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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.09.2024, RV/7500422/2024

Verbotswidriges Parken in einer Anrainerzone ohne Kurzparkschein

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 51/2005, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 9/2006 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 24/2012, über die Beschwerde vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , Zahl: MA67/246700604275/2024, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von € 12,00 zu leisten.

III. Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG wird der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde bestimmt.

IV. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Straferkenntnis vom , Zahl: MA67/246700604275/2024, hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, als belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei
***Bf1*** angelastet, sie habe die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt, indem sie das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** am um 09:05 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1010 Wien, Elisabethstraße 7, abgestellt habe, ohne dieses zu Beginn des Abstellens mit einem gültig entwerteten Parkschein gekennzeichnet oder einen elektronischen Parkschein aktiviert zu haben.
Dadurch habe die beschwerdeführende Partei die Rechtsvorschrift des § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung, verletzt.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung werde über die beschwerdeführende Partei gemäß § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von € 60,00 sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt.
Ferner habe die beschwerdeführende Partei gemäß § 64 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG einen Betrag von € 10,00 als Mindestbeitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) betrage daher € 70,00.

Das Straferkenntnis wurde folgendermaßen begründet:

"Sie haben das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** am um 09:05 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wien 01., Elisabethstraße 7 abgestellt, ohne dieses mit einem gültig entwerteten Parkschein gekennzeichnet oder einen elektronischen Parkschein aktiviert zu haben.

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Organstrafverfügung, welche von einem Parkraumüberwachungsorgan der Landespolizeidirektion Wien auf Grund einer eigenen dienstlichen Wahrnehmung gelegt wurde, sowie in die von diesem angefertigten Fotos.

In Ihrem Einspruch gegen die an Sie ergangene Strafverfügung wendeten Sie zusammengefasst ein, dass Sie im vorliegenden Fall zwei Strafen erhalten haben, eine wegen Parken in der Anrainerzone und die gegenständliche wegen Nichtentrichtung der Parkgebühr. Die Strafen wegen Parken in der Anrainerzone haben Sie bereits bezahlt. Die gegenständliche Strafe wegen Nichtentrichtung der Parkgebühr haben Sie nicht bezahlt, weil es sich dabei um eine unzulässige Doppelbestrafung handelt. Sie verwiesen auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7500297/2018, in einem vergleichbaren Fall und zitierten:

"Das BFG kam bei der Falllösung zu dem Ergebnis, dass das widerrechtliche Abstellen eines Fahrzeuges in einer sogenannten Anrainerzone als ein einheitlicher Tatbestand aufzufassen ist, weshalb die gesonderten Bestrafungen wegen Abstellens in einem Halte- und Parkverbot und wegen Verkürzung der Parkometerabgabe wegen Abstellens in einer Kurzparkzone gegen das Doppelbestrafungsverbot gemäß Art 4 7. ZPMRK verstoßen hat."

Daher beantragen Sie die Einstellung des gegenständlichen Verfahrens.

Unbestritten blieb somit sowohl Ihre Lenker*inneneigenschaft, als auch, dass das gegenständliche Fahrzeug zum Tatzeitpunkt an der in Rede stehenden Örtlichkeit abgestellt war.

Zu Ihrem Vorbringen wird Folgendes festgestellt:

Der Abstellort befand sich zum Tatzeitpunkt innerhalb eines ordnungsgemäß kundgemachten Kurzparkzonenbereiches.

Innerhalb von Kurzparkzonen können auch weitergehende Verkehrsbeschränkungen wie Halte- und Parkverbote erlassen werden, ohne dass die Kurzparkzone deshalb unterbrochen wird.

Laut Rechtsprechung des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes bleiben innerhalb einer Kurzparkzone die gesetzlichen Verkehrsbeschränkungen - in gegenständlichem Fall das Halte- und Parkverbot - bestehen (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , SlgNr. 5152; vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , ZI. 86/18/0230).

