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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.10.2024, RV/7102760/2024

Sofortige Absetzbarkeit von anlässlich der Aufnahme eines Darlehens angefallenen Geldbeschaffungskosten als Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7102760/2024-RS1
Wird von der darlehensgewährenden Bank bei der Darlehensauszahlung ein den angefallenen Geldbeschaffungskosten entsprechender Teil des Darlehensnennbetrages einbehalten, gelten die Geldbeschaffungskosten beim Darlehensnehmer in diesem Zeitpunkt als abgeflossen und kann der Darlehensnehmer, der das Darlehen zur Finanzierung eines Vermietungsobjektes aufgenommen hat, die Geldbeschaffungskosten sofort in voller Höhe als Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung geltend machen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Adresse Bf***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2023 zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

In seiner am über FinanzOnline eingebrachten Einkommensteuererklärung für das Jahr 2023 erklärte der Beschwerdeführer (Bf) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung betreffend die von ihm im März 2023 erworbene und in der Folge vermietete Eigentumswohnung an der Adresse ***Adresse Vermietungsobjekt***. Dabei machte er Fremdfinanzierungskosten (Kennzahl 9510) in Höhe von 4.926,32 Euro als Werbungskosten geltend.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für das Jahr 2023 erklärungskonform fest.

In seiner am über FinanzOnline eingebrachten Beschwerde machte der Bf Fremdfinanzierungskosten (Kennzahl 9510) in Höhe von 12.788,32 Euro (anstelle von bisher 4.926,32 Euro; siehe oben) als Werbungskosten geltend. Er führte dazu aus, die im Zusammenhang mit der Aufnahme des Darlehens zur Finanzierung der Anschaffung der Eigentumswohnung ***Adresse Vermietungsobjekt*** angefallenen Finanzierungsnebenkosten in Höhe von 7.862,00 Euro seien ebenfalls als Werbungskosten zu berücksichtigen. Die betreffenden Kosten schlüsselte er wie folgt auf:


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Vermittlungsvergütung ***Darlehensvermittler***
4.470,00 Euro
Entgelt für Liegenschaftsbewertung
499,00 Euro
Beauskunftungsentgelt
25,00 Euro
Legitimationsentgelt
19,00 Euro
Entgelt für Abwicklung Treuhänder
450,00 Euro
Gerichtsgebühr für Grundbuchgesuch und Pfandrechtseintragung
2.099,00 Euro
Bearbeitungsentgelt
300,00 Euro
Finanzierungsnebenkosten
7.862,00 Euro

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde ab. Begründend wurde wörtlich wie folgt ausgeführt:

"Nach Literaturmeinung (zB "Steuerleitfaden zur Vermietung" von Kohler/Wakounig/Berger) sind die Zinszahlungen zum verminderten Darlehensvertrag [sic!] auf die Laufzeit des Darlehens zu verteilen. Konkret die Vermietung betreffend sind keine Aussagen der Finanzverwaltung zu finden. Allerdings sind Disagios generell zu aktivieren. Ihre Auffassung entspricht der deutschen Rechtslage. Entscheidend ist jedoch die Rechtslage in Österreich."

Dem hielt der Bf in seinem am über FinanzOnline eingebrachten Vorlageantrag Folgendes entgegen:

Der Darlehensbetrag belaufe sich auf 159.000,00 Euro, die Finanzierungsnebenkosten betrügen 7.862,00 Euro. Dies ergebe einen Nettodarlehensbetrag in Höhe von 151.138,00 Euro. Die anfallenden Zinszahlungen würden nicht auf den verminderten Darlehensbetrag, sondern auf die vollen 159.000,00 Euro berechnet. Geldbeschaffungskosten (EStR 2000 Rz 1385) stellten keine Vorauszahlung dar, weshalb eine Verteilung der Kosten nicht geboten sei. Dies decke sich mit der unternehmensrechtlichen Sichtweise (Sofortabschreibung). Für Überschussrechner bestehe keine Verteilungspflicht, weil § 6 Z 3 EStG 1988 im außerbetrieblichen Bereich keine Anwendung finde. Es werde daher um entsprechende Berücksichtigung im Einkommensteuerbescheid gebeten.

