Säumniszuschlag nach erfolgter Außenprüfung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende ***SenV***, den Richter***Ri2*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***SenLR1*** und ***SenLR2*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Ralph Kilches, Rechtsanwalt, Laudongasse 25/III, 1080 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des damaligen ***FA***, nunmehr Finanzamt Österreich, vom betreffend Festsetzung erster Säumniszuschläge (§ 217 BAO) Steuernummer ***BF StNr*** nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***A*** zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Der Säumniszuschlag für die Kapitalertragsteuer 11/2013 wird von € 497,38 auf € 248,69 reduziert. Die Summe der Säumniszuschläge beträgt daher € 1.361,59.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Bei der ***Bf1*** (in folge kurz Bf. genannt) wurde eine Außenprüfung vorgenommen, betroffen waren die Jahre 2010 bis 2013 und der Nachschauzeitraum 1/2014 bis 7/2015. Der Prüfer gelangte laut Bericht und Niederschrift über das Ergebnis der Außenprüfung (AP) vom zu der Auffassung, dass von diversen Firmen an die Bf. gelegte Rechnungen als bloße Schein- bzw. Deckungsrechnungen sowie bestimmte Umsätze als unter die Schrott-VO fallend zu beurteilen seien.
Mit Bescheid vom setzte das (damalige) ***FA*** gegenüber der Bf. gemäß § 217 Abs. 1 und 2 BAO erste Säumniszuschläge für die folgenden Abgaben fest:
Umsatzsteuer 2010 (€ 11.454,00) in Höhe von € 229,08
Umsatzsteuer 2012 (€ 19.367,40) in Höhe von € 387,35
Kapitalertragsteuer 11/2013 (€ 24.869,00) in Höhe von € 497,38
Umsatzsteuer 2013 (€ 24.823,51) in Höhe von € 496,47.
Zur Begründung wurde ausgeführt, die angeführten Abgabenschuldigkeiten seien nicht bis zum jeweiligen gesetzlichen Fälligkeitstag entrichtet worden.
Mit zwei umfangreichen Schriftsätzen vom erhob die Bf. Beschwerde gegen die verfahrensrechtlichen Bescheide betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens, gegen die Abgabenbescheide betreffend die Umsatzsteuer 2010, 2012 und 2013, gegen den Haftungsbescheid betreffend Kapitalertragsteuer 2013 sowie auch gegen den hier gegenständlichen Säumniszuschlagsbescheid vom .
Das umfangreiche Beschwerdevorbringen der Bf. richtet sich in weiten Teilen gegen die zugrundliegenden, nach Durchführung einer Außenprüfung (Niederschrift vom ) ergangenen Abgaben- und Haftungsbescheide betreffend Umsatz- und Kapitalertragsteuern, die den gegenständlichen Säumniszuschlagsbescheiden zugrunde liegen.
Die Bf. beantragt in den beiden Beschwerdeschriften die Aufhebung des angefochtenen Säumniszuschlagsbescheides sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Entscheidung durch den Senat des Bundesfinanzgerichtes.
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wies die Abgabenbehörde die gegenständlichen Beschwerden vom betreffend Säumniszuschläge für Umsatzsteuer 2010, 2012 und 2013 sowie für Kapitalertragsteuer 11/2013 als unbegründet ab und führte zur Begründung aus, dass gemäß § 217 Abs. 1 BAO die gegenständlichen Säumniszuschläge vorzuschreiben gewesen wären, da die Abgaben nicht am Fälligkeitstag entrichtet worden seien.
Mit Schriftsatz vom beantragte die Bf. rechtzeitig die Vorlage der gegenständlichen Beschwerden an das Bundesfinanzgericht sowie erneut die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den Senat.
Mit Erkenntnis vom , RV/7103166/2016, wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde der Bf. gemäß § 279 BAO als unbegründet ab und sprach aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
Dagegen wurde eine außerordentliche Parteirevision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, der diese als zulässig und begründet erachtete.
Mit Erkenntnis vom , Ra 2017/13/0023-5, hob der Verwaltungsgerichtshof das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes auf und führte in den Rz 29ff wie folgt aus:
"(29) Entscheidend ist demnach, ob die Revisionswerberin ein grobes Verschulden an der (allfälligen: das Rechtsmittel der Revisionswerberin zu den Stammabgaben ist noch unerledigt) Unrichtigkeit der Selbstberechnung trifft. Diese Rechtsfrage kann freilich nur auf Basis des konkreten Sachverhalts beantwortet werden. Demnach wäre es aber im vorliegenden Fall erforderlich gewesen, Feststellungen zu den strittigen Umständen des Sachverhalts zu treffen; hiezu wären auch die von der Revisionswerberin beantragten Beweise aufzunehmen gewesen.
(30) Wenn das Bundesfinanzgericht hiezu ausführt, es an der Revisionswerberin gelegen gewesen, unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden könne, so hatte die Revisionswerberin zum Sachverhalt ohnehin umfangreich und konkret Vorbringen erstattet und hiezu auch Beweisanträge gestellt. Dass die Revisionswerberin die sie treffende Behauptungslast und Konkretisierungspflicht nicht erfüllt hätte (vgl. , mwN), ist damit nicht ersichtlich.
(31) Im Übrigen ist die Beurteilung des Bundesfinanzgerichts nicht nachvollziehbar, wenn dieses zwar nicht bezweifelt, dass die Fälschungen (der Anmeldungen und der Ausweise) den Vertretern der Revisionswerberin nicht erkennbar gewesen seien, es aber meint, im Hinblick auf die Vielzahl der von der Betriebsprüfung aufgezeigten Sorgfaltsverletzungen sei das Nichtvorliegen eines groben Verschuldens keinesfalls erwiesen. Ein erheblicher Teil der - auch im angefochtenen Erkenntnis dargelegten - Sorgfaltsmängel steht in unmittelbaren Zusammenhang mit der Frage der vorgelegten Urkunden (und den daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen). Schließlich handelt es sich bei der Frage, ob grobes Verschulden vorliegt (oder nicht), entgegen den Darlegungen des Bundesfinanzgerichts nicht um eine Frage, die zu beweisen wäre ("erwiesen"); es handelt sich vielmehr um eine Rechtsfrage.
