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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.09.2024, RV/2100046/2023

Umsatzbesteuerung von weiterverrechneten Roaminggebühren ausländischer Telekommunikationsunternehmen an ihre ausländischen Kunden

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/2100046/2023-RS1
wie RV/2100058/2023-RS1
Die vom EuGH getroffene Feststellung, die Telekom-VO BGBl. II Nr. 383/2003 idF BGBl. II Nr. 221/2009 entspreche dem Unionsrecht, hat auch im Lichte des Melbourne-Abkommens Gültigkeit.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Alois Pichler in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch BDO Assurance GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Am Belvedere 4, 1100 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Umsatzsteuer 2017 und Umsatzsteuer 2018, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO hinsichtlich der Umsatzsteuer für das Jahr 2017 teilweise Folge gegeben:
Die Umsatzsteuer für das Jahr 2017 wird mit einer Zahllast von € 2.485.244,91 festgesetzt.

II. Hinsichtlich der Umsatzsteuer für das Jahr 2018 wird der angefochtene Bescheid abgeändert.
Die Umsatzsteuer wird mit einer Zahllast von € 900.927,11 festgesetzt.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

In den genannten Bescheiden wurden Umsatzsteuerbeträge aus Vorsteuerminderungen gemäß § 16 UStG 1994 für gewährte Rabatte für die folgenden Veranlagungszeiträume festgesetzt:

In ihrer Begründung verwiesen sie darauf, dass die Festsetzung auf Grund gewährter Rabatte seitens der übermittelten A. Credit Note sowie auf Grund der Entscheidungen des Bundesfinanzgerichts vom , RV/2100108/2020 und RV/2100410/2019 vom sowie zwecks Verfahrensbeschleunigung erfolgte.

In ihrer Beschwerde vom (OZ. 3) wandte sich die Bf. gegen die oa. Festsetzungen und führte Folgendes aus:

"Die Bf. ist ein im Drittstaat ansässiger Unternehmer, der dort ein Mobilfunknetz betreibt und Telekommunikationsleistungen erbringt. Wenn Kunden von Bf. ihr Mobiltelefon in Österreich nutzen, so stellen die österreichischen Netzbetreiber Bf. dafür Roaminggebühren in Rechnung. Diese Telekommunikationsdienstleistungen gelten aufgrund von § 1 der VO BGBl II 2003/383 idgF als in Österreich ausgeführt und werden von den österreichischen Netzbetreibern daher mit österreichischer USt verrechnet.
Bf. ist aus derartigen Eingangsrechnungen grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt. Kommt es zur nachträglichen Gewährung von Preisnachlässen oder Rabatten, so ist ein in Anspruch genommener Vorsteuerabzug unstrittigerweise in jenem Zeitraum, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eintritt, zu berichtigen (§ 16 Abs. 1 Z 2 UStG).

1. Vorliegen von Entgeltsminderungen
Das Vorliegen der vom Finanzamt festgestellten Entgeltsminderungen ist unstrittig. Diese Rabatte führen jedoch zu keinen abgabenrechtlichen Auswirkungen (vgl. Pkt. 2.)

2. Keine abgabenrechtliche Relevanz von Entgeltsminderungen

Unser Klient hat weder für das Jahr 2016 noch für 2017 auf welche sich die gegenständlichen Rabatte beziehen, eine Vorsteuererstattung erhalten. Die gestellten Vorsteuererstattungsanträge wurden unmittelbar abgewiesen. Mangels gewährten Vorsteuerabzug(es) kann auch keine Vorsteuerberichtigung erforderlich sein, selbst wenn sich die Höhe der Vorsteuern aufgrund von Entgeltsminderungen verringert hat.

Da nur ein "in Anspruch genommener" Vorsteuerabzug gemäß § 16 Abs 1 Z 2 UStG zu korrigieren ist, hat unser Klient in den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen keine Vorsteuern zu berichtigen. Der gegenteiligen Ansicht des BFG in zwei zuletzt ergangenen Erkenntnissen (BFG, RV/2100108/2020; RV/2100410/2019) treten wir ausnachstehenden Gründen ausdrücklich entgegen:

Die vom BFG in den angeführten Verfahren vertretene Ansicht, wonach die theoretische Möglichkeit zur Geltendmachung eines Vorsteuerabzugs für das nachgelagerte Erfordernis einer Vorsteuerberichtigung bereits ausreichend und Letztere somit auch bei fehlendem ursprünglichen Vorsteuerabzug vorzunehmen sei, steht im Widerspruch zum Gesetzeswortlaut.

Hätte der österreichische Gesetzgeber ein derart weitreichendes Berichtigungserfordernis normieren wollen, so hätte es der Wortfolge "in Anspruch genommenen" in § 16 Abs 1 Z 2 UStG nicht bedurft. Nachdem sich diese Formulierung jedoch im Gesetzestext findet, muss ihr der Gesetzgeber substanzielle Bedeutung zumessen. Diese kann unseres Erachtens nur darin erblickt werden, dass der Gesetzgeber eine Akzessorietät zwischen einem geltend gemachten Vorsteuerabzug und dem Erfordernis einer Vorsteuerberichtigung herstellen1 und Letztere somit nur für den Fall, dass der ursprüngliche Vorsteuerabzug durch den Leistungsempfänger(zumindest partiell) erfolgreich geltend gemacht wurde, anordnen wollte.

Fußnoten:
1 Vgl zum systematischen Gleichlauf zwischen Berichtigung der Umsatzsteuerschuld und Berichtigung des Vorsteuerabzugs
83/15/0177; , 86/15/0012; Ruppe/Achatz, Umsatzsteuergesetz: Kommentar (5. Auflage 2017) § 16 Tz 64; Kokon, Das Steuerrecht der Europäischen Union (2018) § 8 Rn 563; Kanduth-Kristen in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-ON3 01 § 16 Tz 3; UStR 2000 Rz 2381. Vgl zum Erfordernis einer kohärenten Ausdeutung derkorrespondierenden Bestimmungen der MwStSystRL C-396/16, T-2, Rn 35.

Dieses Ergebnis einer Wortinterpretation wird auch durch eine systematische und teleologische Interpretation des § 16 Abs 1 Z 2 UStG gestützt: § 16 UStG stellt sicher, dass entsprechend dem Charakter der Umsatzsteuer als Einkommens- bzw Vermögensverwendungssteuer2 (nur) jener Betrag der Umsatzsteuer unterworfen wird, den der Abnehmer tatsächlich aufwenden muss,2 3 der also den tatsächlichen Kosten der Erstellung der Ausgangsleistung entspricht.4 Spiegelbildlich zwingt § 16 UStG den Leistungsempfänger zur Anpassung seines Vorsteuerabzugsauf die Höhe des vom leistenden Unternehmer letztlich (nach erfolgter Entgeltsänderung) geschuldeten Umsatzsteuerbetrags, nachdem er einen Vorsteuerabzug vor dem Hintergrund der steuerlichen Neutralität der Mehrwertsteuer (maximal) in jener Höhe geltend machen kann, der seine effektive Umsatzsteuerbelastung widerspiegelt.5
Hat der Leistungsempfänger demgegenüber keinen (oder einen unter dem vom Leistenden nach erfolgter Entgeltsänderung geschuldeten Umsatzsteuerbetrag liegenden
6) Vorsteuerabzug geltend gemacht, so bedarf es auch keiner Berichtigung des Vorsteuerabzugs, um das vom Gesetzgeber intendierte und systematisch gebotene Ergebnis herbeizuführen. § 16 Abs 1 Z 2 UStG ist daher aus systematischer und teleologischer Perspektive die Bedeutung beizumessen, dass er eine Deckelung des Vorsteuerabzugs mit dem vom leistenden Unternehmer letztlich geschuldeten Umsatzsteuerbetrag vorsieht. Demgegenüber kann aus § 16 Abs 1 Z 2 UStG kein von einemetwaigen vorgelagerten Vorsteuerabzug entkoppeltes originäres Besteuerungsrecht gegenüberdem Leistungsempfänger abgeleitet werden. Ein solches Verständnis des § 16 Abs 1 Z 2 UStGwürde außerdem den Feststellungen des EuGH in der Rs Lennartz7 zur systematisch ähnlichen Vorsteuerberichtigung bei Investitionsgütern (S 12 Abs 10 UStG) zuwiderlaufen8 und somit in Konflikt mit den unionsrechtlichen Vorgaben stehen.9

Fußnoten:

2 Vgl zB Tipke, Die Steuerrechtsordnung II (2. Auflage 2003) 976; Ruppe/Achatz, UStG5 Einführung Tz 36; Ehrke-Rabel in Doralt/Ruppe, Steuerrecht II (8. Auflage 2019) Tz 200; Van Doesum/Van Kesteren/Cornielje/Nellen, Fundamentals of EU VAT Law (2. Auflage 2020) 7; Englisch in Tipke/Lang, Steuerrecht (24. Auflage 2021) Rz 17.11.
3 Vgl zB , Naturally Yours Cosmetics, Rn 16; , C-317/94, Elida Gibbs, Rn 28; , C-330/95, Goldsmiths, Rn 15; , C-427/98, Kommission/Deutschland, Rn 30. Siehe auch Scheiner/Kolacny/Caganek in Ecker/Epply/Rößler/Schwab (Hrsg), Mehrwertsteuer: Kommentar (34. Lfg, Juli 2012) § 16 Anm 12; Ruppe/Achatz, UStG
5 § 16 Tz 4; Gaedke inMelhardt/Tumpel, UStG3 § 16 Rz 5.
4 Vgl in diesem Sinne Kokott, Steuerrecht der EU, § 8 Rn 561; Englisch in Tipke/Lang, Steuerrecht24 Rz 17.286.
5 Vgl auch
C-186/15, Kreissparkasse Wiedenbrück, Rn 47; , C-532/16, SEB bankas, Rn 37 f; , C-684/18, World Comm Trading Gfz, Rn 34. In diese Richtung auch UStR 2000 Rz 2381, gemäß derer nur "den Leistungsempfänger, der ganz oder teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt ist", die Verpflichtung zur Vorsteuerberichtigung trifft. Die Vorsteuerberichtigung hat bei Vorliegen der Voraussetzungen unabhängig von einer etwaigen Umsatzsteuerkorrektur beim Leistungsempfänger zu erfolgen; vgl C-107/13, FIRIN, Rn 57; , C-684/18, World Comm Trading Gfz, Rn 41.
6 Letztlich handelt es sich beim Vorsteuerabzug um ein Recht des unternehmerischen
Leistungsempfängers; somit kann er, muss aber nicht die auf Vorleistungen entfallende Umsatzsteuer(vollumfänglich) abziehen; in diesem Sinne auch Ruppe/Achatz, UStG5 § 16 Tz 63. Vgl auch den diesbezüglich präziseren Wortlaut des § 17 Abs 1 dUStG, dem gemäß ein Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug nicht zu berichtigen hat, "soweit er durch die Änderung der Bemessungsgrundlage wirtschaftlich nicht begünstigt wird".
7 , Lennartz.
8 Vgl
C-97/90, Lennartz, Rn 12, wo der EuGH dezidiert festgehalten hat, dass Art 20 Abs 2 der Sechsten Richtlinie (entspricht Art 187 MwStSystRL) kein Recht auf Vorsteuerabzug entstehen lassen kann; in diesem Sinne auch C-378/02, Waterschap Zeeuws Viaanderen, Rn 38.
9 So wie hier (zur einschlägigen unionsrechtlichen Bestimmung des Art 184 MwStSystRL) Van Doesum/Van Kesteren/Cornielje/Nellen, Fundamentals of EU VAT Law2 450: "Neither does
Article 184 VAT Directive cover situations in which the taxable person did not reclaim any input VAT; even though he has a right to do so".

Die Rechtsprechung des BFG steht zudem im Widerspruch zu jener bei Vorsteuerberichtigungengemäß § 12 Abs 10 ff UStG: Bei diesen stellen sich aus systematischer Sicht ähnliche Fragen wie im Kontext des § 16 Abs 1 Z 2 UStG.10 Nach § 12 Abs 10 ff UStG ist ein in Vorjahren geltend gemachter Vorsteuerabzug zu korrigieren, wenn sich die für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse ändern. Typischer Anwendungsfall ist die spätere (ggf partielle) Nutzung eines Gegenstandes, für den ursprünglich ein voller Vorsteuerabzug geltend gemacht wurde, für unecht steuerbefreite Umsätze (negative Vorsteuerberichtigung) und vice versa (positive Vorsteuerberichtigung).11

Ein Vergleich der Wortlaute des § 12 Abs 10 UStG und § 16 Abs 1 Z 2 UStG zeigt, dass der Gesetzgeber für Zwecke des § 12 Abs 10 UStG in allgemeingültiger Weise eine "Berichtigung des Vorsteuerabzugs" vorschreibt. Anders als im Kontext des § 16 Abs 1 Z 2 UStG wird daher expresses verbis nicht verlangt, dass der Vorsteuerabzug ursprünglich "in Anspruch genommen" wurde. Trotz dieses vermeintlich weitergehenden Berichtigungserfordernisses haben sich Literatur, Verwaltungspraxis und Rechtsprechung zu § 12 Abs 10 UStG eindeutig positioniert: Ist ein an sich möglicher Vorsteuerabzug (aus welchen Gründen auch immer) unterblieben und ändern sich nachträglich die Verhältnisse, so hat eine (negative) Vorsteuerberichtigung zu unterbleiben. Es widerspräche nämlich sowohl dem Gesetzeswortlaut - der vom "Ausgleich durch eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs" spricht12 - als auch dem Zweck der Vorschrift - Anpassung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs für den Leistungsbezug entsprechend den Verwendungsverhältnissen im gesamten Berichtigungszeitraum zurückzufordern, die zuvor nicht abgezogen wurde.13

Fußnoten:
10 Dies zeigt sich bereits anhand der Notwendigkeit einer Definition des Verhältnisses zwischen § 12 Abs 10 ff und § 16 Abs 1 UStG. Sollten die Voraussetzungen beider Berichtigungsvorschriften erfüllt sein, so geht § 16 Abs 1 UStG dem § 12 Abs 10 ff UStG vor (dh Berechnung der ggf aliquoten Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs 10 ff UStG auf Grundlage der adaptierten Bemessungsgrundlage); vgl hierzu Ruppe/Achatz, UStG
5 § 16 Tz 5; Kanduth-Kristen in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-ON301 § 16 Tz 8. So wie hier Kokott, Steuerrecht der EU, § 8 Rn 564, und wohl auch Van Doesum/Van Kesteren/Cornielje/Nelien, Fundamentals of EU VAT Law2 449.
11 Für Gegenstände, die als Anlagevermögen verwendet oder genutzt werden, erfolgt die Berichtigung zeitanteilig über den jeweils maßgeblichen Berichtigungszeitraum (5,10 oder 20 Jahre; vgl § 12 Abs 10 UStG). Bei Gegenständen des Umlaufvermögens, noch nicht in Gebrauch stehenden Anlagegegenständen und sonstigen Leistungen ist die Vorsteuer zeitlich unbeschränkt und zur Gänze im Veranlagungszeitraum, in dem die Änderung eintritt, zu berichtigen (vgl § 12 Abs 11 UStG). Bei sonstigen Leistungen unterbleibt eine Berichtigung aber, wenn deren Wert bereits vollständig verbraucht wurde; vgl verb Rs C-322/99 und C-232/99, Fischer, Rn 91 f; vgl auch Kuppe/Achatz, UStG5 § 12 Tz 326; Ehrke-Rabel in Doralt/Ruppe, Steuerrecht IIs Tz 2481; Kanduth-Kristen/Payerer in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig (Hrsg), UStG-ON3 02 (Stand , rdb.at) § 12 Rz 446.
12 Sofern ursprünglich kein Vorsteuerabzug vorgenommen wurde, bedarf es keines "Ausgleiches".
13 Vgl Ruppe/Achatz, UStG
5 § 12 Tz 304; Kanduth-Kristen/Payerer in Berger/Bürgler/Kanduth- Kristen/Wakounig, UStG-ON3 02 § 12 Rz 390 f und 431; Ecker/Epply/Rößler/Schwab, Mehrwertsteuer Kommentar62 § 12 Rz 577; Kollmann in Melhardt/Tumpel, UStG3 § 12 Tz 492; RV/0634-G/06 (hierzu Fink, Unterlassung der Geltendmachung des Vorsteuerabzugs - kein Anwendungsfall der Berichtigung, UFSjournal 2009, 139 [139 ff]); UStR 2000 Rz 2078.

Angesichts der vergleichbar gelagerten Normzwecke (der Herstellung eines Vorsteuerabzugs in richtiger - keinesfalls jedoch in überschießender - Höhe) wäre es nicht nachvollziehbar, warum für § 12 Abs. 10 UStG diesbezüglich andere Grundsätze als für § 16 Abs 1 Z 2 UStG zur Anwendung gelangen sollten. Nachdem § 16 Abs 1 Z 2 UStG - anders als § 12 Abs 10 UStG - ausdrücklich auf die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs Bezug nimmt, muss für dessen Zwecke vielmehr erst recht Voraussetzung für eine Vorsteuerberichtigung sein, dass ursprünglich ein Vorsteuerabzug vorgenommen wurde.

Die Festsetzung von Vorsteuerberichtigungen für die Jahre 2017 und 2018 erweist sich daher als rechtswidrig.Sollte das BFG die Ansicht vertreten, dass entgegen den vorstehenden Ausführungen eine Vorsteuerkorrektur vorzunehmen ist, so regen wir an, dem Europäischen Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:
- Ist
Artikel 183 der RL 2006/112/EG dahingehend auszulegen, dass der Steuerpflichtige auch dann zur Berichtigung eines Vorsteuerabzugs verpflichtet ist, wenn er im Jahr des Leistungsbezugs keinen Vorsteuerabzug in Anspruch genommen hat und sich das Entgelt für den Eingangsumsatz in einem späteren Jahr nachträglich verringert?

Das Erfordernis einer Vorsteuerberichtigung im gegenständlichen Fall steht uE im Widerspruch zur vorstehend dargestellten Rechtsprechung des EuGH sowie zur Neutralität der MWSt in der Unternehmerkette als tragendem europarechtlichen Grundsatz der Mehrwertsteuer. Eine abschließende Klärung dieser Rechtsfrage kann nur durch den Europäischen Gerichtshof als in Umsatzsteuerangelegenheiten zuständigem Höchstgericht erfolgen. Eine rasche höchstgerichtliche Klärung dieser Rechtsfrage und damit eine Vorlage durch das Bundesfinanzgericht wäre auch im Sinne der Verfahrenseffizienz gelegen, da sich die gleiche Rechtsfrage derzeit in einer Vielzahl gleichgelagerter Verfahren stellt, welche bereits gerichtsanhängig sind oder in naher Zukunft sein werden.

3. Verfahrensrechtliche Aspekte
Die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2017 und 2018 sind bereits deshalb verfahrensrechtlich rechtswidrig, weil hinsichtlich dieser Veranlagungszeiträume bereits (abweisende) Bescheide im Vorsteuer-Erstattungsverfahren ergangen sind. Es wurde jedoch nunmehr weder eine Wiederaufnahme des Verfahrens verfügt noch die Rechtskraft dieser Bescheide aus anderen Gründen durchbrochen. Soweit das Finanzamt die Ansicht vertritt, dass keine umsatzsteuerpflichtigen Ausgangsumsätze vorliegen, jedoch den Vorsteuerabzug kürzende Entgeltsminderungen vorliegen, wäre über derartige Entgeltsminderungen eines ausländischen Unternehmers aber ausschließlich im Vorsteuererstattungsverfahren abzusprechen. Gesonderte Festsetzungsbescheide hinsichtlich der Entgeltsminderungen, welche neben die Vorsteuererstattungsbescheide treten, sind dagegen unzulässig (
RV/2100143/2020; Haller, SWK 2020, 743).
Wir beantragen daher auch aus diesem Grund die ersatzlose Aufhebung der gegenständlichen Bescheide.

4. Bescheid über die Festsetzung ersten Säumniszuschlägen

Die festgesetzten Säumniszuschläge beziehen sich auf die Umsatzsteuerbescheide 2017 und 2018. Die Festsetzung von Umsatzsteuer für 2017 und 2018 erweist sich allerdings als rechtswidrig (siehe Punkt 2. Und 3.). Daraus ergibt sich, dass die Festsetzung von Säumniszuschlägen bezüglich dieser Bescheide jedenfalls rechtswidrig ist.
Entsprechend der obenstehenden Ausführungen beantragen wir daher eine ersatzlose Aufhebung des verfahrensgegenständlichen Bescheides über die Festsetzung von Säumniszuschlägen bezüglich der Umsatzsteuer 2017 und 2018.