Am ließ der Bf dem Finanzamt in Beantwortung eines Vorhaltes eine Aufstellung über die im Streitjahr monatlich geleisteten Rückzahlungsraten, aufgesplittet in den Tilgungs- und Zinsanteil, zukommen.

In der Folge legte das Finanzamt den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Im Vorlagebericht vom führte es im Wesentlichen wie folgt aus:

Der Bf habe im Jahr 2023 erstmals Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung betreffend die Wohnung an der Adresse ***Adresse Vermietungsobjekt*** erzielt. Im Zusammenhang mit dem Kauf dieser Wohnung und deren anschließender Vermietung habe der Bf im März 2023 ein Immobiliar-Verbraucherdarlehen aufgenommen.

Strittig sei, ob die dabei entstandenen Finanzierungsnebenkosten in Höhe von 7.862,00 Euro sofort absetzbar oder über die Laufzeit des Darlehens zu verteilen seien.

Nach Ansicht des Finanzamtes seien die Finanzierungsnebenkosten in Höhe von 7.862,00 Euro über die Laufzeit des Darlehens zu verteilen, zumal diese Kosten im Jahr 2023 nicht bezahlt worden seien, sondern Teil des Darlehens seien. Nach Punkt 1 des Darlehensvertrages betrage das Darlehen 159.000,00 Euro. Aus Punkt 3.2 des Darlehensvertrages ergebe sich, dass der Nettodarlehensbetrag 151.138,00 Euro betrage und die Finanzierungsnebenkosten über die Laufzeit verteilt zurückzuzahlen seien. Letzteres ergebe sich auch aus Punkt 5 des Darlehensvertrages.

Im Hinblick auf das im außerbetrieblichen Bereich geltende Zu- und Abflussprinzip könnten die betreffenden Kosten nicht zur Gänze im Jahr 2023 Berücksichtigung finden, weil sie im Jahr 2023 nicht tatsächlich bezahlt worden seien und folglich nicht tatsächlich abgeflossen seien. Ergänzend werde auf die Entscheidung des hingewiesen, wonach Geldbeschaffungskosten dann sofort als Werbungskosten abzugsfähig seien, wenn sie im betreffenden Jahr geleistet worden seien. Im dortigen Verfahren sei eine entsprechende Rechnung aus dem Jahr 2007 vorgelegt worden und habe daher - anders als im gegenständlichen Fall - ein entsprechender Abfluss im Jahr 2007 stattgefunden. Bei Verteilung der Finanzierungsnebenkosten in Höhe von 7.862,00 Euro auf die Laufzeit des Darlehens (vgl Punkt 4 des Darlehensvertrages, wonach 538 Raten vereinbart seien) ergäben sich 14,61 Euro an Finanzierungsnebenkosten pro Rate (7.862,00 Euro/538 Raten). Im Jahr 2023 seien 10 Raten (März bis Dezember) geleistet worden, sodass in diesem Jahr 146,10 Euro an Finanzierungsnebenkosten entstanden seien. Unter zusätzlicher Berücksichtigung der geleisteten Zinszahlungen in Höhe von 4.926,32 Euro seien daher im Jahr 2023 in Summe 5.072,42 Euro an Fremdfinanzierungskosten (4.926,32 Euro + 146,10 Euro = 5.072,42 Euro) einkünftemindernd zu berücksichtigen.

Mit E-Mail vom übermittelte der Bf dem Bundesfinanzgericht einen Zins- und Tilgungsplan der deutschen ***X Bank*** (idF "***X Bank***"), zwei Mitteilungsschreiben der ***X Bank*** betreffend die Darlehensauszahlung, sowie Kontoauszüge der ***Y Bank***, denen die vom Bf im Streitjahr geleisteten Rückzahlungsbeträge zu entnehmen sind. Der Bf führte dazu erläuternd aus, aus dem Zins- und Tilgungsplan sei gut ersichtlich, dass die Restschuld, welche die Basis für die Zinszahlungen bilde, mit 159.000,00 Euro beginne, die Auszahlung allerdings lediglich in Höhe von 151.138,00 Euro erfolgt sei.

