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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.08.2024, RV/7500355/2024

Kann ein elektronischer Parkschein nicht aktiviert werden, ist dennoch für eine ordnungsgemäße Entrichtung der Abgabe zu sorgen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Gertraud Hausherr in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 51/2005, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 9/2006 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 24/2012, über die Beschwerde vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , Zahl: MA67/246700182048/2024, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von € 12,00 zu leisten.

III. Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG wird der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde bestimmt.

IV. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Straferkenntnis vom , Zahl: MA67/246700182048/2024, hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, als belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei ***Bf1*** angelastet, sie habe die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt in dem sie das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** am um 16:20 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1230 Wien, Breitenfurter Straße 291-297, abgestellt habe, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben.
Dadurch habe die beschwerdeführende Partei die Rechtsvorschrift des § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung, verletzt.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung werde über die beschwerdeführende Partei gemäß § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von € 60,00 sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt.
Ferner habe die beschwerdeführende Partei gemäß § 64 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG einen Betrag von € 10,00 als Mindestbeitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) betrage daher € 70,00.

Das Straferkenntnis wurde folgendermaßen begründet:

"Sie haben das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug abgestellt, sodass es an der im Spruch bezeichneten Örtlichkeit und zur angeführten Zeit in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone gestanden ist, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt oder einen elektronischen Parkschein aktiviert zu haben.

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Organstrafverfügung, welche von einem Parkraumüberwachungsorgan der Landespolizeidirektion Wien auf Grund einer eigenen dienstlichen Wahrnehmung gelegt wurde, sowie in die von diesem im Rahmen der Amtshandlung angefertigten Fotos.

In Ihrem Einspruch gegen die an Sie ergangene Strafverfügung wendeten Sie im Wesentlichen ein, dass Sie die Kurzparkzonengebühr per Handy-App bezahlen, diese jedoch am gegenständlichen Tag einige Zeit nicht erreichbar war und Sie um 15:42 Uhr und 16:58 Uhr mehrmals versuchten. Dass es keine Verbindung gab, lag nicht an Ihrem Handy, sondern an einem Fehler des Providers bzw. der App und erhielten Sie zwischen den Versuchen die Organstrafverfügung. Erst um 22:10 Uhr erhielten Sie eine App-Nachricht, dass ein Fehler aufgetreten sei. Da für die Strafbarkeit eines Verwaltungsdeliktes ein persönliches Verschulden notwendig ist und Sie am Nichtfunktionieren der App keine Schuld tragen, ersuchen Sie die Strafverfügung einzustellen.

Unbestritten blieb somit sowohl Ihre Lenker*inneneigenschaft, als auch, dass das gegenständliche Fahrzeug zum Tatzeitpunkt an der in Rede stehenden Örtlichkeit abgestellt war.

Zu Ihrem Vorbringen wird Folgendes festgestellt:

Jede*r Lenker*in eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstellt, muss bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten (§ 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung).

Abgabepflichtige, die ein mehrspuriges Fahrzeug in einer Kurzparkzone abstellen, haben dafür zu sorgen, dass es während der Dauer seiner Abstellung mit einem richtig angebrachten und richtig entwerteten Parkschein gekennzeichnet oder ein elektronischer Parkschein aktiviert ist (§§ 3 Abs. 1 und 7 Abs. 1 der Kontrolleinrichtungenverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 33/2008).

Die Abgabe ist mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung bei Verwendung eines elektronischen Parkscheines entrichtet (§ 5 Abs. 1 Parkometerabgabeverordnung kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien vom , Heft Nr. 51).

Die Aktivierung eines elektronischen Parkscheines erfolgt durch Übermittlung einer SMS an das elektronische System. Über das Mobiltelefon ist die beabsichtigte Parkdauer einzugeben (Abstellanmeldung) und die Rückmeldung des elektronischen Systems durch SMS, dass die Transaktion durchgeführt wurde, abzuwarten (Bestätigung). Wird die Abstellanmeldung durch das elektronische System bestätigt, gilt die Abgabe als entrichtet oder darf das mehrspurige Fahrzeug für einen zehn Minuten nicht übersteigenden Zeitraum abgestellt werden (§§ 3 Abs. 2 und 7 Abs. 2 und 3 der zitierten Verordnung).

