Operation in Privatklinik als außergewöhnliche Belastung.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Erich Schwaiger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Trigon Treuhand Wirtschaftsprüfungs- & Steuerberatungs GmbH, Nonntaler Hauptstraße 37B, 5020 Salzburg, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend die Einkommensteuer 2019 zu Recht erkannt:
I.
Der bekämpfte Bescheid wird abgeändert.
Die Einkommensteuer beträgt minus EUR 803 und errechnet sich wie folgt:
[...]
II.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde fällt in die Zuständigkeit des Fachgebietes FE 2 und damit in die Zuteilungsgruppe 7002. Auf Basis der gültigen Geschäftsverteilung wurde sie der Gerichtsabteilung 7013 zur Entscheidung zugewiesen.
Am trat das Finanzamt Österreich (kurz FAÖ) an die Stelle des bis dahin zuständig gewesenen Finanzamtes Salzburg-Stadt (§ 323b Abs. 1 BAO).
I. Verfahrensgang
Die Beschwerde richtet sich gegen den Einkommensteuerbescheid 2019, mit dem die Berücksichtigung von Zahlungen (EUR 3.744,45) für eine Operation als außergewöhnliche Belastung verweigert wurde.
Zum Nachweis der Behandlungsleistung hatte der Bf. am vorerst nur einen Kostenvoranschlag vom sowie einen Zahlungsnachweis vom vorgelegt. Dieses Anbot enthält die folgenden Leistungen einer Privatklinik.
[...]
Nachdem der Beschwerdeführer (kurz Bf.), ein steuerlich vertretener Balletttänzer, mit Vorhalt vom aufgefordert worden war, schriftlich bekanntzugeben um welche Behandlung es sich handelte und eine ärztliche Verordnung für die Behandlung in der Privatklinik bzw. einen Nachweis über die Ersätze der Krankenkasse für die Behandlung nachzureichen, reagierte er mit und legte einen mit datierten Operationsbericht (OP-Bericht) dieser Privatklinik vor.
Als Diagnose findet sich dort "chronische AC-Gelenksinstabilität mit horizontaler Instabilität (Rockwood V) rechts". Die durchgeführte Operation der rechten Schulter wurde mit "arthroskopische coracolavikulär Bandersatzplastik mit InternalBrace mit Grazilis Autograft rechts" bezeichnet. Der Patient komme bei chronisch therapieresistenter Problematik mit anhaltenden Beschwerden nach eingehend klinisch bildgebender Abklärung zum operativen Eingriff und sei eingehend informiert über konservative und operative Möglichkeiten mit allen Vor- und Nachteilen.
Der Patient komme so nicht zurecht, habe einen erhöhten Anspruch durch Tanzberuf und wünsche das operative Vorgehen und werde eingehend informiert über Operationsart, Eigenheit und ev. Komplikationen bis hin zu Verletzung von Sehnen und Nerven, Gefäßen, Wundheilungsstörungen und Infektion, insbesondere die notwendige längere Nachbehandlungsdauer ggf. anhaltende Restbeschwerden oder kurzfristige Bewegungseinschränkungen. Der Patient verstehe dies alles, sei auch zur längeren Nachbehandlungsdauer bereit und bestätige Operationswunsch, Einverständnis und Risikobereitschaft durch seine Unterschrift an den Aufklärungsbögen. Danach wurde die durchgeführte OP beschrieben. Mit einem weiteren Schreiben vom empfahl die Privatklinik bestimmte Medikamente, das Tragen einer Schulterarmbandage für sechs Wochen und eine weiterführende ambulante physikalische Therapie.
Daraufhin erließ das FAÖ den hier bekämpften Einkommensteuerbescheid 2019 vom , verweigerte den Abzug der beantragten außergewöhnlichen Belastung und begründete dies damit, es seien keine ärztliche Verordnung bzw. Ersätze von der Krankenkasse beigebracht worden.
Diesen Bescheid bekämpfte der Bf. nach mehrmaligen Fristverlängerungen rechtzeitig mit Beschwerde vom (FinanzOnline), und führte aus, er sei Balletttänzer an einem Theater. Die Operation sei unbedingt erforderlich und medizinisch notwendig gewesen, damit er weiterhin seinen Beruf ausüben kann. Aufgrund des geringen Jahreseinkommens habe er sich dafür das Geld vom Mund abgespart. Der Ausfall über die Rehabilitationsphase sei schon an der Grenze gewesen. Er hätte ansonsten nicht nur seine Kündigung riskiert, sondern auch nirgendwo mehr eine Beschäftigung gefunden.
Als Beilage legte er eine mit datierte Bestätigung des behandelnden Arztes vor. Diese lautet wörtlich nur:
"Es wird bestätigt, dass bei meinem Patienten, … , zum Erhalt seiner Arbeitsfähigkeit als Tänzer folgende Operation indiziert war: AC & CC Ligament Reconstruction (FiberTape + Gracilis Tendon) right shoulder PKWD"
Mit einem weiteren Vorhalt vom machte das FAÖ den Bf. darauf aufmerksam, dass die Kosten der in der Privatklinik durchgeführten Operation bzw. der Sonderklasse mangels Zwangsläufigkeit im Allgemeinen nicht als außergewöhnliche Kosten begünstigt seien.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei die Zwangsläufigkeit bei Krankheitskosten, die die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen, nur dann gegeben, wenn sie aus triftigen medizinischen Gründen erfolgen. Die triftigen medizinischen Gründe müssten in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden. Daher seien die eindeutige medizinische Notwendigkeit der Kosten für die in einer Privatklinik durchgeführten Operation in geeigneter Form nachzuweisen. Könne dieser Nachweis nicht erbracht werden, sei beabsichtigt, die Kosten der Schulteroperation an der Privatklinik mangels Zwangsläufigkeit nicht zu berücksichtigen. Auf diesen Vorhalt reagierte der Bf. nicht.
Daraufhin wies das FAÖ die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Die Zwangsläufigkeit bei Krankheitskosten, die die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen, sei nur dann gegeben, wenn sie aus triftigen medizinischen Gründen erfolgen.
