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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.08.2024, RV/6100165/2023

Abweisung eines Antrages gem. § 217 Abs. 7 BAO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Erich Schwaiger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch Mag. Dr. Ceconi Andreas, Steuerberater, Schiffmanngasse 19, 5020 Salzburg, und Mag. Dr. Claudia Schoiber-Ceconi, Schiffmanngasse 19, 5020 Salzburg, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages von der Umsatzsteuer 2021 zu Recht erkannt:

I.
Die Beschwerde bzw. der Antrag auf Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung des Säumniszuschlages werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde fällt in die Zuständigkeit des Fachgebietes FV 3 und damit in die Zuteilungsgruppe 7007. Aufgrund des Antrages auf Entscheidung durch den Senat wurde sie auf Basis der gültigen Geschäftsverteilung der Gerichtsabteilung 7013-1 zur Entscheidung zugewiesen. Nach der Zurückziehung dieses Antrages fällt die Zuständigkeit in die Gerichtsabteilung 7013.

I. Verfahrensgang und Akteninhalt

Der hier bekämpfte Säumniszuschlagsbescheid in Höhe von EUR 654,39 erging auf Basis des Umsatzsteuerbescheides 2021 vom , der zu einer Umsatzsteuernachforderung von EUR 32.719,32 führte und in Rechtskraft erwuchs.

Die steuerlich vertretene Beschwerdeführerin (kurz Bf.), eine österreichische Gesellschaft mit beschränkter Haftung, bekämpfte den Säumniszuschlagsbescheid mit Beschwerde vom (eingebracht per Fax vom ) und verwies auf ihre Stellungnahme vom zur Umsatzsteuer-Erklärung 2021.

Die Umsatzsteuer-Nachzahlung 2021 ergebe sich zum weitaus überwiegenden Teil aus einer doppelt verbuchten Forderungsabschreibung in Höhe von EUR 180.589,50 inklusive Umsatzsteuer in Höhe von EUR 30.089,25. Dadurch sei es zu einer geringen Verminderung des Finanzamt-Guthabens gekommen. Die Bf. habe ihre Finanzamt-Fälligkeiten immer pünktlich gezahlt und oft monatelang große Guthaben im fünf- bis sechsstelligen Bereich am Finanzamt-Konto, was außergewöhnlich sei. Dem Staat sei finanziell mehr Geld zur Verfügung gestellt worden, als es bei richtiger Verbuchung der Forderungsabschreibung der Fall gewesen wäre.

Die Buchhaltung werde von der Bf. selbst erstellt. Ihr seien die umsatzsteuerrechtlichen Unterschiede zwischen Rückstellung, Forderungsabschreibung und Einzelwertberichtigung nicht bekannt. Sie sei berechtigterweise davon ausgegangen, dass ihre Vorgangsweise in der Buchhaltung 2021 richtig ist bzw. war. Da aus dem insgesamt vorliegenden Sachverhalt kein grobes Verschulden der Abgabenpflichtigen vorliege bzw. vorliegen könne, ersuchte sie um anteilige Stornierung des festgesetzten Säumniszuschlages in Höhe von EUR 601,97 (2% von EUR 30.098,25), sodass EUR 52,38 verblieben.

Das Finanzamt (kurz FA) wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Die mit fällige Umsatzsteuer 2021 sei am Fälligkeitstag nicht entrichtet worden. Die Säumnis habe mehr als fünf Werktage ab Fälligkeitstag betragen. Da sich die Umsatzsteuer-Nachforderung für 2021 überwiegend aus einer doppelt verbuchten Forderungsabschreibung ergebe, die aus der Unkenntnis umsatzsteuerrechtlicher Unterschiede zwischen Rückstellung, Forderungsabschreibung und Einzelwertberichtigung resultiert, handle es sich bei der fehlerhaften Selbstberechnung um keine vertretbare Rechtsansicht, sondern um eine Rechtsunkenntnis. Diese sei der Bf. insoweit vorwerfbar, als die Rechtskenntnis bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte erreicht werden hätte können. In der Unterlassung einer gebotenen und zumutbaren Erkundigung liege ein Verschulden. Die Verhängung des Säumniszuschlages liegt nicht im Ermessen der Behörde, sondern sei eine objektive, verschuldensunabhängige Säumnisfolge, bei der die Gründe des Zahlungsverzuges wie auch dessen Dauer grundsätzlich unbeachtlich seien. Eine Stornierung aus Kulanzgründen sei nicht vorgesehen.

