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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.10.2024, RV/7102414/2023

Stundungszinsen und Säumniszuschlag; Einwendungen gegen die zugrundeliegende (Stamm-) Abgabe unbeachtlich

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr*** über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Stundungszinsen und Säumniszuschlag, Steuernummer ***BFStNr***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Die Stundungszinsen aufgrund der Bewilligung der Zahlungserleichterung laut Bescheid vom werden mit € 71,38 festgesetzt. Der erste Säumniszuschlag zur Umsatzsteuer 2019 wird mit € 68,17 festgesetzt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom setzt die belangte Behörde gegenüber dem Beschwerdeführer aufgrund einer Zahlungserleichterung Stundungszinsen für den Zeitraum vom bis i.H.v. € 183,25 fest, die sich wie folgt berechneten:


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Datum
Tagessaldo
Anzahl d. Tage
Jahres-zinssatz
Tages-zinssatz
Stundungs-zinsen
28.423,94
8
1,88
0,0051
11,60
28.423,94
49
2,63
0,0072
100,28
28.423,94
27
3,38
0,0093
71,37
Summe
183,25

Mit weiterem Bescheid vom selben Tag setzte die belangte Behörde einen Säumniszuschlag zur Umsatzsteuer 2019 i.H.v. € 108,80 (2 % von € 5.440,00) fest.

Dagegen richtet sich die gegenständliche Beschwerde vom . Darin macht der Beschwerdeführer geltend, dass die Stundungszinsen von einem nicht geschuldeten Betrag berechnet worden seien. Die belangte Behörde habe diesen Betrag willkürlich und zum Nachteil des Beschwerdeführers geschätzt. So weiche etwa die Schätzung der Umsatzsteuer 2019 (€ 5.440,00) um 71 % von der Steuer laut Buchhaltung (€ 3.175,00) ab. Die folgenden Jahre seien noch gravierender fehlgeschätzt worden. Auch der Säumniszuschlag sei unrichtig festgesetzt worden bzw. sei er in eventu von einem Betrag von € 3.175,00 zu berechnen.

Mit Beschwerdevorentscheidung wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Sie hielt fest, dass die Nachzahlung an Umsatzsteuer für das Jahr 2019 laut Bescheid vom i.H.v. € 5.440,00 nicht bis zum gesetzlichen Fälligkeitstag () entrichtet worden sei, weshalb gemäß § 217 BAO ein 2 %iger Säumniszuschlag verwirkt sei. Weiters sei mit Bescheid vom die Stundung des zu diesem Zeitpunkt auf dem Abgabenkonto des Beschwerdeführers bestehenden Rückstandes i.H.v. € 28.423,94 bis bewilligt worden, weshalb gem. § 212 BAO zwingend Stundungszinsen vorzuschreiben seien. Die belangte Behörde wies darauf hin, dass, wenn die zugrundeliegenden Abgabenschuldigkeiten herabgesetzt werden sollten, auch der Säumniszuschlag und die Stundungszinsen entsprechend anzupassen seien.

Mit Schriftsatz vom stellte der Beschwerdeführer Vorlageantrag gemäß § 264 BAO. Darin wiederholte er das Beschwerdevorbringen und führte ergänzend aus, dass die Umsatzsteuerschuld 2020 laut Buchhaltung € 2.136,37 betrage, gemäß Schätzung jedoch € 6.600,00. Die Umsatzsteuer 2021 belaufe sich laut Buchhaltung auf € -4.963,01 und laut Schätzung auf € 13.919,76. Es sei zu ermitteln, wie es zu derart auffälligen Fehleinschätzungen der USt kommen konnte, da aufgrund der Coronaepidemie nicht von einem Wirtschaftswachstum, sondern von einer Rezession auszugehen sei. Dem Hinweis der Behörde, wonach bei einer Herabsetzung der Abgabenschuldigkeiten auch der Säumniszuschlag und die Stundungszinsen anzupassen sind, hielt er entgegen, dass nicht darauf eingegangen werde, welchen Säumniszuschlag die Behörde zu entrichten hat, wenn sie eine Gutschrift nicht ausstellt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Am setzte die belangte Behörde die Umsatzsteuer 04/2020 bis 05/2022 im Schätzungswege fest, nachdem der Beschwerdeführer die entsprechenden Erklärungen nicht abgegeben hatte. Dadurch ergaben sich für die USt 10/2020 (€ 4.906,17), 03/2021 bis 11/2021 (insg. € 14.582,77) und 01/2022 bis 05/2022 (insg. € 8.935,00) Nachforderungen im Gesamtbetrag von € 28.423,94. Am ersuchte der Beschwerdeführer um Stundung dieses Rückstandes bis Ende November 2022. Bis dahin werden die ausständigen Erklärungen nachgereicht und werde sich der Rückstand dadurch voraussichtlich zum Großteil auflösen. Mit Bescheid vom bewilligte die belangte Behörde die beantragte Stundung bis zum .

Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde gegenüber dem Beschwerdeführer die Umsatzsteuer 2019 - ebenfalls im Schätzungswege - mit € 5.440,00 fest. Dieser Betrag wurde bis zum nicht bezahlt.