Die Zwangsläufigkeit der Operation selbst werde nicht in Zweifel gezogen, die triftigen medizinischen Gründe einer Privatoperation müssten aber in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden. Dass die öffentlichen Krankenhäuser nicht auch die erforderlichen operativen Maßnahmen getroffen hätten, sei nicht zweifelsfrei nachgewiesen worden.
Dies bekämpfte der steuerlich vertretene Bf. mit Vorlageantrag vom und führte aus, er habe nach einer gravierenden Verletzung eine Operation an der Schulter durchführen lassen müssen, um seine Berufsfähigkeit weiter erhalten zu können. Es seien bereits alle Erklärungen und auch die Unterlagen und medizinischen Bestätigungen seitens des Arztes sowie des Spitals vorgelegt worden.
Er sei Balletttänzer. Jegliche Verletzung, Einschränkung oder Behinderung würde dazu führen, dass er seinen Beruf nicht mehr ausüben kann und somit seine Erwerbsfähigkeit verliert. Die Schulter sei ein besonders heikler Bereich. Der steuerliche Vertreter betonte, er betreue seit über 20 Jahren Balletttänzer im In- und Ausland an den renommiertesten Ballettschulen und Compagnien und könne feststellen, dass heute die Leistungsdichte bereits so hoch ist, dass schon geringfügige Qualitätsunterschiede bei Tänzerinnen den Ausschlag für ein Engagement oder ein Nicht-Engagement geben.
Da sich der Bf. schwer an der Schulter verletzt habe und zwingend operiert werden habe müssen, stehe die Zwangsläufigkeit außer Frage. Auch hinsichtlich der Außergewöhnlichkeit der Höhe der Kosten im Zusammenhang mit seinen Einkünften sei die Außergewöhnlichkeit jedenfalls gegeben. Es stehe dem Finanzamt nicht zu, über die Auswahl des Arztes zu entscheiden. Die beruflich veranlasste Notwendigkeit liege vor, die Höhe der Kosten unterliege keiner Würdigung. Ebenso werde bei betrieblich veranlassten Investitionen die Höhe der Investition keiner Beurteilung durch das Finanzamt unterliegen, solange Wirtschaftlichkeit gegeben ist.
Wie allgemein bekannt sei, ließen sich Spitzensportler nicht von einem Turnusarzt oder dem gerade diensthabenden Arzt eines Spitals behandeln, sondern ihnen stehe das (medizinische und persönliche) Recht auf Auswahl des Arztes zu, zumal sie ja auch dafür bezahlen, um eine optimale Behandlung zu bekommen.
Nur eine absolut hundertprozentig erfolgversprechende Operation führe dazu, dass der Beruf nach Genesung nach wie vor uneingeschränkt ausgeübt werden kann. Wie allgemein bekannt sei, würde auch ein Skirennfahrer oder Fußballer nicht zu dem erstbesten Arzt gehen, sondern natürlich würden in diesem Falle von den Betroffenen die Spezialisten ausgewählt, welche für die Operation und Behandlung solcher Verletzungen bereit stehen. Dies brauche nicht näher erläutert zu werden. Der Bf. habe von diesem seinem Recht Gebrauch gemacht wie jeder andere, der in gleicher Situation ist und jede nur erdenkliche Maßnahme treffen muss, um seinen Erwerbsfähigkeit weiter zu erhalten, seinen Körper optimal behandeln zu lassen und seine weitere Karriere nicht zu gefährden.
Der steuerliche Vertreter verwies auf mehrere Erkenntnisse des VwGH, schloss dem Vorlageantrag aber nur die Entscheidung an. Abschließend beantrage der Vertreter die uneingeschränkte Berücksichtigung der Kosten für die Operation als außergewöhnliche Belastung und für den Fall, dass der Beschwerde nicht vollinhaltlich stattgegeben wird, die Vorlage an die weitere Instanz unter Berücksichtigung und Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, in welcher Experten seine Rechtsansicht bestätigen würden (zur Zurückziehung dieses Antrages siehe unten).
Das FAÖ legte die Beschwerde am an das Bundesfinanzgericht vor, beantragte ihre Abweisung und begründete dies im Kern damit, eine Zwangsläufigkeit von Kosten, die die von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommenen Kosten übersteigen, sei nur aus triftigen medizinischen Gründen gegeben. Diese müssten in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden, ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden (; , 85/14/0181; , 87/14/0116). Dass eine Durchführung der Operation in einem öffentlichen allgemeinen Krankenhaus erhebliche gesundheitliche Nachteile zu Folge gehabt hätte, sei nicht nachgewiesen worden. Daran ändere die - unbestrittene - freie Arztwahl nichts (Verweis auf ). Weder die Wahlfreiheit des Arztes noch das fehlende Vertrauen in die medizinische Leistung des öffentlichen Krankenhauses stellen nach Ansicht des FAÖ triftige medizinische Gründe dar, die eine steuerliche Berücksichtigung rechtfertigen könnten. Das im Vorlageantrag angeführte VwGH-Erkenntnis sei nicht einschlägig, da hier keine Folgewirkungen der Operation vorlägen.
Der zuständige Richter des Bundesfinanzgerichts machte den steuerlichen Vertreter des Bf. am telefonisch darauf aufmerksam, dass er nach wie vor Nachweise über die Zwangsläufigkeit schuldig geblieben sei. Er sagte daraufhin Beweismittel dafür zu, dass die Behandlung in der Privatklinik ärztlich begründet war und dass die Kosten anteilig von der gesetzlichen Krankenkasse getragen wurden. Danach werde er entscheiden, ob er die mündliche Verhandlung noch für notwendig hält.
Nach telefonischer Urgenz vom ersuchte er mit Mail vom um Fristverlängerung bis . Die Datenerhebung im operierenden Privatkrankenhaus gestalte sich schwieriger als erwartet. Er habe auch einen anderen Primar (Orthopädie und Traumatologie) um seine Expertise ersucht. Nach erteilter Fristverlängerung bis (Abwesenheit des Richters) teilte der Vertreter am per Mail mit, der Primar habe zugesagt, in den nächsten Tagen eine Stellungnahme abzugeben. Am legte er per Mail noch einmal die OP-Berichte aus 2019 sowie die angekündigte Stellungnahme des Primars eines öffentlichen Krankenhauses vom mit einer allgemeinen Beschreibung einer "Rockwood V Verletzung Schultergelenk" vor. Dieser Primar kam zum Schluss, diese Art von Verletzung sollte bei jedem Patienten und Patientin operativ versorgt werden, um die Funktion des Schultergelenkes wiederherzustellen und langfristig keine chronischen Schäden zu bedingen.
