Rückerstattung der Grunderwerbsteuer bei Rückkaufvertrag
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RV/7101823/2023-RS1 | wie RV/7101822/2023-RS1 Für die Rückgängigmachung gilt der gleiche Maßstab, wie für das Entstehen der Steuerschuld. Bereits mit dem Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes (eine Aufsandungserklärung ist nicht Tatbestandsvoraussetzung, zB Anwartschaftsvertrag) wird der grunderwerbsteuerpflichtige Tatbestand nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG verwirklicht. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Martin Prokopp, Mahlerstraße 5, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Abweisung eines Antrages gemäß § 17 GrEStG, Steuernummer ***BF1StNr1***, Erfassungsnummer 10-2018, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Die Grunderwerbsteuer wird nicht festgesetzt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Kaufvertrag
Am 31.10./ schlossen die Beschwerdeführerin (kurz: Bf), als Käuferin, und die J-GmbH (kurz: J-GmbH), als Verkäuferin, einen Kaufvertrag über die Liegenschaft EZ-1, inneliegend KG-K, Grdst.Nr. 299/1, im Ausmaß von 1.269 m² ab. Der Kaufpreis wurde einvernehmlich mit € 1,200.000,00 festgesetzt. Für unvorhergesehene Verzögerungen war an die Verkäuferin ein weiterer Betrag von € 51.000,00 zu leisten (vgl. VP. 2.).
Für den Fall, dass das Nutzwertgutachten die Errichtung von mehr als der im Mindestkaufpreis bereits berücksichtigten gewichteter Wohnnutzfläche ermöglicht, war eine Kaufpreisnachzahlung vereinbart (vgl. VP. 3).
Die Grunderwerbsteuer wurde vom Vertragserrichter - ausgehend vom Kaufpreis in Höhe von € 1,251.000,00 - selbstberechnet, der Kaufvertrag wurde anschließend verbüchert.
Antrag auf Rückerstattung der Grunderwerbsteuer
Mit Schriftsatz vom wurde der Antrag gestellt, die selbstberechnete Grunderwerbsteuer zu erstatten. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Vertragsparteien mit Vertrag vom vereinbart hätten, den Erwerbsvorgang vom 31.10./ rückgängig zu machen und vollständig rückabzuwickeln. Zur grundbücherlichen Durchführung wurde ein grundbuchsfähiger "RÜCKKAUFVERTRAG" (siehe Erfassungsnummer 10-2022) abgeschlossen. Zur Bekräftigung dieses Vorbringens wurde der Kaufvertrag vom , der Zahlungsbeleg über die Entrichtung der selbstberechneten Abgaben und der Vertrag vom vorgelegt.
Vertrag vom
Dieser Vertrag trägt die Überschrift "Aktenvermerk Rückabwicklung - ……… (Liegenschaftsadresse) ".
In dieser Urkunde ist ausgeführt, dass im ursprünglichen Kaufvertrag eine gewichtete Fläche von rund 1.700 m² als Geschäftsgrundlage angenommen wurde. Auf dieser Grundlage hätte sich für die Verkäuferin ein Kaufpreisanspruch von rund € 1,700.000 ergeben.
Die Geschäftsgrundlage sei jedoch nicht erreichbar. Bezüglich einer drastischen Flächenreduzierung, die für die Verkäuferin zu einem signifikanten Verlust geführt hätte, konnte kein Einvernehmen hergestellt werden.
Die Vertragsparteien seien daher einvernehmlich übereingekommen, den Verkauf der vertragsgegenständlichen Liegenschaft rückgängig zu machen und die gesamte Transaktion vollständig rückabzuwickeln.
Es wurde weiters vereinbart, noch gesondert einen grundbuchsfähigen Vertrag in notariell beglaubigter Form abzuschließen.
Rückkaufvertrag
In diesem Vertrag vom 12.07./ wurde vereinbart, dass die Bf die Liegenschaft an die ursprüngliche Verkäuferin verkauft und übergibt. Als Kaufpreis wurde ein Betrag von € 1,251.000,00 festgesetzt.
Mit Kaufvertrag vom 14.07./ wurde die Liegenschaft von der J-GmbH als außerbücherliche Eigentümerin weiterveräußert.
