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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 25.06.2024, RV/2101148/2020

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – Bescheidzustellung Databox (fehlende Einsichtnahme durch die Bf.)

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Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2024/15/0058. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/2101148/2020-RS1
Ein sorgfältiger Abgabepflichtiger würde im Wissen, dass bei der Gesellschaft Feststellungsbescheide für die Jahre 2014 bis 2017, welche sich durch die daraus abgeleitete Tangente auch auf das jeweilige Einkommensteuerverfahren der Bf. auswirken, jedenfalls auch in die (eigene) Databox, in welche die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2014 bis 2017 zugestellt werden, einsehen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden R1, die Richterin R2 sowie die fachkundigen Laienrichter R3 und R4, in der Beschwerdesache der Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. X, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt (nunmehr Finanzamt Österreich) vom , hinsichtlich des Antrages auf Wiedereinsetzung betreffend die geänderten Einkommensteuerbescheide 2014 - 2017 vom , Steuernummer XXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit des Schriftführers X zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Maßgeblicher Verfahrensgang (chronologisch)

Die Beschwerdeführerin (= kurz Bf.) ist eine von insgesamt fünf unbeschränkt haftenden Gesellschaftern der OG (= kurz R-OG). Diese befindet sich bereits seit dem Jahr 2018 in Konkurs.

Aufgrund der bei der R-OG erlassenen Feststellungsbescheide gemäß § 188 BAO vom wurden geänderte Einkommensteuerbescheide gemäß § 295 Abs. 1 BAO, jeweils mit Datum , für die gegenständlichen Jahre 2014 bis 2017 bei der Bf. erlassen. Bei der elektronischen Signatur der Bescheide scheint jeweils das Datum , Uhrzeit 21:53:37 +02:00, auf. Die Bescheide wurden der Bf. allesamt per FinanzOnline in ihre Databox zugestellt.

Mit Eingabe vom (per Fax) brachte die Bf. durch ihren ausgewiesenen Vertreter unter anderem den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betreffend die oa. Einkommensteuerbescheide (siehe Seite 1 ff. der Eingabe) ein.

Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die zuvor angeführten Bescheide online zugestellt wurden. Die Bf. habe zumindest seit der Onlinezustellung gegenständlicher abgeänderter Einkommensteuerbescheide ihr FinanzOnline nicht eingesehen. Beim Erstellen des Zuganges zu FinanzOnline sei sie nicht auf die Gültigkeit der Zustellung über FinanzOnline und der damit täglich notwendigen Einsicht hingewiesen worden. Die Problematik dieses Vorgehens sei dem Finanzamt bekannt, wie sich aus der Aussage eines Info-Center-Mitarbeiters ergäbe. Die Bf. habe am diesbezüglich das Finanzamt aufgesucht. Der Mitarbeiter hätte zu der Bf. gesagt, dass dies ein bekanntes Problem sei. Es werde vom System nicht gesondert darauf hingewiesen, dass Bescheide rechtswirksam zugestellt werden, ohne dass der Adressat davon erfahre. Es gäbe zwar die Möglichkeit einer E-Mail-Benachrichtigung, auf die jedoch nicht gesondert hingewiesen werde. Laut BAO seien E-Mails - und so auch die Verständigung - ungültig. Die Bf. sei erst am durch den Mitarbeiter des Info-Centers des Finanzamtes Graz-Stadt darüber aufgeklärt worden, dass abgeänderte Einkommensteuerbescheide ohne Verständigung per Post über FinanzOnline zugestellt worden seien. Auch die Argumentation, dass FinanzOnline mit WebERV gleichzusetzen sei, sei falsch. WebERV sei für berufsmäßige Parteienvertreter. Dass selbst einer fertigen Juristin diese Vorgehensweise des Finanzamtes nicht auffalle, zeige, dass eine Zustellung über die Databox des FinanzOnline für einen unvertretenen Laien nicht tragbar und eine solche Zustellung auch nicht rechtwirksam zulässig sein könne. Der Verwaltungsgerichtshof habe ausgesprochen, dass sogar Parteienvertreter zu belehren und anzuleiten seien.

Gleichzeitig wird unter Punkt III. der Eingabe Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide erhoben (siehe Seite 3 ff). In dieser wird begründend ausgeführt, dass bei der R-OG ein Beschwerdeverfahren anhängig sei. Die Einkommensteuer für die R-OG sei nicht richtig festgesetzt worden, weshalb die Einkommensteuer für die Bf. nicht richtig festgesetzt worden sei. Es können keine schlüssigen Bescheide für die Bf. erstellt werden und seien diese zu beheben. Die rechtliche Beurteilung sei mangelhaft, da die Feststellungen der zugrundeliegenden Bescheide nicht überprüfbar und ebenfalls mangelhaft seien. Die Behörde habe es verabsäumt schlüssig und nachvollziehbar darzulegen, wie sie zu welcher konkreten rechtlichen Beurteilung gekommen sei, auf deren Basis die Feststellungsbescheide erlassen worden seien, auf welchen die Einkommensteuerbescheide beruhen würden. Die Einkommensteuerbescheide der Bf. seinen - unter Hinweis auf die Beschwerde bei der R-OG - unrichtig abgeändert worden. Werde dieser statt gegeben, würde sich die Einkommensteuer bei der Bf. auf € 0 reduzieren.

