Zurückweisung einer Beschwerde, da die Frist mit der ersten Verständigung der elektronischen Zustellung zu laufen beginnt
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Gertraud Hausherr in der Verwaltungsstrafsache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , Zahl: MA67/***1***/2024, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 51/2005, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 9/2006 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 24/2012, den Beschluss gefasst:
I. Gemäß §§ 28 Abs. 1, 31 und 50 VwGVG wird die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.
Begründung
Mit Straferkenntnis vom , Zahl: MA67/***1***/2024, hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, als belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei ***Bf1*** angelastet, sie habe die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt in dem sie das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***2*** am um 10:06 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1030 Wien, ***3***, abgestellt habe, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben.
Dadurch habe die beschwerdeführende Partei die Rechtsvorschrift des § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung, verletzt.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung werde über die beschwerdeführende Partei gemäß § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von € 60,00 sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt.
Ferner habe die beschwerdeführende Partei gemäß § 64 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG einen Betrag von € 10,00 als Mindestbeitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) betrage daher € 70,00.
Das Straferkenntnis enthält folgende, auszugsweise wiedergegebene, Rechtsmittelbelehrung:
"Sie haben das Recht gegen diesen Bescheid Beschwerde zu erheben.
Die Beschwerde ist innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des Bescheides schriftlich bei uns einzubringen."
Die Zustellung des angefochtenen Straferkenntnisses wurde von der Behörde auf elektronischem Wege mit Zustellnachweis angeordnet. Die erste elektronische Verständigung erging am , die zweite 48 Stunden später. Der Beschwerdeführer hat das Straferkenntnis am übernommen (Übernahmebestätigung Formular elektronische Zustellung mit Zustellnachweis) und mit E-Mail am Beschwerde erhoben. Eine inhaltsgleiche Beschwerde wurde schriftlich mit Einschreiben am postalisch aufgegeben.
Das Bundesfinanzgericht setzte den Beschwerdeführer mit Verspätungsvorhalt vom in Kenntnis, dass das am eingebrachte Rechtsmittel nach der Aktenlage verspätet erscheine, da die vierwöchige Rechtsmittelfrist am abgelaufen sei. Aus dem im Verfahrensakt aufliegenden Zustellnachweis gehe hervor, dass das beschwerdegegenständliche Straferkenntnis am ersten Werktag nach der Versendung der ersten elektronischen Verständigung, das sei der gewesen, als zugestellt rechtmäßig anzusehen sei. Der beschwerdeführenden Partei werde Gelegenheit geboten, diesen Sachverhalt zur Kenntnis zu nehmen und innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens eine Stellungnahme abzugeben und gegebenfalls eine mangelhafte Zustellung geltend zu machen.
Der Vorhalt des Bundesfinanzgerichts wurde folgendermaßen beantwortet:
"Am und hatte ich keine sichere Internetverbindung zu Verfügung. Aus Sicherheitsrelevanten Gründen habe ich das Dokument erst am über mein Heimnetzwerk von der ID-Austria abrufen können. Des Weiteren ist das Ende der Abholfrist in der E-Mail mit datiert. […] Diese Angaben sorgen für Verwirrung, Früher gab es diese Probleme nicht. Somit wurde meiner Meinung, diese sowie alle vorangegangenen Einsprüche rechtzeitig übermittelt. Die Serverprobleme beim Empfänger bei dieser Übermittlung bereitet noch zusätzlichen Stress und ich habe zusätzlich einen Brief mittels Einschreiben (Fristgerecht) an die MA67 gesendet. […] Ich entschuldige mich für die Unannehmlichkeiten und bitte Sie um weitere Bearbeitung des gegenständlichen Vorwurfs, dass ich am gegen das Parkometergesetz verstoßen hätte."
Über die Beschwerde wurde erwogen:
§ 7 VwGVG normiert:
"(4) Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit) [...] beträgt vier Wochen. Sie beginnt
1. in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG (wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet) dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung."
