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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.08.2024, RV/7500310/2024

Zurückweisung eines verspäteten Einspruchs gegen die Strafverfügung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Barbara Straka in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Zurückweisungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien vom , Zahl: MA67/246700033979/2024, mit dem der Einspruch vom gegen die Strafverfügung vom mit derselben Geschäftszahl gemäß § 49 Abs. 1 VStG als verspätet zurückgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Zurückweisungsbescheid bestätigt.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei an den Verwaltungsgerichtshof wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , Zahl: MA67/246700033979/2024, wurde die beschwerdeführende Partei ***Bf1*** der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung für schuldig erkannt und über sie nach § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von € 60,00 verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden festgesetzt.

Nach dem mit E-Mail am eingebrachten Einspruch gegen diese Strafverfügung hielt die Behörde dem Beschwerdeführer mit Verspätungsvorhalt vom vor, der Einspruch sei als verspätet anzusehen. Er wurde ersucht, eine allfällige Abwesenheit von der Abgabestelle bekanntzugeben und entsprechende Bescheinigungen zu übermitteln.

Mit E-Mail vom teilte der Beschwerdeführer mit, dass der Verspätungsvorhalt richtig sei, er aber eine Operation gehabt habe und länger im Spital gewesen sei. Diesbezügliche Bescheinigungen legte der Beschwerdeführer nicht bei.

Der Einspruch gegen diese Strafverfügung wurde vom Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, gemäß § 49 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes - VStG als verspätet zurückgewiesen. Dieser Zurückweisungsbescheid der belangten Behörde vom , Zahl: MA67/246700033979/2024, wurde folgendermaßen begründet:

"Gemäß § 49 Abs. 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat

Die gegenständliche Strafverfügung wurde am dem Zustellprozess übergeben und beginnt die 3-tägige Zustellfrist analog zu § 26 Abs. 2 Zustellgesetz.

Wurde gemäß § 26 Abs. 1 Zustellgesetz die Zustellung ohne Zustellnachweis angeordnet, wird das Dokument zugestellt, indem es in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (§ 17 Abs. 2) eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen wird.

Gemäß § 26 Abs. 2 Zustellgesetz gilt die Zustellung als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen.

Die Zustellung wird nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der*die Empfängerin wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Anlässlich Ihrer Stellungnahme auf den Verspätungsvorhalt wendeten Sie im Wesentlichen ein, dass der Verspätungsvorhalt richtig sei, Sie allerdings eine Operation gehabt hätten und dadurch länger im Spital gewesen wären.

Geeignete Beweismittel für diesen Einwand wurden nicht vorgelegt und konnte durch die Behörde keine Überprüfung Ihrer Angaben durchgeführt werden.

Hinsichtlich der amtswegig vorzunehmenden Klärung der Frage der Ortsabwesenheit ist die Partei aber verpflichtet, einer Aufforderung zur Mitwirkung an der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes nachzukommen. Mit der bloßen Behauptung einer Ortsabwesenheit ohne nähere Angaben und ohne Anbot entsprechender Bescheinigungsmittels kann das Vorliegen einer unwirksamen Zustellung nicht dargetan werden.

Kommt der Einspruchswerber, wie im gegenständlichen Fall, trotz Aufforderung durch die Behörde seiner Mitwirkungspflicht nicht nach, so kann die Behörde von der Ortsanwesenheit des Einspruchswerbers zum fraglichen Zeitpunkt ausgehen.

Sie haben den Einspruch trotz richtiger und vollständiger Rechtsmittelbelehrung erst am , somit nach Ablauf der Einspruchsfrist, per E-Mail übermittelt, sodass der Einspruch als verspätet eingebracht zurückgewiesen werden musste.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Rechtsmittelfrist eine zwingende, auch durch die Behörde nicht erstreckbare gesetzliche Frist. Der Behörde ist es deshalb durch die verspätete Einbringung des Einspruchs rechtlich verwehrt eine Sachentscheidung zu treffen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

In der Beschwerde vom wurde ausgeführt:

"ich lege Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid GZ: MA67/246700033979/2024 vom ein. Ich hatte einen Spitalsaufenthalt, deshalb konnte ich den Einspruch nur verspätet einreichen. Bitte um Einstellung des Verfahrens."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtslage:

§ 49 VStG (in Verbindung mit § 38 VwGVG) normiert:

"(1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

(2) Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht und nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch, soweit er nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.

(3) Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben oder zurückgezogen wird, ist die Strafverfügung zu vollstrecken."

Die Frist des § 49 Abs. 1 VStG bildet eine verfahrensrechtliche Frist, die nicht erstreckbar ist. Ein verspätet erhobener Einspruch ist bescheidförmig zurückzuweisen; auf ein Verschulden der Partei kommt es dabei nicht an (vgl. Lewisch/Fister/Weilguni, VStG3 § 49 Rz 3).

§ 26 Zustellgesetz normiert:

"(1) Wurde die Zustellung ohne Zustellnachweis angeordnet, wird das Dokument zugestellt, indem es in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (§ 17 Abs. 2) eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen wird.

(2) Die Zustellung gilt als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung wird nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam."

