Bestandvertragsgebühr - Einbeziehung von Nebenkosten
VfGH-Beschwerde zur Zahl E 3683/2024 anhängig.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende Mag. Andrea Ebner, die Richterin Mag.Dr. Katrin Allram sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Sophia Grassl und Mag.pharm. Gertrude Kölbl in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch oehner & partner rechtsanwaelte gmbh, Donau-City-Straße 7, 1220 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Bestandvertragsgebühr, Steuernummer ***BF1StNr1***, Erfassungsnummer ***ENr***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am und am in Anwesenheit der Schriftführerin Petra Rauherz und der Schriftführerin Romana Schuster zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid abgeändert. Die Gebühr wird in Höhe von Euro 106.409,20 festgesetzt und der angefochtene Bescheid für endgültig erklärt.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Gebühr sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die beschwerdeführende Gesellschaft (Bf.) vermietete mit Vertrag vom Räumlichkeiten in einem Logistikzentrum. Mit Formular Geb 1 vom gab die Bf. die Selbstberechnung der Gebühr in Höhe von Euro 90.774,14 bekannt.
Mit vorläufigem Bescheid vom setzte die belangte Behörde die Bestandvertragsgebühr betreffend den streitgegenständlichen Mietvertrag in Höhe von Euro 91.414,14 fest. Begründend wurde ausgeführt, dass auch Kosten für Elektrizität, Gas, Wasser, Kanal und Versicherungen in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen seien.
Dagegen erhob die Bf. mit Eingabe vom Beschwerde. In Hinblick auf die Berechnung des Jahreswertes wurde ausgeführt, dass die Kosten der Haftpflichtversicherung gemäß Art. VII des Mietvertrages - wie von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid berücksichtigt - in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen seien. Demgegenüber seien die Kosten für Elektrizität, Wasser und Gas nicht einzubeziehen, da es dem Bestandnehmer freistehe, die dafür angefallenen Kosten dem Vermieter zu ersetzen oder Versorgungsverträge mit Dritten abzuschließen. Überdies handle es sich bei diesen extern verrechneten Kosten um "Betriebsmittel" analog zu Rz 685 der Gebührenrichtlinien. Angemerkt werde außerdem, dass die Kosten für Regen- und Abwasserkanal bereits in den Betriebskostenvorauszahlungen berücksichtigt seien.
Am ersuchte die belangte Behörde die Bf. um Ergänzung in Hinblick auf die korrekte Höhe der Betriebskostenvorauszahlung.
In der Stellungnahme vom gab die Bf. bekannt, dass der Vorauszahlungsbetrag an Betriebskosten richtigerweise Euro 5.182,25 pro Monat betragen würde.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Ergänzend wurde darin darauf hingewiesen, dass es für die Einbeziehung des Wertes einer Verpflichtung in die Bemessungsgrundlage nicht entscheidend sei, dass die Verpflichtung gegenüber dem Bestandgeber selbst zu erbringen sei. Wesentlich sei vielmehr die außer Streit stehende Tatsache, dass sich die Bf. vertraglich verpflichtet habe, die Kosten für Elektrizität, Wasser und Gas zu übernehmen.
Mit Eingabe vom beantragte die Bf. die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat. In der ergänzenden Begründung wird ausgeführt, dass der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen der Kostentragung für Elektrizität, Wasser und Gas und der Überlassung des Mietgegenstandes fehle. Diese Kosten seien daher nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Es bestehe weder eine Verpflichtung der Bestandgeberin zur Erbringung dieser Leistungen noch eine Verpflichtung der Bestandnehmerin, entsprechende Verträge abzuschließen.
Am legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Im angeschlossenen Vorlagebericht beantragte die belangte Behörde, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Die belangte Behörde ersuchte die Bestandnehmerin mit Schreiben vom um Bekanntgabe der Kosten für Elektrizität, Wasser, Gas, Regen- und Abwasserkanal sowie Versicherungen. Mit Eingabe vom übermittelte die belangte Behörde dem Bundesfinanzgericht die von der Bestandnehmerin nachgereichten Unterlagen. Gleichzeitig wurde die von der belangten Behörde berechnete endgültige Bemessungsgrundlage bekanntgegeben.
Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die gegenständliche Beschwerdesache mit Stichtag der GA 1017 zur Entscheidung zugeteilt.
Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung vom wurde der Bf. die Nachreichung der belangten Behörde vom übermittelt und ihr die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.
In der Eingabe vom betonte die Bf. nochmals, dass vor dem Hintergrund der Judikatur des VwGH auf Grundlage der gegenständlichen Vertragsbestimmungen die Kosten für Strom und Gas nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen seien. Außerdem seien die Kosten für eine (zusätzliche) Haftpflicht- und Warenbestandsversicherung nicht gebührenpflichtig, da diese nicht den Versicherungsschutz des Objekts betreffen würden.
Mit Beschluss vom wurde der belangten Behörde die Stellungnahme der Bf. vom zur Kenntnis gebracht.
Am fand eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht statt, bei der im Wesentlichen die Einbeziehung der Kosten für Strom und Gas sowie die Einbeziehung der Kosten für eine Haftpflicht- und Warenbestandsversicherung thematisiert wurden. Der belangten Behörde wurde der Ermittlungsauftrag erteilt, die Höhe der in Art. VII des gegenständlichen Mietvertrages angeführten Versicherungen (Haftpflicht- und Warenbestandsversicherung) in Hinblick auf eine allfällige Einbeziehung in die Bemessungsgrundlage zu ermitteln.
Mit Eingabe vom reichte die belangte Behörde das Ermittlungsergebnis samt der von der Bf. und der Bestandnehmerin übermittelten Unterlagen nach. Das Ermittlungsergebnis wurde der Bf. durch die belangte Behörde zur Kenntnis gebracht.
Am fand die fortgesetzte mündliche Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht statt, bei der das Ermittlungsergebnis der belangten Behörde sowie die Höhe der Versicherungsprämie für die Haftpflicht- und Warenbestandsversicherung erörtert wurden.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Zwischen der Bf. als Bestandgeberin und einer weiteren Gesellschaft als Bestandnehmerin wurde mit Mietvertrag vom ein Mietverhältnis für ein Lager samt Büro- und Sozialräumen abgeschlossen. Der Mietvertrag wurde für die Dauer von 16 Jahren abgeschlossen (10 Jahre und Option auf zweimalige Verlängerung um je drei Jahre).
Die für die Lösung der streitgegenständlichen Rechtsfrage maßgeblichen Bestimmungen des Mietvertrages lauten wie folgt:
"Art. II - Entgelte
1) Zusammenfassung
Die vom Mieter monatlich im Voraus zu leistenden Entgelte bestehen aus:
a) dem vereinbarten Mietzins,
b) den jeweiligen Mietzinsanpassungen, wie unter Art. II, Abs. 5) beschrieben,
c) den Betriebskosten, wie unter Art. II, Abs. 6) beschrieben, wobei die bei Vertragsabschluss gültige Vorauszahlung auf die Betriebskosten EUR 0,95/m2 beträgt.
d) den Kosten für Elektrizität, Gas, Wasser, Kanal, etc. wie unter Art. II, Abs. 8) beschrieben,
e) der Umsatzsteuer in der gesetzlich jeweils gültigen Höhe.
[…]
6) Betriebskosten
Im Mietzins sind keinerlei Betriebskosten enthalten. Unter Betriebskosten werden alle zur Verwaltung, Erhaltung und zum Betrieb des vertragsgegenständlichen Gebäudes und der dazugehörigen Flächen und Einrichtungen notwendigen Ausgaben verstanden.
