Säumniszuschlag und Insolvenzverfahren
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R.*** in der Beschwerdesache Rechtsanwältin ***MV***, ***Adr.MV*** als Masseverwalterin im Insolvenzverfahren der ***X*** GmbH, ***Adr.***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Festsetzung eines dritten Säumniszuschlages zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***Datum1*** wurde über das Vermögen der ***X*** GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwältin ***MV*** zur Masseverwalterin bestellt.
Mit einem an die Masseverwalterin gerichteten Bescheid vom setzte die belangte Behörde von der Körperschaftsteuer 10-12/2023 in Höhe von € 10.104,00 einen dritten Säumniszuschlag in Höhe von € 101,04 fest. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Festsetzung erforderlich gewesen sei, weil die genannte Abgabenschuldigkeit nicht spätestens drei Monate nach dem Tag, an dem der zweite Säumniszuschlag verwirkt gewesen sei, entrichtet worden sei.
In der dagegen eingebrachten Beschwerde vom führte die Masseverwalterin aus, dass ein dritter Säumniszuschlag für die Körperschaftsteuer 10-12/2023, die eine Insolvenzforderung darstelle, vorgeschrieben worden sei. Der dritte Säumniszuschlag sei nach Eröffnung des gegenständlichen Insolvenzverfahrens festgesetzt worden. Die Entrichtung der eine Insolvenzforderung darstellenden Abgabe, Körperschaftsteuer 10-12/2023, würde der Insolvenzordnung zuwiderlaufen. Zudem würde der 3. Säumniszuschlag der gleichmäßigen Befriedigung der Quotengläubiger widersprechen, sodass die Vorschreibung des dritten Säumniszuschlages gesetzlich und auch nach der Rechtsprechung nicht mehr zulässig sei ().
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab und führte nach Zitierung des § 217 BAO aus, dass die Körperschaftsteuer 10-12/2023 nicht spätestens 3 Monate nach Verwirkung des zweiten Säumniszuschlages entrichtet worden sei, weshalb ein dritter Säumniszuschlag in der Höhe von € 101,04 festgesetzt worden sei.
Die Entrichtung gegenständlichen Säumniszuschlages habe nach Maßgabe der Bestimmungen der Insolvenzordnung zu erfolgen.
Weiters werde bemerkt, dass die Entstehung des Abgabenanspruches () und des gesetzlichen Fälligkeitstages () vor der mit ***Datum1*** erfolgten Eröffnung des Insolvenzverfahrens liege und somit ein Säumniszuschlag vorzuschreiben sei, auch wenn die Anforderung mittels Bescheid erst nach Insolvenzeröffnung erfolgt sei.
Dagegen brachte die Masseverwalterin am einen Vorlageantrag ein. Richtig sei, dass die Entstehung des Abgabenanspruches und der gesetzliche Fälligkeitstag vor Insolvenzeröffnung liege. Dies berechtige die Finanzverwaltung jedoch nur, den ersten Säumniszuschlag, der sodann eine Insolvenzforderung darstelle, zu verhängen. Für den zweiten und dritten Säumniszuschlag komme es darauf an, ob vor dem Anspruch auf den zweiten und dritten Säumniszuschlag bereits ein Insolvenzverfahren eröffnet worden sei oder nicht.
Der dritte Säumniszuschlag sei erst nach Eröffnung des gegenständlichen Insolvenzverfahrens festgesetzt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei also eine Entrichtung der eine Insolvenzforderung darstellenden Abgabe gesetzlich nicht zulässig, sodass der dritte Säumniszuschlag nicht mehr verhängt hätte werden dürfen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
§ 217 BAO lautet (auszugsweise):
(1) Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.
(2) Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.
(3) Ein zweiter Säumniszuschlag ist für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt ihrer Vollstreckbarkeit (§ 226) entrichtet ist. Ein dritter Säumniszuschlag ist für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung des zweiten Säumniszuschlages entrichtet ist. Der Säumniszuschlag beträgt jeweils 1% des zum maßgebenden Stichtag nicht entrichteten Abgabenbetrages. Die Dreimonatsfristen werden insoweit unterbrochen, als nach Abs. 4 Anbringen oder Amtshandlungen der Verpflichtung zur Entrichtung von Säumniszuschlägen entgegenstehen. Diese Fristen beginnen mit Ablauf der sich aus Abs. 4 ergebenden Zeiträume neu zu laufen.