5. Antrag auf Aussetzung der Einhebung

Wir beantragen eine Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO iHv insgesamt EUR 4.137.622,23 resultierend aus den nachstehend angeführten Bescheiden (alle Beträge in EUR):

…"

Mit Beschwerdevorentscheidung vom (OZ. 4, 5) wurden auf Grund der Beschwerden die Bescheide vom abgeändert und die Abgaben neu festgesetzt:

In der Begründung wurde Folgendes ausgeführt:
"In der Beschwerde vom wird die ersatzlose Aufhebung der Bescheide beantragt; die festgestellten Entgeltsminderungen seien unstrittig, würden jedoch zu keinen abgabenrechtlichen Auswirkungen führen. Weiters seien die Umsatzsteuerbescheide 2017 und 2018 verfahrensrechtlich rechtswidrig, da bereits abweisende Bescheide im Vorsteuer-Erstattungsverfahren ergangen seien.
Die Erledigung weicht von Ihrem Begehren aus folgenden Gründen ab:
Die Firma Beschwerdeführerin (Bf.) ist ein in einem Drittland ansässiger Mobilfunkbetreiber. Sie verfügt in Österreich über keinen Sitz und keine Betriebsstätte. Sie beantragte für die Zeiträume 2017 (EUR 1.136.390,31) und 2018 (EUR 170.572,19) mittels U5 die Erstattung von Vorsteuern. Diese Vorsteuern resultieren aus Rechnungen österreichischer Mobiltelefonnetz-Betreiber (Provider) und betreffen die Verrechnung bzw. Abrechnung von Roaminggebühren. Inhalt dieser Roamingleistungen ist die Zurverfügungstellung des österreichischen Mobiltelefonnetzes des jeweiligen österreichischen Providers an das geprüfte Unternehmen zur Nutzung durch dessen Kunden.
Der TADIG (Transferred Account Data Interchange Group) Code dient der eindeutigen Identifizierung von Netzwerk-Operatoren in einem mobilen (GSM) Netzwerk und wird für Zwecke von Roaming-Abrechnungen benötigt. TADIG-Codes haben eine Länge von 5 Zeichen.
Die ersten drei Zeichen repräsentieren den Ländercode. Die anschließenden zwei Zeichen identifizieren die Gesellschaft in diesem Land. Der Gesellschaft ist der TADIG-Code Axxxx zugeordnet.
In den Erstbescheiden wurde ua. auf das BFG-Erkenntnis vom , RV/2100108/2020, verwiesen, wonach die Pflicht zur Berichtigung von Vorsteuern infolge Minderung des Entgelts in- und ausländische Unternehmer trifft und die Tatsache, dass für Zeiträume, in denen
Vorsteuern in Rechnung gestellt wurden, keine Erstattungsanträge eingereicht bzw. Vorsteuererstattungen gewährt wurden, unbeachtlich sei. Durch die Inanspruchnahme inländischer Roamingleistungen (Vorsteuerabzug) sei davon auszugehen, dass Inlandsumsätze aus der Zurverfügungstellung des inländischen Mobiltelefonnetzes an ausländische Kunden erzielt wurden.
Es ist auch im ggstl. Fall davon auszugehen, dass die Bf. grundsätzlich auch für die bezugnehmenden Zeiträume der Rabattgutschriften steuerbare und steuerpflichtige Umsätze ausgeführt hat.
Der in diesem Zusammenhang von der Bf. erhobene Einwand "kein Vorliegen von umsatzsteuerlich relevanten Entgeltsminderungen", dh die Bf. sei zur Berichtigung der Vorsteuern nicht weiter verpflichtet, weil
§ 16 Abs. 1 Z 2 UStG 1994 zu entnehmen sei, der Leistungsempfänger habe nur "einen in Anspruch genommenen" Vorsteuerabzug zu berichtigen und dies sei im ggstl. Fall nicht gegeben, erscheint auf erstem Blick verständlich, hält aber einer genaueren Betrachtung nicht Stand.
Auch wenn die Bf. für die Jahre 2016ff keine Vorsteuer/Vergütungen ausbezahlt erhalten hat,
ist dennoch von einer Inanspruchnahme des Vorsteuerabzuges für die bezogenen Leistungen auszugehen. Wie bereits oben erwähnt - erzielt die Bf. nach rechtsrichtiger steuerlicher Beurteilung steuerbare und steuerpflichtige Umsätze - auch wenn dies in der Vergangenheit mangels Einreichung von Umsatzsteuererklärungen oder Erstattungsanträgen nicht zur Versteuerung gelangt ist. Gedanklich ändert dies an der Nichteinreichung von Erstattungsanträgen oder Umsatzsteuererklärungen nichts, da entsprechende Steuertatbestände verwirklicht wurden. Aus dieser Vorgangsweise ist daher zumindest anzunehmen, dass den Vorsteuern von inländischen Leistungsbezügen (Roaminggebühren inländischer Telekommunikationsbetreiber) eine gedanklich anzusetzende Leistungsumsatzsteuer zumindest in gleicher Höhe gegenüberstand und somit eine Steuerschuld von Null ergibt.
Ob eine entsprechende Gewinnmarge aus den weiterverrechneten Roaminggebühren erzielt wurde, konnte mangels entsprechender Offenlegung nicht festgestellt werden - die Erzielung eines Rohverlustes aus der Verrechnung von Roaminggebühren ist nach allgemeiner Lebenserfahrung jedoch nicht anzunehmen und (zumindest) von einem dem Vorsteuerabzug gegenüber zu stellenden Ausgangsumsatz auszugehen; vgl.
§ 22 Abs. 1 UStG 1994 (Besteuerung von Umsätzen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe - Annahme: Umsätze und Vorsteuern in gleicher Höhe; die mit diesen Umsätzen zusammenhängenden Vorsteuern werden nicht exakt erfasst, sondern stets in gleicher Höhe festgesetzt und da durch die automatische Äquivalenz von eigener Steuerschuld und Vorsteuern weder eine Zahllast noch ein Überschuss entstehen kann, entfällt die Notwendigkeit der Ermittlung der Steuer und ihrer Berechnungsgrundlagen).
Auch Unternehmer, deren Umsatzsteuer im Wege der Pauschalbesteuerung erhoben wird, sind grundsätzlich als vorsteuerabzugsberechtigt anzusehen. Die Vorsteuerabzugsberechtigung ist (bei oa. Land- und Forstwirten ebenso wie) bei der Bf. gegeben, weshalb davon auszugehen ist, dass die Bf. de facto den Vorsteuerabzug in der Weise in Anspruch genommen hat, als sie die Vorsteuern von der angefallenen Leistungsumsatzsteuer in Abzug brachte, deren Ergebnis einen Saldo von Null ergibt.
Sohin treffen die Bf. jedenfalls auch die entsprechenden Pflichten zur Berichtigung des Vorsteuerabzuges aus der nachträglichen Minderung des Entgelts (§§ 4,16 UStG 1994).
Die Firma Bf. hat - Rechtslage ab - in Österreich steuerbare und steuerpflichtige Leistungen, die das Erstattungsverfahren ausschließen, dh. ihre Umsätze im allgemeinen Umsatzsteuerveranlagungsverfahren zu erklären (
§ 21 Abs. 4 UStG 1994) und bekommt auch (nur) dort die Vorsteuern aus der Rechnung des österr. Netzbetreibers. Eine Umsatzsteuervoranmeldung/ -erklärung unter Berücksichtigung des Gewinnaufschlags bzw. erhaltener Rabatte wäre abzugeben gewesen.

Dass es im Ansässigkeitsstaat des Unternehmens überhaupt zu einer Besteuerung kommt, wurde im Verfahren weder behauptet noch nachgewiesen. Damit ist evident, dass keine vergleichbare Steuerbelastung zu der in Österreich mit 20% bestehend existiert. Auf die VwGH- Erkenntnisse v. Ro2016/15/0038 und Ro2016/15/0035, wonach die VO BGBl. II Nr. 383/2003 idF BGBl. II Nr. 221/2009 in Art. 59a MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG ihre unionsrechtliche Deckung findet, sowie die abweislichen BFG-Erkenntnisse GZ. RV/2101660/2015 v. und GZ. RV/2100943/2016, GZ. RV/2100365/2016 und GZ. RV/2100832/2016 v. , GZ. RV/2101050/2018 v. bzw. GZ. RV/2100831/2016 v. und GZ. RV/2100826/2016 v. wird verwiesen.
Weiters wird auf das EuGH Urteil C-593/19 v sowie VwGH v , Ra 2019/15/0009 und 2019/15/0010 v Ro 2019/15/0011-7 (vgl. auch BFG v , RV/2101058/2018, BFG v , RV/2100357/2019, BFG v , RV/2100114/2020) verwiesen. Die Roamingleistungen stellen Umsätze iSd § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 und
Art. 1 UStG 1994 im Inland dar, die die Anwendung der Verordnung BGBl. Nr. 279/1995 in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. II Nr. 222/2009, "mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmen geschaffen wird", ausschließen.
Die Voraussetzungen für vereinfachte Vorsteuererstattungsverfahren gemäß der Verordnung des Bundesministers für Finanzen,
BGBl. Nr. 279/1995 liegen sohin nicht vor; es kommt daher zu einer (Erst-)Veranlagung der Umsatzsteuer für die Jahre 2017 und 2018.
Das Unternehmen hat es unterlassen, dem Finanzamt Umsätze in Österreich durch die Abgabe von Umsatzsteuerveranlagungserklärungen (U1) zu erklären.
Die Umsatzsteuererklärung ist bis 30. April des Folgejahres bzw. bei elektronischer Übermittlung über Finanzonline bis 30. Juni des Folgejahres einzureichen (
§ 134 Abs. 1 BAO).
Gemäß
§ 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
Ist eine Schätzung grundsätzlich zulässig, so steht die Wahl der anzuwendenden Schätzungsmethode der Abgabenbehörde im Allgemeinen frei, doch muss das Schätzungsverfahren einwandfrei durchgeführt werden, müssen die zum Schätzungsergebnis führenden Gedankengänge schlüssig und folgerichtig sein, und muss das Ergebnis, das in der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen besteht, mit der Lebenserfahrung im Einklang stehen.
Das gewählte Verfahren muss stets auf das Ziel gerichtet sein, diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, die die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben. Ziel einer Schätzung ist es, den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen, wobei jeder Schätzung eine gewisse Ungenauigkeit immanent ist und, wer zur Schätzung Anlass gibt, die mit der Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen muss.
Da die in Österreich erbrachten Leistungen vom geprüften Unternehmen nicht offengelegt wurden, waren diese zu schätzen.
Als Grundlage für die Schätzung der in Österreich ausgeführten Umsätze werden nunmehr die Eingangsrechnungen von den österreichischen Telekomanbietern ohne Berücksichtigung nachträglich gewährter Gutschriften bzw. Rabatte herangezogen. Dadurch erhält man die
Umsätze auf der "Vorleistungsebene", also die Preise, die sich die Netzbetreiber untereinander in Rechnung stellen. Den Grundsätzen eines ökonomisch denkenden Kaufmanns folgend, ist darüber hinaus noch ein Gewinnaufschlag zu berücksichtigen, der den Mobilfunknetz- Teilnehmern (weiter)verrechnet wird. Dies auch deswegen, da jeder Unternehmer bzw. jeder gesellschaftsrechtliche Vertreter einer Kapitalgesellschaft nach Gewinnen streben muss, um das "Überleben" des Betriebes zu gewährleisten. Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens wurden Roaminggebühren wiederholt als weitaus überhöht kritisiert(Konsumentenschutzorganisationen). Ab dürfen Netzanbieter aus der EU bzw. dem EWR ihren Kunden für die Mobilfunknutzung im EU/EWR-Raum keine Roamingzuschläge mehr in Rechnung stellen. Dies betrifft jedoch nicht die Telekommunikationsfirmen in den Drittstaaten und werden dort die hohen Telefongebühren/ Roamingaufschläge weiterhin an (deren) Kunden verrechnet.
Die (vormals) beantragten Vorsteuern wurden im USt-Veranlagungsverfahren nun gewährt (2017: EUR 1.136.390,31 bzw. 2018: EUR 170.572,19 - vgl. Berechnungsblg).
Hinsichtlich des (nunmehr) äußerst geringen ho. angewandten 30%igen Gewinnaufschlags wird auf eine Gebühreninfo, zB als Drittlandsvergleich im M.-Netz verwiesen, wonach in der EU nach Fair Use bzw. im Drittland im Land und nach Österreich folgende Preise gelten:


Für die Preisgestaltung und die Schätzung des Gewinnaufschlags hinsichtlich der Auslandstarife sind die (ungekürzten) Eingangsrechnungen die der Realität entsprechende, richtige Basis und war in eventu sogar diese missbräuchliche Preisgestaltung der Anlass für die EU, die Preise im EU-Binnenmarktgebiet (Fair Use, danach oa. Gebühren) zu regulieren.
Zur ho. Schätzungsbefugnis bzw. ermittelter Bemessungsgrundlagen mangels Mitwirkung (vgl. dazu auch abweisl. U5-Begründungen mit jew. Hinweis auf die U-Veranlagungspflicht) bzw. betreffend ev. ausgangsseitiger § 19 UStG/ Reverse-Charge-Umsätze an unternehmerische Leistungsempfänger wird bemerkt, dass solche weder erwähnt/namentlich genannt, noch nachgewiesen wurde(n) und eine ho. Überprüfung der USt-Abfuhr, insbesondere und möglicherweise im Falle nicht vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer, nicht möglich ist.

Nach Ansicht des ho. Finanzamtes erscheint daher unter Berücksichtigung aller Umstände ein Gewinnzuschlag von 30% - im unteren Bereich - als angemessen. Der auf diese Art ermittelte Inlandsumsatz ist mit 20 % zu versteuern. Die zahlenmäßige Darstellung der Berechnung ist der Beilage zu entnehmen.
Rabatte sind Preisnachlässe, die der Unternehmer dem Abnehmer auf den allgemeinen Preis gewährt. Nach dem Motiv der Rabattgewährung sind Mengenrabatte, Einführungsrabatte, Treuerabatte, Barzahlungsrabatte etc zu unterscheiden. Unter dem Aspekt des
§ 16 UStG 1994 sind nur jene Rabatte von Bedeutung, die nachträglich gewährt oder in Anspruch genommen werden. Rabatte führen zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage. Wurde der Rabatt von vornherein zugesagt, so ist die Entgeltsminderung doch erst eingetreten, wenn der Rabatt in Anspruch genommen wird ( 96/15/0229, ÖStZB 1999, 96). Gleiches gilt, wenn der Rabattaufeinem gesonderten Konto gutgeschrieben wird; in diesem Fall ist die Minderung der Bemessungsgrundlage nicht im Zeitpunkt der Gutschrift, sondern erst dann zu berücksichtigen, wenn sich der Kunde den Rabatt auszahlen lässt oder in anderer Weise darüber verfügt ( C-86/99 "Freemans", Slg 1-4167; ebenso UStR Rz 2386 idF AÖF 56/2009).
Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 geändert, so hat gemäß
§ 16 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Die Berichtigungen sind für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung des Entgelts eingetreten ist. Diese Vorschrift soll sicherstellen, dass letztlich nur die tatsächlich erhaltene Gegenleistung der Umsatzsteuer unterliegt. Der Tatbestand des § 16 Abs. 1 leg.cit. ist daher erfüllt, wenn sich die Gegenleistung, die der Abnehmer (oder ein Dritter für die Leistung an den Abnehmer) aufzuwenden hat, nachträglich verändert ( 98/15/0127).
Die Bemessungsgrundlage bestimmt sich nach
§ 4 UStG 1994 und ist bei Lieferungen undsonstigen Leistungen im Entgelt zu sehen (Abs. 1). Entgelt ist alles, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufzuwenden hat, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten. Maßgebend für die Höhe des Entgelts ist, was der Leistungsempfänger vereinbarungsgemäß für die Leistung aufwendet. Dem entspricht, dass die zunächst maßgebende vereinbarte Bemessungsgrundlage durch eine nachträgliche Vereinbarung mit umsatzsteuerrechtlicher Wirkung verändert (erhöht oder ermäßigt) werden kann, und dass die Leistung des Unternehmers letzten Endes nur mit der Bemessungsgrundlage besteuert wird, die sich auf Grund der von ihm wirklich vereinnahmten Gegenleistung ergibt (BFH , V R 72/01; , V R 37/98).
Gewährte Rabatte führen zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage im Sinne des
§ 16 Abs. 1 UStG 1994 und lösen eine Verpflichtung des Leistungsempfängers zur Vorsteuerkorrektur aus (vgl. 2009/13/0254). Grundlage für die Berichtigung des Entgelts ist jeweils der Minderungs-(Erhöhungs-)Betrag und der Steuersatz, dem der betreffende Umsatz unterzogen wurde. Die Berichtigung hat jeweils für den Veranlagungszeitraum (Voranmeldungszeitraum) zu erfolgen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist; d.h. Nachträgliche Rabattierungen/ "rückwirkende Mengenrabatte"/ "Discounts" stellen eine Änderung der Bemessungsgrundlage iSd § 16 UStG 1994 dar und sind (immer) in UVAs ex nunc (Kz 067) zu erfassen/ entrichten (Fälligkeit). § 11 UStG 1994 findet hier keine Anwendung - dh eine ordnungsgemäße Rechnung ist hier nicht erforderlich.
Die Rabattzahlen bzw. das Vorliegen der festgestellten Entgeltsminderungen 2017 und 2018
sind/ist unstrittig; auf die anher übermittelte A.-Credit Note Nr. 2516599572 vom (Total Amount EUR 19.720.054,62, EUR 3.286.675,77 USt) sowie Nr. xxx1712IC vom (Total EUR 4.618.899,66, USt EUR 769.816,61) wird verwiesen.
Abschließend/ergänzend bemerkt wird:
Mit den Bescheiden über die Erstattung der Vorsteuern (U5) und den Umsatzsteuerbescheiden wird nicht über dieselbe Rechtssache abgesprochen, selbst wenn diese denselben Zeitraum betreffen, dh im Vorsteuererstattungsbescheid wird nicht über die gesamten umsatzsteuerlichen Aktivitäten für einen bestimmten Zeitraum abgesprochen.
Im Beschwerdefall hat die Bf. keine Umsätze bekannt gegeben - eine Schätzung war vorzunehmen.
Ziel der Schätzung ist, den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen. Jeder Schätzung ist eine gewisse Ungenauigkeit immanent. Wer zur Schätzung Anlass gibt und bei der Ermittlung der materiellen Wahrheit nicht entsprechend mitwirkt, muss die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen.
Die Wahl der Schätzungsmethode steht der Abgabenbehörde grundsätzlich frei. Es ist jene Methode (allenfalls mehrere Methoden kombiniert) zu wählen, die im Einzelfall zur Erreichung des Zieles, den tatsächlichen Gegebenheiten (der tatsächlichen Besteuerungsgrundlage) möglichst nahe zu kommen, am geeignetsten erscheint (
Ra 2019/13/0118 unter Verweis auf Ritz, BA03, § 184 Tz 3 und 12).
Im ggstl. Fall erscheint die gewählte Gewinnaufschlag-Methode geeignet zu sein, den tatsächlichen Gegebenheiten nahe zu kommen, da die Bf. außer den Roaminggebühren keine Kosten im Inland hat und die Roaminggebühren unstrittig an ihre Kunden weiterverrechnet. Dass Unternehmer Kosten mit Aufschlag weiterverrechnen, liegt in der Natur des Unternehmers, der ja bestrebt ist, Gewinne (Überschüsse) zu erzielen.
Die Schätzung der Umsätze war für die Jahre 2017 und 2018 geboten und wurde die Schätzung so vorgenommen, dass sie den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahekommt.
Im Übrigen wird auf BFG
RV/2100130/2020 vom , RV/2100108/2020 vom bzw. RV/2100084/2020 vom verwiesen.
Die Beschwerde ist als daher unbegründet abzuweisen/ die abgeänderten Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen.
…"

Gegen diese Beschwerdevorentscheidung brachte die Bf. den Vorlageantrag vom (OZ. 7) ein und führte Folgendes aus:

" …
Unter Berufung auf die uns erteilte Vollmacht beantragen wir im Namen unseres oa Mandanten gem.
§ 264 Abs 1 BAO innerhalb offener Frist die Vorlage unserer Beschwerde vom gegen den
- Umsatzsatzsteuerbescheid 2017 vom (nunmehr geändert durch Beschwerdevorentscheidung vom ), und gegen den
- Umsatzsatzsteuerbescheid 2018 vom (nunmehr geändert durch Beschwerdevorentscheidung vom ),
welche durch die Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen wurde, an das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag).
Wir beantragen die ersatzlose Aufhebung, in eventu eine Abänderung der gegenständlichen Bescheide entsprechend den nachstehenden Ausführungen.
Der Vollständigkeit halber weisen wir darauf hin, dass sich die Beschwerde vom auch gegen die Festsetzung von korrespondierenden ersten Säumniszuschlägen gerichtet hat.
Diesbezüglich ist noch keine Beschwerdevorentscheidung ergangen und die Beschwerde daher unerledigt.
Begründung:
Zur Begründung dieses Vorlageantrages wird einleitend auf die Beschwerde vom verwiesen, da die dortigen Ausführungen vollinhaltlich aufrechterhalten werden.

Da das Finanzamt in seiner Beschwerdevorentscheidung vom nunmehr abweichend von den bisherigen Bescheiden von einer Steuerpflicht der von der Bf. in Österreich ausgeführten Umsätze (Weiterverrechnung der bezogenen Roamingleistungen an Kunden der Bf.) ausgeht und die entsprechende Umsatzsteuer im Schätzungswege festgesetzt hat, wird im gegenständlichen Vorlageantrag hierzu ergänzend Stellung genommen. Aus Gründen der Rechtsvorsicht wird neben der bisherigen Aufhebung auch ein Eventualbegehren auf Abänderung der verfahrensgegenständlichen Umsatzsteuerbescheide entsprechend den nachstehenden Ausführungen gestellt.
Die Festsetzung der Umsatzsteuer im Schätzungswege für die Jahre 2017 und 2018 erweist sich - neben den bereits in der Beschwerde vom ausgeführten Gründen - aus den nachstehenden Gründen als rechtswidrig:

1. Steuerpflicht der Ausgangsumsätze in Österreich

In der gegenständlichen Beschwerdevorentscheidung geht das Finanzamt davon aus, dass das Vorsteuer-Erstattungsverfahren für die Eingangsrechnungen nicht anwendbar ist, weil die Weiterverrechnung von in Österreich bezogenen Telekommunikationsdienstleistungen(Roamingleistungen) durch unseren Mandanten aufgrund der VO BGBl II 2003/383 idgF als in Österreich ausgeführt gelte und die Bf. daher in Österreich steuerbare und steuerpflichtige Ausgangsumsätze ausführe. Diese Rechtsansicht ist seit dem Urteil des EuGH in der Rs SK Telecom ( C-593/19) unstrittig.
Aufgrund der früheren österreichischen Judikatur (
2003/15/0059 sowie RV/2101653/2014) war die Rechtsansicht unseres Klienten, dass die Weiterverrechnung von in Österreich bezogenen Telekommunikationsdienstleistungen (Roamingleistungen) in Österreich nicht zu steuerbaren und steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen führt, in der Vergangenheit aber jedenfalls vertretbar. Die angeführte VwGH-Rsp ist zwar noch zur Vorgänger-Verordnung BGBl II 102/1997 ergangen, hat jedoch auch für die nunmehr geltende Verordnung Gültigkeit (Ruppe/Achatz, UStG5, § 3a Tz 183).
Aufgrund dieser (durch die frühere Judikatur gestützte) Rechtsansicht kann unserem Klienten für den Zeitraum bis zum Ergehen des EuGH-Urteils auch nicht zu Lasten gelegt werden, dass die Ausgangsumsätze in der Vergangenheit nicht durch die Abgabe von
Umsatzsteuererklärungen (U1) erklärt wurden.

2. Vorliegen einer Schätzungsbefugnis

Da Finanzamt hat die (unstrittigerweise steuerpflichtigen) Ausgangsumsätze unseres Klienten mit den gegenständlichen Umsatzsteuerbescheiden mittels Schätzung nach § 184 BAO aufgrund der Eingangsumsätze zuzüglich eines Gewinnaufschlags von 30% festgesetzt.
Die Steuerpflicht der gegenständlichen Ausgangsumsätze ist aufgrund des zwischenzeitlich ergangenen EuGH-Urteils in der Rs SK Telecom (
C-593/19) mittlerweile unstrittig (vgl Punkt 1). Die Besteuerung hat dabei auf Basis der in Österreich steuerbaren und steuerpflichtigen Ausgangsumsätze zu erfolgen. Eine Schätzung der Ausgangsumsätze als Grundlage für die Besteuerung darf nur erfolgen, wenn die Ermittlung der tatsächlichen Besteuerungsgrundlage unmöglich ist (Ritz, BAO6, § 184 Rz 6 sowie Stoll, BAO, 1912; 94/14/0157; , 2002/16/0255; , 2001/13/0022; , 2002/15/0174; , 2008/15/0027). Die Schätzung stellt daher eine ultima ratio dar (vgl. 2003/16/0148) Schätzungen ohne vorhergehende Versuche, die tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, sind unzulässig (Ritz, BAO6, § 184 Rz 6). Bloße Schwierigkeiten sachlicher oder rechtlicher Natur, deren Überwindung Mühe kosten mag, berechtigen ebenfalls nicht zur Durchführung einer Schätzung (Ritz, BAO6, § 184 Rz 6; 2002/13/0105). Eine Schätzungsberechtigung liegt erst dann vor, wenn die Abgabenbehörde alle ihr zugänglichen und zumutbaren Erkenntnisquellen ausgeschöpft hat (vgl. Ritz, SWI Nr 4/1997, 151). Die Schätzungsberechtigung ist außerdem zu begründen (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 184, Anm E397).