Die Behörde vermag in einer Bestrafung nach der Straßenverkehrsordnung wegen eines danach unter Strafe stehenden Verhaltens und in einer weiteren Bestrafung nach dem Parkometergesetz wegen der Nichtentrichtung der Parkometerabgabe keine unzulässige Doppelbestrafung zu erkennen, wurden doch in einem solchen Fall zwei voneinander unabhängige Strafnormen mit unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen, die unterschiedliche Rechtsgüter (im Fall des Parkometergesetzes das Recht der Gemeinde auf Entrichtung einer Abgabe) schützen, verletzt.

Bezugnehmend auf die von Ihnen zitierte Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom zur Geschäftszahl RV/7500297/2018 wird darauf aufmerksam gemacht, dass es sich laut Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom zur Geschäftszahl RV/7500630/2021 lediglich um eine Einzelentscheidung handelte.

Ihre Einwendungen waren somit nicht geeignet, Sie vom gegenständlichen Tatvorhalt zu entlasten.

Im Zuge des Verfahrens sind somit keine Tatsachen oder Umstände hervorgekommen, die zu dessen Einstellung führen könnten.

Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaubt bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.

Es wird somit der Sachverhalt als erwiesen angenommen, wie er aus den schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben in der Organstrafverfügung sowie in diesem Straferkenntnis ersichtlich ist.

Jede*r Lenker*in eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstellt, muss bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten (§ 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung).

Abgabepflichtige, die ein mehrspuriges Fahrzeug in einer Kurzparkzone abstellen, haben dafür zu sorgen, dass es während der Dauer seiner Abstellung mit einem richtig angebrachten und richtig entwerteten Parkschein gekennzeichnet oder ein elektronischer Parkschein aktiviert ist (§§ 3 Abs. 1 und 7 Abs. 1 der Kontrolleinrichtungenverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 33/2008).

Dieser Verpflichtung sind Sie nicht nachgekommen.

Nach § 4 Abs. 1 des Parkometergesetzes 2006 genügt zur Strafbarkeit des dort umschriebenen Verhaltens Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet, nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht.

Auf Grund der Aktenlage war Fahrlässigkeit anzunehmen.

Somit sind sowohl die objektiven, als auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben.

Sie haben daher die Parkometerabgabe nicht entrichtet und somit fahrlässig verkürzt.

Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu EUR 365,00 zu bestrafen (§ 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006).

Die verhängte Geldstrafe soll durch ihre Höhe dazu geeignet sein, Sie wirksam von einer Wiederholung abzuhalten.

Grundlage für die Bemessung der Strafe sind gemäß § 19 VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Jedes fahrlässige Verkürzen der Parkometerabgabe, d.h. jedes Abstellen eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone, ohne dass hierfür die nach der Parkometerabgabeverordnung vorgeschriebene Parkometerabgabe durch einen ordnungsgemäß entwerteten Parkschein entrichtet wird, schädigt in nicht unerheblichem Maße sowohl das öffentliche Interesse an der Entrichtung von Abgaben, als auch an der Erleichterung des innerstädtischen Verkehrs und an der Rationierung des in Wien vorhandenen Parkraumes, dem die Strafdrohung dient.

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist im Hinblick auf den Sachverhalt - selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen - nicht gerade gering.

Dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist auf Grund der Tatumstände nicht anzunehmen und es kann daher Ihr Verschulden nicht als geringfügig angesehen werden.

Bei der Strafbemessung wurden Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten, soweit diese der Behörde bekannt waren, berücksichtigt. Zudem wurde auf eventuell vorhandene verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen Bedacht genommen.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis zu EUR 365,00 reichenden Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden ist die verhängte Geldstrafe selbst bei Annahme von ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen, durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal weitere Milderungsgründe nicht hervorgetreten sind.

Die Auferlegung des Beitrages zu den Kosten des Verfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs. 2 des VStG 1991."

In der Beschwerde vom wurde ausgeführt:

"I. Verstoß gegen das Verbot der Doppelbestrafung

Im vorliegenden Fall habe ich zwei Strafen erhalten. Eine wegen Parken in der Anrainerzone und die gegenständliche wegen Nichtentrichtung der Parkgebühr.

Die Strafen wegen Parken in der Anrainerzone habe ich bereits bezahlt (siehe Organstrafverfügung und Zahlungsbeleg anbei).