§ 35 Zustellgesetz normiert:
"(1) Der im Auftrag der Behörde tätige Zustelldienst hat im Fall einer Zustellung mit Zustellnachweis bzw. nachweislichen Zusendung bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 erster Satz die Daten gemäß § 29 Abs. 1 Z 6 an das Anzeigemodul zu übermitteln. Das Anzeigemodul hat den Empfänger unverzüglich davon zu verständigen, dass ein Dokument für ihn zur Abholung bereitliegt. Diese elektronische Verständigung ist an die dem Teilnehmerverzeichnis gemäß § 28b Abs. 1 Z 4 bekanntgegebene elektronische Adresse des Empfängers zu versenden. Hat der Empfänger mehrere solcher Adressen bekanntgegeben, so ist die elektronische Verständigung an alle Adressen zu versenden; für die Berechnung der Frist gemäß Abs. 2 erster Satz ist der Zeitpunkt der frühesten Versendung maßgeblich. Die elektronische Verständigung hat jedenfalls folgende Angaben zu enthalten:
1. Absender,
2. Datum der Versendung,
3. Internetadresse, unter der das zuzustellende Dokument zur Abholung bereitliegt,
4. Ende der Abholfrist,
5. Hinweis auf das Erfordernis einer Bürgerkarte (§ 2 Z 10 E-GovG) bei der Abholung von Dokumenten, die mit Zustellnachweis zugestellt oder als nachweisliche Zusendung übermittelt werden sollen und
6. Hinweis auf den Zeitpunkt, mit dem die Zustellung wirksam wird.
Soweit dies erforderlich ist, hat der Bundesminister für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort durch Verordnung nähere Bestimmungen über die elektronischen Verständigungsformulare zu erlassen.
(2) Wird das Dokument nicht innerhalb von 48 Stunden abgeholt, so hat eine zweite elektronische Verständigung zu erfolgen; Abs. 1 vierter Satz ist sinngemäß anzuwenden.
(3) Die Abholung des bereitgehaltenen Dokuments kann ausschließlich über das Anzeigemodul erfolgen. Der Zustelldienst hat sicherzustellen, dass zur Abholung bereitgehaltene Dokumente nur von Personen abgeholt werden können, die zur Abholung berechtigt sind und im Falle einer Zustellung mit Zustellnachweis oder einer nachweislichen Zusendung ihre Identität und die Authentizität der Kommunikation mit der Bürgerkarte (§ 2 Z 10 E-GovG) nachgewiesen haben. Zur Abholung berechtigt sind der Empfänger und, soweit dies von der Behörde nicht ausgeschlossen worden ist, eine zur Empfangnahme bevollmächtigte Person. Identifikation und Authentifizierung können auch durch eine an die Verwendung sicherer Technik gebundene Schnittstelle erfolgen. Der Zustelldienst hat alle Daten über die Verständigungen gemäß Abs. 1 und 2 und die Abholung des Dokuments zu protokollieren und dem Absender unverzüglich zu übermitteln; die Gesamtheit dieser Daten bildet den Zustellnachweis.
(4) Der Zustelldienst hat das Dokument zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten und nach Ablauf weiterer acht Wochen zu löschen.
(5) Ein zur Abholung bereitgehaltenes Dokument gilt jedenfalls mit seiner Abholung als zugestellt.
(6) Die Zustellung gilt als am ersten Werktag nach der Versendung der ersten elektronischen Verständigung bewirkt, wobei Samstage nicht als Werktage gelten. Sie gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass die elektronischen Verständigungen nicht beim Empfänger eingelangt waren, doch wird sie mit dem dem Einlangen einer elektronischen Verständigung folgenden Tag innerhalb der Abholfrist (Abs. 1 Z 3) wirksam.
(7) Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger
1. von den elektronischen Verständigungen keine Kenntnis hatte oder
2. von diesen zwar Kenntnis hatte, aber während der Abholfrist von allen Abgabestellen (§ 2 Z 4) nicht bloß vorübergehend abwesend war, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an eine der Abgabestellen folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das Dokument abgeholt werden könnte
(8) Wurde dieselbe elektronische Verständigung an mehrere elektronische Adressen versendet, so ist der Zeitpunkt der frühesten Versendung maßgeblich."
Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung wird der Beweis, dass eine Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist, durch den eine öffentliche Urkunde darstellenden Zustellnachweis (Rückschein) erbracht, gegen den jedoch gemäß § 292 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 24 VStG und § 47 AVG der Gegenbeweis zulässig ist. Behauptet jemand, es liege ein Zustellmangel vor, so hat er diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet sind (vgl. , mwN).
Aus dem im Verfahrensakt aufliegenden Zustellnachweis (AS 57) ergibt sich, dass die erste elektronische Verständigung über die Bereithaltung der Abholung des beschwerdegegenständlichen Straferkenntnisses am versendet wurde, die zweite elektronische Verständigung erging am . Das behördliche Dokument wurde am übernommen.
Abgesehen davon, dass die beschwerdeführende Partei nicht in der Lage war seine Aussage hinsichtlich der unsicheren Internetverbindung zum Zeitpunkt der beiden elektronischen Verständigungen durch Vorlage geeigneter Unterlagen zumindest glaubhaft zu machen, wurde damit weder dargetan, dass die elektronischen Verständigungen nicht bei der beschwerdeführenden Partei eingelangt waren, noch, dass sie von den elektronischen Verständigungen keine Kenntnis hatte. Zudem richtet sich der Zustellzeitpunkt nur dann nach der Abholung eines Dokumentes, wenn sie spätestens am ersten Werktag nach der ersten elektronischen Verständigung durchgeführt wird. Die zweiwöchige Abholfrist hat nach der aktuellen Rechtslage keinen Einfluss auf den Zustellzeitpunkt.
Somit geht das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung nach § 45 Abs. 2 AVG davon aus, dass das beschwerdegegenständliche Straferkenntnis am ersten Werktag nach der Versendung der ersten elektronischen Verständigung, das war der , rechtswirksam zugestellt wurde.
Das Straferkenntnis enthielt eine rechtsrichtige Rechtsmittelbelehrung.
Die vierwöchige Frist zur Einbringung der Beschwerde begann daher am und endete am .
Die am und somit nach Ablauf der vierwöchigen Beschwerdefrist eingebrachte Beschwerde gegen das angefochtene Straferkenntnis war daher als verspätet zurückzuweisen.
Da eine nicht rechtzeitig eingebrachte Beschwerde mit Beschluss zurückzuweisen ist, war es dem Bundesfinanzgericht verwehrt, auf das (inhaltliche) Vorbringen einzugehen und eine Sachentscheidung zu treffen.
§ 44 VwGVG normiert:
"(2) Die Verhandlung entfällt, wenn der Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist."
Es war keine mündliche Verhandlung durchzuführen, da die Beschwerde zurückzuweisen war.
Kostenentscheidung
Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
Da das Bundesfinanzgericht einen Beschluss zu fassen hatte, war gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG kein Verfahrenskostenbeitrag vorzuschreiben.
Zur Unzulässigkeit einer Revision
Art. 133 B-VG normiert:
"(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.
(6) Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes kann wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben:
1. wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet;
2. die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht; […]
(9) Auf die Beschlüsse der Verwaltungsgerichte sind die für ihre Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Artikels sinngemäß anzuwenden. Inwieweit gegen Beschlüsse der Verwaltungsgerichte Revision erhoben werden kann, bestimmt das die Organisation und das Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes regelnde besondere Bundesgesetz."
§ 25a VwGG normiert:
"(4) Wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache
1. eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und
2. im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde,
ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig."
Der Begriff der "Verwaltungsstrafsache" schließt auch rein verfahrensrechtliche Entscheidungen, die in einem Verwaltungsstrafverfahren ergehen, ein (vgl. , mwN).
Weil nach § 4 Abs. 1 des Wiener Parkometergesetzes 2006 lediglich eine Geldstrafe von bis zu € 365 und keine primäre Freiheitsstrafe verhängt werden darf, ist eine Revision durch die beschwerdeführende Partei unzulässig (vgl. VwGH, , Ra 2022/16/0080, mwN).
Da sich die rechtlichen Konsequenzen einer verspätet eingebrachten Beschwerde aus dem Gesetz ergeben, war die Revision für die belangte Behörde im gegenständlichen Fall für nicht zulässig zu erklären.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 35 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 § 7 Abs. 4 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7500359.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at