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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.11.2024, RV/7102459/2023

Verlängerung der Verjährungsfrist

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***RA-GmbH***, ***RA-GmbHAdr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Grunderwerbsteuer, Steuernummer ***BF1StNr1***, Erfassungsnummer 10-2016, u Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Baurechtsvertrag

Das XY ist Alleineigentümer der Liegenschaft GSt-1, EZ neu, in der KG-A, im Ausmaß von 220 m².

Am 20.7./ schlossen der Alleineigentümer, als Baurechtsgeber, und die Beschwerdeführerin (kurz: Bf), als Bauberechtigte, einen "BAURECHTSVERTRAG" ab, mit dem der Bf ein Baurecht auf die Dauer von 60 Jahren eingeräumt wurde. Als Entgelt wurde ein jährlicher Bauzins in Höhe von € 3.377,-- zuzüglich Umsatzsteuer vereinbart.

Selbstberechnung

Vom Vertragserrichter wurde die Grunderwerbsteuer von einer Bemessungsgrundlage in Höhe von € 60.786,00 (=3.377 x 18) selbstberechnet.

Außenprüfung

Das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuer und Glücksspiel erließ am einen an den Selbstabrechner gerichteten "Bescheid über einen Prüfungsauftrag" für eine Außenprüfung gemäß § 147 BAO. Neben der namentlichen Bezeichnung der Prüfungsorgane war als "Gegenstand der Außenprüfung" ua. die "Selbstberechnung §§ 15 (2) GrEStG" für den "Zeitraum: - " angeführt.

Dieser Prüfungsauftrag wurde dem Vertragserrichter am ausgehändigt. Den Prüfern wurden Listen der Geschäftsfälle übergeben.

Das Finanzamt berechnete für die Vertragsliegenschaft ein Grundstückswert in Höhe von € 93.529,72.

Am fand die Schlussbesprechung über die Außenprüfung statt.

Die Prüferin stellte fest, dass ein umsatzsteuerfreier Vorgang vorliegt, weshalb diese nicht in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einzubeziehen ist. Der kapitalisierte Baurechtszins in Höhe von € 60.786,00 beträgt 64,99% des Grundstückswertes von € 93.529,72. Damit gilt der Erwerbsvorgang als teilentgeltlich iSd Grunderwerbsteuergesetzes. Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung, aber mindestens vom Grundstückswert zu berechnen.

Angefochtener Bescheid

Das nunmehr zuständige Finanzamt Österreich schloss sich der Auffassung der Prüferin an und setzte die Grunderwerbsteuer gemäß § 201 BAO - unter Anrechnung des selbstberechneten Betrages - entsprechend fest.

Beschwerde

Innerhalb offener Frist wurde dagegen Beschwerde erhoben und vorgebracht, dass die belangte Behörde übersehen habe, dass gemäß § 207 Abs. 2 BAO die Verjährungsfrist bei der Grunderwerbsteuer fünf Jahre beträgt. Nach § 208 Abs. 1 lit. a BAO beginnt die Verjährung in den Fällen des § 207 Abs. 2 BAO mit Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist. Für den konkreten Fall bedeutet dies, dass der Abgabenanspruch mit Ablauf des Jahres 2016 entstanden ist. Mit Ablauf des Jahres 2021 ist das Ende der allgemeinen, fünfjähren Verjährungsfrist anzusetzen.

Nach der Rechtsprechung des VwGH setzt die Fristverlängerung etwa die Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches voraus. Die bloße Ankündigung einer Amtshandlung würde nicht genügen (Hinweis auf: ; ; ; ). Auch Außenprüfungen sind aus Verjährungssicht grundsätzlich nur hinsichtlich jener Abgaben bedeutsam, die Gegenstand der Prüfung sind (Hinweis auf: . 82/13/0050; ).

Es würden im vorliegenden keine nach außen erkennbaren Amtshandlungen oder sonstige Gründe vorliegen, die eine Fristverlängerung begründen könnten. Das Recht der belangten Behörde, die Grunderwerbssteuer nachträglich im Jahr 2022 neu festzusetzen, sei verjährt.