In § 26 Abs 2 Satz 3 Zustellgesetz werden wörtlich die Formulierungen aus § 16 Abs 5 (Ersatzzustellung) und § 17 Abs 3 Zustellgesetz (Hinterlegung) für die Rechtsfolgen der Abwesenheit des Empfängers übernommen. Die Auslegung von Satz 3 hat sich daher an der Rechtslage betreffend diese Abwesenheit nach § 16 Abs 5 und § 17 Abs 3 ZustG zu orientieren (vgl. Stumvoll in Fasching/Konecny3 II/2 § 26 ZustG, Rz 15).

Zwar besteht hinsichtlich der von der Partei des Verwaltungsverfahrens behaupteten vorübergehenden Abwesenheit von der Abgabestelle gemäß § 17 Zustellgesetz keine Beweispflicht, sondern lediglich eine mit dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verwaltungsverfahrens korrespondierende Verpflichtung der Partei zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes, durch die bloße Behauptung der Abwesenheit von der Abgabestelle im Zeitpunkt der erfolgten Hinterlegung ohne nähere Konkretisierung dieser Behauptung in sachverhaltsmäßiger Hinsicht entspricht die Partei dieser Mitwirkungspflicht aber nicht (vgl. , mwN).

Mit der bloßen Behauptung einer Abwesenheit von der Abgabestelle ohne nähere Angaben und ohne Anbot entsprechender Bescheinigungsmittel kann das Vorliegen einer unwirksamen Zustellung durch Hinterlegung nicht dargetan werden. Gleiches hat für die Frage der Unwirksamkeit der Zustellung im Wege der Ersatzzustellung gemäß § 16 Abs 5 ZustG zu gelten (vgl. , mwN).

Aktenkundig ist, dass die Strafverfügung vom , Zahl: MA67/246700033979/2024, am selben Tag genehmigt und ohne Zustellnachweis versendet wurde (Aktenseite 27).

Die beschwerdeführende Partei hat weder die Tatsache noch den Zeitpunkt der Zustellung bestritten, sondern eine Abwesenheit von ihrer Abgabestelle wegen eines Spitalsaufenthaltes geltend gemacht. Die Abwesenheit wurde allerdings nicht zeitlich eingegrenzt und es wurden auch nicht einmal ansatzweise Nachweise für den behaupteten Spitalsaufenthalt erbracht, obwohl die beschwerdeführende Partei von der belangten Behörde mit Verfahrensanordnung - Verspätungsvorhalt vom ausdrücklich dazu aufgefordert wurde.

In freier Beweiswürdigung nach § 45 Abs. 2 AVG geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass die verfahrensgegenständliche Strafverfügung am dritten Werktag nach der Übergabe an die Post, somit am , rechtmäßig zugestellt wurde und dass die beschwerdeführende Partei im Zeitpunkt der Zustellung nicht von der Abgabestelle abwesend war. Die vage Behauptung eines Spitalsaufenthaltes reicht nach der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus, um von einer unwirksamen Zustellung auszugehen.

Die zweiwöchige Einspruchsfrist begann daher am und endete am .

Den mit E-Mail am eingebrachten Einspruch gegen die verfahrensgegenständliche Strafverfügung hat die belangte Behörde daher zu Recht als verspätet zurückgewiesen.

Da sich der Gegenstand des Beschwerdeverfahrens bei Zurückweisung eines Einspruches wegen Verspätung ausschließlich auf die Frage beschränkt, ob der Einspruch innerhalb der Frist des § 49 Abs. 1 VStG eingebracht wurde und die Rechtzeitigkeit des Einspruchs aufgrund der vorliegenden Unterlagen eindeutig verneint werden musste, war es dem Bundesfinanzgericht verwehrt, auf inhaltliche Aspekte des dem Zurückweisungsbescheid zugrundeliegenden Verwaltungsstrafverfahrens einzugehen.

§ 44 VwGVG normiert:

"(3) Das Verwaltungsgericht kann von einer Verhandlung absehen, wenn
4. sich die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat."

Es konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da eine solche nicht beantragt wurde und sich die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtete.

Kostenentscheidung

Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Da das Bundesfinanzgericht mit dem vorliegenden Erkenntnis kein Straferkenntnis bestätigt hat, war gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Art. 133 B-VG normiert:

"(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.

(6) Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes kann wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben:
1. wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet;
2. die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht; […]"

§ 25a VwGG normiert:

"(4) Wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache
1. eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und
2. im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde,
ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig."

Der Begriff der "Verwaltungsstrafsache" schließt auch rein verfahrensrechtliche Entscheidungen, die in einem Verwaltungsstrafverfahren ergehen, ein (vgl. , mwN).

Weil nach § 4 Abs. 1 des Wiener Parkometergesetzes 2006 lediglich eine Geldstrafe von bis zu € 365 und keine primäre Freiheitsstrafe verhängt werden darf, ist eine Revision durch den Beschwerdeführer unzulässig (vgl. VwGH, , Ra 2022/16/0080, mwN).

Die Revision für die belangte Behörde ist unzulässig, da das Bundesfinanzgericht im vorliegenden Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, sondern dessen Judikaturlinie folgt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 26 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 49 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7500310.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at