Er analysierte, im OP-Bericht werde deshalb von einer chronischen Verletzung gesprochen, da man bei diesen Bandverletzungen innerhalb der ersten sechs Wochen von einer akuten Verletzung spreche, die danach definitionsgemäß in eine chronische Verletzung übergingen.
Im beschriebenen Fall habe das Akutereignis der Verletzung länger als sechs Wochen bestanden.
Der Patient habe verstanden, dass ein operatives Vorgehen dringend zu empfehlen gewesen sei und dass ein OP-Verfahren gewählt worden sei, welches aufgrund der Retrahierung der Bänder und der hohen sportlichen Aktivität eine Bandersatzplastik bedingt. Somit sei beim Patienten völlig korrekt eine Sehne aus dem Oberschenkel entnommen und diese als Ersatz für die zerrissenen Bänder zwischen dem Schlüsselbein und dem Rabenschnabelfortsatz eingebracht und zusätzlich mit einem speziellen Bandmaterial fixiert worden. Diese OP-Methode sei ein hoch spezialisierter Eingriff, der eines langjährig erfahrenen Chirurgen bedürfe.
In einem zweiten Schritt seien direkt das Schultereckgelenk angegangen und die dort zerrissenen Bänder genäht und stabilisiert worden, um auch eine horizontale Instabilität zu adressieren. Dies sei notwendig, da bei einer Rockwood-V-Verletzung nicht nur eine vertikale Instabilität durch das Zerreißen der coracoclaviculären Bänder eingetreten sei, sondern zusätzlich durch das Zerreißen der Bänder zwischen Schulterdach und lateralen Anteile der Clavicula eine horizontale Instabilität im Schultereckgelenk bestehe.
Die Beschreibung der ausführlichen Aufklärung des Patienten hinsichtlich eines konservativen und eines operativen Vorgehens beinhalte nicht, dass eine konservative Behandlung ebenso zu einem guten Erfolg führt, sondern sei eine juristische Notwendigkeit, die in jedem OP Bericht so beschrieben werden müsse da dem Patienten alle möglichen Alternativen zur Entscheidungsfindung vorgelegt werden müssten und der Patient sich aktiv für oder gegen die operative Variante entscheiden müsse.
Der steuerliche Vertreter brachte in dieser Mail noch einmal vor, dass die vollständige Genesung eine unabdingbare Voraussetzung für die Berufsausübung gewesen sei. Es handle sich also nicht um eine freiwillige Entscheidung zur Operation oder Nicht-Operation - wie es andere Personen treffen können. Der Mandant wäre berufsunfähig gewesen. Nachweise über die anteilige Kostenübernahme durch die gesetzliche Sozialversicherung blieb er wieder schuldig.
Das Bundesfinanzgericht wies den Bf. am noch einmal darauf hin, dass hier sowohl die Zwangsläufigkeit als auch die Außergewöhnlichkeit zu beurteilen sei. Eine steuerwirksame Berücksichtigung komme nur bei Überschreitung des "Selbstbehaltes" (EUR 2.443,77) in Frage. Es forderte den Bf. noch einmal auf nachzuweisen,
warum die notwendige Operation nicht in einem öffentlichen Krankenhaus bzw. nicht in der Allgemeinklasse erfolgte und
welche Kosten von der gesetzlichen Sozialversicherung übernommen wurden. Sollte überhaupt keine Kostenübernahme erfolgt sein, solle der Grund dafür genannt und Unterlagen vorgelegt werden, mit denen ein Kostenersatz beantragt, aber abgelehnt wurde.
Zusatzkosten für die Sonderklasse seien grundsätzlich nicht zwangsläufig, weshalb um Aufgliederung der Kosten in die Kosten der Allgemeinklasse und die Aufzahlung für Sonderklasse erfolgen solle.
Am ersuchte der steuerliche Vertreter noch einmal um Firstverlängerung bis zum und teilte mit, er werde den schon bekannten Primar erinnern und um seine Stellungnahme bitten. Betreffend die Kostenübernahme könne er noch nichts sagen. Das Bundesfinanzgericht sicherte diese Frist zu.
Mit Mail vom legte der Bf. eine weitere "gutachterliche Stellungnahme" des oben schon erwähnten Primars des öffentlichen Krankenhauses vor und betonte, daraus gehe eindeutig die Zwangsläufigkeit hervor sowie, dass diese Operation zwingend notwendig gewesen sei und ein weiteres Zuwarten durch eventuelle Voruntersuchungen oder therapeutische Maßnahmen zu einer Verschlechterung der medizinischen Situation, im schlechtesten Fall sogar zur Berufsunfähigkeit geführt hätte. Es sei unbedingt notwendig gewesen, nach der Verletzung rasch zu handeln. Der Bf. habe sich deshalb zu der Operation entschlossen. Die Außergewöhnlichkeit stehe hier auch außer Zweifel. Diese Art der Belastung sei höher als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse erwächst.
Die Frage, warum diese Operation nicht in einem öffentlichen Krankenhaus durchgeführt werden kann, sei durch die gutachterliche Stellungnahme beantwortet. Der gewählte Arzt habe als Spezialist nicht in einem öffentlichen Krankenhaus operiert oder zumindest diese Art von Operation eben nicht - oder nicht zeitnahe - durchführt. Die Tatsache, dass es offensichtlich eine Zweiklassenmedizin gibt, könne dem Patienten nicht angelastet werden!