(32) Das Bundesfinanzgericht wird sohin im fortgesetzten Verfahren die beantragten Beweise aufzunehmen und die erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen zu treffen haben, um sodann beurteilen zu können, ob die Revisionswerberin grobes Verschulden an der angenommenen Unrichtigkeit der Selbstberechnung trifft. Dem Bundesfinanzgericht wird es aber auch offen stehen, das Verfahren zu den Säumniszuschlägen gemäß § 271 BAO - bis zur Entscheidung über die Stammabgaben - auszusetzen, was von der Revisionswerberin auch beantragt worden war. Entgegen dem Revisionsvorbringen liegt die Aussetzung aber im Ermessen des Bundesfinanzgerichts; die Partei hat keinen Rechtsanspruch auf Aussetzung des Verfahrens (vgl. Ritz, BAO6, § 271 Tz 17).
(33) Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Bundesfinanzgerichts zu prüfen hat. Dass - wie in der Revision gerügt wird - nicht bereits in der Beschwerdevorentscheidung auf den in der Beschwerde gestellten Antrag der Revisionswerberin nach § 217 Abs. 7 BAO eingegangen wurde, berührt die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses aber nicht; insbesondere führt dies nicht zur Unzuständigkeit des Bundesfinanzgerichts."
Durch die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses trat die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hat (§ 42 Abs 3 VwGG).
Mit Beschluss gemäß § 271 BAO vom wurde das gegenständliche Beschwerdeverfahren betreffend Säumniszuschläge bis zur Erledigung der beim Bundesfinanzgericht anhängigen Beschwerden vom betreffend
Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2010 (Bescheid vom ),
Umsatzsteuer 2012 (RV/7103972/2017, Bescheid vom ),
Umsatzsteuer 2013 (RV/71003973/2017, Bescheid vom ) und
Kapitalertragsteuer 2013 (RV/7103965/2017, Haftungsbescheid vom )
ausgesetzt.
Die Aussetzung entsprach dem ausdrücklichen Parteienantrag. Die genannten Verfahren wurden mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom zu RV/7103868/2017 miterledigt.
Das gegenständliche Beschwerdeverfahren wurde mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom im Zuge einer Altaktenumverteilung dem beisitzenden Richter zur Berichterstattung übertragen.
Da es sich nunmehr um das fortgesetzte Verfahren handelt, wird hinsichtlich der Vorbemerkungen zum Beschwerdefall sowie dem bisherigen Verfahrensgang auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7103166/2016 sowie das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2017/13/0023-5, verwiesen.
Zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat des Bundesfinanzgerichtes am sind sowohl die Bf. als auch die belangte Behörde nach erfolgter Entschuldigung nicht erschienen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist eine GmbH mit dem Betriebsgegenstand Großhandel mit Holz, Baumaterialien und Flachglas.
Anlässlich einer die Jahre 2010 bis 2013 und den Nachschauzeitraum 1/2014 bis 7/2015 betreffenden Außenprüfung (AP) gelangte der Prüfer laut Bericht und Niederschrift über das Ergebnis der AP vom zu der Auffassung, dass von diversen Firmen an die Bf. gelegte Rechnungen als bloße Schein- bzw. Deckungsrechnungen sowie bestimmte Umsätze als unter die Schrott-VO fallend zu beurteilen sind.
Die Bf. hat im Prüfungszeitraum über kein eigenes Personal verfügt; für alle ausgeführten Arbeitsleistungen wurden Subunternehmen beauftragt. Bei den Dienstnehmeranmeldungen der Subfirmen bei der Gebietskrankenkasse hat es sich um Fälschungen gehandelt. Entweder hat es die angegebenen Personen überhaupt nicht gegeben oder es waren diese Personen nie für die angeführten Subunternehmen tätig gewesen. Als Stichprobe wurden im Rahmen der Betriebsprüfung fünf Personen, welche als Dienstnehmer der Subunternehmen angegeben wurde, als Zeugen befragt. Alle haben angegeben, dass sie weder die Bf., deren Auftraggeber, noch die Subfirmen selbst gekannt haben. Auch die Arbeitsaufzeichnungen haben sich als Fälschungen erwiesen. Es wurden auch die Auftraggeber der Bf. kontrolliert. Auch dabei konnte nicht festgestellt werden, welche Arbeitnehmer die Tätigkeiten ausgeführt hätten. Es wurde von allen Auftraggebern bekannt gegeben, dass die Personen nicht überprüft wurden. Unterschriften auf den Belegen stimmten nicht mit den Musterzeichnungen der Zeichnungsberechtigten überein; der Prokurist der Bf. habe erklärt, dass die Unterschriften nicht verglichen wurden. Bei einigen Rechnungen von mehreren Subunternehmern wurde dieselbe Bankverbindung angeführt worden, obwohl es sich um voneinander unabhängige Unternehmen handelte.
Zu den diversen Subfirmen konnte folgender Sachverhalt festgestellt werden:
Die vorgelegten Meldungen der ***Sub 1*** waren nicht in der Datenbank der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) gespeichert, da die auf den Meldungen angegebenen Beitragskontennummern zur Sozialversicherung nicht übereinstimmen. Die auf den Sozialversicherungsanmeldungen angegebenen Sozialversicherungsnummern waren ungültig. Eine Suche in der Datenbank der Finanzverwaltung mithilfe der angegebenen Namen ergab ebenso keine gültigen Datensätze. Am wurde über das Unternehmen ein Konkursverfahren eröffnet. Der Geschäftsführer war für den Masseverwalter trotz intensiver Bemühungen nicht auffindbar. Es ist davon auszugehen, dass der Geschäftsführer lediglich als Strohmann agierte.
