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BWG § 77. Zusammenarbeit und Datenverarbeitung, BGBl. I Nr. 237/2022, gültig ab 01.02.2023

XIV. Abschnitt: Aufsicht

§ 77. Zusammenarbeit und Datenverarbeitung

(1) Die Erteilung von amtlichen Auskünften durch die FMA an zuständige Behörden im Ausland ist zulässig, wenn

1. die öffentliche Ordnung, andere wesentliche Interessen der Republik Österreich, das Bankgeheimnis und die abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht (§ 48 BAO) dadurch nicht verletzt werden,

2. gewährleistet ist, daß auch der ersuchende Staat einem gleichartigen österreichischen Ersuchen entsprechen würde, und

3. ein gleichartiges Auskunftsbegehren der FMA den Zielsetzungen dieses Bundesgesetzes entsprechen würde.

(2) Die FMA kann jederzeit Auskünfte über Tätigkeiten österreichischer Kreditinstitute im Ausland und die Lage ausländischer Kreditinstitute, deren Tätigkeit sich auf das österreichische Bankwesen auswirken kann, einholen, wenn dies im volkswirtschaftlichen Interesse an einem funktionsfähigen Bankwesen oder im Interesse des Gläubigerschutzes erforderlich ist. Werden von einer zuständigen Behörde in einem Mitgliedstaat wesentliche Informationen nicht übermittelt oder ein Ersuchen um Zusammenarbeit, insbesondere um Austausch wesentlicher Informationen, abgewiesen oder einem solchen Ersuchen nicht innerhalb einer angemessenen Frist Folge geleistet, kann die FMA die EBA konsultieren.

(2a) Die FMA arbeitet

1. bei der Überwachung von inländischen Zweigstellen ausländischer Kreditinstitute mit den zuständigen Behörden von Kreditinstituten, die derselben Drittlandsgruppe angehören, und

2. bei der Überwachung von Kreditinstituten mit den zuständigen Behörden, die Zweigstellen ausländischer Kreditinstitute überwachen, die derselben Drittlandsgruppe angehören

eng zusammen, um sicherzustellen, dass alle Tätigkeiten dieser Drittlandsgruppe in der Union einer umfassenden Beaufsichtigung unterliegen, und um eine Umgehung der für Drittlandsgruppen gemäß der Richtlinie 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 geltenden Anforderungen sowie um negative Auswirkungen auf die Finanzstabilität der Union zu verhindern.

(3) Die Bestimmungen der Abs. 1 und 2 sind nur anzuwenden, soweit in Abs. 5 bis 7 oder in zwischenstaatlichen Vereinbarungen nichts anderes bestimmt ist.

(4) Die FMA ist zur Verarbeitung von personenbezogenen Daten im Sinne der Verordnung (EU) 2016/679 ermächtigt, soweit dies für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach diesem Bundesgesetz erforderlich ist; das sind

1. Konzessionen und Bewilligungen sowie die für deren Erteilung und Rücknahme erforderlichen Umstände;

2. Leitung, verwaltungsmäßige und buchhalterische Organisation sowie interne Kontrolle und Revision;

3. Zweigstellen und die Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs;

4. Aktiv- und Passivposten sowie Positionen der Ertragsrechnung;

5. außerbilanzmäßige Geschäfte;

6. Derivate;

7. Positionen, die in die Konsolidierung eines Kurs-, Liquiditäts-, Zinsänderungs- oder Wertpapierrisikos einfließen;

8. Solvabilität und Eigenmittel;

9. Liquidität;

10. Devisenpositionen;

11. Großkredite;

12. qualifizierte Beteiligungen;

13. Konsolidierung;

14. Jahresabschluss samt Anhang und Lagebericht;

15. Meldungen gemäß §§ 74 und 74a;

16. Zentrales Kreditregister und vergleichbare Einrichtungen im Ausland;

17. Einlagensicherung und Anlegerentschädigung;

18. Maßnahmen gemäß § 70 Abs. 2, den Eintritt von Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit, Geschäftsaufsicht, Konkurs und Abwicklung;

19. Meldungen, die von zuständigen Behörden von Mitgliedstaaten und von solchen Drittländern, mit denen der Rat der Europäischen Union in Anwendung des Art. 48 der Richtlinie 2013/36/EU ein Abkommen geschlossen hat, im Rahmen der Zusammenarbeit gemäß den in Abs. 5 genannten Richtlinienbestimmungen oder Abkommen eingelangt sind;