Noch im Juni 2024 bekräftigte er, es seien keine Kosten von der gesetzlichen Sozialversicherung übernommen oder vergütet worden. Das Privatkrankenhaus habe über Nachfrage, ob bzw. in welcher Höhe die Sozialversicherung Kosten übernommen hat, Angaben aus datenschutzrechtlichen Gründen verweigert. Der Bf. habe wiederholt versichert, ihm sei die Möglichkeit einer Antragstellung nicht bewusst gewesen. Er hätte die - gleich ob diese möglich gewesen wäre oder nicht - aber jedenfalls nicht in Anspruch genommen. Ihm seien keine Kosten erstattet worden. Aus der aktenkundigen Abrechnung ergebe sich, dass keine Einzelzimmer- oder Kosten der Sonderklasse verrechnet worden seien, sondern die reinen OP-Kosten sowie die Gebühren des Krankenhauses und Pflegegebühren.
Der steuerliche Vertreter gab an, er habe ausdrücklich noch einmal nachgefragt, sowohl bei dem Patienten selbst, welcher sich in Folge der mangelhaften Kenntnis der Situation und auch der Sprachschwierigkeiten an eine Koordinatorin seines Arbeitgebers gewendet habe, welche ihm in der Notsituation bei der Auswahl und Suche nach einem möglichst raschen Operationstermin zur Seite gestanden sei. Hätte hier eine vorbereitende Antragstellung zur Kostenübernahme oder auch Voruntersuchung erst mit der gesetzlichen Sozialversicherung abgeklärt werden müssen, wäre wertvolle Zeit verstrichen und hätte die Operation erst zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden können, welche nachteilig für den Patienten gewesen wäre.
In der erwähnten neuerlichen Stellungnahme des erwähnten Primars vom kam dieser unter anderem zum Schluss, diese Art der Verletzung führe bei Nichtbehandlung innerhalb eines Zeitrahmens von maximal drei bis vier Wochen mittels spezieller operativer Techniken zu einem Kraftverlust im Bereich des Schultergelenkes und sekundär bei nicht zeitgerechter Versorgung zu einer chronischen Instabilität, welche eine Ausübung des Berufs mit großer Wahrscheinlichkeit unmöglich macht. Dies sei von besonderer Wichtigkeit bei dem Beruf eines Balletttänzers, da hier Hebefiguren über die Horizontale des Schultergelenkes ausgeführt werden müssen und einen essenziellen Bestandteil des Berufs darstellen, beziehungsweise diese Art von Tanzfiguren in Zukunft bei Instabilität des Schultereckgelenks nicht mehr möglich ist.
Die Art der gewählten Versorgung sei in großem Maße von der Beanspruchung des Schultergelenkes und der beruflichen Tätigkeit abhängig und des Weiteren von der Expertise des behandelnden Spezialisten. Die klassische Versorgung mittels einer Hakenplatte sei in diesem Fall keine erfolgversprechende Versorgungsstrategie, da es hierbei nicht zu einer Stabilisierung der Bänder zwischen dem Schlüsselbein und dem Rabenschnabelfortsatz kommen könne, sondern diese Bänder unversorgt blieben.
Die bestmögliche Versorgung zum Erhalt der Funktion des Schultergelenkes, insbesondere bei hoher körperlicher Beanspruchung, sei eine Rekonstruktion der Bänder zwischen Acromion und lateraler Clavicula, ebenso wie die Wiederherstellung der Bandstrukturen zwischen Coracoid und Clavciula eine Voraussetzung eines bestmöglichen Heilerfolges sei. Diese Art der Versorgungstechnik werde nicht landläufig und mit entsprechend hoher Expertise und Versorgungsfrequenz angeboten. Da es sich um eine Verletzungsform handelt, die im Berufsbild des Balletttänzers häufiger auftritt, sei davon auszugehen, dass Erfahrungswerte vorliegen, wo eine bestmögliche Heilung bei welchem Chirurgen erreicht werden kann und somit werde sich zwangsläufig eine Arztwahl aus diesen Erfahrungen ergeben. Auch sei zu bedenken, dass wie oben angeführt eine zeitnahe Versorgung nach dem stattgehabten Ereignis durchgeführt werden sollte, um ein gutes Ausheilungsergebnis und operatives Ergebnis erreichen zu können. Dies sei im Bereich der öffentlichen Spitäler aufgrund des allseits bekannten Ressourcenmangels sicherlich nicht in gleichem Maße möglich wie in einem privaten Setting.
Daraus ergebe sich zwangsläufig bei Abhängigkeit des Berufs von körperlicher Unversehrtheit der Wunsch und Bedarf eines Patienten bestmöglich versorgt zu werden, um ein möglichst komplikationsloses und schnelles Heilergebnis erzielen zu können.
Dieser Primar gab an, welche Kosten von der gesetzlichen Sozialversicherung übernommen wurden und warum allenfalls überhaupt keine Kostenübernahme erfolgt sei, könne er mangels Informationen nichts sagen. Zur Aufgliederung der Kosten in die Kosten der Allgemeinklasse und die Aufzahlung für Sonderklasse führte er aus, prinzipiell gebe es bezüglich der Versorgung durch einen Wahlarzt eine gesetzliche Bemessungspauschale, die sich nach der Schwere des Eingriffs berechnet. Daraus errechne sich die zu erhebende Sonderklassegebühr. Eine Abgeltung der entstandenen Kosten über die Allgemeinklasse sei nach Erstellung der Rechnungslegung möglich, wobei hier sicherlich Unterschiede zwischen öffentlichen Spitälern und Privatspitälern bestünden.
Nach mehreren Kontakten zwischen dem steuerlichen Vertreter und dem zuständigen Richter und mehrmaligen Fristverlängerungen wurden erstmals mit Mail vom konkrete Unterlagen über die Abrechnung der Privatklinik vorgelegt, aus denen hervorgeht, dass die Basiskosten der Behandlung - entgegen erster Angaben des Vertreters - doch von der gesetzlichen Sozialversicherung übernommen wurden (siehe unten).
Das Bundesfinanzgericht lud in der Folge zur Durchführung der vom Bf. beantragten mündlichen Verhandlung, woraufhin der steuerliche Vertreter am via FinanzOnline (zur Weiterleitung an das Bundesfinanzgericht) erklärte, es werde auf die Teilnahme bei der mündlichen Verhandlung verzichtet.