Abweisungsbescheid
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag gemäß 17 GrEStG der Bf abgewiesen und dies wie folgt begründet:
"Gemäß § 17 (1)1 GrEStG wird die Steuer auf Antrag nicht festgesetzt, wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit Entstehung der Steuerschuld rückgängig gemacht wird.
Im gegenständlichen Fall erfolgte die vertragliche Rückgängigmachung erst im vierten Jahr nach Entstehung der Steuerschuld. Laut Rückkaufvertrag vom erfolgte die Rückübertragung erst mit Kaufpreiserlag am .
Die mittels Aktenvermerk vom getroffene Vereinbarung, dass der Verkauf der Liegenschaft rückabgewickelt wurde enthält keine Aufsandungserklärung durch die der ursprüngliche Veräußerer den obligatorischen Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums erhalten hätte. Dies wäre jedoch für die Gewährung des § 17 GrEStG erforderlich gewesen, da der ursprüngliche Erwerbsvorgang bereits grundbücherlich durchgeführt war (s. VwGH Erkenntnis vom GZ 2002/16/11)."
Beschwerde
Innerhalb offener Frist wurde von der Bf Beschwerde erhoben und vorgebracht:
"Die belangte Behörde vertritt im angefochtenen Bescheid (wie oben ausgeführt) den Standpunkt, dass die Rückgängigmachung des Erwerbes erst im vierten Jahr nach Entstehung der Steuerschuld erfolgt sei.
Mit Entstehung der Steuerschuld ist der Abschluss des Kaufvertrages am gemeint, sodass die Frist von drei Jahren iSd § 17 GrEStG am endete.
Die belangte Behörde sieht den Vertrag gemäß dem Aktenvermerk vom nicht als ausreichend für die Erfüllung des Tatbestandes des § 17 GrEStG an.
Die belangte Behörde verkennt, dass für die Rückgängigmachung eines Erwerbsvorganges innerhalb von drei Jahren gemäß § 17 GrEStG nur der Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes, nicht aber des Verfügungsgeschäftes erforderlich ist (Arnold/Bodis, Kommentar zum Grundwerbsteuergesetz 1987, Tz 15f zu § 17 GrEStG). Es gilt das gleiche wie für die Entstehung der Steuerschuld aus einem Kaufvertrag gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG. Demnach entsteht die Steuerschuld (im vorliegenden Fall der Anspruch auf Rückerstattung der Grunderwerbsteuer) schon mit Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes, also des schuldrechtlichen Vertrages, durch den der Erwerber (hier die J-GmbH) einen Anspruch auf Übereignung des Grundstückes erwirbt. Diesen Anspruch hat ein Erwerber, wenn er sein Recht auf Ausstellung einer einverleibungsfähigen Urkunde ohne weitere rechtsgeschäftliche Abmachung, also im Klagsweg durchsetzen kann. Auf das Erfüllungsgeschäft (=Verfügungsgeschäft) kommt es nicht an (Arnold/Bodis, aaO, Tz 113f zu § 1 GrEStG mit Hinweisen auf Judikatur des VwGH).
Die J-GmbH hat mit dem Vertrag vom das Recht auf Ausstellung einer einverleibungsfähigen Urkunde erlangt, weil die Vertragsparteien im letzten Absatz vereinbarten, einen grundbuchsfähigen Vertrag in notariell beglaubigter Form abzuschließen.
Nach der Rechtsprechung des VwGH ist unter der Rückgängigmachung eines Erwerbsvorganges die einvernehmliche vertragliche Aufhebung zu verstehen, wobei für beide Vertragsteile die Verpflichtung besteht, das aus dem Vertrag Empfangene zurückzustellen. Ist der ursprüngliche Erwerber (Bf) bereits im Grundbuch eingetragen, bedarf es zur Rückübertragung an den ursprünglichen Veräußerer (J-GmbH) eines Erwerbsvorganges im Sinne des § 1 Z 1 GrEStG (Arnold/Bodis, aaO, Tz 161f zu § 1 GrEStG mit Hinweisen auf Judikatur des VwGH). Es handelt sich dabei entsprechend dem Gesetzeswortlaut um ein "Rechtsgeschäft, as den Anspruch auf Übereignung begründet." Auch für diesen Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Z 1 GrEStG gilt, dass nicht maßgeblich ist, ob die Liegenschaft übergeben wurde, weil es auf das Verpflichtungsgeschäft, nicht aber auf das Erfüllungsgeschäft (=Verfügungsgeschäft) ankommt (VwGH 94/16/0074). Auf die Eintragung des Eigentumsrechts im Grundbuch kommt es bei der Berechnung der Frist nicht an (Stanek/Volpini-de-Maestri in Pinetz/Schragl/Siller/Stefaner, GrEStG (2017) § 17 Rz34).