20. Auskünfte, die gemäß Abs. 2 oder gemäß einer zwischenstaatlichen Vereinbarung gemäß § 77a erteilt wurden.

(5) Die Erteilung von Auskünften und die Übermittlung von Unterlagen einschließlich der Weiterleitung von Daten gemäß Abs. 4 und von Daten, die die FMA gemäß ihren Befugnissen ermitteln kann, ist im Rahmen der Amtshilfe zulässig sowie an

1. Mitglieder des Europäischen Systems der Finanzaufsicht (ESFS) gemäß Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010;

2. zuständige Behörden von Drittländern, mit denen der Rat der Europäischen Union in Anwendung des Art. 48 der Richtlinie 2013/36/EU ein Abkommen geschlossen hat;

3. mit der Aufsicht über den Finanzmarkt betraute Behörden von sonstigen Drittländern, soweit die Zusammenarbeit auch im österreichischen bankaufsichtsrechtlichen oder sonst finanzmarktaufsichtlichen Interesse erforderlich ist und internationalen Gepflogenheiten entspricht;

4. Zentralbanken des Europäischen Systems der Zentralbanken und anderen Einrichtungen in den Mitgliedstaaten mit ähnlichen Aufgaben in ihrer Eigenschaft als Währungsbehörden, wenn diese Informationen für die Wahrnehmung ihrer jeweiligen gesetzlichen Aufgaben, einschließlich der Durchführung der Geldpolitik und der damit zusammenhängenden Bereitstellung von Liquidität, der Überwachung der Zahlungsverkehrs-, Clearing- und Wertpapierabrechnungssysteme und der Erhaltung der Stabilität des Finanzsystems relevant sind;

5. Finanzministerien der Mitgliedstaaten;

6. Behörden oder Stellen, die mit der Verantwortung für den Erhalt der Finanzmarktstabilität in den Mitgliedstaaten durch Anwendung der bankaufsichtsrechtlichen Vorschriften für die makroprudenzielle Aufsicht betraut sind;

7. Behörden oder Stellen in einem Mitgliedstaat, die für die Durchführung von Sanierungen zuständig, oder an der Abwicklung und an Insolvenzverfahren von Instituten beteiligt sind;

7a. Behörden, die in den Mitgliedstaaten für die Beaufsichtigung der in Z 7 genannten Behörden oder Stellen zuständig sind;

8. Parlamentarische Untersuchungsausschüsse gemäß Art. 53 Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes (B-VG) aufgrund einer Entscheidung über ein Ersuchen gemäß Art. 53 Abs. 3 B-VG;

9. den Rechnungshof, sofern sich sein Untersuchungsauftrag auf die Entscheidungen und sonstigen Tätigkeiten der FMA nach diesem Gesetz oder der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 bezieht;

10. Behörden, die in den Mitgliedstaaten für die Überwachung der Einhaltung der Richtlinie (EU) 2015/849 durch die in Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 der Richtlinie (EU) 2015/849 angeführten Verpflichteten zuständig sind, und zentrale Meldestellen in den Mitgliedstaaten;

10a. zuständige Behörden oder Stellen, die in den Mitgliedstaaten für die Anwendung der Regelungen zur strukturellen Trennung innerhalb einer Bankengruppe verantwortlich sind;

11. die Personen, die in den Mitgliedstaaten die Pflichtprüfung der Rechnungslegungsunterlagen von CRR-Instituten, Versicherungsunternehmen und CRR-Finanzinstituten vornehmen;

11a. die Behörden, die in den Mitgliedstaaten für die Beaufsichtigung der in Z 11 genannten Personen zuständig sind;