Er ersuchte, auf Basis der Aktenlage zu entscheiden. Es seien alle zur Verfügung stehenden Unterlagen eingereicht worden und es könne nichts Neues mehr vorgebracht werden. Das Bundesfinanzgericht wertete dies als Zurückziehung des Antrages auf mündliche Verhandlung und gab dem FAÖ - nach Übermittlung aller vorhandenen Stellungnahmen des steuerlichen Vertreters und des erwähnten Primararztes - abschließend Gelegenheit zu einer Stellungnahme.
Dieses blieb in seiner Mail vom bei seinen Ausführungen im Vorlagebericht. Im Schreiben des Primararztes vom werde das Vorliegen triftiger medizinischer Gründe bzw. das Bestehen von feststehenden oder sich konkret abzeichnenden, ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung im Privatkrankenhaus eintreten würden, nicht aufgezeigt worden. Es sei auch nicht behauptet worden, dass eine Operation in einer öffentlichen Klinik nicht möglich gewesen wäre. Die Operation sei lt. Operationsbericht vom auf Wunsch des Beschwerdeführers erfolgt. Damit seien die Kosten für die Operation in der Privatklinik nicht zwangsläufig erwachsen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts basiert auf folgendem Sachverhalt, der in den Akten der Abgabenbehörde sowie des Gerichtes abgebildet und soweit nicht gesondert angeführt unbestritten ist. Strittig ist hier nur die Berücksichtigung von Operations- und Aufenthaltskosten in einem Privatkrankenhaus als außergewöhnliche Belastung.
Der Bf. ist Balletttänzer und war im Streitzeitraum durchgehend bei einem Theater nichtselbständig beschäftigt und dort pflichtversichert. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Verletzung und der nichtselbständigen Beschäftigung (Arbeitsunfall) wurde niemals behauptet. Dafür liegen in den Akten auch keine Anhaltspunkte vor. Die Diagnose in der Abrechnung der Privatklinik lautet "929.9 Sonstiger Unfall im privaten Bereich, nicht näher bezeichnet".
Fest steht damit, dass sich der Bf. außerhalb seiner beruflichen Tätigkeit schwer an der Schulter verletzte und sich von 20. bis (drei Nächte bzw. vier Tage) in stationärer Behandlung in einem Privatkrankenhaus befand.
Aus dem OP-Bericht ergibt sich, dass er bei chronisch therapieresistenter Problematik mit anhaltenden Beschwerden nach eingehend klinisch bildgebender Abklärung zum operativen Eingriff erschien. Wie sich aus der vorliegenden Stellungnahme eines weder an der Diagnose noch an der Operation beteiligten Primars für Orthopädie eines öffentlichen Krankenhauses ergibt, spricht man von einer chronischen Problematik erst mehr als sechs Wochen nach der Verletzung. Daraus folgt, dass zwischen der Verletzung und der Operation mehr als sechs Wochen lagen.
Der Bf. machte keinerlei Kosten für die (bildgebende) Diagnose oder die Akut- und Folgebehandlung geltend. Sie wurden unstrittig vom öffentlichen Gesundheitssystem bzw. seiner Pflichtversicherung getragen.
Unstrittig ist auch nach der Stellungnahme des FAÖ, dass die Operation an sich grundsätzlich notwendig und damit außergewöhnlich und zwangsläufig war. Strittig ist ausschließlich, ob das auch für die angefallenen Kosten gilt. Zur Diskussion stehen dabei nur die Mehrkosten für die Operation sowie den viertägigen Aufenthalt (drei Nächte - siehe Abrechnung) in einem Privatkrankenhaus auf Basis Zweibettzimmer. Wie sich schlussendlich doch herausgestellt hat, wurde die dafür anfallenden Grundkosten auf Basis einer Standardbehandlung in Mehrbettzimmern von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen. Übrig bleiben nur die darüber hinausgehenden Kosten, die vom Bf. selbst getragen wurden.
Fest steht damit jedenfalls, dass diese Operation notwendig war. Zu klären bleibt, ob es dazu eine zumutbare Alternative gegeben hätte, die von der Pflichtversicherung auf Basis der Allgemeinklasse mit regelmäßig drei oder mehr Betten vollständig bezahlt worden wäre.
Der Bf. behauptete trotz wiederholter Aufforderung zwar nicht, dass er die Möglichkeiten des öffentlichen Gesundheitswesens bis ins Detail ausgelotet hat, er begründete das aber mit einer Empfehlung einer Koordinatorin seines Arbeitgebers und legte schlussendlich eine Stellungnahme eines Primararztes (desselben Fachbereichs) eines öffentlichen Krankenhauses vor (siehe oben). Dieser unbeteiligte Primararzt beschrieb die durchgeführte Operation eingehend, bei der eine Sehne aus dem Oberschenkel entnommen und diese als Ersatz für die zerrissenen Bänder zwischen dem Schlüsselbein und dem Rabenschnabelfortsatz eingebracht und zusätzlich mit einem speziellen Bandmaterial fixiert wird. Zusätzlich müssen dabei die am Schultereckgelenk zerrissenen Bänder genäht und stabilisiert werden.
Die Stellungnahme des Primararztes beweist nach Überzeugung des erkennenden Richters,
dass es sich dabei um einen hoch spezialisierten Eingriff handelt, der nur durch langjährig erfahrene Chirurgen durchgeführt werden soll,
dass diese Behandlung möglichst zeitnah erfolgen soll
und dass diese Art der Versorgungstechnik nicht allgemein (der Primararzt sprach von "landläufig") mit entsprechend hoher Expertise und Versorgungsfrequenz angeboten wird.
Eine zeitnahe Behandlung mit entsprechend hoher Expertise ist nach der unbedenklichen Stellungnahme des unbeteiligten Primararztes eines öffentlichen Krankenhauses in öffentlichen Einrichtungen schon allein aufgrund des allseits bekannten Ressourcenmangels nicht in gleichem Maße möglich wie im vom Bf. gewählten Privatkrankenhaus, in dem noch dazu ein in diesem Umfeld allseits bekannter Spezialist tätig war.
