Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 27.08.2024, RV/7200029/2024

Rückleitung der Bescheidbeschwerde mangels wirksam ergangener Beschwerdevorentscheidung nach § 281a BAO

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht fasst durch die Richterin Mag. Maria Daniel über die Beschwerde von Bf***, Bf-Adr***, vom gegen den Bescheid des Zollamtes Österreich vom (MRN 24AT123***) betreffend Eingangsabgaben iHv 432,85 Euro (Zoll 47,05 Euro und Einfuhrumsatzsteuer 385,80 Euro) den Beschluss:

Die Beschwerde wird an das vorlegende Zollamt Österreich weiter- bzw. rückgeleitet.

Begründung

Über Bescheidbeschwerden ist gem § 262 Abs 1 BAO nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.

Gem § 45 ZollR-DG sind die Regelungen des § 262 Abs 2 bis 4 BAO für das Zollverfahren nicht anzuwenden. Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung kann daher nicht unterbleiben.

Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann nach § 264 Abs 1 BAO innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden.

Zuständig zu einer Entscheidung (in der Sache) ist das Bundesfinanzgericht daher im Regelfall nur dann, wenn zuvor bereits die Abgabenbehörde mit Beschwerdevorentscheidung entschieden hat und dagegen ein Vorlageantrag erhoben wurde (vgl ; , Ro 2021/13/0009).

Für den für Bf*** am im Postverkehr aus Brasilien eingebrachten Ring wurde im Zuge der durch die Österreichische Post AG durchgeführten Zollanmeldung (MRN 24AT123***) Einfuhrabgaben iHv insgesamt 432,85 Euro vorgeschrieben und der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom mitgeteilt.

Die von der Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihrem Ehemann eingebrachte und von beiden unterzeichnete Beschwerde wurde mittels Beschwerdevorentscheidung vom (Zahl xxx***) als unbegründet abgewiesen. Der Spruch der Beschwerdevorentscheidung lautet wie folgt: "Über die von H*** und Bf***, Bf-Adr***, mit Schreiben vom eingebrachten Beschwerde gegen den Bescheid des Zollamtes Österreich Zollstelle Wien Post vom , MRN24AT123*** wird gemäß § 262 Abs 1 BAO iVm § 263 BAO wie folgt entschieden: Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen."

In der Folge beantragte die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihrem Ehemann die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Dieser Vorlageantrag wurde sowohl von der Beschwerdeführerin als auch von ihrem Ehemann unterzeichnet.

Die Bescheidbeschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht am vorgelegt.

Bei der von beiden Eheleuten eingebrachten und unterzeichneten Beschwerde handelt es sich rechtlich um zwei getrennte Bescheidbeschwerden, die auch getrennt mittels Beschwerdevorentscheidung zu erledigen sind, zumal der Ehemann der Beschwerdeführerin keine Aktivlegitimation als Beschwerdeführer aufweist, da der Bescheid vom nicht an ihn ergangen ist.

Gem § 246 Abs 1 BAO ist zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde jeder befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist.

Beschwerdevorentscheidungen sind Bescheide über Bescheidbeschwerden.

§ 93 Abs 2 BAO nennt als für die Bescheidqualität unverzichtbare Bestandteile eines Bescheides dessen ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid, den Spruch und darin die Nennung der Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft), an die er ergeht (somit den Bescheidadressaten).

Eine unrichtige Bezeichnung des Bescheidadressaten ist dann unbeachtlich, wenn diese offenbar auf ein Versehen beruht und der Adressat zweifelsfrei feststeht (vgl ), bzw wenn nach der Verkehrsauffassung keine Zweifel an der Identität des Empfängers besteht (vgl zB ; , 2004/16/0199; , 2005/160187).

In vorliegenden Fall nennt der Spruch der Beschwerdevorentscheidung als Bescheidadressat "H*** und Bf***". Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt eine Umdeutung des Bescheidadressaten in einen möglichen Bescheidadressaten nicht in Betracht (vgl ).

Soweit die Beschwerdevorentscheidung vom im Spruch an "H*** und Bf***" gerichtet war, konnte diese keine Wirksamkeit entfalten, da nach der Aktenlage ein derartiges Rechtssubjekt nicht existiert.

Mangels Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung kann die Zuständigkeit zur Erledigung der Bescheidbeschwerde nicht auf das Verwaltungsgericht übergehen.

Gemäß § 281a BAO hat das Verwaltungsgericht, wenn es nach einer Vorlage (§ 265 BAO) zur Auffassung gelangt, dass noch eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist oder ein Vorlageantrag nicht eingebracht wurde, die Parteien darüber unverzüglich formlos in Kenntnis zu setzen.

