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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 01.10.2024, RV/7102083/2024

Zurückweisung einer Beschwerde mangels Zustellung der entsprechenden Bescheide

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Walter Aiglsdorfer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Anspruchszinsen (§ 205 BAO) 2016 und Einkommensteuer 2016 und vom betreffend Anspruchszinsen (§ 205 BAO) 2017 und Einkommensteuer 2017 sowie Umsatzsteuer 2017 Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:

Die Beschwerde vom wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

1.) Verwaltungsgeschehen:

Die belangte Behörde (Finanzamt Österreich) hat mit Bescheiden vom (Einkommensteuer 2016 sowie Anspruchszinsen 2016) und (Einkommensteuer 2017, Anspruchszinsen 2017 sowie Umsatzsteuer 2017) entsprechende Abgaben festgesetzt.

Diese Erledigungen wurden dem Beschwerdeführer schlussendlich per Post, ohne Rückschein, zugestellt. Das Finanzamt hatte demnach keine Nachweise über die tatsächliche Zustellung dieser Bescheide an den Beschwerdeführer.

Mit Eingabe vom übermittelte der Beschwerdeführer folgende Beschwerde:
Die so bezeichneten Bescheide seien nur den genannten Buchungsmitteilungen zu entnehmen. Trotz mehrfacher Urgenzen seien sie nicht zugestellt worden. Offenbar würde es sich um gesetzwidrige Schätzungen handeln, die außerhalb Verjährungsfrist vom FNA erfunden worden seien. Mangels Zustellung sei ein Ablauf der RM-Frist nicht möglich, somit könne gegen diese Bescheide jederzeit RM eingebracht werden.

Mangels Zustellung könne über Inhalt nur spekuliert werden, aus Erfahrung der Vergangenheit liege die Vermutung nahe, dass die hier bekämpften Bescheide durch willkürliche Anteile an VCO und / oder WIM verändert worden seien. Dies sei jedoch rechtswidrig, da alle Grund= lagenbescheide bereits beim BFG vorliegen und somit auch deren Höhe und Aufteilung nicht mehr dem FNA zustehe, insbesondere nicht für verjährte Folgebescheide AMT. Folgende RM seien unerledigt gg. alle ev. Grundlagenbescheide Zeitraum 2016-17.

Mit verschiedenen Beschwerdevorentscheidungen (vom , und ) wurde die Beschwerde vom gemäß § 260 BAO zurückgewiesen.
Diese Bescheide wurden nunmehr von der belangten Behörde nachweislich zugestellt.
In der gesonderten Bescheidbegründung betreffend oben genannte Bescheide wurde ausgeführt, dass gegenständlich kein Anwendungsfall des § 262 Abs. 2 BAO (Direktvorlage) gegeben sei. Die Abgabenbehörde hätte daher selbst über die Beschwerde abzusprechen.
Da die Zustellung der Bescheide nicht wirksam erfolgt sei, würden auch keine wirksamen (und somit rechtlich existente) Erledigungen vorliegen. Gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO sei eine Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung als unzulässig zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist. Nicht zulässig ist u.a. eine Beschwerde gegen einen mangels Zustellung rechtlich nicht existent gewordenen Bescheid.

Mit Eingabe vom (eingelangt bei der belangten Behörde am ) beantragte der Beschwerdeführer die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen (Vorlageantrag).
Beschwerdevorentscheidungen betreffend Einkommensteuer und Anspruchszinsen 2016 und 2017 sowie Umsatzsteuer 2017.
Mit Eingabe vom (eingelangt bei der belangten Behörde am ') wurde beantragt, die Bescheide hinsichtlich Anspruchszinsen 2016-2017 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen (Vorlageantrag).