Die ***Sub 2*** bestand aus drei Unternehmen (***ARGE2***, ***ARGE3*** sowie ***ARGE1***.) und war nie im Firmenbuch eingetragen, der Geschäftsführer Herr ***GF Sub***, geboren am ***Geb-Datum***, war nie in Österreich gemeldet. Vom Unternehmen wurde nie eine Erklärung beim Finanzamt eingereicht. Im Jahr 2011 wurde bei der ***ARGE1***. eine Prüfung der lohnabhängigen Abgaben für die Jahre 2007 bis 2011 durchgeführt. Es wurde das Vorliegen eines klassischen Sozialbetrugsunternehmens vermutet, da kein Kontakt zum Geschäftsführer hergestellt werden konnte und keine Unterlagen vorhanden waren. Es wurden außerdem Anmeldungen zur Sozialversicherung bei der GKK von 16 Personen bei der ***ARGE1***. von der Bf. vorgelegt. Eine Überprüfung der Versicherungsdaten ergab, dass kein einziger bei der Sozialversicherung tatsächlich gemeldet wurde. Die Zahlungen an die ***Sub 2*** erfolgten nahezu ausschließlich in bar.
Hinsichtlich der ***Sub 3*** haben Erhebungen der Finanzbehörde ergeben, dass es an der genannten Adresse keine Hinweise für das betreffende Unternehmen gegeben hat. Das Unternehmen wurde ab Geschäftsführer- und Gesellschafterwechsel ab als Betrugsfirma eingestuft. Die Zahlungen an das Unternehmen erfolgten nahezu vollständig in bar. Von der Bf. wurden Anmeldungen zur Sozialversicherung bei der GKK von drei Personen vorgelegt. Eine Überprüfung der Versicherungsdaten ergab jedoch, dass kein einziger bei der Sozialversicherung tatsächlich gemeldet wurde.
Auch bei der ***Sub 4*** befand sich seit dem 2. Halbjahr 2012 der Geschäftssitz nicht mehr an der im Firmenbuch angeführten Adresse. Das Unternehmen existierte nicht mehr es handelte sich somit ab dem 2. Halbjahr 2012 um eine Scheinfirma. Es wurden von der Bf. Anmeldungen zur Sozialversicherung bei der GKK von drei Personen vorgelegt. Eine Überprüfung der Versicherungsdaten ergab jedoch, dass kein einziger bei der Sozialversicherung tatsächlich gemeldet wurde. Die Zahlungen an die ***Sub 4*** erfolgten nahezu ausschließlich in bar.
Vom Finanzamt Wien 6/7/15 wurde im September 2012 bei der ***Sub 5*** eine Prüfung für die Zeiträume 11-12/2011 und 01-06/2012 durchgeführt. Von der Bf. wurden Versicherungsmeldungen für drei Personen vorgelegt. Die Sozialversicherungsnummern auf den Anmeldungen waren ungültig. Eine Zuordnung der Daten zu einer existierenden Person konnte nicht vorgenommen werden. Die Zahlungen an die ***Sub 5*** erfolgten nahezu ausschließlich in bar.
Bei der ***Sub 6*** wurde am eine Kontrolle nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) von der Finanzpolizei durchgeführt, die ergab, dass die Firma mit Estricharbeiten beauftragt wurde und diese Arbeiten an ein anderes Unternehmen weitergab. Es wurden auch Erhebungen an den Firmensitzen der ***Sub 6*** sowie am Wohnsitz des handelsrechtlichen Geschäftsführers durchgeführt, an keinem Ort konnte jemand angetroffen werden. Es wurden von der Bf. Anmeldungen zur Sozialversicherung bei der GKK von zwei Personen vorgelegt. Eine Überprüfung der Versicherungsdaten ergab jedoch, dass niemand bei der Sozialversicherung tatsächlich gemeldet wurde. Die Zahlungen an die ***Sub 6*** erfolgten nahezu vollständig in bar.
Sämtliche Ausgangsrechnungen der ***Sub 7*** wurden ausschließlich von den Kunden mittels Banküberweisung auf das Firmenkonto beglichen und erfasst. Barzahlungen von Kunden, deren Ausgangsrechnungen im vorgelegten Rechenwerk erfasst sind, erfolgten nicht. Die Kontonummer laut Eingangsrechnung der Bf. passt mit keiner der echten Kontonummern der ***Sub 7*** überein.
Der Geschäftsführer der Bf. hatte keinen Kontakt zu den Geschäftsführern der sieben genannten Subfirmen.
Umsatzsteuer 2010, 2012 und 2013:
Bei den Ausstellern der Eingangsrechnungen hat es sich um Scheinfirmen gehandelt (für das Jahr 2010 die Firma ***Sub 1***, für 2012 die Firmen ***Sub 5*** und ***Sub 4***) und bei den an die ***Firma1*** im Jahr 2012 erbrachten Leistungen hat es sich entgegen der Leistungsbeschreibung laut den Ausgangsrechnungen nicht um, unter die Schrott-UStVO fallende Leistungen gehandelt.
Trotz umfangreicher Ermittlungen konnte das Finanzamt nicht feststellen, wer die in den Eingangsrechnungen ausgewiesenen Arbeiten tatsächlich ausgeführt hat. Das Finanzamt ging in freier Beweiswürdigung davon aus, dass die Bf. diese Arbeiten mit eigenen nicht gemeldeten Arbeitern oder anderen unbekannten Subfirmen durchgeführt hat und in den Jahren 2010 und 2012 daher lediglich 50 % der geltend gemachten Betriebsausgaben im Schätzungswege anzuerkennen waren.