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (190 BlgNR 26. GP 56) wurde zu dieser Bestimmung auszugsweise wie folgt ausgeführt: "Wenn wegen einer fehlenden Beschwerdevorentscheidung oder wegen eines fehlenden Vorlageantrages eine Zuständigkeit zur Erledigung der Bescheidbeschwerde oder des Vorlageantrages trotz erfolgter Vorlage (§ 265) nicht auf das Verwaltungsgericht übergehen konnte, besteht kein Erfordernis, dass das Verwaltungsgericht darüber einen Unzuständigkeitsbeschluss fasst (vgl. Ro 2015/15/0001). Auch aus Gründen des Rechtsschutzes ist es nicht erforderlich, über eine Unzuständigkeit durch das Verwaltungsgericht mittels eines Feststellungsbeschlusses abzusprechen. Im Interesse der Vereinfachung und Beschleunigung des Beschwerdeverfahrens soll das Verwaltungsgericht eine ihm von der Abgabenbehörde (zumeist nur irrtümlich) vorgelegte Beschwerde, über die es seiner Ansicht nach in Ermangelung einer Beschwerdevorentscheidung oder eines Vorlageantrages nicht zu entscheiden hat, der Abgabenbehörde ohne unnötigen Aufschub zurückschicken und den Beschwerdeführer davon verständigen. Die neue Verständigungspflicht gemäß § 281a BAO soll, insbesondere im Hinblick auf die Verständigung des Beschwerdeführers vom Zeitpunkt und Inhalt der zunächst erfolgten Vorlage, gewährleisten, dass beide Parteien rasch und einfach mittels formloser Mitteilung des Verwaltungsgerichtes davon Kenntnis erlangen, dass sich das Verwaltungsgericht für unzuständig hält."

Der Gesetzgeber geht somit davon aus, dass in den genannten Fällen das Verwaltungsgericht die vorgelegte Beschwerde an die Abgabenbehörde ohne unnötigen Aufschub zurückschicken soll, was der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge bereits kraft eines Größenschlusses aus § 53 iVm § 2a BAO folgt. § 281a BAO sieht in diesem Zusammenhang (lediglich) die ausdrückliche Verpflichtung des Verwaltungsgerichts vor, die Parteien über diese Weiterleitung zu verständigen (vgl , mwN).

Die Weiterleitung (Rückleitung) der Beschwerde durch das Verwaltungsgericht ist als verfahrensleitender Beschluss anzusehen. Wenn § 281a BAO vorsieht, dass die Verständigung "formlos" erfolgen soll, so ist dies dahin zu verstehen, dass eine bestimmte Form hiefür nicht vorgesehen ist. Zweckmäßig erfolgt diese Verständigung dadurch, dass eine Ausfertigung des verfahrensleitenden Beschlusses (samt Begründung, in der die Ansicht des Bundesfinanzgerichts dargelegt wird) den Parteien zugestellt wird (vgl , mwN).

Mangels wirksamer Beschwerdevorentscheidung ist die Bescheidbeschwerde daher an die belangte Behörde weiterzuleiten.

Belehrung und Hinweise

Die Weiterleitung (Rückleitung) der Beschwerde durch das Verwaltungsgericht ist als verfahrensleitender Beschluss anzusehen (vgl , mwN). Gegen verfahrensleitende Beschlüsse des Verwaltungsgerichts (vgl auch - zur Abgrenzung von sofort anfechtbaren Beschlüssen - , mwN) ist nach § 25a Abs 3 VwGG eine abgesonderte Revision nicht zulässig; sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden.

Gegen einen Beschluss, mit dem das Verwaltungsgericht die Beschwerde an eine andere Stelle weiterleitet, ist demnach eine abgesonderte Revision nicht zulässig (vgl zB ; , Ra 2018/03/0072, mwN). Gleiches gilt auch für die "formlose" Verständigung über die Weiterleitung (Rückleitung) samt Mitteilung der Ansicht des Bundesfinanzgerichts, die der Bekanntgabe des Inhalts des verfahrensleitenden Beschlusses entspricht ().

Verneint das Bundesfinanzgericht nach der Vorlage der Bescheidbeschwerde zu Unrecht seine Zuständigkeit, weil es fälschlich annimmt, es fehle (ohne Rechtfertigung durch eine der Ausnahmen des § 262 Abs. 2 bis 4 BAO) an einer (wirksam zugestellten) Beschwerdevorentscheidung oder es sei kein Vorlageantrag (wirksam) eingebracht worden, und unterlässt es daher die Erledigung der Bescheidbeschwerde, so steht beiden Parteien (vgl zur Amtspartei ) des Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht der Fristsetzungsantrag an den Verwaltungsgerichtshof offen ().

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 262 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 246 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 93 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 281a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 45 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
§ 265 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7200029.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at