TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.10.2024, RV/7103818/2023

Kosten für privates Spital als außergewöhnliche Belastung, Progressionsvorbehalt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Bisheriger Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf) beantragte im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung für 2019 die Berücksichtigung von Krankheitskosten von 11.946,76 Euro sowie in Zusammenhang mit seiner Behinderung Kosten für Arzt- und Apothekenrechnungen von 708,05 Euro (Grad der Behinderung 50%) als außergewöhnliche Belastungen.

Mit Eingabe vom übermittelte der Bf diesbezügliche Belege, berichtigte die Krankheitskosten auf 13.189,92 Euro und erklärte, dass er sich am an der rechten Schulter verletzt habe, wobei die Rotatorenmanschette gerissen sei. Der Schulterspezialist Dr. A habe dringend eine Operation empfohlen. Dieser habe ihn am im D Krankenhaus in Wien operiert, wo der früheste Operationstermin anboten worden sei. Als Kassenpatient hätte er in einem Vertragsspital der WGKK mit einer Wartezeit von ca. 3 Monaten rechnen müssen.

Während eines anschließenden Rehabilitationsaufenthaltes von 1.8. - sei die Rotatorenmanschette wieder gerissen. Nach einem MR-Befund habe er mit Dr. A über weitere Behandlungen gesprochen. Er habe dann weitere Meinungen der Schulterspezialisten Dr. B und Dr. C eingeholt. Er sei von Dr. B am in der E operiert worden, die den frühesten Operationstermin anbieten konnte. Auch hier hätte er als Kassenpatient 3 Monate warten müssen. Seine Ehegattin habe ihn mit dem Auto hingebracht und wieder abgeholt. Er habe danach eine Physiotherapie und eine Rehabilitation absolviert.

Der Bf wies darauf hin, dass er aufgrund der Verletzung trotz Einnahme von Medikamenten unter starken Schmerzen gelitten habe, was auch zu Schlafstörungen geführt habe. Die Schmerzen seien in Verbindung mit seiner chronischen Depression aufgrund seiner seit 2009 bestehenden Behinderung körperlich und physisch kaum zu ertragen gewesen.

Die WGKK habe die beiden Schulteroperationen durch Zuschüsse mitfinanziert.

Darüber hinaus habe die PVA 2019 Beiträge zur freiwilligen Weiterversicherung zurückerstattet, die er 2014, 2016, 2017, 2018 und 2019 eingezahlt gehabt habe. Die Arbeitnehmerveranlagungen der entsprechenden Jahre bis 2018 seien daher neu aufzunehmen und sei der Betrag von 8.109,45 Euro aus diesen Jahren bei der Arbeitnehmerveranlagung 2019 nicht zu berücksichtigen.

Im Einkommensteuerbescheid vom setzte das Finanzamt außergewöhnliche Belastungen von 4.556,92 Euro an, die aber aufgrund des Selbstbehaltes keine steuerlichen Auswirkungen hatten. Berücksichtigt wurde lediglich ein Freibetrag wegen eigener Behinderung von 401 Euro und nachgewiesene Kosten von 708,05 Euro. Unter den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit befinden sich u.a. Bezüge von der Pensionsversicherungsanstalt von 11.786,89 Euro und 27.479,87 Euro sowie aufgrund der Kontrollrechnung anzusetzende Einkünfte von 1.415,77 Euro.

In der Begründung führte das Finanzamt aus:

Die Rückzahlungen der PVA aus dem Nachkauf von Versicherungszeiten seien Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und seien zu versteuern. Die entsprechenden Einzahlungen 2014, 2016, 2017 und 2018 habe der Bf in diesen Jahren als Sonderausgaben geltend gemacht und er habe Steuergutschriften erhalten. Der Zufluss der Rückzahlungen im Jahr 2019 sei in diesem Jahr zu versteuern.

Zum Progressionsvorbehalt merkte das Finanzamt an, dass der Bf nur für Jänner steuerfreie Bezüge iSd § 3 Abs. 2 EStG erhalten habe, sodass die für das restliche Kalenderjahr bezogenen steuerpflichtigen Bezüge umzurechnen wären. Aus der Umrechnung sei daher nur ein Viertel des Bezuges der X Österreich und jener der Y Pensions AG als ganzjähriger Bezug auszuscheiden. Es komme jedoch die für den Bf günstigere Variante der Hinzurechnung der steuerfreien Leistung gemäß § 3 Abs. 2 EStG zum Ansatz.

Nach der ständigen Judikatur des VwGH würden Aufwendungen für die eigene medizinische Betreuung auch dann zwangsläufig iSd § 34 Abs. 3 EStG anfallen, wenn sie die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen, sofern die höheren Aufwendungen aus triftigen medizinischen Gründen getätigt werden. Dies sei auch auf Sonderklassegebühren anzuwenden, die nur in medizinisch begründeten Ausnahmefällen als zwangsläufig entstanden angesehen werden können.

Die Krankheitskosten mit Selbstbehalt seien daher um 8.633 Euro (2.200 + 1.140 + 820 + 294 + 4.179) auf 4.556,92 Euro gekürzt worden.

