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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.10.2024, RV/7500426/2024

Nennung des Patienten bei "Arzt im Dienst"

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Gertraud Hausherr in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 51/2005, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 9/2006 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 24/2012, über die Beschwerde vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , Zahl: MA67/236701469638/2023, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren gemäß § 38 VwGVG in Verbindung mit § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG erster Fall eingestellt.

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Straferkenntnis vom , Zahl: MA67/236701469638/2023, hat der Magistrat der Stadt Wien als belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei ***Bf1*** angelastet, sie habe die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt in dem sie das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***4*** am um 20:52 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1190 Wien, ***1*** ***3***, abgestellt habe, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Im Fahrzeug habe sich die "Arzt im Dienst"-Tafel mit der Nr. ***2*** befunden.
Dadurch habe die beschwerdeführende Partei die Rechtsvorschrift des § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung, verletzt.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung werde über die beschwerdeführende Partei gemäß § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von € 60,00 sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt.
Ferner habe die beschwerdeführende Partei gemäß § 64 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG einen Betrag von € 10,00 als Mindestbeitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) betrage daher € 70,00.

Das Straferkenntnis wurde folgendermaßen begründet:

"Sie haben das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***4*** abgestellt, sodass es am um 20:52 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wien 19, ***1*** ***3*** gestanden ist, ohne dieses mit einem gültig entwerteten Parkschein gekennzeichnet oder einen elektronischen Parkschein aktiviert zu haben. Im Fahrzeug befand sich lediglich die "Arzt im Dienst"-Tafel mit der Nr. ***2***.

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Organstrafverfügung, welche von einem Parkraumüberwachungsorgan der Landespolizeidirektion Wien auf Grund einer eigenen dienstlichen Wahrnehmung gelegt wurde, sowie in die von diesem angefertigten Fotos.

Bereits vor Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens gaben Sie an, Ihren Patienten in der ***1*** ***3*** ***5*** behandelt zu haben. Die "Arzt im Dienst-Tafel" wurde ordnungsgemäß hinter der Windschutzscheibe angebracht und anscheinend vom Parkraumüberwachungsorgan übersehen. Sie baten um Stornierung der Strafverfügung.

In Ihrem Einspruch gegen die Strafverfügung wendeten Sie erneut ein, dass Sie am verfahrensgegenständlichen Tag Ihren Patienten mit den Initialen ***6*** in der ***1*** ***3***/***5*** medizinisch versorgen müssen. Sie hinterlegten das "Arzt im Dienst-Tafel" Schild gut sichtbar hinter der Windschutzscheibe, das anscheinend vom Parkraumüberwachungsorgan übersehen oder ignoriert wurde. Sie baten um Einstellung des Verfahrens.

Im Zuge des Ermittlungsverfahrens ist hervorgekommen, dass eine "Arzt im Dienst-Tafel" - Arzt für Allgemeinmedizin mit der Nummer ***2*** am auf Ihren Namen lautend ausgestellt wurde.

Mit Schreiben vom wurden Sie zur Glaubhaftmachung der ärztlichen Hilfeleistung aufgefordert.

In Ihrer Stellungnahme wendeten Sie ein, dass die Bekanntgabe der Patientendaten einen strengen Datenschutz unterliegen würden. Sie führten erneut an, dass Ihr Patient mit den Initialen ***6*** in der ***1*** wohnhaft sei.

Unbestritten blieb sowohl Ihre Lenkereigenschaft, als auch, dass das gegenständliche Fahrzeug zum Tatzeitpunkt an der in Rede stehenden Örtlichkeit abgestellt war.

Zu Ihrem Vorbringen wird Folgendes festgestellt:

Die Parkometerabgabe ist nicht zu entrichten für Fahrzeuge, die von Ärzten bei einer Fahrt zur Leistung ärztlicher Hilfe gelenkt werden, sofern sie beim Abstellen mit einer Tafel gemäß § 24 Abs. 5 StVO 1960 gekennzeichnet sind. (§ 6 lit. d Parkometerabgabeverordnung).