Insbesondere sind in den Betriebskosten enthalten:
a) Sämtliche Betriebskosten analog § 21 MRG in seiner jeweiligen Fassung, sowie sämtliche Ausgaben für den ordnungsgemäßen Betrieb und die Instandhaltung des LZWN und der dazugehörigen Flächen und Einrichtungen;
b) Kosten der laufenden Wartung, für Kleinreparaturen, der notwendigen oder auch nur zweckmäßigen Erneuerung sich abnutzender Teile, der Sorge für die gefahrlose Benutzung;
c) Be-, Entwässerungs- und Kanalisationsgebühren, die Kosten (Gebühren) für Rauchfangkehrung, Kanalräumung, Schädlingsbekämpfung und Unratabfuhr;
d) Kosten für Kanalräumung und Müllabfuhr;
e) Kosten für Elektrizität, Gas, Wasser, Kanal, Telefon, Heizung und Kühlung, soweit diese die Allgemeinflächen (wie z.B. Stiegenhäuser, Foyer/Rezeption, Beleuchtung der Straßen und Wege, Parkplatzflächen, Pförtnergebäude, Zufahrtsstraßen usw.) betreffen;
f) Kosten der Bewachung (24 Std. pro Tag);
g) Kosten der Pflege von Grünanlagen in einem für Logistikparks angemessenen und üblichen Rahmen;
h) Reinigung der gemeinsamen Flächen und in der Halle, in der sich der Mietgegenstand befindet, sowie der dazugehörenden Außenanlagen (wie z.B. Bürgersteige, Zufahrtsrampen, gemeinsame Parkplätze etc.);
i) Kosten der Straßenreinigung, Fassadenreinigung und Schneeräumung (der Vermieter ist hierbei verpflichtet, die Betriebsfähigkeit des Logistikparks auch bei Schneefall jederzeit sicherzustellen);
j) Kosten angemessener und marktüblicher Versicherungen (Feuer, Haftpflicht, Wasserschäden, Stromschäden, Sturmschäden, Schäden durch Blitzschlag, Einbruch, Glasbruch);
k) Steuern, Abgaben und andere für die Liegenschaft von den Behörden vorgeschriebenen Gebühren
l) Kosten einer angemessenen und marktüblichen Liegenschaftsverwaltung.
[…]
8) Direkt verrechnete Kosten
Die Kosten für den Verbrauch von Elektrizität, Wasser, und sowie Gebühren für Regen- und Abwasserkanal für den Mietgegenstand werden dem Mieter direkt verbrauchsabhängig in Rechnung gestellt. Elektrizität, Wasser, und Gas werden über separate Verbrauchszähler gemessen. Der Mieter hat das Recht, die Verbrauchszahlen zu kontrollieren. Die Kosten für Elektrizität, Wasser, und Gas werden dem Mieter ohne Aufschlag weiter verrechnet.
Dem Mieter steht das Recht zu, Versorgungsverträge direkt mit Versorgungsunternehmen abzuschließen, wo dies technisch möglich ist und auf Kosten des Mieters geschieht.
[…]
Art. VII - Versicherungen
Der Mieter ist verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung mit angemessener Deckung abzuschließen, während der Vertragsdauer aufrecht zu erhalten und auf Verlangen dem Vermieter nachzuweisen. Des Weiteren ist der Mieter verpflichtet, seinen Warenbestand in angemessener Höhe zu versichern."
Die monatliche Miete für das Bestandobjekt betrug im für die Berechnung der Bemessungsgrundlage maßgebenden Zeitraum Euro 41.059,50 inkl. 20% USt (siehe Art. II Punkt 2 des gegenständlichen Mietvertrages).
Die Betriebskosten für das Jahr 2019 betrugen Euro 88.954,18 inkl. 20% USt, für das Jahr 2020 Euro 95.251,52 inkl. 20% USt und für das Jahr 2021 Euro 86.681,27 inkl. 20% USt. Diese Kosten wurden der Bestandnehmerin von der Bf. in Rechnung gestellt.
Die Bestandnehmerin hat von dem in Art. II Punkt 8 des gegenständlichen Mietvertrages eingeräumten Recht Gebrauch gemacht und mit Drittanbietern Versorgungsverträge betreffend Gas und Strom abgeschlossen.
Für die Lieferung von Gas wurden der Bestandnehmerin für den Abrechnungszeitraum 2019/2020 Kosten in Höhe von Euro 4.822,36 (Euro 2.403,97 + Euro 2.418,39) inkl. 20% USt, für den Abrechnungszeitraum 2020/2021 Kosten in Höhe von Euro 5.060,13 (Euro 4.549,18 + Euro 510,95) inkl. 20% USt und für den Zeitraum 2021/2022 Kosten in Höhe von Euro 8.388,84 inkl. 20% USt in Rechnung gestellt.
Für die Lieferung von Strom fielen im Jahr 2019 Kosten in Höhe von Euro 64.968,66 inkl. 20% USt, im Jahr 2020 Kosten in Höhe von Euro 74.274,63 inkl. 20% USt und im Jahr 2021 Kosten in Höhe von Euro 85.748,94 inkl. 20% USt an.