In der Beschwerde vom wandte der Bf ein:

Rückerstattung der PVA:

Es handle sich nicht um "zurückbezahlte Beträge aus dem Nachkauf von Versicherungszeiten", sondern um Rückzahlungen von Beiträgen für freiwillige Weiterversicherung bei der PVA. Die Antragstellung auf Nachkauf von Versicherungszeiten und die Zahlung eines einmaligen Betrages könne zu jedem beliebigen Zeitpunkt erfolgen. Beiträge für Weiterversicherung seien hingegen gemäß Zahlungsvorschreibung der PVA monatlich zu leisten. Hätte die PVA nicht verabsäumt, die überflüssigen Beträge Jahr für Jahr zurückzuzahlen, wäre es nicht zu der jetzt strittigen übermäßigen Belastung gekommen. Er habe nämlich die jeweiligen Beträge 2014, 2016 und 2017 geltend gemacht. In diesen Jahren sei sein Einkommen und damit der Steuersatz relativ niedrig gewesen. Im Jahr 2019 sei sein Einkommen und damit der Steuersatz durch die einmalige Rückzahlung der alten Versicherungsbeiträge wesentlich höher.

Progressionsvorbehalt:

§ 3 Abs. 2 EStG sei in seinem Fall nicht anzuwenden. Er habe 2019 ganzjährig steuerpflichtige Einkünfte bezogen:
Firmenkassenpension der Y Pension AG von 1.1. -
Berufsunfähigkeitspension PVA 1.2. -
Firmenpension der X Österreich 1.1. -

Der steuerfreie Bezug im Jänner habe daher keine steuermindernde Auswirkung auf die restlichen Einkünfte 2019. Im Jänner hätten seine steuerpflichtigen Einkünfte insgesamt 4.578,13 Euro betragen (ohne die strittige Zurückzahlung der PVA). Das durchschnittliche steuerpflichtige Monatseinkommen 2019 habe 4.270,99 Euro betragen (ohne die strittige Zurückzahlung der PVA). Das Einkommen im Jänner sei daher höher als im Jahresdurchschnitt gewesen.

Aus der Umrechnung auszuscheidende Einkünfte gemäß § 3 Abs 2 EStG:

Bei einer Anwendung von § 3 Abs 2 EStG sei auch die Rückzahlung der Beiträge zur Weiterversicherung bei der PVA, insgesamt 11.786,89 Euro, aus der Umrechnung herauszunehmen, da es keine laufenden Einkünfte iSv § 3 Abs. 2 EStG seien, sondern eine einmalige Rückerstattung, deren Teile bereits am Ende der jeweiligen Jahre fällig gewesen seien. Somit sei die Beitragsrückerstattung dem Jänner 2019 zuzuordnen bzw als ein ganzjähriger Bezug zu betrachten. Nur aufgrund der sehr langen Bearbeitungszeiten der PVA sei die Auszahlung erst am erfolgt. Auch alle Sonderzahlungen seien aus der Umrechnung herauszunehmen.

Um eine Aufstellung der beiden Berechnungen gemäß § 3 Abs. 2 EStG werde ersucht.

Krankheitskosten:

Der nichtanerkannte Teilbetrag von 294 Euro sei nicht nachvollziehbar.

Im Übrigen habe er bereits ärztliche Bestätigungen vorgelegt, aus denen heftige Schulterschmerzen zu entnehmen seien, die zu einer psychischen Beeinträchtigung geführt hätten. Aus medizinischen Gründen sei eine rasche Operation erforderlich gewesen - dies auch aufgrund seiner chronischen depressiven Erkrankung. Über die gesetzliche Krankenversicherung hätte er frühestens in 3 bis 4 Monaten einen OP-Termin bekommen. Dies seien triftige medizinische Gründe für eine Behandlung auf privater Basis.

Mit Eingabe vom reichte der Bf ein ärztliches Gutachten nach.

Mit Schreiben vom teilte das Finanzamt dem Bf mit, dass die Kürzung der Krankheitskosten um 294 Euro zu Unrecht erfolgt sei und in der Beschwerdevorentscheidung rückgängig zu machen sei. Darüber hinaus wurde die Berechnung der Umrechnungsvariante der steuerpflichtigen Bezüge unter Anwendung des Durchschnittsteuersatzes im Detail dargelegt.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit folgender Begründung ab:

Rückerstattung der PVA:

Gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit e EStG 1988 seien "Rückzahlungen von Beiträgen für freiwillige Weiterversicherungen einschließlich des Nachkaufs von Versicherungszeiten in der gesetzlichen Pensionsversicherung" unter den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu subsumieren. Es mache daher einkommensteuerlich keinen Unterschied, ob es sich um Rückzahlungen von Beiträgen für freiwillige Weiterversicherungen oder um Beiträge betreffend Nachkauf von Versicherungszeiten handle. Die Erfassung der im Jahr 2019 rückgezahlten Beiträge im Einkommensteuerbescheid 2019 sei daher rechtens. Ein Tatbestand für eine Wiederaufnahme der Verfahren der Jahre 2014, 2016, 2017 und 2018 sei nicht zu erkennen.