Mit Bescheid vom , zugestellt laut Rückschein am , wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung betreffend die geänderten Einkommensteuerbescheide 2014, 2015, 2016 und 2017 von der Abgabenbehörde abgewiesen. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass gemäß § 98 BAO der Zeitpunkt, an dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich der Empfängerin (Databox) gelangt seien, der Zustellzeitpunkt sei. Die Antragstellerin habe zum Zeitpunkt des den Streitpunkt bildenden Zustellvorgangs im Juni 2019 an FinanzOnline teilgenommen, hatte die elektronische Zustellung aktiviert und habe nicht gemäß § 5b Abs 3 FOnV 2006 (= Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Einreichung von Anbringen, die Akteneinsicht und die Zustellung von Erledigungen in automationsunterstützter Form) auf die elektronische Zustellung verzichtet. Vorliegende Bescheide würden im Zeitstempel das Datum , die Uhrzeit 21:53:37, tragen. Eine elektronische Zustellung der Bescheide sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit noch am erfolgt. Das Ende der einmonatigen Beschwerdefrist falle auf den . Zur mangelnden Kenntnis der Bf. über die Zustellung werde ausgeführt, dass die FOnV 2006 explizit die elektronische Zustellung regle. Die Abgabenbehörde habe laut § 5a, 5b der FOnV die elektronische Zustellung vorzunehmen, außer der Teilnehmer verzichte darauf.

Zum Antrag auf postalische Zustellung (siehe Eingabe vom Seite 6) werde ausgeführt, dass diese Form der Zustellung nur der Teilnehmer selbstständig via FinanzOnline setzen könne.

Mit 8-fach per Fax eingebrachter Eingabe vom , in welcher die Bf. als fünfte "Einschreiterin" auftritt, wurde der Beschwerde u.a. betreffend die Abweisung des Antrag auf Wiedereinsetzung der geänderten Einkommensteuerbescheide 2014 bis 2017 vom erhoben und beantragt die Bescheide ersatzlos aufzuheben und eine mündliche Senatsverhandlung anzuberaumen. Die Eingaben sind teilweise inhaltsgleich, weisen jedoch entweder gar keine, nur eine Unterschrift oder mehrere Unterschriften auf. Begründend wurde ausgeführt, dass wie bereits im Antrag dargelegt Verfassungswidrigkeit vorliege, da das rechtliche Gehör und das Recht auf tauglichen Rechtsbehelf nicht gewahrt worden sei. Die Einschreiterin habe postalische Zustellungen erhalten. Behördliches Handeln müsse eindeutig sein. Die Zustellung könne weder Lotto noch willkürlich sein. Auch gegenständlicher Bescheid, sowie andere Bescheide die hier angefochten werden, seien der Einschreiterin postalisch zugestellt worden.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde von der Abgabenbehörde abgewiesen. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die Zustellung in die Databox rechtmäßig erfolgt sei. Es liege kein unvorhergesehenes Ereignis bzw. keine unvorhergesehenen Gründe vor, die die Bf. an dem Einbringen der Beschwerde gehindert hätten. Überdies sei die Bf. selbst Rechtsanwältin, weshalb ihr Verschulden an einem strengeren Maßstab zu messen sei. Einer juristisch ausgebildeten Person sei es jedenfalls zumutbar, über die Regelung zur elektronischen Zustellung gemäß FOnV 2006 bescheid zu wissen bzw. sich bei Unklarheiten darüber zu informieren.

Mit per Fax bei der Abgabenbehörde eingelangter Eingabe vom , in welchem die Bf. als fünfte "Einschreiterin" auftritt, wurde der Antrag auf Beschwerdevorlage gestellt. Der Vorlageantrag weist eine Unterschrift auf.

Die Abgabenbehörde hat den elektronischen Akt dem Bundesfinanzgericht am vorgelegt. Begründend wurde in der Stellungnahme ausgeführt, dass nach Ansicht der Abgabenbehörde gegenständlich kein Wiedereinsetzungsgrund des § 308 BAO vorliege und das Verschulden der Bf. aufgrund ihrer Tätigkeit als Juristin auch an einem strengeren Maßstab zu messen sei. Im Vorlageantrag seien keine neuen Argumente vorgebracht worden, weshalb der Beschwerde stattzugeben wäre. Es werde darauf hingewiesen, dass die Eingabe vom lediglich eine Unterschrift (für alle einschreitenden Personen) enthalte, wobei nicht festgestellt werden könne, wem diese zuzuordnen sei bzw. wer für die Beschwerdeführer einschreite. Die Durchführung eines etwaigen Mängelbehebungsverfahren würde gegenständlich jedoch dem Bundesfinanzgericht obliegen. Im Übrigen werden die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung zur Gänze aufrechterhalten und beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Mit Beschluss vom wurde der Bf. vom Bundesfinanzgericht unter anderem aufgetragen gemäß § 85 Abs. 2 BAO iVm § 2a BAO, folgende Mängel zu beheben:

"Auf den 8-fach eingebrachten Beschwerden (hinsichtlich des Antrages auf Wiedereinsetzung betreffend die Einkommensteuerbescheide 2014 - 2017 vom ) ist für das Bundesfinanzgericht eine Unterschrift der Bf. nicht erkennbar.
Eine "Unterschrift" wie in der Eingabe vom auf Seite 7 ersichtlich (siehe Beilage des Schreibens) in welcher der Name der Bf. erkennbar sei, befindet sich nicht auf den jeweiligen ersten Seiten der Eingaben vom .
Der Beschwerde bzw. dem Vorlageantrag vom fehlt somit:
• die Unterschrift (§ 85 Abs. 2 BAO)."