Bei der Vornahme von Schätzungen der Bemessungsgrundlage ist weiters das Parteiengehör zu wahren. Der Partei sind daher vor Bescheid- bzw BVE-Erlassung die Ausgangspunkte, Überlegungen, Schlussfolgerungen, die angewandte Schätzmethode und das Schätzergebnis zur Kenntnis zu bringen (Ritz, BAO6, § 184 Rz 20).

Im gegenständlichen Fall wird die Zulässigkeit der Schätzung vom Finanzamt einzig mit der Nichtabgabe von USt-Jahreserklärungen begründet. Diese ist darauf zurückzuführen, dass die Steuerpflicht der gegenständlichen Ausgangsumsätze erst seit dem Jahr 2021 durch EuGH-Rechtsprechung feststeht und es unserem Klienten jedenfalls für die Jahre 2017 und 2018 daher nicht vorwerfbar ist, für diese Veranlagungszeiträume keine Umsatzsteuerjahreserklärungen abgegeben zu haben.
Unabhängig davon ist die Schätzung im gegenständlichen Fall aber bereits deshalb unzulässig, weil das Finanzamt keinerlei Bemühungen unternommen hat, die tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln. Weiters hat das Finanzamt unseren Klienten nicht auf eine bevorstehende Schätzung hingewiesen oder über die geplante Berechnungsmethodik informiert bzw. die Ansicht unseres Klienten dazu eingeholt. Vielmehr ist die Schätzung geradezu überfallsartig und erstmalig im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung erfolgt.
Aufgrund der gänzlich fehlenden Versuche zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage und der Missachtung des Parteiengehörs erweist sich die Schätzung der Ausgangsumsätze uE entsprechend der vorstehenden Ausführungen als rechtswidrig.

3. Ermittlung der korrekten Besteuerungsgrundlage
Selbst wenn man entgegen den obigen Ausführungen von einer Schätzungsberechtigung der Ausgangsumsätze ausgehen würde, ist die vom Finanzamt für die Umsatzschätzung gemäß
§ 184 BAO herangezogene Methode als grob unsachlich und damit rechtswidrig anzusehen. Das Finanzamt legt seiner Schätzung nämlich die nicht um Entgeltsminderungen gekürzten Eingangsleistungen an die Bf. zugrunde, wendet einen Gewinnzuschlag von 30% an und ermittelt solcherart die Bemessungsgrundlage für die Ausgangsumsätze. Gleichzeitig hat das Finanzamt jedoch im Verhältnis zu den Eingangsleistungen hohe Entgeltsminderungen ermittelt und daher den Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen entsprechend gekürzt.
Das Heranziehen von der Höhe nach unstrittigen Vorleistungen als Ausgangsbasis für eine Schätzung ist auch uE dem Grunde nach als sachgerecht anzusehen. Bei den herangezogenen Vorleistungen muss es sich jedoch um die tatsächlich von unserem Klienten aufgewendeten Beträge, dh um die um (nachträgliche) Entgeltsminderungen gekürzten Eingangsleistungen handeln. Ein Abstellen auf ungekürzte Vorleistungen führt zur Heranziehung einer willkürlichen und nicht den realen Gegebenheiten entsprechenden Bemessungsgrundlage und entspricht nicht den Anforderungen an eine sachgerechte Schätzung. Ziel der Schätzung ist es nämlich, den wahren Besteuerungsgrundlagen (den tatsächlichen Gegebenheiten) möglichst nahe zu kommen (vgl. z.B.
2002/14/0003; , 2009/17/0119 bis 0122; ,2007/15/0265; , 2008/15/0122), somit diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, welche die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben (Ritz, BAO6, § 184 Rz 3). Die Schätzung darf nicht den Charakter einer Strafbesteuerung haben (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 184 Anm 8).
Da die gegenständlichen Rabatte unstrittiger Weise gewährt wurden (die darauf entfallene Minderung des Vorsteuerabzugs wurde seitens des Finanzamtes festgesetzt) müssen sie, um den tatsächlichen Verhältnissen möglichst nahe zu kommen, jedenfalls in die Berechnung miteinbezogen werden (vgl. auch Kuderer, Telekommunikationsdienstleistungen in der Umsatzsteuer, SWK 35/2022, 1350 [1358]). Die Schätzung darf daher nur ausgehend von den um die erhaltenen Rabatte reduzierten bezogenen Vorleistungen erfolgen.
Weiters berücksichtigt das Finanzamt im Rahmen seiner Schätzung die unterschiedlichen Empfänger der Roamingleistungen von der Bf. nicht, obwohl das materielle Recht nur bei einem Teil der Leistungsempfänger, nämlich Nichtunternehmern, den leistenden Unternehmer - also Bf. - als Steuerschuldner vorsieht (B2C), während es bei einem anderen Teil der Leistungsempfänger, nämlich Unternehmern und juristischen Personen des öffentlichen Rechts, zu einem Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger kommt (B2B).

In der Beschwerdevorentscheidung wird dazu vom Finanzamt scheinbar begründend ausgeführt, dass die Bf. unternehmerische Kunden nicht erwähnt oder namentlich genannt hat. Diese Begründung verfängt schon deshalb nicht, weil vonseiten des Finanzamtes bisher überhauptkeine Steuerpflicht der Ausgangsumsätze unterstellt worden ist und unser Klient daher zu seinen Kunden auch überhaupt nicht um Auskunft geben wurde (vgl bereits Punkt 2.). Wenn das Finanzamt schon diesbezügliche Sachverhaltsermittlung gänzlich unterlässt, so hätte es die Unternehmer- bzw Nichtunternehmereigenschaft der Kunden von der Bf. sachgerecht schätzen müssen.
Die Nichtberücksichtigung unternehmerischer Empfänger der Roamingleistungen von der Bf. ist insofern rechtswidrig, als dass jede Schätzung nicht nur den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe kommen muss (siehe bereits Punkt 2.), sondern - wie auch das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung vom richtigerweise ausführt - auf einem einwandfreien Schätzungsverfahren basieren muss, die der Schätzung zugrundeliegenden Gedankengänge
schlüssig und folgerichtig sein müssen und das Ergebnis der Schätzung mit der allgemeinenLebenserfahrung in Einklang stehen muss. Zudem sind im Rahmen einer sachgerechtenSchätzung auch Umstände zugunsten des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen und ggf zu schätzen (vgl zB zur Schätzung von Vorsteuern Ritz, BAO6, § 184 Rz. 2).
Nach der allgemeinen Lebenserfahrung sind es insbesondere unternehmerische Kunden, die Roamingleistungen in Anspruch nehmen. Für Firmen, die ihre Mitarbeiter auf Dienstreisen ins Ausland schicken, haben Roamingleistungen einen hohen Nutzen, weshalb sie regelmäßig bereit sind, die Kosten dafür zu tragen bzw. aus betrieblichen Notwendigkeiten gar nicht auf sie verzichten können. Bei Nichtunternehmern ist diese Bereitschaft dagegen regelmäßig nicht gegeben, da der Mehrwert der Roamingleistungen hinter den dafür anfallenden Kosten zurückbleibt; stattdessen werden in der Regel WLAN-Netzwerke (ua verfügbar auf vielen öffentlichen Plätzen, im Hotel, in Restaurants, etc) genutzt, um ebendiese hohen Roamingkosten zu vermeiden. Unserer Ansicht wäre die Schätzung eines Anteils von zumindest 50% an unternehmerischen bzw. gleichgestellten (juristische Personen öffentlichen Rechts) Leistungsempfängern von der Bf. sachgerecht gewesen. Da die gegenständliche Schätzung keine unternehmerischen Kunden
berücksichtigt, obwohl an deren Vorliegen kein Zweifel bestehen kann, steht dasSchätzungsergebnis nicht mit der allgemeinen Lebenserfahrung in Einklang und erweist sich daher auch aus diesem Grund als unsachlich bzw. rechtswidrig.
In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass es sich bei den unternehmerischen Leistungsempfängern von der Bf. idR um ausländische, ebenfalls in den V. ansässige Unternehmer handeln wird. Das UStG sieht in § 21 Abs 4 Satz 4 vor, dass sich derartige ausländische Leistungsempfänger nicht in Österreich steuerlich erfassen müssen, wenn die Steuerschuld in Österreich auf sie als Leistungsempfänger übergeht, sie jedoch hinsichtlich der diesbezüglich geschuldeten USt zum Vorsteuerabzug berechtigt sind.
Die fehlende steuerliche Erfassung der Leistungsempfänger in Österreich steht dem Übergang der Steuerschuld nicht entgegen, bedeutet aber einen - vom Gesetzgeber billigend in Kauf genommenen - Wegfall eines Kontrollinstrumentariums für das Finanzamt. Dieser Umstand darf ebenfalls nicht zum Nachteil unseres Klienten ausgelegt werden.

Entsprechend der vorstehenden Ausführungen beantragen wir eine ersatzlose Aufhebung der Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2017 und 2018, da eine Schätzung der Ausgangsumsätze bereits dem Grunde nach unzulässig war (vgl Punkt 2.) In eventu beantragen wir die Abänderung der Bescheide unter Heranziehung einer sachgerechten Bemessungsgrundlage (vgl. Punkt 3.).

4. Antrag auf Aussetzung der Einhebung

Wir beantragen eine Aussetzung der Einhebung gem § 212a BAO iHv insgesamt EUR 4.529.710,98 resultierend aus den nachstehend angeführten Bescheiden (alle Beträge in EUR):

…"

Mit Vorlagebericht vom (OZ. 21) wurden die oa. Beschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und in der Stellungnahme Folgendes ausgeführt:

"Nachdem in den Erstbescheiden U 2017 und U 2018 der Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Lieferungen, sonstigen Leistungen und Eigenverbrauch (einschließlich steuerpflichtiger Anzahlungen) /Vorsteuern zwecks Verfahrensbeschleunigung wegen ho. unbekannter Umsätze 2017 und 2018 mit +/- 0,00 angesetzt (vgl. GZ. RV/2100108/2020) und dies mit Beschwerde gerügt wurde, waren die Umsätze gemäß § 184 BAO zu schätzen.
Das nunmehrige bloße Vorbringen betreffend Schätzung eines zumindest 50%igen Anteils an unternehmerischen bzw. gleichgestellten (juristischen Personen öffentlichen Rechts) Leistungsempfänger unter durch nachträgliche
(nunmehr unstrittige) Rabattierungen gekürzter Heranziehung der Höhe nach unstrittiger Vorleistungen kann nach Ansicht der ho. Finanzverwaltung - nach jahrelangen/unzähligen und tw. noch offenen RM-Verfahren - nicht ausreichend sein.
Hätten sich die kalkulierten Umsatzsteuerbemessungsgrundlagen und Umsatzsteuerbeträge auf Basis der ho. Umsatzschätzung als zu hoch erwiesen und würde der Ansatz, einen Aufschlag auf sämtliche unrabattierte Roaming-Gebühren anzusetzen, nicht die wahren Gegebenheiten widerspiegeln, wäre es Sache der Bf. gewesen, (spätestens) im Vorlageantrag (vgl. Vorhaltscharakter der Beschwerdevorentscheidung,
RV/7103167/2013 bzw. 2008/15/0288, 94/15/0024 und 2008/17/0115, wonach der Berufungsvorentscheidung nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Vorhaltscharakter zukommt und auch der Vorschrift des § 183 Abs. 4 BAO entsprochen wird, wonach den Parteien vor Erlassung des abschließenden Sachbescheides Gelegenheit zu geben ist, von den durchgeführten Beweisen und vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu nehmen und sich dazu zu äußern) nebst einer ordnungsmäßigen Buchführung eine präzise und plausible Erläuterung, wie die Umsatzsteuerbemessungsgrundlage ermittelt wurde, zB mithilfe von Auszügen aus dem Rechnungswesen, Abrechnungen, sonstigen Aufzeichnungen etc., vorzulegen.
Gleichfalls wäre im Vorlageantrag darzulegen gewesen, welche Umsätze B2B- und B2C-Transaktionen darstellen, dbzgl. stichhaltige Dokumente vorzuweisen und somit eine eindeutige Zuteilung der Umsätze zu Österreich samt Preiskalkulation vorzunehmen.
Mangels oa. Nachweise wird beantragt, die Beschwerde abzuweisen/ iSd BVE abzuändern."

Mit Schreiben des Bundesfinanzgerichts vom (OZ. 62) wurde an die Bf. folgender Bedenken- und Ergänzungsvorhalt gerichtet:
" …
In den angefochtenen Bescheiden wurden die Vorsteuern aus der Minderung der vereinbarten
Entgelte gemäß § 16 UStG 1994 berichtigt. Die Minderungen wurden in tatsächlicher Hinsichtaußer Streit gestellt. Die Rechtmäßigkeit der Vorgangsweise der belangten Behörde wird in der Beschwerdebegründung angezweifelt.
In der Beschwerdevorentscheidung wurden in Abweichung von den angefochtenen Bescheiden die Höhe der Umsätze aus dem Vorsteuervolumen unter Ansatz eines 30%igen Aufschlages im Schätzungswege ermittelt. Auf das Berechnungsblatt der Beschwerdevorentscheidung wird aus Ausgangsbasis hingewiesen.
Zu den Schätzungsgrundlagen darf vorerst festgestellt werden, dass der Umfang des Vorsteuervolumens, der die Ausgangsbasis der abgabenbehördlichen Schätzung der erzielten
Umsätze bildet, nicht weiter bestritten wird. Ebenso kann der angenommene Aufschlag von 30% als unbestritten angenommen werden.

1. Was die Berücksichtigung der Entgeltsminderungen, die in einem späterenVeranlagungsjahr stattgefunden haben, anlangt, haben diese keinen Einfluss auf die erzielten Umsätze, sondern nur auf die insgesamt zu berücksichtigende Zahllast. Sollten die von den Telekommunikationsunternehmen auf die verrechneten Roaminggebühren gewährten Rabatte, Discounts, etc. Einfluss auf die von der Bf. ihren Kunden angebotenenTelekommunikationsleistungen gehabt haben, müsste dies von der Bf.schlüssig nachgewiesen werden, dass eine Weiterrechnung der geminderten"Einkaufspreise" in Form von Gutschriften und sonstigen Entgeltsminderungen auchtatsächlich stattgefunden haben, denn es ist im Geschäftsleben nicht üblich, dass derUnternehmer erstens seine Preisgestaltung einschließlich erhaltener Rabatte offenlegt.
Im Übrigen müsste nachgewiesen werden, dass bei dieser Vorgangsweise die Bf. überhaupt eine ausreichende Gewinnspanne erzielt hat, um ihre Kosten zu decken und noch einen Gewinn aus dem Anbieten von ausländischen Kommunikationsdienstleistungen zu erzielen. Mit einer bloßen Prozessbehauptung ist es dabei nicht getan.

2. Zur aufgestellten Behauptung der Bf., es seien zu 50% der Leistungen an Unternehmer § 19 UStG 1994) erbracht worden, wird festgehalten, dass diese in keiner Weise quantifiziert ist und die Bf. daher eingeladen wird, entsprechend schlüssige Nachweise aus den Unternehmensdaten vorzulegen.
Abschließend wird darauf aufmerksam gemacht, dass die Möglichkeiten der Sachverhaltsermittlung der österreichischen Behörden bei ausländischen Unternehmen entsprechend sehr beschränkt ist und daher die Bf. zur erhöhten Mitwirkung verpflichtet ist. Abgesehen davon ist ihr größere Sachverhaltsnähe zuzurechnen.
…"

Mit Schreiben vom (OZ. 33/1) nahm die Bf. zum Vorhalt des Bundesfinanzgerichts wie folgt Stellung:
" …
1. Zur Höhe der Entgeltsminderungen und deren abgabenrechtlicher Relevanz. Unstrittig ist, dass von österreichischen Netzbetreibern ausgestellte Gutschriften über Roamingdienstleistungen auf Ebene unseres Mandanten zum Erfordernis einer Vorsteuerberichtigung gern § 16 UStG führen, sofern unser Klient aus den entsprechenden Vorleistungen einen VSt-Abzugs geltend gemacht hat. Ob ein Erfordernis zur VSt-Berichtigung auch dann besteht, wenn unser Klient keinen Vorsteuerabzug aus den später rabattierten Leistungen geltend machen konnte, ist dagegen eine strittige Rechtsfrage. Bevor wir auf diese eingehen, nehmen wir zunächst zur Höhe der Rabatte gegliedert nach Leistendem (österreichische Telekomanbieter) Stellung.

a) A.

Folgende Gutschriften wurden gewährt, wobei wir die Darstellung aus dem E-Mail von A. vom - welches wir als Anlage 1 übermitteln - der Authentizität halber übernehmen:

Die Gutschriften und USt-Beträge können daher wie folgt zusammengefasst werden:

Jahressummen (bezogen auf das Gutschriftsdatum):

Dem Grunde nach besteht für die Jahre 2010 bis 2017 daher Übereinstimmung zwischen den Beträgen laut unserem Klienten und den von A. bestätigten. Auch für 2018 (VSt-Minderung iHv EUR 769.816,61 aufgrund einer Gutschrift) besteht Einigkeit in Hinblick auf die Höhe der Entgeltsminderungen. Die EUR 429.494,33 Minderung des VSt-Abzugs werden vom Finanzamt aber fälschlich dem Jahr 2014 anstatt richtigerweise dem Jahr 2015 zugeordnet.Weiters ergibt sich aus der Bestätigung der A. auch, dass daneben keine weiteren Rabatte gewährt wurden.

b) H.

Unser Klient hat wie aufgetragen mit H. Kontakt aufgenommen. H. hat mit E-Mail vom (vgl. Anlage 2) bestätigt, dass seit 2010 keine Rabatte gewährt wurden bzw. ein offenbar zunächst angedachter Rabatt für den Zeitraum 2010 bis 2013 nie gewährt ("reconciled") wurde.
Die vom Finanzamt unterstellte Minderung des VSt-Abzugs iHv EUR 995,34 im Jahr 2010 ist daher u.E. widerlegt, da nunmehr auch H. bestätigt, dass kein derartiger Rabatt vorliegt.
Sollte das Finanzamt entgegen der Darstellung des leistenden Unternehmers und unseres Klienten auf dem Vorliegen der Gutschrift beharren, so fordern wir dieses erneut auf, die behauptete Gutschrift vorzulegen. Wir verweisen dazu im Übrigen auf die Ausführungen unter lit. c) .

c) T.

Unser Klient hat wie aufgetragen T. um Bestätigung ersucht, dass in den Jahren 2010 bis 2016 keine Gutschriften gewährt wurden (vgl Anlage 3).

d) Rechtliche Relevanz der Entgeltsminderungen

Ungeachtet der Frage, ob und in welcher Höhe Entgeltsminderungen vorliegen, ergibt sich aus diesen u.E. nur dann ein Vorsteuerberichtigungserfordernis, wenn unserem Klienten vorgelagert ein VSt-Abzug aus den Vorleistungen, für die die Rabatte gewährt wurden, gewährt wurde. Da diese Vorsteuererstattung vom Finanzamt entweder von vornherein oder im späteren Verfahren verwehrt wurde, kann bereits aus diesem Grund kein Erfordernis einer VSt-Berichtigung gem. § 16 UStG bestehen. Wir verweisen diesbezüglich weiterführend auf unsere entsprechenden Ausführungen in den Beschwerden bzw. in den Vorlageanträgen.

2. Umsatzsteuerschätzung von Ausgangsumsätzen

Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass im gesamten Abgabenverfahren unseres Klienten bislang nur die Frage der Anwendbarkeit des Vorsteuererstattungsverfahrens sowie die Höhe allfälliger Entgeltsminderungen strittig war. Eine Besteuerung von Ausgansumsätzen wurde vom Finanzamt erstmalig in den Beschwerdevorentscheidungen für die Jahre 2017 und 2018 vom auf Schätzungsbasis vorgenommen, ohne dass unser Klient dazu angehört oder zur Bekanntgabe seiner Ausgangsumsätze aufgefordert wurde. Eine Besteuerung von Ausgangsumsätzen für die Jahre 2012 bis 2016 ist im verwaltungsbehördlichen Verfahren bislang überhaupt nicht erfolgt. Vor diesem Hintergrund treten wir der Darstellung entgegen, der vom Finanzamt im Rahmen der Schätzung angewendete Gewinnaufschlag iHv 30% sei unbestritten, da unser Klient dazu bislang überhaupt nicht angehört wurde. Wir treten ebenso der Darstellung entgegen, dass nachträgliche Rabatte keinen Einfluss auf die Höhe der (geschätzten) Ausgangsumsätze haben sollen sowie der Behauptung, es handle sich bei den Kunden unseres Klienten zu 100% um Nichtunternehmer. Im Detail nehmen wir dazu wie folgt Stellung:

Roaminggebühren werden zwischen Mobilfunkanbietern im ersten Schritt auf Basis sehr hoher Listenpreise in Rechnung gestellt. Anbieter, die ein signifikantes Geschäftsvolumen untereinander tätigen, treten nach Auskunft unseres Klienten jedoch regelmäßig in Verhandlungen zueinander, um entsprechende Rabatte untereinander zu vereinbaren. Diese Rabatte werden nach Auskunft unseres Klienten sehr wohl in der Preisfestlegung gegenüber den Endkunden berücksichtigt, da der Mobilfunkanbieter nur bei Zugrundelegung der rabattierten Einkaufspreise seinen Kunden wettbewerbsfähige Roamingpreise - insbesondere "Roamingpackages" mit inkludierten Minuten, SMS und/oder Datenvolumen - anbieten kann.

Es ist dem Vorhalt zwar zuzustimmen, dass die Rabatte keine Auswirkungen auf die Ausgangsumsätze des Kalenderjahres haben, in dem der Rabatt - regelmäßig für das Vorjahr - bezogen wird. Sie haben aber sehr wohl Auswirkungen auf die Ausgangsumsätze des Vorjahres, da die Preise und damit auch die Ausgangsumsätze in Kenntnis des zukünftigen Rabattes niedriger angesetzt werden. Letztlich ist es daher nur eine Frage der Periodenabgrenzung, ob der Rabatt bei der Schätzung von Ausgangsumsätzen im Jahr der Gewährung oder im Jahr, auf das er wirtschaftlich entfällt (dies ist regelmäßig das Vorjahr), von den Vorsteuern in Abzug gebracht wird. Über alle Perioden betrachtet ist das rechnerische Ergebnis ident.

Ungeachtet dieser Überlegungen hat unser Klient in Hinblick auf die nunmehr vom BFG erstmals vertretene Steuerpflicht für die Ausgangsumsätze in seinem Rechnungswesen die Umsätze aus der Weiterverrechnung von Roaminggebühren in Österreich erhoben. Diese Daten stehen ab dem Jahr 2016 zur Verfügung. Für die Jahre 2016 bis 2018 ergeben sich dabei unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen Umrechnungskurses folgende Ausgangsumsätze (für Detaildaten sowie Ergebnisse bei Anwendung anderer Umrechnungskurse verweisen wir auf Anlage 4).