Die Bf. beantragte daraufhin mit Schriftsatz vom (Fax vom ) die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht, Senatszuständigkeit und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Es liege kein grobes Verschulden vor und die Ansicht der Behörde sei aus dem Gesetzestext nicht abzuleiten. Sie beantragte nun generell, den Säumniszuschlag gem. § 217 Abs. 7 BAO nicht festzusetzen und folglich den Säumniszuschlagsbescheid aufzuheben.

Mit Schriftsatz vom zog die steuerliche vertretene Bf. den Antrag auf mündliche Verhandlung und Entscheidung durch den Senat zurück.

I. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

In einer gemeinsam mit der Umsatzsteuererklärung 2021 vorgelegten "Offenlegung" schilderte die Bf. den Grund für die Nachzahlung wie folgt:

Es handle sich um eine unbeabsichtigte zeitliche Verschiebung. Im Zuge der Bilanzerstellung 2020 habe die Bf. dem steuerlichen Vertreter einen Forderungsausfall mitgeteilt, über den ein diesbezüglicher Vergleich im Jahr 2021 erzielt worden sei. Die Bf. habe den Vertreter beauftragt, eine Rückstellung zu bilden.
Da der Forderungsausfall schon ganz konkret bekannt gewesen sei, sei die Forderung im Ausmaß der Ausfallhöhe (offenbar schon in der Bilanz 2020) abgeschrieben und die Umsatzsteuer dafür storniert worden. Richtig gewesen wäre eine Einzelwertberichtigung, da die Mandantin jedoch von Rückstellung gesprochen habe, sei die Forderung entsprechend abgeschrieben worden. Gleichzeitig habe die Mandantin in der laufenden Buchhaltung 2021 den Forderungsausfall auch umsatzsteuerwirksam gebucht. Die Nachzahlung in der Bilanz 2021 ergebe sich dadurch, dass die laufende Buchung 2021 bei der Bilanzierung 2021 korrigiert worden sei.

Der Jahresabschluss 2020 sei im Dezember 2021 mit der Bf. eingehend besprochen worden. Selbst bei dieser Besprechung seien alle Beteiligten von der Richtigkeit der Vorgehensweise überzeugt gewesen. Die in der Buchhaltung im April 2021 erfolgte umsatzsteuerwirksame Forderungsabschreibung war im Dezember 2021 gedanklich beiden nicht präsent, sodass die doppelte Abschreibung auch anlässlich der Besprechung keinem der Anwesenden auffiel. Ein Blick auf das Finanzamtskonto der Steuerpflichtigen zeige, dass sowohl im Jahr 2020, als auch im Jahr 2021 durchgehend sehr hohe Guthaben in 5-stelliger Höhe monatelang bestanden hätten. Dem FA sei deshalb kein Schaden entstanden. Es werde daher beantragt, keinen Säumniszuschlag zu verhängen.

Die Umsatzsteuererklärung 2021 ergebe eine Nachforderung in Höhe von über EUR 30.000,00, im Vorjahr habe die Umsatzsteuergutschrift etwa EUR 30.000,00 betragen.

  • Aus dem Abgabeninformationssystem des FA ergibt sich, dass die Umsatzsteuerjahreserklärung 2020 am elektronisch eingereicht wurde. Durch sie ergibt sich eine Gutschrift von EUR 27.940,13. Der Jahresbescheid erging am .