Die Bestandnehmerin ist nach Art. VII des Mietvertrages verpflichtet, eine Haftpflicht- sowie eine Warenbestandsversicherung abzuschließen. Weder die Bf. noch die Bestandnehmerin legten die Versicherungsverträge oder Abrechnungen dazu vor. Die Kosten für die Haftpflicht- und die Warenbestandsversicherung werden in Höhe von jeweils monatlich Euro 40,00 inkl. 20% USt geschätzt.
Die im Zusammenhang mit der Bestandnahme angefallenen Kosten stellen sich wie folgt dar:
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Durchschnittl. monatl. Kosten inkl. USt | Betrag in Euro |
Miete | 41.059,50 |
Betriebskosten | 7.524,64 |
Strom | 6.249,78 |
Gas | 507,54 |
Versicherungen | 80,00 |
GESAMT | 55.421,46 |
2. Beweiswürdigung
Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes, insbesondere den Mietvertrag vom , sowie betreffend die Nebenkosten auf die ergänzenden Eingaben der Verfahrensparteien und die Angaben in den mündlichen Verhandlungen.
Dem Bundesfinanzgericht wurden aktenkundige Abrechnungen für Betriebskosten, Strom und Gas für die Jahre 2019 bis 2021 bzw. für die Abrechnungszeiträume 2019/2020, 2020/2021 und 2021/2022 vorgelegt. Das Bundesfinanzgericht errechnete aus den jeweils für einen Zeitraum von drei Jahren vorgelegten Rechnungen einen durchschnittlichen Monatsbetrag an Betriebskosten sowie Kosten für Strom und Gas. Der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechend rechnete das Bundesfinanzgericht den so ermittelten Monatsbetrag auf den Bemessungszeitraum von insgesamt 16 Jahren in einer Durchschnittsbetrachtung hoch. Aufgrund des angenommenen dreijährigen Durchrechnungszeitraums geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass der in der Folge ermittelte Schätzbetrag der Wirklichkeit nahekommt. Demnach wird der Durchschnitt der Jahreswerte für Betriebskosten, Strom und Gas für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Bestandvertragsgebühr herangezogen.
Da weder die Bf. noch die Bestandnehmerin die Verträge oder Abrechnungen betreffend die Haftpflicht- und Warenbestandsversicherungen gemäß Art. VII des Mietvertrages vorlegte, ist es dem Bundesfinanzgericht nicht möglich, Feststellungen zum konkreten Vertragsinhalt sowie zu den Kosten zu treffen. Die belangte Behörde schätzte im Erstbescheid vom die Versicherungskosten mit Euro 1.000,00. Dieser Wert entspricht auch einer Internetrecherche, die vom Vertreter der Bf. durchgeführt wurde, wonach die Versicherungsprämien zwischen Euro 200,00 und Euro 1.000,00 pro Jahr betragen würden (vgl. insb. die Zusammenfassung des mündlichen Vorbringens des steuerlichen Vertreters als Bestandteil der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom ). Nach Erörterung der Sachlage im Rahmen der mündlichen Verhandlung kann unter Zugrundelegung der Internetrecherche des steuerlichen Vertreters einerseits sowie in Übereinstimmung mit dem dem Erstbescheid zugrunde gelegten Schätzungsergebnis der belangten Behörde andererseits davon ausgegangen werden, dass unter Berücksichtigung dieser Erfahrungssätze die Kosten für die Haftpflicht- und die Warenbestandsversicherung einvernehmlich mit jeweils Euro 40,00 inkl. 20% USt pro Monat zu schätzen sind.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
Zur Einbeziehung der Betriebskosten, der Kosten für Strom und Gas und der Kosten für Versicherungen
Bestandverträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, unterliegen gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 Gebührengesetz 1957 (GebG) einer Gebühr in Höhe von 1 v.H. des Wertes.
Die Bestandvertragsgebühr errechnet sich aus den vertraglich vereinbarten Leistungen sowie der vereinbarten Dauer.
Es liegt unstrittig ein für die Dauer von 16 Jahren abgeschlossenes Mietverhältnis vor, sodass gemäß § 33 TP 5 Abs. 3 GebG der 16-fache Jahreswert anzusetzen ist.