Unter dem Verpflichtungsgeschäft ist gemäß § 424 ABGB beim derivativen Erwerb von Eigentum u.a. ein Vertrag zu verstehen. Er stellt gemäß dem im ABGB (zB § 380 ABGB) verankerten Grundsatz der kausalen Übereignung (Erfordernis von Titulus und Modus) die Grundlage für das Verfügungsgeschäft dar. Im Verfügungsgeschäft kommt der rechtsgeschäftliche Wille der Vertragsparteien zum Eigentumserwerb zum Ausdruck; beim Erwerb bücherlicher Rechte handelt es sich um die sogenannte Aufsandungserklärung (§§ 431 ff ABGB).
Davon und von der zitierten Judikatur abweichend meint die belangte Behörde, dass nur durch eine Aufsandungserklärung der ursprüngliche Veräußerer den obligatorischen Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums erhalten würde und daher die Vereinbarung über die Rückgängigmachung eine Aufsandungserklärung enthalten müsse, weil das Eigentum der Beschwerdeführerin bereits einverleibt war.
Das von der belangten Behörde genannte Erkenntnis 2002/16/0111 besagt nicht, dass für die Erfüllung des § 17 GrEStG eine Aufsandungserklärung jedenfalls erforderlich sei. In der Entscheidung heißt es, dass es in jenen Fällen, in denen der ursprüngliche Erwerbsvorgang bücherlich bereits durchgeführt wurde, ausreichend ist, wenn der ursprüngliche Verkäufer im Wege der Rückgängigmachung den obligatorischen Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums mit der Wirkung erhält, dass er über das Grundstück wieder so verfügen kann, wie vor dem seinerzeitigen Erwerbsvorgang. Laut VwGH ist dies insbesondere der Fall, wenn in der Aufhebungsvereinbarung bereits eine Aufsandungserklärung enthalten ist. Es handelt sich also um eine lediglich demonstrative Nennung eines Umstandes, der für eine Rückgängigmachung iSd § 17 GrEStG spricht. Die Aufsandungserklärung ist als notwendiges formelles Erfordernis für die Verbücherung nur eine Voraussetzung für die Eintragung des Eigentumsrechtes, nicht aber für die obligatorische Verpflichtung aus dem Kaufvertrag (vgl ).
Maßgeblich für die Einhaltung der dreijährigen Frist des § 17 GrEStG ist der Abschluss eines Rechtsgeschäftes, das den Anspruch auf Übereignung begründet (§ 1 Abs 1 Z 1 GrEStG). Der Begriff der Rückgängigmachung ist im GrEStG nicht definiert, bedeutet aber, dass der ursprüngliche Erwerbsvorgang aufgrund eines nachfolgenden Willensaktes einer oder beider Parteien hinfällig wird. Die Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges liegt demnach bereits dann vor, wenn sich die Vertragspartner so aus den vertraglichen Bindungswirkungen entlassen haben, dass der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt. Der Veräußerer muss dazu den Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums mit der Wirkung erhalten, über das Grundstück wieder verfügen zu können wie vor dem ursprünglichen Erwerbsvorgang. Rechtlich entscheidend ist bereits die Parteienvereinbarung (Stanek/VoIpini-de-Maestri in Pinetz/Schragl/Siller/Stefaner, GrEStG (2017) § 17 II Rz 12ff.).