Dies betrifft im Jahr 2010 die Firmen ***Sub 1*** und ***Sub 2***, im Jahr 2012 die Firmen ***Sub 5*** und ***Sub 4***. Im Jahr 2012 wurden Aufwendungen in Höhe von € 13.000,00 doppelt verbucht. Die Verlustvorträge waren anzupassen, sodass sowohl 2010 als auch 2012 keine vortragsfähigen Verluste mehr vorhanden gewesen sind.
Kapitalertragsteuer 2013:
In den angefochtenen Haftungsbescheiden wurden die nicht anerkannten Rechnungsbeträge als verdeckte Ausschüttung behandelt und der Kapitalertragsteuer unterzogen. Ausgehend davon, dass die Bf. die Beauftragungen der oben angeführten Gesellschaften nur vorgetäuscht und die Arbeiten durch eigene nicht angemeldete (und deshalb billigere) Arbeitskräfte bzw. unbekannte Subfirmen ausgeführt hat, liegt ein Mehrgewinn vor, der im Betriebsvermögen der Bf. keinen Niederschlag gefunden hat.
Mit der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7103868/2017, wurde festgestellt, dass die Außenprüfung (AP) auf Grund dieses neu hervorgekommenen Tatsachenkomplexes zu Recht davon ausgegangen ist, dass die rechnungsausstellenden Firmen nicht die wahren Leistungserbringer und die wahren Empfänger der von der Bf. abgesetzten Beträge gewesen sind und die belangte Behörde hat daher zu Recht die Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer verfügt.
Da keine ordnungsgemäße Rechnung im Sinne des § 11 UStG 1994 vorgelegen ist wurde im Rahmen der Betriebsprüfung die Vorsteuer für das Jahr 2010 in Höhe von € 11.454,00, für das Jahr 2012 in Höhe von € 19.367,40 und für das Jahr 2013 in Höhe von € 24.823,51 gestrichen. Da die Umsatzsteuer 2010 (fällig am ), die Umsatzsteuer 2012 (fällig am ), die Umsatzsteuer 2013 (fällig am ) und die Kapitalertragsteuer 11/2013 (fällig am ) nicht zu den Fälligkeitstagen entrichtet wurde, wurde ein erster Säumniszuschlag festgesetzt.
2. Beweiswürdigung
Nach den in der BAO verankerten Grundsätzen hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (§ 167 Abs. 2 BAO). Die Maxime der freien Beweiswürdigung gilt gemäß § 2a BAO auch im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht.
Freie Beweiswürdigung bedeutet, dass alle Beweismittel grundsätzlich gleichwertig sind und es keine Beweisregeln (keine gesetzliche Rangordnung, keine formalen Regeln) gibt. Insbesondere herrscht im Abgabenverfahren kein Gebot der unmittelbaren Beweisaufnahme (). Ausschlaggebend ist der innere Wahrheitsgehalt der Ergebnisse der Beweisaufnahmen (). Der freien Beweiswürdigung unterliegen nur aufgenommene Beweise.
Leugnet in Ansehung des Grundsatzes des "nemo tenetur se ipsum accusuare" eine Partei im Abgabenverfahren eine für sie nachteilige Sache, so ist der Behörde nicht aufgegeben, im naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn den Bestand der in Abrede gestellten Tatsache nachzuweisen. Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (zB ; , 2006/15/0301; , 2011/16/0011; , 2009/17/0132).
Die getroffenen Feststellungen zu der Bf. selbst sowie den sieben betreffenden Subunternehmen ergeben sich aus dem dem Bundesfinanzgericht vorliegenden Verwaltungsakt sowie den - in Wahrnehmung der amtswegigen Ermittlungspflicht - vom Bundesfinanzgericht eingesehenen Datenbanken und Dokumenten.
Die getroffenen Feststellungen zu Unternehmensgründungen- und -beendigungen, Firmensitzen, Gesellschaftsverhältnissen und Geschäftsführungsbefugnissen beruhen auf den jeweiligen Firmenbuchauszügen der genannten Gesellschaften.
Im Übrigen beruhen die getroffenen Feststellungen auf den im Bericht über das Ergebnis der bei der Bf. durchgeführten Außenprüfung vom
Im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht gilt der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme nicht (vgl. , mwN). Der Senat folgt nicht der in der Beschwerde dargelegten Auffassung des Rechtsvertreters der Bf., bereits vom FA befragte Personen sollten erneut vernommen werden, zumal nicht erkennbar ist, inwiefern nochmalige Einvernahmen dieser Personen zu anderen als den bereits getätigten Aussagen führen sollten.
Folgende Beweisanträge wurden bereits im Beschwerdeverfahren zu RV/7103868/2017 gestellt:
a. Aushändigung aller Anmeldedaten der angeblichen "Fake-Mitarbeiter" an die Bf. damit die Bf. weitere Anträge und Nachforschungen anstellen könne.
b. Anträge auf Kontoöffnung laut StPO bei ***Sub 2***, ***Sub 4***, ***Sub 6*** und ***Sub 3***.
c. Aufklärung der Restzahlung an ***Sub 6*** durch die Bf.
d. Befragung von ***Zeuge 1***, was die ***ARGE1*** wirklich getan habe und wegen der Überweisungen.
e. Befragung von ***Zeugin 2***, ***Zeugin 3*** und ***Zeugin 4***, welche konkrete Leistungen die Bf. für den Kunden ***Firma1*** GmbH tatsächlich erbracht hat (Schrott-UStV).