12. Einlagensicherungssysteme gemäß Richtlinie 2014/49/EU oder Anlegerentschädigungssysteme gemäß Richtlinie 97/9/EG.

Die Auskunftserteilung und Informationsübermittlung gemäß Z 1 bis 3 ist jeweils zulässig, soweit dies für die Erfüllung der Aufgaben der Behörden gemäß Art. 53 Abs. 2, Art. 112, 113, 117, 118 und Art. 124 bis 126 der Richtlinie 2013/36/EU, Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2002/87/EG, der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 oder für andere gesetzliche Aufgaben der ersuchenden Behörde oder Institution im Rahmen der Aufsicht über den Finanzmarkt erforderlich ist; die Auskunftserteilung und Informationsübermittlung gemäß Z 10 hat zu erfolgen, soweit die Auskünfte und Informationen für die Aufgaben der Behörden gemäß dem FM-GwG, Art. 117 Abs. 5 der Richtlinie 2013/36/EU oder der Richtlinie 2015/849 von Relevanz sind und sofern diese Auskunftserteilung und dieser Informationsaustausch keine laufenden Untersuchungen, Ermittlungen oder Verfahren nach dem österreichischen Straf- oder Verwaltungsrecht beeinträchtigen würden. Die Auskunftserteilung und Informationsübermittlung nach Z 4 und 5 ist nur dann zulässig, wenn dies in Krisensituationen gemäß Art. 114 der Richtlinie 2013/36/EU erforderlich ist und nach Z 5 auch nur insoweit, als die Informationen für die Zwecke des Art. 140 der zuvor genannten Richtlinie relevant sind. Der Informationsaustausch gemäß Z 2 und 3 muss gemäß Art. 55 der Richtlinie 2013/36/EU unter der Bedingung eines mit Art. 53 der Richtlinie 2013/36/EU und Art. 15 der Richtlinie (EU) 2019/2034 gleichwertigen Berufsgeheimnisses der Erfüllung von Aufsichtsaufgaben der ersuchenden Behörden und Institutionen dienen und im Einklang mit Kapitel V der Verordnung (EU) 2016/679 stehen. Der Informationsaustausch mit Behörden und Institutionen des ESFS, die nicht unter Art. 2 Abs. 2 lit. f der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 fallen, darf nur vorbehaltlich der Art. 53 und 54 der Richtlinie 2013/36/EU und Art. 35 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 sowie zur Erfüllung der Aufgaben der Behörden und Institutionen des ESFS und zur Erfüllung der Aufsichtsaufgaben gemäß § 77b Abs. 5 erfolgen. Die FMA darf Informationen gemäß Abs. 4 Z 19 nur weiterleiten, wenn dies von der Behörde, die die betreffende Information übermittelt hat, ausdrücklich gestattet wurde.

(5a) Soweit die Voraussetzungen gemäß Abs. 5b oder 5c erfüllt sind, kann die FMA in der in den Abs. 5b oder 5c vorgegebenen Form an die folgenden Stellen Auskünfte erteilen und Unterlagen übermitteln:

1. Für die Zwecke der Bewertungen im Rahmen des Programms zur Bewertung des Finanzsektors, an den Internationalen Währungsfonds (IWF) und die Weltbank;

2. für die Zwecke quantitativer Folgenabschätzungen, an die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIS);

3. für Zwecke seiner Überwachungsaufgaben, an den Finanzstabilitätsrat (FSB).

(5b) Die FMA darf den in Abs. 5a Z 1 bis 3 genannten Stellen nur dann in aggregierter oder anonymisierter Form Auskünfte erteilen oder Unterlagen übermitteln, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1. Es liegt eine ausdrückliche Anfrage einer der in Abs. 5a Z 1 bis 3 genannten Stellen vor;

2. die Anfrage ist unter Berücksichtigung der spezifischen Aufgaben, die die anfragende Stelle gemäß ihrem gesetzlichen Auftrag wahrnimmt, hinreichend begründet;

3. die Anfrage ist hinreichend genau in Bezug auf Art, Umfang und Format der angeforderten Informationen und die Mittel für deren Offenlegung oder Übermittlung;

4. die angeforderten Informationen sind unbedingt erforderlich, damit die anfragende Stelle die spezifischen Aufgaben wahrnehmen kann, und gehen nicht über die ihr übertragenen gesetzlichen Aufgaben hinaus;

5. die Informationen werden ausschließlich den Personen übermittelt oder offengelegt, die unmittelbar mit der Wahrnehmung der spezifischen Aufgabe befasst sind;

6. Personen, die Zugang zu den Informationen haben, unterliegen einem Berufsgeheimnis, das jenem gemäß Art. 53 Abs. 1 der Richtlinie 2013/36/EU zumindest gleichwertig ist.