Wie für die Entstehung der Steuerschuld gemäß § 8 GrEStG genügt auch für die Rückgängigmachung und den Anspruch auf Rückerstattung von Grunderwerbsteuer gemäß § 17 GrEStG, dass ein Vertrag im zivilrechtlichen Sinn abgeschlossen wird. Ob ein Vertrag im zivilrechtlichen Sinn abgeschlossen wurde, ist insbesondere nach den Vorschriften des 17. Hauptstückes des ABGB zu beurteilen. Demnach genügt für den Vertragsabschluss die Einigung der Vertragsparteien über die essentialia negotii, also die vom Gesetz zwingend aufgestellten Tatbestandsmerkmale. Das sind beim Kaufvertrag die Ware und der Preis. Die Vereinbarung über die Rückabwicklung kann formfrei, ausdrücklich, durch konkludente Handlungen oder stillschweigend geschlossen werden (Stanek/Volpini-de-Maestri in Pinetz/Schragl/Siller/Stefaner, GrEStG (2017) § 17 III Rz 21). Das Fehlen einer Urkunde über die erfolgte Willenseinigung schließt die Entstehung von Grunderwerbsteuer nicht aus, ein mündlicher Vertrag genügt (Arnold/Bodis, aaO, Tz 129a zu § 1 GrEStG mit Hinweisen auf Judikatur des VwGH).
Es ist nach der Rechtsprechung des VwGH für die Berechnung der Dreijahresfrist nur der Abschluss eines Vertrages maßgeblich, nicht jedoch der Zeitpunkt der wirtschaftlichen Durchführung oder die Zurückgewährung der Leistungen (VwGH 90/16/0009 und 2812, 2936, 2937/78).
§ 17 GrEStG bezieht sich wie die Tatbestände des § 1 Abs 1 Z 1 GrEStG ausschließlich auf das den Anspruch auf Übereignung begründende Verpflichtungsgeschäft. Ob das Verpflichtungsgeschäft erfüllt worden ist, ist für die Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges nicht maßgebend (VwGH 2000/16/0085). So ist etwa der Tatbestand nach § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG bereits mit der Annahme eines Rücktrittsangebotes des Veräußerers durch den Erwerber erfüllt (VwGH 2812, 2936, 2937/78).
Voraussetzung für die Rückgängigmachung ist, dass der ursprüngliche Veräußerer einen obligatorischen Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums mit der Wirkung erhält, dass er über das Grundstück wieder so verfügen kann, wie vor dem ursprünglichen Erwerbsvorgang (vgl ).
Die J-GmbH konnte ab dem Abschluss des Vertrages vom und somit schon vor dem Abschluss des Rückkaufvertrages am ohne jegliche Mitwirkung der Bf sowie auf eigenes Risiko einen Käufer für die Liegenschaft suchen. Sie hat am jene freie Verfügungsmacht über das Grundstück (wieder) erlangt, die sie vor Abschluss des Kaufvertrages vom innegehabt hatte. Gleichzeitig musste die J-GmbH ab diesem Zeitpunkt wieder das volle wirtschaftliche Risiko der Liegenschaftsverwertung tragen.
Dies zeigt sich daran, dass die J-GmbH schon lange vor dem Abschluss des Rückkaufvertrages am mit Bemühungen zur neuerlichen Veräußerung ihrer Liegenschaft begonnen hat. Bereits ab Beginn des Jahres 2021 führten die Bf und die J-GmbH Gespräche über die Rückabwicklung des Kaufvertrages vom . Die mündliche Einigung hierüber erfolgte bei einer Besprechung am . Schon im ersten Halbjahr 2021 erstellte die J-GmbH ein Expose, um es bei Gesprächen mit potentiellen Kaufinteressenten zu verwenden. Derartige Gespräche mit potentiellen Käufern wurden von der J-GmbH auch tatsächlich geführt. Das war nur aufgrund der Tatsache möglich, dass die J-GmbH aufgrund der Einigung über die Rückabwicklung wieder alleine und uneingeschränkt über die Liegenschaft verfügen konnte. Nach der Unterfertigung der Vereinbarung vom erteilte die J-GmbH ohne jegliche Mitwirkung der Beschwerdeführerin der Firma X-Immo den Auftrag zur Vermittlung eines Käufers für die Liegenschaft bzw. zur Durchführung eines Versteigerungsprozesses hinsichtlich der Liegenschaft. Diesen Auftrag konnte die J-GmbH nur deshalb erteilen, weil sie zum damaligen Zeitpunkt bereits berechtigt war, über die Liegenschaft uneingeschränkt und nach freiem Ermessen zu verfügen, sie daher insbesondere auch zu verkaufen.