Mit per Fax beim Bundesfinanzgericht eingelangtem Antwortschreiben vom wurde von der Bf. zusammengefasst folgendes mitgeteilt:

[…] "1.1.Die Beschwerde vom trägt meine Unterschrift auf dem Deckblatt. Den Ausschnitt mit meiner markierten Unterschrift erlaube ich mir diesem Schreiben unten nachstehend einzufügen. […]
1.3. Dennoch erhalten Sie von mir in der Beilage nochmals eine Unterschrift von mir auf der Beschwerde vom . […]"

In der weiteren Eingabe vom (durch persönliche Vorlage in der Geschäftsstelle des Bundesfinanzgerichtes sowie Übermittlung an das Bundesfinanzgericht per Fax) wurde dem Bundesfinanzgericht eine auf der ersten Seite unterfertigte Version der Eingabe vom übermittelt. Diese weist die Unterschrift der Bf. und eine zweite Unterschrift aufweist.

Mit Mängelbehebungsbeschluss vom wurde der Bf. binnen einer Frist von 1 Woche gemäß § 85 Abs. 2 BAO iVm § 2a BAO aufgetragen, die Unterschrift des Vorlageantrages vom nachzureichen.

Im per Fax am sowie postalisch am beim Bundesfinanzgericht eingebrachtem Schreiben vom wurde von der Bf. fristgerecht ein von ihr unterfertigter Vorlageantrag nachgereicht.

In selben Schreiben vom wurde die Befangenheit der Richterin von der Bf. angezeigt und beantragt diese vom Verfahren zu entbinden. Mit Beschluss vom wurde der Antrag vom Bundesfinanzgericht als unbegründet abgewiesen.

Im per Fax beim Bundesfinanzgericht eingebrachtem Schreiben vom wurde erneut beantragt die Richterin, als befangen zu erklären sowie die Verhandlung abzuberaumen und eine Vertagungsbitte gestellt, da die Bf. Frau X, Vollmacht erteilt habe sie in diesem Verfahren zu vertreten. Diese sei am verhindert und da sie eine Vertretung benötigen würden, ersuche sie die Verhandlung auf einen anderen Termin zu vertragen.

Im Beschluss vom wurde der zuvor angeführte Befangenheitsantrag vom Bundesfinanzgericht zurückgewiesen.

Der ebenfalls in diesem Schreiben angeregten "Vertagungsbitte" wurde vom Bundesfinanzgericht mit Beschluss vom keine Folge gegeben.

Mit per Fax beim Bundesfinanzgericht eingebrachtem Schreiben vom wurde ein weiterer Befangenheitsantrag, welcher vom Bundesfinanzgericht mit Beschluss vom abgewiesen wurde, gestellt. Weiters wurde zusammengefasst folgendes ergänzendes Vorbringen zum gegenständlichen Verfahren (Seite 2 bis 5) erstattet:

Die Bf. sei nie Rechtsanwältin gewesen und zum Zeitpunkt der Zustellungen sei diese als Religionslehrerin tätig gewesen. Es seien ihr regelmäßig Poststücke des Finanzamtes per normaler Papierpost zugestellt worden. So auch die Zahlungsaufforderung über einen Abgabenrückstand vom über € 21.260,32. Sie sei beim Finanzamt vorstellig geworden und konnte erst auf diesem Weg über die geänderten Einkommensteuerbescheide und die daraus resultierende vermeintliche Abgabenschuld Kenntnis erlangen.

Die Bf. habe daher umsichtig und sorgfältig gehandelt.

Es sei keine Benachrichtigung seitens des Finanzamtes erfolgt, dass eine "Hinterlegung" auf FinanzOnline erfolgt war, sodass keine Nachschau erfolgen konnte. Erst mit der Zustellung der Zahlungsaufforderung über einen Abgabenrückstand vom per normaler Papierpost, habe die Bf. umgehend tätig werden können, sei pflichtgemäß beim Finanzamt vorstellig geworden und erlangte Kenntnis über die geänderten Einkommensteuerbescheide und Abgabenschuld.

Die Vorgehensweise des Finanzamtes Schriftstücke per normaler Papierpost einerseits, andererseits über FinanzOnline mit E-Mail-Benachrichtigung sowie auch über FinanzOnline ohne E-Mail-Benachrichtigung die Zustellung von Schriftstücken/Bescheiden zu verfügen, sei für einen Rechtsunterworfenen ein unvorhergesehenes Ereignis. Es sei keinem Rechtsunterworfenen zumutbar "auf gut Glück" Nachschau zu halten, insbesondere, wenn auch E-Mail-Benachrichtigungen sowie postalische Papierpost erfolgen würden.

Die Bf. sei auch nicht darüber informiert worden, dass die bereits veranlagten Jahre 2014 bis 2017 geändert und neu/wiederveranlagt worden seien.