f. Beiziehung eines Bausachverständigen, der dem Bundesfinanzgericht die Normallöhne am Markt sowie die Schwarzarbeiterlöhne für die gegenständlichen Leistungen in den Jahren 2010, 2012, 2013 darlegt. Dies werde ergeben, dass die Schätzungen von angeblich hinterzogenen Steuern und Sozialabgaben in den Betragshöhen, die das Finanzamt annimmt, völlig willkürlich und unrealistisch sind. Und zwar zu mehr als 90%. Und noch mehr, wenn hier angeblich Aufteilungen mit einem Organisator der Schwarzarbeit erfolgt sein soll.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Beachtlichkeit eines Beweisantrages die ordnungsgemäße Angabe des Beweisthemas, das mit dem Beweismittel unter Beweis gestellt werden soll, somit jener Punkte und Tatsachen voraus, die durch das angegebene Beweismittel geklärt werden sollen. Erheblich ist ein Beweisantrag dann, wenn Beweisthema eine für die Rechtsanwendung mittelbar oder unmittelbar erhebliche Tatsache ist ().
Im gegenständlichen Verfahren wurde mit einem kurz vor der mündlichen Verhandlung eingebrachtem E-Mail am nochmals auf das Gutachten von ***Sachverständiger*** verwiesen, woraus sich ergebe, dass die Preise historisch marktüblich gewesen seien, die Kalkulation tatsächlich korrekt und auch andere Unternehmen diese Preise verrechnet hätten. Das entsprechende Gutachten wurde auch bereits im Verfahren zu RV/7101909/2022 vorgelegt. Mit rechtskräftigem Erkenntnis wurde im dortigen Verfahren die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2024/13/0032, zurückgewiesen.
Zu den einzelnen Beweisanträgen, die im Übrigen die Stammabgabenverfahren betroffen haben, wird hier neuerlich ausgeführt:
ad a) Mit Fax vom hat die Vertretung der Bf. Akteneinsicht für beantragt. Am wurde dem Antrag entsprochen und dem Vertreter der Bf. Gelegenheit zur Einsichtnahme in den, dem BFG vorgelegten Arbeitsbogen (4 Bände, 1469 Seiten), inklusive der darin befindlichen Sozialversicherungsdatenauszüge gegeben.
ad b) Nach § 8 KontRegG kann auch in einem abgabenrechtlichen Ermittlungsverfahren eine Konteneinschau durchgeführt werden, wenn begründete Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abgabepflichtigen bestehen und zu erwarten ist, dass die Auskunft geeignet ist, die Zweifel aufzuklären und weiters feststeht, dass der mit der Auskunftserteilung verbundene Eingriff in die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Kunden des Kreditinstitutes nicht außer Verhältnis zu dem Zweck der Ermittlungsmaßnahme steht. Bevor das Bundesfinanzgericht einen Beschluss zur Konteneinschau fasst, ist der Abgabepflichtige anzuhören und seine Stellungnahme zu würdigen. Andere Behörden und Privatpersonen bekommen weder Auskunft aus dem Kontenregister noch Konteneinschau.
Die Bf. vermeint, "Kontoöffnungen" bei den Firmen ***Sub 2***, ***Sub 4***, ***Sub 6*** sowie ***Sub 3*** würden der Entlastung der Bf. dienen, da bei der Bank Ausweise und Unterschriften ausgehoben werden könnten. Dazu ist anzumerken, dass die genannten Firmen bereits im Firmenbuch gelöscht wurden (die Firmen der ***Sub 2*** bereits 2011, ***Sub 3*** 2013 und ***Sub 4*** und ***Sub 6*** 2014) und die (im Firmenbuch eingetragenen) Geschäftsführer schon damals nicht mehr auffindbar waren.
Bis auf eine Überweisung an ***Sub 2*** (€ 11.900,00) wurden lediglich relativ geringfügige Beträge (€ 478,50 an ***Sub 4***, € 141,00 an ***Sub 3*** und € 382,00, € 180,00 und € 177,00 an ***Sub 6***) tatsächlich überwiesen, die weitaus größeren Beträge jedoch bar übergeben. Es ist dem Senat nicht einsichtig, welche konkreten Aufklärungen sich die Bf. von einer Kontoöffnung erwartet, zumal schon nicht einmal der Prokurist nachvollziehen kann, mit wem er Kontakt hatte oder wem er Beträge von insgesamt mehr als € 616.000,00 in bar übergeben hat.
ad c) Was die mit dem Text "***Sub 4***" betitelten Restzahlungen von € 180,00 und € 382,00 an die ***Sub 6*** betrifft, hat der Prokurist D. laut Niederschrift vom angegeben, dass er denke, es habe sich um einen Fehler der Büroassistentin gehandelt, diese habe den Restbetrag laut Vermerk auf der Eingangsrechnung auf die Kontonummer laut Eingangsrechnung überwiesen. Warum die anwaltliche Vertretung der Bf. dazu befragt werden sollte und warum eine weitere Aufklärung notwendig sein sollte, ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht dargelegt.
ad d) Der Zeuge ***Zeuge 1*** wurde von der AP als Zeuge einvernommen (Niederschrift vom , AB S. 14010 ff.) und hat angegeben, dass er zwar bei der ***ARGE1*** (als Teil der ***Sub 2***) beschäftigt gewesen sei, jedoch bei den Abbrucharbeiten am Südbahnhof nicht eingesetzt war. Da nicht davon auszugehen ist, dass der Zeuge als einfacher Arbeiter Einblick in die Geschäftsgebarung der ***Sub 2*** hatte und darüber Auskunft erteilen könnte, konnte von einer weiteren Zeugeneinvernahme abgesehen werden.
ad e) Dem Antrag des Rechtsvertreters der Bf. auf Einvernahme der angeführten Personen wird nicht Folge geleistet, weil das Beweisthema für das gegenständliche Verfahren unerheblich ist.
ad f) Punkt 6. ist zu entnehmen, warum von der Beiziehung eines Bausachverständigen abgesehen werden konnte. Zu den wiederholten Ausführungen der Bf., das FA müsse einen Beweis für seine Feststellungen erbringen, ist darauf hinzuweisen, dass das Abgabenverfahren dadurch gekennzeichnet ist, dass einerseits die Abgabenbehörde die Verpflichtung zur amtswegigen Erforschung der materiellen Wahrheit trifft (§ 115 BAO), andererseits aber der Abgabepflichtige in Erfüllung seiner Offenlegungspflicht (§ 119 BAO) dazu verhalten ist, die Richtigkeit der in seinen Anbringen dargetanen Umstände zu beweisen bzw. glaubhaft zu machen (§ 138 BAO).