[Anmerkung Richter: Der "erste" Vorlagenantrag hat auch die Anspruchszinsen umfasst, der "zweite" Vorlageantrag war demnach entbehrlich, der Vorlageantrag ist jedenfalls rechtzeitig]

"Die ggst.BSV weist eine angebliche Beschwerde dat.20240326 gegen Bescheide Zinsen 2016 angebl.dat.20240111 und 2017 dat.2024018 ab. Festzuhalten ist, dass keine Beschwerde dat.20240326 und kein Bescheid ZIN 2016 dat.20240111 existiert. Gegen diese BSV richtet sich nun unser RM hier.
BISHERIGES UND AKTUELLES VORBRINGEN
Um Wiederholungen zu vermeiden mache ich mein bisheriges Vorbringen in der Sache auch zum Inhalt dieses RM. Insbesondere Erklärungen, Ansuchen, Beschwerden, Fragebeantwortungen, Einsprüche, Rügen, Urgenzen, Verträge wie vor. Speziell die aktuelle Vorlage an BFG datiert 20240515 AMT Onr.VFIK1617.AMT gg.BSV E+Z 2016 E+U+Z 2017 Ergänzend wird dazu vorgebracht:
UNBEGRÜNDET
Der bekämpfte Bescheid weist unklar auf "Verf 67" und fremde "Bescheidbegründung" dat.20240404 hin, das ist nicht ausreichend und unzulässig. Hinweis "Verf 67" wurde bereits bei anderer STN verwendet (CGÜ ZIN 2018) und ist unschlüssig. Auch die angebliche Bescheidbegründung wurde bereits andersartig verwendet, nämlich für angeblichen Bescheid dat.20240118, somit lange vor dieser BSV und in anderer Sache. Die bekämpfte BSV bleibt somit unbegründet und damit gesetzwidrig.
HAUPTSACHE FEHLT/UNLOGISCHE BEHANDLUNG ZINSEN/FNÄ UNZUSTÄNDIG
Wie allgemein bekannt, dienen Zinsen zur Abgeltung bei Verzug der Hauptforderung. Sofern keine Hauptforderung besteht, kann auch kein Verzug (dieser) vorliegen und damit können Zinsen nicht entstehen. Logischerweise ist daher eine isolierte Entscheidung über Zinsen, unabhängig der Hauptforderung sinnfrei. Der Akt AMT E+Z 2016-17 ist seit 20240515 bereits beim BFG zur Entscheidung, eine gesonderte Behandlung ZIN 2016-17 ist daher beim FNA mangels Zuständigkeit ersparbar.
VERJÄHRT
20231018 bestätigte das FNA auf Urgenz Bescheid, dass infolge Verjährung kein Bescheid mehr erfolgen würde. Kurz danach widerrief das FNA 20231222 seine eigenen Entscheidung und verfasste rechtswidrige Bescheide EST und ZIN, die bekämpft werde mussten. Tatsächlich sind seit (2017+5=2022) 20221231 keine Bescheide EST 2016-17 mehr möglich und somit auch keine Zinsen für Verzug, dieser lag beim FNA selbst.
RECHTSANSPRUCH AUSSETZUNG
Nach BAO §212a sind Einhebungen von Abgabebehörden auszusetzen, wenn eine Forderung auf einem Bescheid gründet, der vorn Anbringen (zB.JAB) abweicht oder Anbringen nicht vorliegen, das gilt sinngemäss auch wenn lfd. RM gegen Bescheid/Grundlage bestehen. Ergänzend zu BAO §212a können Erfolge thematisch-laufender RM nicht ausgeschlossen werden, daher besteht Rechtsanspruch auf antragsgemässe Entscheidung hinsichtlich Aussetzung."

Mit Vorlagebericht vom wurde gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Nach Darstellung der Sachlage samt Stellungnahme führte die belangte Behörde aus, dass betreffend die hier genannten Verfahren die Zustellung der Bescheide nicht rechtswirksam erfolgt sei. Es werde beantragt, dass die Beschwerde gegen diese Bescheide als unzulässig zurückzuweisen sei.

2.) Sachverhalt:

Anzumerken ist, dass die gegenständliche Bescheidbegründung (vom ) klar und unmissverständlich auf die Beschwerde hinsichtlich Einkommensteuer und Anspruchszinsen 2016+2017 sowie Umsatzsteuer 2017 hinweist. Die Angabe des Beschwerdeführers (Adressat) und Steuernummer lassen ebenfalls eine klare Identifikation der Rechtssache zu.