Anwendung des Progressionsvorbehaltes und aus der Umrechnung herauszunehmende Einkünfte:

Für die Anwendung des § 3 Abs 2 EStG 1988 sei Voraussetzung, dass nur für einen Teil des Kalenderjahres dort aufgezählte steuerfreie Bezüge, wozu auch bestimmte Bezüge des AMS zählen, bezogen worden seien und dass für das restliche Kalenderjahr u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die zum laufenden Tarif zu versteuern seien, bezogen worden seien. Beide Voraussetzungen seien erfüllt.

Auch die oben erwähnten Rückzahlungen würden gemäß § 25 EStG zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zählen, die der speziellen Berechnung der Einkommensteuer nach § 3 Abs. 2 EStG 1988 unterliegen. Auf das Ergänzungsersuchen vom werde verwiesen. Abschließend werde in Erinnerung gerufen, dass im angefochtenen Bescheid die Variante der Kontrollrechnung, das ist die Hinzurechnung der steuerfreien Bezüge zum steuerpflichtigen Einkommen, zur Anwendung gekommen sei.

Ablehnung der Krankheitskosten:

Laut einer Bestätigung eines Arztes der Klinik E vom seien starke Schmerzen die Ursache für eine rasche Operation im dortigen Krankenhaus gewesen. Erwähnt werde, dass der Patient angenommen habe, keinen früheren Operationstermin zu erhalten.

Aus einem ärztlichen Gutachtens eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie vom gehe hervor, dass die Entscheidung für eine rasche Operation vor dem Hintergrund einer Depression zu sehen sei.

Weder aus den beiden Schreiben noch aus der Beschwerde lasse sich konkret entnehmen, mit welchen längeren Wartezeiten an öffentlichen Spitälern zu rechnen sei. Daher mögen zwar medizinische Gründe für die Wahl eines privaten Spitals vorliegen, es fehle aber an konkreten Angaben, um tatsächliche Wartezeiten in öffentlichen Krankenhäusern feststellen zu können und so die Zwangsläufigkeit dieses Eingriffs in einem privaten Spital nachzuweisen. Dem Beschwerdebegehren habe daher nicht entsprochen werden können.

Die im Ergänzungsersuchen vom angesprochen falsche Kürzung der Krankheitskosten um 294 Euro führe jedoch zu keiner außergewöhnlichen Belastung, da die nunmehr anzusetzenden Aufwendungen von 4.850,92 Euro unterhalb des Selbstbehaltes von 6.357,38 Euro liegen würden.

Im Vorlageantrag vom führte der Bf aus:

Einmalige PVA-Rückerstattung in 2019:

Aufgrund seines Antrages habe er monatliche Zahlungsvorschreibungen in den Jahren 2014 - 2019 für Weiterversicherungsbeiträge erhalten. Die PVA habe dabei nicht berücksichtigt, dass er in diesen Jahren zeitweise Leistungen aus seiner Arbeitslosenversicherung in Anspruch genommen habe. Die Beiträge zur Weiterversicherung habe er in den jeweiligen Jahren in den Einkommensteuererklärungen geltend gemacht, was eine Steuerminderung zur Folge gehabt habe.

Durch die Leistungen der Arbeitslosenversicherung sei er zeitweise doppelt pensionsversichert gewesen. Diesen Umstand habe die PVA erst im Jahr 2019 mittels einer hohen Rückzahlung berücksichtigt. Die Folge sei ein überdurchschnittlich hoher Einkommensteuersatz gewesen, was für den Bf eine steuerliche Benachteiligung bedeute, da aus der Geltendmachung der Einzahlungen als Sonderausgaben in den früheren Jahren nur eine geringere Steuerminderung resultiert habe. Noch dazu habe er durch die Rückzahlung derselben Beträge, die er eingezahlt habe, durch die Inflation einen finanziellen Verlust erlitten. Das dürfe in einem Rechtsstaat nicht passieren.

Nach Meinung des Bf seien die Veranlagungsverfahren 2014, 2016, 2017 und 2018 wiederaufzunehmen, um die Rückerstattungen im richtigen Jahr steuerlich zu berücksichtigen.

Zum Punkt Progressionsvorbehalt verwies der Bf auf sein Beschwerdevorbringen.

Krankheitskosten

Wegen seiner zweimaligen Schulterverletzungen habe er sich vorerst an die Vertragsanstalten/-Ärzte der WGKK gewendet. Dabei sei er jeweils über die Notwendigkeit einer möglichst raschen orthopädischen Operation informiert worden und mit sehr langen Operationswartezeiten in den öffentlichen Krankenhäusern von mehreren Monaten konfrontiert worden. Wegen starker Schmerzen und Erkrankungen, unter denen er seit Jahren leide (nach einem Schlaganfall u.a. Aphasie und chronische Depressionen) sei die Lage für ihn nicht erträglich gewesen. Im privaten Gesundheitssektor seien wesentlich kürzere Wartezeiten von 3 bzw 2,5 Wochen statt 3-4 Monate für Kassenpatienten in Aussicht gestellt worden. Es sei daher beide Male nur eine Operation in privaten Spitälern übrig geblieben.

Die Krankenkassenanteile seien direkt mit der WGKK abgerechnet worden.