Aus dem neuerlichen Beweisantrag vom , der im Übrigen per E-Mail eingebracht wurde, ergeben sich keine Auswirkungen auf das gegenständliche Verfahren. Die Stammabgaben wurden rechtskräftig festgesetzt, strittig ist lediglich ob die Bf. ein grobes Verschulden an der Säumnis trifft, dazu liefert das Sachverständigengutachten jedoch keinerlei Antworten.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.
Gemäß § 217 Abs. 2 BAO beträgt der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.
Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.
Ein derartiges Verfahren, das auf die Erlangung einer abgabenrechtlichen Begünstigung gerichtet ist, wird vom Antragsprinzip beherrscht. Dies bedeutet, dass der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund tritt. Dieser hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (z.B. ; ; ; vgl. auch und zu § 212 BAO).
Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages tritt unabhängig von der sachlichen Richtigkeit des Abgabenbescheides ein. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Säumniszuschlagspflicht im Sinne des § 217 BAO nur eine formelle Abgabenzahlungsschuld voraus, wobei ein Bescheid über einen Säumniszuschlag auch dann rechtmäßig ist, wenn die zugrundeliegende Abgabenfestsetzung sachlich unrichtig ist (). Zu Recht wurde insoweit durch die Abgabenbehörde bereits auf die Bestimmung des § 217 Abs. 8 BAO verwiesen, wonach im Falle einer Herabsetzung der zugrundeliegenden Abgabenschuldigkeiten an Umsatz- und Kapitalertragsteuern die gegenständlichen Säumniszuschläge amtswegig anzupassen wären (siehe dazu weiter unten).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes tritt bei einem Begünstigungstatbestand die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. Wer - wie im gegenständlichem Fall - eine Begünstigung in Anspruch nehmen will, hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände aufzuzeigen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (vgl. Fischerlehner, Säumniszuschlag - Liquiditätsengpass, ecolex 2004). Daher hatte die Abgabenbehörde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () im Rahmen ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht nur die vom Antragsteller geltend gemachten Gründe zu prüfen, sodass selbst wenn sich der Umstand des fehlenden groben Verschuldens entsprechend dem Vorbringen der Bf. allenfalls aus dem gesamten Akt ergeben hätte (was im Übrigen im gegenständlichen Fall nicht zutrifft), dies zufolge der erhöhten Behauptungs- und Beweislast der Bf. nicht von Bedeutung gewesen wäre.
Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren betreffend Säumniszuschläge geht es daher um die Frage, ob der Bf., vertreten durch ihre handelnden Organe, ein grobes Verschulden im Sinne des § 217 Abs. 7 BAO bei der unrichtigen Selbstberechnung bzw. bei der unterbliebenen Abfuhr der den Säumniszuschlägen zugrundeliegenden Umsatz- und Kapitalertragsteuerschuldigkeiten anzulasten ist oder ob das Handeln der Bf., wie eingewendet wird, auf einer vertretbaren Rechtsansicht beruht hat. Das Antragsrecht auf Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung von Säumniszuschlägen setzt voraus, dass den Abgabepflichtigen kein grobes Verschulden an der Säumnis trifft.
Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt (311 BlgNR 21. GP, 200; ). Eine (lediglich) leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (zB , G 176/96; ; , 97/09/0134; , 2007/15/0169).
Nimmt ein zur Selbstberechnung verpflichteter Eigenschuldner (zB Arbeitgeber für Dienstgeberbeiträge) oder Abfuhrpflichtiger (zB Arbeitgeber für Lohnsteuer) die Selbstberechnung vor und entrichtet er (zeitgerecht) den selbst berechneten Betrag, so ist für § 217 Abs. 7 BAO ausschlaggebend, ob ihn an einer Fehlberechnung (gemeint ist eine zu niedrige Berechnung) ein grobes Verschulden trifft.
Dies wird beispielsweise nicht der Fall sein, wenn der Selbstberechnung eine vertretbare Rechtsansicht zugrunde liegt (Ritz, SWK 2001, S 338). War die Rechtsansicht unvertretbar, so ist dies für die Anwendung des § 217 Abs. 7 BAO nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit schädlich.
Die Bf. wendet ein im Rahmen einer vertretbaren Rechtsansicht gehandelt zu haben, ohne dies jedoch konkreter auszuführen.
Aufgrund der gesetzlichen Fälligkeit der Umsatzsteuer und der Kapitalertragsteuer kann hinsichtlich dieser Selbstbemessungsabgaben die Anlastung eines Säumniszuschlages vom Nachforderungsbetrag im Allgmeinen nicht verhindert werden.