  • Die Umsatzsteuerjahreserklärung 2021 wurde am elektronisch abgegeben und führte zu einer Nachzahlung von EUR 32.719,32. Der Jahresbescheid erging am .

  • Am Finanzamtskonto ist weiters ersichtlich, dass dort zwar laufend sehr hohe Guthaben aufscheinen, daneben gibt es aber auch in der hier betroffenen Zeit Phasen mit Nullständen (18. Februar bis und bis ).

Die Bf. selbst bringt vor, die (laufende) Buchhaltung sei von ihr selbst erstellt worden und ihr seien die umsatzsteuerrechtlichen Unterschiede zwischen Rückstellung, Forderungsabschreibung und Einzelwertberichtigung nicht bekannt gewesen. Sie sei berechtigterweise davon ausgegangen, dass ihre Vorgangsweise in der Buchhaltung 2021 richtig ist bzw. war.

Auf die Vorhaltung in der Beschwerdevorentscheidung, dass es sich bei der fehlerhaften umsatzsteuerlichen Beurteilung von Forderungsabschreibung bzw. Einzelwertberichtigung nicht um eine vertretbare Rechtsansicht, sondern um Rechtsunkenntnis handle, die bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt vermieden hätte werden können, und dass in der Unterlassung einer gebotenen und zumutbaren Erkundigung ein Verschulden liege, reagierte die Bf. nicht weiter.

2. Beweiswürdigung

Gem. § 167 Abs. 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Nach der ständigen Judikatur des VwGH zu § 167 Abs. 2 BAO genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt. Daran hat sich durch die Verwaltungsgerichtsbarkeitsreform nichts geändert (vgl. unter Hinweis auf ; , Ro 2014/13/0025 und Ro 2014/13/0044).

Das Bundesfinanzgericht hat - wie auch das Finanzamt - die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Den Parteien ist Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben (§ 115 BAO in Verbindung mit § 2a BAO). Eine in der Begründung einer Beschwerdevorentscheidung getroffene Feststellung des Finanzamtes wirkt wie ein Vorhalt und es obliegt dem Abgabepflichtigen, die vom Finanzamt in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung getroffene Feststellung zu widerlegen bzw. zumindest deren Unrichtigkeit zu behaupten (vgl. etc.).

Mit BGBl. I Nr. 136/2017 wurde in Umsetzung der bisherigen Judikatur in § 115 Abs. 1 letzter Satz BAO gesetzlich verankert, dass die Ermittlungspflicht durch eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen, wie beispielsweise bei Auslandssachverhalten, eingeschränkt wird. Nach den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 1660 BlgNR 25. GP 24) trifft dies etwa dann zu, wenn durch faktische Gegebenheiten oder rechtliche Schranken die amtswegige Ermittlung des Sachverhaltes eingeschränkt oder verhindert ist. Dies gilt bei - zum Beispiel beruflichen - Verschwiegenheitspflichten oder wenn nach der Lage des Falles nur der Abgabepflichtige Angaben zum Sachverhalt machen kann, wenn der Abgabepflichtige Unübliches oder Außergewöhnliches behauptet oder wenn die Abgabenbehörde auf Antrag des Abgabepflichtigen tätig wird.

In Fällen der erhöhten Mitwirkungspflicht liegt es etwa am Abgabepflichtigen, alle relevanten Sachverhaltselemente so zu dokumentieren, dass sie für die Abgabenbehörde nachvollziehbar sind. Eine Verletzung der erhöhten Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen hat beispielsweise zur Folge, dass die Verpflichtung der Abgabenbehörde endet, den Sachverhalt über das von ihr aufgrund einer ordentlich durchgeführten Ermittlung zu prüfen und sie den so ermittelten Sachverhalt als erwiesen annehmen darf, oder dass nur auf Antrag zustehende Begünstigungen nicht zuzuerkennen sind. Schon bisher wies im Übrigen Ritz zu Recht darauf hin (Ritz, BAO5, § 115 Tz 13), dass den Bf. auch dann eine erhöhte Mitwirkungspflicht trifft, wenn ungewöhnliche Verhältnisse vorliegen (vgl. ; , 99/15/0250; , 2002/13/0091; , 2004/17/0105). Im Übrigen befreit der Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens den Revisionswerber nicht von seiner Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen. In Befolgung dieser Grundsätze kam das Bundesfinanzgericht zu folgender Beurteilung:

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Säumniszuschlag

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d BAO), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten. Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (§ 217 Abs. 1f BAO).