Er habe bereits mittels ärztlicher Bescheinigungen gewichtige medizinische Gründe für eine dringende Behandlung in Privatkrankenhäusern nachgewiesen. Das Finanzamt habe jedoch angeführt, dass nicht hervorgehe, mit welchen längeren Wartezeiten an öffentlichen Spitälern gerechnet werden müsse. Es würden laut Finanzamt konkrete Angaben zum Nachweis von tatsächlichen Wartezeiten in öffentlichen Krankenhäusern fehlen.

Dazu entgegnete der Bf, dass die von den Privatspitälern angebotenen und realisierten OP-Termine würden sich aus den vorgelegten WGKK-Abrechnungen und den OP-Honorarnoten/Rechnungen ergeben:
Dr. A: 1. Untersuchung am , OP am , somit eine Wartezeit von drei Wochen
Dr. Franz B: 1. Untersuchung am , OP am , somit eine Wartezeit von zweieinhalb Wochen

Zum besseren Verständnis lege er eine Kopie seiner Patientenkarte der Schulterambulanz des Unfallkrankenhauses G (als Vertragspartner der WGKK) bei. Nach der Schulterverletzung am sei am die Erstaufnahme erfolgt. Trotz starker Dauerschmerzen sei er erst am wiederbestellt worden. Nach einer MR-Untersuchung sei er dann für den wiederbestellt worden, also erst einen Monat nach der Erstaufnahme.

Das Finanzamt habe Informationen zu den längeren Wartezeiten an öffentlichen Spitälern nicht erfragt. Das Finanzamt habe kein medizinisches Gegengutachten erstellen lassen, welches die vorliegenden ärztlichen Bestätigungen widerlegen würde. Diesen ärztlichen Bestätigungen könne unmissverständlich die Tatsache entnommen werden, dass die OP-Wartezeiten in den Vertragsspitälern der WGKK wesentlich länger und angesichts seines Gesundheitszustandes unzumutbar gewesen wären. Die Entscheidung, welche OP-Wartezeiten (genauso wie das Auftreten und das Ausmaß von Schmerzen, des körperlichen bzw seelischen Leidens usw.) einem individuellen Patienten zumutbar sei, liege ausschließlich im Ermessen der behandelnden Ärzte und nicht des Finanzamtes.

Dr. F behandle den Bf seit 2009 und wisse über seinen Gesundheitszustand bestens Bescheid. Er habe in seinem Gutachten vom unmissverständlich bescheinigt, dass im Fall des Bf triftige medizinische Gründe für die Durchführung der Operationen auf privater Basis vorgelegen seien. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Geltendmachung der Krankheitskosten von 13.189,92 Euro seien daher erfüllt.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Sachverhalt und Beweiswürdigung

Nicht behinderungsbedingte Krankheitskosten:

Nach einer Verletzung der rechten Schulter (Riss der Rotatorenmanschette) wurde der Bf am im Rahmen eines stationären Aufenthaltes in einem Privatspital operiert. Danach kam es neuerlich zu einem Riss der Rotatorenmanschette. Es erfolgte am eine zweite Operation in einem Privatspital.

Der Bf machte für 2019 Krankheitskosten von insgesamt 13.189,92 Euro geltend, im Wesentlichen Arztkosten, Krankenhauskosten, Kosten für Physiotherapie, Selbstbehalt Reha-Aufenthalt, Fahrtkosten zum Krankenhaus sowie Kosten für Medikamente. Das Finanzamt hat folgende Aufwendungen für die beiden stationären Aufenthalte iZm den Schulteroperationen nicht anerkannt:
- die Arztkosten von 2.200 Euro (Honorarnote Dr. A vom für Operation am ),
- die Krankenhausgebühren im D Krankenhaus von 1.140 Euro (Kassabestätigung vom ),
- D Krankenhaus 820 Euro (Honorarvorschreibung vom für Aufenthalt vom 15.5. - )
- Gebühren der E Klinik von 4.179,08 Euro für den Aufenthalt von 15.10. - (Überweisungsbestätigung vom )

Die Anstaltsgebühr des D Krankenhauses von 320,00 Euro (Rechnung vom ) für den Aufenthalt von 15.5. - hat das Finanzamt hingegen in Höhe des geltend gemachten Betrages von 314,77 Euro anerkannt.

Es handelt sich bei den genannten Aufwendungen um Zuzahlungen für die Behandlung in Privatkrankenhäusern, welche über die von der gesetzlichen Krankenversicherung gedeckten Kosten hinausgehen.

Eine weitere Kürzung um einen nicht nachvollziehbaren Betrag von 294 Euro wurde von der Abgabenbehörde in der Beschwerdevorentscheidung als falsch bezeichnet.

Zur Beweiswürdigung:

Die oben angeführten Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage und sind nicht strittig. In Streit steht aber, ob die Zuzahlungen für die Behandlung in Privatkrankenhäusern im Jahr 2019, welche über die von der gesetzlichen Krankenversicherung gedeckten Kosten hinausgehen, medizinisch indiziert waren.