Zum "Wert", von dem die Gebühr für Bestandverträge zu berechnen ist, zählen dabei alle Leistungen, zu deren Einbringung sich der Bestandnehmer verpflichtet hat, um in den Genuss des Gebrauchsrechtes an der Bestandsache zu gelangen (vgl. ).
Betriebskosten sind in die Bemessungsgrundlage der Bestandvertragsgebühr einzubeziehen (vgl. ).
Alle Leistungen, die im Austauschverhältnis zur Einräumung des Bestandrechtes stehen, sind in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Wenn der Bestandnehmer neben der bloßen Überlassung des Gebrauches auch andere Verpflichtungen übernimmt, die der Erleichterung der Ausübung des widmungsgemäßen Gebrauches der Bestandsachen dienen, dann ist ein dafür bedungenes Entgelt Teil des Preises. Für die Einbeziehung des Wertes einer Verpflichtung in die Bemessungsgrundlage nach § 33 TP 5 GebG ist nicht entscheidend, dass diese Verpflichtung gegenüber dem Bestandgeber selbst zu erbringen ist. Wesentlich für die Einbeziehung einer Leistung in die Bemessungsgrundlage ist, dass ein wirtschaftlicher Zusammenhang zur Überlassung der Bestandsache besteht (vgl. ).
Betriebskosten
Nach Art. II Punkt 1 lit. c des Mietvertrages hat die Bestandnehmerin die in Art. II Punkt 6 näher aufgeschlüsselten Betriebskosten zu übernehmen, wobei sie in Bezug auf diese Betriebskosten eine monatliche Vorauszahlung zu leisten hat. In den Betriebskosten sind - unter anderem - die Kosten für Kanal, Kosten für Strom und Gas betreffend die Allgemeinflächen sowie Versicherungskosten enthalten. Dass die Bestandnehmerin zur Tragung dieser Kosten verpflichtet ist, ist unstrittig (vgl. Seite 2 der Niederschrift vom ). Die Betriebskosten sind folglich entsprechend der bereits angeführten höchstgerichtlichen Rechtsprechung in die Bemessungsgrundlage für die Bestandvertragsgebühr einzubeziehen.
Kosten für Strom und Gas
Aus Art. II Punkt 1 lit. d des Mietvertrages ergibt sich, dass die Bestandnehmerin die Kosten für Elektrizität, Gas, Wasser, Kanal, etc. zu tragen hat. Diese Kosten werden unter Art. II Punkt 8 des Mietvertrages näher beschrieben und wird dort ausgeführt, dass der Bestandnehmerin die Kosten für Elektrizität, Wasser und Gas sowie die Gebühren für Regen- und Abwasserkanal weiterverrechnet werden. Während die Kosten für Wasser und Kanal über die Betriebskosten verrechnet werden und demnach unstrittig in die Gebührenbemessungsgrundlage einzubeziehen sind, besteht Streit darüber, ob die Kosten für die mit Drittanbietern abgeschlossenen Versorgungsverträge betreffend Strom und Gas in die Bemessungsgrundlage einzurechnen sind.
Nach dem eindeutigen Vertragswortlaut trifft die Bestandnehmerin die Verpflichtung, die Kosten für Elektrizität und Gas zu übernehmen. Diese Verpflichtung ist unabhängig davon festgeschrieben, dass der Bestandnehmerin das Recht zukommt, Versorgungsverträge direkt mit Versorgungsunternehmen abzuschließen. Diesbezüglich wurde auch in der mündlichen Verhandlung vom seitens des Vertreters der Bf. festgehalten, dass ein Wahlrecht bestehe. Die Bestandnehmerin kann entweder mit Drittanbietern Verträge betreffend die Lieferung von Strom und Gas abschließen oder Strom und Gas direkt von der Bestandgeberin beziehen (siehe Seite 3 der Niederschrift vom ).
Für die Festsetzung der Gebühren ist gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 GebG der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Aus dem Urkundeninhalt, konkret aus Art. II Punkt 1 lit. d und Art. II Punkt 8 des Mietvertrages, ergibt sich eindeutig, dass die Bestandnehmerin zur Tragung der dort angeführten Kosten verpflichtet ist. Ob die Bestandnehmerin die angefallenen Kosten der Bestandgeberin ersetzt oder - nach ihrer freien Wahl - mit einem Versorgungsbetrieb einen Vertrag abschließt und diesem gegenüber zur Zahlung verpflichtet ist, ändert nichts an der grundsätzlichen Verpflichtung der Bestandnehmerin zur Übernahme dieser Kosten.