Weiters hat unser Klient auf Basis der Daten für die Jahre 2020 bis 2013 den Anteil unternehmerischer und nichtunternehmerischer Leistungsempfänger identifiziert. Daraus ergibt sich im Durchschnitt ein Anteil nichtunternehmerischer Leistungsempfänger iHv 80,3% sowie unternehmerischer Leistungsempfänger iHv EUR 19,7%. Für die diesbezüglichen Rohdaten verweisen wir auf Anlage 5. Laut Auskunft unseres Mandanten ist davon auszugehen, dass das Verhältnis unternehmerischer zu nichtunternehmerischen Leistungsempfängern auch in den Vorjahren im Verhältnis 20:80 angesetzt werden kann, da sich die Zusammensetzung der Kunden, welche Roamingleistungen in Anspruch nehmen, nicht wesentlich geändert hat. Diese Annahme ist u.E. ebenso realitätsnah wie ein unternehmerischer Anteil an Kunden iHv 20%. Die Annahme des Finanzamtes, dass es sich bei sämtlichen Kunden von Bf. um Nichtunternehmer handelt, ist demgegenüber u.E. schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung als völlig realitätsfremd anzusehen, da Telekommunikationsleistungen in beträchtlichem Umfang auch von Unternehmern in Anspruch genommen werden.
Da gegenüber unternehmerischen Leistungsempfängern das Reverse Charge-System greift (Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger gern § 19 Abs1 UStG), sind diese aus der Bemessungsgrundlage der Inlandsumsätze auszuscheiden. Bei einem Anteil der nichtunternehmerischen Leistungsempfänger iHv 80% ergeben sich somit nachstehende Bemessungsgrundlagen und USt-Beträge für die Besteuerung in Österreich:

Ein Vergleich der vorstehend angeführten Umsätze mit den Schätzungen des Finanzamtes bzw. den vorläufigen Berechnungen im Vorhalt zeigt, dass die geschätzte USt (EUR 4.574.94,95 in 2016, EUR 1.477.307,40 in 2017 und EUR 221.743,85 in 2018) zu weitaus überhöhten Steuerfestsetzungen führen würde. Dies ist auch plausibel, da die Schätzungsmethodik des Finanzamtes gerade nicht - wie auch von uns immer beanstandet - berücksichtigt, dass die Vorleistungen um erhaltene Entgeltsminderungen zu kürzen sind und erst dieser Wert (unter Berücksichtigung eines nichtunternehmerischen Kundenanteils iHv 80%) als Basis für eine Schätzung heranzuziehen ist. Die o.a. Zahlen unseres Klienten sind zudem auch deshalb plausibel, weil sie eine relativ kontinuierliche Umsatzentwicklung zeigen. Demgegenüber erscheinen die geschätzten Umsätze auch deshalb unplausibel, weil diese erhebliche Schwankungen von mehreren 100% zwischen den Jahren aufweisen, was auch nicht realistisch ist, da sich das Volumen der in Anspruch genommenen Roamingleistungen typischerweise auf einem etwa gleichbleibenden Niveau entwickeln wird (alle gegenständlichen Zeiträume betreffen noch die Zeit vor dem Corona-Ausbruch, der mutmaßlich mangels Reisebewegungen zu entsprechenden Einbrüchen geführt haben wird).
Wenn - wie gegenständlich aufgrund der vorliegenden Zahlen der Fall - beinahe sämtliche Eingangsrechnungen später gutgeschrieben werden und der Unternehmer von vornherein davon Kenntnis hat, dann ist es u.E. auch - entgegen der Darstellung im Vorhalt - nicht unplausibel, dass ein wirtschaftlich kalkulierender Unternehmer die um die Rabatte gekürzten

Eingangsleistungen als Basis für die Kalkulation seiner Ausgangsumsätze verwendet. Dies wird vielmehr sogar der Regelfall sein, um wirtschaftlich kompetitiv zu sein.

Für den Zeitraum vor 2016 stehen unserem Klienten keine Umsatzzahlen zur Verfügung, da die diesbezüglichen Aufbewahrungsfristen abgelaufen sind. Die Schätzungsmethodik im Vorhalt erscheint jedoch aus den vorstehende dargestellten Gründen u.E. nicht sachgerecht. Sollte es für den Zeitraum 2012 bis 2014 zu Festzungen von Umsatzsteuer kommen, so können diese Schätzungen aber u.E. nunmehr auf Basis der Umsätze der Jahre 2016 bis 2018 vorgenommen werden. Auf Basis eines annähernd kontinuierlichen bis ansteigenden Geschäftsganges würde dies Umsatzsteuer iHv ca. EUR 300.000 bis 400.000/annum bedeuten.

Entgegen der Darstellung im Vorhalt weisen wir zudem darauf hin, dass unser Klient im Jahr 2015 im Rahmen von Erstattungsanträgen Vorsteuern iHv EUR 3.529.079 geltend gemacht hat.

Die entsprechenden Vorsteuererstattungsanträge liegen dem Finanzamt vor und wurden (rechtskräftig) abweisend beschieden. Dieser Vorsteuerabzug ist jedoch nunmehr im Rahmen des Veranlagungsverfahrens zu gewähren, zumal im Jahr 2017 auch eine sehr hohe Entgeltsminderung durch A. (EUR 3.529.078 VSt - vgl. dazu Punkt 1 lit. a) für den Leistungszeitraum 2016 als Minderung des VSt-Abzugs Berücksichtigung findet.

3. Verfahrensrechtliche Aspekte

Ungeachtet der Höhe der strittigen Rabatte ist die Vorgehensweise des Finanzamtes, hinsichtlich der Entgeltsminderungen eigene Festsetzungsbescheide zu erlassen, welche neben den Vorsteuererstattungsbescheiden bestehen, u.E. verfahrensrechtlich unzulässig. Wir verweisen diesbezüglich auf die Ausführungen in unseren Beschwerden sowie in den Vorlageanträgen. Wir verweisen in diesem Zusammenhang insbesondere auf das Erkenntnis des RV/2100079/2022, zu einem vergleichbaren Fall, wonach mit (stattgebenden) Vorsteuererstattungsbescheiden abschließend über einen Zeitraum abgesprochen wird und daher keine USt-Festsetzungsbescheide über den gleichen Zeitraum ergehen dürfen. Diese Thematik stellt sich bei unserem Klienten insbesondere in den Jahren 2012 und 2013, da für diese zunächst eine Vorsteuererstattung gewährt wurde. In weiterer Folge hat das Finanzamt die Verfahren jedoch wiederaufgenommen. Gegen diese u.E. rechtswidrige Wiederaufnahme dieser Verfahren sind Rechtsmittel anhängig. Wir regen daher an, das BFG möge im ersten Schritt über die diesbezüglichen Rechtsmittel entscheiden, da es sich hierbei um eine bedeutende verfahrensrechtliche Vorfrage hinsichtlich der verfahrensrechtlichen Zulässigkeit der später ergangenen Festsetzungsbescheide handelt.

4. Anregung

Entsprechend den vorstehenden Ausführungen hoffen wir, zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen zu haben. Dies ändert jedoch nichts daran, dass im bisherigen Verfahren des Finanzamtes eklatante Fehler sowohl in Hinblick auf die rechtliche Würdigung des Sachverhaltes und die Plausibilität der Festsetzungen (insbesondere im Verhältnis Vorleistungen zu späteren Rabatten) passiert sind, als auch, dass das Parteiengehör massiv verletzt wurde. Eine erstmalige Festsetzung von Umsatzsteuer durch das BFG würde für unseren Klienten jedoch einen gänzlichen Entfall der Möglichkeit, im ordentlichen Instanzenzug eine Überprüfung der Entscheidung zu erreichen, bedeuten. Die verfahrensrechtliche Möglichkeit zur Festsetzung von Umsatzsteuer für die Jahre 2012 und 2013 ist zudem noch vom Ausgang eines anderen anhängigen Rechtsmittelverfahrens abhängig (vgl Punkt 3.).

Aus diesem Grund regen wir an, dass das BFG gem. § 278 Abs. 1 BAO kassatorisch entscheiden und die Sache an die Abgabenbehörde zurückverweisen möge. Denn es wird im fortgesetzten Verfahren noch im Detail zu klären sein, wie hoch die Vorleistungen und die Rabatte tatsächlich sind, da trotz der vorstehenden Ausführungen u.E. derzeit von einem unrealistischen Missverhältnis auszugehen ist (praktisch kein VSt-Abzug für unseren Klienten im Gegenzug zur Besteuerung hoher Ausgangsumsätze trotz gleichem Leistungsort für Ein- und Ausgangsumsätze). Die diesbezüglichen Besteuerungsgrundlagen hätten von vornherein im Rahmen einer Betriebsprüfung und unter Wahrung des Parteiengehörs ermittelt werden müssen und nicht im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens.

Alternativ regen wir an, dass das BFG auf eine einvernehmliche Lösung zwischen Finanzamt und Abgabepflichtigem drängen wolle, welche in weiterer Folge in eine Erledigung nach § 300 BAO münden könnte. Wie dargestellt wurde vom Finanzamt bisher im Verfahren jegliches Parteiengehör negiert. Mit entsprechenden Vorgaben des BFG könnte eine diesbezügliche Einigung u.E. aber weiterhin erzielt werden.

Bei allfälligen Rückfragen sehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

…"

Mit Vorhalt des Bundesfinanzgerichts vom (OZ. 36) wurden der belangten Behörde die Ergebnisse des bisherigen finanzgerichtlichen Ermittlungsverfahrens mitgeteilt und sie zu weiteren Auskünften veranlasst:

"Bedauerlicherweise konnte in diesem keine ausreichende Sachverhaltsklärung herbeigeführt werden, ob die vom Finanzamt behaupteten Umsatzberichtigungen tatsächlich von den leistenden Telekommunikationsunternehmen der Bf. gewährt wurden.

1. Für die Jahre 2010-2016 sind folgende Vorsteuerberichtigungen (in Euro) nach wie vor strittig:

2. Ermittlung der Ausgangsumsätze:

Was die schätzungsweise Ermittlung der Ausgangsumsätze anlangt, ist die von der Bf. ermittelte Ausgangsbasis ebenso wie die finanzamtliche Schätzung aus dem Vorsteuersteuervolumen unter Anwendung eines 30% Aufschlages nicht näher überprüfbar.

Abgesehen von der Annahme, dass 20% der Umsätze an Unternehmer erfolgten und daher auszuscheiden wären, bleibt die Ausgangsgröße von der Bf. dargestellten Umsätze eher unsicher.
Nach dem Vorbringen der Bf. sei anzunehmen, dass die (zu einem wesentlichen Teil auch noch bestrittenen) Entgeltsminderungen bei der Weiterverrechnung der Roaminggebühren an ihre Kunden doch Eingang gefunden hätten, weil diese bei der Preisfestlegung gegenüber den Endkunden berücksichtigt würden, da der Mobilfunkanbieter nur bei Zugrundelegung der rabattierten Einkaufspreise seinen Kunden gegenüber wettbewerbsfähige Roamingpreise - insbes. "Roamingpackages" anbieten könne.

Sollte das Finanzamt weiterhin auf die (angeblich) festgestellten Vorsteuerberichtigungen aus gewährten Rabattgutschriften in der vorhin erwähnten Höhe festhalten, müssten entsprechend seiner Darlegungspflicht diese durch entsprechend nachvollziehbare und der Bf. vorzuhaltende Beweismittel belegt werden. Ohne Abklärung der angeblich gewährten oder nicht gewährten Rabatte kann ein Besteuerungsergebnis im Schätzungswege nicht einmal ansatzweise ermittelt werden.
…"

Mit Schreiben vom (OZ. 42) nahm die belangte Behörde zum Vorhalt des Bundesfinanzgerichts vom wie folgt Stellung:
" …
P.1. Rabattgewährung/ Umsatzsteuerberichtigung(en):
In den (angefochtenen) Bescheiden U 2017 und U 2018 vom wurden die Vorsteuern aus der Minderung der vereinbarten Entgelte gemäß
§ 16 UStG 1994 berichtigt und auf die anher übermittelten A.-Credit Notes sowie RV/2100108/2020, RV/2100410/2019 bzw. RV/2100084/2020 zwecks Verfahrensbeschleunigung verwiesen.
Diese oa. A.-Gutschriften, A.-Credit Note Nr. 2516599572 vom (Total Amount EUR 19.720.054,62, EUR 3.286.675,77 USt) und A.-Credit Note Nr. xxxx1712IC vom (Total EUR 4.618.899,66, USt EUR 769.816,61) sind unstrittig.
Nach Beschwerde vom wurde in der Bescheidbegründung zu den Beschwerdevorentscheidungen betreffend Umsatzsteuer 2017 und 2018 vom Folgendes ausgeführt (Verf67 auszugsweise):

Mit Vorhaltsbeantwortung vom wurden seitens der Bf. (wh.) die A. Rabatte iHv EUR 3.286.675,77 (2017) und EUR 769.816,61 (2018) anerkannt - weiters jedoch im Anhang der Vorhaltsbeantwortung vom nunmehr eine Aufstellung zusätzlich gewährter nachträglicher Rabattgutschriften von T. iHv netto EUR 2.614.850,80 (2017) und EUR 1.956.421,48 (2018), welche zu weiteren §16-Berichtigungen/ 20% USt iHv EUR 522.970,16 (2017) und EUR 391.284,30(2018), führen, offengelegt.

Sämtliche Rabatt-, Vorsteuerberichtigungsbeträge sind sohin in den Jahren 2017 und 2018 unstrittig und wurden diese Beträge ho. nunmehr in der Beilage " Korr./bea. U-Festsetzung nach Offenlegung im Anhang v " eingearbeitet/hinzugerechnet; es wird sohin die Umsatzsteuerfestsetzung (zumindest) iS dieser Berechnungsbeilage beantragt.

P.2. schätzungsweise Ermittlung der Ausgangsumsätze:
Zur Plausibilisierung der Aufschläge hat die belangte Behörde Auskunftsersuchen an österreichische Telekommunikationsunternehmen verschickt und eine Aufstellung ihrer

Aufschläge bei den Roaminggebühren in den gegenständlichen Jahren abverlangt. Mit Antwortschreiben vom wurde ua. bekanntgegeben, dass nur Daten für die Jahre ab 2016 geliefert werden können ("aufbewahrungspflichtige Zeiträume").
Eine Darstellung pro Einheit sei für Roaming nicht möglich, daher wurde eine
Gesamtaufstellung der Kosten ("Cost") und der Einnahmen ("Revenue") iZm verrechneten Roaminggebühren vorgelegt. Dabei ergibt sich bei Telefongesprächen ein Aufschlag von 174%, bei SMS ein Aufschlag von 202% und bei Datenvolumen sogar ein Aufschlag von 651%.
Der durchschnittliche Aufschlag beträgt daher 342% .
Die Roaminggebühren für Datenvolumen machen in absoluten Zahlen den größten Teil der Einnahmen aus. Einkaufspreise werden laut Antwortmail vom auf Minutenbasis bzw. MB vereinbart. In diesem Einkaufspreis müssen sowohl die variablen Entgelte als auch die Paketpreise Deckung finden. Es ist eindeutig erkennbar, dass die Aufschläge in den gegenständlichen Jahren weit über 30% betragen haben.
Die hohen Kosten bei Handynutzung im Drittland kann man auch noch anhand der derzeitigen Preise erkennen, so ist auf der Homepage von A. bzw. M. ersichtlich, dass
ein abgehendes Gespräch/Telefonat in den V. € 4,99/ Min bzw. € 3,49 kostet. Innerhalb der EU wird der gleiche Preis wie für Inlandstelefonateverrechnet (Zone 1 € 0,00), in Drittländern der Zone 2 wird für ankommende Gespräche € 1,49/Min, in der Zone 3 bzw. 5 (betreffend V.) € 2,49/Min, für Datenvolumen - hier über E. - € 15,00/ MB bzw. € 15,36/ MB verrechnet (Anm.: innerhalb der EU gilt der gleiche Preis wie in Österreich € 0,00/MB).

Die Aufschläge für Roaming sind und waren weltweit extrem hoch, wie die obige Darstellung aus Sicht eines österreichischen Kunden, der im Ausland telefoniert bzw. im Internet surft, eindeutig zeigt und wäre es wäre weltfremd zu glauben, dass es umgekehrt aus Sicht eines V.-Kunden anders ist. Die bisherigen Aufschläge von 30% sind nach den obigen Ausführungen isoliert betrachtet sicherlich deutlich zu niedrig.

Festgehalten wird, dass die Bf. bisher zum Ausmaß der unternehmerischen Kunden (nunmehr geschätzt iHv 20%) keinerlei Unterlagen vorgelegt hat. Auch wenn es durchaus glaubwürdig ist, dass keine exakte Feststellung der Anzahl der unternehmerischen Kunden möglich ist, verfügt die Beschwerdeführerin über Daten die eine Schätzung erleichtern würden (Gesellschaft oder natürliche Person als Kunde, Anzahl der Telefonnummer, Häufigkeit der Aufenthalte in Österreich, etc.). Die Nutzung in Österreich müsste jedenfalls den einzelnen Kunden zugeordnet werden können, insbesondere bei den Umsätzen, die den Kunden direkt verrechnet wurden.
Trotz der fehlenden Mitwirkung der Beschwerdeführerin wäre es unrealistisch zu behaupten, dass es keinerlei unternehmerische Kunden gegeben hat, die in Österreich das Handy genutzt haben. Dies wurde auch bereits bisher in den sehr niedrigen Aufschlägen berücksichtigt (siehe oben).
Im äußerst niedrigen Aufschlag von 30% ist bereits eine bestimmte Anzahl an unternehmerischen Kunden berücksichtigt.
Es wird noch einmal festgehalten, dass weiterhin keinerlei Nachweise bzw. Beweismittel über die Qualifikation der Leistungsempfänger vorgelegt wurden. Außerdem haftet der leistende Unternehmer gem. § 19 Abs. 1 letzter Satz UStG für die Umsatzsteuer. Nachdem die Bf. in den streitgegenständlichen Jahren selbst die Steuerpflicht in Österreich bestritten und somit
auch keine Rechnungen mit Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld ausgestellt hat, kann ausgeschlossen werden, dass die Leistungsempfänger tatsächlich die Umsatzsteuerabgeführt haben. Mangels Vorlage einer entsprechenden Kundenliste kann auch nicht festgestellt werden, ob bzw. in welchem Ausmaß die unternehmerischen Leistungsempfänger Recht auf Vorsteuerabzug hatten.
Einem Ausscheiden von einem gewissen Prozentsatz von Umsätzen für unternehmerische Leistungsempfänger kann die belangte Behörde daher nicht zustimmen.
Betrachtet man die beiden Punkte isoliert, dann müsste jedenfalls ein deutlich höherer Aufschlag berücksichtigt werden (vgl. der durchschnittliche Aufschlag beträgt 342%).

Gleichzeitig könnte dann ein bestimmter Prozentsatz an unternehmerischen Kundenberücksichtigt werden, wobei bei unternehmerischen Kunden davon auszugehen ist, dass insbesondere größere Unternehmen eher Roamingpakete in Anspruch nehmen und somit der Anteil an den Umsätzen hinsichtlich der Höhe niedriger ist. Mangels Vorlage von Unterlagen bewegt man sich bei der Schätzung der unternehmerischen Kunden allerdings völlig im Dunkeln.
Eine Reduktion der Aufschläge bei gleichzeitigem Ausscheiden eines Anteils der Umsätze als RC-Umsätze würde nach Ansicht der belangten Behörde zu einem wirklichkeitsfremden Ergebnis führen. Ziel der Schätzung ist immer, den wahren Besteuerungsgrundlagen (den tatsächlichen Gegebenheiten) möglichst nahe zu kommen (vgl. zB
2007/15/0265; , 2008/15/0122; , Ro 2020/13/0005), somit diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, welche die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben (zB 2012/13/0097).
Jeder Schätzung ist eine gewisse Ungenauigkeit immanent (siehe zB.
Ro 2014/13/0022). Wer zur Schätzung Anlass gibt und bei der Ermittlung der materiellenWahrheit nicht entsprechend mitwirkt, muss die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen (siehe zB. Ro 2020/13/0005).
Unter der Berücksichtigung der vorhandenen Informationen über Roaminggebühren im Drittland erscheint die bisher vorgenommene Umsatzschätzung der belangten Behörde sich jedenfalls im unteren Bereich des Möglichen zu bewegen.
Antrag: vgl. Berechnungsblgen. nach Offenlegung von T.-
-Gutschriftsbeträgen im Anhang der Vorhaltsbeantwortung vom (siehe P1.), welche zu weiteren § 16Berichtigungen iHv EUR 522.970,16 (2017) und EUR 391.284,30 (2018) führen und in die Blg. " Korr./bea. U-Festsetzung nach Offenlegung im Anhang v "eingearbeitet/hinzugerechnet wurden, wird nunmehr beantragt, die Umsatzsteuer 2017 mit mind. EUR 4.150.563,02 unddie Umsatzsteuer 2018 mit mind. EUR 1.212.272,57 festzusetzen.

Die beigefügte Tabelle mit dem Schätzungsantrag des Finanzamtes hat folgendes Aussehen:

Mit Vorhalt vom (OZ. 45) wurde die Bf. aufgefordert, zu den oa. Äußerungen des Finanzamtes vom und oa. Schätzungsanträgen Stellung zu nehmen.

Mit Schreiben der Bf. vom (OZ. 94) wurde der Vorhalt des Bundesfinanzgerichts vom (OZ. 87) wie folgt beantwortet:

"1. Keine Bekanntgabe von Rabatten durch T.:

2. Zuordnung der Gutschrift von A. für 2012:

3. Keine Schätzungsbefugnis wegen Offenlegung von Ausgangsumsätzen (2016-2018):

Mit Vorhaltsbeantwortung vom wurden von unserem Mandanten die in den Jahren 2016 bis 2018 mit in Österreich ausgeführten Roamingdienstleistungen erzielten Umsätze bekanntgeben. Da unser Mandant an der Abu Dhabi Securities Exchange zu ISIN AEE xxx notiert ist, unterliegt er Buchhaltungs- und Reportingstandards, welche jenen Standards, denen an der Börse Wien notierte Unternehmen unterliegen, vergleichbar sind. Aus diesem Grund gilt die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit des § 163 Abs. 1 BAO für vorgelegten Umsatzzahlen und sind sie der Abgabenerhebung zu Grunde zu legen.

Eine Schätzungsbefugnis ist für diese Veranlagungsjahre nicht mehr gegeben (so auch Kuderer, Telekommunikationsdienstleistungen in der Umsatzsteuer, SWK 35/2022, 1350 [1356]; ebenso Ritz/ Koran, BAO7 § 163 Rz 2 f und § 184 Rz 9, jeweils mwN). Es erübrigt sich daher für den Zeitraum 2016 bis 2018 auf die Ausführungen des Finanzamts zur Schätzung einzugehen. Erwähnt sei aber, dass das Finanzamt die vorgelegten Umsatzzahlen nicht in Zweifel gezogen hat, weshalb sie aus unserer Sicht als unstrittig anzusehen und der Festsetzung der Umsatzsteuer zugrunde zu legen sind. Eine Schätzungsbefugnis besteht nur mehr insoweit, als der Anteil unternehmerischer bzw. nichtunternehmerischer Leistungsempfänger zu schätzen ist (vgl dazu Punkt 5.).