Der grundbuchsfähige Kaufvertrag mit der ausschließlich von der J-GmbH gefundenen neuen Käuferin D-KG wurde am , also einen Tag nach Abschluss des Rückkaufvertrages, abgeschlossen. Denn für das Verfügungsgeschäft mit der D-KG ist das Verfügungsgeschäft mit der Beschwerdeführerin zwingende Voraussetzung, damit die sogenannte Sprungeintragung gemäß § 22 GBG und die grundbücherliche Einverleibung des Eigentums der D-KG möglich sind.
Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 17 GrEStG sind somit erfüllt."
Beschwerdevorentscheidung
Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung ab und begründete dies damit, dass die Rückgängigmachung erst mit Errichtung des Rückkaufvertrags vom und damit nach Ablauf der Dreijahresfrist erfolgt sei. Zum Einwand in der Beschwerde, die Rückgängigmachung sei mit dem Aktenvermerk erfolgt, sei festzuhalten, dass die Verkäuferin zu diesem Zeitpunkt mangels Aufsandungserklärung nicht den obligatorischen Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums und daher nicht die vollständige Verfügungsmacht wie vor dem seinerzeitigen Erwerbsvorgang erlangt hat. Die Voraussetzungen des § 17 GrEStG würden daher nicht vorliegen.
Vorlageantrag
Fristgerecht wurde dagegen der Antrag gestellt, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.
Vorlage an das Verwaltungsgericht
Die Abgabenbehörde legte die Beschwerde samt den Teilen des Verwaltungsaktes laut Aktenverzeichnis mit einer ausführlichen Stellungnahme an das Bundesfinanzgericht vor (Bericht vom ).
Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht
Zu den Ausführungen im Vorlagebericht hat die Bf eine Replik erstattet (Schriftsatz vom ).
Das Finanzamt hat dazu eine ergänzende Stellungnahme eingebracht (Schriftsatz vom ).
Über Aufforderung wurden vom Bf eine Ansicht des Originals des 'Aktenvermerks vom ', ein Alleinvermittlungsauftrag der J-GmbH und eine Verkaufsunterlage (Expose) der beschwerdegegenständlichen Liegenschaft vom Jänner 2022 des Immobilienmaklers übermittelt.
Ferner wurde ein "ZUSATZVERTRAG" zum Rückkaufvertrag vom 12.07./ vorgelegt. In diesem Vertrag verpflichtete sich die J-GmbH, wie im 'Aktenvermerk' vereinbart, der Bf die zwischenzeitig angefallenen Kosten in Höhe von € 183.870,59 zu ersetzen. Dieser Vertrag wurde zur Erfassungsnummer XY-2022 selbstberechnet und die darauf entfallende Grunderwerbsteuer abgeführt.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Mit Kaufvertrag vom hat die Bf das beschwerdegegenständliche Grundstück um einen Kaufpreis von € 1,251.000,00 von der J-GmbH erworben. Die Bf wurde als Alleineigentümerin im Grundbuch eingetragen.
Am sind die Vertreter der Vertragsparteien übereingekommen, den Kaufvertrag zu den erwähnten Bedingungen rückgängig zu machen. Ein grundbuchsfähiger Vertrag mit Aufsandungserklärung sollte gesondert abgeschlossen werden.
Nach Abschluss dieses Vertrages hat die J-GmbH (ohne Mitwirkung der Bf) eine Immobiliengesellschaft mit Vermittlung des Verkaufs beauftragt.
Der Rückkaufvertrag wurde am 12.07./ unterzeichnet.
2. Beweiswürdigung
Die obigen Feststellungen ergeben sich aus den vorliegenden Verträgen und dem damit übereinstimmenden Vorbringen beider Parteien.