Die gegenständliche Strafe wegen Nichtentrichtung der Parkgebühr habe ich nicht bezahlt, weil es sich dabei um eine unzulässige Doppelbestrafung handelt.

Ich darf dazu aus einem Erk des , in einem vergleichbaren Fall zitieren:

Das BFG kam bei der Falllösung zu dem Ergebnis, dass das widerrechtliche Abstellen eines Fahrzeuges in einer sogenannten Anrainerzone als ein einheitlicher Tatbestand aufzufassen ist, weshalb die gesonderten Bestrafungen wegen Abstellens in einem Halte- und Parkverbot und wegen Verkürzung der Parkometerabgabe wegen Abstellens in einer Kurzparkzone gegen das Doppelbestrafungsverbot gemäß Art 4 7. ZPMRK verstoßen hat.

Daher beantrage ich die Einstellung des gegenständlichen Strafverfahrens.

II. Voraussetzung des § 45 Abs 1 Z 4 VStG erfüllt

Sollte das gegenständliche Strafverfahren nicht schon wie unter Pkt I. beantragt eingestellt werden, so kann im vorliegenden Fall jedenfalls mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden.

Die Kurzparkzone hat in der Straße, in der mein Wagen geparkt war, erst um 9 Uhr zu laufen begonnen. Gestraft wurde ich bereits um 9:05 Uhr, also bereits 5 Minuten nach Beginn der Kurzparkzone. Da ich meinen Wagen dort nicht länger als 10 Minuten abstellen wollte, um eine kurze Besorgung zu erledigen, und die Kurzparkzone, wie bereits gesagt, erst um 9 Uhr zu laufen begonnen hat, habe ich keinen gratis 15 Minuten Parkschein gelöst, da ich (irrtümlicherweise) davon ausgegangen bin, dass in den ersten 15 Minuten nach Beginn der Kurzparkzone ohnehin nicht gestraft wird. Dass dies ein Irrtum war, habe ich jetzt verstanden, und werde daher in Zukunft immer einen Parkschein lösen (auch wenn dies auf den ersten Blick als unnötig erscheinen mag).

In Anbetracht dessen, kann die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch mein Verhalten sowie mein Verschulden als bloß gering angesehen werden. Zudem habe ich in derselben Angelegenheit bereits eine Strafe wegen Parkens in einer Anrainerzone erhalten, die ich bereits bezahlt habe. Eine weitere Bestrafung erachte ich als nicht erforderlich, ich habe meine Lektion jedenfalls gelernt.

In Hinblick auf das Erkenntnis des , in einem ähnlich gelagerten Fall, ersuche ich daher in eventu - sollte meinem Einstellungsantrag nicht Folge gegeben werden - um Behebung des Strafausspruches und Erteilung einer Ermahnung."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Das kontrollierende Parkraumüberwachungsorgan hat das Abstellen des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen ***1*** am um 09:05 Uhr in der im ersten Wiener Gemeindebezirk befindlichen, gebührenpflichtigen Kurzparkzone, Elisabethstraße 7, ohne Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein beanstandet.

Nicht bestritten werden das Abstellen des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges in der Elisabethstraße 7 als Teil einer sogenannten Anrainerzone, der Beanstandungszeitpunkt sowie die Tatsache, dass weder ein Parkschein vorhanden war noch dass das verfahrensgegenständliche Fahrzeug über eine Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 4 StVO 1960 von der höchstzulässigen Abstelldauer in der flächendeckend kundgemachten Kurzparkzone im ersten Wiener Gemeindebezirk verfügte, um die Anrainerzone in Anspruch nehmen dürfen.

Die beschwerdeführende Partei geht aber davon aus, dass die Verhängung von Verwaltungsstrafen sowohl wegen des Abstellens in einer Anrainerzone als auch in einer Kurzparkzone gegen das Doppelbestrafungsverbot verstoßen würde.

§ 22 VStG normiert:

"(2) Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen, so sind die Strafen nebeneinander zu verhängen."