Mit Schreiben vom äußerte sich das Finanzamt dazu wie folgt:

Aus den übermittelten Unterlagen sei ersichtlich, dass die strittigen Finanzierungsnebenkosten seitens der ***X Bank*** im Auftrag des Bf einzeln an Dritte überwiesen worden seien. Die Zahlungen hätten jeweils zu Lasten des Darlehenskontos des Bf stattgefunden. Wenn der Bf ausführe, es habe nur eine Darlehensauszahlung in Höhe von 151.138,00 Euro gegeben, so sei hierzu widersprechend zu bemerken, dass auch die übermittelte Beilage "Details Finanzierungsnebenkosten" von einer Darlehensauszahlung spreche. Diese Umstände bestätigten die Ansicht des Finanzamtes, wonach die Finanzierungsnebenkosten als Teil des Darlehens anzusehen seien. Im Hinblick auf die bestehende Rechtsprechung des VwGH (ua und ) habe demnach im Streitjahr kein tatsächlicher Abfluss der Finanzierungsnebenkosten im Sinne des § 19 Abs 2 EStG 1988 stattgefunden.

Am erteilte die ***X Bank*** dem Richter auf dessen telefonische Nachfrage die allgemeine Auskunft, dass es betreffend die Finanzierungsnebenkosten stets so gehandhabt werde, dass die die Finanzierungsnebenkosten betreffenden Darlehensauszahlungen seitens der ***X Bank*** vom Darlehenskonto jeweils auf bankinterne Konten der ***X Bank*** selbst umgebucht würden. Dies betreffe sämtliche Kostenpositionen. Ein Teil dieser Kostenpositionen, wie etwa das Bearbeitungsentgelt, das Beauskunftungsentgelt oder das Legitimationsentgelt, verblieben in der Folge bei der ***X Bank***. Andere Kostenpositionen, wie etwa eine Vermittlungsgebühr oder eine Gerichtsgebühr für das Grundbuchgesuch und die Pfandrechtseintragung, würden von der ***X Bank*** zu einem späteren Zeitpunkt an den jeweiligen Dritten (Vermittler, Gericht etc) überwiesen.

Damit konfrontiert teilte das Finanzamt dem Bundesfinanzgericht mit E-Mail vom mit, dass eine weitere Stellungnahme nicht erstattet werde.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Festgestellter Sachverhalt:

Mit Kaufvertrag vom ***tt***.3.2023 erwarb der Bf die an der Adresse ***Adresse Vermietungsobjekt*** gelegene Wohnung zum Kaufpreis von 199.000,00 Euro. Diese Wohnung wurde vom Bf im Laufe des Jahres 2023 vermietet.

Zur Wohnungsfinanzierung nahm der Bf bei der deutschen ***X Bank*** ein Darlehen auf. Der diesbezügliche Darlehensvertrag, bei dem es sich um einen Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag gemäß § 491 Abs 3 Nr 2 (deutsches) BGB handelt, wurde am abgeschlossen. Er lautet auszugsweise wie folgt:

"1 Höhe des Darlehens

Die Bank stellt dem Darlehensnehmer ein Darlehen zur Verfügung in Höhe von EUR 159.000,00. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, das Darlehen bis spätestens zum abzunehmen.

2 Allgemeine Bezeichnung der Darlehensverwendung

Kauf ETW ***Adresse Vermietungsobjekt*** zur Vermietung.

3 Konditionen

3.1 Sollzinssatz

Das Darlehen ist ab dem Tag der Auszahlung mit 4,040000% jährlich zu verzinsen.

(…)

Dieser Sollzinssatz ist gebunden bis zum .

Bei einem in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr anzupassenden Sollzins (§ 489 Abs 1 Nr 1 2. Alt BGB), einem veränderlichen Sollzins oder nach Ablauf der Sollzinsbindung (siehe unten) ist die Bank nach dem nachfolgend beschriebenen Verfahren berechtigt den Sollzinssatz zu erhöhen und in gleicher Weise verpflichtet den Sollzinssatz zu senken. Die Berechtigung und Verpflichtung der Bank zur Sollzinssatzänderung orientiert sich an einer Veränderung des Referenzzinssatzes. Referenzzinssatz ist der am ermittelte Zinssatz der EZB für Hauptrefinanzierungsgeschäfte.

