1. Geschäftsführerhaftung 2. Rechtzeitigkeit von Beschwerde und Vorlageantrag 3. Belegaufbewahrungsfrist 4. Lange Zeitdauer
Entscheidungstext
KieIM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Rechtsanwältin RA-1 als Masseverwalterin der Verlassenschaft nach Bf., A-1, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Steuernummer N-1, betreffend Haftung gemäß § 9 BAO zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Bescheid vom wurde Frau Bf. als spätere Beschwerdeführerin (Bf.) und damalige Geschäftsführerin der G-1 gemäß § 9 Abs. 1 BAO iVm § 80 BAO für nachstehende Abgaben in der Höhe von € 51.253,11 zur Haftung herangezogen:
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Abgabe | Zeitraum | Betrag | Fälligkeit |
Umsatzsteuer | 2005 | 7.997,52 | |
Umsatzsteuer | 11-12/2006 | 5.353,13 | |
Umsatzsteuer | 01-08/2007 | 7.375,29 | |
Lohnsteuer | 2007 | 4.417,14 | |
Umsatzsteuer | 09-12/2007 | 6.400,00 | |
Säumniszuschlag 1 | 2007 | 143,64 | |
Säumniszuschlag 1 | 2007 | 147,51 | |
Säumniszuschlag 1 | 2006 | 53,67 | |
Körperschaftsteuer | 04-06/2008 | 437,00 | |
Umsatzsteuer | 01-04/2008 | 1.477,15 | |
Säumniszuschlag 2 | 2007 | 71,82 | |
Säumniszuschlag 2 | 2007 | 73,75 | |
Körperschaftsteuer | 07-09/2008 | 437,00 | |
Säumniszuschlag 3 | 2007 | 71,82 | |
Säumniszuschlag 3 | 2007 | 73,75 | |
Säumniszuschlag 1 | 2008 | 128,00 | |
Säumniszuschlag 1 | 2008 | 128,00 | |
Säumniszuschlag 1 | 2007 | 159,12 | |
Körperschaftsteuer | 10-12/2008 | 439,00 | |
Lohnsteuer | 2008 | 1.414,11 | |
Dienstgeberbeitrag | 2008 | 513,21 | |
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 2008 | 45,62 | |
Körperschaftsteuer | 01-03/2009 | 437,00 | |
Säumniszuschlag 2 | 2008 | 64,00 | |
Säumniszuschlag 2 | 2008 | 64,00 | |
Säumniszuschlag 2 | 2007 | 79,56 | |
Körperschaftsteuer | 04-06/2009 | 437,00 | |
Säumniszuschlag 3 | 2008 | 64,00 | |
Säumniszuschlag 3 | 2008 | 64,00 | |
Säumniszuschlag 3 | 2007 | 79,56 | |
Körperschaftsteuer | 07-09/2009 | 437,00 | |
Körperschaftsteuer | 10-12/2009 | 439,00 | |
Umsatzsteuer | 02-12/2009 | 141,38 | |
Umsatzsteuer | 2009 | 1.112,90 | |
Körperschaftsteuer | 01-03/2010 | 437,00 | |
Umsatzsteuer | 01-02/2010 | 72,35 | |
Körperschaftsteuer | 04-06/2020 | 437,00 | |
Körperschaftsteuer | 07-09/2010 | 437,00 | |
Säumniszuschlag 1 | 2006 | 159,95 | |
Körperschaftsteuer | 10-12/2010 | 439,00 | |
Körperschaftsteuer | 01-03/2011 | 437,00 | |
Umsatzsteuer | 2010 | 1.820,20 | |
Säumniszuschlag 2 | 2006 | 79,98 | |
Körperschaftsteuer | 04-06/2011 | 437,00 | |
Körperschaftsteuer | 07-09/2011 | 437,00 | |
Umsatzsteuer | 01-06/2011 | 1.200,00 | |
Körperschaftsteuer | 10-12/2011 | 439,00 | |
Säumniszuschlag 3 | 2006 | 79,98 | |
Körperschaftsteuer | 01-03/2012 | 437,00 | |
Umsatzsteuer | 07-12/2011 | 1.200,00 | |
Körperschaftsteuer | 04-06/2012 | 363,00 | |
Körperschaftsteuer | 07-09/2012 | 437,00 | |
Körperschaftsteuer | 10-12/2012 | 439,00 | |
Körperschaftsteuer | 04-06/2013 | 437,00 | |
Körperschaftsteuer | 07-09/2013 | 251,00 |
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO hätten die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen oblägen, und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalteten, entrichtet würden.
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO hafteten die in § 80 Abs. 1 BAO erwähnten Personen neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für diese Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht hätten eingebracht werden können.
Gemäß § 1298 ABGB obliege dem, der vorgebe, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung ohne sein Verschulden gehindert gewesen sei, der Beweis.
Aus dem Zusammenhang dieser Bestimmungen ergebe sich, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet habe, für diese Abgaben hafte, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden könnten und er nicht beweise, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht hätten entrichtet werden können.
Die Bf. sei im Zeitraum vom D-1 bis D-2 und seit D-3 unbestritten handelsrechtliche Geschäftsführerin der Gesellschaft, also einer juristischen Person, und daher gemäß § 18 GmbHG zu deren Vertretung berufen gewesen. Sie sei somit auch verpflichtet gewesen, die Abgaben aus deren Mitteln zu bezahlen.
Hinsichtlich der Heranziehung für aushaftende Umsatzsteuer sei Folgendes festzuhalten:
Gemäß § 21 Abs. 1 UStG habe der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonats eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 UStG und des § 16 UStG selbst zu berechnen habe. Der Unternehmer habe eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Für die haftungsgegenständlichen Zeiträume sei die Umsatzsteuer gemeldet und festgesetzt bzw. rechtskräftig veranlagt, jedoch nicht entrichtet worden.
In diesem Zusammenhang sei auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es Sache des Geschäftsführers sei, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert hätten, die ihm obliegende abgabenrechtliche Verpflichtung zu erfüllen, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung gemäß § 9 Abs. 1 BAO angenommen werden dürfe (, 0038). Demnach hafte der Geschäftsführer für die nichtentrichteten Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung gestanden seien, hierzu nicht ausreichten, es sei denn, er weise nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt habe als andere Verbindlichkeiten.