Der Bf führte ins Treffen, dass aufgrund starker Schmerzen und der damit einhergehenden psychischen Belastung iVm seiner seit längerem bestehenden chronischen Depression in beiden Fällen eine rasche Operation notwendig gewesen sei. Zeitnahe Operationstermine seien nur in privaten Spitälern möglich gewesen, da in öffentlichen Spitälern mit Wartezeiten von drei Monaten zu rechnen gewesen sei. Er legte dazu folgende ärztliche Bescheinigungen vor:

- Bestätigung Dr. A (orthopädischer Chirurg) vom zur Operation am :

"Hiermit wird bestätigt, dass einerseits die ambulanten Behandlungen vom - sowie die Operation am im D Krankenhaus Wien medizinisch absolut eindeutig indiziert waren, sowie einer dringlichen Behandlung bedurften."

- Bestätigung Dr. B (Schulterchirurg) vom zur Operation am (auszugsweise):

"... Aufgrund der starken Schmerzen und auch der Re-Ruptur ... war eine möglichst rasche Operation notwendig. Ich habe ihm dann einen OP Termin für 16.10. anbieten können, welchen der Pat. auch angenommen hat, da er sonst keinen früheren OP Termin erhalten hat. ..."

- Bestätigung Dr. F (Facharzt für Neurologie und Psychiatrie) vom (auszugsweise):

"DI ***Bf1*** ist mir seit dem Jahr 2009 bekannt. ... Immer mehr in den Vordergrund rückte eine Depression mit rez. depressiven Episoden. Die depressiven Episoden waren begleitet von Ängsten ... Die Entscheidung für eine rasche Operation, die offensichtlich aufgrund von Wartelisten in öffentlichen Spitälern nur auf privater Basis möglich war, ist vor dem Hintergrund von Depression und Angst für mich nachvollziehbar. Es lagen somit triftige medizinische Gründe für diese Entscheidung vor."

Aufgrund der ärztlichen Bestätigungen wird als erwiesen angesehen, dass für beide Operationen eine rasche operative Behandlung medizinisch erforderlich war.

Zur Frage der Wartezeiten auf Operationstermine steht fest, dass der Bf nach der ersten Schulterverletzung die ärztliche Erstuntersuchung am hatte und die Operation am erfolgte. In der Folge fand nach der neuerlichen Verletzung eine weitere Erstuntersuchung am und die zweite Operation am statt. Es ergaben sich somit für den Bf in den von ihm gewählten Privatspitälern Wartezeiten von jeweils ca. drei Wochen.

Den ärztlichen Bestätigungen (alle aus dem Jahr 2022) ist hingegen nicht zu entnehmen, wie lange im Jahr 2019 konkret die Wartezeit für die Operationen des Bf in öffentlichen Spitälern gewesen wäre bzw ob überhaupt längere Wartezeiten angefallen wären. Der Neurologe äußert dazu lediglich eine Vermutung ("rasche Operation offensichtlich ... nur auf privater Basis möglich") und lässt darüber hinaus offen, ob überhaupt auf eine der gegenständlichen Operationen Bezug genommen wird. Die ärztlichen Bescheinigungen sind daher nicht geeignet, das Vorbringen des Bf zu stützen.

Für die von ihm behauptete Wartezeit in einem öffentlichen Spital von drei Monaten konnte der Bf keinen Nachweis erbringen. In der Beschwerdevorentscheidung wies das Finanzamt darauf hin, dass zum Nachweis der Zwangsläufigkeit die Feststellung der tatsächlichen Wartezeit in öffentlichen Spitälern erforderlich sei. Daraufhin legte der Bf lediglich eine Patientenkarte der von ihm aufgesuchten Schulterambulanz mit einer Darstellung des ambulanten Untersuchungsverlaufs vor. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Wartezeit auf ambulante Termine im Unfallkrankenhaus G keinen Schluss auf Wartezeiten für Operationen in öffentlichen Spitälern zulässt.

In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass die Beweislast für das Vorliegen von triftigen medizinischen Gründen der Steuerpflichtige trägt (). Der Bf hat nicht einmal behauptet, dass er sich jeweils um einen Operationstermin in einem öffentlichen Krankenhaus bemüht hätte.

Die Meinung des Bf, in öffentlichen Krankenhäusern komme es zu längeren Wartezeiten als in Privatspitälern, ist zwar nicht von vorneherein unplausibel. Dies deckt sich mit einer Untersuchung des Instituts für Höhere Studien (IHS) aus 1/2020, Health System Watch I/2020, "Wartezeiten auf elektive Operationen - Beschreibung der aktuellen Lage in Österreich", wonach die Wartezeiten durch private Zuzahlungen verkürzt werden können, aber zwischen den einzelnen Bundesländern stark variieren. Die Untersuchung verweist auch darauf, dass die Reihung auf Wartelisten nach Angaben der Krankenhausbetreiber von der medizinischen Dringlichkeit im Einzelfall abhängig ist (siehe https//irihs.ihs.ac.at/id/eprint/5255/1/hsw-health-system-watch-I-2020-wartezeiten-czypionka-kraus-foessleitner-stacherl.pdf). Aus dieser allgemein gehaltenen Untersuchung lässt sich jedoch keine Aussage für den konkreten Fall des Bf treffen.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass aufgrund der persönlichen medizinischen Situation des Bf die Erforderlichkeit von raschen Schulteroperationen durchaus nachvollziehbar ist, dass aber längere Wartezeiten in öffentlichen Krankenhäusern für die konkreten Operationen nicht als erwiesen angenommen werden können, da auch die öffentlichen Krankenanstalten eine Priorisierung nach medizinischen Gesichtspunkten vornehmen und Operationen vorreihen, wenn dies medizinisch geboten ist.