4. Wahl der Schätzungsmethode für 2010-2014

5. Schätzung unternehmerischer Leistungsempfänger

Wie bereits in der Vorhaltsbeantwortung vom bekanntgegeben, hat unser Mandant für die Jahre 2019 bis 2021 den Anteil unternehmerischer Leistungsempfänger ermittelt und beträgt dieser durchschnittlich 20%. Diese 20% sind im Schätzungswege auch auf die streitgegenständlichen Jahre 2010 bis 2018 zu übertragen (innerer Betriebsvergleich).
Gerne möchten wir in diesem Zusammenhang erwähnen, dass die Schätzung des Anteils unternehmerischer Leistungsempfänger der Rechtsprechung des BFG nicht fremd ist: So hat das BFG etwa zuletzt bei der Frage, ob eine Steuerschuld kraft Rechnungslegung besteht, den für die Beantwortung dieser Frage relevanten Anteil unternehmerischer und nichtunternehmerischer Leistungsempfänger selbst bei Barumsätzen im Schätzungsweg ermittelt (vgl
RV/7100930/2021; dies in Anlehnung an die Ausführungen der Generalanwältin Kokott im EuGH-Verfahren zum Fall , Rs C-378/21, P GmbH). Das BFG betont darin auch, dass der Anteil unternehmerischer Leistungsempfänger sachgerecht anhand der Art der Leistung zu schätzen ist. Nichts anderes kann für den gegenständlichen Fall gelten.
Das grundsätzliche Vorliegen von unternehmerischen Kunden ergibt sich bereits aus der allgemeinen Lebenserfahrung und kann somit nicht fraglich sein - dies gesteht auch das Finanzamt in der Vorhaltsbeantwortung vom zu. Keinesfalls zutreffend ist die Auffassung des Finanzamts, dass die Berücksichtigung unternehmerischer Leistungsempfänger im Rahmen eines (ohnehin nicht vorliegenden) geringeren Gewinnaufschlags bereits "mitberücksichtigt" worden wäre. Es handelt sich hier offensichtlich um eine Schutzbehauptung zur Verteidigung einer grundlegend falschen Schätzungsmethodik. Schätzungen müssen nach stRsp des VwGH jedoch alle der Schätzung zu Grunde liegenden Sachverhaltsannahmen und die Ableitung des Schätzungsergebnisses logisch einwandfrei darlegen und begründen (exemplarisch
2010/15/0088; , 2009/15/0201). Für eine Ausklammerung eines bekannten Sachverhalts besteht folglich kein Raum.
Abschließend möchten wir als steuerliche Vertretung erklären, dass alle offengelegten Umsätze von uns als Nettobemessungsgrundlage der Ausgangsumsatzsteuer bezeichnet wurden. Tatsächlich handelt es sich dabei um das jeweils vereinnahmte Entgelt, welches sich nur bei den 20% unternehmerischen Leistungsempfängern als Nettogröße versteht, da die diesbezügliche Steuerschuld auf die Leistungsempfänger übergeht. Bei den 80% nichtunternehmerischen Leistungsempfängern inkludiert dieser Betrag Umsatzsteuer, weshalb diese erst gesondert herausgerechnet werden muss. Wir möchten dies hiermit klarstellen und ersuchen dieses Versehen zu entschuldigen. Die tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen stellen sich daher richtigerweise wie folgt dar:

Wie bereits unter Punkt 3. ausgeführt, wird beantragt diese Zahlen der Besteuerung zu Grunde zu legen.
…"

Mit Schreiben vom (OZ. 52, 53) wurde dem Finanzamt die Vorhaltsbeantwortung der Bf. vom , die Replik auf die Rabatte 2016, die Schätzungsbefugnis 2016 und die Schätzung unternehmerischer Leistungsempfänger sowie sämtliche Auskunftsersuchen und deren Beantwortung übermittelt. Das Schreiben samt Beilagen wurde auch an die Bf. übermittelt.

Weiters wurde Folgendes ausgeführt:

"1. …
2. …
3. Schätzung unternehmerischer Leistungsempfänger: Hinsichtlich des Streitjahres erscheint das bf. Vorbringen, dass rd. 20% der erbrachten Leistungen an Unternehmer erbracht worden seien, aus der Anlage 5 für die Jahre 2017 und 2018 einigermaßen glaubwürdig und dürfte daher der Besteuerung zugrunde zu legen sein.
…"

Mit Antwortschreiben vom (OZ. 55) führte das FinanzamtÖsterreich Folgendes aus:
" …
2017 und 2018: Bezugnehmend auf die Vorhaltsbeantwortungen der Bf. vom und wird mitgeteilt, dass - in eventu zwar die (geschätzten) B2B-Zahlen (ca. 19,7% in den Jahren 2020-2023) für möglich gehalten werden könnten, diese aber im ho. äußerst niedrig angesetzten Gewinnaufschlag von 30% Deckung finden müssten - grs. jedoch an der ho. Stellungnahme vom 6./ (P.2) und dem do. Antrag auf U- Festsetzung 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 und 2016 bzw. 2017 und 2018 - zumindest i.S.d. BVE vom festgehalten wird [vgl. vorab berechnete Umsatzschätzung (Gewährung der beantragten VSt, 30%iger Gewinnaufschlag nach/auf Grund der Hochrechnung der beantragten U5-VSt sowie Hinzurechnung der VSt-Berichtigungen gem.
§ 16 UStG 1994) für die Jahre 2010-2018 (dzt. angefochten: FSU-Bescheide für 01-12/...)].

Anm.: auch hier wurde in den beiden Erstbescheiden vom auf RV/2100108/2020 und RV/2100410/2019 bzw. GZ. RV/2100084/2020 zwecks Verfahrensbeschleunigung wegen ho. unbekannter Umsätze 2017 bzw. 2018, (+/- Steuerschuld 0), verwiesen.

Sämtliches Vorbringen der Bf., die sachliche Richtigkeit der nunmehr übermittelten Daten/Aufzeichnungen wird in Zweifel gezogen, insbesondere als die Umsätze ab 2016 - trotz wh. Aufforderung - teilweise selbst erst 2023 durch die Bf. im Schätzungswege ermittelt wurden.

Es sind zu STNR. 68 xxx bis dato keinerlei abgegebenen U-Erklärungen erkennbar und erscheint dies ho. doch sehr verwunderlich, zumal die Ausgangsumsätze in den oa. Schriftsätzen vom und für/i.H.v.
2016 EUR 2.387.657,00
2017 EUR 2.614.851,00
2018 EUR 1.956.421,00
bzw.
2020 EUR 527.977,25
2021 EUR 1.939.004,72
2022 EUR 3.442.539,52
2023 EUR 288.211,00

nunmehr konkret seitens der Bf. genannt wurden und der Bf. doch spätestens im Hinblick auf die Judikatur des VwGH ( Ro 2016/15/0035) und des C593/19 bekannt gewesen sein musste, dass sie steuerpflichtige Inlandsumsätze erzielt hatte (genannter Gesamtumsatz 2016 ff i.H.v. EUR 13.156.661,49).

Die Ausführungen und oa. Umsatzzahlen sind nach Ansicht des FAÖ nicht nachvollziehbar und auch widersprüchlich zu den mittels U5 beantragten Vorsteuern:
In den Jahren 2012-2018 wurden gesamt EUR 12.231.343,51 an Vorsteuererstattungen mittels U5 beantragt - dies ergibt gesamt Vorleistungen aus Eingangsrechnungen iHv EUR 61.156.717,55.
Im Jahr 2016 wurden zweimal (!) zwei gleichlautende Vorsteuererstattungsanträge iHv EUR 2.542.920,82, gesamt EUR 4.577.940,89, eingebracht (ho. abgewiesen zu U5 07-09, 10-12, 01-12), aber selbst die rechnerisch bereinigten Vorsteuern iHv EUR 3.519.534,58 aus Eingangs-, Vorleistungen 2016 iHv EUR 17.597.672,90 finden in den nunmehr genannten Umsatzzahlen aller Folgejahre (gesamt EUR 13.156.661,49) keine Deckung, d.h. bereits die Eingangsrechnungen im Jahr 2016 übersteigen alle nunmehr bekannt gegebenen Ausgangsrechnungen der Jahre 2016 bis 2022.
Nachträglich gewährte Rabatte wurden bis zuletzt bestritten - als wirtschaftlich nicht schlüssig erklärt.
Weiters wird in Hinblick auf die (Un-)Glaubwürdigkeit des bf. Vorbringens auch auf folgenden Umstand Bedacht zu nehmen sein:
Es wurde erst im Frühjahr 2023 für den TADIG-Code der Bf. im Jahr 2014 eine (weitere) Umsatzsteuerberichtigung (=Vorsteuerberichtigung wegen nachträglich gewährter Rabatte gem.
§ 16 UStG 1994) durch/von A. iHv EUR 429.494,33 ho. bekannt.
Diese Gutschrift wurde per Mail vom durch A. (auch) betreffend Buchungs-, Ausstellungstag bestätigt.
Die Bf. wollte diese Rabattgutschrift bis zuletzt in das einzig nicht angefochtene/ bisher ustrl. nicht veranlagte Jahr 2015 (hier wurden ho. die beantragten U5-Beträge iHv gesamt EUR 3.529.080,86 abgewiesen) verschieben/"auslagern" - dies sogar dadurch, dass dem BFG eine (druckerverfälschte?) Kopie mit Datum 2015 übermittelt wurde.
Ausgehend von an die Bf. verrechneten TK-Leistungen in den Jahren 2012-2018 iHv EUR 61.156.717,55 mit beantragten Vorsteuererstattungen iHv EUR 12.231.343,51, sowie anher nicht bekannt gegebenen/ anher rückgezahlten "Discounts", USt iHv gesamt EUR 9.597.389,71 - die Bf. bestreitet auch noch mit Schriftsatz vom sämtliche T.-Rabatte ...mittlerweile durch T. jedoch bestätigt) - ergibt sich bereits daraus ein Steuerausfall in beträchtlicher Höhe. Das Fehlen der 20%ige österr. Umsatzsteuer betreffend der bf. Ausgangsumsätze (vgl. vormalige ho. Stellungnahme: der durchschnittliche Aufschlag beträgt It. Auskunft österreichischer Telekommunikationsunternehmen ca. 342%) ist hier rechnerisch noch gar nicht berücksichtigt.
Dem Vorbringen der Bf. kann sohin keinesfalls gefolgt werden, die nunmehr übermittelten Umsatzzahlen erscheinen nach Ansicht der ho. Finanzverwaltung unglaubwürdig und widersprüchlich.
…"

Mit Schreiben des Bundesfinanzgerichts vom (OZ. 56) wurde die Stellungnahme des Finanzamtes Österreich vom der Bf. zur Äußerung übersandt und Folgendes bemerkt:

"In beiden Veranlagungsjahren wurden keine Festsetzungsbescheide 1-12/2017 und 1-12/2018 erlassen und die Jahreszahllast mit 3.286.675,77 € (2017) und 769.816,61 € (2018) festgesetzt. Eine Schätzung der Ausgangsumsätze erfolgte erst im Wege der Beschwerdevorentscheidung. Beide Verfahren wurden mit Vorlageantrag beim Bundesfinanzgericht von Ihnen anhängig gemacht.
In diesem Zusammenhang werden Sie eingeladen zu überprüfen, ob Ihre Beschwerdeanträge in sämtlichen Punkten und für die angefochtenen Zeiträume noch aufrechterhalten bzw. geändert werden.
…"

Mit Antwortschreiben vom (OZ. 61) führte die Bf. Folgendes aus:
"…
1. Aufrechterhaltung der Beschwerden
Sämtliche Beschwerden werden vollinhaltlich aufrecht erhalten. Es wird daher nachstehend auch inhaltlich auf die Ausführungen des Finanzamts geantwortet.

2. Höhe und Zuordnung der Rabatte
Wie auch das Finanzamt in seiner Vorhaltsbeantwortung vom zutreffend festgestellt hat, sind die Rabatte, welche die A. unserem Mandanten gewährt hat, der Höhe nach (bis auf unbeachtliche Kleinbeträge) nach unstrittig anzusehen.
Strittig ist jedoch weiterhin die korrekte Zuordnung des für das Jahr 2012 gewährten Rabattes in Höhe von (brutto) EUR 2.576.966,00. Hierzu ist vorauszuschicken, dass das von Ihnen an die A. gerichtete Auskunftsersuchen eine Ausstellung der Credit Note 2511958456 per ergeben hat und von uns derart anerkannt und außer Streit gestellt wird.
Explizit hingewiesen wird aber darauf, dass das Settling - also die Auszahlung des gewährten Rabattes - erst am vorgenommen wurde und dies auch so von der A. bestätigt wird (siehe Anlage 1; ident mit Anlage 1 der Vorhaltsbeantwortung vom ). Etwas anderes geht im Übrigen auch nicht aus der Auskunftsbeantwortung vom hervor.

Dieser Umstand ist insofern bedeutend, als der deutsche BFH in seinem Urteil vom zu V R 56/06 zur Erkenntnis gelangt ist, dass eine Entgeltsminderung nur dann vorliegt, "soweit das [erhaltene] Entgelt tatsächlich zurückgezahlt wird". Dementsprechend lässt der BFH die Rechtswirkungen des § 17 dUStG, welcher dem § 16 öUStG entspricht, auch bei Sollbesteuerern erst in dem Meldezeitraum eintreten, "in dem die Rückgewähr erfolgt".
Gleiches dürfte auch aus dem , Freemans, zu gewinnen sein. Nach Ansicht des EuGH gilt ein Eigenerwerbsrabatt, welcher den hiervorliegenden Rabatten grundsätzlich vergleichbar ist, dem Rabattempfänger erst dann als tatsächlich zugeflossen, wenn der Rabattempfänger über diesen verfügt. Eine derartige Verfügungsmöglichkeit wird vom EuGH explizit vereint, wenn der Eigenerwerbsrabatt - wie im Anlassfass - "nicht tatsächlich ausgezahlt" wird (vgl Rn 35) und auch keine anderwärtige tatsächliche Verfügungsmöglichkeit besteht (vgl Rn 36).
Diesbezüglich möchten wir ergänzen, dass unser Mandant die Auszahlung des Rabattes am mit Debit Note DN\PRA\xxxxx\AUTPT\1212 (diese entnehmen Sie bitte der Anlage 2) angefordert hat. Selbst wenn man davon ausginge, dass darin eine anderweitige Verfügungsmöglichkeit im Sinne eines Zuflusses vorliegen würde, wäre die Entgeltsminderung und damit die Verpflichtung zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs durch unseren Mandanten erst im nicht streitgegenständlichen Jahr 2015 entstanden (vgl. auch
UStR 2000 Rz 2386).
Auf die Rechtsansicht, dass grundsätzlich nur ein tatsächlich gewährter Vorsteuerabzug zu berichtigen ist und die hier angesprochene Rabattgewährung somit nicht relevant ist, weil unser Mandant keinen Vorsteuerabzug für 2012 erhalten hat, wurde bereits in Beschwerde, Vorlageantrag und den bisherigen Vorhaltsbeantwortungen eingehend eingegangen, weshalb auf diese verwiesen wird; dies gilt auch hinsichtlich der Streitjahre 2012-2016.

3. Qualität der offengelegten Ausgangsumsätze

Bereits in der Vorhaltsbeantwortung vom wurde ausgeführt, dass unser Mandant an der A.D.S.E. zu ISIN börsennotiert ist und deshalb Buchhaltungs- und Reportingstandards unterliegt, welche den Standards, denen an der Börse Wien notierte Unternehmen unterliegen, vergleichbar sind. Die offengelegten Umsätze sind daher gemäß § 163 Abs. 1 BAO der Abgabenerhebung zu Grunde zu legen.
Die auffallende Differenz zwischen der vom Finanzamt geschätzten Bemessungsgrundlage und der tatsächlichen Bemessungsgrundlage ergibt sich vorrangig aus dem Umstand, dass das Finanzamt sich beharrlich weigert, die wirtschaftliche Relevanz der in der Telekommunikationsbranche üblichen Rabattvereinbarungen für die Preisgestaltung der Ausgangsumsätze anzuerkennen. Wie bereits mehrfach ausgeführt, werden diese von unserem Mandanten sehr wohl in seiner Preiskalkulation berücksichtigt und ergibt sich dies auch zweifellos aus den vorgelegten Umsätzen.
Ein über dies hinausgehendes Vorbringen des Finanzamts liegt weiterhin nicht vor.

4. Besteuerung der Jahre 2012-2014

Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden die von unserem Mandanten offengelegten Umsätze nach Abzug von 20% unternehmerischen Leistungsempfängern nochmals dargestellt:

Im Durchschnitt beträgt der Bruttojahresumsatz somit EUR 1.855.714,40. Daraus resultieren eine Nettobemessungsgrundlage von EUR 1.546.428,67 bzw. eine Ausgangsumsatzsteuer von EUR 309.285,73 pro Jahr.

Wie bereits in der Vorhaltsbeantwortung vom umfassend dargestellt, kann durch die bisherigen kalkulatorischen Schätzungen kein sachgerechtes Ergebnis erzielt werden. Die hier vorgebrachte Schätzung im Wege eines inneren Betriebsvergleichs ist zwar noch immer ungenau (beispielsweise lässt die den höheren Anteil unternehmerischer Leistungsempfänger in denjenigen Streitjahren, in denen der Tourismus zwischen Österreich und den VAE noch nicht so ausgeprägt war, gänzlich außer Acht), ermöglicht aber dennoch eine weit sachlichere Besteuerung als der Schätzungsantrag des Finanzamts.
Da die möglichst sachgerechte Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen das Ziel einer jeden Schätzung ist (Ritz/ Koran, BAO
7 § 184 Rz 9 nwN), ist der hier vorgebrachten Schätzung der Vorzug zu geben.

5. Nichtabgabe von USt-Jahreserklärungen

Hinsichtlich der vom Finanzamt beanstandeten Nichtabgabe von USt-Jahreserklärungen ist anzumerken, dass unser Mandant bis zum Ergehen des EuGH-Urteils in der Rs. SK Telecom die - auch vom BFG schon mehrfach als vertretbar qualifizierte - Rechtsansicht vertreten hat, dass seine Ausgangsumsätze in Österreich nicht steuerbar sind und somit kein Erfordernis zur Abgabe von USt-Jahreserklärungen bestanden hat.
Mit Vorlage der verfahrensgegenständlichen Beschwerden an das BFG durch das Finanzamt liegt die Zuständigkeit zur Entscheidung einzig beim BFG. Es war daher zulässig und verfahrensrechtlich zwingend geboten, die nunmehr im Rechnungswesen ermittelten tatsächlichen Ausgangsumsätze dem BFG und nicht dem inzwischen sachlich für die Entscheidung unzuständigen Finanzamt Österreich zu übermitteln.

6. Steuerpflicht der Ausgangsumsätze in Österreich

Anzumerken ist, dass der EuGH in der Rs SK Telecom die Zulässigkeit der Besteuerung der Ausgangsumsätze von in Drittstaaten ansässigen Telekomanbietern in Österreich zwar grundsätzlich bejaht hat, soweit eine Nutzung bzw. Auswertung der Leistung in Österreich erfolgt, er aber explizit darauf hinweist, dass sich aus völkerrechtlichen Abkommen Gegenteiliges ergeben kann. Eine konkrete Prüfung der diesbezüglichen Rechtslage durch den EuGH ist nur deshalb unterblieben, weil dem EuGH im Vorabentscheidungsersuchen und in den gegenüber dem EuGH abgegebenen Erklärungen kein derartiges Abkommen erwähnt wurde (vgl. C-593/19, SKTelecom, Rn 46).
Zwischenzeitlich liegt zu dieser Rechtsfrage ein von Univ.-Prof. Dr. Claus Staringer erstelltes und auch in der ÖStZ (2023/634, 657 ff) veröffentlichtes Gutachten vor, wonach das von Österreich ratifizierte und dadurch im Rang eines Bundesgesetzes stehende Melbourne Agreement der ITU - konkret dessen Umsatzsteuer- Regelung in Art 6.1.3. - eine Besteuerung der hier gegenständlichen Ausgangsumsätze durch Österreich an nicht in Österreich ansässige Leistungsempfänger verbietet. Wir verweisen für die diesbezügliche, überzeugende Argumentation im Detail auf den als Anlage 3 beigefügten Auszug aus der ÖStZ.
Die Telekommunikationsdienste-VO (BGBl II 383/2003) erweist sich vor diesem Hintergrund als gesetzwidrig und potenziell europarechtswidrig.
Vor diesem Hintergrund regen wir an, das BFG möge
• an den Verfassungsgerichtshof einen Normprüfungsantrag dahingehend stellen, ob die Telekommunikationsdienste-VO BGBl II 383/2003 wegen Verstoßes gegen Art 6.1.3 des Melbourne Agreements der ITU, BGBl III 1998/14, als gesetzwidrig aufzuheben ist, und
• dem EuGH zur Vorabentscheidung die Frage vorlegen, ob es sich bei Art 6.1.3 des Melbourne Agreements der ITU, wenn dieses durch einen Mitgliedstaat ratifiziert und in nationales Recht übernommen wurde, um einen völkerrechtlichen Vertrag handelt, der entsprechend den
Ausführungen des Gerichtshofes in Rn. 46 des Urteils vom C-593/19, SK Telecom, einer Besteuerung der hier verfahrensgegenständlichen Umsätze durch einen Mitgliedstaat entgegensteht.
…"

Mit Vorhalt des Bundesfinanzgerichts vom (OZ. 81) an die Bf. wurde Folgendes ausgeführt:

"Im bisherigen seit rund einem Jahr anhängigen Verfahren wurde die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen noch nicht ausreichend überprüft, da sich die Bf. bei den Feststellungen zu den Entgeltsminderungen eher zurückhaltend gezeigt hat.

In der Beilage wird Ihnen eine Übersicht über die voraussichtliche Ermittlung der Bemessungsgrundlagen übersandt.

1. Die bisher behaupteten Umsatzzahlen der Jahre 2016-2018 können mit den erhaltenen Eingangsleistungen kaum in Einklang gebracht werden. Es ergibt sich daraus eindurchschnittlicher Rohaufschlag von lediglich 12%, der diametral zu den von der belangten Behörde eingeholten Auskünften bei inländischen Mobilfunknetzbetreibern von 342% steht.

2. Ein ausreichender Nachweis, dass die Discounts, Rabatte an die Kunden weitergegebenwurden, ist dem Grunde und der Höhe nach ausgeblieben. Es wurde lediglich die sinngemäße Behauptung erhoben, diese seien angeblich bei den Kundentarifen weitergereicht wurden.
In der Telekombranche wurden weltweit den eigenen Kunden die hohen Einkaufspreise der Roaminggebühren vermittelt und diese - mit welchem Aufschlag auch immer - verrechnet. Die entsprechenden Rabatte wurden von den österreichischen Telekommunikationsanbietern regelmäßig Jahre später gutgeschrieben. Die entsprechenden Vereinbarungen für spätere Rabattierungen wurden weder von der Bf. offengelegt und noch der Nachweis, dass die Kunden der Bf. dies wussten.
Abgesehen davon wurden Vorsteuerminderungen aus der Rückgewähr des Entgelts den österreichischen Behörden großteils verschwiegen und Erstattungsanträge über eine südafrikanische VAT-Gesellschaft in voller Höhe eingereicht.
Eine nähere Verifizierung und Überprüfung der behaupteten Umsätze konnte bisher nicht erfolgen, da keine zu Grunde liegenden Berechnungen vorgelegt wurden.