Die Verordnung des Magistrats der Stadt Wien betreffend Anwohner*innenparkzonen im 1. Wiener Gemeindebezirk (Innere Stadt) normiert:

"Gemäß § 43 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 94d Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) wird auf folgenden Straßenstellen das Halten und Parken verboten:
104) 1., Elisabethstraße ONr. 7-9, auf eine Länge von 46,6 m, beginnend ab der Gehsteigvorziehung Ecke Operngasse"

§ 15 Finanzausgleichsgesetz 2005 normiert:

"(3) Die Gemeinden werden ferner ermächtigt, durch Beschluss der Gemeindevertretung folgende Abgaben vorbehaltlich weiter gehender Ermächtigung durch die Landesgesetzgebung auszuschreiben:
5. Mit Wirkung vom : Abgaben für das Abstellen mehrspuriger Kraftfahrzeuge in Kurzparkzonen gemäß § 25 StVO 1960."

Der Straßenverkehrsordnung ist keine Bestimmung zu entnehmen, die es verbieten würde, für denselben Straßenzug eine Halte- und Parkverbotsverordnung und eine Kurzparkzonenverordnung zu erlassen, die sich teilweise zeitlich überschneiden, sodaß sie in ihrer Verbotswirkung kumulieren. Es liegt daher im Beurteilungsspielraum der verordnungserlassenden Behörde, solche Verordnungen auch nebeneinander in Geltung zu setzen, wenn sie dies aus den in den § 25 und § 43 Abs. 1 StVO 1960 genannten Gründen für erforderlich hält (vgl. ).

Es ist für die Abgabepflicht nach dem Wiener Parkometergesetz ohne rechtliche Relevanz, ob nach den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung das Halten innerhalb des Bereiches einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone erlaubt ist oder nicht, weil auch solche Straßenstücke von der Kurzparkzone nicht ausgenommen sind; durch weitergehende Verkehrsbeschränkungen wird die Kurzparkzone nicht unterbrochen.
Der Gesichtspunkt der Parkraumbewirtschaftung rechtfertigt die überdies an sich schon zulässige Abgabenerhebung in der gesamten Zone, weil das straßenpolizeilich unzulässige Halten oder Parken in den innerhalb der Zone gelegenen Verkehrsflächen jenen Verkehr, dem Teile dieser Flächen vorbehalten sind, in die gebührenpflichtigen, dem Halten oder Parken offen stehenden Straßenflächen zwingt und so den legal zur Verfügung stehenden Parkraum beschränkt.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag in einer Bestrafung nach der Straßenverkehrsordnung wegen eines danach unter Strafe stehenden Verhaltens und in einer weiteren Bestrafung nach dem Parkgebührengesetz wegen der Nichtentrichtung von Parkgebühren keine unzulässige Doppelbestrafung zu erkennen, wurden doch in einem solchen Fall zwei voneinander unabhängige Strafnormen mit unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen, die unterschiedliche Rechtsgüter (im Fall des Parkgebührengesetzes das Recht der Gemeinde auf Entrichtung einer Abgabe) schützen, verletzt (vgl. , mwN).

Die verfahrensgegenständliche Anrainerzone wird durch ein Halte-und Parkverbot etabliert, welches als weitergehende Beschränkung nach der StVO 1960 die flächendeckende Kurzparkzone des ersten Wiener Gemeindebezirkes nicht unterbricht. Da eine Kurzparkzone im Gegensatz zu einem Halte- und Parkverbot einen Abgabenanspruch der Gemeinde begründet, werden durch die jeweilige Sanktionierung auch unterschiedliche Rechtsgüter geschützt.

Somit war die verwaltungsstrafrechtliche Sanktionierung sowohl des Zuwiderhandelns gegen die Bestimmungen der StVO als auch der Übertretung des Wiener Parkometergesetzes 2006 rechtlich zulässig und nicht als Doppelbestrafung im Sinne des § 22 VStG zu qualifizieren.

§ 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung normiert:

"Für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO 1960) ist eine Abgabe zu entrichten."

§ 5 Wiener Parkometerabgabeverordnung normiert:

"(1) Die Abgabe gilt mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

(2) Zur Entrichtung der Abgabe sind der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken."