Es wird daher davon ausgegangen, dass eine bloße Befürchtung des Bf vorlag, es könnte in öffentlichen Krankenhäusern zu unzumutbar langen Wartezeiten kommen, was jedoch für die Annahme der Zwangsläufigkeit der angefallenen Zuzahlungen für die Behandlung in den Privatspitälern nicht genügt.

Anzumerken ist, dass diese Ausführungen auch für die geltend gemachte Anstaltsgebühr des D Krankenhauses von 314,77 Euro (Rechnung vom ) gelten, die das Finanzamt anerkannt hat.

Rückzahlungen von Beiträgen für freiwillige Weiterversicherung bei der PVA

Der Bf erhielt von der Pensionsversicherungsanstalt im Zeitraum vom 1.2. bis - hier nicht strittige - steuerpflichtige Bezüge von 27.479,87 Euro und am weitere steuerpflichtige Bezüge von 11.786,89 Euro. Der Betrag von 11.786,89 Euro resultiert aus der Rückzahlung von Beiträgen für freiwillige Weiterversicherung, die der Bf in den Jahren 2014 (2.139,95 Euro), 2016 (1.084,21 Euro), 2017 (789,30 Euro), 2018 (4.095,91 Euro) und 2019 (3.677,44 Euro) eingezahlt hatte. Der Bf hat diese Beträge in den jeweiligen Jahren unbestritten als Sonderausgaben abgesetzt.

Die Tatsache Einzahlung an die PVA in den jeweiligen Jahren und die Rückzahlung der Beträge von insgesamt 11.786,89 Euro im Jahr 2019 sind aus der vorliegenden Mitteilung der PVA vom ersichtlich.

Progressionsvorbehalt

Der Bf erhielt vom Arbeitsmarktservice Österreich Arbeitslosengeld für 1.1. bis von 1.415,77 Euro. Neben dem Arbeitslosengeld hatte der Bf im Jahr 2019 folgende zum laufenden Tarif zu versteuernde Bezüge:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
X
1.1. -
17.416,52
Y Pension AG
1.1. -
2.688,00
Pensionsversicherungsanstalt
11.786,89
Pensionsversicherungsanstalt
1.2. -
27.479,87
Summe
59.371,28

Im angefochtenen Einkommensteuerbescheid setzte das Finanzamt auf Grund der Kontrollrechnung gemäß § 3 Abs. 2 EStG 1988 den Bezug vom Arbeitsmarktservice beim Gesamtbetrag der Einkünfte an. Es ergab sich eine Steuer nach Abzug des Verkehrsabsetzbetrages von 14.767,11 Euro (vor Hinzurechnung der Steuer für sonstige Bezüge und vor Abzug der anrechenbaren Lohnsteuer).

Mit Schreiben vom brachte das Finanzamt dem Bf eine detaillierte Berechnung der Einkommensteuer aufgrund der Hochrechnungsvariante gemäß § 3 Abs. 2 EStG zur Kenntnis. Die auf diese Weise ermittelte Steuer würde sich auf 15.857,83 Euro belaufen. Damit ist die Steuer nach der Kontrollrechnung laut Bescheid für den Bf günstiger als nach der vergleichsweisen Hochrechnung.

Die Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus der Aktenlage, insbesondere dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Zu Spruchpunkt I.

Krankheitskosten:

§ 34 EStG 1988 regelt zu außergewöhnlichen Belastungen:

"(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein
.

(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
von höchstens 7 300 Euro ……………………………………..
6%.
mehr als 7 300 Euro bis 14 600 Euro …………………….........
8%.
mehr als 14 600 Euro bis 36 400 Euro …………………………
10%.
mehr als 36 400 Euro …………………………………………….
12%.

Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt

  • wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht

  • wenn dem Steuerpflichtigen kein Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht, er aber mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt

  • für jedes Kind (§ 106).

(5) Sind im Einkommen sonstige Bezüge im Sinne des § 67 enthalten, dann sind als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Berechnung des Selbstbehaltes die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, erhöht um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2, anzusetzen."

Fraglich ist bei den gegenständlichen Zuzahlungen für die beiden stationären Aufenthalte in Privatspitälern insbesondere das Kriterium der Zwangsläufigkeit. Zu den als außergewöhnliche Belastung abzugsfähigen Krankheitskosten zählen nur Aufwendungen für solche Maßnahmen, die zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sind (vgl. ; , 2001/15/0116). Die Zwangsläufigkeit des Aufwands ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stets nach den Umständen des Einzelfalls zu prüfen. Tatsächlich Gründe, die die Zwangsläufigkeit der Belastung zu begründen vermögen, können insbesondere in der Krankheit, Pflegebedürftigkeit oder Betreuungsbedürftigkeit des Steuerpflichtigen gelegen sein. Triftige medizinische Gründe lassen auch höhere Aufwendungen der Steuerpflichtigen als die von Sozialversicherungsträgern finanzierten zwangsläufig erscheinen (siehe zB ). Triftige Gründe liegen dann vor, wenn sie in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden, ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen ().