Die Umsätze wurden im bf. Schreiben vom (OZ. 61) wie folgt bekanntgegeben:

Um eine Überprüfung der oa. Umsätze in Form einer Nachkalkulation durchführen zu können, müssten die in den vorhin erwähnten Zeiträumen eingekauften und verkauften Roaming-Telefon-, SMS- und Dateneinheiten anhand der Eingangs- und Ausgangsrechnungen klar, übersichtlich und überprüfbar dargestellt werden. Ebenso muss eine Verbindung mit dem in der Tabelle ausgewiesenen Vorsteuervolumen hergestellt werden können.

Der bloße Hinweis, die Bf. sei ein börsennotiertes Unternehmen, ist als nicht ausreichend zu betrachten, dass daraus die Richtigkeit der bf. Angaben nicht abgeleitet werden kann, zumal die Bf. die Tatsache der erhaltenen Discounts, Rabatte nicht vollständig offengelegt, sondern sogar noch im hg. Verfahren entschieden in Abrede (T.) gestellt hat. Daher ist auch bei börsennotierten Unternehmen eine Verkürzung österreichischer Abgaben durchaus als möglich zu betrachten.

Die Bf. hat es im bisherigen Verfahren weitgehend vermieden, entsprechende Unterlagen vorzulegen, sodass anzunehmen war, dass die entsprechenden Rabatte nicht an die Kundenweitergegeben wurden. Bloße Plausibilitätsargumente vermögen die abgabenbehördliche Schätzung nicht zu erschüttern.

Auf Grund eines Auskunftsersuchens bei der A. wurden folgende Umstände bekannt:

Im Kalenderjahr 2016 kam es - wie von der Bf. auch nicht weiter in Abrede gestellt - zu drei Gutschriften der A. - nämlich am für die Jahre 2013, 2014 und 2015. Die Tatsache, dass Gutschriften nicht nur für das vergangene Kalenderjahr erfolgten, ist nicht überzeugend, wie die Bf. bei Festlegung der Abnehmerpreise 2013 für das Auslandsroaming schon gewusst haben konnte, dass sie in zwei Jahren noch weitere Rabatte im Jahr 2016 erhalten werde und dies ihren Kunden "weitergereicht" habe.
Vielmehr werden nachträgliche Verbilligungen von Einkaufspreisen in späteren Jahren den Kunden üblicherweise nicht weitergereicht, zumal diese kaum von den Rabatten wussten, wenn nicht einmal der belangten Behörde diese Rabatt-, Discount-, etc.- Vereinbarungen bekannt bzw. bis dato von der Bf. nicht offengelegt wurden.

3. Ebenso nicht näher quantifizierbar sind die von der Bf. angeblich vertriebenen Auslands-Roamingpakete. Ein Nachweis, in welcher Höhe Eingangsleistungen in Form von Roamingpaketen verkauft wurden, wurde bisher nicht erbracht. Roamingpakete für Drittländer werden derzeit d.i. 2024 im in Inland zwischen ca. 80-150 Euro/pro Monat von der A.

.

angeboten. Daher ist zweifelhaft, ob in den strittigen Jahren von der Bf. entsprechende - aus der Sicht der Bf. - entsprechende Auslandsroamingpakete (Europa- oder weltweites Roaming) überhaupt angeboten wurden, zumal sich die Geschäftsusancen der Telekommunikationsunternehmen laufend ändern und in früheren Jahren derart hohe Aufschläge erzielt werden konnten, dass seitens der EU für den Gemeinschaftsraum entsprechende Regulierungsmaßnahmen (Roaming-Richtlinien) eingeführt wurden, um Übervorteilungen von Endverbrauchern im EU-Raum zu minimieren.
4. Daher wurden im Rahmen der beabsichtigten Schätzung der Besteuerungsgrundlagen die Rabatte nicht als Einsatz mindernde Vorleistungen berücksichtigt. Es wurden sämtliche Jahre 2010-2018 in die Berechnung einbezogen, wobei bei Feststellung der Umsatzsteuerzahllast jedes Jahr für sich zu beurteilen ist. Ebenso wurde in Ermangelung weiterer Informationen von einem durchschnittlichen Aufschlag - wie von der belangten Behörde in ihrer Stellungnahme vom , Seite 9, ausgeführt - inländischer Telekommunikationsanbieter von 342% ausgegangen, die durchaus vergleichbar erscheinen.

…"

Mit Antwortschreiben vom (OZ. 90) führte die Bf. Folgendes aus:
" …
1. Technische Abläufe bei Roaming-Abrechnungen & fehlende Schätzungsbefugnis für 2016-2018
Unser Mandant hat die mit den in Österreich ausgeführten Roamingdienstleistungen tatsächlich in den Jahren 2016-2018 erzielten Umsätze mittels Auswertung sämtlicher sogenannter "Call Detail Records" sowie der "Transferred Account Procedures" ermittelt.

Mit den "Call Detail Records" werden der Beginn, die Dauer und das Ende eines Roaming-Telefonats, das exakte Roaming-Datenvolumen (Down- und Upload), die Anzahl von versendeten und empfangenen SMS oder MMS, etc jedes einzelnen Kunden aufgezeichnet. In den "Transferred Account Procedures" werden alle "Call Detail Records" einer gewissen Periode inklusive der auf die einzelnen Roamingleistungen entfallenden Kosten zusammengefasst.

Da beide Protokolle anlässlich der Nutzung von Roamingdienstleistungen durch einen Kunden unseres Mandanten automatisch erzeugt und entsprechend abgespeichert werden, ist die lückenlose Aufzeichnung von sämtlichem Roaming-Traffic gewährleistet.

Ergänzt sei, dass die "Call Detail Records" im Wesentlichen dem Einzelverbindungsnachweis entsprechen und von unserem Mandant "Call Detail Records" zur Fakturierung an seine Kunden genutzt werden und die österreichischen Telekommunikationsdienstleister die "Transferred Account Procedures" zur Fakturierung an Bf. verwenden. In seltenen Fällen steht ein einzelner "Call Detail Record" nicht zur Verfügung, weshalb unser Mandant diesfalls zur Fakturierung auf sogenannte "Transferred Account Procedures" zurückgreift.

Die "Transferred Account Procedures" entsprechen im Wesentlichen einer Sammlung von Einzelverbindungnachweisen und können somit vereinfacht gesagt als "Gesamtroamingnachweis" bezeichnet werden. Wesentlich zu erwähnen ist, dass die "Transferred Account Procedures" von den österreichischen Telekommunikationsdienstleistern stammen.

Wie bereits eingangs dargestellt, wurden die für 2016-2018 bekanntgegebenen Umsätze durch eine Auswertung der "Call Detail Records" sowie der "Transferred Account Procedures" ermittelt. Da beide Protokolle eine vollständige Erfassung des Roamingvolumens ermöglichen und den Industriestandard zur Fakturierung an die jeweiligen Kunden bilden, bestehen uE sowohl in technischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht keine Gründe, die Richtigkeit der offengelegten Umsätze zu bezweifeln. In diesem Zusammenhang darf nochmals auf § 163 Abs. 1 BAO verweisen werden, der eine Heranziehung dieser Umsätze als Besteuerungsgrundlage anordnet. Für die Jahre 2016-2018 besteht somit u.E. dem Grunde nach keine Schätzungsbefugnis mehr.

Zur konkreten Datenqualität im System unseres Kunden können wir wie folgt Stellung nehmen:
Unser Klient kann Ausgangsumsätze systemtechnisch sehr detailliert auswerten und auf einzelne Länder herunterbrechen. Das (partielle) Problem im konkreten Fall ist einzig die zeitliche Komponente, welche darauf zurückzuführen ist, dass das Bestehen einer ausgangsseitigen Steuerschuld in Österreich erst mit dem Urteil des EuGH in der Rs. SK Telekom im Jahr 2021 festgestellt wurde (an dieser Stelle ausblendend, dass die allfällige Völkerrechtswidrigkeit der Besteuerung noch gesondert zu beurteilen ist). Unser Klient kann in

seinem System drei Jahre zurück konkrete Roamingumsätze in Österreich heruntergebrochen auf Einzelbelegebene und gegliedert nach unternehmerischen und nichtunternehmerischen Leistungsempfängern ermitteln. Entsprechende Daten hat uns der Klient für den Zeitraum Januar 2021 bis Februar 2024 auch zur Verfügung gestellt. Es handelt sich dabei um eine Excel-Datei mit über 163.000 Datensätzen. Wir übermitteln Ihnen diese gesondert per E-Mail, damit Sie sich anhand der Rohdaten einen Überblick über die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung verschaffen können. In Summe über diese 38 Monate ergibt sich dabei ein Umsatz iHv AED 9.080.793 mit Roaming in Österreich, was derzeit umgerechnet EUR 2.269.815 entspricht. Dieser Umsatz kann problemlos auf Monate und auf Unternehmer und Nichtunternehmer als Leistungsempfänger heruntergebrochen werden. Da dieser Zeitraum nicht verfahrensgegenständlich ist, die Daten aber zur Illustration der Ordnungsgemäßheit der Buchführung übermittelt werden, wird nachstehend lediglich zu Vergleichszwecken global dargelegt, dass der Jahresumsatz ab 2021 in Österreich im Schnitt somit brutto EUR 716.783 betragen hat (darin enthalten 20% USt = EUR 119.463 p.a.). Sämtliche konkreten Zahlen finden Sie jedoch in der Datei.

Für den Zeitraum 2016 bis 2020 sind die Daten in gleicher Art und Weise im System unseres Mandanten enthalten, jedoch ist ein Herunterbrechen auf Einzelbelegebene nach Ablauf der drei Jahre nicht mehr möglich. Dennoch handelt es sich um die nach exakt demselben Muster ermittelten Umsatzdaten mit Roaming in Österreich, welche von unserem Klienten im Rahmen der Vorhaltsbeantwortungen auch bekannt gegeben wurden. Auch ein Vergleich der Größenordnungen mit den Zahlen für 2021 bis 2/2024 zeigt die Plausibilität der Daten, denn 2016 bis 2018 lagen die vereinnahmten Entgelte (brutto) zwischen EUR 1,9 und 2,4 Mio. per annum (vgl. Vorhaltsbeantwortungen). Es zeigt sich somit ein deutlicher, Corona-bedingter Umsatzabfall, jedoch - bei einer Detailanalyse der Daten ab 2021 - auch bereits wieder eine zwischenzeitliche Erholung, die noch nicht das Vor-Corona-Niveau erreicht hat.

Wir laden Sie bzw. das Finanzamt gerne ein, diese Rohdaten nochmals einer kritischen Betrachtung zu unterziehen. Wir hoffen, dass dadurch alle Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung beseitigt werden können und die Festsetzung für die Jahre 2016 bis 2018 auf Basis der bekannt gegebenen Umsätze erfolgen kann.

Für den Zeitraum vor und bis einschließlich 2015 stehen unserem Klienten systemseitig keine Umsatzdaten mehr zur Verfügung. Wir weisen darauf hin, dass zum damaligen Zeitpunkt zu Recht - und auch in Übereinstimmung mit der damaligen Rechtsansicht des BFG - davon ausgegangen werden durfte, dass diese Umsätze nicht steuerbar sind. Diese Rechtsansicht wurde auch Finanzamt bestärkt, welches ursprünglich VSt-Erstattungen gewährt hat. Soweit nunmehr diese Ausgangsumsätze mittels Schätzung zu ermitteln sind, so steht dafür aber eine ganz konkrete Basis in Form der in den Jahren 2016 bis 2018 in Österreich tatsächlich durch Bf. erzielten Marge zur Verfügung. Nur diese Marge kann u.E. daher der Schätzung zu Grunde gelegt werden.

Entgegen der Darstellung im Vorhalt führt ein auf Basis der tatsächlichen Daten von der Bf. basierender, vom durchschnittlichen Roaming-Gewinnaufschlagösterreichischer Anbieter abweichender Gewinnaufschlag (Marge) auch nicht per se zu einer Schätzungsbefugnis für die Jahre 2016 bis 2018. Dieser abweichende Gewinnaufschlag ist vielmehr sachlich dadurch erklärbar, dass sich die Bf. einerseits in einem gänzlichen anderen Marktumfeld (Inlandsmarkt der V.A.E.) mit anderem Preisniveau bewegt, andererseits die tatsächlichen (österreichischen) Roaming-Vorleistungen bei der Preisgestaltung von der Bf. überhaupt keine Rolle spielen (vergleiche dazu nachstehend).

2. Unsachlichkeit des "durchschnittlichen Gewinnaufschlags von 342%

Aus Gründen der Vollständigkeit wird Weiters ergänzt, dass das Vorbringen des Finanzamts, es läge ein durchschnittlicher Gewinnaufschlag auf Roamingleistungen von 342%vor, schon dem Grunde nach unsachlich ist.

Der Grund dafür liegt darin, dass diese Gewinnaufschläge nur von österreichischen Telekommunikationsunternehmern bei Verrechnung auf Basis verbrauchter Einheiten - also bei Abrechnung pro Minute/MB/SMS - erzielbar sind. Unser Mandant ist aber weder in Österreich ansässig noch mit österreichischen Telekommunikationsdienstleistern vergleichbar (siehe dazu gleich Punkt 3), noch ist eine Verrechnung auf Einheitsbasis üblich: In der Praxis werden Roaming-Dienstleistungen zum Großteil mittels sogenannter Roamingpakete, welche eine gewisse Menge an Minuten /MB/SMS für einen Pauschalbetrag inkludierten, verrechnet.

Die vom Finanzamt zur Auskunft aufgeforderten österreichischen Telekommunikationsunternehmern geben selbst bekannt, dass die Verrechnung beinahe ausschließlich über Roamingpakete und eben nicht auf Basis verbrauchter Einzeleinheiten erfolgt. Wir dürfen dazu die beiden nachstehenden Stellungnahmen, welche aus den Anfragebeantworten aus dem Frühjahr 2023 resultieren und vom Finanzamt u.a. im Verfahren vor dem BFG zur RV/2100302/2022 (D. Telecommunications) vorgelegt wurden, verweisen:

Stellungnahme des "ersten" österreichischen Telekommunikationsunternehmens:

Weiters möchten wir darauf hinweisen, dass Preise pro Einheit für Roaming nicht aussagekräftig bzw. auch nicht darstellbar sind, da diese von den einzelnen unterschiedlichen Tarifen abhängen, ob diese mit Gerät sind oder ohne, mit Bindung oder ohne, ob Zusatzpakete oder nicht etc. und auch keinen unmittelbaren Zusammenhangmit den Roaming-Eingangskosten haben.

Stellungnahme des "zweiten" österreichischen Telekommunikationsunternehmens:

Aufgrund einer Auswertung für die Nutzung in den USA konnte festgestellt werden, dass ab 2013 überwiegend Pakete von unseren Kunden genutzt werden. Im Jahr 2021 wurde weniger als 1% der Roamingnutzung variabel verrechnet. Der Rest erfolgte über Paketnutzung.

Einkaufspreise werden auf Minutenbasis bzw MB vereinbart. In diesem Einkaufspreis müssen sowohl die variablen Entgelte als auch die Paketpreise Deckung finden. Der Einkaufspreis kann nicht auf variable Nutzung und Paketnutzung aufgeteilt werden.

Da eine Extraktion zwischen variablen Entgelt und Paketpreis nicht möglich ist und der Einkaufspreis daher auch nicht aussagekräftig ist, können wir Ihnen die Einkaufspreise nicht zur Verfügung stellen.

Die vollständigen Stellungnahmen der beiden österreichischen Telekommunikations-Unternehmen entnehmen Sie bitte der Anlage 1.

Aufgrund der vollständigen Außerachtlassung von Roamingpaketen bei der Ermittlung des angeblich erzielbaren durchschnittlichen Gewinnaufschlags von 342% erweist sich das Vorbringen des Finanzamts als unsachlich, weil das Finanzamt aus den Anfragebeantwortungen Schlüsse zieht, welche nach Auskunft der befragten österreichischen Telekommunikationsdienstleister mangels entsprechender Datenlage gerade unzulässig sind.

Die Rückmeldungen der österreichischen Telekommunikationsanbieter zeigen zudem, dass selbst bei im Inland ansässigen und dem österreichischen UGB unterliegenden Telekomunternehmen keine exakten Auswertungen vorgenommen werden können, in denen Kosten und Umsätze pro Roamingkunde, Land und Zeiteinheit gegenübergestellt werden können. Derartige Auswertungsmöglichkeiten sind daher weder existent noch branchenüblich und können unserem Klienten auch nicht abverlangt werden.

Tatsächlich werden die Roamingpreise pro Einheit in praxi von beinahe keinem einzigen Kunden bezahlt, weshalb die vom Finanzamt angeführten durchschnittlich erzielbaren Gewinnaufschläge von 342% als rein hypothetisch zu bezeichnen sind. Eine Heranziehung für Schätzungen in denjenigen Streitjahren, für welche keine Umsätze vorgelegt werden konnten, ist u.E. somit unzulässig.

3. Unsachlichkeit eines äußeren Betriebsvergleichs zwischen der Bf. und österreichischen Telekommunikationsunternehmen

Ganz generell verbietet sich ein äußerer Betriebsvergleich zwischen österreichischen Telekommunikationsunternehmen und unserer Mandantschaft, da beide in unterschiedlichen Wettbewerbsumfeldern agieren. Besonders deutlich wird dies am Vergleich der angebotenen und im Vorhalt des BFG dezidiert angesprochenen Roamingpakete. Beispielsweise bietet die A. ein Roamingpaket mit 250 Minuten, 250 SMS, 250 MMSund 250MB Datenvolumen für EUR 149,90 pro Monat an.

Unsere Mandantschaft hat kein direkt vergleichbares Produkt im Programm, allerdings wird für einen vergleichbaren Preis von 600,- AED (per Stand etwa EUR 149,88) ein weltweit nutzbares Roamingpaket mit 5GB Datenvolumen und 500 Minuten Sprachtelefonie angeboten. Sämtliche Roamingpakete unseres Klienten finden Sie auf dessen Homepage (englischsprachig) unter nachstehendem Link: https://xxx sowie in der Anlage 2.

Betrachtet man nur die Sprachtelefonie, müsste man zwei A.-Pakete kaufen, um dieselbe Leistung wie bei unserem Mandanten zu erhalten. Beim inkludierten Datenroaming-Volumen liegt das Verhältnis sogar beim 20-fachen. Mit anderen Worten: Der Kunde müsste also 20 A.-Pakete für insgesamt EUR 2.998,- erwerben, um ebenso 5GB Datenroaming-Volumen zu erhalten.

Bei SMS und MMS bietet unser Mandant keine Roamingpakete an. Da SMS und MMS allerdings seit Jahren durch Messenger-Dienste wie WhatsApp subsituiert werden, kann dieser praktisch unbedeutende "Vorteil" durchaus vernachlässigt werden bzw. wird dieser durch das wesentlich höhere Datenvolumen, welches im Gegenzug an Bedeutung gewinnt, mehrfach kompensiert.

Zusammengefasst zeigt sich jedenfalls, dass unser Mandant wesentlich mehr (Roaming-) Leistung bieten muss, um denselben Umsatz wie ein österreichisches Telekommunikationsunternehmen zu generieren.

Dementsprechend ist die von Bf. erzielbare Marge auch deutlich geringer als die von österreichischen Telekommunikationsunternehmen.

Betrachtet man den Preis pro Dateneinheit, ergibt sich folgende Darstellung: A. bietet insgesamt 1.000 Einheiten für EUR 149,90 an - es ergibt sich somit ein Einheitspreis von rund EUR 0,15. Bf. bietet dagegen 5.500 Einheiten für EUR 149,88 an, was einem Einheitspreis von weniger als EUR 0,03 entspricht.

Diese Aufstellung verdeutlicht nochmals die Fehlerhaftigkeit der Schlüsse, welche das Finanzamt (im Schreiben vom an das BFG) aus den Anfragebeantwortungen der österreichischen Telekommunikationsdienstleister zieht, da dem angeblich erzielbaren durchschnittlichen Gewinnaufschlag von 342% ein Preis pro Einheit von EUR 4,99 bis EUR 15,00 zu Grund liegt, A. aber selbst laut eigener Auskunft in über 99% der Fälle nur einen Preis pro Einheit von EUR 0,15 erzielen kann. Selbst wenn man nur eine "halbe" Ausnutzung des Roaminpakets und somit einen Preis je Einheit von EUR 0,30 unterstellt, ergeben sich Umsätze, die weit von den Annahmen des Finanzamts entfernt sind. Zweitens zeigt diese Aufstellung, dass die Marge der Bf. weit unter der Marge von österreichischen Telekommunikationsunternehmen liegt, da der Umsatz, welcher mit einer einzelnen Roamingeinheit erzielt werden kann, um das bis zu 20-fache geringer ist.

Zusammengefasst ist nicht nur der vorgebachte Gewinnaufschlag von 342% als rein hypothetisch zu bewerten, sondern auch jeglicher äußerer Betriebsvergleich zwischen der Bf. und österreichischen Telekommunikationsunternehmen unsachlich, da keine objektive Vergleichbarkeit gegeben ist. Da ein äußerer Betriebsvergleich nach stRsp. des VwGH nur dann zulässig ist, wenn die herangezogenen Betriebe tatsächlich mit dem des zu schätzenden Abgabepflichtigen vergleichbar sind ( 96/15/0260), darf ein solcher nicht vorgenommen werden.

Wir verweisen diesbezüglich auch auf das beim BFG unter GZ. RV/2100835/2022 anhängige Verfahren des Unternehmens S.T., bei dem sich die gleichgelagerten Fragen stellen. Auch dieses Unternehmen hat die mit österreichischem Roaming erzielten Gewinnmargen im Rahmen des BFG-Verfahrens für einen mehrjährigen Zeitraum (konkret 9/2016 bis 12/2022) ermittelt und dabei einen durchschnittlichen Gewinnaufschlag von 20,41% in Österreich erzielt. Ein äußerer Betriebsvergleich mit einem Telekommunikationsunternehmen in einer tatsächlich vergleichbaren Situation - nämlich einem ebenfalls im Nahen Osten ansässigen Unternehmen, welches in Österreich Roamingvorleistungen bezieht und diese an ihre vor Ort im Drittstaat ansässigen Kunden weiterverrechnet - zeigt daher, dass die von Bf. ermittelten Gewinnaufschläge branchen- und marktüblich sind. Es ist dabei auch zu beachten, dass in Drittstaaten ansässige Telekomanbieter aus weniger entwickelten Ländern in einer gänzlich anderen Situation als österreichische Anbieter sind: Denn die Anbieter aus Drittstaaten erzielen aufgrund des in ihrem Ansässigkeitsstaat niedrigeren Preisniveaus regelmäßig niedrigere Umsätze mit der gleichen Menge an Einheiten - egal ob für Roaming- oder für Inlandsleistungen -, während sie die Roamingvorleistungen in Österreich teuer zum "westlichen" Preisniveau einkaufen müssen. Ein österreichischer Telekomanbieter profitiert dagegen beim Roaming spiegelbildlich davon, dass er zum niedrigeren Preisniveau im weniger entwickelten Drittstaat einkaufen, aber zu den höheren (österreichischen) Preisen verkaufen kann. Eine (mutmaßlich) deutlich höhere Marge österreichischer Anbieter ist daher wirtschaftlich erklärbar und systemimmanent; diese kann aber nicht auf Anbieter in Drittstaaten, die unter gänzlich anderen Marktbedingungen arbeiten, übertragen werden.