(…)

3.2 Kosten, Nebenleistungen, Nettodarlehensbetrag


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Der Nettodarlehensbetrag wird gemäß separatem Auszahlungsauftrag bzw. separaten Auszahlungsaufträgen ganz oder in Teilbeträgen ausgezahlt
Beauskunftungsentgelt
EUR 25,00
Legitimationsentgelt
EUR 19.00
Entgelt für die Abwicklung über Treuhänder
EUR 450,00
Gerichtsgebühr für Grundbuchgesuch und Pfandrechtseintragung
EUR 2.099,00
Vermittlungsvergütung
EUR 4.470,00
Entgelt für Liegenschaftsbewertung
EUR 499,00
Bearbeitungsentgelt
EUR 300,00
Nettodarlehensbetrag
EUR 151.138,00

(…)

4 Darlehensrückzahlung und Laufzeit

Das Darlehen ist wie folgt zurückzuzahlen: in Höhe von 0,790000% jährlich vom ursprünglichen Darlehensbetrag zuzüglich der durch Tilgung ersparten Sollzinsen. Demnach sind (Anzahl)1 538 Annuitätsraten aus Sollzins und Tilgung zuzüglich sonstiger Kosten zu zahlen, jeweils fällig am 30. eines jeden Monats, erstmals am , mit vorrangiger Verrechnung auf die Sollzinsen, hiervon (Anzahl)1 537 Raten in Höhe von 640,27 EUR sowie eine abweichende Rate in Höhe von 638,45 EUR. Bis zum Tilgungsbeginn sind nur die Sollzinsen zu zahlen. Bei Sollzinssatzänderungen können die Raten entsprechend geändert werden. Die neuen Raten wird die Bank dem Darlehensnehmer mitteilen.

Sondertilgungen:

(…)

Vertragslaufzeit:

Auf Basis der vereinbarten Konditionen ergibt sich eine voraussichtliche Vertragslaufzeit von 45 Jahren und 0 Monaten. Zinssatz- und Tilgungsänderungen können zu Änderungen der Ratenhöhe und der Anzahl und damit zur Veränderung der anfänglich vereinbarten Darlehenslaufzeit führen. Das Kapitalnutzungsrecht des vereinbarten Darlehens bleibt bei vertragsgemäßer Erfüllung für den gesamten, zur vollständigen Tilgung benötigten Zeitraum erhalten.

5 Effektiver Jahreszins

4,45%. Der unter 3.1 ausgewiesene Sollzinssatz kann unter den dort genannten Voraussetzungen geändert werden. Hierbei wurde verrechnet:


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Bearbeitungsentgelt
auf einen Zeitraum von
bis
Beauskunftungsentgelt
auf einen Zeitraum von
bis
Legitimationsentgelt
auf einen Zeitraum von
bis
Entgelt für die Abwicklung über Treuhänder
auf einen Zeitraum von
bis
Gerichtsgebühr für Grundbuchgesuch und Pfandrechtseintragung
auf einen Zeitraum von
bis
Vermittlungsvergütung
auf einen Zeitraum von
bis
Entgelt der Liegenschaftsbewertung
auf einen Zeitraum von
bis

Bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses wurde eine Auszahlung zum angenommen. Ist ein Disagio vereinbart worden, erhöht sich der Effektivzins, soweit das Darlehen zu einem späteren Zeitpunkt ausgezahlt wird.

(…)

11

Widerrufsinformation

Widerrufsrecht

Der Darlehensnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer diese Widerrufsinformation erhalten hat.

(…)

14 Weitere Darlehensbedingungen

(…)

Die unter Ziffer 3.2 ausgewiesenen Gebühren werden dem Darlehenskonto mit der Auszahlung bzw frühestens mit Ablauf der Widerrufsfrist belastet. Der/Die Darlehensnehmer erteilen hierzu ihre Zustimmung.

(…)"

Ende März 2023 zahlte die ***X Bank*** den sich aus Punkt 3.2. des Darlehensvertrages ergebenden "Nettodarlehensbetrag" in Höhe von 151.138,00 Euro aus. Dieser Betrag stand dem Bf zur Finanzierung der von ihm angeschafften Wohnung zur Verfügung.