Weiters wurden zuvor angeführten Schreiben vom Beweisanträge zur Beischaffung des Abgabenaktes über die verschiedenen Zustellungsarten im gegenständlichen Abgabenakt und über das zugrundeliegende Außenprüfungsverfahren betreffend die R-OG samt Zustellnachweisen, sowie die Einvernahme mehrerer Zeugen beantragt.

Das Schreiben vom wurde per E-Mail an die Richterin am erneut übermittelt. Mit weiterer E-Mai vom wurde der Richterin eine E-Mail mit der Zahlungsaufforderung vom übermittelt. Diese wurde beim Bundesfinanzgericht per Fax am ebenfalls eingebracht und mit weiterer Eingabe per Fax vom die Zuordnung der Eingabe zur gegenständliche Geschäftszahl vorgenommen.

Das zuvor genannte Schreiben der Bf. vom wurde der Abgabenbehörde mit Schreiben vom zur Kenntnisnahme übermittelt, woraufhin diese der Richterin am eine E-Mail mit Zustellnachweise (Rückscheine) betreffend die vorgenommenen Zustellungen der Feststellungsbescheide 2014 bis 2017 der R-OG an die Gesellschafterinnen - darunter auch an die Bf., der Masseverwalterin eines Gesellschafters sowie den Masseverwalter der R-OG übermittelte.

Mit postalischen Eingang beim Bundesfinanzgericht am wurde das Schreiben vom erneut eingebracht.

In der mündlichen Verhandlung am wurde den Parteien durch den Vorsitzenden mitgeteilt, dass über den Ablehnungsantrag der Richterin vom mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom abweisend entschieden wurde und mit selbigen Tag die Zustellung erfolgte. Dem steuerlichen Vertreter wurde eine Zweitschrift des Beschlusses, der postalisch am versandt wurde, ausgehändigt.

Der diesbezügliche Antrag der - von der bevollmächtigten Vertreterin am Beginn der mündlichen Verhandlung zusätzlich zur steuerlichen Vertretung bevollmächtigten - weiteren Vertreterin das Verfahren zu unterbrechen, bis der Beschluss vom rechtskräftig sei, da eine Übergabe eines Beschlusses keine Zustellung sei, wurde mit Beschluss abgewiesen (siehe dazu rechtliche Beurteilung).

Mit Beschluss (siehe Niederschrift der Verhandlung) wurde über die im Schreiben vom gestellten Beweisanträge über die Beischaffung des Abgabenaktes über die verschiedenen Zustellarten, die Beischaffung des Abgabenaktes der R-OG samt Zustellnachweise und Zeugeneinvernahmen betreffend die Wiedereinsetzung abgesprochen und wurden diese allesamt abgelehnt (siehe dazu rechtliche Beurteilung).

Der Laienrichter R3* befragte - unter Vorhalt der von der Bf. unterschriebenen Übernahmebestätigung vom (Rückschein) - die Bf., die in der Kenntnis gewesen sei, dass bei der R-OG etwas passiert sei, ob sie keinen Grund gesehen habe beim Masseverwalter rück zu fragen? Die Bf. beantwortete die Frage dahingehend, dass sie sicher bei den Gesellschaftern rückgefragt hätte, mit dem Masseverwalter habe sie keinen Kontakt gehabt.

Ein schriftlich vorbereitetes Vorbringen der Bf. wurde verlesen und als Beilage 1 zur Niederschrift genommen. Im Wesentlichen beinhaltet dieses zusammengefasst, dass der Masseverwalter der R-OG kein Gesellschafter der R-OG sei und die Bestellung sowie die Zustellungen an diesen nicht gesetzlich gedeckt seien. Die gegenständlichen Bescheide seien als nichtig aufzuheben und die Sache an das Finanzamt Österreich zurückzuverweisen, um den zugrundeliegenden nicht im Rechtsbestand befindlichen Feststellungsbescheid als nichtig zu erklären.

Der Vertreter der Bf. beantragte, dem Antrag auf Wiedereinsetzung statt zu geben, da das Beweisverfahren ergeben habe, dass ein minderer Grad des Verschuldens vorliege.

Die Vertreterin der belangten Behörde beantragt die Abweisung der gegenständlichen Beschwerde.

Nach Beratung des Senates wurde das Erkenntnis durch den Vorsitzenden mündlich verkündet.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die geänderten Einkommensteuerbescheide gemäß § 295 Abs. 1 BAO für die Jahre 2014 bis 2017, jeweils mit Datum , wurden laut der elektronische Signatur der Bescheide auf welcher jeweils das Datum , Uhrzeit 21:53:37 +02:00, aufscheint, mit selbigen Datum der Bf. per FinanzOnline in ihre Databox zugestellt.

Die Bf. war im Zeitpunkt der Zustellung der Bescheide als Religionslehrerin tätig.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung wurde mit Eingabe vom per Fax bei der Abgabenbehörde eingebracht.

Die Bf. war FinanzOnline-Teilnehmerin und hatte nicht auf die elektronische Zustellung verzichtet. Sie wurde nicht über die Zustellung der oa. Bescheide mittels E-Mail informiert, da Sie keine E-Mail-Adresse bekannt gegeben hatte.

Der Bf. war bekannt, dass sie über eine Databox verfügte. Sie hat bis zum Ergehen der Erstbescheide regelmäßig in FinanzOnline eingesehen und zumindest seit der Onlinezustellung oa. abgeänderter Einkommensteuerbescheide ihr Finanzonline nicht (mehr) eingesehen.