Mit Bescheiden vom setzte die belangte Behörde die Umsatzsteuer 2019-2021 wie folgt (neu) fest:

USt 2019: € 3.408,53
USt 2020: € 2.136,37
USt 2021: € -4.963,01

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen gründen sich auf den Akteninhalt, insbesondere auf die von der belangten Behörde vorgelegten und amtswegig abgefragten Bescheide sowie das amtswegig abgefragte Abgabenkonto.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (teilw. Stattgabe)

Gem. § 212 Abs. 2 BAO sind für Abgabenschuldigkeiten, solange aufgrund eines noch unerledigten Zahlungserleichterungsansuchens Einbringungsmaßnahmen nicht gesetzt werden dürfen bzw. soweit infolge einer bewilligten Zahlungserleichterung ein Zahlungsaufschub eintritt, Stundungszinsen i.H.v. grundsätzlich 4,5 % über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr zu entrichten; gem. § 323c Abs. 13 BAO gilt für den Zeitraum bis - und damit auch für den hier gegenständlichen Zeitraum - ein reduzierter Satz von 2 % über dem Basiszinssatz. Im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld hat die Berechnung der Stundungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.

Gem. § 217 Abs. 1 u. 2 ist, wenn eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird, ein (erster) Säumniszuschlag i.H.v. 2 % des nicht zeitgerecht entrichtenden Abgabenbetrages zu entrichten. Im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld hat die Berechnung des Säumniszuschlages unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen (§ 217 Abs. 8 BAO).

Die Voraussetzungen für die Festsetzung von Stundungszinsen sind hier erfüllt. Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid vom der damals bestehende Abgabenrückstand von € 28.423,94 bis zum gestundet. Die Stundungszinsen wurden auch korrekt berechnet. Ab betrug der Basiszinssatz -0,12 %, ab 0,63 % und ab 1,38 % (https://www.oenb.at/isawebstat/stabfrage/createReport;jsessionid=3239A4D7DA413DDCDABC8EF0C520B796?lang=DE&original=true&report=2.1). Demnach belaufen sich die Stundungszinsen im hier maßgeblichen Zeitraum zunächst auf 1,88 %, ab auf 2,63 % und seit auf 3,38 %. Auch die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Säumniszuschlages liegen vor. Die Umsatzsteuer 2019 wurde gem. § 21 Abs. 1 u. 5 UStG 1994 am bzw. - da es sich bei diesem Tag um einen Samstag handelte - am nächstfolgenden Werktag, sohin am fällig (§ 210 Abs. 3 BAO) und bis zu diesem Tag nicht entrichtet. Umstände, die der Festsetzung eines Säumniszuschlages gem. § 217 Abs. 4 oder 5 BAO entgegenstehen würden, sind nicht ersichtlich.

Die vom Beschwerdeführer erhobenen Einwendungen richten sich ausschließlich gegen die den Stundungszinsen und dem Säumniszuschlag zugrundeliegenden Umsatzsteuerforderungen. Hierzu ist festzuhalten, dass sowohl die Stundungszinsen als auch der Säumniszuschlag lediglich den Bestand einer formellen Zahlungsverpflichtung voraussetzen. Sie sind daher auch dann festzusetzen, wenn der zugrundeliegende Abgabenbescheid rechtswidrig sein sollte und können daher mit der bloßen Behauptung, die (Stamm-) Abgabe sei überhöht, nicht mit Aussicht auf Erfolg bekämpft werden (vgl. zu den Stundungszinsen: ; LVwG NÖ , LVwG-AV-495/001-2017; zum Säumniszuschlag: ; , 2002/16/0072). Derartige Einwendungen sind nicht im Verfahren zur Festsetzung der Stundungszinsen und des Säumniszuschlages, sondern im Verfahren zur Festsetzung der zugrundeliegenden (Stamm-) Abgabe geltend zu machen. Führen Sie dort zum Erfolg und wird die (Stamm-) Abgabe herabgesetzt sind von amtswegen auch darauf beruhende Stundungszinsen und Säumniszuschläge herabzusetzen (s.o.).

Dies ist hier geschehen. Die Umsatzsteuern 2019-2021 wurden am mit geringeren Beträgen neu festgesetzt. Da das Bundesfinanzgericht von der Sachlage im Zeitpunkt seiner Entscheidung auszugehen hat (; , 93/17/0049), ist dies zu berücksichtigen und sind daher die Stundungszinsen auf Basis eines Betrages von € 11.071,37 (USt 2019 [neu] € 2.136,37 zzgl. USt 2022 [unverändert] € 8.935,00; die Neufestsetzung der USt 2021 erbrachte keine Nachforderung) wie folgt neu zu berechnen:


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Datum
Tagessaldo
Anzahl d. Tage
Jahres-zinssatz
Tages-zinssatz
Stundungs-zinsen
11.071,37
8
1,88
0,0051
4,52
11.071,37
49
2,63
0,0072
39,06
11.071,37
27
3,38
0,0093
27,80
Summe
71,38

Weiters ist der 2 %ige Säumniszuschlag auf Basis der reduzierten Umsatzsteuer 2019 von € 3.408,53 mit nunmehr € 68,17 zu bemessen.

In diesem Umfang war daher der Beschwerde teilweise stattzugeben.

Soweit der Beschwerdeführer bemängelt, dass die Behörde nicht darauf eingehe, welchen Säumniszuschlag sie im Falle einer unterbliebenen Gutschrift zu entrichten hat, ist festzuhalten, dass ein derartiger (umgekehrter) Säumniszuschlag im Gesetz nicht vorgesehen ist.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die hier maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von welcher das Bundesfinanzgericht nicht abgewichen ist, hinreichend geklärt. Rechtsfragen von grundlegender Bedeutung waren daher nicht zu beantworten.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102414.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at