Es wurde ferner der Antrag gestellt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde ab und begründete dies wie folgt:

"Die Prüfung bei ***RA-GmbH*** (vormals RA) wurde mit Überreichung des Prüfauftrages vom und Abverlangen der Unterlagen am begonnen. Der Prüfauftrag enthält die Selbstberechnung §§ 15 (2) GrEStG, Immobilienertragssteuer und Gebühren gem. § 33 GebG vom - , sowie Kapitalverkehrssteuer vom - . Im Zuge der Prüfung wurde aus den zu Prüfbeginn in der Kanzlei am abverlangten Listen der Geschäftsfälle über die Selbstberechnung der gegenständliche Vertrag samt Unterlagen zur Selbstberechnung am zur Prüfung ausgewählt. Es wurde beanstandet, dass die Selbstberechnung nicht richtig erfolgte. Über mündliche Aufforderung (vor Ort und per Telefonat) wurden keine Daten zur Grundstückswertberechnung übergeben. Die Ermittlung des Grundstückswertes erfolgt über die Bewertungsstelle vom FA. Mit oben erwähnten Sachverhalt wurden ausreichend Amtshandlungen zur Unterbrechung der Verjährungsfrist gem. § 209 BAO dokumentiert. Weiters führt der Beschwerdeführer an, dass Außenprüfungen aus Verjährungssicht grunds. nur hins. jener Abgaben bedeutsam sind, die Gegenstand der Prüfung sind. Wie aus dem ersten Absatz erkennbar ist, umfasst der Prüfauftrag vom auch die Grunderwerbsteuer, die der gegenständliche Vertrag unterliegt. Anträge zur Vorlage an das Bundesfinanzgericht können nur stattgegeben werden, wenn im Antrag schriftlich auf das Erlassen einer Beschwerdevorentscheidung verzichtet wird."

Vorlageantrag

Fristgerecht wurde dagegen der Antrag gestellt, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Vorlage an das Verwaltungsgericht

Mit Bericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den Teilen des Verwaltungsaktes laut Aktenverzeichnis an das Bundesfinanzgericht vor.

Mit Fax vom wurde der Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgezogen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit Baurechtsvertrag vom erwarb die Bf ein Baurecht an der im Vertrag näher bezeichneten Liegenschaft.

Die Grunderwerbsteuer wurde vom kapitalisierten Baurechtszins in Höhe von € 60.786,00 selbstberechnet.

Am wurde der Prüfungsauftrag dem Selbstabrechner zur Kenntnis gebracht und ausgefolgt. Weiters wurden Listen der Geschäftsfälle abverlangt.

Am wurde der gegenständliche Baurechtsvertrag samt Unterlagen zur Selbstberechnung zur Prüfung ausgewählt.

Am fand die Schlussbesprechung über die Außenprüfung statt.

Am wurde der angefochtene Bescheid erlassen.

2. Beweiswürdigung

Die obigen Feststellungen ergeben sich aus den im Verwaltungsakt einliegenden Unterlagen. Die Aushändigung der bescheidmäßigen Ausfertigung des Prüfungsauftrages ist durch Unterzeichnung des Anwaltes schriftlich dokumentiert.

In der Begründung der Beschwerdevorentscheidung ist festgehalten, dass am Listen der Geschäftsfälle abverlangt wurden. Dieses Vorbringen stimmt mit der im Verwaltungsakt einliegenden "Liste Geschäftsfälle" mit dem Datum "", auf der auch der gegenständlichen Erwerbsvorgang angeführt ist, überein.

Das Finanzamt führte weiter aus, dass der gegenständliche Vertrag am samt Unterlagen zur Prüfung ausgewählt wurde. Die Daten zur Grundstückswertberechnung wurden vergeblich angefordert.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH kommt der Begründung in der Beschwerdevorentscheidung der Charakter eines Vorhaltes zu (vgl. zB , und , Ra 2019/13/0071).