Mit der Zustellung der Zahlungsaufforderung über einen Abgabenrückstand vom per normaler Papierpost, ist die Bf. beim Finanzamt vorstellig geworden und erlangte Kenntnis über die oa. geänderten Einkommensteuerbescheide.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus den von der Abgabenbehörde vorgelegten elektronischen Verwaltungsakten, den Abfragen des Bundesfinanzgerichtes im Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung, aus dem Vorbringen der Parteien und dem Vorbringen der Bf. im Zuge der mündlichen Verhandlung.

Die Sachverhaltsfeststellungen über die Zustellung der Bescheide ergeben sich aus der elektronische Signatur sowie den Abfragen des Bundesfinanzgerichtes im FinanzOnline über die Daten des Steueraktes.

Die weiteren Sachverhaltsfeststellungen betreffend die Kenntniserlangung über die Einkommensteuerbescheide, die Feststellungen zur Databox sowie das Nichteinsehen derselben, ergeben sich aus dem Vorbringen der Bf. (siehe insbesondere Eingabe vom , Schreiben der Bf. vom und den Aussagen in der mündlichen Verhandlung).

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Allgemeines:

Zunächst ist festzuhalten, dass das Finanzamt Österreich gem. § 323b Abs. 1 BAO an die Stelle des angefochtenen Bescheides erlassenden Finanzamtes Graz-Stadt getreten ist.

Rechtliche Grundlagen und rechtliche Würdigung:

A.Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

Gemäß § 308 Abs. 1 BAO ist gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108 bis 110) oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

§ 309a BAO normiert, dass der Wiedereinsetzungsantrag folgendes zu enthalten hat:
a) die Bezeichnung der versäumten Frist oder der versäumten mündlichen Verhandlung;
b) die Bezeichnung des unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses (§ 308 Abs 1 BAO);
c) die Angaben, die zur Beurteilung des fehlenden groben Verschuldens an der Fristversäumung oder der Versäumung der mündlichen Verhandlung notwendig sind;
d) die Angaben, die zur Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Antrags notwendig sind.

Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung gem. § 308 BAO sind (Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. 2021, § 308 Rz 2):
- die Versäumnis einer Frist
- ein hiedurch entstandener Rechtsnachteil
- ein rechtzeitiger Antrag
- ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis
- kein grobes Verschulden

Im gegenständlichen Fall wurden die Bescheide mit Datum per FinanzOnline in die Databox der Bf. zugestellt. Die Beschwerdefrist beträgt einen Monat und endet -wie von der Abgabenbehörde ausgeführt - am . Aus dem ungenützten Ablauf dieser Frist ist der Bf. der Rechtsnachteil entstanden, dass die Abgabenbehörde ihre Entscheidung nicht im Rahmen der Beschwerde nochmals überprüft hat.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen einer Frist von drei Monaten nach Aufhören des Hindernisses bei der Behörde (Abgabenbehörde oder Verwaltungsgericht), bei der die Frist wahrzunehmen war bzw. bei der die Handlung stattfinden sollte, eingebracht werden.

Laut Angaben der Bf. (Seite 2) im Antrag auf Wiedereinsetzung vom wurde der Antragstellerin die Zahlungsaufforderung vom am per Post zugestellt. Sie habe am daraufhin das Finanzamt aufgesucht und erst zu diesem Zeitpunkt habe sie Kenntnis über den Zustellvorgang erlangt. Die Rechtzeitigkeit des Antrages ist gegeben.

Zur weiteren Prüfung des Vorliegens eines Wiedereinsetzungsgrundes ist hinzuweisen, dass der behauptete Wiedereinsetzungsgrund bereits im Wiedereinsetzungsantrag glaubhaft zu machen ist (z.B. ). Außerdem sind bereits im Antrag taugliche Bescheinigungsmittel beizubringen (). Die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist stecken den Rahmen für die Untersuchung der Frage ab, ob ein Wiedereinsetzungsgrund gegeben ist (; ; vgl. auch , m.w.N., und Ritz/Koran, BAO7, § 308 Tz 20).

Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers abgesteckt wurde (; ). Eine Auswechslung des Wiedereinsetzungsgrundes im Rechtsmittelverfahren ist daher unzulässig ().

Ob ein Wiedereinsetzungsgrund vorliegt bzw. ob ein (der begehrten Wiedereinsetzung entgegenstehendes) grobes Verschulden anzunehmen ist, ist stets nach den Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände des Wiedereinsetzungswerbers bzw. seines Vertreters zu beurteilen (Ritz/Koran, BAO7, § 308, Tz 16).

In gegenständlichen Fall ist das Vorliegen eines unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis zu prüfen.

Ein Ereignis iSd § 308 Abs 1 BAO ist jedes Geschehen, also nicht nur ein Vorgang in der Außenwelt, sondern auch ein psychischer Vorgang wie Vergessen, Verschreiben, Sich irren usw (Ritz/Koran, BAO7, § 308 Rz 8, mwN).

"Unvorhergesehen" ist ein von der Partei nicht einberechnetes Ereignis, dessen Eintritt sie auch unter Bedachtnahme auf die ihr persönlich zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwarten konnte. "Unabwendbar" ist ein Ereignis dann, wenn es der Partei mit den einem Durchschnittsmenschen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und Mitteln nicht verhindern konnte (Ritz/Koran, BAO7, § 308 Rz 9f, mit Hinweisen auf die Judikatur).