Hinsichtlich der Heranziehung zur Haftung für ausstehende Lohnsteuer sei festzuhalten, dass gemäß § 78 Abs. 1 EStG der Arbeitgeber die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten habe. Es wäre die Pflicht des Bf. gewesen, für eine zeitgerechte Lohnsteuerabfuhr Sorge zu tragen. Er hingegen habe sowohl die Meldung als auch die Abfuhr der angeführten fälligen Lohnsteuerbeträge unterlassen. Es werde in diesem Zusammenhang hervorgehoben, dass der Arbeitgeber gemäß § 78 Abs. 3 EStG für den Fall, dass die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht ausreichten, verpflichtet sei, die Lohnsteuer von dem tatsächlichen zur Auszahlung gelangenden, niedrigeren Betrag zu berechnen, einzubehalten und abzuführen. In der Nichtbeachtung dieser Verpflichtung sei jedenfalls ein schuldhaftes Verhalten zu erblicken (vgl. ).
Hinsichtlich anderer Abgaben, die für das Geschäftsergebnis einer juristischen Person nicht erfolgsneutral seien, sei es Sache des gemäß § 80 BAO befugten Vertreters, darzutun, weshalb er nicht dafür habe Sorge tragen können, dass er die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet habe, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden dürfe. In der Regel werde nämlich nur der Geschäftsführer einen ausreichenden Einblick in die Gebarung der GmbH haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermögliche. Außerdem treffe den Haftenden (§ 77 Abs. 2 BAO) die gleiche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht (§ 119 BAO) wie den Abgabepflichtigen, sodass er zeitgerecht für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen habe. Der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer habe daher das Fehlen ausreichender Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen. Außerdem habe er dazutun, dass er die Abgabenforderungen bei der Verwendung der vorhandenen Mittel nicht benachteiligt habe (vgl. ; ; ).
Da die Bf. ihren abgabenrechtlichen Verpflichtungen im angeführten Umfang nicht nachgekommen sei und die Abgaben bei der Gesellschaft uneinbringlich seien, sei wie im Spruch zu entscheiden gewesen.
Letztlich werde auf die Bestimmungen des § 7 Abs. 2 BAO verwiesen, wonach sich persönliche Haftungen auch auf Nebenansprüche erstreckten. Ebenso seien Zwangs- und Ordnungsstrafen im Wege der Geschäftsführerhaftung geltend zu machen.
Durch das abgeschlossene Konkursverfahren sei der Abgabenrückstand bei der Firma uneinbringlich geworden.
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In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde brachte die Bf. vor:
Ihre Tätigkeit als Geschäftsführerin der Firma habe sich von D-1 bis D-2 und erneut von D-3 bis D-4 erstreckt.
Für Abgaben, die nicht in diesen Zeiträumen entstanden und fällig geworden seien, könne sie daher nicht herangezogen werden. Dies betreffe betragsmäßig den weitaus überwiegenden Teil der Forderungen. Auch für Abgaben, die bescheidmäßig erst nach D-4 festgesetzt worden seien, könne sie nicht haften, da ihr diese während ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin nicht bekannt gewesen seien.
Von einer vom Finanzamt angestrengten Haftung für Abgaben der Gesellschaft habe sie erstmals im März 2021 durch einen Pfändungsbescheid erfahren, allerdings habe sie zu diesem Zeitpunkt keine Kenntnis gehabt, worauf die Pfändung (und damit die Haftung) gegründet worden sei. Daher habe sie gegen diesen Pfändungsbescheid Rechtsmittel ergriffen und sei dieser auch mittlerweile aufgehoben worden. Dadurch habe das Finanzamt implizit eingestanden, dass der Bf. noch nie vorher ein Haftungsbescheid zugestellt worden sei. Sie denke, dass mittlerweile Verjährung eingetreten sei, denn für alle Geschäftsjahre, die ihre Geschäftsführungstätigkeit betroffen habe, sei längst Verjährung der Aufbewahrungspflicht der Buchhaltungsunterlagen eingetreten. Tatsächlich hätten zahlreiche Geschäftsunterlagen aufgrund Platzmangels entsorgt werden müssen.
Die Bestimmung des Haftungsbetrages sei nicht nachvollziehbar und mit Sicherheit unrichtig. Dieser sei außerdem um ca. 8.500 EUR höher als der Pfändungsbescheid vom März 2021, obwohl sich seit März 2021 keine neuen Tatsachen hätten ergeben können und auch keine Bescheide aufgeführt seien, die seit März 2021 ausgestellt worden seien.
Sowohl bei der Voranmeldung als auch bei der Festsetzung der Umsatzsteuer für 2010 und 2011 seien zahlreiche Ausgaben nicht berücksichtigt worden. Daher würden die diesbezüglichen Bescheide ebenfalls angefochten.
Als Geschäftsführerin habe die Bf. stets alles ihr Mögliche unternommen, um den Abgabeverpflichtungen der Firma nachzukommen. Die schuldhafte Verletzung der auferlegten Pflichten werde von ihr zurückgewiesen.
Aufstellung von Steuerbescheiden, die unrichtigerweise im Haftungsbescheid aufgeführt seien:
Betreffend die Abgaben Umsatzsteuer 11-12/2006, Umsatzsteuer 01-08/2007, Säumniszuschlag 2006, Säumniszuschläge 2007 und Lohnsteuer 2007 habe die Bf. in diesen Zeiträumen sowie bei Fälligkeit keine Geschäftsführerfunktion inne und könne ihr für diese Zeiträume kein schuldhaftes Verhalten vorgeworfen werden.
Zusätzlich seien die Entrichtungen der Körperschaftsteuer 01-03/2012, Lohnabgaben 2008, Umsatzsteuer 01-06/2011, Umsatzsteuer 07-12/2011, Körperschaftsteuer 04-06/2012, Körperschaftsteuer 07-09/2012, Körperschaftsteuer 10-12/2012, Körperschaftsteuer 04-06/2013 und Körperschaftsteuer 07-09/2013 in den Verantwortungsbereich der Masseverwalterin gefallen. Die Bf. habe für diese Zeiträume auch gar keine BuchhaItungsunterlagen gehabt. Warum eine nachträgliche Festsetzung der Lohnabgaben 2008 entstanden sein solle, sei für sie nicht nachvollziehbar.
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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde teilweise stattgegeben und die Haftung auf € 48.815,11 herabgesetzt.
Begründend wurde ausgeführt:
Die Vertreterhaftung bestehe insbesondere für Abgaben, deren Zahlungstermin (zB Fälligkeitszeitpunkt) in die Zeit der Vertretertätigkeit falle. Sie bestehe aber auch für noch offene Abgabenschuldigkeiten, deren Zahlungstermin bereits vor der Tätigkeit des betreffenden Vertreters gelegen sei (zB ; ; ).
Die Bf. sei im Zeitraum von D-1 bis D-2 und von D-3 bis D-5 (Konkurseröffnung) unbestritten handelsrechtliche Geschäftsführerin der GmbH und daher gemäß § 18 GmbHG zu deren Vertretung berufen gewesen.