(4) Säumniszuschläge sind für Abgabenschuldigkeiten insoweit nicht zu entrichten, als
a) ihre Einhebung gemäß § 212a ausgesetzt ist,
b) ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 gehemmt ist,
c) ein Zahlungsaufschub im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz nicht durch Ausstellung eines Rückstandsausweises (§ 229) als beendet gilt,
d) ihre Einbringung gemäß § 231 ausgesetzt ist.
Gemäß § 226 BAO sind Abgabenschuldigkeiten, die nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werden, in dem von der Abgabenbehörde festgesetzten Ausmaß vollstreckbar; solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbst berechnete und der Abgabenbehörde bekanntgegebene Betrag. Dies gilt sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt.
Säumniszuschläge fallen grundsätzlich immer dann an, wenn Abgaben nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werden und keine im Gesetz taxativ aufgezählten Aufschiebungsgründe oder Ausnahmetatbestände gesetzt wurden. Die Fälligkeit von Abgaben ist in den einschlägigen Abgabenvorschriften geregelt.
Gemäß § 24 Abs. 3 KStG gilt für die Veranlagung und Entrichtung der Steuer Folgendes:
1. Es sind die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes 1988 über die Veranlagung und Entrichtung sinngemäß anzuwenden.
Gemäß § 45 Abs. 2 EStG sind die Vorauszahlungen zu je einem Viertel am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November zu leisten.
Die Körperschaftsteuer 10-12/2023 war demzufolge am fällig und wurde mit Ablauf dieses Tages infolge Nichtentrichtung gemäß § 226 BAO vollstreckbar. Da die Abgabenschuldigkeit nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt der Vollstreckbarkeit entrichtet wurde, war gemäß § 217 Abs. 3 erster Satz BAO mit Ablauf des ein zweiter Säumniszuschlag verwirkt.
Unbestritten ist, dass mit Bescheid vom ein erster Säumniszuschlag und mit Bescheid vom ein zweiter Säumniszuschlag infolge nicht zeitgerechter Entrichtung der Körperschaftsteuervorauszahlung 10-12/2023 festgesetzt wurden.
Da die Abgabenschuldigkeit nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung des zweiten Säumniszuschlages - somit nicht bis - entrichtet wurde, entstand die Verpflichtung zur Entrichtung eines dritten Säumniszuschlages.
Der dritte Säumniszuschlag war demnach bereits vor der Eröffnung des Konkursverfahrens (dies war der ***Datum1***) verwirkt. Die Höhe des Säumniszuschlages ist unbestritten. Die Masseverwalterin meint jedoch, dass der dritte Säumniszuschlag erst nach Insolvenzeröffnung festgesetzt worden sei.
Dem Beschwerdevorbringen ist zu entgegnen, dass nur dann, wenn die Fälligkeit einer vor Konkurseröffnung entstandenen Abgabenschuldigkeit nach der Eröffnung des Konkursverfahrens eintritt, bei einer verspäteten Entrichtung keine Pflicht zur Entrichtung des Säumniszuschlages entstehen kann, weil diesfalls die insolvenzrechtlichen Fälligkeitsregelungen den abgabenrechtlichen Vorschriften vorgehen. Liegt die Fälligkeit der Abgaben noch vor der Konkurseröffnung, sind jedoch die abgabenrechtlichen Vorschriften anzuwenden.
Angemerkt wird in diesem Zusammenhang, dass der Verweis der Masseverwalterin auf das Erkenntnis des , ins Leere geht, zumal diesem ein anderer Sachverhalt zu Grunde liegt (Eine nachgeforderte Umsatzsteuervorauszahlung wurde nicht spätestens am vorgeschriebenen, in die Zeit nach Konkurseröffnung fallenden Fälligkeitstag entrichtet).
Im gegenständlichen Fall steht - wie sich aus den bisherigen Ausführungen ergibt - fest, dass die zuschlagsauslösende Abgabe vor Konkurseröffnung entstanden und zum vor Konkurseröffnung liegenden Fälligkeitstermin nicht entrichtet wurde. Hinsichtlich des festgesetzten zweiten Säumniszuschlages steht fest, dass dieser bereits vollstreckbar war und die dreimonatige Frist ab Eintritt der Vollstreckbarkeit für die Entrichtung vor Konkurseröffnung abgelaufen war. Ebenso war der dritte Säumniszuschlag bereits vor Konkurseröffnung verwirkt.
Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages entsteht nicht erst mit seiner bescheidmäßigen Geltendmachung, sondern bereits mit Ablauf des für die Entrichtung der betreffenden Abgabe maßgeblichen Fälligkeitstages. Eine solchermaßen eingetretene Verpflichtung erlischt nicht dadurch, dass in der Folge das Konkursverfahren über das Vermögen des Abgabenschuldners eröffnet wird. Vielmehr kann sie auch nach diesem Zeitpunkt bescheidmäßig geltend gemacht werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen für die Säumniszuschlagspflicht vor Konkurseröffnung zutreffen ( mit Hinweis auf ).
Säumniszuschläge zählen zu den Abgaben iSd Bundesabgabenordnung (§ 3 Abs. 2 lit. d BAO). Erst im Abgabeneinhebungsverfahren muss der Tatsache der Konkurseröffnung Rechnung getragen werden, die Durchsetzung der Steueransprüche richtet sich dann nach den Regeln der Insolvenzordnung (vgl. Kofler/Kristen, Insolvenz und Steuern, Orac Verlag, Wien 2000, S. 11).
Ergänzend dazu:
Bei einem Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages handelt es sich um einen Abgabenbescheid im Sinne des § 198 BAO. Wie jeder Bescheid hat auch ein Abgabenbescheid im Spruch die Person zu nennen, an die er ergeht (§ 93 Abs. 2 BAO). Darüber hinaus haben Abgabenbescheide (nach § 198 Abs. 2 erster Satz BAO) im Spruch zu enthalten (vgl. Ritz, BAO5, § 198 Tz. 10):
Art und Höhe der Abgaben,
Zeitpunkt der Fälligkeit und
die Bemessungsgrundlagen.
Die Formulierung: "Dieser Säumniszuschlag ist bis zu entrichten." hat insoweit einen normativen Inhalt, als damit ein Fälligkeitstag festgesetzt wurde.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zB. ) gehen die insolvenzrechtlichen Fälligkeitsregelungen den abgabenrechtlichen Vorschriften vor.
Bei der vor Insolvenzeröffnung entstandenen, jedoch erst nach Insolvenzeröffnung geltend gemachten Abgabenforderung handelt es sich um eine im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung befristete Forderung, deren materiell-rechtliche Fälligkeit nach Maßgabe der Abgabenvorschriften erst nach Insolvenzeröffnung eingetreten ist.
Nach § 14 Abs. 2 IO gelten betagte, also befristete Forderungen im Konkurs als fällig. Die Fälligkeit nach dieser Bestimmung ist anzunehmen, soweit es zum Zweck der Geltendmachung im Insolvenzverfahren erforderlich ist, also insbesondere zur Feststellung der Forderungen, zur Teilnahme an Abstimmungen und Verteilungen, zur Vornahme der Aufrechnung. Diese insolvenzspezifische, auf den Insolvenzteilnahmeanspruch bezogene Fälligstellung der Forderung ändert allerdings materiell-rechtlich an der Fälligkeit der Forderung nichts; so bleibt beispielsweise der vorgegebene Leistungstermin weiterhin maßgeblich für allfällige Verzugsfolgen. Außerhalb des Insolvenzverfahrens kann die Forderung nur geltend gemacht werden, wenn materiell-rechtlich die Fälligkeit eingetreten ist ( unter Hinweis auf ).
Die auf Grund der Bestimmungen des § 210 BAO während eines Insolvenzverfahrens eingetretene Fälligkeit einer Abgabe wird nicht dadurch beseitigt, dass im Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgabe infolge der insolvenzrechtlichen Bestimmungen die Befriedigung dieser Forderung nicht Platz greifen konnte (vgl. dazu auch ). Demnach konnte die belangte Behörde sowohl den Säumniszuschlag als auch nach Maßgabe des § 210 Abs. 1 BAO einen Fälligkeitstag festsetzen. Der angefochtene Bescheid erweist sich damit nicht als rechtswidrig.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall sind die zu klärenden Rechtsfragen durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden, sodass eine Revision nicht zulässig ist.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 226 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 217 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7103143.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at