Wie auch in den Nutzungsbedingungen für das Service HANDY Parken angeführt ist, handelt es sich bei HANDY Parken um ein auf Funktechnologie basierendes Service. Dieses kann jedoch keine Gewähr für ein unterbrechungs- und störungsfreies Funktionieren des Services, insbesondere des dem Service zugrunde liegenden technischen Systems einschließlich der erforderlichen Mobilfunkeinrichtungen, oder für bestimmte Übertragungszeiten und Kapazitäten, wie beispielsweise SMS, übernehmen.

Wird das Service des Handy Parkens in Anspruch genommen, ist der Nutzer daher verpflichtet, die Buchungsbestätigung für den Parkschein abzuwarten, da erst zu diesem Zeitpunkt der entsprechende Betrag vom Parkkonto abgebucht wird und die Parkgebühr als entrichtet anzusehen ist.

Bei Nichtverfügbarkeit des Services HandyParken sind die zur Verfügung stehenden alternativen Entrichtungsmöglichkeiten der Gemeinde bzw. des Parkraumanbieters, wie etwa Parkscheine in Papierform oder Parkautomaten, in Anspruch zu nehmen.

Taugliche Beweismittel, welche den gegenständlichen Tatvorwurf zu widerlegen im Stande wären, wurden von Ihnen im Zuge des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens weder angeboten noch vorgelegt.

Ihre Einwendungen waren daher nicht geeignet, Sie vom gegenständlichen Tatvorhalt zu entlasten.

Aufgrund der Aktenlage ist festzustellen, dass Sie somit Ihrer Verpflichtung zur Entrichtung der Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges nicht nachgekommen sind.

Es wird daher der Sachverhalt als erwiesen angenommen, wie er aus den schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben in der Organstrafverfügung sowie aus der Tatumschreibung in diesem Straferkenntnis ersichtlich ist.

Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaubt bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.

Nach § 4 Abs. 1 des Parkometergesetzes 2006 genügt zur Strafbarkeit des dort umschriebenen Verhaltens Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er*sie nach den Umständen verpflichtet, nach seinen*ihren geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt und die ihm*ihr zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er*sie einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht.

Der Akteninhalt bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass Sie nach Ihren persönlichen Verhältnissen im gegenständlichen Zeitpunkt nicht fähig gewesen wären, die objektiv gebotene Sorgfalt einzuhalten oder den von Ihnen verursachten Verkürzungserfolg vorauszusehen, oder dass Ihnen rechtmäßiges Verhalten in der konkreten Situation unzumutbar gewesen wäre.

Sie haben daher durch die Verletzung der für Sie bestehenden und Ihnen zumutbaren Sorgfaltspflicht, die Parkometerabgabe nicht entrichtet und somit fahrlässig verkürzt.

Somit sind sowohl die objektiven, als auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben.

Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu EUR 365,00 zu bestrafen (§ 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006).

Grundlage für die Bemessung der Strafe sind gemäß § 19 VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensitätseiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Jedes fahrlässige Verkürzen der Parkometerabgabe, d.h. jedes Abstellen eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone, ohne dass hierfür die nach der Parkometerabgabeverordnung vorgeschriebene Parkometerabgabe durch einen ordnungsgemäß entwerteten Parkschein entrichtet wird, schädigt in nicht unerheblichem Maße sowohl das öffentliche Interesse an der Entrichtung von Abgaben, als auch an der Erleichterung des innerstädtischen Verkehrs und an der Rationierung des in Wien vorhandenen Parkraumes, dem die Strafdrohung dient.

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist im Hinblick auf den Sachverhalt selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen nicht gerade gering.

Dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist auf Grund der Tatumstände nicht anzunehmen und es kann daher Ihr Verschulden nicht als geringfügig angesehen werden.

Bei der Strafbemessung wurden Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten, soweit diese der Behörde bekannt waren, berücksichtigt. Zudem wurde auf eventuell vorhandene verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen Bedacht genommen.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis zu EUR 365,00 reichenden Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden ist die verhängte Geldstrafe, selbst bei Annahme von ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen, durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal weitere Milderungsgründe nicht hervorgetreten sind.

Die Auferlegung des Beitrages zu den Kosten des Verfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs. 2 des VStG 1991."

In der Beschwerde vom (Datum des Poststempels) wurde ausgeführt:

"Begründung:

Ich bezahle grundsätzlich die Kurzparkzonengebühr per Handy-App.

Am war die App einige Zeit nicht erreichbar, ich versuchte es um 15.42 und 16.58 Uhr mehrmals. Dass es keine Verbindung gab, lag nicht an meinem Handy, sondern an einem Fehler des Providers bzw. der App.

Zwischen den Versuchen die Gebühr einzugeben, wurde ich um 16.20 Uhr von einem Straßenaufsichtsorgan mit einem OM bedacht.

Um 22.10 Uhr erhielt ich eine Nachricht der App "Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es später noch einmal.".

Da für eine Strafbarkeit eines Verwaltungsdeliktes ein persönliches Verschulden notwendig ist und ich an dem Nichtfunktionieren der App keine Schuld trage, ersuche ich, die Strafverfügung einzustellen.

Beschwerdegrund:

Ihre Behörde plädiert nach meinem Einspruch, dass im gegenständlich Fall Fahrlässigkeit vorliegen würde, ich also schuldhaft gehandelt habe und damit eine Bestrafung berechtigt sei. Man orientiert sich offensichtlich am § 5 VSTG, der fahrlässiges Verhalten als genügend betrachtet, um als schuldhaftes Verhalten eine Bestrafung rechtfertigt. DIESE RECHTSANSICHT IST UNRICHTIG, DA ICH RECHTFERTIGUNGSGRÜNDE IM SINNE DES § 40 VSTG VORGELEGT HABE.

Soweit bekannt wird von Ihrer Behörde grundsätzlich auf Fahrlässigkeit plädiert, ohne dass die Rechtfertigungsgründe des Einspruchs beachtet werden. Auch in meinem Fall wurden die Rechtfertigungsgründe, die eine Strafbarkeit ausschließen würden, nicht berücksichtigt. Ich hatte als Beweismittel im Sinne des § 49 VSTG und Rechtfertigung im Sinne des § 40 VSTG ein Screenshot eingebracht, der bewies, dass ich NICHT fahrlässig gehandelt habe, sondern es aus einem Verschulden, dass ich nicht verursacht habe, tätig geworden bin. Dass ich auch versuchte in einer Verkaufsstelle Parkscheine zu erstehen, kann ich zwar nicht beweisen, ist aber als meine Aussage zur Kenntnis zu nehmen.

Soweit ich weiß, wird für die Fahrlässigkeit It. § 6 STGB; (eine Definition die auch im VSTG gilt), ein NICHT TÄTIG WERDEN VERLANGT. ICH WURDE ABER SEHR WOHL TÄTIG.

Ich habe auch nicht die nötige Sorgfalt außer Acht gelassen und mich bemüht einen Parkschein zu kaufen, doch war in weiterem Umkreis keine Verkaufsstelle vorhanden. Eine Bestimmung, dass man grundsätzlich Parkscheine mit sich führen muss, ist mir nicht bekannt.

Aus den genannten Gründen ist meinem Einspruch stattzugeben und das Straferkenntnis zu Widerrufen."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Das kontrollierende Parkraumüberwachungsorgan hat das Abstellen des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen ***1*** am um 16:20 Uhr in der im 23. Wiener Gemeindebezirk befindlichen, gebührenpflichtigen Kurzparkzone, Breitenfurter Straße 291-297, ohne Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein beanstandet.