Die Bf ist den in der Beschwerdevorentscheidung erwähnten Fakten (Abverlangen der Listen der Geschäftsfälle im Dezember 2019 und der Unterlagen zum gegenständlichen Vertrag im Jänner 2020) in der Beschwerde nicht entgegengetreten, weshalb diese im Rahmen der freien Beweiswürdigung als erwiesen anzunehmen sind.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Einziger Streitpunkt ist, ob Verjährung eingetreten ist.

Die Verjährungsfrist beträgt grundsätzlich (so auch bei der Grunderwerbsteuer) fünf Jahre (siehe § 207 Abs. 2 BAO).

Nach § 208 Abs. 1 lit. a BAO beginnt die Verjährung in den Fällen des § 207 Abs. 2 BAO mit Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.

§ 209 Abs. 1 BAO hat folgenden Wortlaut:

" (1) Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist. Verfolgungshandlungen (§ 14 Abs. 3 FinStrG, § 32 Abs. 2 VStG) gelten als solche Amtshandlungen. "

Der durch das AbgÄG 2004 (BGBl I 2004/180) an Stelle des Unterbrechungstatbestandes geregelte "Verlängerungstatbestand" gilt - abgesehen von den "absoluten" Verjährungsfristen des § 209 Abs 3, 4 und 5 - für sämtliche in der BAO geregelten Verjährungsfristen (ein, drei, fünf Jahre nach § 207; vgl. Ritz/Koran7, § 209 Rz 1).

Die Verlängerung um ein Jahr (dem ersten Satz des § 209 Abs 1 zufolge) erfolgt unabhängig davon, ob eine oder mehrere Amtshandlungen in der Verjährungsfrist unternommen werden sowie in welchem Jahr der Verjährungsfrist die Amtshandlung erfolgt (vgl. zB Rathgeber, SWK 2005, S 84; aM Wobisch in Arbeitsbuch Oberlaa 2005, 85; vgl. Ritz/Koran7, § 209 Rz 1)

In Ritz/Koran7, § 209 Rz , sind dazu folgende Beispiele dargestellt:

1. (Nicht hinterzogene) Einkommensteuer 2013. Erlassung des Einkommensteuerbescheides im Jahr 2014. Die Verjährung tritt Ende 2019 ein.

2. (Nicht hinterzogene) Umsatzsteuer 2013. Erlassung des Veranlagungsbescheides im Jahr 2014. Außenprüfung im Jahr 2015. Wiederaufnahme des Umsatzsteuerverfahrens im Jahr 2016. Die Verjährung tritt Ende 2019 ein.

Die verlängerungsrelevanten Amtshandlungen sind mit denselben Worten umschrieben wie bisher die Unterbrechungshandlungen. Daher ist die Judikatur (und Literatur) zu unterbrechenden Amtshandlungen (iSd § 209 Abs 1 aF) nunmehr gleichermaßen für die zur Verlängerung der Verjährungsfrist relevanten Amtshandlungen heranziehbar (vgl. Ritz/Koran7, § 209 Rz 1).

Die Amtshandlung muss nach außen wirksam und einwandfrei nach außen erkennbar sein (; , 92/16/0217; , 99/15/0098). Die bloße Wahrscheinlichkeit, die Erledigung habe die Sphäre der Behörde verlassen, genügt nicht (); dies gilt auch für eine "aus den Erfahrungen des täglichen Lebens im Zusammenhang mit dem üblichen amtsinternen Betrieb gefolgerte Wahrscheinlichkeit" (). Als Amtshandlung kommt auch ein Telefongespräch in Betracht (vgl ; vgl. Ritz/Koran7, § 209 Rz 2).

Schriftliche Erledigungen verlängern die Verjährungsfrist nur dann, wenn sie ihren Empfänger erreicht haben, diesem somit zugestellt wurden (; , 97/16/0217; für schriftliche Bescheide ; "Zustellung von Abgabenbescheiden" und , 96/17/0333; für Aufforderungen zur Einreichung von Abgabenerklärungen ; für Anfragen ; aM , wonach Umsatzsteuerbescheiden "unabhängig von ihrer rechtswirksamen Zustellung" Unterbrechungswirkung zukamen; ebenso , zu einem an eine bereits verstorbene Person gerichteten Abgabenbescheid; ebenso , für eine an eine durch Eintragung der Verschmelzung im Firmenbuch bereits erloschene GmbH; vgl. Ritz/Koran7, § 209 Rz 2).