Die Entrichtung von Umsatzsteuer kann zwar durch die Verrechnung eines bestehenden Guthabens bzw. eine Verrechnungsweisung erfolgen (§ 214 BAO), das bedingt aber immer ihre Bekanntgabe. Solange also das Guthaben weiterbesteht, kann nicht davon gesprochen werden, dass die Abgaben entrichtet wurde.

Abgaben werden unbeschadet der in Abgabenvorschriften getroffenen besonderen Regelungen mit Ablauf eines Monates nach Bekanntgabe des Abgabenbescheides fällig (§ 210 Abs. 1 BAO).

a) Fälligkeit Umsatzsteuernachforderung aufgrund Jahresbescheid

Gem. § 21 Abs. 1 UStG 1994 hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 UStG 1994 selbst zu berechnen hat. Die Voranmeldung gilt als Steuererklärung. Als Voranmeldung gilt auch eine berichtigte Voranmeldung, sofern sie bis zu dem im ersten Satz angegebenen Tag eingereicht wird. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Die Vorauszahlung und der Überschuss sind Abgaben im Sinne der Bundesabgabenordnung. Ein vorangemeldeter Überschuss ist gutzuschreiben, sofern nicht Abs. 3 zur Anwendung gelangt. Die Gutschrift wirkt auf den Tag der Einreichung der Voranmeldung, frühestens jedoch auf den Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, zurück.

Eine unterjährige Festsetzung der der Steuer durch das FA gem. § 21 Abs. 3 UStG 1994 kann nur so lange erfolgen, als nicht ein den Voranmeldungszeitraum beinhaltender Veranlagungsbescheid erlassen wurde. Eine festgesetzte Vorauszahlung hat den im Abs. 1 genannten Fälligkeitstag. Die Gutschrift eines festgesetzten Überschusses wirkt bis zur Höhe des vorangemeldeten Überschussbetrages auf den Tag der Einreichung der Voranmeldung, frühestens jedoch auf den Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, zurück. Führt eine Festsetzung zur Verminderung eines Überschusses, so gilt als Fälligkeitstag der Nachforderung der Zeitpunkt, in dem die Gutschrift des Überschusses wirksam war.

Durch eine Nachforderung auf Grund der Veranlagung wird keine von Abs. 1 und 3 abweichende Fälligkeit begründet (§ 21 Abs. 5 UStG 1994).

Kommt es damit auf Grund der Umsatzsteuerveranlagung zu einer Nachforderung, so wird für diese gem. § 21 Abs. 5 UStG 1994 keine neue Fälligkeit begründet, was in , Deckung findet. Der Jahresumsatzsteuerbescheid stellt nur eine Zusammenfassung der in den Voranmeldungszeiträumen entstandenen Steuerschulden dar und legt keine neue Fälligkeit fest (). Eine Differenzierung zwischen einer Restschuld auf Grund der Umsatzsteuererklärung und der Abschlusszahlung auf Grund des Umsatzsteuerbescheides ist damit nicht vorzunehmen. In beiden Fällen liegen rückständige Vorauszahlungen bzw. Minderungen von Überschüssen vor.