Gemäß § 24 Abs. 5 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) dürfen Ärzte, die zur selbstständigen Berufsausübung berechtigt sind, bei einer Fahrt zur Leistung ärztlicher Hilfe das von ihnen selbst gelenkte Fahrzeug für die Dauer der Hilfeleistung auch auf einer Straßenstelle, auf der das Halten oder Parken verboten ist, abstellen, wenn in unmittelbarer Nähe des Aufenthaltes des Kranken oder Verletzten kein Platz frei ist, auf dem gehalten oder geparkt werden darf, und durch das Aufstellen des Fahrzeuges die Sicherheit des Verkehrs nicht beeinträchtigt wird. Während einer solchen Aufstellung ist das Fahrzeug mit einer Tafel, welche die Aufschrift »Arzt im Dienst« und das Amtssiegel der Ärztekammer, welcher der Arzt angehört, tragen muss, zu kennzeichnen. Außer in diesem Falle ist eine solche Kennzeichnung von Fahrzeugen verboten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bei Verfahren hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Verwendung der Tafel "Arzt im Dienst" für den straßenpolizeilichen Bereich judiziert, dass die Verwendung einer solchen Tafel zur Inanspruchnahme des privilegierten Abstellens allein nicht ausreicht, sondern die ärztliche Hilfeleistung nachgewiesen werden muss. Bei analoger Anwendung dieser eindeutigen Judikatur im Abgabenrecht bedeutet dies, dass die ärztliche Hilfeleistung auch im Beanstandungszeitpunkt nachgewiesen werden muss, um die Abgabenfreiheit zu beweisen.

Inwiefern eine ärztliche Hilfeleistung erfolgt wäre bzw. konkrete Angaben zum Patienten, welche eine Überprüfung durch die Behörde erlaubt hätte, wurden nicht dargetan, daher kam die Ausnahmeregelung gemäß § 6 it. d Parkometerabgabeverordnung nicht zur Anwendung.

Ein Arzt als Beschuldigter ist berechtigt, in einem Verwaltungsstrafverfahren ohne Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht, selbst ohne mögliche Entbindung, den Namen und den Wohnsitz eines Patienten bekannt zu geben, wenn die Offenbarung des Geheimnisses nach Art und Inhalt durch Interessen der Rechtspflege gerechtfertigt ist.

Taugliche Beweismittel, welche den gegenständlichen Tatvorwurf zu widerlegen im Stande wären, wurden von Ihnen im Zuge des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens nicht vorgelegt. Ihre Angaben fanden daher keine Bestätigung.

Ihre Einwendungen waren somit nicht geeignet, Sie vom gegenständlichen Tatvorhalt zu entlasten.

Es sind somit im Zuge des Verfahrens keine Tatsachen oder Umstände hervorgekommen, die zu dessen Einstellung führen könnten.

Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaubt bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.

Es wird somit der Sachverhalt als erwiesen angenommen, wie er aus den schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben in der Organstrafverfügung sowie aus der Tatumschreibung in diesem Straferkenntnis ersichtlich ist, zumal Sie diesen insgesamt unwidersprochen ließen.

Jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstellt, muss bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten (§ 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung).

Aufgrund der Aktenlage ist festzustellen, dass Sie dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sind.

Nach § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 genügt zur Strafbarkeit des dort umschriebenen Verhaltens Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außeracht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könnte, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht (§ 6 StGB).

Auf Grund der Aktenlage war Fahrlässigkeit anzunehmen.

Somit sind sowohl die objektiven, als auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben.

Sie haben daher die Parkometerabgabe nicht entrichtet und somit fahrlässig verkürzt.

Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu EUR 365,00 zu bestrafen (§ 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006).

Die verhängte Geldstrafe soll durch ihre Höhe dazu geeignet sein, Sie wirksam von einer Wiederholung abzuhalten.