Die Fristverlängerung setzt die Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches voraus (; , 2001/16/0364; , 2002/16/0027; , 2008/15/0090; vgl. Ritz/Koran7, § 209 Rz 3).

Gegen den Abgabenschuldner selbst muss die Amtshandlung nicht gerichtet sein (zB Anfrage an Auskunftsperson in fremder Sache, ). Die behördlichen Schritte müssen der schließlich als Abgabenschuldner in Anspruch genommenen Person nicht zur Kenntnis gelangt sein (; , 99/15/0098; , 2004/13/0080; , 2003/17/0235), damit ihnen Verlängerungswirkung zukommt; vgl. Ritz/Koran7, § 209 Rz 4).

Die bloße Ankündigung einer Amtshandlung genügt nicht (; , 2006/15/0046; , 2010/17/0068), wie zB die Ankündigung, eine solche Amtshandlung in Hinkunft erst unternehmen zu wollen (vgl ).

Nach Ellinger/Sutter/Urtz (BAO3, § 209 Anm 2) sind solche Ankündigungen, wenn sie ausdrücklich gesetzlich vorgesehen sind (zB im § 148 Abs 5 für die Ankündigung einer Außenprüfung), Amtshandlungen iSd § 209 Abs 1.

Nach Tanzer (in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 209, 579) wird die bloße Ankündigung einer Amtshandlung nur verlängerungstauglich sein, wenn sie gesetzlich vorgesehen ist (zB in § 148 Abs 5) und wenn die Amtshandlung sachlich und zeitlich entsprechend dieser Ankündigung erfolgt (vgl. Ritz/Koran7, § 209 Rz 5).

Eine solche fristverlängernde Wirkung haben nur Amtshandlungen einer sachlich zuständigen Abgabenbehörde (; , 2003/17/0235; , 2006/14/0039; , 2010/16/0176; Tanzer in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 209, 580; vgl. Ritz/Koran7, § 209 Rz 9).

Die Verjährungsfrist verlängernde Amtshandlungen sind abgabenbehördliche Prüfungen (zB ; , 2005/16/0037; , 2007/13/0157; , 2011/16/0070; , 2008/15/0005, 2008/15/0006; , 2010/17/0242), wie zB Lohnsteuerprüfungen (; vgl. Ritz/Koran7, § 209 Rz 13).

Eine solche Amtshandlung ist auch eine Schlussbesprechung (-0198) und ein Prüfungsbericht ().

Außenprüfungen sind aus Verjährungssicht grundsätzlich nur hinsichtlich jener Abgaben bedeutsam, die Gegenstand der Prüfung sind (; , 99/15/0098). Abweichend von diesem Grundsatz hat der VwGH (im Erk vom , 82/13/0050) anlässlich einer abgabenbehördlichen Prüfung einer GmbH vorgenommenen Amtshandlungen auch hinsichtlich der Einkommensteuer des Gesellschafters eine solche Wirkung zuerkannt, weil dieser an der Schlussbesprechung teilgenommen hatte (strittig war verdeckte Gewinnausschüttung; vgl. Ritz/Koran7, § 209 Rz 15).

Der dem Abgabepflichtigen bekannt gegebene Prüfungsauftrag bewirkt die Verjährungsfristverlängerung, nicht jedoch bereits seine bloße Ausfertigung (Reeger/Stoll, BAO, § 209 Tz 2; ). Diese Wirkung hat auch ein Nachschauauftrag (, 0122; , 2005/16/0066; vgl. Ritz/Koran7, § 209 Rz 18).