Das Bundesfinanzgericht ist im Erkenntnis vom , RV/7103868/2017, in einer vom Verwaltungsgerichtshof nicht beanstandeten Weise auf Grund der gegebenen Sachverhaltskonstellation zu der Feststellung gelangt, dass den an die Bf. gelegten Rechnungen von sieben Subunternehmen keine tatsächlich erbrachten Leistungen zu Grunde lagen bzw. dass diese Subunternehmen keinerlei Leistungen an die Bf. erbracht haben, sondern dass diese Leistungen durch eigene Schwarzarbeiter der Bf. oder durch unbekannte Dritte erbracht worden seien, wobei auf Grund der Umstände des Falles davon auszugehen sei, dass der von der Bf. tatsächlich verausgabte Aufwand für Fremdpersonal geringer gewesen sei als in den Rechnungen der Subunternehmen ausgewiesen, weshalb die Berechtigung und Verpflichtung bestanden habe, die Höhe der als Betriebsausgaben abzugsfähigen Aufwendungen gemäß § 184 BAO zu ermitteln; bei Durchführung der Schätzung ist das Bundesfinanzgericht mit näherer Begründung zu dem Ergebnis gelangt, dass mit einer Kürzung der aus den Rechnungen der Subunternehmen geltend gemachten Betriebsausgaben um 30% das Auslangen gefunden werden könne.
Soweit im gegenständlichen Beschwerdeverfahren Einwendungen gegen die zugrundeliegenden Abgaben- und Haftungsbescheide an Umsatz- und Kapitalertragsteuern vorgebracht werden, wird auf das mittlerweile rechtskräftige, oben genannte Beschwerdeverfahren zu RV/7103868/2017 verwiesen. Das diesbezügliche Vorbringen hinsichtlich der Unrichtigkeit der zugrundeliegenden Stammabgabenbescheide kann daher der gegenständlichen Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.
Im Sinne dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wäre es im gegenständlichen Verfahren zur Klärung des Beschwerdeeinwandes, die Bf. würde kein grobes Verschulden an der unrichtigen bzw. unterbliebenen Selbstbemessung der zugrundeliegenden Umsatzsteuern und Kapitalertragsteuer treffen, an der Bf. selbst gelegen, eigeninitiativ und unter Ausschluss jeden Zweifels das Nichtvorliegen eines groben Verschuldens im Sinne des § 217 Abs. 7 BAO nachzuweisen bzw. glaubhaft zu machen.
Bei der Beurteilung der Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmanns sind nicht die persönlichen Fähigkeiten, Gewohnheiten und Kenntnisse des Unternehmers maßgebend, sondern ein objektiver Maßstab, das Verhalten eines ordentlichen, gewissenhaften Kaufmannes, wobei der Sorgfaltsmaßstab nach Geschäftszweigen differieren kann. (vgl. Ruppe, UStG, Art. 7 Tz 25).
Mit ihrem Beschwerdevorbringen ist es der Bf. jedoch nicht gelungen, sämtliche im Rahmen der Außenprüfung aufgezeigte Anhaltspunkte zum Vorliegen eines groben Verschuldens von Vornherein auszuräumen, sodass der gegenständlichen Beschwerde im Lichte der dargestellten Judikatur kein Erfolg beschieden sein konnte. Aus den Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes in den Stammabgabeverfahren folgt für den erkennenden Senat, dass die Bf. jedenfalls ein grobes Verschulden trifft. Dies, da sich aus der umfangreichen Begründung des zugrundeliegenden Berichtes vom über die Außenprüfung der Bf. (siehe insbesondere Darstellung der Sorgfaltsmängel unter Tz. 5) gravierende Anhaltspunkte hinsichtlich des Vorliegens eines groben Verschuldens der handelnden Personen der Bf. (des Geschäftsführers ***Gf*** bzw. des ehemaligen Prokuristen ***Prok***) ergeben. Die Bf. und deren Geschäftsführer sowie der ehemalige Prokurist haben nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Unternehmers gehandelt. Die geschilderten Umstände von der Entstehung der Geschäftsbeziehung bis zur Auftragsvergabe und Auftragsabwicklung bzw. Überprüfung hätten bei einem die erforderliche Sorgfalt an den Tag legenden Unternehmer massive Zweifel an der Seriosität der genannten Firmen aufkommen lassen müssen. Bei Anwendung der gebotenen unternehmerischen Sorgfalt hätten der Bf. zumindest Zweifel an der Seriosität der Auftragnehmer kommen müssen und hätten diese Bedenken Anlass für weitere Überprüfungen sein müssen. Die Bf. kann sich daher nicht auf ihre Gutgläubigkeit berufen. Im Hinblick auf die allgemein seit Jahrzehnten bekannte Betrugsanfälligkeit im Mehrwertsteuerbereich im Allgemeinen und im Bau- und Baunebengewerbe und Personalgestellungsbereich im Besonderen kann sich die Bf. auch nicht allein auf Firmenbucheintragungen und vergebene Umsatzsteuer-Identifikationsnummern stützen, sondern hätte sie sich gerade bei nicht langjährig etablierten und allgemein bekannten Unternehmen, die noch dazu eigeninitiativ (und unaufgefordert) ihre Dienste anbieten, mit der Sorgfalt eines ordentlichen Unternehmers zu überzeugen gehabt, dass der Auftragnehmer nicht wie jemand agiert, der auf Grund seiner Vorgangsweise den begründeten Verdacht einer abgabenrechtlichen und einer damit meist verbundenen sozialversicherungs- und oft auch arbeitsrechtlichen Unredlichkeit erweckt. Auch das persönliche Überbringen von Rechnungen und das Kassieren von nicht als bloß geringfügig zu bezeichnenden Bargeldbeträgen - die Rechnungssummen bewegten sich immerhin zwischen € 8.000,00 und € 70.000,00 - an Ort und Stelle kann nicht gerade als branchenüblich bezeichnet werden, sondern rundet eine derartige Vorgehensweise das Gesamtbild ab und bestätigt vielmehr, dass es sich um keinen seriösen Auftragnehmer handelt.