Der restliche Darlehensbetrag in Höhe von 7.862,00 Euro (Differenz zwischen dem Darlehensnennbetrag in Höhe von 159.000,00 Euro und dem zur Auszahlung gelangten "Nettodarlehensbetrag" in Höhe von 151.138,00 Euro) wurde seitens der ***X Bank*** Anfang April 2023 zu Lasten des Darlehenskontos unter dem Titel "Darlehensauszahlung an den Bf" auf verschiedene bankinterne Konten der ***X Bank*** selbst - betraglich aufgesplittet nach der Art der Kosten entsprechend Punkt 3.2. des Darlehensvertrages und mit dem jeweiligen Verwendungszweck ("Beauskunftungsentgelt", "Entgelt für die Abwicklung über Treuhänder", "Legitimationsentgelt" etc) - umgebucht.

Darüber hinaus leistete der Bf an die ***X Bank*** im Streitjahr für die Monate März bis Dezember (des Streitjahres) Darlehenszinsen in Höhe von insgesamt 4.926,32 Euro.

2. Beweiswürdigung:

Der Kauf der gegenständlichen Wohnung durch den Bf ist durch den in der Urkundensammlung des Grundbuches hinterlegten Kaufvertrag (OZ 35) belegt.

Der auszugsweise wiedergegebene Inhalt des Darlehensvertrages entstammt der im Akt einliegenden Kopie dieses Vertrages (OZ 8).

Dass die ***X Bank*** Ende März 2023 den sich aus Punkt 3.2. des Darlehensvertrages ergebenden "Nettodarlehensbetrag" in Höhe von 151.138,00 Euro auszahlte, ist dem an den Bf gerichteten Mitteilungsschreiben der ***X Bank*** vom (OZ 16) zu entnehmen.

Die Feststellungen zu den Buchungsvorgängen betreffend den restlichen Darlehensbetrag in Höhe von 7.862,00 Euro beruhen zunächst auf dem an den Bf gerichteten Mitteilungsschreiben der ***X Bank*** vom (OZ 17), dem auszugsweise Folgendes zu entnehmen ist:

"Sehr geehrter Herr ***Bf***, Sie erhalten einen Betrag gemäß Ihrem Auszahlplan in Höhe von EUR 25,00. Diese Summe haben wir bei Ihrem Auftrag vom vereinbart. Von Ihrem Darlehenskonto wird die Darlehensauszahlung auf dieses Konto überwiesen:

IBAN: ***DE xxx***

BIC: ***BIC X Bank***

VERWENDUNGSZWECK: Beauskunftungsentgelt"

Dieser Text findet sich in besagtem Mitteilungsschreiben auch zu den anderen unter Punkt 3.2. des Darlehensvertrages angeführten Finanzierungsnebenkosten (mit dem jeweiligen dort ausgewiesenen Betrag und dem jeweiligen Verwendungszweck ["Entgelt für die Abwicklung über Treuhänder", "Legitimationsentgelt", "Gerichtsgebühr für Grundbuchgesuch und Pfandrechtseintragung", "Vermittlungsvergütung ***Darlehensvermittler***", "Entgelt der Liegenschaftsbewertung" und "Bearbeitungsentgelt"). Als BIC ist in sämtlichen Fällen "***BIC X Bank***" angeführt. Dabei handelt es sich um den BIC der ***X Bank*** selbst. Die IBAN variiert je Kostenposition. Diesbezüglich erteilte die ***X Bank*** dem Richter am auf dessen telefonische Nachfrage die allgemeine Auskunft, dass es stets so gehandhabt werde, dass die die Finanzierungsnebenkosten betreffenden Darlehensauszahlungen seitens der ***X Bank*** vom Darlehenskonto jeweils auf bankinterne Konten der ***X Bank*** selbst umgebucht würden. Dies betreffe sämtliche Kostenpositionen. Ein Teil dieser Kostenpositionen, wie etwa das Bearbeitungsentgelt, das Beauskunftungsentgelt oder das Legitimationsentgelt, verblieben in der Folge bei der ***X Bank***. Andere Kostenpositionen, wie etwa eine Vermittlungsgebühr oder eine Gerichtsgebühr für das Grundbuchgesuch und die Pfandrechtseintragung, würden von der ***X Bank*** zu einem späteren Zeitpunkt an den jeweiligen Dritten (Vermittler, Gericht etc) überwiesen. Damit konfrontiert wurde vom Finanzamt in der Folge nichts Gegenteiliges vorgebracht.

