8. Teil Entflechtung
3. Hauptstück Entflechtung von Fernleitungsnetzbetreibern
6. Abschnitt Verfahren in Bezug auf Fernleitungsnetzbetreiber
§ 119. Verfahren zur Zertifizierung und Benennung von Fernleitungsnetzbetreiber
(1) Der Regulierungsbehörde obliegt die ständige Beobachtung der Einhaltung der Entflechtungsvorschriften (§ 106 bis § 118). Sie hat einen Fernleitungsnetzbetreiber mittels Feststellungsbescheid zu zertifizieren
1. als eigentumsrechtlich entflochtener Fernleitungsnetzbetreiber im Sinne des § 108 oder
2. als unabhängiger Netzbetreiber im Sinne der § 109 bis § 111 oder
3. als unabhängiger Fernleitungsnetzbetreiber im Sinne der § 112 bis § 116 oder
4. als Fernleitungsnetzbetreiber im Sinne des § 117.
(2) Ein Zertifizierungsverfahren ist einzuleiten
1. über Antrag eines Fernleitungsnetzbetreibers gemäß Abs. 3 Z 1;
2. von Amts wegen, wenn
a) ein Fernleitungsnetzbetreiber keinen Antrag auf Zertifizierung gemäß Abs. 3 Z 1 stellt oder
b) die Regulierungsbehörde Kenntnis von einer geplanten Änderung erlangt, die eine Neubewertung der Zertifizierung erforderlich macht und zu einem Verstoß gegen die Entflechtungsvorschriften führen kann oder bereits geführt hat;
3. über Anzeige der Europäischen Kommission.
Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 715/2009 findet auf das Zertifizierungsverfahren Anwendung.
(3) Der Fernleitungsnetzbetreiber ist verpflichtet
1. einen Antrag auf Zertifizierung zu stellen, sofern der Fernleitungsnetzbetreiber noch nicht zertifiziert ist, sowie
2. der Regulierungsbehörde alle geplanten Änderungen, die eine Neubewertung der Zertifizierung erforderlich machen, unverzüglich anzuzeigen.
Der Fernleitungsnetzbetreiber hat seinen Eingaben an die Regulierungsbehörde sowie auf deren Ersuchen alle zur Beurteilung des Sachverhaltes erforderlichen Unterlagen beizuschließen.
(4) Die Regulierungsbehörde hat einen begründeten Entscheidungsentwurf binnen vier Monaten ab Einleitung eines Verfahrens über die Zertifizierung eines Fernleitungsnetzbetreibers bzw. ab Vorliegen der vollständigen Unterlagen des Fernleitungsnetzbetreibers an die Europäische Kommission zu übermitteln. Lässt die Regulierungsbehörde diese Frist verstreichen, ist dies einem positiven Entscheidungsentwurf gleichzuhalten. Die Stellungnahme der Europäischen Kommission ist von der Regulierungsbehörde beim Zertifizierungsverfahren gemäß Abs. 1 Z 1 und 3 so weit wie möglich zu berücksichtigen. Die Regulierungsbehörde hat nach dem Einlangen der Stellungnahme der Europäischen Kommission binnen zwei Monaten mit Bescheid über den Antrag auf Zertifizierung zu entscheiden. Die Zertifizierung kann unter Vorschreibung von Auflagen und Bedingungen erteilt werden, soweit diese zur Erfüllung der Zielsetzungen dieses Gesetzes erforderlich sind.
(5) In Abweichung von Abs. 4 gilt Folgendes:
1. beim Zertifizierungsverfahren gemäß Abs. 1 Z 2 hat die Regulierungsbehörde der Entscheidung der Europäischen Kommission nachzukommen.
2. beim Zertifizierungsverfahren gemäß Abs. 1 Z 4, prüfen die Regulierungsbehörde und die Europäische Kommission, ob die bestehenden Regelungen eindeutig eine wirksamere Unabhängigkeit des Fernleitungsnetzbetreibers gewährleisten als die Bestimmungen zum unabhängigen Fernleitungsnetzbetreiber (§ 112 bis § 116); die Regulierungsbehörde hat der Entscheidung der Europäischen Kommission nachzukommen.
(6) Die Regulierungsbehörde hat alle im Rahmen des Verfahrens gemäß Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 715/2009 mit der Europäischen Kommission gepflogenen Kontakte ausführlich zu dokumentieren. Die Dokumentation ist dem Unternehmen, das die Ausstellung der Bescheinigung verlangt hat sowie dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend zu Kenntnis zu bringen. Der Feststellungsbescheid ist samt Begründung von der Regulierungsbehörde zu veröffentlichen, wobei jedoch Stellen, die wirtschaftlich sensible Informationen enthalten, unkenntlich zu machen sind. Die Stellungnahme der Kommission ist, soweit sie nicht in der Begründung des Feststellungsbescheides wiedergegeben wird, ebenfalls zu veröffentlichen.
(7) Fernleitungsnetzbetreiber und Unternehmen, die eine der Funktionen Gewinnung oder Versorgung wahrnehmen, sind verpflichtet, der Regulierungsbehörde und der Europäischen Kommission sämtliche für die Erfüllung ihrer Aufgaben relevanten Informationen unverzüglich zu übermitteln.
(8) Die Benennung eines Fernleitungsnetzbetreibers nach erfolgter Zertifizierung gemäß Abs. 1 erfolgt durch Kundmachung durch den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend im Bundesgesetzblatt. Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend hat die Benennung eines Fernleitungsnetzbetreibers der Europäischen Kommission mitzuteilen, sobald die Regulierungsbehörde die Zertifizierung eines Fernleitungsnetzbetreibers durch Bescheid festgestellt hat. Die Benennung eines unabhängigen Netzbetreibers gemäß Abs. 1 Z 2 und 4 bedarf vorab der Zustimmung der Europäischen Kommission. Wenn die Regulierungsbehörde durch Bescheid feststellt, dass die Voraussetzungen für eine Zertifizierung aufgrund eines Verstoßes gegen die Entflechtungsvorschriften nicht mehr vorliegen, ist die Benennung durch den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend durch Kundmachung zu widerrufen.
(9) Die Übertragung einer oder mehrerer normalerweise dem
1. eigentumsrechtlich entflochtenen Fernleitungsnetzbetreiber im Sinne des § 108 oder
2. unabhängigen Netzbetreiber im Sinne der § 109 bis § 113 oder
3. unabhängigen Fernleitungsnetzbetreiber im Sinne der § 112 bis § 116 oder
4. dem Fernleitungsnetzbetreiber im Sinne des § 117
zugewiesenen Funktionen auf eine Stelle oder Rechtspersönlichkeit im Sinne des Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2009 ist nach Maßgabe des Unionsrechts zulässig. Stellen oder Rechtspersönlichkeiten, denen solche Funktionen übertragen werden, unterliegen der Zertifizierung nach diesem Abschnitt. Die Abs. 1 bis 7 finden auch auf die Rechtspersönlichkeit oder Stelle im Sinne des Art. 1 letzter Absatz der Verordnung (EG) Nr. 715/2009 Anwendung.
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