Entgegen der Ansicht der Bf. besteht überdies ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Übernahme der genannten Kosten und der Überlassung der Bestandsache. Zum einen dient die Versorgung des Bestandobjekts mit Energie - ebenso wie die Versorgung mit Wasser und die Bereitstellung eines Kanalsystems - dem bestimmungsgemäßen Gebrauch der Sache. In jedem Fall erleichtern diese Nebenleistungen die Benutzung des Bestandobjekts (vgl. Fellner, Gebühren10 (2009) § 33 TP 5 Rz 96 mwN). Zum anderen hat der Bestandgeber ein Interesse daran, dass das Bestandobjekt in einem ordnungsgemäßen Zustand erhalten bleibt und dass dieses den allgemeinen Gepflogenheiten entsprechend genutzt wird. Demnach steht die durch Drittanbieter bereitgestellte Energie in Form von Strom und Gas in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Bestandnahme.
Die Bf. wendet weiters ein, dass es sich bei den Kosten für Strom und Gas um Betriebsmittel handle und diese daher unter Verweis auf die Gebührenrichtlinien nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen seien. Dazu ist zunächst auszuführen, dass die angesprochene Passage in den Gebührenrichtlinien, an die das Bundesfinanzgericht im Übrigen nicht gebunden ist, die Rahmenbedingungen zu Leasingverträgen abhandelt, wohingegen gegenständlich unstrittig ein Mietvertrag vorliegt. In den Gebührenrichtlinien werden verschiedene Betriebsmittel wie "Treibstoff, Wartung, Verschleißreparaturen, Reifenersatz und sonstige Betriebsmittel [genannt], für die der Leasingnehmer selbst auf eigene Rechnung sorgen muss". Diese Betriebsmittel würden nicht der Gebühr unterliegen (vgl. Rz 670 GebR 2019). Der streitgegenständliche Fall ist allerdings nicht mit einem Leasingvertrag betreffend ein Leasingobjekt, bei dem im Zusammenhang mit dem Betrieb Verschleißkosten anfallen, vergleichbar; das ist bei der Bestandnahme einer Lagerhalle gerade nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich bei den gegenständlichen Kosten für Strom und Gas um Nebenleistungen, die im Zusammenhang mit Bestandverträgen über unbewegliche Objekte üblicherweise und unabhängig von der Art des dort unterhaltenen Betriebs anfallen.
Die Kosten für Strom und Gas, die aus den mit Drittanbietern abgeschlossenen Versorgungsverträgen resultieren, sind folglich Teil der Bemessungsgrundlage für die Bestandvertragsgebühr.
Kosten für Versicherungen
Nach Art. VII des Mietvertrages ist die Bestandnehmerin verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung und eine Warenbestandsversicherung abzuschließen. Dass die Bestandnehmerin die Pflicht trifft, diese Versicherungen abzuschließen, ist unstrittig (vgl. Seite 3 der Niederschrift vom ). Nähere Angaben zum Vertragsinhalt und zu den dafür angefallenen Kosten machte die Bestandnehmerin trotz Nachfrage der belangten Behörde im Rahmen des Ermittlungsauftrages nicht. Es wurde lediglich mitgeteilt, dass eine sog. Umbrella Versicherung bestehe, die alle Standorte der Bestandnehmerin umfasse (siehe E-Mail der Bestandnehmerin vom ).
Nach § 17 Abs. 1 GebG ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Zum Urkundeninhalt zählt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird. Wenn aus der Urkunde die Art oder Beschaffenheit eines Rechtsgeschäftes oder andere für die Festsetzung der Gebühren bedeutsame Umstände nicht deutlich zu entnehmen sind, so wird gemäß § 17 Abs. 2 GebG bis zum Gegenbeweise der Tatbestand vermutet, der die Gebührenschuld begründet oder die höhere Gebühr zur Folge hat.