Bei Übernahme der Geschäftsführertätigkeit habe der übernehmende Geschäftsführer eine Überwachungs- und Erkundungspflicht. Dies bedeute, dass sich der Geschäftsführer bei Übernahme seiner Geschäftsführertätigkeit darüber zu erkunden habe, ob und in welchem Ausmaß die von ihm nunmehr vertretene Gesellschaft bisher ihren steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen sei (; 92/17/0178).
Dies wäre ohne großen Aufwand möglich, indem zum Beispiel Buchungsmitteilungen des Finanzamtes vom bisherigen Geschäftsführer abverlangt und eingesehen würden.
Daher sei die Haftungsinanspruchnahme für Abgaben, welche zwischen D-2 und dem D-3 entstanden und fällig geworden seien, rechtens.
Hinsichtlich der Umsatzsteuer 01-06/2011 und 06-12/2011, sowie der Lohnabgaben 2008 sei eine Haftungsinanspruchnahme insofern zulässig, da die Bf. in ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin versäumt habe, ihren Pflichten, Umsatzsteuervoranmeldungen vorzulegen und Lohnabgaben zu melden, nachzukommen, weshalb diese im Zuge einer Schätzung/ Prüfung hätten festgestellt werden müssen. Aus diesem Grund werde die Schuldhaftigkeit an der Vollstreckbarkeit der Umsatzsteuervoranmeldungen 01-06/2011 und 06-12/2011 sowie der Lohnabgaben 2008 ihr zugerechnet.
Allenfalls sei zu sagen, dass die Bf. bei Einhaltung aller Fristen für die Entrichtung der Abgabe aufgrund der dann entstandenen Fälligkeit zur Haftung heranzuziehen gewesen wäre.
Hinsichtlich der folgenden Abgaben erfolge keine Haftungsinanspruchnahme, da diese im Zeitraum des Konkursverfahrens entstanden seien:
Körperschaftsteuer 01-03/2012 fällig am iHv € 437,00
Körperschaftsteuer 04-06/2012 fällig am iHv € 437,00
Körperschaftsteuer 07-09/2012 fällig am iHv € 437,00
Körperschaftsteuer 10-12/2012 fällig am iHv € 439,00
Körperschaftsteuer 04-06/2013 fällig am iHv € 437,00
Körperschaftsteuer 07-09/2013 fällig am iHv € 251,00
Verbleibende Haftungssumme: € 48.815,11
Die Inanspruchnahme persönlich Haftender durch Haftungsbescheid stelle eine Einhebungsmaßnahme dar. Sie sei nur zulässig, wenn die Einhebungsverjährung gegenüber dem Hauptschuldner noch nicht eingetreten sei (vgl. Ritz BAO6, Rz 5 zu § 238).
Gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjähre das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden sei, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe.
Gemäß § 238 Abs. 2 BAO werde die Verjährung durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechungshandlung eingetreten sei, beginne die Verjährungsfrist neu zu laufen.
§ 9 Abs. 1 IO normiere: Durch die Anmeldung im Insolvenzverfahren werde die Verjährung der angemeldeten Forderung unterbrochen. Die Verjährung der Forderung gegen den Schuldner beginne von neuem mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens rechtskräftig geworden sei. Wobei § 9 IO gegenüber den Verjährungsbestimmungen der BAO Vorrang zukomme.
Bereits aus dem Gesetzestext des § 9 Abs. 1 IO ergebe sich, dass die Verjährung nur für jene Abgabenschuldigkeiten unterbrochen werde, die im Insolvenzverfahren angemeldet würden.
Hinsichtlich der im Insolvenzverfahren angemeldeten Abgabenschuldigkeiten habe die Verjährung mit Ablauf des Datums des Beschlusses des Handelsgerichtes Wien betreffend Aufhebung des Konkurses neu zu laufen begonnen. Der Konkurs sei mit D-6 mangels Kostendeckung gemäß § 123a IO aufgehoben worden.
Da nach Aufhebung des Konkursverfahrens innerhalb der neuen Verjährungsfrist Unterbrechungshandlungen im Sinne des § 228 BAO gesetzt worden seien, seien diese zum Zeitpunkt der Haftungsinanspruchnahme nicht verjährt.
Qualifizierte Verlängerungshandlungen gemäß § 228 BAO seien gewesen:
Einholung eines Vermögensverzeichnisses am
Termin für persönliche Vorsprache der Haftungspflichtigen am
Einholen eines Firmenbuchauszugs am
Erlassen der Beschwerdevorentscheidung vom
Die Haftungssumme beruhe auf dem aushaftenden Rückstand, welcher ihrem Vertretungszeitraum zuzusprechen sei. Da seit Ausstellung des ersten Haftungsbescheides am weitere Abgabenrückstände entstanden seien, habe sich die Haftungssumme dementsprechend erhöht.
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Fristgerecht beantragte die Bf. mit Schreiben vom die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.
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Da die Bf. am D-7 verstorben ist, tritt nunmehr Rechtsanwältin RA-1 als Masseverwalterin der Verlassenschaft an ihre Stelle.
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Mit Vorlagebericht vom nahm das Finanzamt zur Beschwerde und zum Vorlageantrag Stellung wie folgt:
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO hätten die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen oblägen, und seien befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie hätten insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalteten, entrichtet würden.
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO hafteten die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden könnten.
Gemäß § 1298 ABGB obliege dem, der vorgebe, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung ohne sein Verschulden verhindert gewesen sei, der Beweis.
Gemäß § 264 Abs. 1 BAO könne gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).
Gemäß Abs. 4 lit. e sei für Vorlageanträge sinngemäß § 260 Abs. 1 BAO (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung) anzuwenden.
Gemäß Abs. 5 obliege die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge dem Verwaltungsgericht.
In sinngemäßer Anwendung des § 260 Abs. 1 lit. b BAO sei somit der Vorlageantrag mit Beschluss zurückzuweisen, wenn er nicht fristgerecht eingebracht worden sei.