Unstrittig ist, dass es bei Abhängigkeit des Berufs von körperlicher Unversehrtheit einen weit über den Normalfall hinausgehenden Bedarf an einem möglichst komplikationslosen und schnellen Heilergebnis gibt,
dass das auf körperlich hoch beanspruchte Balletttänzer - wie etwa auch für Spitzensportler - jedenfalls zutrifft und
dass es für die Berufsgruppe Erfahrungswerte gibt, wo eine bestmögliche Heilung bei welchem Chirurgen erreicht werden kann. Das leuchtet auch aus der unbestrittenen Empfehlung der Koordinatorin des Arbeitgebers des Bf. hervor.
Eine Aufgliederung der Kosten bzw. eine Stellungnahme des Privatkrankenhauses zur Kostenerstattung durch die gesetzliche Sozialversicherung brachte der Bf. unter Berufung auf den Datenschutz zwar vorerst nicht bei, legte sie aber nach mehrmaligen Telefonaten und Fristverlängerungen doch vor. Aus ihr geht hervor, dass die Sozialversicherung die Basiskosten für die Behandlung übernahm. In den nun vorliegenden Unterlagen der Privatklinik scheint die Diagnose "S43.1 Luxation des Akromioklavikulargelenkes, 929.9 Sonstiger Unfall im privaten Bereich, nicht näher bezeichnet" auf. Daraus errechnete sie 3.848 Leistungspunkte á EUR 0,40 + 10% MwSt. und rechnete mit der Sozialversicherung EUR 1.693,12 ab.
Den zusätzlichen Hausanteil errechnete die Privatklinik mit EUR 2.281,15 (inkl. Umsatzsteuer). Das beinhaltet die Aufzahlung für eine "tägliche Pflegegebühr" für vier Tage auf Zweibettzimmerbasis von EUR 1.064,00 (á EUR 266,00) und die Aufzahlung für das Honorar des behandelnden Arztes wurde mit zusätzlich EUR 1.729,31 ermittelt. In Summe ergibt das EUR 4.010,46 und unterscheidet sich vom ursprünglichen Kostenvoranschlag (Kautionszahlung von EUR 3.744,45) dadurch, dass sich die Behandlungsdauer von den prognostizierten drei auf vier Tage erhöhte (Abschlusszahlung EUR 266,01).
[...]
Das Bundesfinanzgericht hegt keine Zweifel, dass dieser Betrag so wie auch die Kautionszahlung pünktlich innerhalb der auf der Rechnung genannten Zahlungsfrist () bezahlt wurde.
Der erkennende Richter weiß aus eigener Erfahrung, dass in dieser Privatklinik keine Behandlung auf Basis der Allgemeinklasse (Mehrbettzimmer) angeboten wird bzw. wurde. Soll also die Behandlung durch den nur an dieser Klinik tätigen Spezialisten durchgeführt werden, müssen die Mehrkosten für ein Zweibettzimmer in Kauf genommen werden.
2. Rechtliche Beurteilung (Rechtsgrundlagen, rechtliche Würdigung)
Außer in den Fällen des § 278 BAO hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt und verpflichtet, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen (§ 279 Abs. 1 BAO). Dabei ist zu beachten, dass gem. § 270 Abs. 1 BAO auf alle im Laufe des Beschwerdeverfahrens zur Kenntnis gelangten Tatsachen, Beweise und Anträge Bedacht zu nehmen ist, auch wenn dadurch das Beschwerdebegehren geändert oder ergänzt wird (kein Neuerungsverbot). Die Verfahrensförderungspflicht iSd Abs. 2 leg.cit. ist auf diese Beschwerde gem. § 323 Abs. 73 BAO noch nicht anwendbar, da sie schon Ende 2022 vorgelegt wurde.
2.1. Behandlung in Privatkrankenhaus
Vorauszuschicken ist, dass gem. § 16 Abs. 1 EStG 1988 Werbungskosten nur Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen sind. Nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 sind Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung nicht abzugsfähig, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
Bei Aufwendungen, die auch in den Kreis der privaten Lebensführung fallen können, ist ein strenger Maßstab anzulegen und eine genaue Unterscheidung vorzunehmen (; , 94/13/0142). Soweit sich Aufwendungen für die Lebensführung und Aufwendungen beruflicher Natur nicht einwandfrei trennen lassen, ist entsprechend dem "Aufteilungsverbot" der gesamte Betrag nicht abzugsfähig. Krankheitskosten wären nur dann als Betriebsausgaben oder Werbungskosten absetzbar, wenn es sich um eine typische Berufskrankheit handelt oder der Zusammenhang zwischen der Erkrankung und dem Beruf eindeutig feststeht (). Das ist hier nicht der Fall, weil obwohl der Bf. Balletttänzer ist und im Streitzeitraum durchgehend bei einem Theater nichtselbständig beschäftigt und dort auch pflichtversichert war, ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Verletzung und der nichtselbständigen Beschäftigung (Arbeitsunfall) weder behauptet wurde, noch dafür Anhaltspunkte in den Akten vorliegen. So lautet etwa auch die Diagnose der Privatklinik "Sonstiger Unfall im privaten Bereich". Die Abzugsfähigkeit als Werbungskosten scheidet damit aus.
Grundsätzlich möglich bleibt die Berücksichtigung der Operations- und Krankenhausaufenthaltskosten als außergewöhnliche Belastung. Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss kumulativ folgende Voraussetzungen erfüllen:
Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Überschreitung eines "Selbstbehaltes" iSd Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst (Abs. 2). Das steht hier grundsätzlich außer Zweifel.
Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (Abs. 3). Tatsächlichen Gründe, die die Zwangsläufigkeit der Belastung zu begründen vermögen, können insbesondere in einer Krankheit, Pflegebedürftigkeit oder Betreuungsbedürftigkeit des Steuerpflichtigen gelegen sein (; , 2012/15/0136; , 2007/13/0051).