Ein minderer Grad des Versehens ist leichter Fahrlässigkeit iSd § 1332 ABGB gleichzusetzen. Keine leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt (vgl. ). Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (vgl. ; , B 1948/97; , B 2290/96, G 176/96).

Auffallend sorglos handelt, wer im Verkehr mit Behörden und die für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt (Ritz/Koran, BAO7, § 308 Rz 14f mit Hinweisen auf die Judikatur).

Die Unkenntnis einer gesetzmäßig bewirkten Zustellung (zB durch Hinterlegung) kann ein Ereignis iSd § 308 Abs 1 BAO sein ().

Ein bloßes "Vergessen" oder ein "schlichtes Übersehen" ohne das Hinzutreten besonderer, hiefür ausschlaggebender Umstände stellt kein unvorhersehbares oder unabwendbares Ereignis iSd § 308 Abs. 1 BAO dar und vermag somit die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu begründen ().

Gemäß § 98 Abs. 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind.

Gemäß § 5b Abs 1 FOnV 2006 haben die Abgabenbehörden nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen.

Gemäß § 5b Abs 2 FOnV 2006 idgF kann jeder Teilnehmer in FinanzOnline eine elektronische Adresse angeben, an welche er über eine elektronische Zustellung zu informieren ist. Die Wirksamkeit der Zustellung der Erledigung selbst wird durch die Nichtangabe, durch die Angabe einer nicht dem Teilnehmer zuzurechnenden oder durch die Angabe einer unrichtigen oder ungültigen elektronischen Adresse nicht gehindert.

Gemäß § 5b Abs 3 FOnV 2006 idgF kann ein Teilnehmer in FinanzOnline auf die elektronische Form der Zustellung verzichten.

Nach § 5b Abs 2 FOnV 2006 hindert die Nichtangabe einer E-Mail-Adresse (bzw. die nicht erteilte Zustimmung) zur Verständigung über die Zustellung per E-Mail die Wirksamkeit der Zustellung nicht (; ).

Der Zeitpunkt, an dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind, ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox, zu der der Empfänger Zugang hat (Ritz/Koran, BAO7, § 98 Rz 4; ). Auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch der FOn-Teilnehmer (zB Öffnen, Lesen oder Ausdrucken eines Bescheides) kommt es nicht an ().

Der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox ist auch dann der Zustellzeitpunkt, wenn die in § 5b Abs 2 FOnV 2006 vorgesehene Information an der vom Teilnehmer angegebenen elektronischen Adresse unterblieben ist. Diese Information hat lediglich Service-Charakter (Ritz/Koran, BAO7, § 98 Rz 4).

Dazu ist festzuhalten, dass die Teilnahme an FinanzOnline nicht automatisch erfolgt, sondern eine Anmeldung bzw Registrierung voraussetzt. Im Rahmen dieser Registrierung muss eine gültige E-Mail-Adresse ebenso bekannt gegeben werden, wie, ob eine Verständigung über elektronisch übermittelte Erledigungen mittels Mail erfolgen soll. Alternativ kann - im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten - auch auf die elektronische Zustellung vollständig verzichtet werden. Ein derartiger Verzicht ist jederzeit auch später möglich.

Wenn sich die Bf. als FinanzOnline-Teilnehmerin registriert und auch Kenntnis vom Bestehen einer Databox hat, aber weder auf die elektronische Zustellung verzichtet (§ 5b Abs 3 FOnV 2006), noch ausreichende Maßnahmen setzt, dass sie zeitgerecht Kenntnis über elektronische Zustellungen erlangt, handelt sie nicht nur schuldhaft, sondern geht dieses Verschulden über einen minderen Grad des Versehens hinaus.

Der unkritische Umgang der Bf. mit behördlichen Schriftstücken zeigt sich auch beim Zustellungsvorgang im Zusammenhang mit dem Feststellungsverfahren:

Die Bf. gab in der mündlichen Verhandlung - unter Vorhalt der vorgehaltenen Rückscheine betreffend die Feststellungsbescheide der R-OG für die Jahre 2014 bis 2017 und dass sie Kenntnis davon hatte, dass bei der R-OG etwas passiert sei - auf die Frage, ob sie keinen Grund gesehen habe, diesbezüglich beim Masseverwalter rückzufragen an, dass sie sicher bei den Gesellschaftern rückgefragt hat, mit dem Masseverwalter hatte sie keinen Kontakt. Auch die Databox wurde von der Bf. im gegenständlichen Zeitraum nicht eingesehen, dies obwohl sie laut eigener Aussage bei den Gesellschaftern der R-OG Rückfrage betreffend die Zustellung im Feststellungsverfahren gehalten hatte und "Kenntnis davon hatte das in der R-OG etwas passiert". Die Bf. war laut eigener Aussage in der mündlichen Verhandlung bis zum Jahre 2021 Gesellschafterin der R-OG. Ein sorgfältiger Abgabepflichtiger würde im Wissen, dass bei der Gesellschaft (der R-OG) Feststellungsbescheide für die Jahre 2014 bis 2017, welche sich durch die daraus abgeleitete Tangente auch das jeweilige Einkommensteuerverfahren der Bf. auswirken, jedenfalls auch in die (eigene) Databox, in welche die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2014 bis 2017 zugestellt werden, einsehen.