Hinsichtlich der Heranziehung zur Haftung für ausstehende Lohnsteuer sei festzuhalten, dass gemäß § 78 Abs. 1 EStG 1988 der Arbeitgeber die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten habe. Es wäre seine Pflicht gewesen, für eine zeitgerechte Lohnsteuerabfuhr Sorge zu tragen. Die Bf. hingegen habe die Abfuhr der angeführten fälligen Lohnsteuerbeträge unterlassen. Es werde in diesem Zusammenhang hervorgehoben, dass der Arbeitgeber gemäß § 78 Abs. 3 leg. cit. für den Fall, dass die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht ausreichten, verpflichtet sei, die Lohnsteuer von dem tatsächlichen zur Auszahlung gelangenden, niedrigeren Betrag zu berechnen, einzubehalten und abzuführen. In der Nichtbeachtung dieser Verpflichtung sei jedenfalls ein schuldhaftes Verhalten zu erblicken (vgl. ). Hinsichtlich anderer Abgaben, die für das Geschäftsergebnis einer juristischen Person nicht erfolgsneutral seien, sei es Sache des gemäß § 80 BAO befugten Vertreters, darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge habe tragen können, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden dürfe. In der Regel werde nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der Gesellschaft haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermögliche. Außerdem treffe den Haftenden (§ 77 Abs. 2 BAO) die gleiche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht (§ 119 leg. cit.) wie den Abgabenpflichtigen, sodass er zeitgerecht für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen habe. Der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer habe daher das Fehlen ausreichender Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen. Außerdem habe er darzutun, dass er die Abgabenforderungen bei der Verwendung der vorhandenen Mittel nicht benachteiligt habe (vgl. ; ; ).
Dem Vorlageantrag seien keine Neuerungen zu entnehmen.
Seitens der Abgabenbehörde sei im gegenständlichen Verfahren durch den vorliegenden Rückschein der Beschwerdevorentscheidung festzustellen, dass die Beschwerdevorentscheidung vom lt. Rückschein ab Mittwoch, dem , zur Abholung hinterlegt worden sei. Dadurch habe die Beschwerdevorentscheidung als zugestellt und bekanntgegeben gegolten. Durch deren Bekanntgabe sei mit diesem Tag der Lauf der Frist von einem Monat für die Einbringung eines Vorlageantrages ausgelöst worden. Nach der Bestimmung des § 108 Abs. 2 BAO habe die einmonatige Frist zur Einbringung eines Vorlageantrages daher mit Ablauf des (Donnerstag) geendet. Die Eingabe des Vorlageantrags, datiert mit , sei durch Postaufgabe initiiert worden. Dies sei, wie aus dem Eingangsstempel der Post zu ersehen gewesen sei, am Mittwoch, dem , erfolgt. An diesem Tag sei jedoch die einmonatige Frist bereits überschritten und damit der Ablauf der Frist festzustellen gewesen. Infolge der gegebenen Fristversäumnis sei der Vorlageantrag als verspätet eingebracht zu beurteilen.
Sollte das Bundesfinanzgericht allerdings der Ansicht sein, dass es sich um einen fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag handle, werde wie folgt Stellung genommen: grundsätzlich werde auf die Begründungen des angefochtenen Bescheides und der Beschwerdevorentscheidung verwiesen.
Die Bf. sei im Zeitraum vom D-1 bis D-2 und seit D-3 unbestritten handelsrechtliche Geschäftsführerin der Primärschuldnerin gewesen. Sie sei somit auch verpflichtet gewesen, die Abgaben aus deren Mitteln zu bezahlen. In diesem Zusammenhang sei auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach der Vertreter darzutun habe, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls angenommen werde, dass die Pflichtverletzung schuldhaft gewesen sei (zB ; ; ; ; ). Nur der Vertreter werde nämlich idR jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung des Vertretenen haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermögliche (zB ; ; ; ). Daher habe er für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen (), etwa durch das Erstellen und Aufbewahren von Ausdrucken (zB ). Dem Vertreter obliege der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre (zB ; ; ; ; ; ). Hierbei seien noch nicht fällige Verbindlichkeiten nicht zu berücksichtigen (). Dieser Nachweis der Gläubigergleichbehandlung, und zwar die Darstellung der tatsächlich vorhandenen Mittel sowie der aliquoten Mittelverwendung, habe nicht entsprechend erbracht werden können. Dazu wäre eine Auflistung sämtlicher Gläubiger mit zum Zeitpunkt der Abgabenfälligkeiten gleichzeitig oder früher fällig gewordenen Forderungen zu übermitteln gewesen. In dieser Aufstellung hätten alle damaligen Gläubiger der Primärschuldnerin (auch die zu Gänze bezahlten) sowie die auf einzelne Verbindlichkeiten (Gläubiger) geleisteten Zahlungen enthalten sein müssen. Dem Vertreter obliege dabei kein negativer Beweis, sondern die konkrete (schlüssige) Darstellung der Gründe, die zB der gebotenen rechtzeitigen Abgabenentrichtung entgegengestanden seien (; , 2006/17/0002; zumindest "qualifizierte Behauptungs- und Konkretisierungslast" nach ; ).
Das Finanzamt Österreich als Abgabenbehörde beantrage daher, den vorliegenden Vorlageantrag als verspätet zurückzuweisen oder in eventu der Beschwerde analog zur Beschwerdevorentscheidung teilweise stattzugeben.
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Am erließ das Bundesfinanzgericht an die Masseverwalterin folgenden Vorhalt:
Da der angefochtene Haftungsbescheid vom laut Rückschein am der damaligen Bf. durch Hinterlegung zugestellt, die dagegen erhobene Beschwerde vom jedoch erst am zur Post gegeben worden sei, wäre diese verspätet eingebracht worden.
In der Beschwerde habe sie darauf hingewiesen, dass die Zustellung rechtsunwirksam gewesen sei, da sie sich vom bis auf Urlaub befunden habe, weshalb die Beschwerde rechtzeitig eingebracht worden sei.
Zum Nachweis dieses Vorbringens werde um Vorlage geeigneter Nachweise (zB Reise-/ Buchungsbestätigung, Einkaufsbelege von ihrem Urlaubsort und dgl.) ersucht.
Weiters sei die Beschwerdevorentscheidung vom am ebenfalls durch Hinterlegung an die damalige Beschwerdeführerin zugestellt, hingegen der darauf eingebrachte Vorlageantrag vom erst am zur Post gegeben worden, weshalb auch der Vorlageantrag verspätet wäre.
Um Stellungnahme und Vorlage etwaiger Nachweise für die Ortsabwesenheit der damaligen Bf. werde ersucht.
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Mit Schreiben vom nahm die Masseverwalterin Stellung:
Sie verfüge als Masseverwalterin im Insolvenzverfahren der Verlassenschaft nach der verstorbenen Bf. über keinerlei Informationen zu ihrer damaligen Ortsabwesenheit. Infolge dessen habe sie sämtliche ihr bekannten Familienangehörigen sowie den ehemaligen Lebensgefährten der Bf. kontaktiert.
Der ehemalige Lebensgefährte P-1 habe sie darüber informiert, dass die Bf. am zu ihrem Vater P-2 nach Bayern gereist sei, um dort Weihnachten zu feiern. Im Anschluss daran habe sie einen Urlaub mit ihrem Lebensgefährten und dessen Tochter in Ungarn verbracht. Die Bf. sei erst am spätabends in ihre Wohnung zurückgekehrt. Die Tatsache, dass die Bf. Weihnachten 2021 bei ihrem Vater in Bayern verbracht habe, sei ihr auch von ihrem Bruder P-3 bestätigt worden.