Im vorliegenden Fall waren rasche Operationen nachweislich erforderlich, triftige medizinische Gründe für die Behandlung in privaten Krankenanstalten konnten aber nicht konkret festgestellt werden.

Die Annahme des Bf, es könne in öffentlichen Krankenhäusern eventuell zu längeren und allenfalls unzumutbaren Wartezeiten auf Operationen kommen, ist grundsätzlich nicht von der Hand zu weisen. Entsprechende Nachweise, dass es in öffentlichen Spitälern auch für die beiden gegenständlichen Operationen zu unzumutbaren Verzögerungen der Behandlung gekommen wäre, wurden jedoch nicht erbracht. Bloße Befürchtungen ohne sich konkret abzeichnende, ernsthafte gesundheitliche Nachteile für den Fall einer Operation in einem öffentlichen Spital genügen aber nach der zitierten Judikatur zur Annahme der Zwangsläufigkeit nicht.

Diesem Beschwerdepunkt war daher nicht Folge zu geben.

Der Vollständigkeit halber ist darauf zu verweisen, dass - wie oben festgestellt - von den anzuerkennenden restlichen Krankheitskosten ein weiterer Betrag für die geltend gemachte Anstaltsgebühr des D Krankenhauses von 314,77 Euro (Rechnung vom ) in Abzug zu bringen ist, sodass sich außergewöhnliche Belastungen von 4.536,15 Euro ergeben. Dieser Umstand hat jedoch wegen des anzuwendenden Selbstbehaltes keine steuerlichen Auswirkungen.

Rückzahlungen der PVA:

Gemäß § 25 Abs 1 Z 3 lit. e EStG 1988 fallen "Rückzahlungen von Beiträgen für freiwillige Weiterversicherungen einschließlich des Nachkaufs von Versicherungszeiten in der gesetzlichen Pensionsversicherung" unter die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit liegen nur insoweit vor, als die Beiträge als Sonderausgaben gemäß § 18 EStG 1988 das Einkommen vermindert haben.

Gemäß § 19 Abs. 1 EStG 1988 sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.

Der Bf machte zu den Rückzahlungen von Beiträgen für freiwillige Weiterversicherungen insgesamt in Höhe von 11.786,89 Euro geltend, dass ein Teilbetrag von 8.109,45 Euro, der sich aus in den Jahren 2014 bis 2018 eingezahlten Beträgen zusammensetzt, jeweils in diesen Jahren zu versteuern gewesen sei. Lediglich die Rückzahlung des im Jahr 2019 eingezahlten Betrages von 3.677,44 Euro ist nach Ansicht des Bf zu Recht im angefochtenen Einkommensteuerbescheid erfasst worden.

Unbestritten haben sich die vom Bf an die PVA eingezahlten Beträge als Sonderausgaben in den jeweiligen Jahren steuermindernd ausgewirkt. Rückzahlungen durch die PVA von Beiträgen für freiwillige Weiterversicherungen sind gemäß § 25 Abs. 1 Z. 3 lit. e EStG 1988 in Verbindung mit § 19 Abs. 1 EStG 1988 als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in dem Kalenderjahr zu versteuern, in welchem dem Bf die Rückzahlung in Höhe von 11.786,89 Euro zugeflossen ist, d.h. im Jahr 2019.

Der Bf wendet ein, die einmalige hohe Rückzahlung im Jahr 2019 habe ein überdurchschnittlich hohes Jahreseinkommen und damit einen überdurchschnittlich hohen Steuersatz zur Folge gehabt. Es mag richtig sein, dass sich die Vorgangsweise der PVA für den Bf steuerlich ungünstig ausgewirkt hat. Dennoch ist aufgrund der eindeutigen Sach- und Rechtslage die Berücksichtigung des gesamten Betrages von 11.786,89 Euro im Einkommensteuerbescheid 2019 zu Recht erfolgt.

Dem Begehren, im Jahr 2019 lediglich die Rückzahlung von 3.677,44 Euro anzusetzen, war daher nicht Folge zu geben.

Progressionsvorbehalt:

§ 3 Abs. 2 EStG 1988 bestimmt:

Erhält der Steuerpflichtige steuerfreie Bezüge (u.a.) im Sinne des Abs. 1 Z 5 lit. a (das versicherungsmäßige Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe oder an deren Stelle tretende Ersatzleistungen) nur für einen Teil des Kalenderjahres, so sind die für das restliche Kalenderjahr bezogenen laufenden Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 und die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 41 Abs. 4) für Zwecke der Ermittlung des Steuersatzes (§ 33 Abs. 10) auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Dabei ist das Werbungskostenpauschale noch nicht zu berücksichtigen. Das Einkommen ist mit jenem Steuersatz zu besteuern, der sich unter Berücksichtigung der umgerechneten Einkünfte ergibt; die festzusetzende Steuer darf jedoch nicht höher sein als jene, die sich bei Besteuerung sämtlicher Bezüge ergeben würde.