Ebenso ist im Sinne eines externen Betriebsvergleichs mit anderen Telekomanbietern aus Drittstaaten auf des Erkenntnis des GZ RV/2100302/2022, zu verweisen, welches als - soweit ersichtlich - bisher einziges Erkenntnis die Frage der Schätzung bei Roamingdienstleistungen behandelt. Das BFG setzt die im Rahmen der Schätzung heranzuziehende Marge darin letztlich mit 24% fest, während das belangte Unternehmen für einen nicht verfahrensgegenständlichen Zeitraum einen Gewinnaufschlag i.H.v. 15,56% bekannt gegeben hatte. Sowohl die Angaben dieses Unternehmens als auch die letztliche Festsetzung einer Marge von 24% durch das BFG belegen erneut, dass Margen im Bereich von +/- 20% für Roaming in Österreich bei Drittlandsanbietern branchenüblich sind und damit die sachgerechte Basis für einen externen Betriebsvergleich darstellen. Dies muss umso mehr gelten, wenn das Unternehmen - wie im gegenständlichen Fall Bf. - die konkreten Umsatzzahlen für die beschwerdegegenständlichen Jahre bekannt gibt und die daraus ersichtliche, belegte Marge sich in einer vergleichbaren und somit glaubwürdigen Größenordnung bewegt.

4. Berücksichtigung von Rabatten bei der Preisfindung

Alle von Bf. angebotenen Roamingpakete sind weltweit nutzbar (eine Übersicht über die aktuell angebotenen Roamingpakete entnehmen Sie bitte der Anlage 2; diese sind auch unter diesem Link abrufbar: https://www.xxx). Bf. bietet - anders als etwa A. - keine Roamingpakete für bestimmte Tarifzonen bzw. Länder an. Daraus ergibt sich auch eine völlig andere Preiskalkulation als bei österreichischen Telekommunikationsdienstleistern. Der Preis eines in Österreich nutzbaren Roamingpakets orientiert sich folglich nicht am Einkaufspreis, welchen österreichische Telekommunikationsdienstleister in Rechnung stellen, sondern am durchschnittlichen weltweiten Einkaufspreis von Roamingvolumen nach Abzug aller Rabatte sowie an einem wettbewerbsfähigen Verkaufspreis, welcher in den V. erzielbar ist.

Die Bf. nimmt es im Sinne einer einfachen Preisgestaltung für den Endkunden dabei bewusst in Kauf, in einzelnen Ländern vor Gewährung eines Rabattes mehr an lokale Telekommunikationsdienstleister bezahlen zu müssen als zunächst vom eigenen Kunden erlöst werden kann. Da aber mit zahlreichen Telekommunikationsdienstleistern weltweit Rabattvereinbarungen bestehen - die Bf. spricht in diesem Zusammenhang von "Preferred Roaming Partners" - gleichen sich hohe Vorleistungen der aktuellen Periode mit Rabatten, welche in der aktuellen Periode gewährt, aber Leistungen einer vergangenen Periode zuzuordnen sind, miteinander aus.

Kommt keine Rabattvereinbarung zu Stande, nimmt die Bf. es auch in Kauf, in einem Land endgültig mehr an den lokalen Telekommunikationsdienstleister bezahlen zu müssen, als tatsächlich vom eigenen Kunden zu erlösen ist - derartige Verluste werden mit Gewinnen in anderen Ländern ausgeglichen. Dementsprechend gibt es keine gleichmäßigen Margen, wie bei der Verwendung von Tarifzonen, sondern unterschiedliche Margen je nach Land. Es ergibt sich von selbst, dass die Einkaufspreise für Roamingdienstleistungen in Österreich bzw. in Europa generell höher sind als etwa im Mittleren Osten, Asien oder Afrika (vgl. dazu auch bereits Punkt 4).

In Bezug auf Österreich hat die Bf. bestätigt, dass es sowohl mit A. als auch mit T. Rabattvereinbarungen gibt. Für die Telekomanbieter handelt es sich bei diesen Rabattvereinbarungen um hochsensible Geschäftsinformationen, da die Höhe der Rabatte nicht nach außen dringend darf. Der Klient hat uns jedoch Auszüge aus diesen (englischsprachigen) Vereinbarungen übermittelt, welche Sie anbei in der Anlage 3 finden. Die Rabattvereinbarungen werden jeweils im Vorhinein abgeschlossen, sodass Bf. der wirtschaftlich an den österreichischen Telekomanbieter zu zahlende Gesamtpreis für die Roamingleistungen - bestehend aus unrabattierter Eingangsrechnung und späterem Rabatt - vor der Leistungserbringung an den Endkunden bekannt ist. Wir wiesen diesbezüglich insbesondere auch auf die Rabattvereinbarung mit A., welche eine automatische jährliche Verlängerung vorsieht (vgl. Punkt "2. Discount Period"), sofern nicht bis 30 Tage vor Ende der Rabattperiode eine neue Vereinbarung geschlossen wird. Dementsprechend kann Bf. die tatsächlichen (= um Rabatte gekürzten) Einkaufspreise bei der Gestaltung ihres Ausgangspreises gegenüber dem Kunden berücksichtigen. Wie vorstehend dargestellt, setzt die Bf. die Preise für Roaming weltweit in gleicher Höhe fest und erfolgt keine gesonderte Preissetzung für Österreich. Wirtschaftlich betrachtet spielt die Existenz der Rabattvereinbarungen für zahlreiche Länder aber eine signifikante Rolle für die Höhe der Vorleistungen und damit auch für die Preisgestaltung von der Bf. auf der Ausgangsseite.

Insgesamt ergibt sich aus dem Vorstehenden u.E. eindeutig, dass die Rabatte bei der Preisfindung berücksichtigt werden und eine allfällige Besteuerung im Schätzungswege - welche u.E. ohnedies nur für Jahre in Betracht kommt, in denen der Klient keine konkreten Ausgangsumsätze bekannt geben kann - daher nur auf Basis der Vorleistungen nach Abzug von Rabatten erfolgen darf.

Abschließend dürfen wir erneut auf die bisherigen Ausführungen in Beschwerden, Vorlageanträgen und den bisherigen Vorgangsbeantwortungen verweisen.

Für allfällige Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

…"

Mit E-Mail der steuerlichen Vertretung vom OZ. 189 wurden die Bemessungsgrundlagen des Jahres 2016 vom wie folgt dargestellt und Folgendes erläuternd ausgeführt:

Zu der Tabelle noch folgende Anmerkungen:

  • Wie erörtert wird die Steuerpflicht der Ausgangsumsätze von uns dem Grunde nach bestritten. Die angeführten Ausgangs-Umsätze verstehen sich daher für den Fall, dass das BFG entgegen unserer Rechtsansicht von einer Steuerpflicht der Ausgangsumsätze in Österreich ausgeht und daher über die Höhe der Ausgangsumsätze abzusprechen hat.

  • Die angeführten Ausgangsumsätze basieren auf tatsächlichen Umsatzzahlen unseres Klienten. 20% der Umsätze entfallen auf unternehmerische Leistungsempfänger als Kunden, weshalb es bei diesen zum Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger kommt (KZ021). Bei den übrigen, nichtunternehmerischen Kunden wurde die von der Bf. geschuldete USt iHv 20% aus den vereinnahmten Bruttoentgelten herausgerechnet. Wir verweisen dazu weiterführend auf die bisherigen Vorhaltsbeantwortungen.

  • Die Vorsteuerbeträge (KZ060) sind zwischen Klient und Finanzamt unstrittig und im Rahmen der ursprünglich eingereichten VSt-Erstattungsanträge durch Eingangsrechnungen belegt worden.

  • Bei den Entgeltsminderungen (KZ067) stimmen die von uns o.a. VSt-Beträge in den Jahren 2017 und 2018 mit den Zahlen laut Finanzamt überein: Es ist unstrittig, dass sich die USt aus den Gutschriften dieser beiden Jahre jeweils auf das Vorjahr bezieht. Da im jeweiligen Vorjahr (2016 und 2017) jeweils der volle VSt-Abzug gewährt wird, führen diese Gutschriften unstrittig zu einer Verminderung des VSt-Abzugs.

  • Im Jahr 2016 stellt sich die Situation bei den Entgeltsminderungen (KZ067) wie folgt dar:
    ...

  • Zur wirtschaftlichen Plausibilität der Zahlen noch folgende Anmerkung: In Summe ergibt sich daher eine Zahllast iHv EUR 2.214.901 für die hier betrachteten Jahre. Blendet man die Vorsteuerberichtigungen in 2016 aus (die ausschließlich Vorjahre betreffen und dort ihre wirtschaftliche Ursache haben) aus, so steht im Zeitraum 2016 bis 2018 ein saldierter VSt-Abzug iHv EUR 4.826.497 (VSt) - EUR 4.056.492 (VSt auf Entgeltsminderungen aus 2017 und 2018) = EUR 770.004 zu. Dies multipliziert mit 5 ergibt Nettovorleistungen iHv EUR 3.850.023, denen ein Ausgangsumsatz in Österreich iHv 6.031.071 gegenübersteht. Damit beträgt die Marge 56,65%. Sofern es auch in 2019 (hier nicht verfahrensgegenständliche) Rabatte für das Jahr 2018 gegeben haben sollte, die die Vorleistungen reduzieren, fällt die tatsächliche Marge noch höher aus.

…"

Mit Vorhalt vom (OZ. 105) wurde die Bf. von folgenden Umständen betr. Umsätzen an unternehmerische Kunden in Kenntnis gesetzt:
" ...
1. Auf Grund einer bei der Firma T. GmbH eingeholten Auskunft wurde bekannt, dass in den Jahren 2017 und 2018 nachträgliche Rabattgutschriften in Höhe von 653.097,31 € (Steuerbetrag) bzw. nachträgliche Nachverrechnungen von Rabatten (Übergenuss) in Höhe von 49.048,64 € (Steuerbetrag) erzielt bzw. nachbelastet wurden, die im bisherigen Abgabenverfahren und in die amtswegige Ermittlung der Bemessungsgrundlagen im hg. Schreiben vom (Tabelle) noch nicht enthalten waren.

2. In Ihrer Aufstellung wurden die Reverse-Charge-Umsätze mit rd. 20% der Bruttoeinnahmen angenommen. Es wird dazu festgehalten, dass dies nach hg. Ansicht eine Schätzung darstellt, die einem entsprechenden Steuerausfall gleichkommt, zumal eine Überprüfung der USt-Abfuhr im Falle fehlender oder nur teilweiser Vorsteuerabzugsmöglichkeit seitens der Finanzbehörden nicht möglich erscheint.
Um einen entsprechenden Abzug von der Bemessungsgrundlage zu gewähren, müssten die unternehmerischen Kunden, auf die die Steuerschuld übergegangen ist, detailliert bekanntgegeben werden, um eine entsprechende Überprüfung durch die Abgabenbehörde zu
ermöglichen, falls die Leistungen an nicht oder nicht voll vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer ausgeführt wurden. Eine Haftungsinanspruchnahme der Bf. für die übergangene Steuerschuld erscheint im Hinblick auf die bereits verstrichene Zeit verfahrensrechtlich nur sehr schwer möglich. Daher wird vorgeschlagen eine entsprechende Kürzung der RC-Umsätze von 50% vorzunehmen, was im Ergebnis auf eine Annahme von 10% RC-Umsätzen hinausläuft.

Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass nur die Hälfte der unternehmerischen Kunden zum Vorsteuerabzug berechtigt waren.

…"

In ihrer per Mail überreichten Vorhaltsbeantwortung vom (OZ. 111) nahm die Bf. zu beiden Vorhalten (hg. GZ. RV/2100888/2022 vom ) und RV/2100046/2023 v. ) wie folgt Stellung:

"Sehr geehrter Herr Dr. X.,

im Namen unseres o.a. Klienten und unter Berufung auf die uns erteilte Vollmacht können wir zu Ihren Vorhalten vom (zugestellt am ) im Verfahren RV/2100888/2022 sowie vom (zugestellt am ) im Verfahren RV/2100046/2023 gerne wie folgt Stellung nehmen:

1. Unternehmereigenschaft der Kunden

Wir haben von unserem Klienten keine weiteren Unterlagen betreffend die unternehmerischen Leistungsempfänger erhalten, sodass wir keine weiterführenden Angaben zu diesen machen können. Allgemein erscheint eine Schätzung des Anteils von bloß 50% vorsteuerabzugsberechtigten Kunden innerhalb des Kreises der unternehmerischen Leistungsempfänger uE sehr hoch gegriffen, da es sich bei einer fehlenden VSt-Abzugsberechtigung um den Ausnahme- und nicht um den Regelfall handelt. Eine Inanspruchnahme unseres Klienten für allfällige Steuerausfälle auf Ebene der Leistungsempfänger müsste zudem, wie von Ihnen ausgeführt, verfahrensrechtlich in einem gesonderten Verfahren zur Geltendmachung des Haftungsanspruchs gem § 19 Abs 1 letzter Satz UStG erfolgen und nicht im Rahmen der USt-Veranlagung.

2. Gutschriften/nachträgliche Rabatte T. GmbH

Das übermittelte Schreiben der T. GmbH betrifft Gutschriften aus den Jahren 2016 bis 2020; verfahrensgegenständlich davon ist der Zeitraum 2016 bis 2018. Zu den übermittelten Gutschriften ist dabei folgendes anzumerken:

- Credit Information A.C9019056679 vom (Total Amount EUR 17.441.654; davon brutto auf Österreich entfallend EUR 3.918.583; darin enthalten öUSt EUR 653.097): Diese Gutschrift wird von Ihnen und von der T. GmbH (im Schreiben vom ) dem Jahr 2017 zugerechnet, obwohl der Beleg vom Oktober 2016 datiert. Bislang hat dagegen sowohl das Finanzamt als auch die T. GmbH (vgl. deren Schreiben an Sie vom ) Gutschriften jeweils dem Jahr der Gutschriftsausstellung zugerechnet (auch noch bei den Gutschriften von August 2016).
Die nunmehrige Zuordnung zu einem anderen Jahr wird von T. nicht begründet. Die Ursache dürfte darin liegen, dass die konzerninterne Weiterbelastung durch DT.-AG an T. laut dem übermittelten Beleg erst im Jahr 2017 erfolgt ist. UE müsste dagegen für die Frage der allfälligen VSt-Korrektur auf Ebene der Bf. relevant sein, wenn dieser der Gutschriftsbetrag (ausbezahlt wohl durch die DTAG) zugeflossen ist (sofern man diese Zahlung als eine Entgeltsminderung für Leistungen der T. an Bf. versteht).

Ungeachtet der Frage, ob eine Erfassung als VSt-Berichtigung gem § 16 UStG theoretisch im Jahr 2016 oder im Jahr 2017 zu erfolgen hätte, kommt der konkreten Gutschrift uE aber keine abgabenrechtliche Relevanz zu, da sie sich auf den Leistungszeitraum 2015 bezieht (vgl Seite 1 des Belegs "-").
Im Jahr 2015 hat unser Klient jedoch unstrittig weder im Veranlagungs- noch im Erstattungsverfahren einen VSt-Abzug erhalten, sodass auch eine spätere Minderung des VSt-Abzugs für dieses Jahr abgabenrechtlich irrelevant ist, da gem § 16 UStG nur ein "in Anspruch genommener" VSt-Abzug zu korrigieren ist. Wir verweisen weiterführend auf unsere bisherigen Ausführungen zu dieser Rechtsfrage.

- Debit Information A.C90190063338 vom und Debit Information A.C90190067507 vom : Beide Gutschriften führen saldiert zu einem USt-Betrag für eine "negative Gutschrift" iHv EUR 49.048,64. Wenn wir Sie richtig verstehen, würden Sie diesen Betrag im Jahr 2018 auf Ebene der Bf. als zusätzlichen VSt-Abzug (bzw. positive VSt-Berichtigung) berücksichtigen. Theoretisch könnte hier wieder die Frage erörtert werden, ob diese zeitliche Zuordnung korrekt ist (vgl bereits zuvor). Da jedoch ohnedies beide denkbaren Jahre (2017 und 2018) gerichtsanhängig sind und sich saldiert keine Auswirkungen auf das Steueraufkommen ergeben, spricht uE nichts gegen eine Erfassung des Gesamtbetrages in 2018.
Bei Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
…"

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

1.1. Vorsteuerberichtigungen 2017 und 2018

Die Rabatte der T. GmbH wurden auf Grund der Beauskunftung durch die T. GmbH (OZ. 89) und Gutschriftsausstellung durch die Obergesellschaft (dt. Mutterkonzern) bei der Berichtigung der Vorsteuern wie folgt berücksichtigt:

Dadurch ergibt sich aus der Verschiebung der Vorsteuerverminderungen vom Jahr 2017 ins Jahr 2016 (Vorverlagerung) in Höhe von 653.097,31 €, für das Jahr 2017 eine Korrektur zu Gunsten der Bf. in Höhe von 57.268,18 € und für das Jahr 2018 eine Nachbelastung der Rabatte für 2017 in Höhe von 8.219,54 €.

1.2. Umsatzermittlung 2017 und 2018:

In der bf. Vorhaltsbeantwortung vom , OZ. 94 sowie im E-Mail vom (OZ. 190) wurden die Bemessungsgrundlagen unter Annahme von 20% RC-Umsätze an unternehmerische Kunden (§ 19 UStG 1994) wie folgt dargestellt:

Die von der belangten Behörde in ihrer Äußerung vom (OZ. 55) aus dem Vorsteuervolumen im Zeitraum 2012-2018 errechneten Vorleistungen von rd. 61 Mio. € und die erhaltenen Vorsteuerverminderungen aus gewährten Rabatten von rd. 9,6 Mio. € vermitteln in ihrer Allgemeinheit keine Rückschlüsse auf die Unrichtigkeit der von der Bf. im Jahr 2016 dargestellten Erlöse. Daran vermögen auch die Ausführungen hinsichtlich der Bestreitung der erhaltenen Rabatte durch die Bf., die sich zu über 90% als unrichtig herausgestellt hat, nichts zu ändern, zumal die Bf. nunmehr bereit war, ab 2016 dem Bundesfinanzgericht sog. "Echtdaten" der vereinnahmten Erlöse zur Verfügung zu stellen.

In Abweichung von den bf. Angaben werden die RC-Umsätze mit rd. 10% (50% des von der Bf. vorgeschlagenen Ansatzes) und die Vorsteuerberichtigungen aus Entgeltminderungen (§ 16 UStG 1994) wie folgt angenommen:

Was den Abzug für Umsätze an vermutlich unternehmerische Leistungsempfänger anlangt, ist auszuführen, dass diese von der Bf. lediglich durch Übersendung von Aufstellung mit den Einzelpositionen "Consumer" und "SMS Business " bescheinigt wurden, wobei aus den bf. Aufstellungen auch nicht festgestellt werden konnte, ob die unternehmerischen Leistungsempfänger ("Business") auch zum Vorsteuerabzug berechtigt waren. Um der Gefahr größerer Steuerausfälle zu begegnen, wurde im Schätzungswege angenommen, dass nur die Hälfte ausgewiesenen Umsätze an vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer erbracht wurden.
Abgesehen davon wurde ein detaillierter Nachweis, um welche Unternehmer es sich dabei handeln sollte, nicht erbracht, sodass die bf. Behauptungen mit großen Unsicherheiten behaftet sind.

2. Beweiswürdigung

Die Beweiswürdigung gründet sich i.W. auf die Angaben der Bf. im Vorsteuererstattungsverfahren und offengelegten Vorsteuerkorrekturen der A. In Bezug auf die Vorsteuerkorrekturen aus der Inanspruchnahme von Rabatten der T. GmbH gründen sich diese auf das beantwortete Auskunftersuchen vom (OZ. 113), wobei es zu jahrgangsweisen Verschiebungen in den Jahren 2016, 2017 und 2018 gekommen ist, worauf die Bf. hinwies, weil die Gutschriften von der D. AG (Obergesellschaft) früher ausgestellt wurden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung)

3.1.1. Ermittlung der Bemessungsgrundlagen:

Die Umsätze an andere Unternehmen (Reverse-Charge-Umsätze) werden mit 10% (statt mit 20%) angenommen, weil die unternehmerischen Kunden nicht detailliert bekannt gegeben wurden, um eine entsprechende Überprüfung der übergangenen Steuerschuld in Bezug auf die Geltendmachung des Vorsteuerabzuges (Vorsteuerabzugsberechtigung oder Vorsteuerausschluss) durch die Abgabenbehörden zu ermöglichen (s. Vorhalt v. , OZ. 206)

Die von der belangten Behörde in ihrer Äußerung vom (OZ. 55) dargestellten Vorleistungen aus Eingangsrechnungen in Höhe von rd. 61 Mio. € (2012-2018) und enthaltenen Vorsteuerminderungsbeträge von rd. 9,6 Mio. € vermitteln keine ausreichenden Feststellungen für die Unrichtigkeit der von der Bf. dargestellten vereinnahmten Erlöse. Daran auch die von der Bf. zum Teil bestrittenen Vorsteuerkorrekturen wenig.
Im Hinblick auf die in den späteren Jahren geänderte Ertragslage und geringeren Gewinnmargen bei der Weiterrechnung der Roaminggebühren im Hinblick auf das sensibilisierte Problembewusstsein (arg.: Roaming-VO der EU) scheinen die dargestellten Einnahmen nicht zu widerlegen sein.

3.1.2. Umsatzsteuerpflicht ausländischer Telekommunikationsunternehmer:

Nach § 3a Abs. 13 lit. a iVm Abs. 14 Z 12 UStG 1994 idF BGBl. I Nr. 52/2009 werden Telekommunikationsdienste im Drittland ausgeführt, wenn der Empfänger ein Nichtunternehmer ist und er keinen Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Gemeinschaftsgebiet hat.

Nach § 3a Abs. 16 UStG 1994 kann der Bundesminister für Finanzen, um Doppelbesteuerungen, Nichtbesteuerungen oder Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, durch Verordnung festlegen, dass sich bei sonstigen Leistungen, deren Leistungsort sich u.a. nach Abs. 13 lit. a UStG 1994 bestimmt, der Ort der sonstigen Leistungen danach richtet, wo die sonstige Leistung genutzt oder ausgewertet wird. Der Ort der sonstigen Leistung kann danach statt im Drittlandsgebiet als im Inland gelegen behandelt werden.