Aus einem der Masseverwalterin vorliegenden Kontoauszug des Bankkontos der Bf. gehe u.a. hervor, dass sie am eine Zahlung an einem Bankomaten in A-2 (Ungarn) getätigt habe. Dieser Kontoauszug werde als Nachweis für ihre Ortsabwesenheit vorgelegt.
Des Weiteren habe Herr P-1 ihr gegenüber angegeben, dass die Bf. vom bis in A-3 aufhältig war.
Zum Beweis für dieses Vorbringen könnten P-1, geb. D-8, wohnhaft in A-3, sowie P-2 (Vater) und P-3 (Bruder) als Zeugen einvernommen werden. Eine ladungsfähige Zustelladresse des Vaters sowie des Bruders sei ihr bis dato nicht bekanntgegeben worden. Die Korrespondenz zwischen ihr ("War Ihre Schwester auch Weihnachten 2021 bei ihrem Vater in Bayern?") und P-3 ("Ja, sie war jedes Jahr in Bayern bei uns.") füge sie ihrem Schreiben bei.
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Daraufhin lud das Bundesfinanzgericht P-1 als Zeugen vor und nahm folgende Niederschrift auf:
"Zeuge:
Zunächst möchte ich richtigstellen, dass ich nicht der Lebensgefährte von Frau Bf. war, sondern haben wir lediglich zeitweise in Wien in einer Wohngemeinschaft gelebt, daher haben wir einiges gemeinsam unternommen.
Richterin:
Können Sie sich erinnern, wo Frau Bf. Weihnachten 2021 verbracht hat?
Zeuge:
Ich habe in meinen Unterlagen nachgesehen, dass sie am noch einen Wochenmarkt mit Verkauf von Obst und Gemüse in Wien durchgeführt hat. Anschließend ist sie noch am selben Tag zu ihrem Vater nach Bayern mit dem Zug gefahren. Dazu lege ich Kontoauszüge vor, aus denen hervorgeht, dass Frau Bf. am von Wien nach Salzburg gefahren ist und von dort mit dem Zug weiter nach Bayern.
Richterin:
Wie lauten die Anschriften des Vaters und Bruders von Frau Bf.?
Zeuge:
Adresse Vater P-2: A-4
Adresse Bruder P-3: A-5
Adresse Schwager P-4: A-6
Richterin:
Sind Sie zu der Zeit auch in Bayern gewesen?
Zeuge:
Nein.
Richterin:
Wie lange dauerte der Aufenthalt von Frau Bf.?
Zeuge:
Spätestens am war sie wieder bei mir in A-3.
Richterin:
Wohin ist sie nach der Abreise gefahren?
Zeuge:
Sie ist nicht in ihrer Wohnung gewesen, sondern gleich nach A-3 gefahren.
Richterin:
Wie lange war sie in A-3?
Zeuge:
Am waren wir noch gemeinsam in Ungarn in einer Therme, die Belege dazu lege ich vor. Am bin ich nach Wien gefahren, um meine Tochter zu holen. Frau Bf. ist derweil in A-3 geblieben. Wir sind dann zu dritt am Abend von A-3 zu meinem Bruder P-5 nach Wien gefahren. Die derzeitige Adresse meines Bruders lautet A-7. Anwesend bei der Silvesterparty waren meine beiden Brüder und Freunde. Am späten Nachmittag des sind wir dann zu dritt nach A-3 zurückgefahren. Am sind wir dann nach Ungarn, A-2, gefahren.
Richterin:
Wo haben Sie in Ungarn übernachtet? Gibt es dafür Belege?
Zeuge:
A-2, in dem Haus H-1, das wir vorerst bis gemietet hatten. Wir haben dann um 2 Tage verlängert und fuhren am nach A-3 zurück.
Richterin:
Wann ist sie wieder nach Wien gefahren?
Zeuge:
Am Abend des ist Frau Bf. alleine nach Wien gefahren.
Richterin:
Können Sie angeben, wo sich Frau Bf. im Zeitraum zwischen dem 15. und aufgehalten hat?
Zeuge:
Da war sie durchgehend in A-3. Sie ist am nach A-3 gefahren und am wieder retour nach Wien. In diesem Zeitraum waren wir mit zwei Autos in meiner Werkstätte in Ungarn bzw. haben wir eine ehemalige Mitarbeiterin von mir in Ungarn getroffen. Dazu habe ich vielleicht auch Belege, die ich allerdings leider nicht mitgenommen habe.
Richterin:
Es wird ersucht, diese Belege mittels E-Mails oder per Post bis Ende Juli 2024 zu übermitteln.
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Diesem Ersuchen kam der Zeuge mit Schreiben vom nach und übermittelte Belege des Thermenbesuches in A-8 am , eines Kaffeehausbesuches in A-9, wo die Bf. und er eine alte Bekannte getroffen hätten, sowie eines Restaurantbesuches in A-8, jeweils am .
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Mit Schreiben vom wurde dem Finanzamt das Ermittlungsverfahren zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde und des Vorlageantrages zur Kenntnis gebracht.
Das Finanzamt gab dazu keine Stellungnahme ab.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Rechtzeitigkeit der Beschwerde und des Vorlageantrages
§ 245 Abs. 1 BAO lautet auszugsweise:
Die Beschwerdefrist beträgt einen Monat.
§ 264 Abs. 1 BAO lautet auszugsweise:
Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).
§ 108 BAO lautet auszugsweise:
(2) Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates.
(3) Beginn und Lauf einer Frist werden durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.
(4) Die Tage des Postenlaufes werden in die Frist nicht eingerechnet.
§ 109 BAO lautet:
Wird der Lauf einer Frist durch eine behördliche Erledigung ausgelöst, so ist für den Beginn der Frist der Tag maßgebend, an dem die Erledigung bekanntgegeben worden ist (§ 97 Abs. 1).
§ 97 Abs. 1 lit. a BAO lautet auszugsweise:
Erledigungen werden dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen (…) durch Zustellung.
§ 17 ZustG lautet auszugsweise:
(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.
Der gegenständliche Haftungsbescheid vom wurde mit RSb-Brief an die Bf. versendet und infolge ihrer Abwesenheit gemäß § 17 Abs. 1 ZustG am am Postamt hinterlegt sowie am selben Tag erstmals zur Abholung bereitgehalten, weshalb der Bescheid auch an diesem Tag gemäß § 17 Abs. 3 ZustG als zugestellt und damit gemäß § 97 Abs. 1 lit. a BAO als wirksam galt. Da die Beschwerdefrist daher gemäß § 245 Abs. 1 BAO iVm § 108 Abs. 2 BAO bereits am endete, war zunächst davon auszugehen, dass die dagegen erhobene Beschwerde vom , die am zur Post gegeben wurde, verspätet eingebracht wurde.