Fuchs führt dazu in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), EStG20, § 34 Tz 38/2 sowie Tz 78 unter Hinweis auf Judikatur aus, nicht jede auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte Gesundheitsmaßnahme führe zu einer außergewöhnlichen Belastung. Die Aufwendungen müssen insofern zwangsläufig erwachsen, als es erforderlich ist, dass die Maßnahmen zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sind (). Eine Angemessenheitsprüfung dieser Kosten findet grundsätzlich dann nicht statt, wenn triftige medizinische Gründe vorliegen, die in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden, ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen. Solche Gründe lassen auch höhere Aufwendungen als die von Sozialversicherungsträgern finanzierten als zwangsläufig erscheinen (vgl. etwa zur Unterbringung eines Pflegebedürftigen im Einzelzimmer eines Spitals). Grundsätzlich anzuerkennen sind danach Arzt- und Krankenhaushonorare, wenn man sich dabei auf das Recht zur freien Arztwahl beruft, die Kosten für die Sonderklasse eines Krankenhauses allerdings nur bei triftigen medizinischen bzw. pflegerischen Gründen.
Die Zwangsläufigkeit des Aufwandes ist stets nach den Umständen des Einzelfalles zu prüfen (z.B. ; , 2013/13/0064). Bei Kosten, die lediglich der Förderung des individuellen Wohlbefindens der Steuerpflichtigen dienen oder die aus bloßen Wünschen, Befürchtungen oder Standesrücksichten der Betroffenen resultieren, ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes die Zwangsläufigkeit zu verneinen. Zu den als außergewöhnliche Belastung abzugsfähigen Krankheitskosten zählen nur Aufwendungen für solche Maßnahmen, die zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sind (Hinweis auf ; , 2001/15/0116). Auch Aufwendungen, die nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden, können dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen, wenn sie aus triftigen Gründen medizinisch geboten sind ().
Triftige medizinische Gründe müssen in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden (). Die Beweislast hierfür trägt der Steuerpflichtige (vgl. ; und Fuchs in Hofstätter/Reichel, EStG, ABC der außergewöhnlichen Belastungen, Rz 35). Nach der ständigen Rechtsprechung des zuständigen Verwaltungsgerichtes stellt eine kürzere Wartezeit auf einen Operationstermin für sich alleine noch keinen triftigen medizinischen Grund für eine Behandlung in einem Privatspital dar (vgl. etwa ; , RV/2100162/2018; , RV/2100934/2015; in diesem Sinne auch: ). Dies deckt sich im Kern mit der Verwaltungsübung (vgl. LStR 2002 Rz 902c), wonach Aufzahlungen für die Sonderklasse bei Krankenhausaufenthalten ausnahmsweise dann als außergewöhnliche Belastung absetzbar, wenn triftige medizinische Gründe vorliegen (Hinweis auf , , ). Liegt eine ärztliche Bestätigung über die dringliche medizinische Notwendigkeit der Behandlung im Privatkrankenhaus vor und wäre bei einer längeren Wartezeit auf einen Platz in einem öffentlichen Krankenhaus mit nachteiligen gesundheitlichen Folgen zu rechnen gewesen, sind danach auch die Kosten für die Privatklinik als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig (, ).
Als triftige medizinische Gründe für eine bestimmte Behandlungsart können dabei auch Aussichten auf ein geringeres Risiko von Folgewirkungen der Operation gelten ( zur "NanoKnife-Methode"). Zu diesem vom Bf. zitierten Erkenntnis ist allerdings zu sagen, dass sich der dort beurteilte Sachverhalt - wie vom FAÖ aufgezeigt - wesentlich von dem hier relevanten unterscheidet. Dort ging es um eine in einem öffentlichen Krankenhaus angewendete neuartige Operationsmethode, deren Kosten durch die Krankenkasse nur deshalb nicht übernommen wurden, weil sich diese noch im Erprobungsstadium befand. Diese Methode hatte Aussichten auf ein geringeres Risiko von Folgewirkungen (Harninkontinenz), was vom Höchstgericht als triftigen medizinischen Grund anerkannt wurde. Eine vergleichbare Situation behauptet der Bf. hier nicht.
Von den angefallenen Aufwendungen ist bei einem Krankenhausaufenthalt eine Haushaltsersparnis abzuziehen. Nach der Verwaltungsübung (LStR 2002 Rz 887) und nach Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), EStG20, Rz 78) ist für zu Hause ersparte Verpflegungskosten eine Haushaltsersparnis in Höhe von 8/10 des Wertes der vollen freien Station (VO über die bundeseinheitliche Bewertung bestimmter Sachbezüge, BGBl II 2001/416, monatlich EUR 156,96 bzw. täglich EUR 5,23) anzusetzen. Der erkennende Richter schließt sich dieser pauschalen Schätzungsmethode an.
Der gem. § 34 Abs. 4 EStG 1988 in Abzug zu bringende Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastung zwischen EUR 14.600 und EUR 36.400 10% des Einkommens, wobei dieses um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 zu erhöhen ist. Hier errechnet sich der Selbstbehalt wie folgt:
Gem. § 167 Abs. 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Das Bundesfinanzgericht hat - wie auch das Finanzamt - die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Den Parteien ist Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben (§ 115 BAO in Verbindung mit § 2a BAO). Mit BGBl. I Nr. 136/2017 wurde in Umsetzung der bisherigen Judikatur gesetzlich verankert, dass die Ermittlungspflicht durch eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen eingeschränkt wird. Nach den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 1660 BlgNR 25. GP 24) trifft dies etwa dann zu,
wenn nach der Lage des Falles nur der Abgabepflichtige Angaben zum Sachverhalt machen kann,
wenn der Abgabepflichtige Unübliches oder Außergewöhnliches behauptet oder wenn der Abgabepflichtige Begünstigungen oder Befreiungen in Anspruch nehmen möchte und
wenn - wie hier - bei Sachverhalten im Gesundheitswesen berufliche Verschwiegenheitspflichten (Ärztegeheimnis) zu beachten sind.
In diesen Fällen liegt es am Abgabepflichtigen, von sich aus alle relevanten Sachverhaltselemente so zu dokumentieren, dass sie für die Abgabenbehörde nachvollziehbar sind. Verletzt der Bf. diese Verpflichtung, tritt die Ermittlungspflicht der Behörde bzw. des Gerichtes in den Hintergrund und endet dort, wo ihre Ermittlungsbefugnisse enden. Das Bundesfinanzgericht hat den im Rahmen dieser Grenzen ermittelten Sachverhalt als erwiesen anzunehmen. Zu berücksichtigen ist alles, was bis zur Entscheidung bekannt wird.