Aufgrund der gesetzlichen Fälligkeit der Umsatzsteuer und der Kapitalertragsteuer kann hinsichtlich dieser Selbstbemessungsabgaben die Anlastung eines Säumniszuschlages vom Nachforderungsbetrag im Allgemeinen nicht verhindert werden.
Verdeckte Ausschüttungen zählen zu den kapitalertragsteuerpflichtigen Kapitalerträgen (vgl. , mwN). Bei verdeckten Ausschüttungen ist zu beachten, ob die ausschüttende Körperschaft auch die auf die Ausschüttung entfallende Kapitalertragsteuer trägt oder ob sie diese auf den begünstigten Gesellschafter überwälzt. Trägt die Körperschaft die Kapitalertragsteuer, dann ist auch darin eine Vorteilszuwendung gelegen, sodass beim Gesellschafter im Rahmen seiner Einnahmen aus der Gewinnausschüttung auch bei der auf Basis der Einnahmen vorzuschreibenden Kapitalertragsteuer dieser Vorteil einzubeziehen ist. Fordert hingegen die Körperschaft die auf die verdeckte Ausschüttung entfallende Kapitalertragsteuer (in angemessener Frist) ein, ist die Ausschüttung als Betrag vor Abzug der Kapitalertragsteuer anzusehen (vgl. , mwN). Eine derartige Einforderung der Kapitalertragsteuer vom Gesellschafter wurde im Haftungsverfahren (RV/7103868/2017) aber nicht behauptet. Der Bescheid betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer für 2013 wurde daher im Erkenntnis vom , RV/7103868/2017, entsprechend den Darstellungen laut Punkt 6 (Betriebsausgabenkürzung von 30%) abgeändert. Als Bemessungsgrundlage für die Kapitalertragsteuer wurde vom Bundesfinanzgericht ein Betrag von € 49.738,00 herangezogen, davon 25% Kapitalertragsteuer sohin € 12.434,50.
Gem. § 8 Abs. 2 KStG 1988, BGBl. Nr. 401/1988, ist es für die Ermittlung des Einkommens ohne Bedeutung, ob das Einkommen im Wege offener oder verdeckter Ausschüttungen verteilt oder entnommen oder in anderer Weise verwendet wird.
Das Gesetz selbst enthält keine Definition des Begriffs der verdeckten Ausschüttung. Aus der Rechtsprechung ergibt sich, dass verdeckte Ausschüttungen alle außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gelegenen Vorteilsgewährungen einer Körperschaft an Anteilseigner sind, die das Einkommen der Körperschaft mindern und ihre Wurzeln in der Anteilseignerschaft haben (vgl. , 0122; ; , so auch bereits Putschögl/Bauer/Mayr, KStG, § 8 Rz 43; Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, KStG11, § 8 Tz 111).
Das objektive Tatbild der verdeckten Ausschüttung setzt eine Vermögensminderung bei der Körperschaft voraus. Grundsätzlich können verdeckte Ausschüttungen das Einkommen der Körperschaft in zwei Formen mindern: Zum einen kann die verdeckte Ausschüttung in der Form überhöhter (scheinbarer) Ausgaben auftreten, zum anderen in der Form zu geringer (fehlender) Einnahmen. Die ersterwähnte Erscheinungsform führt zu einer Aufwandskürzung, die zweiterwähnte zu einer Einnahmenerhöhung (vgl. zB ; und 0165).
Eine der Voraussetzungen für die Beurteilung eines Sachverhaltes als verdeckte Ausschüttung ist eine subjektive, auf Vorteilsgewährung gerichtete Willensentscheidung der Körperschaft. Der Verwaltungsgerichtshof hat es schon wiederholt als zulässig angesehen, aus den Umständen des betreffenden Falles auf die Absicht der Vorteilsgewährung zu schließen (). Ein derartiger - im Rahmen der Beweiswürdigung gezogener Schluss - ist nur dann zulässig, wenn der Sachverhalt, aus dem dieser Schluss gezogen werden soll, ausreichend erforscht ist (vgl. zB ; ).
Gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, BGBl. Nr. 400/1988 in der anzuwendenden Fassung, sind Gewinnanteile (Dividenden), Zinsen und sonstige Bezüge aus Aktien oder Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung Einkünfte aus Kapitalvermögen. Gemäß § 93 Abs. 1 EStG 1988 wird bei inländischen Kapitalerträgen (Abs. 2) die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben (Kapitalertragsteuer). Gemäß § 93 Abs. 2 Z 1 lit. a EStG 1988 liegen inländische Kapitalerträge vor, wenn der Schuldner der Kapitalerträge Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat oder Zweigstelle im Inland eines Kreditinstituts ist und es sich um Gewinnanteile (Dividenden), Zinsen und sonstige Bezüge aus Aktien, Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung handelt.
Gemäß § 95 Abs. 1 EStG 1988 ist Schuldner der Kapitalertragsteuer der Empfänger der Kapitalerträge. Der Abzugsverpflichtete (Abs. 2) haftet dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer. Gemäß § 95 Abs. 2 EStG 1988 ist bei inländischen Kapitalerträgen (§ 93 Abs. 2) der Schuldner der Kapitalerträge zum Abzug der Kapitalertragsteuer verpflichtet.
Aufgrund der Herabsetzung der Kapitalertragsteuer von € 24.869 auf € 12.434,50 war auch der Säumniszuschlag betreffend Kapitalertragsteuer 11/2013 von € 497,38 auf € 248,69 zu reduzieren.
Es war daher spruchgemäß zu entschieden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das gegenständliche Erkenntnis weicht nicht von der Rechtsprechung des VwGH ab und hatte auch die Klärungen von Sachverhaltsfragen im Einzelfall und keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zum Gegenstand. Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 217 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100685.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at