Dass der Bf im Streitjahr für die Monate März bis Dezember Darlehenszinsen in Höhe von insgesamt 4.926,32 Euro an die ***X Bank*** leistete, ergibt sich aus der aktenkundigen zahlenmäßigen Aufstellung des Bf im Rahmen der am an das Finanzamt erstatteten Vorhaltsbeantwortung (OZ 12). Dieser Betrag wurde seitens des Finanzamtes sowohl im Vorlagebericht als auch in der an das Bundesfinanzgericht gerichteten Vorhaltsbeantwortung vom (OZ 33) ausdrücklich bestätigt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe):

Gemäß § 16 Abs 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 16 Abs 1 Z 1 EStG 1988 sind Werbungskosten auch Schuldzinsen.

Der Begriff "Schuldzinsen" im Sinne der zitierten Bestimmung ist weit zu verstehen. Er umfasst auch sämtliche Geldbeschaffungskosten, wie etwa Kreditprovisionen, Kreditgebühren und Kosten der grundbücherlichen Sicherstellung (vgl etwa Zorn in Doralt et al, EStG24 § 16 Tz 60; Ebner in Jakom EStG17 § 16 Rz 11; siehe auch Quantschnigg/Schuch, EStG § 16 Tz 23).

Im vorliegenden Fall besteht zwischen den Verfahrensparteien Streit darüber, ob die anlässlich der Darlehensaufnahme angefallenen Geldbeschaffungskosten (Finanzierungsnebenkosten) in Höhe von insgesamt 7.862,00 Euro in voller Höhe im Streitjahr oder auf die Laufzeit des Darlehens verteilt als Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 28 EStG 1988) abziehbar sind.

Was die zeitliche Zuordnung von Werbungskosten anbelangt, ist zunächst § 19 Abs 2 Satz 1 EStG 1988 zu beachten, demzufolge Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen sind, in dem sie geleistet worden sind (Abflussprinzip).

Der für die zeitliche Zuordnung von Ausgaben im Gesetz verwendete Begriff "leisten" ist im Sinne von Übertragen der rechtlichen und tatsächlichen Verfügungsmacht über Geld oder Geldeswert zu verstehen (vgl ; siehe auch Mayr/Hayden in Doralt et al, EStG24 § 19 Tz 31). Eine Ausgabe (ein Abfluss) liegt vor, wenn der geleistete Betrag aus der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Steuerpflichtigen ausgeschieden ist (vgl ).

Im vorliegenden Fall nahm der Bf bei der ***X Bank*** im Streitjahr ein Darlehen in Höhe von 159.000,00 Euro auf (Punkt 1. des Darlehensvertrages). Dieser Betrag ist vom Bf über den vertraglich vereinbarten Zeitraum in Form von monatlichen Rückzahlungsraten, die sich jeweils aus einem Kapitaltilgungsanteil und einem Zinsanteil zusammensetzen, an die ***X Bank*** zurückzuzahlen (Punkt 4. des Darlehensvertrages). Anlässlich dieser Darlehensaufnahme fielen vom Bf gegenüber der ***X Bank*** zu begleichende Geldbeschaffungskosten (Bearbeitungs-, Beauskunftungs- und Legitimationsentgelt, Entgelt für die Abwicklung über Treuhänder, Gerichtsgebühr für das Grundbuchgesuch und die Pfandrechtseintragung, Vermittlungsgebühr, Entgelt für die Liegenschaftsbewertung) in Höhe von 7.862,00 Euro an (Punkt 3.2. des Darlehensvertrages).

Wenn das Finanzamt vorbringt, aus Punkt 5. des Darlehensvertrages sei abzuleiten, dass die Geldbeschaffungskosten über die Laufzeit des Darlehens verteilt zurückzuzahlen seien, so ist hierzu zu bemerken, dass diese vertragliche Bestimmung nichts über die Rückzahlungsmodalitäten der Geldbeschaffungskosten aussagt, sondern - im Sinne einer Verbraucherinformation - lediglich den effektiven Jahreszins, in dessen Berechnung neben dem Nominalzins auch die sonstigen anfallenden Darlehenskosten einfließen, abbildet.