Grundlage für die Bemessung der Strafe sind gemäß § 19 VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat

Jedes fahrlässige Verkürzen der Parkometerabgabe, d.h. jedes Abstellen eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone, ohne dass hierfür die nach der Parkometerabgabeverordnung vorgeschriebene Parkometerabgabe durch einen ordnungsgemäß entwerteten Parkschein entrichtet wird, schädigt in nicht unerheblichem Maße sowohl das öffentliche Interesse an der Entrichtung von Abgaben, als auch an der Erleichterung des innerstädtischen Verkehrs und an der Rationierung des in Wien vorhandenen Parkraumes, dem die Strafdrohung dient.

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist im Hinblick auf den Sachverhalt - selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen - nicht gerade gering.

Dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist auf Grund der Tatumstände nicht anzunehmen und es kann daher Ihr Verschulden nicht als geringfügig angesehen werden.

Bei der Strafbemessung wurden Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten, soweit diese der Behörde bekannt waren, berücksichtigt. Zudem wurde auf das Fehlen verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen Bedacht genommen.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis zu EUR 365,00 reichenden Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden ist die verhängte Geldstrafe, selbst bei Annahme von ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen, durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal Milderungsgründe nichthervorgetreten sind.

Die Auferlegung des Beitrages zu den Kosten des Verfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs. 2 des VStG 1991."

In der Beschwerde vom wurde ausgeführt:

"Bezugnehmend auf Ihr Schreiben von möchte ich folgende Beschwerde einbringen:

Ich habe am meinen Patienten Herrn ***7*** geboren am ***8***, wohnhaft in der ***1*** ***3***/***5*** 1190 Wien medizinisch notversorgen müssen. Ich habe dies auch in meine Darstellungen (siehe Email) mit den Patienteninitialen: "***6***" mitgeteilt.

Anscheinend waren meine Schilderungen nicht glaubhaft.
Jetzt haben Sie die kompletten Patientendaten.
Ich bitte um die Stornierung des Strafverfahrens."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Das kontrollierende Parkraumüberwachungsorgan hat das Abstellen des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen ***4*** am um 20:52 Uhr in der im 19. Wiener Gemeindebezirk befindlichen, gebührenpflichtigen Kurzparkzone, ***1*** ***3***, ohne Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein beanstandet.

Nicht bestritten werden der Abstellort des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges und der Beanstandungszeitpunkt.

Die beschwerdeführende Partei meint aber auf Grund eines ärztlichen Notfalles und der im Fahrzeug angebrachten "Arzt im Dienst" Tafel nicht verpflichtet gewesen zu sein die Parkometerabgabe zu entrichten.

§ 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung normiert:

"Für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO 1960) ist eine Abgabe zu entrichten."

§ 5 Wiener Parkometerabgabeverordnung normiert:

"(1) Die Abgabe gilt mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

(2) Zur Entrichtung der Abgabe sind der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken."

§ 6 Wiener Parkometerabgabeverordnung normiert:

"Die Abgabe ist nicht zu entrichten für:
d) Fahrzeuge, die von Ärzten bei einer Fahrt zur Leistung ärztlicher Hilfe gelenkt werden, sofern
sie beim Abstellen mit einer Tafel gemäß § 24 Abs. 5 StVO 1960 gekennzeichnet sind"

§ 24 StVO 1960 normiert:

"(5) Ärzte, die zur selbständigen Berufsausübung berechtigt sind, dürfen bei einer Fahrt zur Leistung ärztlicher Hilfe das von ihnen selbst gelenkte Fahrzeug für die Dauer der Hilfeleistung auch auf einer Straßenstelle, auf der das Halten oder Parken verboten ist, abstellen, wenn in der unmittelbaren Nähe des Aufenthaltes des Kranken oder Verletzten kein Platz frei ist, auf dem gehalten oder geparkt werden darf, und durch das Aufstellen des Fahrzeuges die Sicherheit des Verkehrs nicht beeinträchtigt wird. Während einer solchen Aufstellung ist das Fahrzeug mit einer Tafel, welche die Aufschrift "Arzt im Dienst" und das Amtssiegel der Ärztekammer, welcher der Arzt angehört, tragen muß, zu kennzeichnen. Außer in diesem Falle ist eine solche Kennzeichnung von Fahrzeugen verboten."