Nicht bestritten werden der Abstellort des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges und der Beanstandungszeitpunkt sowie die Tatsache, dass kein Parkschein vorhanden war.

Die beschwerdeführende Partei meint aber wegen eines Fehlers im System "Handy Parken" nicht in der Lage gewesen zu sein einen elektronischen Parkschein zu aktivieren, sodass ihn kein Verschulden an der Nichtentrichtung der Parkometerabgabe treffe. Darüber hinaus habe sich die beschwerdeführende Partei bemüht einen Parkschein zu kaufen, doch sei in weiterem Umkreis keine Verkaufsstelle vorhanden gewesen und eine Bestimmung, dass man grundsätzlich Parkscheine mit sich führen müsse, sei ihm nicht bekannt.

§ 3 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung normiert:

"(1) Abgabepflichtige, die ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einer Kurzparkzone abstellen, haben dafür zu sorgen, dass es während der Dauer seiner Abstellung mit einem richtig angebrachten und richtig entwerteten Parkschein gekennzeichnet ist."

§ 7 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung normiert:

"(1) Abgabepflichtige, die ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einer Kurzparkzone abstellen, haben dafür zu sorgen, dass während der Dauer seiner Abstellung ein elektronischer Parkschein aktiviert ist."

§ 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung normiert:

"Für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO 1960) ist eine Abgabe zu entrichten."

§ 5 Wiener Parkometerabgabeverordnung normiert:

"(1) Die Abgabe gilt mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

(2) Zur Entrichtung der Abgabe sind der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken."

Da die beschwerdeführende Partei das verfahrensgegenständliche Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt hat ohne zu Beginn und für die gesamte Dauer des Abstellens einen gültigen Parkschein auszufüllen bzw. zu aktivieren, wurde der objektive Tatbestand der fahrlässigen Abgabenverkürzung verwirklicht.

§ 5 VStG normiert:

"(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte."

Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung hängt die Befreiung von der persönlichen verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung im Einzelfall davon ab, dass glaubhaft alle Maßnahmen getroffen wurden, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl. ).

Auch eine irrige Gesetzesauslegung vermag einen Beschuldigten nicht zu entschuldigen, der es unterlassen hat, Erkundigungen einzuholen, ob die von ihm zum vorliegenden Fragenkreis vertretene Rechtsansicht zutrifft. Solche Erkundigungen haben an der geeigneten Stelle zu erfolgen, worunter im Zweifelsfall die zur Entscheidung der Rechtsfrage zuständige Behörde zu verstehen ist. Die Argumentation mit einer auch plausiblen Rechtsauffassung kann ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht ausschließen, vielmehr trägt das Risiko des Rechtsirrtums der, der es verabsäumt, sich an geeigneter Stelle zu erkundigen (, mwN).

Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofs wendet die Regel des § 5 Abs 2 auch auf die Erkennbarkeit von Vollzugsakten (Bescheiden und Verordnungen) an und prüft etwa, ob dem Beschuldigten die konkreten Anordnungen verschuldetermaßen nicht bekannt waren. (vgl. Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG3 § 5).

Stellt der Beschuldigte sein Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ab, ohne vorher Parkscheine besorgt zu haben, so ist ihm Fahrlässigkeit zur Last zu legen (vgl. ).

Es hätte somit die Verpflichtung bestanden sich vor dem Abstellen des Fahrzeuges mit den einschlägigen parkometerrechtlichen Vorschriften bzw. deren praktischer Anwendbarkeit auseinanderzusetzen und im Falle von Unklarheiten bei der belangten Behörde Erkundigungen einzuholen.

Es besteht zwar grundsätzlich eine Wahlfreiheit hinsichtlich der Form der Entrichtung der Parkometerabgabe, wenn aber - wie im gegenständlichen Fall - eine der verordnungsmäßig vorgesehenen Möglichkeiten der Abgabenentrichtung - aus welchen Gründen auch immer - ausfällt, so darf die Verpflichtung nach § 5 Wiener Parkometerabgabeverordnung trotzdem nicht ignoriert werden. Um daher rechtskonform agieren zu können, sind immer auch Papierparkscheine im Fahrzeug mitzuführen und bei Bedarf auszufüllen.