Aus Punkt 3.2. des Darlehensvertrages in Zusammenschau mit Punkt 1. des Darlehensvertrages ergibt sich, dass der dem Bf gewährte Darlehensnennbetrag (159.000,00 Euro) seitens der ***X Bank*** nicht in voller Höhe an den Bf ausgezahlt, sondern im Ausmaß von 7.862,00 Euro zum Zweck der Verrechnung mit den dem Bf in dieser Höhe ihr gegenüber zu begleichenden Geldbeschaffungskosten einbehalten wird. Dies kommt darin zum Ausdruck, dass der nach Punkt 3.2. des Darlehensvertrages seitens der ***X Bank*** gemäß separatem Auszahlungsauftrag auszuzahlende "Nettodarlehensbetrag" 151.138,00 Euro ausmacht, was der Differenz zwischen dem dem Bf gewährten Darlehensnennbetrag (159.000,00 Euro) und den Geldbeschaffungskosten (7.862,00 Euro) entspricht.

Dies zeigt sich auch in der buchungstechnischen Abwicklung der Darlehensauszahlung: Während der "Nettodarlehensbetrag" seitens der ***X Bank*** Ende März 2023 ausgezahlt wurde (und damit dem Bf zur Finanzierung der von ihm angeschafften Wohnung zur Verfügung stand), wurde der restliche Teil des dem Bf gewährten Darlehensbetrages (7.862,00 Euro) seitens der ***X Bank*** Anfang April 2023 zu Lasten des Darlehenskontos unter dem Titel "Darlehensauszahlung an den Bf" auf verschiedene bankinterne Konten der ***X Bank*** selbst - betraglich aufgesplittet nach der Art der Kosten entsprechend Punkt 3.2. des Darlehensvertrages und mit dem jeweiligen Verwendungszweck ("Beauskunftungsentgelt", "Entgelt für die Abwicklung über Treuhänder", "Legitimationsentgelt" etc) - umgebucht und damit im Ergebnis einbehalten.

Es handelt sich dabei um eine verrechnungstechnische Abkürzung des Zahlungsweges, die im wirtschaftlichen Ergebnis nicht anders zu werten ist, als ob die ***X Bank*** den vollen Darlehensnennbetrag (159.000,00 Euro) an den Bf ausgezahlt und der Bf im unmittelbaren Anschluss daran die ihm anlässlich der Darlehensaufnahme entstandenen Geldbeschaffungskosten (7.862,00 Euro) aus dem Darlehen an die ***X Bank*** geleistet hätte.