Das bedeutet für den konkreten Fall:
Festzuhalten ist, dass die Beweislage im Verfahren vor dem FAÖ dürftig war, der Bf. dort seiner erhöhten Mitwirkungsverpflichtung nicht ausreichend nachkam und die Abgabenbehörde deshalb in ihren Entscheidungen die steuerliche Berücksichtigung der Behandlungskosten völlig zu Recht verweigerte.
Sogar gegen Ende des Verfahrens brachte der steuerliche Vertreter des Bf. noch selbst vor, die Sozialversicherung hätte für die Behandlung keinen Kostenanteil übernommen. Das wurde nun aber mit der Vorlage der endgültigen Abrechnung sowie einer Stellungnahme der Privatklinik widerlegt. Nun steht fest, dass die Sozialversicherung die Basiskosten übernahm.
Der Bf. selbst sprach erstmals im Vorlageantrag von akuten und unerträglichen Schmerzen, was aber im "Bericht" des behandelnden Arztes keine Deckung findet. Der spricht nur von "kontinuierlichen unterschiedlich stark ausgeprägten" Schmerzen. Das und die Tatsache, dass zwischen der Verletzung und der Operation mehr als sechs Wochen verstrichen (siehe Analyse des Primararztes oben), sprechen damit für sich allein noch nicht für einen so dringlichen Eingriff, dass die Einholung von Auskünften über die Durchführbarkeit in öffentlichen Krankenanstalten unmöglich bzw. unzumutbar gewesen wäre.
Hier kommt es allerdings nicht darauf an, ob der Bf. tatsächlich in einem öffentlichen Krankenhaus vorstellig und dort abgewiesen wurde, sondern darauf, ob diese Operation von einem vergleichbaren, anerkannten Spezialisten mit vergleichbarem Heilungserfolg auch in der Allgemeinklasse eines öffentlichen Krankenhauses durchgeführt worden wäre oder ob triftige Gründe für die Behandlung in der Sonderklasse bzw. der Privatklinik vorliegen. Die erst im Beschwerdeverfahren vorgelegten zusätzlichen Unterlagen beweisen in diesem konkreten Einzelfall nach Überzeugung des Bundesfinanzgerichts in freier Beweiswürdigung entgegen der Ansicht des FAÖ, dass letzteres der Fall war.
Der Bf. ist als Balletttänzer wie von ihm auch vorgebracht in einer besonderen Situation, die eine körperliche Unversehrtheit und Fitness voraussetzt, die weit über das übliche, normale Maß hinausgeht. Behandlungsfehler oder auch eine verlängerte Behandlungsdauer können für den Bf. nicht nur unangenehm werden, sie können wie vom Bf. selbst glaubwürdig versichert sogar existenzgefährdend sein.
Um solche Risiken weitestgehend auszuschließen und um die Genesungszeit möglichst gering zu halten, zwingt das den Bf. im Falle von komplizierten Verletzungen - wie bei Spitzensportlern - zur Wahl eines hochspezialisierten Arztes und von hochspezialisierten Behandlungsmethoden. Hier geht es nicht nur um Befürchtungen, sondern um real drohende Gefahren.
Wird eine Spezialbehandlung - wie hier - durch wenige anerkannte Spezialisten (etwa einen spezialisierten Oberarzt oder Primararzt) und nicht "landläufig" (routinemäßig in der Allgemeinen Klasse) durchgeführt, sondern nur in der Sonderklasse eines öffentlichen Krankenhauses (inklusive Aufzahlung auf ein Zweibettzimmer) oder auf vergleichbarem Niveau in einem Privatkrankenhaus, kann man sich also in der Allgemeinklasse nicht sicher sein, tatsächlich vom besten Spezialisten behandelt zu werden, dann erwachsen diese Kosten in solchen Einzelfällen zwangsläufig.
Hier leuchtet aus der Stellungnahme des Primararztes des öffentlichen Krankenhauses nach Überzeugung des Bundesfinanzgerichts deutlich hervor, dass das für diese Operation gilt. Diese spezielle Behandlungsform bedarf - was auch vom FAÖ nicht bestritten wird - eines anerkannten Spezialisten bzw. eines solchen Teams und sie war zwar nur beruflich mitveranlasst, in diesem Einzelfall aber notwendig, um eine Existenzgefährdung hintan zu halten. Um ihre Durchführung durch einen auf sie spezialisierten Fachmann sicherzustellen, kam der Bf. deshalb nach Überzeugung des Bundesfinanzgerichts nicht umhin, auch die erhöhten Kosten für die Behandlung in der Privatklinik bzw. der dortigen Sonderklasse in Kauf zu nehmen.
Die Behandlungskosten waren deshalb entsprechend der Abrechnung der Privatklinik vom von EUR 4.010,46 abzüglich von vier Tagen Haushaltsersparnis in Höhe von EUR 20,92 und damit per Saldo in Höhe von EUR 3.989,54 als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Nach Abzug des auf der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit aufbauenden Selbstbehaltes von EUR 2.381,21 (siehe oben) verbleiben damit EUR 1.608,33, die bei der Berechnung des Einkommens in Abzug zu bringen sind. Der Einkommensteuerbescheid war deshalb entsprechend abzuändern.
2.2. Revision
Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG).
Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).
Eine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, liegt im Allgemeinen dann nicht vor, wenn sich das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung auf einen eindeutigen Gesetzeswortlaut zu stützen vermag ( mit weiteren Nachweisen) bzw. die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl. mit vielen weiteren Nachweisen).
Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch höchstgerichtliche Rechtsprechung ausreichend geklärt (siehe oben), nicht von grundsätzlicher Bedeutung oder die anzuwendenden Normen sind klar und eindeutig. Die Beurteilung basiert im Kern auf dem Ergebnis der freien Beweiswürdigung durch das Bundesfinanzgericht.
Damit liegt hier kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.6100459.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at