Die elektronische Zustellung, somit die Bekanntgabe amtlicher Erledigungen, löst regelmäßig Fristen aus, die gegebenenfalls von den Empfängern derselben einzuhalten sind, um Rechtsnachteile vermeiden zu können. Dieser Umstand ist nicht nur weitesthin bekannt, sondern wird auch im Rahmen der Aktivierung und Teilnahme an FinanzOnline klar darauf hingewiesen. Aus diesem Grund wird von einem sorgfältigen und vorausschauenden Menschen entweder eine Erinnerung mittels gesondertem Mail angefordert, was den an sich üblichen Verhaltensweisen entspricht, oder besteht das Bewusstsein, dass man auf andere Weise Vorsorge zu treffen hat, dass elektronische Zustellungen nicht übersehen werden. Dies könnte bspw durch regelmäßigen Aufruf der Databox erfolgen (vgl. ).

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem Vorbringen der Bf. in keiner Weise, dass sie nicht gewusst hätte, dass Zustellungen in die ihr bekannte Databox rechtswirksam erfolgen können, oder sie einem sonstigen Rechtsirrtum unterlegen sei.

Vielmehr hat sie - was durch ihre Ausführungen im gegenständlichen Verfahren letztlich nur bestätigt wird - ganz offensichtlich nicht die notwendige und zumutbare Ernsthaftigkeit im Zusammenhang mit dem elektronischen Rechtsverkehr an den Tag gelegt, was auch im Fall einer Rechtsunkenntnis bzw eines Rechtsirrtums einer darauf bezogenen Wiedereinsetzung entgegenstehen würde.

Indem die Bf. die Anmeldung in FinanzOnline ohne Widerspruch der elektronischen Zustellung vorgenommen hat und in der Folge nicht eingesehen hat, liegt es in ihrer Verantwortung, wenn aufgrund der Nichtbeachtung von in die Databox zugestellten Bescheiden Säumnisfolgen eintreten. Daran mag auch das Vorbringen der Bf., dass sie keinen Kontakt zum Masseveralter hatte, und wenn sie gewusst hätte, dass etwas eingebracht worden wäre, was ihre Einkommensteuerbescheide geändert hätte, sie regelmäßig in FinanzOnline reingeschaut hätte, nichts zu ändern.

Dem Argument der Bf., dass andere Erledigungen auf dem Postweg zugestellt wurden, kommt keine Bedeutung zu. Diese erfolgten nach den gegenständlichen Zustellungen der geänderten Einkommensteuerbescheide.

Die Versäumung der Beschwerdefrist war somit weder auf ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis zurückzuführen, noch lag ein nur den minderen Grad des Versehens darstellendes Verschulden vor.

Im vorliegenden Fall war die Entscheidung der Abgabenbehörde, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu verwehren, nicht zu beanstanden ist.

Die Beschwerde ist abzuweisen.

B.Weitere Vorbingen der Bf.: Antrag auf Unterbrechung der mündlichen Verhandlung; Beweisanträge; Manuduktionspflicht; Verfassungswidrigkeit:

a) Antrag auf Unterbrechung der mündlichen Verhandlung:

Der Antrag der bevollmächtigten Vertreterin das Verfahren zu unterbrechen, da der Beschluss vom nicht rechtskräftig sei, wurde vom Senat als Antrag auf Vertagung der mündlichen Verhandlung gewertet. Der Beschluss vom ist eine verfahrensleitende Verfügung. Dieser wurde der steuerlichen Vertretung mit selbigen Datum postalisch zugestellt und erhielt der steuerliche Vertreter zudem in der mündlichen Verhandlung eine Zweitschrift ausgehändigt. Die postalische Zustellung des Beschlusses erfolgte nachweislich durch Hinterlegung am . Da gegen verfahrensleitende Verfügungen gemäß § 244 BAO erst gegen die abschließende Entscheidung ein Rechtsmittel zulässig ist, kann der Abweisungsbescheid erst im Rechtsmittel gegen das abschließende Erkenntnis bekämpft werden. Der Antrag wurde vom Senat mit Beschluss abgewiesen.

Der Bf. entsteht somit kein Rechtsnachteil. Zudem liegt ein - wie von der bevollmächtigten Vertreterin der Bf. vorgebrachter - Zustellmangel liegt nicht vor. Im Falle des Vorliegens eines Zustellmangels sieht § 7 Zustellgesetz eine Heilung von Zustellmängeln vor. Durch Aushändigung des Beschlusses von in der mündlichen Verhandlung an den mit Eingabe vom bekannt gegebenen ausgewiesenen Vertreter ist ein etwaiger Zustellmangel geheilt.

b) Beweisanträge:

In der Eingabe vom wurden die folglich angeführten Beweisanträge - ds. Punkt 2 Seite 3, Punkt 3 Seite 3, Punkt 4 Seite 4 bis 5 - gestellt, welche allesamt abgewiesen wurden.