Der Rückschein stellt als Zustellnachweis eine öffentliche Urkunde dar und hat die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich. Diese Vermutung ist allerdings widerlegbar. Behauptet jemand, es lägen Zustellmängel vor, so hat er diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen ().
Da die Bf. in ihrer Beschwerde jedoch einwandte, dass sie sich vom bis auf Urlaub befunden habe, war diese unbewiesene Behauptung zu überprüfen.
Dabei ergab das Ermittlungsverfahren, dass sich die Bf. am auf den Weg zu ihren Verwandten (ihrem Vater P-2, ihrem Bruder P-3 und ihrem Schwager P-4) nach Bayern machte, um mit ihnen, wie jedes Jahr, die Weihnachtsfeiertage zu verbringen. Nach den glaubwürdigen und weitgehend belegten Angaben des Zeugen P-1 (Aufenthalt in einer ungarischen Therme am und in einem ungarischen Hotel vom 02.-, jeweils für zwei Personen) fuhr sie von dort auf direktem Weg am zu ihm nach A-3 im Burgenland nahe der ungarischen Grenze, ohne dazwischen nach Wien zu fahren.
Da die Bf. erst am Abend des (Freitag) nach Wien zurückfuhr, konnte sie den gegenständlichen Haftungsbescheid gemäß § 17 Abs. 3 ZustG auch erst am darauffolgenden Montag, dem , abholen, weshalb die am zur Post gegebene Beschwerde gemäß § 245 Abs. 1 BAO rechtzeitig war.
Die Beschwerdevorentscheidung vom wurde ebenfalls mit RSb-Brief an die Bf. versendet und infolge ihrer Abwesenheit gemäß § 17 Abs. 1 ZustG am am Postamt hinterlegt sowie am erstmals zur Abholung bereitgehalten, weshalb der Bescheid auch an diesem Tag gemäß § 17 Abs. 3 ZustG als zugestellt und damit gemäß § 97 Abs. 1 lit. a BAO als wirksam galt. Da die Frist zur Einbringung eines Vorlageantrages daher gemäß § 264 Abs. 1 BAO iVm § 108 Abs. 2 BAO bereits am endete, war zunächst auch hier davon auszugehen, dass der dagegen erhobene Vorlageantrag vom , der am zur Post gegeben wurde, verspätet eingebracht wurde.
Auch zur Rechtzeitigkeit des Vorlageantrages wurde ein Ermittlungsverfahren geführt, obwohl die Bf. darin keine entsprechenden Einwendungen machte. Dieses ergab, dass sie am (Freitag) zum Zeugen P-1 nach A-3 und am (Donnerstag) wieder nach Wien retour fuhr. Dazu wurden Belege vom (ungarische Therme) und (ungarische Lokale) vorgelegt. Da der Zeuge diese Angaben mit den Hinweisen auf weitere Aufenthalte in Ungarn mit zwei Autos in seiner Werkstätte und anlässlich eines Treffens mit einer ehemaligen Mitarbeiterin bekräftigte, gab es nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes keinen Anlass, an der Richtigkeit seiner Aussage zu zweifeln, zumal dieser Sachverhalt vom Finanzamt unwidersprochen blieb.
Da somit die Bf. erst am (Donnerstag) nach Wien zurückfuhr, konnte sie den gegenständlichen Haftungsbescheid gemäß § 17 Abs. 3 ZustG auch erst an diesem Tag abholen, weshalb der am zur Post gegebene Vorlageantrag gemäß § 264 Abs. 1 BAO ebenfalls rechtzeitig war.
Haftung
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Persönliche Haftungen erstrecken sich gemäß § 7 Abs. 2 BAO auch auf Nebenansprüche im Sinne des § 3 Abs. 1 und 2. Zu diesen Nebenansprüchen gehören gemäß § 3 Abs. 2 lit. d insbesondere die Nebengebühren der Abgaben, wie die Stundungs- und Aussetzungszinsen, der Säumniszuschlag und die Kosten (Gebühren und Auslagenersätze) des Vollstreckungs- und Sicherungsverfahrens, worunter gemäß § 26 AbgEO insbesondere Pfändungsgebühren und die durch die Vollstreckungsmaßnahmen verursachten Barauslagen (somit auch Postgebühren) fallen.
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Verjährung
Gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjährt das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe.
Gemäß § 238 Abs. 2 BAO wird die Verjährung fälliger Abgaben durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.
Durch die Anmeldung im Insolvenzverfahren wird gemäß § 9 Abs. 1 IO die Verjährung der angemeldeten Forderung unterbrochen. Die Verjährung der Forderung gegen den Schuldner beginnt von neuem mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens rechtskräftig geworden ist.
Dem Einwand der Bf., dass die haftungsgegenständlichen Abgaben gemäß § 238 BAO verjährt wären, ist die Aktenlage entgegenzuhalten, wonach ab (dem ältesten Fälligkeitstag) bis vorläufig folgende Unterbrechungshandlungen gemäß § 9 Abs. 1 IO sowie § 238 Abs. 2 BAO, die die Einhebungsverjährungsfrist jeweils neu in Gang setzten, gesetzt wurden:
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Unterbrechungshandlung | Datum | Verjährungsfrist verlängert bis |
Anmeldung im Konkurs | D-5 | D-9 (5 Jahre nach Konkursaufhebung) |
Einholung eines Vermögensverzeichnisses | ||
Termin für persönliche Vorsprache | ||
Einholung eines Firmenbuchauszugs | ||
Haftungsbescheid | ||
Beschwerdevorentscheidung |
Daraus erhellt, dass eine Verjährung der Einhebung nach § 238 Abs. 1 BAO zufolge der regelmäßigen Unterbrechungshandlungen gemäß § 238 Abs. 2 BAO nicht eingetreten ist.
Voraussetzungen für die Haftung gemäß § 9 Abs. 1 BAO
- Abgabenforderungen gegen die vertretene Gesellschaft
- Uneinbringlichkeit der Abgabenforderungen
- Stellung des Geschäftsführers als Vertreter
- abgabenrechtliche Pflichtverletzung des Vertreters
- dessen Verschulden an der Pflichtverletzung
- Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit der Abgaben (Kausalität)
Abgabenforderungen
Dem Einwand der Bf., dass der Haftungsbetrag nicht nachvollziehbar sei, ist die Aktenlage entgegenzuhalten, wonach sämtliche haftungsgegenständlichen Abgaben bescheidmäßig festgesetzt wurden und in der im Haftungsbescheid angeführten Höhe nach wie vor unberichtigt aushaften.