Weil die beschwerdeführende Partei ihrer Sorgfaltspflicht aber nicht in ausreichendem Maße nachgekommen ist und auch sonst aus der Aktenlage keine Umstände ersichtlich sind, dass sie an der Begehung der Verwaltungsübertretung kein Verschulden träfe, ist von zumindest fahrlässigem Verhalten auszugehen.

Somit sind auch die subjektiven Voraussetzungen der Strafbarkeit als erwiesen anzusehen.

§ 4 Wiener Parkometergesetz 2006 normiert:

"(1) Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen."

§ 19 VStG normiert:

"(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen."

Die der Bestrafung zu Grunde liegende Verwaltungsübertretung schädigte in nicht unerheblichem Maße das als sehr bedeutend einzustufende öffentliche Interesse an der Bewirtschaftung des ohnehin knappen innerstädtischen Parkraumes sowie an der ordnungsgemäßen und fristgerechten Entrichtung der Parkometerabgabe. Der objektive Unrechtsgehalt der fahrlässigen Abgabenverkürzung kann daher, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, keineswegs als gering angesehen werden (vgl. , mwN, sowie , mwN).

Das Ausmaß des Verschuldens war im beschwerdegegenständlichen Fall in Anbetracht der Außerachtlassung der objektiv gebotenen und der beschwerdeführenden Partei zumutbaren Sorgfalt nicht als geringfügig zu werten, da weder hervorgekommen noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen ist, dass die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschriften durch die beschwerdeführende Partei eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung des Straftatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Weil keine rechtskräftigen verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen aktenkundig sind, kommt der beschwerdeführenden Partei der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu Gute. Weitere Milderungsgründe sind nicht hervorgekommen.

Für eine ungünstige Einkommens- und Vermögenssituation der beschwerdeführenden Partei besteht nach der Aktenlage kein Anhaltspunkt, sodass von durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen auszugehen ist. Sorgepflichten sind ebenfalls nicht bekannt geworden und können daher nicht berücksichtigt werden.

Unter Bedachtnahme auf die angeführten Strafbemessungsgründe sowie aus general- und spezialpräventiven Erwägungen ist die verhängte Geldstrafe in Höhe von € 60,00 angesichts des bis zu € 365,00 reichenden Strafrahmens als angemessen und nicht überhöht zu betrachten.

§ 44 VwGVG normiert:

"(3) Das Verwaltungsgericht kann von einer Verhandlung absehen, wenn
3. im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde […] und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat."

Es konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da eine solche nicht beantragt und im angefochtenen Straferkenntnis eine € 500 nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

Kostenentscheidung

Da der Kostenbeitrag des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 64 VStG mit 10% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit € 10,00, zu bemessen ist, wurde er mit € 10,00 korrekt festgesetzt.

Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen.

Die beschwerdeführende Partei hat daher gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG weitere € 12,00 als Kostenbeitrag zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu leisten.

Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.

Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.

Hier erweist sich der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).

Zur Unzulässigkeit der Revision

Art. 133 B-VG normiert:

"(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.

(6) Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes kann wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben:
1. wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet;
2. die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht; […]"

§ 25a VwGG normiert:

"(4) Wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache
1. eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und
2. im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde,
ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig."

Weil nach § 4 Abs. 1 des Wiener Parkometergesetzes 2006 lediglich eine Geldstrafe von bis zu € 365 und keine primäre Freiheitsstrafe verhängt werden darf, ist eine Revision durch die beschwerdeführende Partei unzulässig (vgl. VwGH, , Ra 2022/16/0080, mwN).

Die Revision für die belangte Behörde ist unzulässig, da das Bundesfinanzgericht im vorliegenden Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, sondern dessen Judikaturlinie folgt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 3 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008
§ 7 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008
Verweise


ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7500355.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at