Die nach § 17 Abs. 1 GebG für die Beurteilung der Gebührenschuld maßgebliche Urkunde ist der Mietvertrag vom , der in Art. VII die Verpflichtung der Bestandnehmerin zum Abschluss einer Haftpflicht- und einer Warenbestandsversicherung enthält. Aus Art. VII des streitgegenständlichen Vertrages ergibt sich weder der Deckungsumfang noch die Kosten für die dort genannten Versicherungen. Die Bf. führte lediglich aus, dass die beiden Versicherungen nach Art. VII des Mietvertrages nicht der Versicherung des Bestandobjekts dienten und daher nicht einzubeziehen seien. Zum Inhalt der Versicherungen sowie zur Höhe wurden keine Angaben gemacht. Da sich der Inhalt der von der Bestandnehmerin abzuschließenden Versicherungen nicht aus der Urkunde ergibt, ist diese undeutlich und damit auslegungsbedürftig. Nach der Rechtsprechung des VwGH hat diese Undeutlichkeit zur Folge, dass nach § 17 Abs. 2 GebG - bis zum Gegenbeweis - der Tatbestand vermutet wird, der die Gebührenschuld begründet oder die höhere Gebühr zur Folge hat - im Beschwerdefall daher, dass auch die Verpflichtung nach Art. VII des Mietvertrages in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen ist (vgl. ).
Da ein Gegenbeweis im Sinne des § 17 Abs. 2 GebG seitens der Bf. weder im verwaltungsbehördlichen, noch verwaltungsgerichtlichen Verfahren erbracht wurde, sind die Kosten für die nach Art. VII des Mietvertrages verpflichtend abzuschließenden Versicherungen in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Mangels vorgelegter Unterlagen wurden die Kosten gemäß § 184 Bundesabgabenordnung (BAO) - wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt - in Höhe von jeweils Euro 40,00 inkl. 20% USt geschätzt.
Insgesamt war der angefochtene Bescheid daher wie im Spruch ersichtlich abzuändern.
Zur Endgültigerklärung
Die Abgabenbehörde kann gemäß § 200 Abs. 1 BAO die Abgabe vorläufig festsetzen, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabepflicht zwar noch ungewiss, aber wahrscheinlich oder wenn der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss ist. Die Abgabe kann auch dann vorläufig festgesetzt werden, wenn die Abgabepflicht oder der Umfang der Abgabepflicht auf Grund einer noch ausstehenden Entscheidung einer Rechtsfrage in einem bereits anhängigen Beschwerdeverfahren, welches die gleiche Partei (§ 78) betrifft, noch ungewiss ist. Die Ersetzung eines vorläufigen durch einen anderen vorläufigen Bescheid ist im Fall der teilweisen Beseitigung der Ungewissheit zulässig.
Wenn die Ungewissheit beseitigt oder das Rechtsmittel rechtskräftig entschieden ist, ist gemäß § 200 Abs. 2 BAO die vorläufige durch eine endgültige Festsetzung zu ersetzen. Ergibt sich aus der Beseitigung der Ungewissheit oder der rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsmittels kein Grund für eine Berichtigung der vorläufigen Festsetzung, so ist ein Bescheid zu erlassen, der den vorläufigen zum endgültigen Abgabenbescheid erklärt.
Der angefochtene Bescheid vom ist gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig ergangen. Da die tatsächliche Höhe der Nebenkosten nunmehr festgestellt werden konnte, sind die Gründe für eine vorläufige Festsetzung weggefallen.
Auch Verwaltungsgerichte sind im Hinblick auf die nach jeder Richtung bestehende Abänderungsmöglichkeit (§ 279 Abs. 1) berechtigt, einen vorläufigen Bescheid im Falle der Beseitigung der Ungewissheit für endgültig zu erklären (vgl. Brennsteiner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3 § 200 BAO Rz 4 sowie ).
Infolge Wegfalls der Ungewissheit betreffend die Höhe der Nebenkosten war der angefochtene Bescheid wie im Spruch ersichtlich für endgültig zu erklären.
Die Bestandvertragsgebühr wird wie folgt berechnet:
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Monatliche Kosten | Euro 55.421,46 |
x Vertragsdauer von 192 Monaten (=16 Jahre) | |
= Bemessungsgrundlage | Euro 10.640.920,32 |
1% gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG | Euro 106.409,20 |
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht ist bei der Lösung der streitgegenständlichen Rechtsfragen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gefolgt (insb. und 2006/16/0112). Demnach liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Die ordentliche Revision war spruchgemäß nicht zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 17 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 17 Abs. 2 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7105721.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at