§ 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Verlagerung des Ortes der sonstigen Leistung bei Telekommunikationsdiensten sowie Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen, BGBl. II Nr. 383/2003 idF BGBl. II Nr. 221/2009, bestimmt:

"Liegt bei einer in § 3a Abs. 14 Z 12 und 13 des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl. Nr. 663, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 52/2009, bezeichneten Leistung der Ort der Leistung gemäß § 3a des Umsatzsteuergesetzes 1994 außerhalb des Gemeinschaftsgebietes, so wird die Leistung im Inland ausgeführt, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird."

Der VwGH hat am , Ro 2016/15/0035 erkannt: "Während Art. 59a MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG (mit Wirkung vom ) die allgemeine, fakultative Möglichkeit der Besteuerung mittels Leistungsortverlagerung durch die Mitgliedstaaten vorsieht, schreibt Art. 59b MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG (mit Wirkung vom bis ) eine zwingende Leistungsortverschiebung für jene Fälle vor, in denen ein drittländischer Unternehmer Telekommunikationsleistungen an in der Gemeinschaft ansässige Nichtsteuerpflichtige erbringt. Für alle Fälle, die nicht durch Art. 59b MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG erfasst sind, besteht ein Wahlrecht nach Art. 59a MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG (vgl. Langer in Reiß/Kraeusel/Langer (Hrsg), Umsatzsteuergesetz 138. Lieferung (Juli 2017) Art. 43-59b MwStSystRL Rz. 134 ff). Von diesem Wahlrecht hat der österreichische Verordnungsgeber mit der Verordnung BGBl. II Nr. 383/2003 idF BGBl. II Nr. 221/2009 Gebrauch gemacht. Die genannte Verordnung findet daher in Art. 59a MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG ihre unionsrechtliche Deckung (vgl. Ecker in Melhardt/Tumpel, UStG2, § 3a Rz 274 f; Miladinovic, ecolex 2017/39, 75). Werden die Telekommunikationsdienste eines Drittlandunternehmens von einem nicht in der EU ansässigen Nichtunternehmer im Inland genutzt, verlagert sich der Ort der Leistung nach der Verordnung BGBl. II Nr. 383/2003 idF 221/2009 in das Inland (vgl. auch Ruppe/Achatz, UStG4, § 3a Tz 190 (Fall 3); Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur MwSt, 46. Lfg (Dezember 2015), § 3a Abs 15 u 16 Tz 697)."

Auch der Rs C-593/19, "SK Telecom Co. Ltd" entschieden, dass die Verordnung BGBl. II Nr. 383/2003 idF 221/2009 dem Unionsrecht entspricht. Im Tenor heißt es dazu:

"Art. 59a Abs. 1 Buchst, b der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie 2008/8/EG des Rates vom mit Wirkung vom geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass Roamingleistungen, die von einem in einem Drittland ansässigen Mobilfunkbetreiber an seine Kunden, die ebenfalls in diesem Drittland ansässig sind bzw. dort ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, erbracht werden und die es diesen Kunden ermöglichen, das nationale Mobilfunknetz des Mitgliedstaats, in dem sie sich vorübergehend aufhalten, zu nutzen, als Dienstleistungen anzusehen sind, deren "tatsächliche Nutzung oder Auswertung" im Sinne dieser Bestimmung im Gebiet dieses Mitgliedstaats erfolgt, so dass dieser den Ort der Roamingleistungen so behandeln kann, als läge er in seinem Gebiet, wenn dadurch eine Nichtbesteuerung der Roamingleistungen in der Union vermieden wird und ohne dass es hierbei darauf ankommt, welcher steuerlichen Behandlung die Roamingleistungen nach dem nationalen Steuerrecht des Drittlands unterliegen."

Damit ist höchstgerichtlich klargestellt, dass sich die entsprechenden Umsätze der Bf. nach der mit dem Unionsrecht in Einklang stehenden Verordnung BGBl II 383/2003 idF BGBl II 221/2009 in das Inland verlagern.

Die zum Beschwerdevorbringen erhobenen Ausführungen der Rechtsauffassung des Autors (Staringer, ÖStZ 2023, 657) haben weite Teile der Textanalyse des Art. 6.1.3. des Melbourne Abkommens (Dieses Abkommen wird international entweder als ITR, WATTC-88 oder - nach seinem Verhandlungsort - als Melbourne Agreement bezeichnet) zum Inhalt und behaupten, dass die französische und spanische Fassung gegenüber der deutschen und englischen deutlicher sei, wobei zugestanden wird, dass nicht klar genug sei, was unter "Kunden in diesem Land" oder "custumers in that country" zu verstehen sei. Es handle sich um "Kunden, die aus einem bestimmten Land" stammen.
Die Abkommensvorschrift hat in der deutschen (nicht authentischen) Übersetzung folgenden Wortlaut:
"Sofern die innerstaatlichen Rechtsvorschriften in einem Land eine Besteuerung der Erhebungsgebühren für internationale Fernmeldedienste vorsehen, wird diese Steuer normalerweise nur erhoben, wenn die internationalen Dienste den Kunden in diesem Land in Rechnung gestellt werden, es sei denn, dass andere Regelungen für besondere Umstände getroffen werden."

Zum Vergleich die (authentische) englische Fassung:
"Where, in accordance with the national law of a country, a fiscal tax is levied on collection charges for international telecommunication services, this tax shall normally be collected only in respect of international services billed to customers in that country, unless other arrangements are made to meet special circumstances."

Die französische Fassung lautet:

"Quand la législation nationale d'un pays prévoit l'application d'une taxe fiscale sur la taxe de perception pour les services internationaux de télécommunication, cette taxe fiscale n'est normalement perçue que pour les services internationaux facturés aux clients de ce pays [...]."

Nach der oa. Arbeitsübersetzung des französischen Textes ist kein signifikanter Unterschied zwischen dem englischen und dem deutschen Text festzumachen.

Daraus kann unschwer geschlossen werden, dass dem Staat der Leistungserbringung der Telekommunikationsdienstleistung ein Recht auf Besteuerung zusteht, wenn diese Erhebungsgebühr (Entgelt) den Kunden dieses Landes in Rechnung gestellt wird. Da unter Kunde dieses Landes hier wohl primär der ausländische Telekommunikationsanbieter (Leistung 1, s. später) verstanden wird, gibt das Abkommen keine näheren Aufschlüsse, wer nun Kunde sei.

Die oa. Formulierungen lassen sich in ihrer Allgemeinheit nur interpretativ auf die umsatzsteuerlichen Regelungen der Besteuerung der Telekommunikationsdienstleistungen übertragen, zumal sie noch aus einer Zeit stammen (1988), wo Telekommunikationsdienstleistungen von der staatlichen Hoheitsverwaltung betrieben wurden (Post- und Fernmeldemonopol abgeleitet aus dem früheren landesfürstlichen Postregal).

Die Post war bis zur Ausgliederung () durch das PoststrukturG, BGBl 201/1996, eine Einrichtung des Bundes zur Wahrnehmung der Aufgaben des Postwesens. Hiezu gehörte vor allem die ordnungsgemäße Abwicklung des dem Bund vorbehaltenen Rechts zur Beförderung von Nachrichtensendungen (Walter/Mayer2, 511). Nach hA übte der Bund in diesem Bereich - obwohl auch bei der Beförderung von Nachrichtensendungen bereits Konkurrenzsituationen bestanden - öffentliche Gewalt aus, sodass die Tätigkeit der Post nach allgemeinen Grundsätzen nicht als BgA zu qualifizieren war (). Gleiches galt für die Leistungen des Bundes in Wahrnehmung der sog. Fernmeldehoheit (Walter/Mayer2, 517 f). Aus Gründen der Wettbewerbsgleichheit wurden in diesem Bereich jedoch schon nach dem UStG 1972 bestimmte Tätigkeiten als unternehmerisch qualifiziert. Dies war einerseits die Beförderung von Personen durch die Post und andererseits (seit ) die Lieferung (nicht auch die Vermietung) von Fernsprechnebenstellenanlagen (Ruppe/Achatz in Ruppe/Achatz (Hrsg), Umsatzsteuergesetz: Kommentar5 (2017) zu § 2 UStG Rz 227).
Die Tätigkeit des Bundes im Rahmen des Fernmeldewesens galt - konform mit der 6. MwSt-RL - als unternehmerisch (§ 2 Abs. 4 Z 2), nach § 29 Abs. 1 wurden die Umsätze in diesem Bereich jedoch befreit, ausgenommen die Lieferung von Fernsprechnebenstellenanlagen (somit keine Änderung gegenüber UStG 1972). Die Befreiung beruhte auf dem Beitrittsvertrag. (Ruppe/Achatz in Ruppe/Achatz (Hrsg), Umsatzsteuergesetz: Kommentar5 (2017) zu § 2 UStG Rz 228). In ähnlicher Weise erfolgte die Privatisierung des Fernmeldewesens in Deutschland im Jahr 1998.

Das Melbourne-Abkommen wurde allerdings zehn Jahre früher vereinbart. Daher erklären sich auch die nach heutiger Lesart eher fremd anmutenden Formulierungen, wie Erhebungsgebühr oder Steuergebühr, was in der entsprechenden Begriffswelt des Umsatzsteuergesetzes nichts anderes ist, als Entgelt und Umsatzsteuer, wobei natürlich keineswegs als Allgemeingut vorausgesetzt werden kann, dass sämtliche Unterzeichnerstaaten ein der Mehrwehrsteuersystemrichtlinie entsprechendes Besteuerungssystem verwendeten, (Nettoallphasenumsatzsteuer mit der Subtraktionsmethode des Vorsteuerabzuges, Ruppe-Achatz, UStG 19945, Einf. Rz. 5), zumal Österreich die Bruttoallphasenumsatzsteuer des UStG 1959, das im Wesentlichen noch auf dem deutschen UStG 1934 aufbaute, auch erst 1973 mit dem UStG 1972 abschaffte.

Wie von der Bf. bereits in der Beschwerde und im Gutachten richtig erkannt, liegen bei einem "Roaming"- Angebot zwei getrennte Leistungen vor, nämlich
- Leistung 1: Inländisches Telekommunikationsunternehmer stellt dem Drittlands-Telekommunikationsunternehmen ihr Mobilnetz zur Verfügung (Roaminggebühr, Netzbenützungsentgelt, Miete) und
- Leistung 2: Drittlands-Telekommunikationsunternehmen erbringt an seine im Inland aufhältigen Kunden die eigentliche Mobilfunkleistung in Form von Sprachtelefonie, SMS-Mitteilungen oder sog. Datenroaming.

Die nähere Untersuchung der umsatzsteuerlichen Behandlung ist hier auch nicht weiter strittig, da die umsatzsteuerliche Entlastung der Vorleistung ohnehin über den Vorsteuerabzug des ausländischen Leistungsempfängers erfolgt.

Der Autor führte dazu ausdrücklich aus, der vorliegende Beitrag untersuche Fragen der umsatzsteuerlichen Behandlung der Leistung 2 in Österreich mit Blick auf mögliche Auswirkungen von Österreich in diesem Bereich geschlossener völkerrechtlicher Abkommen. Gerade dies kann im Zusammenhang mit dem von der Bf. rekurrierten Art. 6.1.3. nicht unbesehen übertragen werden, zumal es der Abkommenstext offenlässt, ob er ausschließlich die erste, die zweite oder beide Leistungsbeziehung(en) meint.

Im Mehrwertsteuerausschuss ist 1987 einstimmig eine Leitlinie verabschiedet worden, wonach die Leistungen zwischen Diensteanbietern befreit werden, wenn sie zwischen öffentlichen Diensteanbietern erfolgen. Für eine solche Maßnahme fehlte allerdings eine Rechtsgrundlage und sie führte zu einer Diskriminierung gegenüber privaten Diensteanbietern. Derzeit ist die Leitlinie kaum anwendbar, da es fast nur mehr private Diensteanbieter gibt. (Mehrwertsteuer: Kommentar, Ecker/Epply/Rößler/Schwab § 3a Abs 4 bis 16 vor - Kommentierung, Rz. 277).
Aus dem Melbourne-Abkommen wird vielfach geschlossen, dass die Leistungen zwischen den Netzbetreibern steuerfrei sind. Nach Vellen, UR 1997, 208, kann aus dem Abkommen weder eine Befreiung, noch weniger eine Verpflichtung, eine entsprechende Befreiung zu gewähren, abgeleitet werden (ebenso Reiß/Kraeusel/Langer, Umsatzsteuergesetz, Loseblatt, deutsch, Tz. 210.14 zu § 3a). Käme man zu einer Steuerbefreiung, müsste diese zum Verlust des Vorsteuerabzuges führen (Mehrwertsteuer: Kommentar, Ecker/Epply/Rößler/Schwab § 3a Abs. 4 bis 16 vor - Kommentierung, Rz. 279). Diese Ansicht wird im Hinblick auf die Erwähnung "vergleichbar mit den Befreiungen für die den Ausfuhrumsätzen gleichgestellten Umsätze" nicht geteilt werden können, da der Mehrsteuerausschuss wahrscheinlich eine sog. echte Befreiung im Auge hatte, wenngleich wesentliche andere Vorleistungen außer "Roaminggebühren" im Inland bei einem ausländischen Telekommunikationsunternehmen kaum anfallen werden.

Aus der oa. Interpretation des Mehrwertsteuerausschusses:
"(LEITLINIEN AUS DER 22. SITZUNG vom 19.-, XXI/889/87
e) Steuerliche Behandlung von Fernmeldeleistungen
Die Ausschußmitglieder befürworten einstimmig:
1. die Anwendung des Artikels 15 Nummer 8 auf die Fernmeldeleistungen an Seeschiffe;
2.
Aus Vereinfachungsgründen
a) eine Steuerbefreiung - vergleichbar mit den Befreiungen für die den Ausfuhrumsätzen gleichgestellten Umsätze - der Netzüberlassung zwischen den öffentlichen Fernmeldeverwaltungen der Mitgliedstaaten;

b) die Fernmeldeleistungen an Bord von Seeschiffen, die sich in internationalen Gewässern befinden oder auf einer kurzen Strecke die Gewässer des Hoheitsgebietes befahren, als außerhalb des territorialen Anwendungsbereichs der Steuer erbracht anzusehen.)"

lässt sich ableiten, dass dem Mehrwertsteuerausschuss der Inhalt des Melbourne-Abkommens, zumindest im Entwurfsstadium bekannt gewesen sein dürfte, hinsichtlich der ersten Leistungsbeziehung (inländisches Telekommunikationsunternehmen an drittländisches Telekommunikationsunternehmen eine Steuerbefreiung ableiten wollte, was auch bedeuten könnte, dass die hier strittige zweite Leistungsbeziehung (drittländische Telekommunikationsunternehmen an drittländische Kunden) vom Melbourne-Abkommen gar nicht betroffen ist.

Was die im Rahmen der Internationalen Fernmeldeunion (International Telecommunication Union, ITU), einer Organisation im Rahmen der Vereinten Nationen, "International Telecommunication Regulations" abgeschlossenen Abkommen anlangt, können diese dem Richtliniengesetzgeber als bekannt vorausgesetzt werden. Der bloße Hinweis, dass Steuern auf internationale Telekommunikationsleistungen nur Kunden im Inland vorgeschrieben werden sollen/dürfen, kann in dieser Allgemeinheit keine ausschlaggebende Bedeutung erlangen, zumal derartige Steuern in der Regel aus Telekommunikationsdienstleistungen regelmäßig über den Telekommunikationsanbieter im Inland (aus der Sicht des ansässigen Kunden) vorgeschrieben/weiterbelastet werden. Eine Direktvorschreibung an den ausländischen Kunden im Roamingstaat findet wohl aus praktischen Gründen deshalb nicht statt, da der inländische Roaminganbieter seine Leistungen einerseits gegenüber dem ausländischen Telekommunikationsbetreiber erbringt, der sie dann seinen Kunden weiterverrechnet und andererseits der Endkunde zu ihm in keiner Leistungsbeziehung steht, da er ihm gar nicht bekannt ist. Diesen könnte er mangels Kenntnis auch keine Roaminggebühren in Rechnung stellen. Ob die Roaminggebühren nun gesondert oder in Form von "Auslandsmobiltelekommunikationspaketen" pauschaliert oder diese dem Endkunden einzeln weiterverrechnet werden, macht in der rechtlichen Beurteilung keinen Unterschied. Ob darin auch ausländische Abgaben/Gebühren etc. enthalten sind, ist dem Kunden in der Regel auch nicht bekannt, zumal Telekommunikationsanbieter ihren Kunden ihre Preiskalkulation nicht einmal bei der Einzelverrechnung der Roaming-Einheiten offenlegen. Eine allgemeine Steuerfreistellung von Roaminggebühren und ein derart weitgehender Eingriff in das Besteuerungsrecht der Staaten kann daraus nicht abgeleitet werden. Es dürfte lediglich eine Regelung sein, in welchem Staat entsprechende Steuern vorgeschrieben werden (, ). Wie eventuelle ausländische Zwischenhändler wie die Bf. zu besteuern sind, kann daraus nicht abgeleitet werden.

Nach hg. Ansicht erlaubt Pkt. 6.1.3. des Abkommens eine Besteuerung der Erhebungsgebühren (Entgelte), wenn diese internationalen Dienste in diesem Land in Rechnung gestellt werden. Sollten die inländischen Telekommunikationsdienstleister keine "Leitungsgebühren" in Rechnung stellen, stellt sich das Problem ohnedies nicht. Sobald jedoch für internationale Fernmeldedienste Entgelte in Rechnung gestellt werden, darf auch eine Besteuerung im Inland erfolgen. Abgesehen davon kann auch in Frage gestellt werden, ob überhaupt internationale Fernmeldedienste beim verrechneten Roaming vorliegen, da es vorwiegend um die Nutzung der inländischen Mobilfunkinfrastruktur geht, die vom inländischen Telekommunikationsanbieter weiterverrechnet wird. Der ausländische Kunde der Bf. nutzt auch das inländische Mobilfunknetz, ohne das eine Verbindung zum heimischen Mobiltelefonnetz nicht herstellbar wäre. Es ist daher ein ausreichender Inlandsbezug gegeben, der von der Judikatur ohnehin nicht weiter in Frage gestellt wird. Die vergleichbare Benützung inländischer Autobahnen und Schnellstraßen durch ausländische oder inländische Fahrzeuge zu Lande wird ebenfalls unbestrittenermaßen als Inlandsleistung qualifiziert.

Abgesehen davon hatte die Mobiltelefonie nach dem Stand der Technik bei der Konferenz von Melbourne vom 28.11.- (WATCC-88) noch nicht einmal GSM-Standard. Das Global System for Mobile Communications (früher Groupe Spécial Mobile, GSM) ist ein 1990 eingeführter Mobilfunkstandard für volldigitale Mobilfunknetze, der hauptsächlich für Telefonie, aber auch für leitungsvermittelte und paketvermittelte Datenübertragung sowie Kurzmitteilungen (Short Messages) genutzt wurde. Es ist der erste Standard der sogenannten zweiten Generation ("2G") als Nachfolger der analogen Systeme der ersten Generation (in Deutschland: A-Netz, B-Netz und C-Netz) und war der weltweit am meisten verbreitete Mobilfunk-Standard.

Auch der Interpretation der Bf., Art 6.1.3. des Melbourne Abkommens sei als zwingende Leistungsortregelung zu verstehen, die einen Besteuerungsverzicht festlege, kann nicht gefolgt werden:

Aus der Wortfolge "this tax shall normally be collected" ist abzuleiten, dass es hier um eine grundsätzliche Zuordnung geht, von der Ausnahmen bestehen. Dazu passt auch der letzte Satzteil, der lautet: "unless other arrangements are made to meet special circumstances".

"Normally" bedeutet in diesem Zusammenhang "üblicherweise", "in der Regel" oder "im Allgemeinen". Um besonderen Umständen Rechnung zu tragen, können auch andere Regelungen getroffen werden. Gerade die Einführung neuer Technologien, die das Telefonieren im Ausland über Roaming überhaupt erst ermöglichte, ist nach Ansicht des BFG ein solcher besonderer Umstand, der andere Regelungen begründet.

Soweit eingewandt wird, die Mitgliedstaaten hätten bei der Bestimmung der Leistungsorte das Melbourne-Abkommen immer mitgedacht und daher bewusst den Leistungsort von Telekommunikationsdienstleistungen nicht verlagert, widerspricht diese Sichtweise dem 22. Erwägungsgrund der Mehrwertsteuerrichtlinie (vgl dazu bereits den in , "SK Telecom", Rn. 3 angegebenen unionsrechtlichen Rahmen):
"Sämtliche Telekommunikationsdienstleistungen, die in der Europäischen Union in Anspruch genommen werden, sollten besteuert werden, um Wettbewerbsverzerrungen in diesem Bereich vorzubeugen. Um dieses Ziel zu erreichen, sollten Telekommunikationsdienstleistungen, die an in der Union ansässige Steuerpflichtige oder an in Drittländern ansässige Dienstleistungsempfänger erbracht werden, grundsätzlich an dem Ort besteuert werden, an dem der Dienstleistungsempfänger ansässig ist. Damit Telekommunikationsdienstleistungen, die von in Drittgebieten oder Drittländern ansässigen Steuerpflichtigen an in der Union ansässige Nichtsteuerpflichtige erbracht und in der Union tatsächlich genutzt oder ausgewertet werden, einheitlich besteuert werden, sollten die Mitgliedstaaten jedoch festlegen, dass sich der Ort der Dienstleistungen in der Union befindet."

Die Wortfolge "in der Union tatsächlich genutzt oder ausgewertet" ist durchaus wörtlich zu verstehen. Hätte der Unionsgesetzgeber gewollt, dass mit "Telekommunikationsdienstleistungen, die in der Gemeinschaft in Anspruch genommen werden" nur solche gemeint sind, die "an in der Gemeinschaft ansässige Personen erbracht werden" (so das Vorbringen der Bf.), ergäbe der gesamte Erwägungsgrund 22 der RL 2006/112/EG keinen Sinn.
Telekommunikationsdienstleistungen an Nichtunternehmer aus der EU würden nämlich bereits grundsätzlich an dem Ort besteuert, an dem der Dienstleistungsempfänger ansässig ist. Daher hätte es keiner Änderung des Leistungsortes bedurft.

Es ist daher davon auszugehen, dass die vom EuGH getroffene Feststellung, die Telekom-VO BGBl. II Nr. 383/2003 idF BGBl. II Nr. 221/2009 auch im Lichte des Melbourne-Abkommens Gültigkeit hat und dem Unionsrecht entspricht.

Warum gerade eine entsprechende Steuerfreistellung von Roamingentgelten aus den Melbourne-Abkommen abgeleitet werden soll, wo doch selbst die Erhebung von Roamingentgelten für die Benutzung der inländischen Mobilfunkinfrastruktur von der Bf. nach dem Abkommen nicht weiter in Frage gestellt wird, erhellt sich nicht.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall gibt es keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob das Melbourne-Agreement Auswirkungen auf die Unionsrechtskonformität der Telekom-VO hat, weshalb die Revision zuzulassen war.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise




UStR 2000, Umsatzsteuerrichtlinien 2000 Rz 2386

ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.2100046.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at