§ 54 ÄrzteG 1998 normiert:

"(1) Die Ärztin/der Arzt und ihre/seine Hilfspersonen sind zur Verschwiegenheit über alle ihnen in Ausübung ihres Berufes anvertrauten oder bekannt gewordenen Geheimnisse verpflichtet.

2) Die Verschwiegenheitspflicht besteht nicht, wenn
4. die Offenbarung des Geheimnisses nach Art und Inhalt zum Schutz höherwertiger Interessen
b) der Rechtspflege unbedingt erforderlich ist"

Ein Arzt, gegen den ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet wurde, kann sich nicht mit Erfolg auf die in § 54 ÄrzteG 1998 normierte Schweigepflicht berufen und die Bekanntgabe des Namens und der Adresse des von ihm besuchten Patienten verweigern, da eine solche Verpflichtung nicht besteht, wenn die Offenbarung des Geheimnisses nach Art und Inhalt durch Interessen .... der Rechtspflege gerechtfertigt ist. Gibt ein Arzt in einem solchen Fall Name und Adresse des von ihm besuchten Patienten bekannt, so begeht er weder eine Übertretung nach § 136 iVm § 54 ÄrzteG 1998, noch verstößt er gegen § 121 StGB (vgl. , mwN).

§ 4 Wiener Parkometergesetz 2006 normiert:

"(1) Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen."

§ 45 VStG normiert:

"(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn
2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat"

Im Zuge der Beschwerde wurden sowohl Name als auch Wohnort des behandelten Patienten bekanntgegeben, ein Abgleich der Daten mit der verfahrensgegenständlichen Anzeige und eine Überprüfung im ZMR haben ein Abstellen des Fahrzeuges in der Nähe des Wohnortes des Patienten bestätigt.

In freier Beweiswürdigung nach § 45 Abs. 2 AVG geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass die Voraussetzungen des § 6 Wiener Parkometerabgabeverordnung lit. d für die Befreiung von der Parkometerabgabe vorliegen.

Da für Fahrzeuge, die von Ärzten bei einer Fahrt zur Leistung ärztlicher Hilfe gelenkt werden, sofern sie beim Abstellen mit einer Tafel gemäß § 24 Abs. 5 StVO 1960 gekennzeichnet sind, gemäß § 26d StVO 1960 keine Parkometerabgabe zu entrichten ist, hat die beschwerdeführende Partei die ihr angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen.

Somit war der Beschwerde Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

§ 44 VwGVG normiert:

"(2) Die Verhandlung entfällt, wenn der Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist."

Es war keine mündliche Verhandlung durchzuführen, da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben war.

Kostenentscheidung

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

Wegen der Stattgabe der Beschwerde war kein Verfahrenskostenbeitrag hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Art. 133 B-VG normiert:

"(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.

(6) Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes kann wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben:
1. wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet;
2. die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht; […]"

§ 25a VwGG normiert:

"(4) Wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache
1. eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und
2. im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde,
ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig."

Weil nach § 4 Abs. 1 des Wiener Parkometergesetzes 2006 lediglich eine Geldstrafe von bis zu € 365 und keine primäre Freiheitsstrafe verhängt werden darf, ist eine Revision durch die beschwerdeführende Partei unzulässig (vgl. VwGH, , Ra 2022/16/0080, mwN).

Die Revision für die belangte Behörde ist unzulässig, da das Bundesfinanzgericht im vorliegenden Erkenntnis in freier Beweiswürdigung zu entscheiden hatte, ob der Ausnahmetatbestand des § 6 lit. d) Wiener Parkometerabgabeverordnung gegeben war oder nicht.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 6 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 24 StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7500426.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at