Dem Beschwerdevorbringen, die J-GmbH habe bereits nach der Vereinbarung vom den Weiterverkauf der Liegenschaft in die Wege geleitet, ist die belangte Behörde nicht entgegengetreten.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft (§ 4 Abs. 1 BAO). Die Rückgängigmachung des Geschäftes, das eine Steuerschuld ausgelöst hat, führt in der Regel nicht zur Rückgängigmachung der Steuerschuld; im Gegenteil: die Rückgängigmachung des Geschäftes kann uU nochmals eine Steuerschuld auslösen. Nur ausnahmsweise (aufgrund ausdrücklicher Gesetzesvorschrift) kommt es zu einer Abänderung bzw. Nichtfestsetzung der Steuer wegen Rückgängigmachung des steuerauslösenden Geschäftes.
Eine dieser gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmen ist § 17 GrEStG.
Wird der Rechtsvorgang rückgängig gemacht, so kann nach § 17 GrEStG auf Antrag die Steuer rückerstattet werden.
§ 17 GrEStG 1987 lautet auszugsweise:
"(1) Die Steuer wird auf Antrag nicht festgesetzt,
1. wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausnützung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts oder eines Wiederkaufsrechts rückgängig gemacht wird,
2. …..
...
(4) Ist in den Fällen der Abs. 1 bis 3 die Steuer bereits festgesetzt, so ist auf Antrag die Festsetzung entsprechend abzuändern. Bei Selbstberechnung ist in den Fällen der Abs. 1 bis 3 die Steuer entsprechend festzusetzen oder ein Bescheid zu erlassen, wonach die Steuer nicht festgesetzt wird.
..."
Ein Erwerbsvorgang ist nur dann iSd § 17 Abs 1 Z 1 GrEStG rückgängig gemacht, wenn der Verkäufer jene Verfügungsmacht über das Grundstück, die er vor Vertragsabschluss innegehabt hatte, durch einen in § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG genannten Rechtsvorgang wiedererlangt (vgl. ; , 89/13/0276; , 89/16/0218; , 97/16/0390; , 2000/16/0871; , 2000/16/0094).
Im Erkenntnis vom , 2002/16/0111, hat der Verwaltungsgerichtshof folgende Rechtsansicht vertreten:
"Der Erwerbsvorgang, dessen Rückgängigmachung unter den weiteren in § 17 GrEStG 1987 geregelten Voraussetzungen den Anspruch auf Nichtfestsetzung bzw. Rückzahlung der Grunderwerbsteuer begründet, besteht im Erwerb des Rechtstitels für die Übereignung (vgl. dazu zB die bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern Band II GrEStG 1987 unter Rz 123 zu § 1 GrEStG referierte hg. Judikatur). Darauf, ob das Titelgeschäft in der Folge erfüllt wird und damit insbesondere auf eine bücherliche Eintragung des Eigentumserwerbes für den Erwerber kommt es hingegen nicht an (Fellner, a.a.O, Rz 126 und 127 zu § 1 GrEStG).
Dasselbe hat auch für die Rückgängigmachung dieses Erwerbsvorganges zu gelten. Es genügt in jenen Fällen, in denen der ursprüngliche Erwerbsvorgang bücherlich durchgeführt wurde, dass der ursprüngliche Veräußerer im Wege des Tatbestandes der Rückgängigmachung den obligatorischen Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums mit der Wirkung erhält, dass er über das Grundstück wieder so verfügen kann, wie vor dem seinerzeitigen Erwerbsvorgang. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn - wie hier in Gestalt des Punktes IV. des Dissolutionsvertrages - in der Aufhebungsvereinbarung bereits im Wege einer entsprechend formulierten Aufsandungserklärung der ursprüngliche Veräußerer wieder in die Lage versetzt wird, ohne weitere Mitwirkung des Intabulierten das Eigentum entweder wieder für sich selbst oder aber im Wege der gemäß § 22 GBG zulässigen Durchbrechung des Prinzips des bücherlichen Vormannes gleich (auf Basis eines weiteren tauglichen Erwerbstitels) für eine dritte Person eintragen zu lassen."
Rückgängigmachung bedeutet, dass der Erwerbsvorgang aufgrund eines nachfolgenden Willensaktes der Parteien oder auch nur einer Partei hinfällig geworden ist (vgl ; vgl. N. Arnold in Arnold/Bodis, GrEStG, § 17 Tz 25a).