Gegenständlicher Sachverhalt geht klar aus den vorliegenden Aktenteilen der belangten Behörde hervor.
Die streitgegenständlichen Bescheide wurden ohne Rückscheine an den Beschwerdeführer zugestellt. Eine tatsächliche Zustellung kann von der belangten Behörde nicht nachgewiesen werden.
Den Darstellungen des Beschwerdeführers ist demnach zu folgen, wenn er anführt, dass er die hier strittigen Bescheide tatsächlich nicht erhalten hat.

Es liegt demnach keine (rechtmäßige) Zustellung dieser Bescheide vor.
Es handelt sich demnach um lediglich als Bescheide intendierte Schriftstücke.

3.) Beweiswürdigung:

Im Rahmen der Beweiswürdigung ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdeschrift vom klar darauf hingewiesen hat, dass ihm die hier strittigen Bescheide nicht zugestellt wurden. Die Beschwerde gründet demnach lediglich auf Buchungsmitteilungen.
Der erkennende Richter kann keinen Grund finden, diese Angaben zu bezweifeln.

Selbst die belangte Behörde anerkennt die mangelnde Zustellung bzw. die "Nichtzustellung" indem sie die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidungen als unzulässig zurückgewiesen hat.

Auch im Vorlagebericht vom (welcher auch dem Beschwerdeführer zugestellt wurde) beantragt die belangte Behörde die Zurückweisung der Beschwerde, da die Bescheide nicht rechtswirksam zugestellt wurden.

Diesen Darstellungen hat der Beschwerdeführer nicht widersprochen (in Bezug auf die rechtmäßige Zustellung der Bescheide).

Unter Beachtung dieser Beweismittel ist jedenfalls davon auszugehen, dass die hier strittigen Bescheide nicht rechtmäßig an den Beschwerdeführer zugestellt wurden.

4.) Rechtslage und Erwägungen:

Eine Bescheidbeschwerde ist gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.

Erledigungen werden nach § 97 Abs. 1 BAO dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekannt gegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt nach lit. a bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.

Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind gemäß § 98 Abs. 1 BAO Zustellungen nach dem Zustellgesetz, BGBl Nr 200/1982, ausgenommen Abschnitt III (Elektronische Zustellung), vorzunehmen.

Die Zustellung ist gemäß § 5 ZustG von der Behörde zu verfügen, deren Dokument zugestellt werden soll. die Zustellverfügung hat den Empfänger möglichst eindeutig zu bezeichnen und die für die Zustellung erforderlichen Angaben zu enthalten.

Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung gemäß § 7 ZustG als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zukommt.

Ein tatsächliches Zukommen setzt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes voraus, dass der vom Gesetz vorgesehene Empfänger tatsächlich in den Besitz des zuzustellenden Schriftsatzes kommt. Nicht ausreichend ist die bloße Kenntnisnahme des Inhaltes des Schriftstückes beispielsweise durch Übermittlung einer Ablichtung oder durch Akteneinsicht. Auch die Kenntnis, dass das Schriftstück hinterlegt worden sei, genügt nicht. Wenn die Kenntnisnahme des Schriftstückes (ohne tatsächliches Zukommen) nicht genügt, dann saniert auch der Umstand, dass ein Rechtsmittel gegen das Schriftstück eingebracht wird, die fehlende Zustellung nicht. Die BAO enthält in Verbindung mit dem ZustG Regelungen über die Heilung von Zustellmängel; eine "Heilung durch Einlassung" kennen diese Bestimmungen nicht (vgl. ).

Wie oben unmissverständlich dargestellt wurde, sind die gegenständlichen Bescheide dem Beschwerdeführer tatsächlich nicht zugekommen.

Eine Bescheidbeschwerde gegen mangels Zustellung rechtlich nicht existent gewordene Bescheide ist gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückzuweisen (vgl. Ritz, BAO6, § 260 Rz 8).

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Gegenstandsloserklärung ergibt sich schon aus dem Gesetzestext, sodass eine Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 260 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 262 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 98 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102083.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at