Davon hatte die Bf. auch Kenntnis, da ihr die Festsetzungsbescheide gleichzeitig mit dem Haftungsbescheid übermittelt wurden.
In einem Fall, in dem weder die Höhe (zur jeweiligen Fälligkeit) der Abgabenschuld bestritten noch vom Haftungspflichtigen Gläubigergleichbehandlung behauptet wird, ist eine Aufgliederung der Abgabenschuld nach den jeweiligen Fälligkeiten nicht geboten ().
Uneinbringlichkeit
Die Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO ist eine Ausfallshaftung (). Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (). Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären ().
Im gegenständlichen Fall steht die Uneinbringlichkeit fest, da mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom D-6 der über das Vermögen der G-1 am D-5 eröffnete Konkurs mangels Kostendeckung aufgehoben und die Gesellschaft am D-10 im Firmenbuch infolge Vermögenslosigkeit gelöscht wurde.
Vertreter
Aktenkundig war die Bf. in den Zeiträumen D-1 bis D-2 sowie D-3 bis D-5 (Konkurseröffnung) Geschäftsführerin der genannten GmbH.
Schuldhafte Pflichtverletzung
Somit oblag der Bf. in diesen Zeiträumen die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft. Insbesondere ist im Rahmen dieser Verpflichtung für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen ().
Von ihr wird bestritten, in den Zeiträumen zwischen D-2 und D-3 (Umsatzsteuer 11-12/2006, Umsatzsteuer 01-08/2006, Säumniszuschläge 1 2006 und 2007 sowie Lohnsteuer 2007) sowie ab D-5 (Lohnabgaben 2008, Umsatzsteuern 01-06/2011 und 07-12/2011, Körperschaftsteuern 01-03/2012, 04-06/2012, 07-09/2012, 10-12/2012, 04-06/2013 und 07-09/2013) schuldhaft gehandelt zu haben, da sie in diesen Zeiträumen, in denen die Abgaben fällig bzw. zu entrichten gewesen seien, keine Geschäftsführerfunktion innegehabt habe.
Dazu ist zu den nachstehenden Abgaben Folgendes festzustellen:
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Abgabe | Zeitraum | Fälligkeit | Zahlungsfrist |
Umsatzsteuer | 2005 | ||
Umsatzsteuer | 11-12/2006 | ||
Umsatzsteuer | 01-08/2007 | ||
Säumniszuschlag 1 | 2007 | --- | |
Säumniszuschlag 1 | 2007 | --- | |
Säumniszuschlag 1 | 2006 | --- |
Hinsichtlich dieser Abgaben fiel sowohl die Fälligkeit als auch die nach den später ergangenen Bescheiden zuerkannten Zahlungsfristen in den Zeitraum zwischen der Geschäftsführung der Bf.
Allerdings lässt sich daraus für die Bf. nichts gewinnen, da sich ein Geschäftsführer bei seiner Übernahme der Vertretertätigkeit darüber zu unterrichten hat, ob und in welchem Ausmaß der von ihm nunmehr Vertretene bisher seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen nachgekommen ist (zB ), weil die Pflicht der Gesellschaft zur Abgabenentrichtung erst mit deren Abstattung endet ().
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Abgabe | Zeitraum | Fälligkeit | Zahlungsfrist |
Lohnsteuer | 2007 | ||
Umsatzsteuer | 09-12/2007 |
Bei diesen Abgaben lagen die Zahlungsfristen ohnehin innerhalb der Vertretertätigkeit der Bf., weshalb hier ebenfalls eine Verpflichtung der Bf. zur Entrichtung gegeben war.
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Abgabe | Zeitraum | Fälligkeit | Zahlungsfrist |
Lohnsteuer | 2008 | ||
Dienstgeberbeitrag | 2008 | ||
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 2008 | ||
Umsatzsteuer | 01-06/2011 |
Die Zahlungsfristen der obenstehenden Abgaben lagen aufgrund der im Konkurs erfolgten Festsetzung zwar außerhalb ihrer Geschäftsführertätigkeit, allerdings fielen die Zahlungsverpflichtungen aufgrund der bereits früher eingetretenen Fälligkeiten noch in den Aufgabenbereich der Bf., da sich der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, danach bestimmt, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären (), weshalb bei Selbstbemessungsabgaben nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes maßgebend ist, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären (); maßgebend ist daher ausschließlich der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, somit unabhängig davon, ob die Abgabe bescheidmäßig festgesetzt wird ().
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Abgabe | Zeitraum | Fälligkeit |
Umsatzsteuer | 07-12/2011 | |
Körperschaftsteuer | 01-03/2012 | |
Körperschaftsteuer | 04-06/2012 | |
Körperschaftsteuer | 07-09/2012 | |
Körperschaftsteuer | 10-12/2012 | |
Körperschaftsteuer | 04-06/2013 | |
Körperschaftsteuer | 07-09/2013 |
Hingegen waren die vorstehenden Abgaben erst während des laufenden Insolvenzverfahrens fällig, weshalb der Bf. an deren Nichtentrichtung keine schuldhafte Pflichtverletzung zur Last gelegt werden kann.
Dem Vorbringen der Bf., dass bei der Festsetzung der Umsatzsteuern 2010 und 2011 zahlreiche Ausgaben nicht berücksichtigt worden seien, muss entgegengehalten werden, dass Einwendungen gegen den Abgabenanspruch nicht mit Erfolg im Haftungsverfahren vorgebracht werden können, sondern ausschließlich im Beschwerdeverfahren gemäß § 248 BAO betreffend Bescheide über den Abgabenanspruch, zumal nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch die nach § 9 BAO erforderliche Verschuldensprüfung von der objektiven Richtigkeit der Abgabenfestsetzung auszugehen hat ().
Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voran, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an diesen Abgabenbescheid zu halten ().
Die Frage, ob ein Abgabenanspruch gegeben ist, ist als Vorfrage im Haftungsverfahren von dem für die Entscheidung über die Haftung zuständigen Organ nur dann zu beantworten, wenn kein eine Bindungswirkung erstreckender Abgabenbescheid vorangegangen ist ().
Bringt der Haftungspflichtige sowohl gegen den Haftungsbescheid als auch gegen den maßgeblichen Bescheid über den Abgabenanspruch Beschwerden ein, so ist zunächst über die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid zu entscheiden (), da von dieser Erledigung die Rechtsmittelbefugnis gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch abhängt ().
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen (, 0038). Er hat also darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, andernfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (vgl. ).
Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat, so verletzt der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht (; ).
Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichen; es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten ().
Seitens der Bf. wurde nicht vorgebracht, dass die Primärschuldnerin im haftungsgegenständlichen Zeitraum über keine finanzielle Mittel mehr verfügt habe bzw. wurde auch nicht behauptet, es seien sämtliche Gläubiger gleichbehandelt worden. Für eine völlige Vermögenslosigkeit der Primärschuldnerin ergeben sich auch nach Aktenlage keine Anhaltspunkte, zumal in den Jahren 2007 und 2008 noch Löhne ausbezahlt wurden und in den zuletzt eingereichten Jahresabschlüssen 2005 und 2006 liquide Mittel von € 74.775,98 bzw. € 92.282,82 ausgewiesen waren.
Grundsätzlich wäre es an der Bf. als Vertreterin der GmbH, der als Geschäftsführerin der Primärschuldnerin ausreichend Einblick in die Gebarung zustand, gelegen gewesen, das Ausmaß der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeiträumen der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen (), da nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen hat, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel ().
Gemäß § 132 Abs. 1 BAO sind Bücher und Aufzeichnungen sowie die zu den Büchern und Aufzeichnungen gehörigen Belege sieben Jahre aufzubewahren; darüber hinaus sind sie noch so lange aufzubewahren, als sie für die Abgabenerhebung betreffende anhängige Verfahren von Bedeutung sind, in denen diejenigen Parteistellung haben, für die aufgrund von Abgabenvorschriften die Bücher und Aufzeichnungen zu führen waren oder für die ohne gesetzliche Verpflichtung Bücher geführt wurden. Soweit Geschäftspapiere und sonstige Unterlagen für die Abgabenerhebung von Bedeutung sind, sollen sie sieben Jahre aufbewahrt werden. Diese Fristen laufen für die Bücher und die Aufzeichnungen vom Schluss des Kalenderjahres, für das die Eintragungen in die Bücher oder Aufzeichnungen vorgenommen worden sind, und für die Belege, Geschäftspapiere und sonstigen Unterlagen vom Schluss des Kalenderjahres, auf das sie sich beziehen; bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr laufen die Fristen vom Schluss des Kalenderjahres, in dem das Wirtschaftsjahr endet.
Allerdings kommt dem Einwand der Bf., dass längst "Verjährung" der Aufbewahrungspflicht eingetreten sei, Berechtigung zu, da die Pflicht zur Aufbewahrung der Bücher, Aufzeichnungen und Belege für die haftungsgegenständlichen Jahre 2005-2013 gemäß § 132 Abs. 1 BAO ab dem bis spätestens am abgelaufen war.
Es kommt auch keine Verlängerung der Aufbewahrungspflicht nach dem zweiten Halbsatz des § 132 Abs. 1 BAO in Betracht, weil diese einerseits nur für die die Abgabenerhebung, und daher nicht die Einhebung, betreffende anhängige Verfahren Anwendung findet und andererseits auch keine Identität zwischen der Gesellschaft und ihrem Geschäftsführer besteht, die in beiden Verfahren (Abgabenfestsetzung und Haftung als Einhebungsmaßnahme) Parteistellung haben könnten. Darüber hinaus war im Zeitpunkt des Ablaufes der Belegaufbewahrungspflicht auch noch gar kein Haftungsverfahren anhängig (Haftungsbescheid vom ) und die Bf., an die zwar am ein Ersuchen um Darlegung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse erging und am ein Termin zur persönlichen Vorsprache im Finanzamt gerichtet wurde, infolge der daraufhin erst nach Ablauf von mehr als fünf Jahren erfolgten Haftungsinanspruchnahme davon ausgehen durfte, dass das Finanzamt von ihrer Heranziehung zur Haftung Abstand nahm.
Nach Ablauf der siebenjährigen Aufbewahrungspflicht kann im gegenständlichen Fall der späten Haftungsinanspruchnahme somit kein Nachweis für die Gleichbehandlung der Verbindlichkeiten gefordert werden.
Der Bf. kann das Nichtvorhandensein der Unterlagen und somit die fehlende Möglichkeit zur Erstellung einer Liquiditätsrechnung zur Darlegung der Gleichbehandlung der liquiden Mittel nicht vorgeworfen werden.
Im Hinblick auf die zu Recht unterlassene Behauptung und Konkretisierung des Ausmaßes der Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten zur Verfügung gestandenen Mittel zur Erfüllung der vollen Abgabenverbindlichkeiten kommt eine Haftungsinanspruchnahme für die von der Haftung betroffenen Abgabenschulden - mit Ausnahme der Lohnsteuern, da für aushaftende Abfuhrabgaben wie die Lohnsteuer Ausnahmen vom Gleichheitsgrundsatz gelten, weil nach § 78 Abs. 3 EStG der Arbeitgeber, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes ausreichen, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten hat (; ) - nicht in Betracht.
Folgende Abgaben verbleiben daher:
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Abgabe | Zeitraum | Betrag |
Lohnsteuer | 2007 | 4.417,14 |
Lohnsteuer | 2008 | 1.414,11 |
Summe | 5.831,25 |
Kausalität
Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (), auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.
Ermessen
Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dabei ist dem Begriff "Billigkeit" die Bedeutung von Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei und dem Begriff "Zweckmäßigkeit" das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einhebung der Abgaben, beizumessen ().
Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist ().
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB ; ) ist dem Element der Zumutbarkeit der Heranziehung eines Haftungspflichtigen angesichts lange verstrichener Zeit im Rahmen der behördlichen Ermessensübung besondere Bedeutung beizumessen.
Die Fälligkeiten der vom Haftungsausspruch betroffenen Lohnsteuern liegen nunmehr 16-17 Jahre zurück. Die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben bei der Primärschuldnerin stand im Zeitpunkt der Aufhebung des Konkursverfahrens, somit am D-6, fest. Der Haftungsbescheid erging erst mehr als 8 Jahre danach (). Für das lange Zuwarten bis zur Erlassung des Haftungsbescheides lagen keine Gründe vor.
Der Obliegenheit, angesichts lange verstrichener Zeit resultierende Unbilligkeiten hintanzuhalten, wurde auch in zahlreichen Entscheidungen des Bundesfinanzgerichtes (zB ) insofern Rechnung getragen, als die Haftung im Rahmen der Ermessensentscheidung aufgehoben wurde.
In Abwägung von Zweckmäßigkeit und Billigkeit war der Beschwerde daher im Rahmen des Ermessens stattzugeben und der Haftungsbescheid aufzuheben.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag im gegenständlichen Fall nicht vor. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten Judikatur des VwGH.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 108 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 97 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 17 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 § 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 238 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 238 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 9 Abs. 1 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914 § 132 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7103393.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at