Die Vereinbarung der Rückgängigmachung kann "frei", dh ohne dass der Grund einer nachprüfenden Kontrolle unterzogen wurde, erfolgen. Sie bedarf keiner besonderen Form; sie kann ausdrücklich, durch konkludente Handlungen oder stillschweigend geschlossen werden. Mit der Annahme des Rücktrittsanbots des Veräußerers ist die Rückgängigmachung iSd § 17 GrEStG erfolgt ( 2812, 2936, 2937/78). Die Rückgängigmachung muss aber tatsächlich erfolgen. Deshalb muss auch ein konkludenter Rücktritt dem Partner zugehen, andernfalls liegt keine Rückgängigmachung vor (; ). Der Zeitpunkt der wirtschaftlichen Durchführung ist für die Berechnung der Drei-Jahres-Frist nicht von Bedeutung (zustimmend ; vgl. N. Arnold in Arnold/Bodis, GrEStG, § 17 Tz 38).
Zwischen den Verfahrensparteien ist unstrittig, dass die Vereinbarung vom von denselben Vertragsparteien, wie der Kaufvertrag vom 31.10./, rechtswirksam unterzeichnet wurde.
Der grundbuchsfähige Vertrag samt Aufsandungserklärung erfolgte mittels Rückkaufvertrag vom 12.07./. Das Faktum der Rückgängigmachung ist sohin unstrittig.
Die Abgabenbehörde vertritt nun die Ansicht, dass erst mit der Aufsandungserklärung im Rückkaufvertrag, also nach Ablauf der gesetzlich eingeräumten Frist von 3 Jahren, die Verkäuferin die vollständige Verfügungsmacht erlangt hätte.
Einziger Streitpunkt ist daher der Zeitpunkt der Rückgängigmachung iSd § 17 GrEStG.
Zu erinnern ist hierbei daran, dass immer (nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987) bereits das Verpflichtungsgeschäft (und nicht erst das Verfügungsgeschäft) den grunderwerbsteuerpflichtigen Tatbestand verwirklicht (siehe iZm § 17 GrEStG den Hinweis im VwGH-Erk , 94/16/0074).
Die Steuerpflicht entsteht grundsätzlich bereits mit Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes, nicht erst mit dem Erfüllungsgeschäft.
Nach der Rechtsprechung des VwGH (siehe Erkenntnis vom , 2002/16/0111) gilt dasselbe auch für die Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges. Rückgängigmachung liegt demnach dann vor, wenn der ursprüngliche Veräußerer einen obligatorischen Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums mit der Wirkung erhält, dass er über das Grundstück wieder so verfügen kann, wie vor dem ursprünglichen Erwerbsvorgang.
Durch die vom Höchstgericht im Erkenntnis gewählte Formulierung, das Erlangen der seinerzeitigen Verfügungsmöglichkeit ist "insbesondere" dann gegeben, wenn in der Aufhebungsvereinbarung bereits eine Aufsandungserklärung vorhanden ist, wird ein Umstand, der für eine Rückgängigmachung spricht, hervorgehoben. Dies bedeutet aber nicht, dass 'nur' bei Vorliegen einer Aufsandungserklärung die Voraussetzungen des § 17 GrEStG erfüllt sind.
Für die Rückgängigmachung gilt der gleiche Maßstab, wie für das Entstehen der Steuerschuld. Bereits mit dem Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes (eine Aufsandungserklärung ist nicht Tatbestandsvoraussetzung, zB Anwartschaftsvertrag) wird der grunderwerbsteuerpflichtige Tatbestand nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 verwirklicht.
Mit der Aufhebungsvereinbarung vom wurden die Voraussetzungen des § 17 GrEStG erfüllt.
Der Beschwerde kommt daher Berechtigung zu, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine ordentliche Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, da sich das Bundesfinanzgericht bei der Lösung der anstehenden Rechtsfragen auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut und auf die im Erkenntnis zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen konnte.
Im Revisionsfall liegt somit bereits aus diesem Grund eine klare bzw. geklärte Rechtslage vor.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 17 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101823.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at