Beantragt wurde die Beischaffung des Abgabenaktes über die verschiedenen Zustellungsarten. Die verschiedenen Zustellarten des gegenständlichen Abgabenakten sind unbestritten und somit als richtig anerkannte Tatsachen. Beweisanträge sind abzulehnen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen als richtig anerkannt werden (Ritz/Koran, BAO7, § 183 Rz 3).

Weiters wurde die Beischaffung des Abgabenaktes der R-OG samt Zustellnachweisen beantragt. Das Beweisthema ist nicht konkretisiert und war ebenfalls abzuweisen (Ritz/Koran, BAO7, § 183 Rz 2). Die Beachtlichkeit eines Beweisantrages setzt die konkrete und präzise Angabe des Beweisthemas, das mit dem Beweismittel unter Beweis gestellt werden soll voraus. Beweismittel, die nicht ausreichend erkennen lassen, welche konkrete Tatsachenbehauptung im Einzelnen durch das angebotene Beweismittel erwiesen werden soll, braucht nicht entsprochen werden ().

Bei den beantragten Zeugeneinvernahmen war ebenfalls das Beweisthema nicht konkretisiert. Zudem wurde in der Ladung vom die Bf. vom Bundesfinanzgericht unter Hinweis auf § 183 Abs. 3 Satz 2 BAO aufgefordert, Beweisanträge binnen 10 Tagen ab Zustellung der Ladung zu stellen. Weiters liegt Verschleppungsabsicht vor (Ritz/Koran, BAO7, § 183 Rz 5a, 5b). Die Beweisanträge auf Zeugeneinvernahme hätten früher gestellt werden können, sodass unter Vorliegen der Voraussetzungen (insbesondere des Beweisthemas) eine etwaige Einvernahme bereits im Zuge der mündlichen Verhandlung hätte stattfinden können.

Über die weiteren Beweisanträge in der Eingabe vom - Seite 11 und Seite 17 - war vom Senat nicht abzusprechen, da diese das hier nicht gegenständliche Einkommensteuerverfahren der Bf. und das Feststellungsverfahren der R-OG betreffen.

c) Manuduktionspflicht (§ 113 BAO):

Gemäß § 113 BAO hat die Abgabenbehörden den Parteien, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, auf Verlangen die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen zu geben und sie über die mit ihren Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren; diese Anleitungen und Belehrungen können auch mündlich erteilt werden, worüber erforderlichenfalls ein Aktenvermerk aufzunehmen ist.

Nach Verkündung des Beschlusses, dass die Vertagung der mündlichen Verhandlung abgelehnt wurde, ist von der bevollmächtigten Vertreterin eine Anleitung betreffend der von der beschwerdeführenden Partei bestrittenen Heilung des Zustellmangels eingefordert worden.

Dazu ist auszuführen: Zum einen wurden die Verfahrensparteien nach Verkündung des Beschlusses die Gründe für die Ablehnung des Antrages auf Vertagung dargelegt. Zum anderen ist die die Manuduktionspflicht gem. § 113 BAO nicht derart zu verstehen, dass einer Verfahrenspartie, die von zwei bevollmächtigen Vertretern - davon ein berufsmäßiger Parteienvertreter - vertreten ist, zusätzlich eine umfassende Rechtsanleitung durch das Gericht erhält oder Unterweisungen erhält, wie ein Vorbringen zu gestalten ist, damit dem Antrag allenfalls stattgegeben werden könnte (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 113 Rz 2 mit der dort angeführten höchstgerichtlichen Judikatur). Eine solche extensive Auslegung der Anleitungspflicht würde die Unparteilichkeit des Gerichts in Zweifel ziehen und damit gegen das Recht auf ein faires Verfahren und ein unparteiisches Gericht (Art. 47 GRC, Art. 6 EMRK) verstoßen.

d) Verfassungswidrigkeit:

Zu der in der Beschwerde vom vorgebrachten Verfassungswidrigkeit, da das rechtliche Gehör und das Recht auf tauglichen Rechtsbehelf nicht gewahrt worden sei, wird im Schreiben vom näher ausgeführt, dass die Verfassungswidrigkeit in § 3 Abs 1 IO (Seite 7), in den Außenprüfungsverfahren der R-OG (Seite 10), in § 80 und in Teilen des § 81 BAO betreffend dem Feststellungsverfahren der Personengesellschaft (Seite 13 und 16) und in § 192 letzter Teilsatz BAO (Seite 18) liege.

Da das Feststellungsverfahren der R-OG nicht Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens ist, war auf diese Ausführungen nicht einzugehen.

Zusammenfassend wird vom Bundesfinanzgericht festgehalten, dass im gegenständlichen Fall der Antrag auf Wiedereinsetzung abzuweisen war, weil die Voraussetzung eines unvorhersehbaren oder unabwendbaren Ereignisses nicht gegeben ist.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Erkenntnis wird auf die oben zitierte höchstgerichtliche Judikatur gestützt. Die Frage, ob das Verwaltungsgericht fallbezogen zu Recht das Vorliegen eines minderen Grades des Versehens verneint hat, ist grundsätzlich keine Rechtsfrage, der über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukommt (; , mwN). Es liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, weshalb die Revision als unzulässig zu erklären war.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 98 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 309a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1332 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811
§ 5b Abs. 1 FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006
§ 5b Abs. 3 FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006
§ 5b Abs. 2 FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006
§ 308 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 113 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 183 Abs. 3 Satz 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise


ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.2101148.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at