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Verfahrensleitender Beschluss, BFG vom 30.08.2024, RV/7101932/2024

Fehlen eines Vorlageantrages

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht beschließt durch die Richterin Dr. Lisa Pucher in der Beschwerdesache ***AS***, Schreinergasse 11/3, 3100 St. Pölten,***AS Adr***, betreffend die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom über die Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen in Höhe von € 1.419,00 für den Zeitraum Jänner bis Juni 2023:

I. Die Beschwerde wird an das vorlegende Finanzamt Österreich weiter- bzw rückgeleitet.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Begründung

1. Zu Spruchpunkt I.

Das Finanzamt erließ am einen Bescheid an ***AS*** über die Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum Jänner bis Juni 2023 für das Kind ***M***. Die in § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 normierten Voraussetzungen für einen Familienbeihilfenanspruch lägen nicht vor, zumal ***M*** am ***Geb Datum*** sein 24. Lebensjahr vollendet habe. Der SARS-Covid 19-Krise werde bei Vorliegen eines Auslandsstudiums (hier Masterstudium in Rumänien) insoweit Rechnung getragen, als bei Nachweis einer universitären Studienbehinderung aufgrund der SARS-Covid 19-Krise für die Dauer von 6 Monaten der Familienbeihilfenanspruch über das 24. Lebensjahr hinaus ermöglicht wird. Demgemäß sei Familienbeihilfe bis einschließlich Dezember 2022 gewährt worden.

Am ist Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid erhoben worden.

Die Beschwerde wurde von der belangten Behörde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.

Am brachte ***AS*** über Finanz-Online (Sonstige Anbringen) ein Schreiben beim Finanzamt mit dem Betreff "Ihre Beschwerdevorentscheidung v " ein, in dem wie folgt ausgeführt wird: Er habe jetzt verstanden, dass sein Sohn ***M*** seit Jänner 2023 keinen Anspruch auf Familienbeihilfe mehr hat. Das Finanzamt sei im September 2022 mit der Frage an ***AS*** herangetreten, ob der Sohn weiter studiere und es seien von ***AS*** sogar Unterlagen abverlangt worden. Sodann sei die Familienbeihilfe weiterbezahlt worden. Er beziehe nur eine kleine Pension (€ 980). Jemand vom Finanzamt habe einen Fehler gemacht und er müsse dies nun verantworten ("Sie haben mittlerweile schon € 668 einbezogen. Nachdem ich die Mitte bezahlt habe, teile ich das wenig Geld was bleibt auf die Monatstage. Ich bitte um eine vernünftige Entscheidung und löschen Sie Ihre Förderung. Geld für einen Anwalt habe ich nicht, daher stehen mir keine anderen Wege zur Verfügung.").

Am legte das Finanzamt den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes ist im vorliegenden Fall ein Vorlageantrag nicht eingebracht worden:

Nach der Rechtsprechung des VwGH kommt es für die Beurteilung von Anbringen nicht auf die Bezeichnung von Schriftsätzen und die zufälligen verbalen Formen an, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes (vgl zB , , ). Maßgebend für die Wirksamkeit einer Prozesserklärung ist das Erklärte, nicht das Gewollte (siehe zB , ). Allerdings ist das Erklärte der Auslegung zugänglich (siehe etwa , , ). Parteienerklärungen im Verwaltungsverfahren sind nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, dh es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss (vgl zB , , ).

In Ansehung dieser Grundsätze wird das am beim Finanzamt eingelangte Schreiben nicht als Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde vom durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) gewertet:

Den Ausführungen ist zu entnehmen, dass ***AS*** davon ausgegangen ist, die an ihn monatlich geleisteten Zahlungen (Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge) erfolgten zu Recht, zumal man sich offenbar im September 2022 seitens des Finanzamtes mit Fragen zum Studium des Sohnes und mit dem Ersuchen um Vorlage von Unterlagen an ihn gewandt hat. Zudem bringt ***AS*** in dem Schreiben vor, nur über geringe Geldmittel (Pension in Höhe von € 980) zu verfügen. Dies deutet eher darauf hin, dass das Finanzamt dazu bewegt werden soll, im vorliegenden Fall (zumindest teilweise; vgl die Formulierung "Nachdem ich die Mitte bezahlt habe, teile ich das wenig Geld was bleibt auf die Monatstage.") von der Einhebung des Rückforderungsbetrages Abstand zu nehmen, was einen Nachsichtsantrag nahelegt (vgl auch die Ausführungen von ***AS***, wonach er zwar auf die Beschwerdevorentscheidung vom reagiert, sogleich aber festhält, nun "verstanden zu haben", dass für seinen Sohn ***M*** ab Jänner 2023 kein Familienbeihilfenanspruch mehr bestanden habe; vgl auch das Begehren "[…] löschen Sie Ihre Forderung."). Am befragte das Bundesfinanzgericht ***AS*** zu seiner mit der Eingabe vom verfolgten Absicht; dabei bestätigte sich, dass es ***AS*** darauf angekommen ist, die Nachsicht des rückgeforderten Betrages durch das Finanzamt zu erwirken und offenbar keine Rechtsmittelentscheidung durch das Bundesfinanzgericht angestrebt wurde.

Wenn das Bundesfinanzgericht nach einer Vorlage (§ 265 BAO) zur Auffassung gelangt, dass ein Vorlageantrag nicht eingebracht wurde, soll das Verwaltungsgericht die vorgelegte Beschwerde ohne unnötigen Aufschub an die Abgabenbehörde zurückschicken und die Parteien hierüber verständigen (siehe § 281a BAO, eingeführt mit dem Jahressteuergesetz 2018, BGBl I 62/2018 und ErlRV 190 BlgNR 26. GP, 56: "[…] Im Interesse der Vereinfachung und Beschleunigung des Beschwerdeverfahrens soll das Verwaltungsgericht eine ihm von der Abgabenbehörde [zumeist nur irrtümlich] vorgelegte Beschwerde, über die es seiner Ansicht nach in Ermangelung einer Beschwerdevorentscheidung oder eines Vorlageantrages nicht zu entscheiden hat, der Abgabenbehörde ohne unnötigen Aufschub zurückschicken und den Beschwerdeführer davon verständigen. Die neue Verständigungspflicht gemäß § 281a BAO soll, insbesondere im Hinblick auf die Verständigung des Beschwerdeführers vom Zeitpunkt und Inhalt der zunächst erfolgten Vorlage, gewährleisten, dass beide Parteien rasch und einfach mittels formloser Mitteilung des Verwaltungsgerichtes davon Kenntnis erlangen, dass sich das Verwaltungsgericht für unzuständig hält.[…] Verneint das Verwaltungsgericht nach der Vorlage der Beschwerde zu Unrecht seine Zuständigkeit und unterlässt es die Erledigung der Beschwerde, steht beiden Parteien des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht ein Fristsetzungsantrag an den Verwaltungsgerichtshof [§ 38 VwGG] offen. […] Ein Rechtsanspruch auf gesonderte Feststellung der Zuständigkeit oder Unzuständigkeit besteht nicht [vgl. Ra 2017/13/0010, Ra 2016/13/0023]." Vgl auch Ro 2023/13/0015, wonach sich die in den genannten Fällen vom Verwaltungsgericht vorzunehmende Rückleitung der vorgelegten Beschwerde an die Abgabenbehörde bereits kraft eines Größenschlusses aus § 53 BAO in Verbindung mit § 2a BAO ergibt, wohingegen die - nunmehr in § 281a BAO geregelte - ausdrückliche Verpflichtung des Verwaltungsgerichtes, die Parteien über diese Weiterleitung zu verständigen, neu ist und zweckmäßig dadurch erfolgt, dass eine Ausfertigung des verfahrensleitenden Beschlusses samt Begründung, in der die Ansicht des Bundesfinanzgerichts dargelegt wird, den Parteien zugestellt wird).

2. Zu Spruchpunkt II.

Gegen einen Beschluss, mit dem das Verwaltungsgericht die Beschwerde an eine andere Stelle weiterleitet, ist eine abgesonderte Revision nicht zulässig (vgl zB , mwN). Gleiches muss auch für die "formlose" Verständigung über die Weiterleitung (Rückleitung) samt Mitteilung der Ansicht des Bundesfinanzgerichtes gelten, die der Bekanntgabe des Inhaltes des verfahrensleitenden Beschlusses entspricht.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 53 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 281a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101932.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at