Somit ergibt sich als Fälligkeitstag im Fall rückständiger Vorauszahlungen der 15. des auf den betreffenden Voranmeldungszeitraum zweitfolgenden Kalendermonats; Fälligkeitstag bei Minderungen vorangemeldeter Überschüsse ist der Zeitpunkt, in dem die Gutschrift des Überschusses wirksam war, das ist der Tag der Einreichung der Voranmeldung, frühestens der Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes. Eine von der Zustellung des Bescheides abhängige Fälligkeit ist nicht vorgesehen, gleichgültig, ob es sich um Erstbescheide, abgeänderte, nach einer Wiederaufnahme ergehende Bescheide oder Beschwerdeentscheidungen handelt.

Da hier die Zahlung auf Grund der Nachforderung erst nach Fälligkeit erfolgte, ist grundsätzlich ein Säumniszuschlag verwirkt (Ruppe/Achatz in Ruppe/Achatz (Hrsg), UStG5, § 21 UStG Rz 41f unter Hinweis auf ; , 97/15/0200; , 99/13/0054; , 97/13/0202).

b) Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung über Antrag

Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt (§ 217 Abs. 7 BAO).

Dazu fassen Ritz/Koran in BAO7, § 217 Rz 43ff zusammen:

  • Grobes Verschulden fehlt nach den Materialien (z.B. ErläutRV 311 BlgNR 21. GP, 200), wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt ().

  • Eine (lediglich) leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (z.B. , G 176/96; ; , 2007/15/0169; ).

Das (grobe) Verschulden des Vertreters ist dem Verschulden des Vertretenen gleichzuhalten (Hinweis auf § 308 BAO bzw. ; , 2000/14/0006-0008). Dies gilt auch für Organe juristischer Personen (vgl. ).

Nimmt ein zur Selbstberechnung verpflichteter Eigenschuldner die Selbstberechnung vor und entrichtet er (zeitgerecht) den selbst berechneten Betrag, so ist für § 217 Abs. 7 BAO ausschlaggebend, ob ihn an einer Fehlberechnung (gemeint ist eine zu niedrige Berechnung) ein grobes Verschulden trifft. Dies wird beispielsweise nicht der Fall sein, wenn der Selbstberechnung eine vertretbare Rechtsansicht zugrunde liegt (Ritz, SWK 2001, S 338; ). War die Rechtsansicht unvertretbar, so ist dies für die Anwendung des § 217 Abs. 7 BAO nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit schädlich (Hinweis auf die Verwaltungsübung in RAE, Rz 975 und ).

Ein (grobes) Verschulden wird daher in der Regel nur dann zu verneinen sein, wenn der Abgabepflichtige der Selbstberechnung Rechtsprechung des VwGH oder des VfGH bzw. des EuGH (vgl. ), eine Rechtsauskunft der zuständigen Abgabenbehörde, eine Erlassmeinung des Bundesministeriums für Finanzen oder eine Rechtsauskunft eines Wirtschaftstreuhänders (Hinweis auf Kamhuber/Mühlberger/Pilz/Rathgeber, Abgabenordnung, 50) zugrunde legt, nicht aber dann, wenn ein steuerlich ungebildeter Steuerpflichtiger keine solche Erkundigungen einzieht, selbst eine Umsatzsteuer ausbucht und dies auch seinem steuerlichen Vertreter nicht mitteilt.

Wie schon oben und etwa auch in festgehalten, normiert § 217 Abs. 7 BAO einen Begünstigungstatbestand, welcher vom Antragsprinzip beherrscht wird. Dies bedeutet, dass der Grundsatz der Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund tritt. Die Antragstellerin hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen all jener Umstände aufzuzeigen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann.

Aus dieser erhöhten Behauptungs- und Beweislast der Antragswerberin folgt, dass es ihre Sache ist, ein fehlendes grobes Verschulden an der Säumnis aufzuzeigen. Über das Vorbringen der Beschwerdeführerin (Bf.) hinausgehende Feststellungen für eine nicht grob verschuldete verspätete Entrichtung der in Rede stehenden Abgabe sind daher nicht amtswegig zu tätigen (Hinweis auf ; , 99/13/0070; , 2003/13/0117). Keine Rolle spielt dabei, ob am Abgabenkonto ein Guthaben aufschien oder nicht.

c) Umsatzsteuerkorrektur

Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 UStG 1994 geändert, so hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag entsprechend zu berichtigen. Die Berichtigung ist für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung des Entgeltes eingetreten ist (§ 16 Abs. 1 Z 1 UStG 1994). Gem. § 16 Abs. 3 Z 1 UStG 1994 gilt das sinngemäß, wenn das Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung uneinbringlich geworden ist. Wird das Entgelt nachträglich vereinnahmt, so sind Steuerbetrag und Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen.