§ 5 VStG normiert:

"(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte."

Die beschwerdeführende Partei brachte keine Gründe vor, um ihr mangelndes Verschulden darzutun, und es waren auch aus der Aktenlage keine Umstände ersichtlich, dass sie an der Begehung der Verwaltungsübertretung kein Verschulden träfe, weshalb von zumindest fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

Somit sind sowohl die objektiven als auch die subjektiven Voraussetzungen der Strafbarkeit als erwiesen anzusehen.

§ 4 Wiener Parkometergesetz 2006 normiert:

"(1) Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen."

§ 19 VStG normiert:

"(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen."

Die der Bestrafung zu Grunde liegende Verwaltungsübertretung schädigte in nicht unerheblichem Maße das als sehr bedeutend einzustufende öffentliche Interesse an der Bewirtschaftung des ohnehin knappen innerstädtischen Parkraumes sowie an der ordnungsgemäßen und fristgerechten Entrichtung der Parkometerabgabe. Der objektive Unrechtsgehalt der fahrlässigen Abgabenverkürzung kann daher, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, keineswegs als gering angesehen werden (vgl. , mwN, sowie , mwN).

Das Ausmaß des Verschuldens war im beschwerdegegenständlichen Fall in Anbetracht der Außerachtlassung der objektiv gebotenen und der beschwerdeführenden Partei zumutbaren Sorgfalt nicht als geringfügig zu werten, da weder hervorgekommen noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen ist, dass die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschriften durch die beschwerdeführende Partei eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung des Straftatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Somit liegen beide, für die Erteilung einer Ermahnung erforderlichen, Voraussetzungen, nämlich unbedeutende Folgen der Tat und geringfügiges Verschulden, nicht vor.

Weil keine rechtskräftigen verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen aktenkundig sind, kommt der beschwerdeführenden Partei der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu Gute. Weitere Milderungsgründe sind nicht hervorgekommen.
Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit wurde bereits von der belangten Behörde im Rahmen des angefochtenen Straferkenntnisses berücksichtigt.

Für eine ungünstige Einkommens- und Vermögenssituation der beschwerdeführenden Partei besteht nach der Aktenlage kein Anhaltspunkt, sodass von durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen auszugehen ist. Sorgepflichten sind ebenfalls nicht bekannt geworden und können daher nicht berücksichtigt werden.

Unter Bedachtnahme auf die angeführten Strafbemessungsgründe sowie aus general- und spezialpräventiven Erwägungen ist die verhängte Geldstrafe in Höhe von € 60,00 angesichts des bis zu € 365,00 reichenden Strafrahmens als angemessen und nicht überhöht zu betrachten.

§ 44 VwGVG normiert:

"(3) Das Verwaltungsgericht kann von einer Verhandlung absehen, wenn
3. im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde […] und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat."

Es konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da eine solche nicht beantragt und im angefochtenen Straferkenntnis eine € 500 nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

Kostenentscheidung

Da der Kostenbeitrag des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 64 VStG mit 10% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit € 10,00, zu bemessen ist, wurde er mit € 10,00 korrekt festgesetzt.

Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen.

Die beschwerdeführende Partei hat daher gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG weitere € 12,00 als Kostenbeitrag zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu leisten.

Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.

Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.

Hier erweist sich der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).

Zur Unzulässigkeit der Revision

Art. 133 B-VG normiert:

"(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.

(6) Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes kann wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben:
1. wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet;
2. die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht; […]."

§ 25a VwGG normiert:

"(4) Wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache
1. eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und
2. im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde,
ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig."

Weil nach § 4 Abs. 1 des Wiener Parkometergesetzes 2006 lediglich eine Geldstrafe von bis zu € 365 und keine primäre Freiheitsstrafe verhängt werden darf, ist eine Revision durch die beschwerdeführende Partei unzulässig (vgl. , mwN).

Die Revision für die belangte Behörde ist unzulässig, da das Bundesfinanzgericht im vorliegenden Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, sondern dessen Judikaturlinie folgt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7500422.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at