(5c) Die FMA darf den in Abs. 5a Z 1 bis 3 genannten Stellen Auskünfte über personenbezogene Daten gemäß Abs. 4 nur dann erteilen, wenn

1. die Voraussetzungen des Abs. 5b Z 1 bis 6 erfüllt sind,

2. die Erteilung der Auskünfte in den Räumlichkeiten der FMA stattfindet und

3. die anfragende Stelle bei der Verarbeitung personenbezogener Daten die Anforderungen gemäß der Verordnung (EU) 2016/679 einhält.

(6) Wird die FMA von einer zuständigen Behörde eines Mitgliedstaates oder eines Drittlandes gemäß Abs. 5 Z 2 oder 3 ersucht, dieser Behörde vorliegende Informationen über

1. ein Kreditinstitut,

2. eine Finanzholdinggesellschaft,

3. ein Finanzinstitut,

4. eine Wertpapierfirma,

5. ein Anbieter von Nebendienstleistungen,

6. eine gemischte Holdinggesellschaft,

7. ein Tochterunternehmen der in Z 1 bis 6 genannten Unternehmen oder

8. eine gemischte Finanzholdinggesellschaft,

jeweils mit Sitz im Inland, nachzuprüfen, so ist sie ermächtigt, die Durchführung der Prüfung durch die zuständige Behörde des Mitgliedstaates oder des Drittlandes zu gestatten, andere Behörden in Anwendung des § 72 Abs. 1 im Wege der Amtshilfe darum zu ersuchen oder die Prüfung der Oesterreichischen Nationalbank bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 70 Abs. 1 Z 3 zu übertragen. § 71 ist anzuwenden. Ferner können Wirtschaftsprüfer, der Bankprüfer, die zuständigen Prüfungs- und Revisionsverbände oder sonstige vom zu prüfenden Unternehmen unabhängige Sachverständige mit der Prüfung beauftragt werden. Die Durchführung der Prüfung durch die zuständige Behörde des Drittlandes darf nur zur Erfüllung der in Abs. 5 genannten Aufsichtsaufgaben und unter Wahrung des Berufsgeheimnisses gestattet werden. Nimmt die ersuchende Behörde die Prüfung nicht selbst vor, darf sie auf eigenen Wunsch dennoch bei der Prüfung anwesend sein.

(6a) In Krisensituationen, die Auswirkung auf die Finanzmarktstabilität oder die Stabilität eines Kreditinstitutes oder einer Kreditinstitutsgruppe haben, und bei Gefahr im Verzug kann die FMA von einer Konsultation der anderen zuständigen Behörden absehen; in diesen Fällen hat sie die anderen zuständigen Behörden unverzüglich von der getroffenen Entscheidung in Kenntnis zu setzen.

(7) Falls die zuständigen Behörden

1. des Mitgliedstaates oder

2. des Drittlandes gemäß Abs. 5 Z 2 oder 3,

in dem das Mutterunternehmen seinen Sitz hat, die Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis nicht selbst durchführen, können amtliche Auskünfte auch dann erteilt werden, wenn Informationen an die Behörden weitergeleitet werden, die die Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis selbst durchführen. Die Weitergabe solcher Informationen ist jedoch nur zulässig, wenn sie ausschließlich Zwecken der konsolidierten Aufsicht dient, und ein im Sinne von Art. 54 Abs. 1 der Richtlinie 2013/36/EU und Art. 15 der Richtlinie (EU) 2019/2034 gleichwertiges Berufsgeheimnis besteht.

(8) Bei Eintritt einer Krisensituation, einschließlich einer Situation im Sinne von Artikel 18 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 oder widriger Entwicklungen an den Finanzmärkten, die die Marktliquidität und die Stabilität des Finanzsystems in einem der Mitgliedstaaten, in denen Unternehmen einer Gruppe zugelassen oder bedeutende Zweigstellen (§ 18) errichtet wurden, untergraben könnte, hat die FMA als konsolidierende Aufsichtsbehörde unverzüglich die in den Abs. 5 Z 1, 4 bis 6 genannten Stellen zu warnen und ihnen alle für die Durchführung ihrer Aufgaben wesentlichen Informationen zu übermitteln.

(9) Erhält die Oesterreichische Nationalbank Kenntnis von einer Krisensituation oder einer gefährdenden wirtschaftlichen Entwicklung im Sinne von § 77 Abs. 8, hat sie unverzüglich die FMA darüber zu informieren.

Datenquelle: RIS — https://www.ris.bka.gv.atGesamte Rechtsvorschrift (RIS)

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