Der Bf erhielt im Jahr 2019 unstrittig Arbeitslosengeld nur für einen Teil des Kalenderjahres (1/2019). Er wendet aber ein, dass er ganzjährig steuerpflichtige Einkünfte bezogen habe und daher § 3 Abs. 2 EStG 1988 nicht anzuwenden sei.

Mit dieser Argumentation ist der Bf nicht im Recht. Außerhalb des Zeitraumes des Arbeitslosengeldbezuges flossen ihm jedenfalls zum laufenden Tarif zu versteuernde Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu. Damit ist der Tatbestand des § 3 Abs. 2 EStG 1988 erfüllt und sind diese Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für die Ermittlung des Steuersatzes auf das ganze Jahr hochzurechnen.

Lediglich ganzjährig bezogene Einkünfte, etwa ganzjährig bezogene Pensionsbezüge, dürfen nicht hochgerechnet werden (JAKOM, EStG, § 3 Tz 122). Im gegenständlichen Fall betrifft dies ausschließlich die Bezüge der Y Pension AG. Diese Bezüge von 2.688,00 Euro hat das Finanzamt bei Berechnung der Umrechnungsvariante zu Recht nicht in die hochgerechneten Bezüge einbezogen (siehe Schreiben des Finanzamtes vom ).

Das vom Bf zitierte Erkenntnis , betreffend einen ganzjährigen Pensionsbezug kann hier insofern nicht herangezogen werden, als dem Bf die weiteren Bezüge der X und der Pensionsversicherungsanstalt eben nicht ganzjährig zugeflossen sind. Die Regelung des § 3 Abs. 2 EStG 1988 ist daher im vorliegenden Fall sehr wohl anwendbar. Diese letztgenannten Bezüge sind - soweit sie im "restlichen Kalenderjahr bezogen" wurden - entsprechend § 3 Abs. 2 EStG 1988 auf einen Jahresbetrag hochzurechnen. Dazu sind die Gesamteinkünfte (ohne des steuerfreien Arbeitslosengeldes) zuerst um die Bezüge der Y Pension AG und um den Jänner-Bezug der X zu vermindern und der verbleibende Betrag dann auf einen Jahresbetrag hochzurechnen, um aus den hochgerechneten und den nicht hochzurechnenden Einkünften einen Durchschnittssteuersatz zu ermitteln.

Wie der Berechnung im Schreiben des Finanzamts vom zu entnehmen ist, beläuft sich die Steuer bei Anwendung der Hochrechnung gemäß § 3 Abs. 2 EStG 1988 auf 15.857,83 Euro. Im Vergleich dazu wurde im angefochtenen Einkommensteuerbescheid bei Besteuerung sämtlicher Bezüge (auch des Arbeitslosengeldes) eine Steuer von lediglich 14.767,11 Euro ermittelt. Diese für den Bf günstigere Variante ist maßgebend (§ 3 Abs. 2 EStG 1988: "die festzusetzende Steuer darf jedoch nicht höher sein als jene, die sich bei Besteuerung sämtlicher Bezüge ergeben würde").

Dem weiteren Begehren des Bf, die Rückzahlung der Beiträge für freiwillige Weiterversicherungen durch die PVA dem Jänner 2019 zuzuordnen, fehlt jede Grundlage, da die Auszahlung des Betrages am eine feststehende Tatsache ist, über die man sich nicht hinwegsetzen kann.

Der Bf machte geltend, dass die Rückzahlung von Beiträgen durch die PVA keine laufenden Einkünfte iSv § 3 Abs. 2 EStG 1988 seien.

Dazu ist darauf zu verweisen, dass gemäß § 25 Abs 1 Z 3 lit. e EStG 1988 die gegenständlichen Rückzahlungen von Beiträgen für freiwillige Weiterversicherungen unter die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit fallen. Die Umrechnung nach § 3 Abs. 2 EStG 1988 bezieht sich u.a. auf die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Nach eindeutiger Rechtslage ist die Umrechnung nach § 3 Abs. 2 EStG 1988 somit auch auf die Rückzahlung von Beiträgen für freiwillige Weiterversicherungen anzuwenden, da diese zum laufenden Tarif zu versteuern sind. Festzuhalten ist, dass § 3 Abs. 2 EStG 1988 die Wendung enthält: "die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit". Die in § 3 Abs. 2 EStG 1988 ebenfalls angesprochenen "laufenden Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3" liegen nicht vor, handelt es sich hierbei doch um Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus selbständiger Arbeit und aus Gewerbebetrieb.

Die Sonderzahlungen hat das Finanzamt zu Recht bei der Umrechnung nicht mit einbezogen. Dies ergibt sich aus den dem angefochtenen Bescheid beigelegten Lohnzetteln und der Darstellung der Berechnung im Schreiben des Finanzamtes vom .

Auch in diesem Punkt war der Beschwerde nicht Folge zu geben.

2.2. Zur Nichtzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gegen diese Entscheidung ist die Revision unzulässig, da hinsichtlich der außergewöhnlichen Belastungen im Wesentlichen Fragen des Sachverhaltes zu beurteilen waren und hinsichtlich der Versteuerung der Rückzahlung der Pensionsversicherungsanstalt sowie der Anwendung des Progressionsvorbehaltes sich die rechtliche Beurteilung aus dem Gesetzestext ergibt.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at