Aus der Sicht des Bf stellt dies einen Abfluss im Sinne des § 19 Abs 2 Satz 1 EStG 1988 in Höhe von 7.862,00 Euro im Streitjahr dar. Dazu ist sinngemäß auf die Rechtsprechung des deutschen BFH zum Abflusszeitpunkt betreffend ein seitens der darlehensgewährenden Bank bei der Darlehensauszahlung einbehaltenes Damnum (Disagio) zu verweisen. Demnach ist in jenen Fällen, in denen die Vertragsparteien vereinbart haben, dass bei Auszahlung der Darlehenssumme ein Teil hiervon als Damnum einbehalten wird, ein solches Damnum vom Darlehensnehmer in dem Zeitpunkt im Sinne des § 11 Abs 2 Satz 1 dEStG (diese Bestimmung entspricht § 19 Abs 2 Satz 1 EStG 1988) geleistet, in dem das um das Damnum gekürzte Darlehenskapital dem Darlehensnehmer zufließt (vgl etwa BFH , IX R 85/85 [dBStBl II 1987, 492]; in diesem Sinne auch - ebenfalls zum Damnum und unter Hinweis auf die zitierte BFH-Judikatur - Mayr/Hayden in Doralt et al, EStG24 § 19 Tz 40 Einzelfälle - Stichwort "Damnum", sowie Peyerl in Jakom EStG17 § 19 Rz 26 ABC der Einnahmen und Ausgaben - Stichwort "Damnum", wonach der Abfluss im Falle eines Damnums grundsätzlich im Jahr des Einbehaltes anzunehmen sei). Der BFH verwies in der zitierten Entscheidung auf seine Entscheidung vom , GrS 2/64 S (dBStBl III 1966, 144), in welchem der Große Senat des BFH grundlegend zum Abflusszeitpunkt betreffend ein seitens der darlehensgewährenden Bank bei der Darlehensauszahlung einbehaltenes Damnum Stellung bezog und dabei auch auf bei der Darlehensauszahlung abgezogene Geldbeschaffungskosten Bezug nahm. In besagter Entscheidung führte der BFH auszugsweise wie folgt aus: "Der Darlehensnehmer hat Anspruch auf das volle Darlehen und muß dieses verzinsen und tilgen; andererseits ist der Darlehensgeber berechtigt, sich wegen seiner Damnumsforderung bei Auszahlung des Kapitals durch Einbehaltung des Damnumsbetrags zu befriedigen. Bürgerlich-rechtlich handelt es sich nicht um eine einseitige Aufrechnung, sondern um die nach den Grundsätzen der Vertragsfreiheit zulässige vereinbarte Verrechnung der Damnumsschuld bei Hingabe des Darlehenskapitals. Das zeigt sich deutlich, wenn das Kreditinstitut auf dem Konto des Darlehensnehmers das volle Kapital gutschreibt und anschließend den Damnumsbetrag belastet, so daß sich der Verfügungsbetrag entsprechend verringert. Es ist im wirtschaftlichen Ergebnis nicht anders, wenn das Kreditinstitut stattdessen vereinfacht nur den Saldo auf dem Konto gutschreibt oder auszahlt. Das Damnum ist oft nicht der einzige Schuldposten, der bei der Auszahlung des Darlehens verrechnet wird; bei der Abrechnung pflegen z.B. auch etwa geschuldete Geldbeschaffungskosten abgezogen zu werden, ohne daß daraus zu folgern wäre, der Darlehensnehmer hätte nur den geminderten Betrag als Darlehen erlangt. (…) Der technische Verrechnungsvorgang - Auszahlung des um das Damnum gekürzten Darlehensbetrages - kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß wirtschaftlich die Parteien den zurückzuzahlenden Nennbetrag des Darlehens als gewährt und die besondere Vergütung des Schuldners als aus dem Darlehen geleistet ansehen." Diese Grundsätze lassen sich nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes sinngemäß auf den hier gegenständlichen Fall, der zwar kein bei der Darlehensauszahlung einbehaltenes Damnum, aber eben einbehaltene Geldbeschaffungskosten betrifft, übertragen.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das für die Vorauszahlung bestimmter Ausgaben - darunter ua Fremdmittel-, Treuhand- und Vermittlungskosten - geltende Verteilungsgebot des § 19 Abs 3 EStG 1988 im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung gelangt, weil es sich bei der Begleichung der gegenständlichen Kosten in Höhe von 7.862,00 Euro um keine Vorauszahlung im Sinne einer Zahlung, die wirtschaftlich einem späteren Zeitraum als dem des Zahlungszeitpunktes zuzurechnen ist, handelt (zum Vorauszahlungsbegriff im Allgemeinen vgl Peyerl in Jakom EStG17 § 19 Rz 23; speziell zu Fremdmittelkosten siehe Mayr/Hayden in Doralt et al, EStG24 § 19 Tz 60).

Ebenso wenig kommt eine Verteilung der gegenständlichen Kosten auf die Laufzeit der Verbindlichkeit im Sinne des § 6 Z 3 EStG 1988 in Betracht, weil die zitierte Bestimmung auf den außerbetrieblichen Bereich nicht anwendbar ist (vgl Zorn in Doralt et al, EStG24 § 16 Tz 69; siehe auch ).

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die gegenständlichen Kosten in Höhe von 7.862,00 Euro beim Bf als im Streitjahr abgeflossen gelten (§ 19 Abs 2 Satz 1 EStG 1988) und daher vom Bf im Streitjahr in voller Höhe als Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden können.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision):

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da zur Frage, ob in einer Konstellation wie der gegenständlichen ein sofortiger Abfluss der Geldbeschaffungskosten im Sinne des § 19 Abs 2 EStG 1988 anzunehmen ist oder nicht, höchstgerichtliche Rechtsprechung fehlt (die vom Finanzamt im Schreiben vom [OZ 33] ins Treffen geführten Entscheidungen des VwGH betreffen anders gelagerte Sachverhalte), wird die Revision zugelassen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102760.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at