Auch wenn nicht abschließend geklärt sein dürfte, zu welchem Zeitpunkt das Entgelt tatsächlich "uneinbringlich" ist (vgl. und Achatz/Kirchmayr, taxlex 2023/29 unter Hinweis auf den Wortlaut des Gesetzes und BFH , V R 31/12; , V R 71/99), steht es außer Zweifel, dass die Umsatzsteuerkorrektur nur einmal durchgeführt werden darf.

d) Zusammenfassung

Aufgrund der erhöhten Mitwirkungspflicht der Bf. reduziert sich die Prüfung auf die Argumente, die von der Bf. dafür vorgebracht wurden, die Säumnis auf einem so minderen Grad des Versehens beruht, dass dies unschädlich ist.

Danach kam die "steuerlich ungebildete" Bf. gemeinsam mit ihrer steuerlichen Vertretung im Zuge der Erstellung der Umsatzsteuerjahreserklärung 2020 zum Schluss, dass die Uneinbringlichkeit einer Forderung schon 2020 vorlag und berichtigte die Umsatzsteuer deswegen. Dabei teilte die Bf. ihrem steuerlichen Vertreter offenbar nicht mit, dass sie selbst die Umsatzsteuer schon viele Monate vorher in einem Voranmeldungszeitraum im Jahr 2021 berichtigt hatte, was dazu führte, dass diese Berichtigung im Zuge des Jahresabschlusses 2021 durch den steuerlichen Vertreter wieder rückgängig gemacht werden musste. Das führte zur hier zu beurteilenden Säumnis.

Diese Vorgangsweise der Bf. übersteigt den Grad des Versehens, der für die Stattgabe eines Antrages auf Herab- bzw. Nichtfestsetzung unschädlich wäre, klar und ohne Zweifel. Dem Antrag gem. § 217 Abs. 7 BAO war deshalb nicht zu entsprechen und die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Da dies keine Ermessensentscheidung und davon unabhängig ist, ob dem Fiskus dadurch tatsächlich ein Schaden entstanden ist, war auf eine solche, ergänzende Prüfung zu verzichten.

Das Bundesfinanzgericht erlaubt sich den Hinweis, dass die Bf. mit ihrem Antrag auch dann nicht durchdringen würde, wenn der Fehler nicht bei ihr, sondern bei der steuerlichen Vertretung zu suchen wäre, weil diese etwa im Zuge des Jahresabschlusses 2020 nicht nachgefragt hätte, ob die Korrektur nicht schon durch die Bf. selbst durchgeführt wurde. Ein (grobes) Verschulden des Vertreters wäre wie oben dargestellt dem Verschulden des Vertretenen gleichzuhalten.

Ohne Berücksichtigung muss bei dieser Betrachtung bleiben, ob am Abgabenkonto ein Guthaben aufschien, was hier im Übrigen nicht durchgehend der Fall war.

3.2. Revision

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG).
Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Eine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, liegt im Allgemeinen dann nicht vor, wenn sich das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung auf einen eindeutigen Gesetzeswortlaut zu stützen vermag ( mit weiteren Nachweisen) bzw. die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl. mit vielen weiteren Nachweisen). Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch höchstgerichtliche Rechtsprechung ausreichend geklärt (siehe oben), nicht von grundsätzlicher Bedeutung oder die anzuwendenden Normen sind klar und eindeutig.

Damit liegt hier kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.6100165.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at