Die Verjährungsfrist verlängern zB an den Abgabepflichtigen gerichtete (vgl. Ritz/Koran7, § 209 Rz 22)

Anfragen an Auskunftspersonen in fremder Sache oder an Zeugen berühren die Bemessungsverjährungsfrist (zB Anfragen an den Geschäftspartner des Abgabepflichtigen, , 91/14/0010; Vernehmung eines Zeugen, ; vgl. Ritz/Koran7, § 209 Rz 25).

Der gegenständliche Baurechtsvertrag ist im August 2016 zustande gekommen. Der Abgabenanspruch ist 2016 entstanden. Die allgemeine Verjährungsfrist wäre daher im Jahr 2021 abgelaufen.

Strittig ist nun, ob die Abgabenbehörde einen Verlängungerungstatbestand für das Folgejahr 2022 verwirklicht hat.

Nach § 15 Abs. 2 GrEStG idF des BBG 2011 BGBl I 2011/111, ist das Finanzamt befugt, Prüfungen hinsichtlich sämtlicher in der Anmeldung enthaltenen Angaben durchzuführen.

Darüberhinaus ist das Finanzamt insbesondere nach § 147 Abs. 1 BAO berechtigt, bei jedem, der zur Führung von Büchern oder Aufzeichnungen oder zur Zahlung gegen Verrechnung mit der Abgabenbehörde verpflichtet ist, jederzeit eine Außenprüfung vorzunehmen.

Eine Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer, die sich naturgemäß auch als unrichtig erweisen kann, steht weiteren, auf die Feststellung des - tatsächlichen - Abgabepflichtigen (gemäß § 9 GrEStG 1987) oder die Geltendmachung des Grunderwerbsteueranspruches - in materiell-rechtlich korrekter Höhe - gerichteten, Amtshandlungen der Abgabenbehörde nicht entgegen. Derartige Amtshandlungen können daher auch eine Verlängerungswirkung iSd § 209 Abs. 1 BAO entfalten. Es ist somit nicht von Relevanz, dass der Abgabenbehörde aufgrund der Anmeldung der Selbstberechnung sowohl die Verwirklichung eines Grunderwerbsteuertatbestandes als auch der - vermeintliche - Abgabepflichtige bekannt waren. Ebenso wenig relevant ist, ob die Abgabenbehörde die Möglichkeit gehabt hätte, bereits zu einem früheren Zeitpunkt oder auf andere Art und Weise Überprüfungshandlungen vorzunehmen (siehe , wonach die Möglichkeit alternativer Vorgangsweisen seitens der Behörde bedeutungslos ist; vgl. , Rechtssatznummer 2)

Der Bescheid über den Prüfungsauftrag wurde von der damals zuständigen Abgabenbehörde, dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel, erstellt und dem für die Selbstabrechnung zuständigen Rechtsanwalt nachweislich ausgehändigt. Auf dem Bescheid ist als "Gegenstand der Außenprüfung" die Selbstberechnung nach § 15 Abs. 2 GrEStG für den Zeitraum - angeführt. Damit ist der Gegenstand der abgabenbehördlichen Prüfung ausreichend umschrieben.

Die Aufforderung, die Listen der Geschäftsfälle zur Verfügung zu stellen, und die weitere Urgenz im Jänner 2020, mit der die Unterlagen zum konkreten Vertrag abverlangt wurden, sind ebenfalls aktenkundig.

Die Abgabenbehörde hat somit mit diesen nach außen erkennbaren Amtshandlungen dem Bestimmtheitsgebot des § 209 Abs. 1 BAO entsprochen.

Innerhalb der allgemeinen Verjährungsfrist von 5 Jahren wurde daher der Verlängerungstatbestand iSd § 209 Abs. 1 BAO verwirklicht, weshalb das Recht, die Grunderwerbsteuer im Jahr 2022 festzusetzen, nicht verjährt war.

Der angefochtene Bescheid entspricht sohin der Rechtslage, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine ordentliche Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, da sich das Bundesfinanzgericht bei der Lösung der anstehenden Rechtsfrage auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut und auf die im Erkenntnis zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen konnte.

Im Revisionsfall liegt somit bereits aus diesem Grund eine klare bzw. geklärte Rechtslage vor.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102459.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at