Folge die Abgabe aufgrund einer Bescheidbeschwerde herabgesetzt wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit dieser Rechtsfrage im Erkenntnis vom , Ra 2024/13/0037-8, auseinandergesetzt und ausgeführt:

"11 Soweit eine bereits entrichtete Abgabenschuldigkeit, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung (Bescheidbeschwerde) abhängt, als Folge der Berufung (Bescheidbeschwerde) herabgesetzt wird, sind gemäß § 205a Abs. 1 BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen Zinsen für den Zeitraum ab Entrichtung bis zur Bekanntgabe des die Abgabe herabsetzenden Bescheides (bzw. Erkenntnisses) festzusetzen.

12 Zinsen sind gemäß § 205a Abs. 3 BAO nur insoweit festzusetzen, als ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er von dem ihm zugrunde liegenden Anbringen abweicht, oder ein Bescheid angefochten wird, dem kein Anbringen zugrunde liegt.

13 In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1212 BlgNR 24. GP 28 f) zum Abgabenänderungsgesetz 2011, BGBl. I Nr. 76, mit welchem die Bestimmung des § 205a BAO eingefügt wurde, wurde u.a. ausgeführt, werde gemäß § 212a BAO die Einhebung strittiger Abgabenbeträge ausgesetzt, so fielen Aussetzungszinsen an, wenn sich die Nachforderung als rechtmäßig erweise.

Der Abgabepflichtige trage somit das Zinsenrisiko. Wenn hingegen der Abgabepflichtige die strittigen Abgabenbeträge entrichte und sich die Abgabennachforderung im Wege einer Berufung als rechtswidrig erweise, erfolge eine Abgabengutschrift unverzinst. Diesem einseitigen Zinsenrisiko solle mit der Verzinsung der mit Berufung bestrittenen Abgabenbeträge entgegengetreten werden. Voraussetzung dafür sei, dass die bestrittenen Abgabenbeträge vor Erledigung der Berufung entrichtet würden. Einer Aussetzung der Einhebung seien nur Abgabennachforderungen zugänglich, die aus amtswegigen Bescheiden oder aus dem Abweichen von einer Abgabenerklärung resultierten. Gleichermaßen würden auch Gutschriften, die sich beispielsweise daraus ergäben, dass der Berufungswerber in der Berufung erstmals Betriebsausgaben geltend mache, nicht verzinst.

14 Auch nach § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe u.a. insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid zurückzuführen ist, der von einem Anbringen abweicht oder dem kein Anbringen zugrunde liegt.

15 Bei einer Selbstbemessungsabgabe bewirkt die Einreichung der Erklärung (Bekanntgabe der Selbstberechnung; allenfalls auch die bloße Entrichtung; vgl. , mwN) die Festsetzung der Abgabe.

Die "Quasirechtskraft" einer solchen Festsetzung durch Erklärung wird durch die bescheidmäßige Festsetzung der Abgabe durchbrochen (vgl. z.B. , mwN). Ein Antrag auf Rückerstattung von Selbstbemessungsabgaben, der mit der Unrichtigkeit der Selbstbemessung begründet wird, ist zunächst als solcher auf bescheidmäßige Festsetzung der Selbstbemessungsabgabe zu werten (vgl. , mwN). Ein entsprechender Antrag auf Festsetzung der Selbstbemessungsabgabe (nunmehr ein solcher nach § 201 Abs. 1 BAO) entspricht (im Sinne einer "Harmonisierung der Rechtswirkungen [...] von Selbstberechnungen und von Veranlagungsbescheiden") einer Berufung (Bescheidbeschwerde), allenfalls einem Antrag auf Wiederaufnahme (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Abgaben-Rechtsmittel-Reformgesetz, BGBl. I Nr. 97/2002, 666/A 21. GP 43).

16 Vor diesem Hintergrund stehen aber Beschwerdezinsen im Zusammenhang mit Selbstbemessungsabgaben nur insoweit zu, als Abgaben über den selbstberechneten Betrag hinaus entrichtet wurden. Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn der Abgabepflichtige eine von der Abgabenbehörde abweichende Rechtsansicht vertritt und er daher (unter Offenlegung des Sachverhalts der Abgabenbehörde gegenüber) eine geringere Abgabenschuld (als der Ansicht der Abgabenbehörde entsprechen würde) bekannt gibt, er aber dennoch - etwa nach von der Erklärung abweichender Festsetzung der Abgabe durch die Behörde - die höhere Abgabenschuld entrichtet.

17 Die Revisionswerberin behauptet nicht (dies geht auch nicht aus dem Akteninhalt hervor), dass sie Abgaben über ihre Erklärung hinaus - also abweichend von ihrem Anbringen - entrichtet hätte. Bereits aus diesem Grund stehen die geltend gemachten Beschwerdezinsen nicht zu.

18 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen."

Aufgrund der Sachverhaltsidentität dieses Beschwerdefalles mit dem vom VwGH entschiedenen Revisionsfall ist auf diese Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, denen seitens des Bundesfinanzgerichtes nichts mehr hinzuzufügen ist.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zu der hier gegenständlichen Rechtsfrage liegt bereits eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor (-8). Eine Revision ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 205a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 205a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 205a Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise



ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100656.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at